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Nutrition-Press

Freiheit für gesunde Nahrung - ein Schritt weiter!

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Ausgabe Nr. 6 – Februar 2015 · 4,95 Euro · ISSN 2195­8505<br />

www.nutrition-press.com<br />

<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Fachzeitschrift für Mikronährstoffe<br />

Thomas Büttner<br />

Neue Rechtsprechung<br />

zur Health Claims<br />

Verordnung<br />

Delia Germeroth<br />

Fisetin – ein sekundärer<br />

Pflanzenstoff mit vielen<br />

Wirkungen<br />

Andreas Binninger<br />

Was ist gesunde<br />

Ernährung?<br />

Manfred Scheffler<br />

Freiheit und Gerechtigkeit<br />

kommen<br />

selten von allein<br />

Mikronährstoffe<br />

Vitalstoffe<br />

Nahrungsergänzungsmittel<br />

Hersteller und Vertriebe<br />

Europäischer Gerichtshof, Luxemburg<br />

Freiheit für gesunde Nahrung –<br />

ein Schritt weiter!<br />

Etappensieg für den Verbraucher erreicht


NEM e.V.<br />

Jetzt anno 2015 ist unser Verband bereits 9 Jahre für den<br />

Mittelstand der Gesundheitsbranche erfolgreich aktiv. Der<br />

jährliche Branchentreff – unsere Workshops für lebensmittelrechtliche<br />

und ernährungswissenschaftliche Themen<br />

und eben mittelstandsorientierte Themen – beschränkt<br />

sich nicht auf Erläuterungen, sondern setzt Maßstäbe für<br />

unsere Gesellschaft.<br />

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Freiheit für<br />

gesunde Nahrung<br />

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Fachjuristen, Sachverständige, Institute, Labore, Rechtschutz kosten deutlich weniger:<br />

1. Teilnahme an NEM-Seminaren fast 50% günstiger.<br />

2. Verkehrsfähigkeitsprüfungen von Rezepturen .<br />

3. Verkehrsfähigkeitsprüfungen von Rohstoffen .<br />

4. Verkehrsfähigkeitsprüfungen von Kennzeichnungen / Etiketten.<br />

5. Verkehrsfähigkeitsprüfungen von wettbewerbsrechtlichen Fragen, Prüfungen von<br />

Werbebroschüren .<br />

6. Erstellung von Gutachten hinsichtlich lebensmittelrechtlicher Fragen, Geschäftsvertragsprüfung<br />

von Angeboten, Aufträgen, Rechnungen etc., Prüfung von Webseiten, Online-<br />

Shops etc., Prüfung von AGBs, Vertragsgestaltung Herstellungsverträge und Vertriebsverträge.<br />

7. Juristische Beratung bei Abmahnungen durch Wettbewerber, Verbraucherverbände,<br />

Behörden etc.<br />

8. Anmeldungsberatung von Health Claims.<br />

9. Anmeldungsberatung von diätetischen Lebensmitteln.<br />

10. Beratung bei gesetzlichen Verstößen, Bußgeldern, bei strafrechtlichen Fällen.<br />

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Größter europäischer<br />

Verband der Branche<br />

WERDEN SIE MITGLIED!<br />

Anmeldeformulare und Informationen über Mitgliedsbeiträge<br />

finden Sie unter: www.nem-ev.de<br />

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Vertretung für<br />

den Mittelstand<br />

NEM Verband mittelständischer europäischer Hersteller und Distributoren<br />

von Nahrungsergänzungsmitteln & Gesundheitsprodukten e. V.<br />

Horst-Uhlig-Straße 3 · D-56291 Laudert · Telefon +49 (0)6746/80298-20<br />

Telefax +49 (0)6746/80298-21 · E-Mail: info@nem-ev.de<br />

www.nem-ev.de


Editorial<br />

Freiheit und Gerechtigkeit kommen selten von allein<br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

Gute Nachrichten durch NEM – Aktivitäten<br />

1. Health Claims – überraschende Wende zeichnet sich ab!<br />

Weniger Verbote – mehr Infor ma tionsfreiheit für gesundheitsbezogene<br />

Aussagen. Der Verbraucher darf sich mit<br />

den mittelständischen Unternehmen richtig freuen.<br />

Nur noch etwas Geduld. Das Grundrecht eines Bürgers<br />

auf freie Meinungsäußerung wird wieder Gewicht bekommen.<br />

Am 06. Januar 2012 hat der NEM Verband Klage beim<br />

Europäischen Gericht einge reicht – gemeinsam mit<br />

einem Mitgliedsunternehmen. Die Gerichtsverhandlung<br />

fand am 23.10. 2014 in Luxemburg statt. Rechtsanwalt<br />

Dr. Büttner und meine Person in der Funktion als Prä si ­<br />

dent standen nun vor dem höchsten Gericht Europas. Ein<br />

Gefühl, das einen schon mit Stolz erfüllt, Gerechtigkeit<br />

zu erstreiten für den Ver braucher und den mittelständischen<br />

Un ternehmer – die Wirtschaftsbasis unserer<br />

Gesellschaft. Die Wirtschaftskraft in Deutschland wird<br />

durch 80 % der Mittelständler gestellt.<br />

Das Ergebnis: hier können wir nicht vorgreifen – das wäre<br />

nicht seriös. Das Urteil wurde noch nicht gesprochen. Bis<br />

zu 6 Monaten nach Gerichtsverhandlung kann es dauern,<br />

bis ein Urteil verkündet wird. Sobald das Urteil bekannt<br />

ist, wird es umgehend der Branche bekanntgegeben.<br />

2.Und jetzt kommt der 2. Streich, wie angekündigt,<br />

zu Novel Food.<br />

Früchte, Gemüse, Pilze, Gewürze, die nicht maßgeblich<br />

vor Mai 1997 im Europäischen Verkehr waren, dürfen zunächst<br />

nicht nach Europa rein, auch wenn diese Lebensmittel<br />

seit 1000 Jahren und mehr in anderen Ländern<br />

verspeist werden. Solche Lebensmittel dürfen nur auf<br />

den Markt, wenn sie über langwierige Prüf verfahren zugelassen<br />

wurden. Was für ein Schildbürgerstreich.<br />

Manfred Scheffler<br />

Präsident NEM e.V.<br />

Was die Novel Food Verordnung<br />

betrifft: hier bereitet und diskutiert<br />

man in den Behörden eine<br />

Neugestaltung. Jetzt gilt es, unseren<br />

Unmut nochmals kund<br />

zu tun. Es sollte mir keiner vorschreiben,<br />

was ich essen soll<br />

oder darf. Wir Bürger sind mündig<br />

genug, dies selbst zu entscheiden.<br />

Synthetische Lebensmittel<br />

auf Toxikologie zu prü fen,<br />

ist sicher zwingend erforderlich und genehmigungswürdig.<br />

Die Politik sollte erkennen, dass der Bürger nicht<br />

ständig bevormundet wird.<br />

Was tun wir:<br />

a) wir haben eine Petition initiiert, auf Deutsch, Englisch,<br />

Französisch (siehe www.nem-ev.de). Die wird den Europäischen<br />

Behörden etc. vorgelegt.<br />

b) wir werden Europa auffordern, den Bürger nicht für dumm<br />

zu verkaufen und gehen ins Gespräch mit den Behörden,<br />

dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat –<br />

und in die Medien.<br />

Vergessen wir nicht: wer die Macht über Lebensmittel<br />

hat, der hat die Macht über uns Bürger.<br />

Lebensmittel sind die Basis unserer Gesundheit. Fehlt der<br />

gesunde Menschen verstand bereits in der Politik und den<br />

Behörden, um dies zu erkennen?<br />

Bleiben Sie gesund und munter!<br />

Herzlichst Ihr<br />

Wir alle wissen, Zigaretten sind tödlich – sind aber auch<br />

erlaubt; besagte Lebensmittel werden erst einmal verboten.<br />

Gerade versucht man Vitalpilze zu Arzneimitteln<br />

zu machen (s. <strong>Press</strong>e mitteilung BfArM 2/15 vom<br />

06. 02. 2015) Was für ein krankhaftes Denken der Behörden<br />

und Politik. Oder sind hier andere Kräfte am Werk –<br />

na wer wohl?<br />

Manfred Scheffler<br />

Präsident NEM e.V.<br />

<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong> ist die offi zielle Zeitschrift des NEM e.V.<br />

Verband mittelständischer europäischer Hersteller und<br />

Distributoren von Nah rungs ergänzungsmitteln & Gesundheitsprodukten<br />

e.V.<br />

3


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Inhalt<br />

5 Neue Rechtsprechung zur Health Claims Verordnung • Dr. jur. Thomas Büttner<br />

11 Fisetin – ein sekundärer Pflanzenstoff mit vielen Wirkungen • Dipl. Troph Delia Gemeroth<br />

14 Was ist gesunde Ernährung? • Andreas Binninger<br />

16 Ergothionein in Pilzen – der oxidative Stress • Prof. Dr. Jan I. Lelley<br />

21 Alpha Liponsäure Chelatbildner bei Schwermetallbelastungen:<br />

Wissenschaftsfundierte Problemdarstellung • Strahinja Tomic<br />

26 Cayennepfeffer<br />

28 Kurkumin zur Behandlung der Atrophie bzw.<br />

tumorinduzierten Kachexie • Christopher Oelkrug, Dr. Andreas Schubert<br />

32 Chronische Erkrankungen ... und kein Ende in Sicht • Prof. Dr. Dr. Fred Harms<br />

36 Warum ist Homocystein so interessant? • Peter Abels<br />

40 Schwermetalle – Ein Revival alter Bekannter • Dr. rer. nat. Cornelia Friese-Wehr<br />

44 Indien – ein Markt für europäische Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetik?!<br />

Indien – als Beschaffungsmarkt für Rohstoffe • Hon. Prof. Dr. Helmut Weidlich<br />

48 Gefahrstoffe im Griff: Neues Angebot für verbessertes Gefahrstoffmanagement• BG RCI<br />

49 eBay-Auktionen: Vorsicht beim Abbruch• ARAG<br />

Impressum<br />

<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Fachzeitschrift für Mikronährstoffe,<br />

