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Tieffrequente Bauwerksentkopplungen als Schutz gegen - bei GERB

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<strong>Tieffrequente</strong> <strong>Bauwerksentkopplungen</strong> <strong>als</strong> <strong>Schutz</strong><br />

<strong>gegen</strong> Erschütterungen<br />

Dipl.-Phys. Thomas Jaquet, Dr.-Ing. Dieter Heiland, <strong>GERB</strong>-Schwingungsisolierungen<br />

1.0 Einleitung<br />

Im folgenden wird über weiterentwickelte theoretische Methoden zur Erschütterungsprognose<br />

im Bauwesen berichtet. Anschließend wird anhand eines Beispiels die praktische<br />

Umsetzung einer tieffrequenten Gebäudeentkopplung beschrieben sowie erste<br />

Meßergebnisse aufgezeigt.<br />

Die Prognose von Übertragungswegen einer Erschütterung in ein Gebäude erfordert die<br />

Kenntnis umfangreicher dynamischer Wechselwirkungen vom Emissionsort zum Immissionsort.<br />

Im allgemeinen läßt sich dieser Übertragungsweg in drei Bereiche unterteilen.<br />

Bild 1 macht diese Bereiche deutlich.<br />

Da<strong>bei</strong> handelt es sich um<br />

[1] die Erschütterungsquellen und die Einleitung in den Baugrund<br />

[2] die Weiterleitung durch den Baugrund<br />

[3] die Einleitung in das Bauwerk.<br />

Bild 1: Erschütterungsübertragungsweg vom Emissionsort [1] zum Immissionsort [3]<br />

über den Baugrund [2]<br />

Seite 1 von 14


Bild 2 zeigt typische in Großstädten meßbare Erschütterungen, wie sie z.B. durch U- oder<br />

S-Bahnen erzeugt werden. Dargestellt sind hier die gemessenen Erschütterungen an<br />

unterschiedlichen U-Bahnstrecken innerhalb Berlins.<br />

Zeitsignal Frequenzspektrum<br />

U-Bahn U1<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

1<br />

0<br />

1<br />

0 5 10<br />

Zeit [s]<br />

15 20<br />

U-Bahn U6<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

0.1<br />

0.05<br />

0<br />

0.05<br />

0.1<br />

0 5 10<br />

Zeit [s]<br />

15 20<br />

U-Bahn U2<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

0.1<br />

0.2<br />

0 5 10<br />

Zeit [s]<br />

15 20<br />

Bild 2: Darstellung verschiedener U-Bahn-Signale in Berlin<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

0.03<br />

0.02<br />

0.01<br />

Seite 2 von 14<br />

0<br />

0.004<br />

0.002<br />

0<br />

0.006<br />

0.004<br />

0.002<br />

0<br />

20 40<br />

Frequenz [Hz]<br />

60 80<br />

20 40<br />

Frequenz [Hz]<br />

60 80<br />

20 40<br />

Frequenz [Hz]<br />

60 80<br />

In diesen Frequenzspektren erkennt man zwei ausgeprägte Frequenzbereiche. Der erste<br />

liegt im Bereich zwischen 12 und 18 Hz, der zweite zwischen 50 und 75 Hz. Den Bereich<br />

von 50-75 Hz findet man häufig <strong>bei</strong> einem Standard-Schotterbett. Die Übertragung dieser<br />

Erschütterungen durch den Baugrund wird in /1/, /2/ und /3/ ausführlich beschrieben.<br />

Die Einleitung der Erschütterungen in das Gebäude erfolgt meistens über die Tiefgeschoße.<br />

Da<strong>bei</strong> wird das Gebäude durch die Wellen zu Vertikal- und Kippschwingungen<br />

angeregt. Außerdem können sich zusätzlich interne Bauwerkseigenfrequenzen auf die<br />

Gebäudegesamtschwingung auswirken /3/. Die eingeleiteten Erschütterungen können<br />

möglicherweise auf dem Fundament im zulässigen Bereich sein, sich jedoch aufgrund<br />

bestimmter Deckeneigenfrequenzen und Wandkopplungen in höheren Stockwerken<br />

verstärken und die zulässigen Erschütterungsgrenzwerte überschreiten.


