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Rassistische Vorfälle · Beschäftigung und UnternehmerInnentum<br />
Schließlich wendet er sich an ZARA und möchte wissen,<br />
ob eine solche Ablehnung in Ordnung sei. Er wird<br />
darüber informiert, dass eine Ablehnung einer Bewerbung<br />
lediglich aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit<br />
des Bewerbers gegen das Gleichbehandlungsgesetz<br />
verstößt und rechtliche Schritte möglich sind.<br />
Herr D. bedankt sich für die Informationen, er möchte<br />
den Vorfall noch mit seinem AMS-Berater besprechen,<br />
und wird sich bei Bedarf wieder bei ZARA melden.<br />
60<br />
Frau X., eine Rechtsberaterin für Flüchtlinge,<br />
berichtet ZARA im November von folgendem<br />
Fall: Sie ruft in einem Hotel an, um für einen Klienten<br />
Informationen zu einer ausgeschriebenen freien Stelle<br />
im Servierbereich einzuholen. Der Klient ist afghanischer<br />
Herkunft und spricht bereits gut Deutsch. Die<br />
Gesprächspartnerin im Hotel fragt nach, welcher Herkunft<br />
der Stellenbewerber sei. Als ihr Frau X. mitteilt,<br />
dass dieser Afghane sei, erhält sie zur Antwort, dass<br />
dieser Bewerber auf keinen Fall für die Stelle in Frage<br />
käme. Erstens würde er ja sicher nur sehr schlecht<br />
Deutsch sprechen und zweitens wäre er nicht „herzeigbar“.<br />
Er wäre den KundInnen des Hotels als Servierhilfe<br />
nicht zumutbar. Das Hotel könne sich doch<br />
wohl aussuchen, wen es anstellen möchte und wen<br />
nicht.<br />
ZARA informiert Frau X. darüber, dass eine Ablehnung<br />
eines Stellenbewerbers ausschließlich aufgrund<br />
seiner ethnischen Zugehörigkeit gemäß dem österreichischen<br />
Gleichbehandlungsgesetz (GlBG ➞ Glossar)<br />
rechtswidrig ist und erläutert die rechtlichen Möglichkeiten.<br />
Frau X. ersucht ZARA um Dokumentation des<br />
Falles. Auf Anraten von ZARA wird sie auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft<br />
(➞ Glossar) über den Fall<br />
informieren.<br />
61<br />
Frau L. ist Muslimin und trägt ein Kopftuch.<br />
Sie ist Anfang November auf Jobsuche, als<br />
ihr von ihrem AMS-Berater ein Stellenangebot als<br />
kaufmännische Angestellte bei einer Wiener Firma für<br />
Heilbedarf übermittelt wird. Frau L. bewirbt sich bei<br />
der Firma, wobei sie das der Bewerbung beigefügte<br />
Bewerbungsfoto mit Kopftuch zeigt. Zwei Wochen<br />
später wird sie zu einem Bewerbungsgespräch geladen,<br />
das von der Firmeninhaberin Frau W. geführt<br />
wird. Frau W. ist freundlich und mit der Qualifikation<br />
von Frau L. sehr zufrieden. Sie möchte allerdings wissen,<br />
ob Frau L. das Kopftuch während der Arbeit ablegen<br />
wird. Am Wiener Hauptsitz der Firma, wo Frau L.<br />
zwar als Büroangestellte arbeiten würde, jedoch auch<br />
Kundenkontakt hätte, wäre das Kopftuch aufgrund der<br />
älteren Klientel jedenfalls ein Problem. Die KundInnen<br />
würden sich dann nicht nur bei ihnen, sondern auch<br />
bei der Krankenkasse, die einen Großteil der Leistungen<br />
der Firma finanziell übernimmt, über eine solche<br />
Verkäuferin beschweren. Es gäbe allerdings auch<br />
eine andere Filiale in Wien, wo Frau L. zwar ebenfalls<br />
Kundenkontakt hätte, das Kopftuch könnte dort aber<br />
aufgrund der anderen Zusammensetzung der Kundschaft<br />