Vitalstoffe, Nahrungsergänzungsmittel,<br />

Hersteller und Vertriebe<br />

Online-Ausgabe: ISSN 2195-8505<br />

Herausgeber: Elite Magazinverlags GmbH<br />

Boslerstraße 29 · 71088 Holzgerlingen<br />

Telefon:+49(0)7031/744-0 · Fax:+49(0)7031/744-195<br />

E-Mail: info@nutrition-press.com<br />

Chefredaktion: Bernd Seitz (V.i.S.d.P.)<br />

Leitender Redakteur: Manfred Scheffler<br />

Redaktion: Gabriele Thum M.A.<br />

Wissenschaftlicher Beirat:<br />

Dr. Gottfried Lange<br />

Prof. Dr. Kurt S. Zänker<br />

Juristischer Beirat: Dr. jur. Thomas Büttner<br />

Gastautoren:<br />

Peter Abels<br />

Andreas Binninger<br />

Dr. jur. Thomas Büttner<br />

Dr. rer. nat. Cornelia Friese-Wehr<br />

Dipl. Troph Delia Gemeroth<br />

Prof. Dr. Dr. Fred Harms<br />

Prof. Dr. Jan I. Lelley<br />

Christopher Oelkrug<br />

Dr. Andreas Schubert<br />

Manfred Scheffler<br />

Strahinja Tomic<br />

Hon. Prof. Dr. Helmut Weidlich<br />

Grafik/Layout: Melanie Wanner<br />

Projektleitung: Sanela Cutura<br />

Anzeigenabteilung:<br />

Sandra Schneider, Telefon: +49 (0)7031/744-122<br />

E-Mail: info@nutrition-press.com<br />

Bildnachweis: fotolia.com, Peter Fuchs/shutterstock.com<br />

Erscheinungsweise: 2 mal pro Jahr:<br />

Februar, September<br />

Einzelpreis: 4,95 Euro, zzgl. Versandkosten<br />

Bestellung der Print-Ausgabe: info@nem-ev.de<br />

Print-Ausgabe: ISSN 2196-1271<br />

Online-Magazin und Media-Daten:<br />

kostenlos unter www.nutrition-press.com<br />

Printed in Germany<br />

Copyright-Hinweis: Die gesamten Inhalte des Magazins<br />

sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte auf Konzept<br />

und Gestaltung: Elite Magazinverlags GmbH und NEM e.V..<br />

Vervielfältigungen jeglicher Art nur mit ausdrücklicher<br />

Genehmigung der Elite Magazinverlags GmbH<br />

und des NEM e.V.. (alle Anschriften siehe Verlag)<br />

Offizielles Magazin des NEM e.V.:<br />

NEM Verband mittelständischer europäischer<br />

Hersteller und Distributoren von Nahrungs ergänzungsmitteln<br />

& Gesundheitsprodukten e.V.<br />

Horst-Uhlig-Str. 3, 56291 Laudert<br />

Telefon: +49 (0)6746/80 29 82 0<br />

Fax: +49 (0)6746/80 29 82 1<br />

E-Mail: info@nem-ev.de<br />

Internet: www.nem-ev.de<br />

4<br />

www.nutrition-press.com


Recht<br />

Neue Rechtsprechung<br />

zur Health Claims Verordnung<br />

Die Health Claims Verordnung 1924/2006/EG mit der VO 432/2012/<br />

EG halten nach wie vor die Lebensmittelindustrie in Atem.<br />

Die Zulässigkeit der Verwendung von nährwertbe<br />

zo genen – und gesundheitsbezogenen<br />

Aussagen für Lebensmittel ist aufgrund der gravierenden<br />

Änderungen der Rechtslage im Vergleich zu<br />

den Vorjahren ein beliebter Tummeplplatz für Abmahnvereine,<br />

Wettbewerber und Überwachungsbehörden.<br />

Nahezu jede Umverpackung, jeder Werbeflyer, jeder<br />

Internetauftritt wird kritisch auf mögliche Verstöße gegen<br />

die Health Claims Verordnung untersucht.<br />

1. Hierbei zeichnete sich in den ersten Jahren ein sehr<br />

restriktives Bild der Rechtsprechung, die die Verordnungen<br />

sehr eng und konservativ auslegte.<br />

Dies führte teilweise schon zu skurrilen Beanstandungen,<br />

wenn z.B. die Behörden sich daran störten, dass<br />

statt der Formulierung „Vitamin C trägt zur Verringerung<br />

von Müdigkeit und Ermüdung bei“ formuliert<br />

wurde „Vitamin C trägt zur Verringerung von Müdigkeit<br />

und Erschöpfung bei“. Niemand wird erklären können,<br />

worin der Unterschied zwischen Müdigkeit und Ermüdung<br />

bestehen soll. Dies erst recht vor dem Hintergrund,<br />

dass die englische Formulierung des zugelassenen<br />

Claims „fatigue“ durchaus mit dem Begriff der Erschöpfung<br />

übersetzt werden kann.<br />

Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, wenn die Formulierung<br />

„Vitamin C trägt zu einer normalen Funktion des<br />

Immunsystems bei“ nicht gleichgesetzt werden dürfe<br />

mit der Formulierung „Vitamin C trägt zu einer gesunden<br />

Funktion des Immunsystems bei“. Denn es ist<br />

für den aufmerksamen, verständigen Durchschnittsverbraucher<br />

klar, dass eine normale Funktion des Immunsystems<br />

eine gesunde Funktion des Immunsystems<br />

darstellt. Wenn die Funktion des Immunsystems nicht<br />

normal ist, kann sie auch nicht gesund sein. In einigen<br />

europäischen Ländern ist vor diesem Hintergrund auch<br />

akzeptiert, dass statt normale Funktion des Immunsystems<br />

auch „gesunde“ Funktion des Immunsystems<br />

formuliert werden kann.<br />

5


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Da nach Art. 5 Abs. 2 der VO 1924/2006/EG die Verwendung<br />

gesundheitsbezogener Angaben nur zulässig<br />

ist, wenn vom durchschnittlichen Verbraucher erwartet<br />

werden kann, dass er die positive Wirkung, wie sie in<br />

der Angabe dargestellt wird, versteht, halten wir vor<br />

diesem Hintergrund auch die Formulierung „gesund“<br />

für gleichbedeutend mit „normal“.<br />

2. Aktuell häufen sich jedoch auch Urteile, die für die<br />

Lebensmittelindustrie Licht am Ende des Health Claims­<br />

Tunnels aufzeigen.<br />

So verweisen wir auf ein aktuelles Urteil des Landgerichts<br />

Würzburg vom 11. 07. 2014, Az. 1 HKO 882/14.<br />

Darin hat das Landgericht Würzburg bestätigt, dass ein<br />

Nahrungsergänzungsmittel prominent auf Inhaltsstoffe<br />

hinweisen darf, dass sie in dem Produkt enthalten sind<br />

und diese auch mit Mengenangaben in der Nährstofftabelle<br />

aufführen darf, ohne dass daraus auf eine Gesundheitsbezogenheit<br />

dieser Bestandteile des Produktes<br />

geschlossen werden darf.<br />

Überwachungsbehörden und Wettbewerbsverbände<br />

haben es in der Vergangenheit bereits beanstandet,<br />

dass z. B. die bekannten Zutaten von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

Glucosamin­ und Chondroitinsulfat auf<br />

Frontseiten von Nahrungsergänzungsmitteln abgebildet<br />

werden, die sich auf die Gelenk­Gesundheit beziehen.<br />

Es ist bekannt, dass in der Vergangenheit Glucosaminsulfat<br />

und Chondroitinsulfat als Wirkstoffe für gelenkspezifi<br />

sche Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

beworben wurden. Im Rahmen der Health Claims Verordnung<br />

hatte jedoch die EFSA einen Nutzen dieser<br />

Stoffe auf der Grundlage der ihr von den jeweiligen Antragstellern<br />

vorgelegten Unterlagen als wissenschaftlich<br />

nicht ausreichend belegt qualifi ziert. Dagegen wurde<br />

z.B. für Vitamin C im Rahmen der VO 1924/2006/<br />

EG ausdrücklich anerkannt, dass Vitamin C zu einer<br />

normalen Kollagenbildung für eine normale Funktion<br />

der Knochen und der normalen Knorpelfunktion beiträgt.<br />

Auch können für andere Botanicals, deren Bewertung<br />

noch zurückgestellt ist, entsprechende gelenkspezifi ­<br />

sche oder knorpelspezifi sche gesundheitsbezogene<br />

Aussagen weiterhin möglich sein. Eine Vielzahl von Anbietern<br />

verweist jedoch nach wie vor darauf, dass Glucosaminsulfat<br />

und Chondroitinsulfat in ihren Produkten<br />

„enthalten“ sind, ohne diesen Zutaten spezifi sche gesundheitsbezogene<br />

Wirkung zuzuschreiben.<br />

Das Landgericht Würzburg hat nun diese Praxis ausdrücklich<br />

als zulässig bestätigt.<br />

So heißt es in dem Urteil unter anderem wie folgt:<br />

„Die Angabe von Glucosamin- und Chondroitinsulfat auf<br />

der streitgegenständlichen Umverpackung der … Kapseln<br />

stellt keine „gesundheitsbezogene Angabe“ im Sinne<br />

des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 Health Claims Verordnung dar,<br />

denn die Angabe suggeriert weder, noch bringt Sie mittelbar<br />

zum Ausdruck, dass zwischen den vorgenannten<br />

Bestandteilen des Nahrungsergänzungsmittels und der<br />

Gesundheit ein Zusammenhang besteht. … Da bezüglich<br />

der Inhaltsstoffe Glucosamin- und Chondroitinsulfat keine<br />

nähere Spezifizierung, für was die genannten Stoffe<br />

nützlich sein sollen, wie für die anderen vorgenannten<br />

Stoffe vorgenommen wird, wird ein Durchschnittsverbraucher,<br />

auf den es entscheidend ankommt, weil sich<br />

die Bewerbung der … durch die Beklagte grundsätzlich<br />

an die Gesamtheit der Verbraucher richtet … nicht davon<br />

ausgehen, dass Glucosamin- und Chondroitinsulfat eine<br />

spezifische gesundheitsbezogene Wirkung aufweisen. …<br />

Die Beklagte ist dabei allerdings nur an den von ihr selbst<br />

verwendeten Werbeaussagen zu messen, denn werbliche<br />

Äußerungen Dritter oder sonstiger Erfahrungswerte<br />

sind der Beklagten nicht zuzurechnen … Die Erwähnung<br />

der streitgegenständlichen Stoffe in der Nährwerttabelle<br />

lässt ebenso wenig auf die besondere Gesundheitsbezogenheit<br />

schließen. … Die Tatsache, dass Glucosaminund<br />

Chondroitinsulfat auf der Vorderseite der Umverpackung<br />

des Nahrungsergänzungsmittels genannt werden,<br />

ist darauf zurückzuführen, dass die … zu einem Großteil<br />

aus eben diesen Stoffen bestehen und damit zu ihren<br />

Hauptbestandteilen des Produktes zu zählen sind … Für<br />

Verbraucher kommt es auf die beworbene Wirkung des<br />

Produktes insgesamt und gerade nicht auf die Einzelheiten<br />

der chemischen Zusammensetzung an … Denn nach<br />

6


Recht<br />

beitragen, andererseits, dass sie eine ernährungsspezifische<br />

bzw. physiologische Wirkung aufweisen. In quantitativer<br />

Hinsicht sind Glucosamin- und Chondroitinsulfat<br />

charakteristisch für das streitgegenständliche Produkt,<br />

weil sie einen Großteil der Zusammensetzung ausmachen<br />

… Daneben ist die Angabe, dass die streitgegenständlichen<br />

… Kapseln Glucosamin- und Chondroitinsulfat<br />

enthalten, sachlich zutreffend. Die Angabe aller<br />

Inhaltsstoffe eines Präparates ist für den Verbraucher<br />

von überragendem Interesse, insbesondere dann, wenn<br />

eine bestimmte Zutat den Hauptbestandteil eines Erzeugnisses<br />

– wie hier Glucosaminsulfat – ausmacht.“<br />

Dieses Urteil des Landgerichts wurde vom Oberlandesgericht<br />

Bamberg mit Urteil vom 19.11.2014, Az.: 3 U<br />

159/14 bestätigt. Wir zitieren aus dem Urteil unter anderem<br />

wie folgt:<br />

Ansicht der Umverpackung darf der Verbraucher vorliegend<br />

ein Produkt erwarten, das sich positiv auf die Gesundheit<br />

seiner Gelenke auswirkt. Gerade diese beworbene<br />

Wirkung des Produktes ist vorliegend aber<br />

unstreitig, denn nachweislich unterstützen Vitamin C,<br />

Zink und Mangan gerade die Gelenkgesundheit…“<br />

Von besonderem Interesse ist ebenfalls, dass das Landgericht<br />

Würzburg bestätigt hat, dass die Angabe der<br />

Bestandteile Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat<br />

sogar eine Pfl ichtangabe für Nahrungsergänzungsmittel<br />

darstellt. Auch hierzu zitieren wir aus dem Urteil wie<br />

folgt:<br />

„Selbst wenn man dies anders sehen und das Vorliegen<br />

einer gesundheitbezogenen Angabe bejahen sollte, so<br />

würden die streitgegenständlichen Angaben als Pflichtangaben<br />

nicht dem Anwendungsbereich der Health Claims<br />

Verordnung unterfallen. Dies folgt aus Art. 1 Abs. 2 unter<br />

Abs. 1, 2 Abs. 2 Nr. 1 Health Claims Verordnung in Verbindung<br />

mit § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NemV. … Deshalb<br />

durften die streitgegenständlichen … Kapseln unter Angabe<br />

der Kategorien der Nährstoffe, die für das Erzeugnis<br />

kennzeichnend sind, in den Verkehr gebracht werden,<br />

§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NemV. Eine „Kennzeichnung“ in<br />