2.0 Erschütterungsprognosen<br />

2.1 Ein-Massen-Schwinger-Modell<br />

Die Prognose-Berechnung hat den Zweck, von auf Gründungsniveau gemessenen<br />

Schwingungen an einem geplanten Bauobjekt auf im Bauwerk später zu erwartende<br />

Schwingungen zu schließen. Hierzu wird zunächst ein "Ein-Massen-Schwinger-Modell mit<br />

einem Freiheitsgrad" (SDOF = Single Degree of Freedom) verwendet.<br />

Differentialgleichung für Fußpunktanregung:<br />

Verstärkung [-]<br />

4<br />

2<br />

d x<br />

M C<br />

dt<br />

dx<br />

2<br />

� � � �K�x � F() t<br />

2<br />

dt<br />

Übertragungsfunktion<br />

0 20 40<br />

Frequenz [Hz]<br />

60 80<br />

Seite 3 von 14<br />

M<br />

K C<br />

Bild 3: Gebäudeschwingung - Simulation mit Hilfe eines Ein-Massen-Schwingers<br />

Bei einer Erschütterungsprognose für ein Gebäude kann jedoch dieses Modell nur dazu<br />

benutzt werden, entweder die gesamte Starrkörperschwingung oder nur eine Deckenschwingung<br />

zu simulieren. Das Hintereinanderschalten mehrerer Einmassenschwinger<br />

zur Simulierung einer Kopplung zwischen Gesamtbauwerk und Geschoßdecken führt jedoch<br />

im allgemeinen zu f<strong>als</strong>chen Ergebnissen, da keine Wechselwirkung zwischen dem<br />

Gebäude und den Decken berücksichtigt wird.<br />

x a<br />

x g


Aus der Lösung der Differentialgleichung für einen Einmassenschwinger läßt sich eine<br />

Übertragungsfunktion vom Fußpunkt (Baugrund) zur Masse M (Gebäudefundament) errechnen:<br />

V = V(K, M, C).<br />

Wird <strong>bei</strong>spielsweise das Gebäude <strong>als</strong> Starrkörper simuliert, so ist für die<br />

Steifigkeit K die Baugrundsteifigkeit,<br />

Masse M die Gebäudemasse,<br />

Dämpfung C die Baugrunddämpfung,<br />

einzusetzen.<br />

2.2 Mehr-Massen-Schwinger-Modell<br />

Mit Hilfe der Mehr-Massen-Schwinger-Modelle lassen sich jedoch die o.g. Wechselwirkungen<br />

in die Rechnung mit einbeziehen. Unter den "Mehr-Massen-Schwinger-Modellen<br />

mit mehreren Freiheitsgraden" (MDOF - Multi Degree of Freedom) ist das Zwei-Massen-<br />

Schwinger-Modell das gebräuchlichste. Dem ersten Freiheitsgrad wird das Gesamtbauwerk<br />

<strong>als</strong> Starrkörper zugeordnet. Der Baugrund wird <strong>als</strong> elastische Feder dargestellt. Die<br />

Decken mit ihrer maßgebenden ersten Eigenfrequenz werden der zweiten Masse zugeordnet.<br />

Die <strong>bei</strong>den Differentialgleichungen beschreiben das dynamische Verhalten eines Zweimassenschwingers<br />