vielleicht ein geringeres Problem sein. Abgesehen<br />
davon habe die Firma andere Mitarbeiterinnen<br />
muslimischen Glaubens, die das Kopftuch während<br />
der Arbeit ablegen würden. Das Vorstellungsgespräch<br />
endet mit der Zusage, dass sich die Firmeninhaberin<br />
bei Frau L. melden wird. Drei Tage später erhält Frau L.<br />
den versprochenen Anruf. Die Firmeninhaberin teilt ihr<br />
mit, dass auch in der anderen Filiale keine Chance auf<br />
Arbeit mit Kopftuch besteht. Eine Iranerin habe dort<br />
bereits mit Kopftuch gearbeitet, dies sei aber „nicht so<br />
gut gegangen“. Sollte Frau L. doch bereit sein, ohne<br />
Kopftuch zu arbeiten, solle sie sich aber umgehend<br />
telefonisch bei der Firmeninhaberin melden.<br />
Frau L. wendet sich zur rechtlichen Beratung an<br />
ZARA. Da sie eine fixe Zusage für eine andere Stelle ab<br />
Jänner 2011 hat und auch nicht an einer Entschädigung<br />
interessiert ist, möchte Frau L., dass der Firmeninhaberin<br />
bewusst gemacht wird, dass diese Firmenpolitik<br />
eine verbotene Diskriminierung darstellt. ZARA<br />
empfiehlt Frau L. eine Intervention der Gleichbehandlungsanwaltschaft<br />
(➞ Glossar). Zu Redaktionsschluss<br />
hat die Firma auf ein entsprechendes Interventionsschreiben<br />
noch nicht geantwortet.<br />
62<br />
Frau L. ist in Österreich geboren und österreichische<br />
Staatsbürgerin. Sie kommt aus einer<br />
österreichisch-persischen Familie und ist Muslimin.<br />
Sie arbeitet seit ungefähr zwei Jahren als Assistentin<br />
im Managementbereich einer größeren Firma. Im<br />
Frühling wendet sich Frau L. an ZARA, da sie immer<br />
wieder mit rassistischen Bemerkungen, oft in Form<br />
von „Witzen“, durch andere MitarbeiterInnen konfrontiert<br />
wird und ihr dies sehr unangenehm ist. Sie würde<br />
aufgrund ihrer religiösen Überzeugung auch gerne<br />
ein Kopftuch tragen, hat davon bisher aber abgesehen,<br />
da ihr vermittelt wurde, dass dies im Hinblick<br />
auf den Kontakt mit potenziellen KundInnen und<br />
GeschäftspartnerInnen nicht gern gesehen würde.<br />
ZARA informiert Frau L. darüber, dass Diskriminierungen<br />
aufgrund der Religion oder der ethnischen Herkunft,<br />
worunter auch rassistische Bemerkungen und<br />
vermeintliche „Witze“ als so genannte „Belästigungen“<br />
fallen können, im Arbeitsbereich nach dem Gleichbehandlungsgesetz<br />
(GlBG ➞ Glossar) nicht erlaubt sind.<br />
ZARA rät Frau L., die Probleme vorerst mit Ansprechpersonen<br />
innerhalb der Firma zu besprechen – wenn<br />
dies zu keinem Ergebnis führt, könne sich Frau L. zur<br />
Unterstützung auch an die Gleichbehandlungsanwaltschaft<br />
(➞ Glossar) wenden. In letzter Konsequenz<br />
wäre schließlich auch ein Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission<br />
(➞ Glossar) möglich, bei dem<br />
sie ZARA unterstützen würde. Frau L. bedankt sich für<br />
die Informationen und erklärt, dass sie die Stimmung<br />
lieber nicht „aufheizen“ möchte. Nachdem sie einem<br />
der Kollegen gesagt habe, dass er rassistische Äußerungen<br />
unterlassen solle, ginge es auch etwas besser.<br />
Sie würde sich bei Bedarf wieder melden.<br />
Im Oktober wendet sich Frau L. wieder an ZARA: Im<br />
Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen wurden meh-<br />
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