diesem Sinne setzt voraus, dass die fraglichen Inhaltsstoffe<br />

einerseits in quantitativer Hinsicht zur Ernährung<br />

„Eine Irreführung ist jedoch vorliegend, wie das Landgericht<br />

zu Recht ausgeführt hat, nicht zu erkennen. … Glucosaminsulfat<br />

und Chondroitinsulfat werden also in diesem<br />

Zusammenhang ausdrücklich als Wirkstoffträger<br />

nicht genannt. Aus der Umverpackung kann der (verständige)<br />

Verbraucher also nichts entnehmen, woraus sich<br />

der von dem Verfügungskläger gezogene Schluss einer<br />

gesundheitsfördernden Wirkung dieser beiden Bestandteile<br />

entnehmen lassen könnte. Dem Verbraucher wird<br />

also nichts suggeriert. Eine irreführende Bezeichnung<br />

nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB scheidet aus den vom Landgericht<br />

genannten Gründen aus. Das beworbene Produkt<br />

hat die ihm beigelegte Wirkung. … Mit den Bestandteilen<br />

des streitgegenständlichen Produktes Glucosaminsulfat<br />

und Chondroitinsulfaft wird jedoch auf der Umverpackung<br />

kein Gesundheitsbezug hergestellt, sondern diese<br />

werden, wie vorstehend erwähnt, als Inhaltsstoffe bezeichnet.<br />

Letztendlich ist die Auffassung des Landgerichts nicht zu<br />

beanstanden, dass jedenfalls die Listung der beiden Bestandteile<br />

nach § 4 Abs. 2 NemV erforderlich war.“<br />

Ebenfalls in diesem Sinne von Interesse ist ein aktuelles<br />

Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28.08.2014,<br />

Az.: 14 C O 138/13 aus dem wir wie folgt zitieren:<br />

„Die mit dem Klageantrag … angegriffene … Angabe „B-<br />

Vitamine und Zink für Gehirn, Nerven, Konzentration und<br />

Gedächtnis“ ist zulässig. … Die Angabe „B-Vitamine und<br />

Zink für Gehirn, Nerven, Konzentration und Gedächtnis“<br />

ist auf Grund der freigegebenen Health Claims für einzelne<br />

B-Vitamine und Zink, soweit sie auf diese bezogen<br />

gemacht wird, zulässig… Dabei gilt zunächst, dass der<br />

Verkehr die Angabe nicht dahingehend verstehen wird,<br />

dass für jedes einzelne B-Vitamin und für Zink jeweils<br />

sämtliche der genannten positiven Wirkungen ausgelobt<br />

werden. Denn es handelt sich ersichtlich um eine Zu­<br />

7


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

sammenfassung mehrerer Bestandteile einerseits und<br />

verschiedener ausgelobter Wirkungen andererseits, so<br />

dass kein Anlass für ein solches Verständnis besteht.<br />

Dies legt auch die pauschale Bezugnahme auf B-Vitamine<br />

nahe. Denn der Verkehr wird nicht davon ausgehen,<br />

dass in dem Produkt sämtliche B-Vitamine enthalten<br />

sind, sondern erwarten, dass die dort enthaltenen Vitamine<br />

den ergänzenden Informationen entnehmen kann.<br />

Er wird gleichzeitig erwarten, dass er sich durch den weiteren<br />

Inhalt der Umverpackung bzw. der Gebrauchsinformation<br />

darüber informieren kann, welchem einzelnen<br />

Bestandteil welche der genannten positiven Wirkungen<br />

zugeschrieben wird … Die Inanspruchnahme einer positiven<br />

Wirkung auf Gehirn, Konzentration und Gedächtnis<br />

ist für die Vitamine B1, B5, B12 und Zink deshalb gerechtfertigt,<br />

weil für diese jeweils ein Health Claim betreffend<br />

eine positive Wirkung auf die psychische Funktion bzw.<br />

die geistige Leistung bzw. die kognitive Funktion freigegeben<br />

ist; für die Vitamine B1 und B12 umfasst der freigegebene<br />

Health Claim jeweils eine positive Wirkung auf<br />

das Nervensystem. Die verwendeten Angaben sind zwar<br />

nicht wortgleich mit den jeweils zugelassenen Health<br />

Claims, aber doch aus Verbrauchersicht gleichbedeutend<br />

im Sinne des Erwägungsgrundes Nr. 9 der HCVO,<br />

so dass die Benutzung nach Art. 10 HCVO zugelassen<br />

ist …<br />

Die Beklagte kann sich vorliegend auch dann auf die Zulassung<br />

der Health Claims für die einzelnen Vitamine und<br />

Nährstoffe berufen, wenn sie diese in einem Kombinationspräparat<br />

verwendet. Gegen die Auffassung der Klägerin,<br />

die Zulassung eines Health Claims für einen bestimmten<br />

Stoff greife schon dann nicht mehr, wenn<br />

dieser in einer Stoffkombination verwendet wird, spricht<br />

bereit, dass die Bedingungen für die Verwendung der Angaben<br />

für die für einzelne Stoffe zugelassene Health<br />

Claims, wie sie Gegenstand der Anlage zur VO EU-Nr.<br />

432/2012 vom 16. 05. 2012 sind, ausdrücklich die Verwendung<br />

in einer Stoffkombination vorsehen. Es besteht<br />

beispielsweise die Verwendung verschiedener Health<br />

Claims für den Einzelstoff Cholin jeweils unter der Bedingung,<br />

dass die Angabe für Lebensmittel verwendet wird,<br />

die mindestens 82,5 mg Cholin je 100 g oder 100 ml bzw.<br />

je Portion enthalten. Der Verordnungsgeber geht mithin<br />

gerade davon aus, dass eine Verwendung in einer Stoffkombination<br />

erfolgen wird, und knüpft dies lediglich an<br />

einzelne, hier unstreitig erfüllte Voraussetzungen. … Die<br />

angegriffene Werbeaussage ist auch nicht deshalb gemäß<br />

Art. 10 Abs. 1 HCVO unzulässig, weil jeweils ein Teil<br />

der angesprochenen Verkehrskreise die beanspruchte<br />

Wirkung auf „Gehirn, Nerven, Konzentration und Gedächtnis“<br />

auf den Bestandteil der Ginkgo zurückführen<br />

würde, für den als Botanical (bislang) unstreitig kein entsprechender<br />

Health Claim freigegeben oder eine entsprechende<br />

Wirkung in der vorliegend empfohlenen Dosierung<br />

von der Beklagten auch nicht substantiiert<br />

behauptet worden ist. Denn bereits ein solches Verständnis<br />

jedenfalls eines Teils der angesprochenen Verkehrskreise<br />

lässt sich nicht feststellen.<br />

Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher,<br />

der der Werbung die in der Situation angemessene<br />

Aufmerksamkeit entgegenbringt … wird die<br />

unter … angegriffene Angabe, sobald sie sich auf der<br />

Umverpackung bzw. der Gebrauchsinformation befinden,<br />

jeweils dahingehend verstehen, dass ausschließlich<br />

den Bestandteilen „B-Vitamine und Zink“ je nach der<br />

Health Claims Verordnung genehmigten Wirkungen in der<br />

vorstehend wiedergegebenen Weise zugeschrieben werden,<br />

nicht aber auf den weiteren Bestandteil „Gingko“.<br />

Die wirkungsbezogene Werbeaussage wird nach ihrem<br />

unmissverständlichen Wortlaut ausdrücklich auf „B-Vitamine<br />

und Zink“ bezogen gemacht. An lass für ein an dem<br />

Produkt und damit an Gesundheitsfragen interessierten<br />

Verbraucher dafür, die Werbe aus sage auch auf ein anderen<br />

Produktbestandteil zu erstrecken, besteht nicht.<br />

… Die Hervorhebung des Bestandteil Gingko führt zwar<br />

dazu, dass er Ginkgo für den Hauptbestandteil des Produktes<br />

halten wird. Die Worte „B-Vitamine und Cholin“<br />

treten demgegenüber gleichzeitig aber nicht so zurück,<br />

dass sie von ihm nicht zur Kenntnis genommen würden.<br />

… Dem Ansatz, die Produktbezeichnung habe so eine<br />

starke assoziative Wirkung, dass der Verbraucher den<br />

Bestandteilen Ginkgo und Cholin gleichfalls die für die<br />

B-Vitamine und Zink ausgelobten Wirkungen zumessen<br />

würde, vermag die Kammer angesichts des eindeutigen<br />

Wortlautes der angegriffenen Angabe und dem sich auch<br />

durch den Kontext auftretenden Sprachverständnis mithin<br />

nicht zu folgen.<br />

... Da die hier angegriffene Angabe als Einführung der unmittelbaren<br />

Auflistung der auf die einzelnen Produktbestandteile<br />

bezogenen Health Claims vorangestellt ist und<br />

mit dieser räumlich in einem Kontext, wird der Verbraucher<br />

die angegriffene Angabe nicht ohne die nachfolgend<br />

wiedergegebenen, im Wortlaut dem Inhalt des<br />

Anhangs zur VO EU-Nr. 432/2012 vom 16. 05. 2012 entsprech<br />

ende Health Claims lesen. Denn es besteht kein<br />

Anlass für die Annahme, der Verbraucher, der sich mit<br />

dem „Kleingedruckten“ auf der Rückseite der Verpackungsbeilage<br />

bzw. dem Inhalt der Gebrauchsinformation<br />

befasst, werde dort nur eine Textpassage isoliert<br />

wahrnehmen, zumal die nachfolgenden Angaben teilweise<br />

noch durch Fettdruck hervorgehoben sind und deshalb<br />

besondere Aufmerksamkeit hervorrufen. Wenn der<br />

§<br />

8


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Verbraucher aber den Text als Ganzes liest oder jedenfalls<br />

überfliegt, so kann er die hier angegriffene Textpassage<br />

in ihrem Kontext nur so verstehen, dass die positive<br />

Wirkung für Gehirn und Nerven nicht dem gesamten Produkt<br />

zugeordnet wird, sondern nur den unmittelbar nachstehend<br />

wiedergegeben einzelnen Bestandteilen.“<br />

Das Landgericht Düsseldorf hat somit klar bestätigt,<br />

dass zugelassene Health Claims auch für Kombinationsprodukte<br />

verwendet werden können. Darüber hinaus<br />

hat das Landgericht klargestellt, dass die Verbraucher<br />

die Werbetexte stets im Gesamtzusammenhang<br />

wahrnehmen und keine Werbeaussagen isoliert zu bewerten<br />

sind. Darüber hinaus hält das Landgericht auch<br />

kurze Zusammenfassungen auf der Frontseite der Verpackung<br />

für zulässig, wenn z.B. auf der Rückseite detailliertere<br />

Erläuterungen zu den einzelnen Claims erfolgen.<br />

Positiv zu bewerten ist auch, dass das Gericht für den<br />

Verbraucher vereinfachende Erläuterungen, wie „für<br />

Gehirn, Nerven, Konzentration und Gedächtnis“ auch<br />

eine zulässige Umschreibung eines Claims wie „trägt<br />

zur normalen psychischen Funktion bei“ akzeptiert.<br />

§<br />

Dies entspricht schließlich auch den Maßstäben der<br />

aktuellen Rechtsprechung des BGH in seinem Urteil<br />

vom 9. Oktober 2014, Az.: I ZR 167/12 aus dem wir wie<br />

folgt zitieren:<br />

„Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die<br />

Beurteilung des Berufungsgerichts, die vom Kläger beanstandete<br />

Bezeichnung auf der Verpackung des Getränks<br />

der Beklagten sei eine Angabe im Sinne von<br />

Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung EG-Nr. 1924/2006.<br />

9


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Dabei kann offenbleiben, ob die Beurteilung des Berufungsgericht<br />