<strong>bei</strong> einer Fußpunktanregung F(t). Aus der Lösung dieser Differentialgleichungen<br />

erhält man die Übertragungsfunktion vom Fußpunkt (Baugrund) zur Masse<br />

M2 (Decke):<br />

V = V(K 1 , K 2 , M 1 , M 2 , C 1 , C 2 ).<br />

Seite 4 von 14


M<br />

1<br />

Differentialgleichungen für Fußpunktanregung:<br />

M<br />

2<br />

Seite 5 von 14<br />

K2<br />

K1<br />

d x<br />

C<br />

dt<br />

dx<br />

2<br />

1 dx 2<br />

� � 2 � ( � ) �K �( x �x ) �<br />

2<br />

dt dt<br />

1 1 2 0<br />

d x<br />

C<br />

dt<br />

dx<br />

2<br />

1<br />

2 dx1<br />

� � 2 � �C1� �( K1� K2) �x1�K2�x2� F( t)<br />

2<br />

dt dt<br />

Verstärkung [-]<br />

4<br />

2<br />

Übertragungsfunktion<br />

0 20 40<br />

Frequenz [Hz]<br />

60 80<br />

Bild 4: Gebäudeschwingung - Simulation mit Hilfe eines Zwei-Massen-Schwingers<br />

M2<br />

M1<br />

C2<br />

C1<br />

X Decke<br />

X Gebäude<br />

X Boden<br />

Die notwendigen Systemdaten für diese Berechnungen werden folgenden Parametern<br />

zugeordnet:<br />

- Gebäudeparameter<br />

Masse M1 : Gebäudemasse<br />

Steifigkeit K1 : Steifigkeit Boden<br />

Dämpfung C1 : Dämpfung Boden<br />

- Deckenparameter<br />

Masse M2 : Masse Decke<br />

Steifigkeit K2 : Steifigkeit Decke<br />

Dämpfung C2 : Dämpfung Decke<br />

Die für die Berechnung der Systemdaten notwendigen Theorien findet man in /1/, /3/, /5/.


2.3 Antwortspektren für Erschütterungsprognosen<br />

(response-spectrum-method)<br />

Diese im Ingenieurwesen gebräuchliche Methode (auch <strong>als</strong> response spectrum method<br />

bekannt) wurde auf die Erschütterungsprognose übertragen. Bei diesem Verfahren wird<br />

die maximale Erschütterung in einem Bauwerk bestimmt. Die Berechnung hierfür wird im<br />

Zeitbereich für bestimmte Bauwerksparameter (Massen, Eigenfrequenzen, etc.) durchgeführt.<br />

Im Antwortspektrum wird der berechnete Erschütterungswert über z. B. der zugrundegelegten<br />

Deckeneigenfrequenz aufgetragen. Die Berechnung wird nun für verschiedene<br />

Deckeneigenfrequenzen wiederholt und der Erschütterungswert wiederum im<br />

response-spectrum eingetragen. Auf diese Weise verfährt man für alle interessierenden<br />

Frequenzen und erhält ein vollständiges Antwortspektrum. Der Vorteil liegt darin, daß mit<br />

Hilfe des Antwortspektrums <strong>bei</strong> bekannter Deckeneigenfrequenz direkt die zu erwartende<br />

Erschütterung abgelesen werden kann. Als Auswertegrößen bieten sich sowohl die<br />

Schwinggeschwindigkeit (Einheit: mm/s) <strong>als</strong> auch die Wahrnehmungsstärke (Einheit: KB)<br />

an. Die dynamische Abstimmung von Geschoßdecken kann mit Hilfe eines Antwortspektrums<br />

schon in der Planungsphase durchgeführt werden.<br />

Das Antwortspektrum ist außerdem dazu geeignet, das dynamische Verhalten eines<br />

Bauwerks zu verdeutlichen. So erkennt man in Bild 5, daß unterschiedliche U-Bahn-Signale<br />

zu nahezu gleichem Antwortverhalten führen.<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

