05.02.2015 Aufrufe

Rassismus Report 2010 - Zara

Rassismus Report 2010 - Zara

Rassismus Report 2010 - Zara

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Editorial<br />

Editorial<br />

Liebe LeserInnen!<br />

Als sich Markus Omofuma vor elf Jahren gegen seine<br />

Abschiebung aus Österreich wehrte und im Flugzeug<br />

zu randalieren begann, verklebten ihm drei Polizisten<br />

Brustkorb, Mund und Nase mit einem Klebeband – woran<br />

der Asylwerber aus Nigeria erstickte. Für die Täter<br />

blieb sein Tod ohne Folgen.<br />

Bakary J. brachten Beamte der Polizeisondereinheit<br />

WEGA vor fünf Jahren nach einem gescheiterten Abschiebeversuch<br />

in eine Lagerhalle, um den Asylwerber<br />

aus Gambia zu foltern. <strong>2010</strong> schließlich befanden die<br />

Gerichte die Beamten wegen „Quälens eines Gefangenen“<br />

für schuldig – zwei wurden vom Dienst suspendiert,<br />

einer zum Innendienst verpflichtet, der Vierte,<br />

mittlerweile in Pension, wurde zur finanziellen Höchststrafe<br />

verurteilt und muss auf alle in seiner Dienstzeit<br />

erworbenen Rechte und Ansprüche verzichten.<br />

Zwischen dem Tod Omofumas und dem Urteil im Fall<br />

Bakary J. sind mehr als zehn Jahre vergangen. KeineR<br />

der zuständigen InnenministerInnen dieser Dekade ist<br />

über diese Fälle willkürlicher und unbegründeter Polizeigewalt<br />

gestolpert oder hat – abgesehen von der<br />

Etablierung des Menschenrechtsbeirats – umfassende<br />

strukturelle Veränderungen herbeigeführt. Dass jetzt<br />

erstmals die Täter nicht mehr den uneingeschränkten<br />

Rückhalt ihrer Vorgesetzten zu genießen scheinen und<br />

sogar vom Innenministerium angekündigt wurde, den<br />

„<strong>Rassismus</strong> von Polizisten“ in einem Pilotprojekt untersuchen<br />

zu lassen, gibt Anlass zur Hoffnung. Denn nach<br />

wie betreiben einige ExekutivbeamtInnen ethnic profiling<br />

(➞ Glossar), wenn sie darüber entscheiden, wer<br />

kontrolliert wird und wer nicht. Sie gehen mit einer<br />

größeren Gewaltbereitschaft und vorurteilsbelasteter<br />

gegen Personen vor, die anderer ethnischer Herkunft<br />

zu sein scheinen und schüchtern diejenigen ein, die<br />

dieses Verhalten beanstanden (➞ rassistische Vorfälle<br />

➞ Polizei, S. 22).<br />

Auf diese Missstände wurden auch die Mitgliedsstaaten<br />

der Vereinten Nationen im Zuge der ersten universellen<br />

Menschenrechtsprüfung Österreichs zu Beginn 2011<br />

aufmerksam. Von den 97 Empfehlungen, die an Österreich<br />

ausgesprochen wurden, beanstanden 40 Prozent<br />

<strong>Rassismus</strong> und ähnliche Formen von Diskriminierung<br />

– dementsprechend fordert eine dieser Empfehlungen<br />

dezidiert die Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen<br />

durch Polizei und Einwanderungsbehörden ein.<br />

Dass Österreich immer noch keine Daten zum Thema<br />

<strong>Rassismus</strong> erhebt, geschweige denn auswertet oder<br />

gar in Programme und Gegenmaßnahmen umsetzt,<br />

war auch einer unserer Hauptkritikpunke, die wir im<br />

Vorfeld der Menschenrechtsprüfung in einem eigenen<br />

Bericht zum UN-Hochkommissariat für Menschenrechte<br />

geschickt haben. (➞ Kapitel: Alle Menschenrechte<br />

für Alle, ab S. 55)<br />

Das Innenministerium lässt auch präzise Beobachtungen<br />

vermissen, wenn es um die Verbreitung rassistischer<br />

Inhalte und Verhetzung im Internet geht. Da die<br />

Rechtslage in Österreich sich nicht explizit dem Thema<br />

cyber hate (➞ Glossar) annimmt, nutzen die VerbreiterInnen<br />

verhetzender und rassistischer Inhalte zunehmend<br />

das Internet, rekrutieren unverblümt ihren<br />

Nachwuchs über soziale Netzwerke und verbreiten ihre<br />

Botschaften über youtube und Blogs. Da Provider, SoftwareherstellerInnen<br />

und InhaltgeberInnen der Seiten<br />

oftmals über die halbe Welt verstreut sind, ist ein neuer<br />

Zugang zur Problematik gefragt. Dass die Gesetzeslage<br />

in Österreich rechtliche Schritte nur dann vorsieht,<br />

wenn wie beispielsweise im Fall der als rechtsextrem<br />

eingestuften Website alpen-donau.info bei den BetreiberInnen<br />

Beweise für Wiederbetätigung zu finden<br />

sind, scheint nicht der progressivste Zugang zu sein.<br />

Bei der Jahreskonferenz des International Network<br />

Against Cyber Hate (INACH) setzten sich deshalb VertreterInnen<br />

des Netzwerks gezielt mit VertreterInnen<br />

aus Wirtschaft, Bildung und Politik an einen Tisch, um<br />

gemeinsame Lösungsansätze und -strategien für eine<br />

erfolgreichere Abwehr von cyber hate zu ent wickeln<br />

und best practices vorzustellen. (➞Kapitel: cyber hate,<br />

ab S. 63).<br />

Erfolge kann ZARA im Kampf gegen diskriminierende<br />

Einlasspraktiken verbuchen: In zwei Fällen wurde <strong>2010</strong><br />

den Beschwerdeführern, denen der Zutritt zu Lokalen<br />

verweigert wurde, letztinstanzlich recht gegeben. Die<br />

Betreiber mussten Entschädigungen zahlen, die Urteile<br />

sprechen für sich: „Die Gewissheit, dass dieses rassistische<br />

Verhalten mit Strafe geahndet wird, schenkt<br />

mir wieder etwas Vertrauen in das österreichische<br />

Rechtssystem“ meinte einer der Kläger nach Abschluss<br />

des Verfahrens. (➞ rassistische Vorfälle ➞ Güter und<br />

Dienstleistungen ab S. 43).<br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!