zutrifft, die fragliche Bezeichnung sei keine<br />

nach dieser Bestimmung vom Anwendungsbereich<br />

der Verordnung EG-Nr. 1924/2006 ausgenommene obligatorische<br />

Angabe. Nicht zugestimmt werden kann<br />

jedenfalls der Beurteilung des Berufungsgerichts, die<br />

beanstandete Bezeichnung sei eine Angabe im Sinne<br />

von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung EG-Nummer<br />

1924/2006, wenn mit ihr zum Ausdruck gebracht<br />

werde, dass das in der Verpackung enthaltene Getränk<br />

besondere Eigenschaften besitze.<br />

Dr. jur. Thomas Büttner<br />

Rechtsanwalt und<br />

lebensmittelrechtlicher<br />

Beirat des NEM e.V.<br />

… Eine solche Angabe liegt dann nicht vor, wenn eine<br />

Aussage oder Darstellung aus der Sicht der angesprochenen<br />

Verbraucher lediglich auf eine Eigenschaft eines<br />

Lebensmittels hinweist, die alle Lebensmittel der angesprochenen<br />

Gattung besitzen; in einem solchen Fall<br />

fehlt der Aussage oder Darstellung die Lenkungswirkung,<br />

deren Regulierung die Beschränkungen rechtfertigt,<br />

die die Verordnung EG-Nummer 1924/2006<br />

hinsichtlich der Verwendung nährwert- und ge sundheitsbezogener<br />

Angaben vorsieht … Informationen über<br />

Eigenschaften eines Lebensmittels stellen daher auch<br />

dann, wenn sie sich auf Nährstoffe oder andere Substanzen<br />

beziehen, keine Angaben im Sinne von Art. 2<br />

Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung EG-Nr. 1924/2006 dar,<br />

wenn mit ihnen keine besonderen Eigenschaften des Lebensmittels<br />

herausgestellt, sondern lediglich objektive<br />

Informationen über die Beschaffenheit oder die Eigenschaft<br />

der Gattung von Lebensmitteln mitgeteilt werden,<br />

zu der das beworbene Lebensmittel gehört. Bei der in<br />

diesem Zusammenhang bei nährwertbezogenen Angaben<br />

im jeweiligen Einzelfall vorzunehmenden Abgrenzung<br />

sind Angaben über spezifische Inhaltsstoffe von<br />

Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten die eine ernährungsphysiologische<br />

Funktion haben, zwar regelmäßig<br />

als Angaben über besondere Eigenschaften im Sinne von<br />

Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung EG-Nr. 1924/2006<br />

anzusehen. Nach dem Erwägungsgrund 5 dieser Verordnung<br />

sind von der Anwendung jedoch allgemeine Bezeichnungen<br />

wie etwa „digestif“ oder „Hustenbonbon“<br />

auszunehmen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft<br />

einer Kategorie von Lebensmitteln verwendet<br />

werden, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit<br />

haben können. Dementsprechend stellt eine Aussage<br />

oder Darstellung, die dem Verbraucher lediglich<br />

vermittelt, um welche Art von Lebensmittel es sich im<br />

konkreten Fall handelt, keine Angabe im Sinne von Art. 2<br />

Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung EG-nummer 1924/2006<br />

dar.<br />

Nach diesen Maßstäben enthält die im Streitfall beanstandete<br />

Aufmachung des Produktes der Beklagten keine<br />

Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr.1 der Verordnung<br />

EG-Nummer 1924/2006. Bei der vom Berufungsgericht<br />

insoweit als maßgeblich angesehenen anregenden<br />

und stimulierenden Wirkung, auf die die Bezeichnung<br />

„Energy“ hinweist, handelt es sich aus der nach<br />

dem Erwägungsgrund 16 dieser Verordnung maßgeblichen<br />

Sicht des normal informierten, aufmerksamen und<br />

verständigen Durchschnittsverbrauchers um eine Eigenschaft,<br />

die bei jedem Energy-Drink vorliegt. … Die vom<br />

Berufungsgericht offengelassene Frage, ob der Verbraucher<br />

den Begriff „Energy“ als Abkürzung für das auf der<br />

Rückseite der Dose näher beschriebene Erfrischungsgetränk<br />

mit erhöhtem Koffeingehalt versteht, ist im Hinblick<br />

auf den Gesamteindruck, der von der vom Kläger<br />

beanstandeten Aufmachung ausgeht, zu bejahen. Es ist<br />

davon auszugehen, dass Verbraucher, die sich bei ihrer<br />

Kaufentscheidung für ein Lebensmittel nach dessen Zusammensetzung<br />

richten, regelmäßig zunächst das Zutatenverzeichnis<br />

lesen … Im Streitfall kann der angesprochene<br />

Verbraucher aus diesem Verzeichnis und den<br />

weiteren Angaben auf der beanstandeten Aufmachung<br />

des streitgegenständlichen Produktes ohne weiteres erkennen,<br />

dass es sich bei diesem Produkt um ein Mischgetränk<br />

handelt, das aus Wodka und einem Energy-Drink<br />

besteht. Die dadurch bedingte „energetische“ Wirkung<br />

dieses Getränks stellt damit einem solchen Getränk aus<br />

der Sicht des angesprochenen Verbrauchers entsprechende<br />

und deshalb keine besondere Eigenschaft im<br />

Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung EG-Nr.<br />

1924/2006 dar …“<br />

Im Ergebnis liegen somit nun mehrere aktuelle Urteile<br />

vor, die ausdrücklich bestätigen, dass die Verbraucher<br />

die Umverpackungen insgesamt wahrzunehmen haben<br />

und entgegen der bisherigen Rechtsprechung und insbesondere<br />

Behördenpraxis die Zulassungen nach der<br />

VO 1924/2006/EG und der VO 432/20012/EG doch<br />

etwas mehr Spielräume für die Werbung ermöglichen,<br />

als bisher angenommen.<br />

In jedem Einzelfall bedarf es naturgemäß einer intensiven<br />

Auseinandersetzung mit den zugelassenen Claims<br />

und der hierzu passenden Rechtsprechung.<br />

10


Ernährung / Prävention<br />

Fisetin – ein sekundärer<br />

Pflanzenstoff mit vielen<br />

Wirkungen<br />

Sekundäre Pfl anzeninhaltsstoffe oder auch Phytamine genannt,<br />

sind Naturstoffe, die von der Pfl anze nicht essentiell für die Aufrechterhaltung<br />

der Zelle benötigt werden. Jedoch haben sie einen<br />

hohen Stellenwert für den Menschen. In der Flora gibt es mannigfaltige<br />

Anwendungsgebiete. So dienen die sekun dären Pfl anzenstoffe<br />

u. a. dem Schutz vor Insektenfraß und vor UV-Strahlung.<br />

Aufgrund Ihrer Struktur werden die sekundären<br />

Pfl anzenstoffe in verschiedenen<br />

Klassen eingeteilt: Terpene, Polyphenole, stickstoffhaltige<br />

sekundäre Pfl anzenstoffe, Phytate und<br />

Proteine. Fisetin gehört zu der Gruppe der Polyphenole<br />

und ist als gelber Farbstoff, u. a. in dem Holz des<br />

Perücken strauches, den Flavonoiden zugeordnet. Diese<br />

fi ndet man vorwiegend in den äußeren Randschichten<br />

sowie den Blättern von Pfl anzen. Zudem kommt<br />

Fisetin in verschiedenen Früchten und Gemüsen vor,<br />

jedoch mit stark variiertem Gehalt (siehe Tabelle auf<br />

nächster Seite).<br />

11


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Nährstoff<br />

Gehalt an Fisetin<br />

[µg/g]<br />

Tomate 0,12<br />

Zwiebel 4,78<br />

Lotus 5,8<br />

Gurke 0,14<br />

Kiwi 2,03<br />

Pfi rsich 0,58<br />

Apfel 26,90<br />

Kakifrucht 10,50<br />

Traube 3,93<br />

Erdbeere 160,00<br />

Ein ungesunder Lebensstil und eine hohe Belastung mit<br />

Umweltgiften können jedoch dazu führen, dass der Körper<br />

nicht mehr alleine mit den freien Radikalen fertig<br />

wird und es zu einem Ungleichgewicht zwischen dem<br />

Auf­ und Abbau von freien Radikalen kommt.<br />

Tabelle 1: Gehalt an Fisetin in verschiedenen Früchten und<br />

Gemüsen 1<br />

Den Flavonoiden werden zahlreiche gesundheits fördernde<br />

Wirkungen nachgesagt. So sollen sie u. a.<br />

antioxidativ, anti­infl ammatorisch, antikanzerogen und immunmodulierend<br />

wirken. Diese Wirkungen werden<br />

durch Tierversuche sowie in vitro Studien bestätigt. Ihre<br />

Anwendungen auf den Menschen stehen daher in Diskussion.<br />

2, 3, 4<br />

Wirkung Fisetin<br />

Freie Radikale entstehen Tag für Tag in unserem Körper<br />

und spielen eine wichtige Rolle in zahlreichen biologischen<br />

Prozessen. Sie können jedoch auch gesundheitsschädliche<br />

Auswirkungen haben und sind u. a.<br />

an der Entstehung von Krebs, Arteriosklerose und<br />

Alzheimer beteiligt. Um einen Überschuss an freien<br />

Radikalen entgegenzuwirken, hat der Körper verschiedene<br />

Schutz mechanismen entwickelt. So gibt es zum<br />

Beispiel Antioxidantien, die freie Radikale unschädlich<br />

machen, bevor es zu Zellschäden kommen kann.<br />

Abbildung:<br />

Strukturformel Fisetin 6<br />

Literatur<br />

1 Kimira et al.: Japanese Intake of Flavonoids and Isofl avonoids from Foods. J Epidemiol 1998, 8(3): 168­75.<br />

2 http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/fi setholz/24653. Spektrum Akademischer Verlag 1999, Heidelberg.<br />

3 Biesalski et al.: Ernährungsmedizin, 4. Aufl age, Thieme Verlag 2010, Stuttgart.<br />

4 Burgerstein et al.: Handbuch Nähstoffe. 12. Aufl age, Trias Verlag 2012, Stuttgart.<br />

5 Sengupta et al.: Investigations on the binding and antioxidant proerties of the plantfl avonoid fi setin in model biomembranes.<br />

FEBS Lett 570(1­3):77­81.<br />

6 http://www.chemicalbook.com/ProductChemicalPropertiesCB8451569_EN.htm.<br />

7 Maher et al.: Flavonoid fi setin promotes ERK­dependent long term potentiation and enhances memory. Proc Natl Acad<br />

Sci USA 2006, 103:16568­73.<br />

8 Maher et al.: Modulation of multiple pathways involved in the maintenance of neuronal function during age by fi setin.<br />

Genes Nutr 2009, 4:297­307.<br />

9 Olaharski et al.: Chromosomal malsegregation and micronucleus induction in vitro by the DNA topoisomerase II inhibitor<br />

fi setin. Mutat Res 2005, 582:79­86.<br />

10Khan et al.: A novel dietary fl avonoid fi setin inhibits androgen receptor signaling and tumor growth in athymic nude<br />

mice. Cancer Res 2008, 68:8555­63.<br />

12


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Es gibt viele natürliche Quellen von Antioxidantien, deren<br />

Aufnahme durch die Nahrung die körpereigene Abwehr<br />

unterstützen kann. Durch seine Struktur und einer<br />

Vielzahl von Hydroxylgruppen (OH) hat das Fisetin ein<br />

hohes antioxidatives Potential (Abb. 1), welches auch<br />

an einem Biomembran Modell gezeigt werden konnte. 5.<br />

Als Antioxidans spielt das Fisetin aber auch eine wichtige<br />

Rolle in der Reduktion von altersbedingtem Verfall<br />

der Hirnleistung. Zudem konnte gezeigt werden, dass<br />

durch die Gabe von Fisetin das Langzeitgedächtnis verbessert<br />

werden kann. 7, 8<br />

Einige Studien weisen darauf hin, das Fisetin verschiedene<br />

Enzyme, die an der Entstehung von Krebs beteiligt<br />

sind, hemmen kann und den Zelltod von Krebszellen<br />

9, 10<br />

induziert.<br />

Die Gruppe der Flavonoide besteht aus einer Vielzahl<br />

von Stoffen. Dazu gehört auch der gelbe Farbstoff<br />

Fisetin. In den letzten Jahren wurde immer mehr daran<br />

geforscht, die besagten Wirkungen der Stoffe nachzuweisen<br />

und ihre Wirkmechanismen zu erklären. So<br />

konnte für Fisetin schon gezeigt werden, dass es antioxidativ,<br />

neuroprodektiv und antikanzerogene Eigenschaften<br />

besitzen kann.<br />

Fisetin ist somit nicht nur ein natürliches Antioxidans,<br />

sondern besitzt auch eine Vielzahl an positiven und gesundheitsfördernden<br />

Eigenschaften!<br />

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<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Was ist gesunde Ernährung?<br />