5<br />

9<br />

13<br />

17<br />

21<br />

25<br />

29<br />

33<br />

37<br />

41<br />

Eigenfrequenz [Hz]<br />

45<br />

49<br />

53<br />

57<br />

61<br />

Antwortspektrum<br />

65<br />

69<br />

73<br />

77<br />

81<br />

Seite 6 von 14<br />

Modell:<br />

Einmassenschwinger<br />

Systemdaten<br />

Eingangssignal: versch. U-Bahn-Vor<strong>bei</strong>fahrten U1<br />

Frequenzbereich: 1 - 80 Hz<br />

Eigenfrequenzbereich: 5 - 81 Hz<br />

Dämpfung: 3%<br />

U1-Messung 5<br />

U1-Messung 3<br />

U1-Messung 1 verschiedene U-Bahnen<br />

U1-Messung 1<br />

U1-Messung 2<br />

U1-Messung 3<br />

U1-Messung 4<br />

U1-Messung 5<br />

U1-Messung 6<br />

Bild 5: Antwortverhalten eines Ein-Massen-Schwingers, Kurfürstenstraße, Berlin


Geschwindigkeit [mm/s]<br />

1.4<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

5<br />

11<br />

17<br />

23<br />

29<br />

35<br />

Deckeneigenfrequenzen [Hz]<br />

41<br />

Antwortspektrum<br />

47<br />

53<br />

59<br />

Seite 7 von 14<br />

10 Hz-Lagerung, Messung 3<br />

10 Hz-Lagerung, Messung 2<br />

10 Hz-Lagerung, Messung 1<br />

3.5 Hz-Lagerung, Messung 3<br />

3.5 Hz Lagerung, Messung 2<br />

3.5 Hz-Lagerung, Messung 1<br />

Bild 6: Antwortspektrum eines Zwei-Massen-Schwingers, Münster<br />

Modell:<br />

Zweimassenschwinger<br />

Systemdaten:<br />

Lagerung: 10 Hz., 10% Dämpfung<br />

3.5 Hz, 3% Dämpfung<br />

Frequenzbereich: 1- 63 Hz<br />

Eingangssignale:<br />

Personen-, Güterzüge<br />

3.5 Hz-Lagerung, Messung 1<br />

3.5 Hz Lagerung, Messung 2<br />

3.5 Hz-Lagerung, Messung 3<br />

10 Hz-Lagerung, Messung 1<br />

10 Hz-Lagerung, Messung 2<br />

10 Hz-Lagerung, Messung 3<br />

Als Eingangssignal wurden <strong>bei</strong> Bild 5 U-Bahn-Signale (U1) in Berlin sowie <strong>bei</strong> Bild 6<br />

verschiedene Güter- und Personenzüge an einer DB-Strecke in Münster benutzt.<br />

3.0 <strong>Tieffrequente</strong> Gebäudelagerung Kurfürstenstraße 26, Berlin<br />

Anhand des folgenden Beispiels soll die Auswirkung eines tieffrequenten Lagersystems<br />

auf ein Gebäude dargestellt werden. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein 7geschossiges<br />

Geschäfts- und Wohngebäude in der Kurfürstenstraße 26 in Berlin. Dieses<br />

Gebäude befindet sich momentan noch in der Bauphase. In nur ca. 1 m Tiefe unterhalb<br />

der Geländeoberkante verläuft eine U-Bahn-Linie, die zu den ersten U-Bahn-Linien in<br />

Berlin zählt.<br />

3.1 Erschütterungsprognose Kurfürstenstraße 26<br />

Aufgrund der Nähe zwischen der Emissionsquelle und dem Immisionsort hätten<br />

die gemessenen Erschütterungen in dem Wohngebäude zu ca. 10-fach überhöhten Erschütterungen<br />

auf den Geschoßdecken im Vergleich zu den Zulässigen geführt. Aus<br />

diesem Grund sollte eine elastische Gebäudelagerung dimensioniert werden.


Mit Hilfe der response-spectrum method wurde das frequenzabhängige Deckenantwortverhalten<br />

<strong>bei</strong> drei verschiedene Lagerungen simuliert:<br />

a) Lagerungsfrequenz: 10 Hz, 10 % Dämpfung<br />

b) Lagerungsfrequenz: 5 Hz, 5 % Dämpfung<br />

c) Lagerungsfrequenz: 3.5 Hz, 3 % Dämpfung<br />

Als dynamisches Modell kam der Zwei-Massen-Schwinger zur Anwendung.<br />

Bild 7: Gebäude Kurfürstenstraße<br />

Die folgenden Bilder zeigen die prognostizierten Wahrnehmungsstärken in KB <strong>bei</strong><br />

