Gemeindebrief März 2012 - Evangelische Kirchengemeinde ...
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26<br />
Kasualien<br />
Um die Bedeutung der Kasualien für<br />
die Volkskirche deutlich zu machen,<br />
möchte ich zuerst einmal versuchen,<br />
die Begriffe zu klären.<br />
G e m e in d e L e b e n März - Mai <strong>2012</strong><br />
Die Bedeutung der Kasualien<br />
für die Kirche als Volkskirche<br />
In den Bekenntnisschriften haben die<br />
Theologen früherer Zeiten festgehalten,<br />
was für den christlichen Glauben<br />
inhaltlich wichtig ist. So bestimmte<br />
der Theologe und Weggefährte Martin<br />
Luthers, Philipp Melanchthon, im<br />
Bekenntnis von Augsburg (1530),<br />
was die „Kirche“ ist, in Artikel 7 mit<br />
folgenden Worten: „Es wird auch<br />
gelehrt, dass allezeit eine heilige,<br />
christliche Kirche sein und bleiben<br />
muss, die die Versammlung aller<br />
Gläubigen ist, bei denen das Evangelium<br />
rein gepredigt und die heiligen<br />
Sakramente laut dem Evangelium gereicht<br />
werden.“ (siehe <strong>Evangelische</strong>s<br />
Gesangbuch S. 1567)<br />
Da sich der christliche Glaube bei<br />
seiner Weitergabe oft entlang den<br />
natürlichen Grenzen von Sprache und<br />
Völkern verbreitet hat, sind die Kirchen<br />
mit je eigener Ausprägung in den<br />
jeweiligen Völkern entstanden.<br />
Latein zum einen als die verbindende<br />
Sprache der römisch-katholischen<br />
Kirche hat dabei über viele Jahrhunderte<br />
gewisse einheitliche Formen der<br />
Gottesdienste begünstigt.<br />
Die seit dem 7. Jahrhundert nach und<br />
nach hervor gehobene Stellung des<br />
Bischofs von Rom als Papst hat zum<br />
anderen zentral ausgerichtete, einheitliche<br />
kirchliche Strukturen begünstigt.<br />
Im Zuge der Ausbreitung des Christentums<br />
gewannen christliche Kirchen<br />
auch politischen Einfluss. Denn es hatte<br />
ja auch für einen Herrscher Vorteile,<br />
wenn sein Herrschaftsgebiet nur einen<br />
„Glauben“ (=Konfession) hatte.<br />
Um alle Einwohner religiös zu versorgen,<br />
wurden in Anlehnung an staatliche<br />
auch kirchliche Strukturen geschaffen.<br />
So entstand – unterstützt von Fürsten<br />
und Adligen – ein Netz von Bistümern<br />
bzw. Kirchen/-gemeinden, in denen<br />
Priester (durch Gottesdienste, Seelsorge<br />
und Kasualien) die Versorgung der<br />
Bevölkerung in religiöser Hinsicht<br />
sicherstellen sollten. Durchgesetzt<br />
hat sich bei der Struktur der <strong>Kirchengemeinde</strong>n<br />
und Pfarreien das<br />
„Parochialprinzip“, d.h. alle Gläubigen<br />
innerhalb eines bestimmten, abgrenzbaren<br />
Bezirkes, einer Parochie oder<br />
Pfarrei gehörten zu einer <strong>Kirchengemeinde</strong>.<br />
Für sie war ein Priester zuständig,<br />
dessen Bezeichnung als „Pfarrer“<br />
sich vom lateinischen „Parochus“ -<br />
dem Herrn der Parochie/ Pfarrei - also<br />
dem „Pfarr-Herrn“ ableitete.<br />
Die Kasualien waren neben den<br />
Sonntagsgottesdiensten und täglichen<br />
Messen (in der römisch-katholischen<br />
Kirche) die Form, wo der Priester auf<br />
die spezielle Situation der Menschen<br />
eingehen konnte. Das Wort „Kasualie“<br />
leitet sich vom lateinischen „Kasus“<br />
her, das übersetzt „Fall“ bedeutet.