Seit circa acht Jahren beschäftige ich mich<br />

persönlich mit den Themen gesunde Ernährung<br />

und Gesundheitsprävention. Und die Zahl derer,<br />

die es mir gleich tun, steigt stetig. Etliche Hilfeforen und<br />

Diskussionsgruppen sind inzwischen im Internet und<br />

den sozialen Medien entstanden. Und wenn man sie<br />

aufmerksam verfolgt sieht man, es sind meistens Gesundheitsstörungen,<br />

die den Menschen einen Anlass<br />

geben, sich mit der Ernährung und Nahrungsergänzungsmitteln<br />

auseinander zu setzen. Dabei habe ich<br />

den Eindruck, dass kaum ein anderes Thema derzeit<br />

so viele neue Dogmen und Mythen produziert, wie<br />

dieses. Nur allzu gerne folgen die Menschen den Versprechungen<br />

von Gesundheit, Schönheit, Jugendlichkeit<br />

und Vitalität bis ins hohe Alter. Und sie geben sehr<br />

viel Geld dafür aus.<br />

Zurecht, sollte man deshalb meinen, ertönt der Ruf<br />

nach der Wissenschaft, um die Aussagen der Ernährungs­<br />

und Nahrungsergänzungsmittelbranche zu beweisen.<br />

Schließlich soll der Konsument vor unlauteren<br />

Aussagen und unnützen Ausgaben geschützt werden.<br />

Die Behörden in Europa verbieten inzwischen unter<br />

dem Deckmantel des Verbraucherschutzes immer<br />

mehr Nahrungsmittel und Produkte aus natürlichen<br />

Rohstoffen, die keinen hinreichend wissenschaftlich<br />

bewiesenen Nutzen vorweisen können. Darunter Produkte,<br />

die in anderen Teilen der Welt zum Teil auf jahrtausendealte<br />

Traditionen und Verwendung zurück blicken<br />

können und dort ohne wissenschaftlichen Nachweis<br />

wie selbstverständlich verzehrt werden. Dieses überlieferte<br />

Wissen zählt bei uns jedoch leider nicht viel, wenn<br />

es um die Befriedigung eurokratischer Interessen geht.<br />

Eine große Herausforderung für die Nahrungsergänzungsmittelbranche,<br />

die seit vielen Jahren Naturextrakte<br />

verwendet, denen gesundheitsfördernde Eigenschaften<br />

nachgesagt werden.<br />

Studien sind extrem teuer und ihr Ausgang ist oft ungewiss.<br />

Zu wenig wissen wir noch immer insbesondere<br />

über die Stoffgruppe der sekundären Pfl anzenstoffe,<br />

denen der Großteil der gesundheitlich positiven Wirkungen<br />

zugeschrieben werden muss.<br />

Das Problem der Ernährungswissenschaft auf dem<br />

Wege des Beweises ist aus meiner Sicht, dass sie zu<br />

sehr in altem Gedankengut und alten Methoden verhaftet<br />

ist. Neue Wissenschaftszweige, wie die Epigenetik<br />

und die hiermit eng verknüpfte Nutrigenetik, setzen<br />

sich nach meiner Meinung viel zu langsam durch. Noch<br />

immer herrscht die klassische Methodik vor, einzelne<br />

„Wirkstoffe“ und deren Zielstrukturen zu identifi zieren,<br />

um einen beschriebenen Gesundheitseffekt zu beweisen.<br />

Bei Vielstoffgemischen, die unsere Nahrungsmittel<br />

und Naturstoffkonzentrate nun einmal sind, ist es<br />

schlicht die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen,<br />

so vorzugehen.<br />

14


Ernährung / Prävention<br />

Gerade wenn es um gesunde Ernährung geht, stelle ich deshalb inzwischen immer<br />

öfter diese klassische Methodik der Wissenschaft infrage. Denn in der Regel sieht<br />

es so aus, dass der Beweis der Gesundheitsförderung eines Nahrungsmittels oder<br />

Konzentrates auch noch völlig aus dem sozialen Kontext herausgerissen wird. Man<br />

nimmt ein Produkt, verabreicht es einem Kollektiv von Probanden und schaut, ob der<br />

gewünschte Effekt nachzuweisen ist. Dabei scheint es mir mittlerweile sehr zweifelhaft<br />

zu sein, ob wirklich verbindliche Ergebnisse zu erzielen sind, wenn die sonstigen<br />

Lebensumstände der Probanden sich stark von den Menschen unterscheiden, aus<br />

deren Lebensraum ein Nahrungsmittel stammt.<br />

Schon die Zusammenstellung der täglichen Nahrungsmittel, hat einen erheblichen<br />

Einfl uss auf den Effekt der untersuchten Produkte. Auch bei noch so sorgfältigem<br />

Studiendesign, halte ich es schlichtweg für unmöglich, über das gesamte Probandenkollektiv<br />

identische Versuchsbedingungen darzustellen (im Übrigen sehe ich die gleiche<br />

Problematik auch bei vielen Arzneimittelstudien).<br />

Unberücksichtigt bleibt ferner die genetische Prädisposition der Probanden, die wir<br />

im Rahmen von Studien zurzeit weder untersuchen, noch ihre Bedeutung bisher<br />

in ganzem Ausmaß beurteilen können. Fest steht jedoch, die Erkenntnisse aus der<br />

epigenetischen respektive nutrigenetischen Forschung legen uns nahe, dass die<br />

Antwort auf die Frage „Was ist die richtige gesunde Ernährung?“ nicht pauschal zu<br />

beantworten ist.<br />

Weder ist der Begriff „abwechslungsreich“ im Zusammenhang mit Ernährung ausreichend<br />

defi niert, noch lässt sich eindeutig beweisen, dass einseitige Ernährung<br />

ge nerell schwer gesundheitsschädlich ist. Denn im Sinne von einseitig, ernähren sich<br />

zahlreiche Völker auf der Erde. Beispielsweise Eskimos, die von fettem Fisch leben,<br />

oder Nomaden in Zentral­Afrika, die mehrere Liter Milch am Tag trinken. Beiden steht<br />

kein abwechslungsreicher Speiseplan zur Verfügung, weil es ihr Lebensraum nicht<br />

hergibt. Dennoch sind sie oftmals gesünder, als die Menschen hier bei uns. Ihre<br />

Körper sind seit Jahrtausenden an diese einseitige Form der Ernährung angepasst,<br />

während unsere Vorfahren neben der Jagd auf einen reichen Schatz an Früchten,<br />

Nüssen, Kräutern, Pilzen und Gemüsen zurückgreifen konnten.<br />

Andreas Binninger<br />

Apotheker und Fachlicher<br />

Beirat des NEM e. V.<br />

Eine Abkehr von endemischen Ernährungsformen, an die wir genetisch angepasst<br />

sind, macht nicht von heute auf morgen krank. Diabetes und andere Zivilisationskrankheiten,<br />

ent wickeln sich über viele Jahre falscher Ernährung. Welches Ausmaß<br />

epigenetische Veränderungen bei der Entstehung dieser Krankheiten haben, ist kaum<br />

abzuschätzen. Ebenso wenig wie die Zeit, der es bedarf, diese Veränderungen wieder<br />

zu reparieren. Zahlreiche Studien sind deshalb schon zum Scheitern verurteilt, weil<br />

sie schlicht nicht lange genug durchgeführt werden. Und je länger eine Studie dauert,<br />

umso schwerer wird es, einheitliche Bedingungen aufrecht zu erhalten.<br />

Wir stecken in einem großen Dilemma. Wir müssen dringend neue Methoden und<br />

Messverfahren entwickeln, um die Auswirkungen von Ernährung und Naturstoffen<br />

auf unseren Körper beweisen zu können. Es sei denn, es kehrte irgendwann wieder<br />

Vernunft bei der Politik ein.<br />

15


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Als oxidativer Stress wird ein Stoffwechselzustand bezeichnet,<br />