Deckenfrequenzen zwischen 3 und 35 Hz für die genannten Lagerungen.<br />

Seite 8 von 14


Wahrnehmungsstärke [KB]<br />

Wahrnehmungsstärke [KB]<br />

Wahrnehmungsstärke [KB]<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

Prognose für eine 10 Hz Lagerung<br />

Antwortspektrum<br />

3.5 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35<br />

Deckenfrequenz [Hz]<br />

Prognose für eine 5 Hz Lagerung<br />

Antwortspektrum<br />

Seite 9 von 14<br />

Fühlschwelle<br />

Fühlschwelle<br />

3.5 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35<br />

Deckenfrequenz [Hz]<br />

Prognose für eine 3.5 Hz Lagerung<br />

Antwortspektrum<br />

3.5 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35<br />

Deckenfrequenz [Hz]<br />

Bild 8: Prognose für verschiedene Lagerungsfrequenzen<br />

Fühlschwelle<br />

Messung 1<br />

Messung 2<br />

Messung 3<br />

Messung 4<br />

Fühlschwelle<br />

Messung 1<br />

Messung 2<br />

Messung 3<br />

Messung 4<br />

Fühlschwelle<br />

Messung 1<br />

Messung 2<br />

Messung 3<br />

Messung 4<br />

Fühlschwelle


Man erkennt, daß die 10 Hz-Lagerung aufgrund ihrer Nähe zum ersten spektralen Anregungspeak<br />

zu einer deutlichen Überschreitung der zulässigen KB-Werte führt. Dieser<br />

Effekt ist <strong>bei</strong> der 5 Hz-Lösung wesentlich geringer zu beobachten.<br />

Erst <strong>bei</strong> der 3.5 Hz Lagerung liegen die prognostizierten KB-Werte für alle Deckeneigenfrequenzen<br />

unterhalb der Fühlschwelle von 0.1 KB. Auch unter Berücksichtigung der<br />

Tatsache, daß die theoretisch berechnete Dämmwirkung in der Praxis nicht ganz erreicht<br />

wird, kann <strong>bei</strong> einer 3,5 Hz-Lagerung eine ausreichende Isolierwirkung erwartet werden.<br />

3.2 Beschreibung System<br />

Im folgenden wird die praktische Umsetzung eines tieffrequenten Lagersystems beschrieben.<br />

Wegen der notwendigen niedrigen Lagerungsfrequenz kamen lediglich<br />

Federelemente aus Schraubendruckfedern in Frage.<br />

Längsseits der U-Bahnröhren befinden sich Mauerwerksfundamentstreifen, auf die Federelemente<br />

der Fa. <strong>GERB</strong> gestellt wurden. Anschließend erfolgte mit Hilfe einer<br />

verlorenen Schalung die Erstellung der 80 cm dicken Grundplatte.<br />

3.3 Baubegleitende Messungen<br />

Bei den Federelementen handelt es sich um sogenannte "nicht vorspannbare Federelemente".<br />

Während der Bauphase senken sich die Federelemente von Null-Last auf<br />

20 mm <strong>bei</strong> nomineller Last ein. Zum Zeitpunkt der Messung (Fertigstellung des 1. Geschosses)<br />

betrug die Einsenkung ca. 4 mm.<br />

Da es sich <strong>bei</strong> dem verwendeten Lagersystem um Stahlfedern handelt, beträgt der<br />

Quotient aus dynamischem zu statischem E-Modul:<br />

E<br />

E<br />

Aufgrund der außerdem linearen Federkennlinie läßt sich die Lagerungsfrequenz f<br />

zu ca. 8 Hz bestimmen.<br />

f<br />

dyn<br />

stat<br />

� 1<br />

�<br />

d<br />

5 d: Einsenkung in [cm]<br />

Seite 10 von 14


Stützmauer zur seitlichen<br />

Kurfürstenstraße<br />

Entgültige Fundamentkante<br />

Bild 9: Verteilung und Einbau des Lagersystemes<br />

Seite 11 von 14<br />

Stützmauer zur seit<br />

Bereits in diesem Stadium wurden über 80% Isolierwirkung (Bewertung des Zeitsign<strong>als</strong>)<br />

festgestellt. Das nächste Bild zeigt <strong>bei</strong>spielhaft die Reduzierung des Erschütterungssign<strong>als</strong><br />

im Zeit- und Frequenzbereich.


