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cyber hate · The Love-Hate-Net – Ergebnisse der INACH Konferenz<br />
von links nach rechts:<br />
Dieter Schindlauer (Vorsitzender von ZARA, Österreich), Ronald Eissens (Generaldirektor und Mitbegründer der Magenta Foundation; Leiter der Meldestelle für Diskriminierung<br />
im Internet, Niederlande), Axel Maireder (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Publizistik, Universität Wien, Österreich), Stefan Glaser (stv. Direktor von jugendschutz.net,<br />
Deutschland ), Igor Vejnovic (Mitarbeiter im Regionalen Zentrum für Minderheiten, Serbien), Jonathan Vick (Berater für Internettechnologie bei der Liga gegen Diffamierung, USA)<br />
Good-will Kooperationen mit den Providern funktionieren<br />
gut, wenn ein persönlicher Kontakt besteht,<br />
bestätigt INACH-Geschäftsführerin Suzette Bronkhorst.<br />
Generell berufen sich IT-Service- und NetzwerkbetreiberInnen<br />
allerdings auf nationales Recht und<br />
lehnen Verantwortung für Inhalte ab – das Internet<br />
gehöre allen und die Inhalte seien privat. Wenn jede<br />
Firma Nutzungsbestimmungen festlegen würde,<br />
gäbe es keinen Raum mehr für freie Meinungsäußerung,<br />
rechtfertigen die VertreterInnen von Microsoft<br />
Europe ihre Politik. Facebook geht einen Schritt weiter:<br />
Die sozialen Netzwerke seien letztendlich eine private<br />
Kommunikationsplattform, und ohne Austausch<br />
gäbe es keine Meinungsbildung. Facebook glaube<br />
diesbezüglich an den Sieg des Guten über das Böse,<br />
sagte Richard Allan, Facebook Policy Officer Europe,<br />
auf der Konferenz, dennoch hat er INACH in Aussicht<br />
gestellt, Richtlinien ausarbeiten zu wollen, nach denen<br />
Anfragen bezüglich rassistischer Inhalte künftig<br />
an Facebook gestellt werden können.<br />
Anders als am Schulhof oder Fußballplatz, sind<br />
die Kommunikationsräume der sozialen Netzwerke<br />
vermittelt, halb-öffentlich und stark vernetzt<br />
– dazu kommen spezifische Risiken und<br />
Herausforderungen wie die unmittelbare und<br />
schwer-kontrollierbare Verbreitung von Nachrichten<br />
durch die Überschneidung von sonst getrennten<br />
Gruppen.<br />
Axel Maireder<br />
Eine solche Entwicklung, gibt eine Vertreterin der<br />
Sonderbeauftragten für Medienfreiheit der Organisation<br />
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa<br />
(OSZE) zu bedenken, könne zu einer Privatisierung der<br />
Zensur führen, nämlich dann, wenn privatwirtschaftliche<br />
Unternehmen ausschließlich nach ihren eigenen<br />
Richtlinien handeln würden. Ihre Aufgabe müsse es<br />
sein, sich an der Gesetzeslage zu orientieren. Strafverfolgt<br />
werden können aber, je nach Rechtslage, nur die<br />
Verantwortlichen für die Inhalte – und Serviceprovider<br />
im Ausland können nicht nach österreichischem<br />
Recht für Inhalte belangt werden. Die Poster zu lokalisieren,<br />
so Gertraud Eppich vom Bundesministerium<br />
für Justiz, sei in diesen Fällen ebenfalls schwer.<br />
Um der Privatisierung der Zensur vorzubeugen<br />
und gleichzeitig einen bewussteren Umgang mit den<br />
Themen <strong>Rassismus</strong> und cyber hate (➞ Glossar) zu<br />
fördern, wäre die Entwicklung von codes of conduct<br />
(➞ Glossar) wünschenswert, die Richtlinien für den<br />
Umgang mit diesen beiden Phänomenen in Internetforen<br />
oder sozialen Netzwerken beinhalten. Provider<br />
könnten damit ihrer sozialen Verantwortung nachkommen,<br />
indem sie Menschenrechten wie beispielsweise<br />
dem Schutz der Würde des Menschen, dem<br />
Recht auf Nicht-Diskriminierung und dem Recht auf<br />
freie Meinungsäußerung zum Durchbruch verhelfen<br />
und mit ihren Policies über die gesetzlichen Vorgaben<br />
hinausgehen. Darüber hinaus würden solche codes of<br />
conduct (➞ Glossar) transparent machen, was erlaubt<br />
und was nicht erlaubt ist. Die Einrichtung von Meldestellen<br />
innerhalb der Provider, die sich der Überwachung<br />
dieser Verhaltenskodices annehmen, wäre<br />
ebenso wünschenswert wie die tatkräftige Unterstützung<br />
von zivilgesellschaftlichen Einrichtungen wie<br />
beispielsweise INACH und Behörden beim Aufspüren<br />
von virtuellen TäterInnen.<br />
Wir sind überzeugt, dass sich die Bekämpfung<br />
von cyber hate positiv auf den Umgang mit<br />
Menschenrechten, Extremismus, Verhetzung<br />
und Diskriminierung ist und der Zukunft und<br />
Sicherheit der gesamten OSZE Region zuträglich<br />
ist.<br />
Ronald Eissens<br />
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