der durch eine hohe Konzentration von reaktiven Sauerstoffspezies<br />

gekennzeichnet ist. Dabei ist der Organismus nicht mehr imstande,<br />

die in ihm anfallenden reaktiven Sauerstoffverbindungen – dazu<br />

gehören die freien Radikale – erfolgreich durch Antioxidantien<br />

zu neutralisieren.<br />

Ergothionein in Pilzen –<br />

der oxidative Stress<br />

Die reaktiven Sauerstoffspezies entstehen<br />

durch sauerstoffabhängige Redoxreaktionen.<br />

Es handelt sich um Atome, denen ein Elektron<br />

fehlt, die aber die offene Stelle besetzen möchten und<br />

entziehen Elektronen anderen Atomen. So entstehen<br />

im Zuge einer Kettenreaktion freie Radikale.<br />

Freie Radikale sind nicht generell schädlich. Im Gegenteil,<br />

sie helfen dem Immunsystem Bakterieninfektionen<br />

zu bekämpfen und auch entartete körpereigene Zellen<br />

zu eliminieren. Solange im Organismus ein Gleichgewicht<br />

besteht, das heißt der Überschuss an gebildeten<br />

freien Radikalen durch entsprechende reduktive Gegenmaßnahmen<br />

des Organismus neutralisiert bzw.<br />

abgebaut werden, besteht keine Gefahr. An dem Abwehrprozess<br />

des Organismus von freien Radikalen sind<br />

Vi tamine (Ascorbinsäure, a­Tocopherol) und bestimmte<br />

Enzyme (Superoxid­Dismutase, Katalase, Glutathionperoxidase<br />

u. a.) beteiligt. Wenn jedoch im Organismus<br />

eine Verschiebung in Richtung oxidativer Prozesse stattfi<br />

ndet, entsteht oxida tiver Stress.<br />

Sie entstehen in den Mitochondrien, als Nebenprodukt<br />

der Zellatmung. Sie entstehen aber auch in Entzündungsherden,<br />

wo sie Bakterien und Viren schädigen<br />

und insofern nützlich sind.<br />

Die Folgen eines oxidativen Stresses können schwerwiegend<br />

sein. Sie spielen bei der Entstehung von verschiedenen<br />

Krankheiten eine wichtige Rolle. Nachgewiesen<br />

ist, dass oxidativer Stress unter anderen bei Diabetes<br />

mellitus, Alzheimer und bei Krebs molekulare<br />

Schäden verursachen kann. Er ist maßgeblich am Alterungsprozess<br />

des Organismus beteiligt und gilt als Mitauslöser<br />

von bestimmten Herz­Kreislauf­Erkrankungen.<br />

Ferner kann der oxidative Stress Arteriosklerose, rheumatische<br />

und neurodegenerative Erkrankungen auslösen.<br />

Am oxidativen Stress sind hauptsächlich reaktive Sauerstoffspezies<br />

beteiligt. Solche sind Superoxid­anionradikal,<br />

Wasserstoffperoxid, Hydroperoxid und andere.<br />

16


Ernährung / Prävention<br />

Den oxidativen Stress können neben endogenen Fa k­<br />

toren auch exogene Einflüsse auslösen. Unter solchen<br />

werden UV-Strahlung, Ozon, Umweltbelastungen, Ernährungsfehler<br />

und Psychostress genannt. Die Gesamtzahl<br />

der Erkrankungen, die mit oxidativem Stress<br />

in Verbindung gebracht werden, geht über Einhundert.<br />

Natürliche Antioxidantien und Ergothionein<br />

Viele Antioxidantien kommen in Lebensmitteln vor, die<br />

vom menschlichen Organismus nicht synthetisiert werden<br />

können, sondern gezielt zugeführt werden müssen.<br />

Am besten bekannt sind die Vitamine A, C und E. Diese<br />

kommen in frischem Obst und Gemüse vor, die deshalb<br />

reichlich konsumiert werden sollten. Wichtige Antioxidantien<br />

sind Polyphenole, die in Äpfeln, Beeren (Brombeeren,<br />

schwarzen Johannesbeeren, Holunderbeeren)<br />

Tomaten, Rotwein sowie in Gewürzen wie Knoblauch<br />

und auch Kurkuma enthalten sind. Antioxidantien aus<br />

Pflanzenextrakten werden vielfach als Nahrungsergänzungsmittel<br />

supplementiert. Ein im Allgemeinen weniger<br />

bekannter natürlicher Antioxidans ist Ergothionein.<br />

Strukturformel: Ergothionein<br />

Ergothionein ist das Betain (Oxydationsprodukt) der<br />

Aminosäure L-Histidin, die an der zweiten Position des<br />

Imidazolrings eine Sulfhydrylgruppe als Schwefelsubstituenten<br />

trägt (siehe Strukturformel).<br />

Die Biosythese von Ergothionein geht von der Aminosäure<br />

L-Histidin aus, geht über das Zwischenprodukt<br />

Her zynin und wird durch den Einbau von Schwefel, der<br />

aus der Aminosäure Cystein stammt, komplettiert (Zapilko,<br />

2013).<br />

Das mit der Nahrung aufgenommene Ergothionein wird<br />

schnell resorbiert und über den Blutkreislauf in den<br />

unterschiedlichsten Körperteilen eingelagert. Aus entsprechenden<br />

Untersuchungen wissen wir, dass es im<br />

Knochenmark, in der Leber, den Nieren, der Lunge und<br />

Milz, im Herz und Dünndarm, im Harn und Sperma bis<br />

zu den roten- und weißen Blutkörperchen (Erythrozyten,<br />

Monozyten) im ganzen Körper nachweisbar ist.<br />

Vermutlich enthalten auch die Makrophagen viel Ergothionein,<br />

da sie sich aus den Monozyten entwickeln.<br />

Allerdings ist es so, dass Ergothionein eines Transports<br />

bedarf, der es ihm erlaubt, die Zellmembrane zu passieren<br />

und in das Zellinnere zu gelangen. Es handelt sich<br />

um einen hochspezifischen Transmembrantransporter,<br />

den man bisher bei allen untersuchten Tieren und auch<br />

beim Menschen gefunden hat (Zapilko, 2013).<br />

Die wichtigsten Eigenschaften von Ergothionein kann<br />

man wie folgt zusammenfassen:<br />

• Es deaktiviert Hydroxyl-Radikale und Hypochlorsäure<br />

• Durch Chelatieren verschiedener zweiwertiger metallischer<br />

Kationen verhindert es die Produktion von<br />

Radikalen<br />

• Beteiligt sich im Metallionentransport und der Regulierung<br />

der katalytisch aktiven Metalloenzyme<br />

17


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Obwohl noch lange nicht alle positiven Eigenschaften in<br />

vivo zweifelsfrei nachgewiesen sind, der Schutz der<br />

Haut vor UV­Strahlen, des Gehirns vor Neurotoxinen<br />

und eine allgemeine Immunmodulation scheinen belegte<br />

Effekte von Ergothionein zu sein. Seine biologische<br />

Rolle bei Entzündungen und bestimmten Krankheitsbildern<br />

ist inzwischen hinreichend untersucht und wird<br />

zurzeit noch weiter erforscht.<br />

Pilze und Ergothionein<br />

Die Wertschätzung der Pilze als Nahrungsmittel und<br />

als Nahrungsergänzungsmittel ist in den letzten 20 Jahren<br />

sprunghaft angestiegene. War ihnen früher ein<br />

Schattendasein zugewiesen, von unspezifi schen Empfehlungen<br />

der Experten begleitet wie „Wo Gemüse<br />

passt, passen auch Pilze, nur nicht zu viel“ kümmert<br />

sich heute unter anderen die „Mushroom and Health<br />

Global Initiative“, eine weltweit aktive Organisation um<br />

die Förderung der gesundheitsbezogenen Pilzforschung<br />

und Publizierung deren Ergebnisse. „Mushrooms – a<br />

nutritious culinary star” oder „Mushrooms as a healthy<br />

substitute for meat­based dishes without loss of fl avor“<br />

sind nur zwei Berichte aus der letzten Ausgabe des<br />

Bulletins dieser Organisation. Auch das deutsche „Grüne<br />

Medienhaus“ ein Spezialist für Öffentlichkeitarbeit<br />

im Gartenbau, berichtet in seiner neusten Ausgabe<br />

über einen Aufwärtstrend für Speisepilze: „Kulturpilze<br />

werden immer beliebter. In den vergangenen sieben<br />

Jahren stieg die Einkaufsmenge frischer Champignons<br />

in Deutschland um rund ein Viertel, hat die AMI – Agrarmarkt­Informationsgesellschaft<br />

ermittelt.“ Und in<br />

den USA sind Champignons inzwischen zum „Superfood“<br />

avanciert. Die Gründe für diese Entwicklung sind<br />

nachvollziehbar. Die in den letzten Jahrzehnten durchgeführten<br />

Forschungsarbeiten über die essentiellen<br />

Nährstoffe und bioaktiven sekundären Inhaltsstoffe der<br />

Großpilze förderten vieles positives zutage. Nach Angaben<br />

einer chinesischen Forschergruppe (Dai et al.<br />

2009), die eine Recherche über die Ergebnisse der Forschungsaktivitäten<br />

der letzten 15 Jahre hinsichtlich der<br />

therapeutischen Wirkung von Großpilzen veröffentlichte,<br />

wurden bisher insgesamt 126 solcher nachgewiesen.<br />

Und eine der bioaktiven sekundären Substanz in<br />

Pilzen ist das Ergothionen.<br />

Ergothionein wurde bereits vor mehr als 100 Jahren,<br />

konkret in 1909 entdeckt. Es wurde aus einem Pilz, der<br />

als Parasit der Roggenpfl anze gilt, dem Mutterkorn (Claviceps<br />

purpurea), isoliert. Seine Struktur wurde vier<br />

Jahre später aufgeklärt. Das Besondere an diesem Antioxidans<br />

ist, dass Pfl anzen es nicht synthetisieren können,<br />

sondern ausschließlich Bakterien und Pilze.<br />

Anfangs glaubte man, das Ergothionein nur von niederen<br />

Pilzen (Aspergillus, Alternaria, Penicillium) und einigen<br />

Bakterien synthetisiert werden kann. Spätere Untersuchungen<br />

haben jedoch gezeigt, dass auch höhere<br />

Pilze, so auch Nutzpilze (Champignon, Schopftintling,<br />

Shii­take u.a.) Ergothionein produzieren. Dieser Entdeckung<br />

kommt bei der Wertschätzung der Pilze besondere<br />

Bedeutung zu.<br />

Auch Pfl anzen enthalten Ergothionein, so z.B. die Nahrungspfl<br />

anzen (Paprika, Brokkoli, Möhren, Bohnen und<br />

Getreide), aber Pfl anzen nehmen es über die Wurzeln<br />

aus dem Boden auf. Entsprechend beeinfl ussen die<br />

Bodenbedingungen den Ergothionein­Gehalt in Pfl anzen.<br />

Der Mensch nimmt Ergothionein ausschließlich<br />

über die Nahrung auf. Untersuchungen haben gezeigt,<br />

dass die Konzentration von Ergothionein im Blut nach<br />

dem Verzehr ergothioneinhaltiger Nahrung, insbesondere<br />

nach dem Konsum von Speisepilzen und<br />

Fleisch anstieg. Im Durchschnitt enthält menschliches<br />

18


Ernährung / Prävention<br />

Gewebe 1­2 Millimol Ergothionein. Von den tierischen<br />

Quellen gilt übrigens Hühnerleber als besonders reich<br />

an Ergothionein.<br />

Bei den Speisepilzen wurden zahlreiche Untersuchungen<br />

hinsichtlich des Ergothionein Gehaltes durchgeführt.<br />

Besonders hervorzuheben sind jene, die an der<br />

Pennsylvania State University stattgefunden haben. Einen<br />

Vergleich des Ergothionein Gehaltes verschiedener<br />

kultivierter Speisepilze zeigt Tabelle 1. Da unter den<br />

Speisepilzen der Kulturchampignon in der westlichen<br />

Hemisphäre die weitaus größte wirtschaftliche Bedeutung<br />

hat, haben die Amerikaner den Kulturchampignon<br />

näher unter die Lupe genommen und die Fruchtkörper<br />

aus ein und derselben Kultur im Jungstadium und voll<br />

ausgereift untersucht und auch eine Variante mit brauner<br />

Hutfarbe dazu genommen (Tabelle 2).<br />

In einer Publikation, deren Autoren aus mehreren Ländern<br />

zusammengearbeitet haben, wurde der Ergothionein­Gehalt<br />

in Heilpilzen untersucht (Tabelle 3). Besonders<br />

viel an diesem Antioxidans fanden die Autoren<br />

beim Schopftintling (Coprinus comatus), bei der Orangengelben<br />

Puppenkeule (Cordyceps militaris) und beim<br />

Austernpilz (Pleurotus ostreatus).<br />

Unter Berücksichtigung der physiologischen Bedeutung<br />

des Ergothioneins auf den menschlichen Organismus,<br />

leisten die vorliegenden Informationen weiteren Vorschub<br />

für den Pilzkonsum. Gelten sie doch als exzellente<br />

Quelle für dieses Antioxidans, viel besser als Gemüse<br />

und Fleisch. Die Forscher der Penn State University<br />

fanden in braunen Champignons Ergothionein­Werte,<br />

die vergleichbar sind mit denen von roter Paprika und<br />

Brokkoli und viel höher liegen als die von Möhren oder<br />

grünen Bohnen. Sie sind zwölfmal höher als in Weizenkeimen<br />

und viermal höher als in Hühnerleber, die wegen<br />

seines Ergothionein­Gehalts gepriesen wird. Die<br />

übrigen untersuchten Pilzarten sind übrigens noch reicher<br />

an diesem Antioxidans. Sie können in einer üblichen<br />

Verkehrsportion bis zu 40­mal (!) mehr Ergothionein<br />

enthalten als Weizenkeime.<br />

Lassen Sie mich deshalb mit der Empfehlung schließen:<br />

„Eat more mushrooms<br />

and live longer“<br />

Tabelle 1: Ergothionein­Gehalt verschiedener kultivierter Speisepilze.<br />

Angaben in mg/g Trockensubstanz und Standardabweichung<br />

(Tabelle 2 und 3 auf S. 20)<br />

Pilzarten<br />

Kulturchampignon<br />

(Agaricus bisporus)<br />

Kräuterseitling<br />

(Pleurotus eryngii )<br />

Ergothionein-<br />

Gehalt<br />

0,41 ± 0,18<br />

1,72 ± 0,10<br />

Maitake (Grifola frondosa) 1,84 ± 0,76<br />

Austernpilz<br />

2,01 ± 0,05<br />

(Pleurotus ostreatus)<br />

Shii­take (Lentinula edodes) 2,09 ± 0,21<br />

nach Dubost et al. 2006.<br />

19


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Tabelle 2: Ergothionein­Gehalt im Kulturchampignon (Agaricus<br />