oberhalb der isolierten Grundplatte<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

Seite 12 von 14<br />

1<br />

0<br />

1<br />

0 5 10<br />

Zeit [s]<br />

15 20<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

0.04<br />

0.02<br />

0<br />

20 40 60 80 100<br />

Frequenz [Hz]<br />

_______________________________<br />

unterhalb der isolierten Grundplatte<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

1<br />

0<br />

1<br />

0 5 10<br />

Zeit [s]<br />

15 20<br />

Geschwindigkeit [mm/s]<br />

0.04<br />

0.02<br />

0<br />

20 40 60 80 100<br />

Frequenz [Hz]<br />

Bild 10: Wirkung des Lagersystems <strong>bei</strong> 8 Hz-Lagerungsfrequenz (ein Geschoß<br />

fertiggestellt)<br />

Bild 11 zeigt das Übertragungsverhalten <strong>bei</strong> verschiedenen U-Bahn-Anregungen. Die<br />

Unabhängigkeit des Übertragungsverhaltens <strong>bei</strong> unterschiedlichen Zugvor<strong>bei</strong>fahrten wird<br />

deutlich. Außerdem ist der Vergleich zwischen der theoretischen und der gemessenen<br />

Übertragungsfunktion dargestellt. Die aus der Übertragungsfunktion bestimmte<br />

Abstimmungsfrequenz zu ca. 7.5 Hz bestätigt die aus der Einsenkung der Federelemente<br />

berechnete theoretische Lagerungsfrequenz. Aus der Halbwertsbreite der<br />

Übertragungsfunktion errechnet sich die Systemdämpfung zu 5 %, was dem erwarteten<br />

Wert entspricht.<br />

Beim endgültigen Ausbau des Gebäudes wird die Lagerungsfrequenz 3,5 Hz betragen,<br />

so daß die Isolierwirkung auf über 90% ansteigt und die Erschütterungen bis nahe an die<br />

Fühlschwelle reduziert werden. Der Vergleich der jetzigen Dämmung mit der endgültigen<br />

Dämmkurve, dargestellt in Terzbändern, wird Bild 12 gezeigt. Auch dort erkennt man<br />

deutlich die momentane Abstimmungsfrequenz von ca. 8 Hz. Im typischen Körperschallbereich<br />

von 40 - 70 Hz wird eine Dämmung von 20 dB erreicht. Diese Dämmung<br />

entspricht einer frequenzbewerteten Isolierwirkung von 90 %.


Übetragungsfunktion [-]<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0<br />

2.5<br />

5<br />

Übertragung [-]<br />

10<br />

7.5<br />

10<br />

5<br />

12.5<br />

15<br />

17.5<br />

20<br />

Frequenz [Hz]<br />

22.5<br />

25<br />

gemessene Übertragungsfunktion<br />

27.5<br />

30<br />

32.5<br />

35<br />

37.5<br />

40<br />

Seite 13 von 14<br />

U1-Messung 6<br />

U1-Messung 5<br />

U1-Messung 4<br />

U1-Messung 3<br />

U1-Messung 2<br />

verschiedene U-Bahnen<br />

U1-Messung 1<br />

0<br />

0 10 20 30 40<br />

Frequenz [Hz]<br />

50 60 70 80<br />

GemesseneÜbertragungsfunktion<br />

Berechnete Übertragungsfunktion<br />

Bild 11: Gemessene und theoretische Übertragungsfunktion<br />

Dämmung [dB]<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

-30<br />

2.5<br />

3.15<br />

4<br />

Vergleich der gemessenen und prognostizierten Dämmung<br />

5<br />

6.3<br />

8<br />

10<br />

12.5<br />

16<br />

Frequenz [Hz]<br />

20<br />

25<br />

31.5<br />

40<br />

50<br />

63<br />

80<br />

U1-Messung 1<br />

U1-Messung 2<br />

U1-Messung 3<br />

U1-Messung 4<br />

U1-Messung 5<br />

U1-Messung 6<br />

gemess. Dämmung<br />

gemess. Dämmung<br />

gemess. Dämmung<br />

gemess. Dämmung<br />

gemess. Dämmung<br />

gemess. Dämmung<br />

progn. 3.5 Hz Lagerung<br />

progn. 5 Hz Lagerung<br />

progn. 8 Hz Lagerung EMS<br />

progn. 8 Hz Lagerung ZMS<br />

Bild 12: Vergleich zwischen gemessener und prognostizierter Dämmung


Außerdem werden in diesem Bild die theoretischen und prognostizierten Dämmkurven<br />

der 3.5 Hz, 5 Hz und 8 Hz Lagerung dargestellt. Da<strong>bei</strong> ist besonders im Frequenzbereich<br />

ab 50 Hz eine Abweichung von der theoretischen Kurve der 8 Hz Lagerung zu beobachten.<br />

Diese Abweichung ist auf eine interne Fundamentplatteneigenfrequenz zurückzuführen.<br />

Bezieht man die Kenntnis dieser Eigenfrequenz in die Prognose mit ein, so läßt<br />

sich mit Hilfe des Zwei-Massen-Schwinger-Modells eine bessere Näherung erzielen.<br />

4.0 Zusammenfassung<br />

In diesem Bericht wurde zunächt das Antwortspektrum-Verfahren <strong>als</strong> Hilfsmittel für<br />

Erschütterungsprognosen vorgestellt. Dieses Verfahren ist dazu geeignet, zuverlässige<br />

Prognosen für Gebäude-Antwortschwingungen in einem breiten Band möglicher<br />

Deckeneigenfrequenzen zu liefern. Die dynamische Abstimmung von <strong>bei</strong>spielsweise<br />

Geschoßdecken kann mit Hilfe eines Antwortspektrums schon in der Planungsphase<br />

durchgeführt werden.<br />

Die Bewährung dieses Verfahrens ist am Beispiel einer tieffrequenten Gebäudelagerung<br />

(3.5 Hz Systemeigenfrequenz) dokumentiert worden.<br />

5.0 Literatur<br />

/1/ Empfehlungen des Ar<strong>bei</strong>tskreises 9 " Baugrunddynamik" der deutschen Gesellschaft für<br />

Erd- und Grundbau e.V. Juli 1992<br />

Bautechnik 69<br />

/2/ Studer, J, Ziegler, A: Bodendynamik, Grundlagen, Kennziffern, Probleme.<br />

Springer-Verlag<br />

/3/ Auersch, L: Durch Bodenerschütterungen angeregte Gebäudeschwingungen.<br />

Ergebnisse von Modellrechnungen BAM Forschungsbericht 108<br />

/4/ Grundmann, H, Müller, G: Erschütterungseinleitung in Bauwerke und Maßnahmen zur<br />

Reduzierung von Erschütterungen und sekundären Luftschallemissionen.<br />

Bauingenieur 69, Spinger-Verlag<br />

/5/ Schneider: Bautabellen WIT 40 10 Auflage<br />

/6/ Stühler, W, Reinsch, K.-H.: Erschütterungens- und Körperschallschutz von Gebäuden<br />

mittels Stahlfedern und viskosen Dämpfern.<br />

Bauingenieur 67, 1992, Springer-Verlag<br />

/7/ Haupt, W: Bodendynamik, Grundlagen und Anwendung. Braunschweig: Vieweg 1986<br />

/8/ Wietlake, K.-H.: Körperschallisolierte Gründung eines Wohnhauses oberhalb einer U-<br />

Bahn-Trasse. Bauingenieur 60 , Springer-Verlag 1985<br />

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