bisporus) im Jungstadium und erntereif, sowie in einer Variante<br />

von A. bisporus mit brauner Hutfarbe. Angaben in mg/g<br />

Trockensubstanz, Standardabweichung und in 100 g Frischpilz<br />

Kulturchampignons<br />

nach Dubost et al. 2006.<br />

im Jungstadium 0,47 ± 0,03 3,29<br />

voll entwickelter Fruchtkörper 0,83 ± 0,01 5,76<br />

mit brauner Hutfarbe 0,71 ± 0,01 5,06<br />

Prof. Dr. Jan I. Lelley<br />

Gesellschaft für angewandte<br />

Mykologie und Umweltstudien GmbH<br />

(GAMU), Krefeld , Deutschland<br />

Fachlicher Beirat des NEM e.V.<br />

Ergothionein-<br />

Gehalt<br />

mg/g Trockensubstanz<br />

Ergothionein-<br />

Gehalt<br />

mg in 100 g<br />

Frischpilzen<br />

Pilzarten<br />

Agaricus brasiliensis,<br />

Fruchtkörper<br />

Coprinus comatus,<br />

Fruchtkörper<br />

Cordyceps militaris,<br />

Fruchtkörper<br />

Flammulina velutipes,<br />

Fruchtkörper<br />

Ganoderma lucidum,<br />

Myzelbiomasse<br />

Grifola frondosa,<br />

Fruchtkörper<br />

Hericium erinaceus,<br />

Fruchtkörper<br />

Hericium erinaceus,<br />

Myzelbiomasse<br />

Lentinula edodes,<br />

Fruchtkörper<br />

Ophiocordyceps sinensis,<br />

Myzelbiomasse<br />

Pleurotus ostreatus,<br />

Fruchtkörper<br />

Trametes versicolor,<br />

Myzelbiomasse<br />

Tremella fuciformis,<br />

Fruchtkörper<br />

nach Cohen et al. 2014<br />

Tabelle 3: Ergothionein­Gehalt in verschiedenen Heilpilzen.<br />

Angaben in Mikrogramm (µg)/g Trockensubstanz und Standardabweichung<br />

Ergothionein-<br />

Gehalt<br />

37,36 ± 1,50<br />

764,35 ± 9,12<br />

409,88 ± 27,86<br />

98,61 ± 3,99<br />

219,59 ± 10,82<br />

207,00 ± 13,69<br />

629,96 ± 36,80<br />

149,24 ± 5,51<br />

334,01 ± 10,01<br />

52,18 ± 2,75<br />

2443,53 ± 135,18<br />

119,70 ± 2,22<br />

19,49 ± 0,53<br />

Literatur<br />

• Bach, M. 2009. Identifi zierung des orthologen Ergothionein­Transporters des Zebrafi sch, Etablierung und Phänotypisierung<br />

des Knockout­Modells. Dissertation, Univ. Köln, 140 S.<br />

• Cohen, N., Cohen, J., Asatian, M.D., Varshney, V.K., Yu, H­T., Yang, Yi­Chi., Li, Yu­H., Mau, J­L. & Wasser, S.P.<br />

2014. Chemical Composition and <strong>Nutrition</strong>al and Medicinal Value of Fruit Bodies and Submerged Cultured<br />

Mycelia of Culinary­Medicinal Higher Basidiomycetes Mushrooms. Int. J. Medicinal Mushrooms, 16/3 273­291.<br />

• Dubost, N.J., Beelman, B.B., Peterson, D. & Royse, D.J. 2006: Identifi cation and Quantifi cation of Ergothioneine in<br />

Cultivated Mushrooms by Liquid Chromatography­Mass Spectroscopy. Int. J. Medicinal Mushrooms, 8/5, 215­222.<br />

• Dai, Y­C., Yang, Z­L., Cui, B­K. et al. 2009. Species Diversity and Utilisation of Medicinal Mushrooms and Fungi<br />

in China (Rewiew). Int. J. of Medicinal Mushrooms. 11. 287­302.<br />

• Lelley, J. 2008: Die Heilkraft der Pilze – Wer Pilze isst lebt länger. B.O.S.S. Medienhaus, Goch.<br />

• Mushroom and Health Global Initiative Bulletin, Issue No. 18, November 2014<br />

• Zapilko, V. 2013. Identifi zierung Ergothionein­haltiger Zellen im Zebrabärbling Danio rerio. Dissertation, Univ.<br />

Köln, 161 S.<br />

20


Prävention<br />

Alpha Liponsäure als Chelatbildner<br />

bei Schwermetallbelastungen:<br />

Wissenschaftsfundierte<br />

Problemdarstellung<br />

1. Problematik der humanmedizinischen Entgiftung<br />

Entgiftung setzt voraus, dass 1. ein Körpersystem mit gesundheitsschädlichen Substanzen<br />

kontaminiert ist; 2. diese benannten Substanzen durch einen Chelatbildner<br />

gebunden und ausgeschieden werden können, ohne unerwünschte Umverteilung<br />

der gleichen; 3. dabei keine gesundheitsbedrohlichen Effekte entstehen.<br />

Die häufi gsten und gefährlichsten Vergiftungen durch Umweltbelastung sind heutzutage<br />

u. a. auf Schwermetalle zurückzuführen – und zwar solche, deren Formen eine<br />

hohe Lipophilie (Membranendurchgängigkeit) aufweisen. Aufgrund ihrer Depots im<br />

menschlichen Organismus kann eine toxische Schwermetallbelastung bzw. ­vergiftung<br />

anhand des Blutbildes nicht signifi kant erfasst werden. Dies führt dazu, dass<br />

in der Regel die Betroffenen zur Linderung der Symptomatik Medikamente verabreicht<br />

bekommen. Somit wird das ohnehin belastete Entgiftungssystem mit noch<br />

mehr „Chemie“ konfrontiert, unabhängig davon, dass dabei das primäre Problem<br />

ganz außer Acht gelassen wird.<br />

In wenigen Ausnahmefällen werden Mobilisierungstests gemacht – diese müssen<br />

dann jedoch vom Patienten selbst fi nanziert werden – die auf eine genauere Bestimmung<br />

der Schwermetallbelastung abzielen. Nach der analytisch erfassten Diagnose<br />

werden sogenannte Chelatbildner verschrieben, die zwar erfolgreich das Schwermetall<br />

mobilisieren, binden und ausscheiden können, jedoch werden im selben Chelatierungsprozess<br />

auch essentielle Mineralien und Spurenelemente ebenso „ent­<br />

21


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

sorgt“, was eine gewiss durch Schwermetallbelastung<br />

begünstigte Dysmineralose nur weiterhin verschlimmert.<br />

Hautreaktionen (Juckreiz, Hautausschlag), Fieber und<br />

Schüttelfrost, Erhöhung der Transaminasen, Übelkeit,<br />

Schwindel und Blutdruckabfall (Forth, Henschler, Rummel<br />

2005) sind abhängig von der Dosis und Dauer der<br />

Behandlung unausweichliche Begleiter. Spätestens an<br />

dieser Stelle wird die Notwendigkeit einer studienbelegten<br />

Prävention zur gesundheitsschonenden Schwermetallmobilisierung,<br />

­chelatierung und ­ausscheidung<br />

plausibel.<br />

2. Biochemische Eigenschaften von Alpha Liponsäure<br />

Alpha Liponsäure (ALA), genauer (R­)Liponsäure, ist ein<br />

Naturstoff mit vitaminähnlicher Wirkung, der bereits in<br />

den 50er Jahren aus Lebergeweben isoliert und bezüglich<br />

Struktur, chemischer Eigenschaften und physiologischer<br />

Funktionen ausführlich beschrieben wurde (Burgerstein<br />

2002). Die Bezeichnung Alpha Liponsäure wird<br />

aus der strukturellen Verwandtschaft mit Fettsäuren<br />

(fett = lipo) abgeleitet. Aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften<br />

ist ALA deshalb in der Lage, ihre antioxidative<br />

Wirkung in bzw. an der Zellmembran zu entfalten. Ein<br />

anderer gebräuchlicher Name für ALA ist Thioctsäure.<br />

Diese Bezeichnung nimmt Bezug auf die Schwefelverbindung<br />

(griechisch theion = Schwefel) und die Säure<br />

mit einer achtgliedrigen Kohlenstoffkette (Pies 2003).<br />

Die Pharmakokinetik der ALA ist nur teilweise bekannt<br />

(Teichert, Kern, Tritschler, Ulrich, Preiss 1998). Die Aufnahme<br />

in Zellen soll bei Konzentrationen unter 100<br />

µmol/l durch ein aktives, von Na+, K+ und ATP abhängiges<br />

Transportsystem erfolgen (Totskii 1978). Sowohl<br />

Pfl anzen als auch Tiere können ALA synthetisieren. Die<br />

Methode der Herstellung ist nicht bekannt, aber es wird<br />

in den Mitochondrien laufen (Packer, Kraemer, Rimbach<br />

2001) und einiges mag von Darmbakterien produziert<br />

werden. Die normale Synthese führt nicht zu großen<br />

Mengen von freier ALA im Blutstrom (Biewenga, Haenen,<br />

Bast 1997). ALA aus der Nahrung kann an die Aminosäure<br />

Lysin gebunden sein, was ihre vollständige<br />

Abwesenheit im Blutstrom von Menschen, die nicht<br />

supplementieren, erklären mag (Biewenga, Haenen,<br />

Bast 1997).<br />

Abb. 1: Strukturformel der ALA (links)<br />

und der DHLA (rechts).<br />

Quelle: Pies 2003, S. 14<br />

Wenn ALA von außen zugeführt wird, dringt sie schnell<br />

in die Zellen ein, wo sie zu Dihydroliponsäure (DHLA)<br />

unter Nutzung von Stoffwechsel­Elektronen reduziert<br />

wird (Handelman, Han, Tritschler, Packer 1994). DHLA<br />

ist ihre reduzierte Form, die hingegen in wässerigem<br />

Milieu löslich ist, was dieses Redoxpaar so interessant<br />

macht. ALA und ihre reduzierte Form DHLA können an<br />

jedem Ort im Körper, sowohl in wässriger als auch in<br />

fettiger Umgebung, ihre chelatierende Wirkung entfalten.<br />

Daher ergänzen sich beide Formen – ALA und<br />

DHLA – ideal sowohl beim antioxidativen Schutz der<br />

Zelle vor freien Radikalen als auch beim Chelatieren<br />

von Schwermetallen (Pies 2003). Der antioxidative<br />

Schutz von ALA und ihrer reduzierten Form DHLA wird<br />

auf ihre Fähigkeit zurückgeführt, Metallionen binden<br />

und so die Produktion von freien Radikalen unterbinden<br />

zu können (Suh, Shigeno, Morrow, Cox, Rocha, Frei,<br />

Hagen 2001). An dieser Stelle wird das biochemische<br />

Wandlungs­ und Schutztalent dieser lipophilen Substanz<br />

deutlich.<br />

Bei erhöhtem intrazellulärem oxidativem Stress liegt<br />

das Gluthationsangebot reduziert vor, was die Entgiftungskapazität<br />

deutlich beeinträchtigt (Muss, Mellinghoff<br />

2003). Aus diesem Grund ist der folgende Befund<br />

für die beabsichtigte Entgiftung von wesentlicher Bedeutung:<br />

22


Prävention<br />

DHLA ist einerseits einer der mächtigsten Radikalenfänger,<br />

der der Zelle zur Verfügung steht, andererseits<br />

kann DHLA eine Anzahl anderer Antioxidantien regenerieren,<br />

darunter Glutathion, CoEnzym Q10 sowie das<br />

Vitamin C und E (Kagan, Serbinova, Packer 1990; Busse,<br />

Zimmer, Schopohl et al. 1992; Scholich, Murphy,<br />

Sies 1989). Somit kann angenommen werden, dass<br />

diese vielfältige antioxidative Leistung auch eine ausreichende<br />

Entgiftungskapazität erfolgreich sichern kann.<br />

Laut den Studienbefunden weist die i. v. ALA­Gabe bei<br />

Menschen bis zu 1200 mg und bei einer oralen Tagesdosis<br />

von bis zu 600 mg dreimal täglich keine Toxizität<br />

auf. Als seltene Nebenwirkungen von ALA werden Übelkeit<br />

und Erbrechen beschrieben. Bei der oralen Verabreichung<br />

von bis zu 1800 mg täglich sind keine Nebenwirkungen<br />

zu beobachten. Dosen von 500 ­1000 mg<br />

wurden auch in Placebo kontrollierten Studien gut vertragen<br />

(Patrick 2002).<br />

3. ALA als Chelatbildner von Schwermetallen<br />

Laut Jones und Cherian sollte ein idealer Chelatbildner<br />

in der Lage sein, ohne Probleme in die Zelle einzutreten,<br />

das Schwermetall aus seinem Komplex mit Metallothionein<br />

oder anderen Proteinen zu chelatieren und<br />

die Ausscheidung des Metalls zu erhöhen, ohne seine<br />

Umverteilung auf andere Organe oder Gewebe zu erhöhen.<br />

Obwohl ALA bisher in keinen klinischen Studien<br />

an Menschen als chelatierende Substanz bei Schwermetallvergiftungen<br />

getestet wurde, gibt es Hinweise<br />

darauf, dass ALA mindestens zwei der oben genannten<br />

Kriterien erfüllt, d. h. das Eindringen in die intrazelluläre<br />

Umgebung und Bindung von Metallkomplexen an andere<br />

Sulfhydryl Proteine. Endogen produzierte ALA wird<br />

an Proteine gebunden, sie kann aber auch nach exoge­<br />

ner Gabe in der Zirkulation in ungebundener Form vorkommen.<br />

In dieser Form ist ALA in der Lage, chemisch<br />

zirkulierende Schwermetalle zu binden und somit die<br />

Zellschäden durch Metallvergiftung zu verhindern.<br />

Die Tatsache, dass die freie ALA die Blut­Hirn­Schranke<br />

passieret, ist bedeutsam, weil sich manche Schwermetalle<br />

im Gehirn akkumulieren können. Aufgrund ihrer<br />

kleinen molekularen Form und ihrer starken lipophilen<br />

Eigenschaften kann ALA ohne Schwierigkeiten die Blut­<br />

Hirn­Schranke passieren und sogar in die Zellen eindringen<br />

sowie das dort deponierte Schwermetall mobilisieren.<br />

Orale Dosen von 10 mg/kg ALA an Ratten haben<br />

Spitzenwerte in der Großhirnrinde, im Rückenmark<br />

und peripheren Nervensystem innerhalb von 30 Minuten<br />

nach der Verabreichung erreicht. Damit beweisen<br />

Studienbefunde, dass ALA alle Bereiche des ZNS erreichen<br />

kann (Patrick 2002). Andere Studien weisen darauf<br />

hin, dass ALA durch Cadmium erzeugte Leberschäden<br />

reduzieren (Muller, Menzel 1990) und Quecksilber<br />

binden sowie aus den Nieren entfernen kann (Keith,<br />

Setiarahardjo, Fernando et al. 1997).<br />

Alle Quecksilberverbindungen haben eine starke Affi ­<br />

nität zu sulfhydrylhaltigen Liganden (Glutathion, ALA,<br />

etc.), mit dem Ergebnis des reduzierten Glutathionspiegels.<br />

Die Effi zienz von ALA als Schwermetall­Komplexbildner<br />

für Schwermetalle wurde zwar bislang nur<br />

in Tierversuchen getestet, der erwiesene Ansatz lässt<br />

allerdings vermuten, dass ihre chelatierende Fähig keit<br />

auch auf den Menschen übertragbar ist. Ebenso Gre­<br />

23


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

gus et al. bestätigen anhand von Tierexperimenten den<br />

Befund, dass sowohl ALA als auch ihre reduzierte Form<br />

DHLA die Fähigkeit haben, als intra­ und extrazelluläres<br />

Schwermetall­Komplexmittel zu wirken (Patrick 2002).<br />

Nachweislich ist ALA in der Lage, sowohl den intraals<br />

auch den extrazellulären Glutathionspiegel in den<br />

T­Zellkulturen, den Erythrozyten, Gliazellen und peripheren<br />

Blut­Lymphozyten zu erhöhen. Bei Ratten führte<br />

die orale Dosierung von 150 mg/kg pro Tag zum deutlich<br />

erhöhten Glutathionspiegel im Blut und in der Leber.<br />

Es ist nachgewiesen, dass ALA in der Lunge, den<br />

Leber­ und Nierenzellen von Mäusen die intrazelluläre<br />

Glu tathion um 30 bis 70 Prozent erhöhen kann, die<br />

für 11 Tage intraperitoneale Injektionen von 4, 8 oder<br />

16 mg/kg ALA erhalten haben. ALA kann durch die Erhöhung<br />

des zellulären Gluthationspiegels das Schwermetall<br />

mobilisieren und dadurch vor Zellschäden schützen.<br />

Die reduzierte Form von ALA scheint dagegen eine<br />

direkte chelatierende Wirkung zu haben (Patrick 2002).<br />

Im Blut gibt es andere schwefelhaltige Supplemente<br />

wie MSM (Methylsulfonylmethan), die ebenfalls Quecksilber<br />

und andere Schwermetalle binden und sicher<br />

über den Urin ausscheiden können. Aber MSM kann, anders<br />

als ALA, die Blut­Hirn­Schranke nicht überwinden.<br />

Für Schwermetallgeschädigte ist von Bedeutung, dass<br />

ALA in der Lage ist, das Schwermetall zu binden, so<br />

dass es dadurch 12 bis 37 Mal schneller als normal<br />

über die Galle ausgeschieden werden kann (Patrick<br />

2002). In Tierexperimenten konnten Vergiftungen mit<br />

Quecksilber, Arsen oder Cadmium durch ALA dosisabhängig<br />

abgeschwächt oder verhindert werden. Da bei<br />

spielte die Detoxifi kation durch Chelatbildung eine<br />

Rolle (Bano, Bhatt 2007; Domanska­Janik, Bourre 1987;<br />

Ehrenthal, Prellwitz 1986). Zur genauen Festlegung der<br />

Verhaltensweise und Effektivität von ALA als Chelatbildner<br />

sind allerdings klinische Humanstudien notwendig.<br />

24


Prävention<br />

Zusammenfassung:<br />

Entgiftung zählt heutzutage immer mehr zu einer essentiellen Prävention gegen<br />

gesundheitsgefährliche Umweltgifte, zu denen ausnahmslos alle Schwermetalle<br />

zählen. Schwermetalle befi nden sich überall: In Nahrung, Wasser, Luft – selbst<br />

in der Medizin (Thiomersal, Almalgam usw.). Dies setzt eine Notwendigkeit gesundheitsförderlicher<br />

Entgiftungsmaßnahmen voraus. Wesentliche Nachteile gängiger<br />

Entgiftungsmethoden der Humanmedizin spiegeln sich in ihren z. T. erheblichen,<br />

unerwünschten Nebeneffekten wider. So werden durch alle bekannten Chelatbildner<br />

essentielle Mineralien ausgeschieden, was allergische Hautreaktionen<br />

(Juckreiz, Hautausschlag), Fieber und Schüttelfrost, Erhöhung der Transaminasen,<br />

Übelkeit, Schwindel und Blutdruckabfall hervorrufen kann (Forth, Henschler, Rummel<br />

2005). Die Notwendigkeit einer gesundheitsschonenden Schwermetallentgiftung<br />

wird immer größer. Alpha Liponsäure wurde bisher in Tierexperimenten als<br />

er folgreicher, gesundheitsschonender Chelatbildner erwiesen. Die ersten Fakten<br />

und Erkenntnisse aus randomisierten Humanstudien fehlen weiterhin.<br />

Strahinja Tomic<br />

Doktorand der Sport -<br />

wissenschaften mit<br />

S c h w e r p u n k t S p o r t -<br />

medizin<br />

Literatur:<br />

• Bano, M. ­ Bhatt, DK. 2007. Neuroprotective Role of a novel combination of certain antioxidants on Lindane (Y­HCH) induced<br />

toxicity in cererbrum of mice. Res. J. Agricult. Biol. Sci., 3., 2007. S. 664 – 669. ISBN: 1816­1561<br />

• Biewenga, GP ­ Haenen, GR. ­ Bast, A. 1997. The pharmacology of the antioxidant lipoic acid, Gen Pharmacol, 29(3), 1997.<br />

S. 315 – 331. PMID: 9378235<br />

• Burgstein, L. 2002. Burgsteins Handbuch Nährstoffe. Vorbeugen und heilen durch ausgewogene Ernährung: Alles über<br />

Spurenelemente, Vitamine und Mineralstoffe:10. Aufl age. Stuttgart: Karl F. Haug Verlag, 2002. S. 512. ISBN: 3­8304­2065­X<br />

• Busse, E. ­ Zimmer, G. ­ Schopohl, B. et al. 1992. Infl uence of alpha­lipoic acid on intracellular glutathione in vitro and in vivo,<br />

Arzneimittel­Forschung, 42, 1992. S. 829 ­ 831. PMID: 1418040<br />

• Domanska­Janik, K. ­ Bourre, JM. 1987. Effect of mercury on rabbit myelin CNP­ase in vitro. Neurotox. 8(1), 1987. S. 23 ­ 32.<br />

ISSN: 0161­813X<br />

• Ehrenthal, W. – Prellwitz, W. 1986. Biochemie und Pharmakologie der Liponsäure. In: Neundörfer, B. ­ Sailer, D. (Hrsg.): Interdisziplinäre<br />

Bestandsaufnahme der Polyneuropathien. Morphologie, Biochemie, Klinik und Therapie. Erlangen: Perimed­<br />

Verlag, 1986. S.154 – 165. ISBN: 97838842290576<br />

• Forth, W. ­ Henschler, D. ­ Rummel, W. ­ Förstermann, U. ­ Starke, K. 2005. Allgemine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie:<br />

9. Aufl age. München, Urban & Fischer Verlag, 2005. S. 1189. ISBN: 3­437­42521­8<br />

• Handelman, GJ. ­ Han, D. ­ Tritschler, H. ­ Packer, L. 1994. á­Lipoic acid reduction by mammalian cells to the dithiol form and<br />

release into the culture medium, Biochem Pharmacol, 47, 1994. S. 1725 ­ 1730 (1994). PMID: 8204089<br />

• Kagan, V. ­ Serbinova, E. ­ Packer, L. 1990. Antioxidant effects of ubiquinones in microsomes and mitochondria are mediated<br />

by tocopherol recycling, Biochem Biophys Res Comm, 169, 1990. S. 851 ­ 857. PMID: 2114108<br />

• Keith, RL. ­ Setiarahardjo, I. ­ Fernando, Q. et al. 1997. Utilization of renal slices to evaluate the effi cacy of chelating agents<br />

for removing mercury from the kidney, Toxicology, 116, 1997. S. 67 ­ 75. PMID: 9020508<br />

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25


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Wird auch als Chilli oder Spanischer Pfeffer bezeichnet.<br />

Entgegen seinem Namen handelt es sich jedoch um<br />

kein Pfeffergewächs (Piperaceae). Cayenne pfeffer gehört<br />

wie Kartoffeln, Tomaten und Paprika (Capsicum annuum)<br />

zur Familie der Nachtschattenge wächse (Solanaceae).<br />

Cayennepfeffer<br />

(Capsicum frutescens)<br />

Die Pfl anze ist in Südamerika heimisch. Funde in prähistorischen Grabstätten<br />

belegen, dass schon 7000 v. Chr. Kultivierungsversuche stattfanden.<br />

1492 entdeckte Christoph Kolumbus bei den Ureinwohnern Amerikas die Pfl anze<br />

und taufte diese auf den Namen Pimienta, was auf Spanisch „Pfeffer“ heißt. Seit<br />

dem 16. Jahrhundert kennt man Cayenne als feurig­scharfes Gewürz auch in Europa.<br />

Die Früchte (rote, gelbe oder grüne Chilli­Schoten) können frisch oder getrocknet verwendet<br />

werden. Getrocknet werden sie grob zerstoßen und zusammen mit den Samen<br />

als Chilli­Flocken verwendet. Das gemahlene Pulver wird als Cayennepfeffer gehandelt<br />

Inhaltsstoffe<br />

Capsaicinoide, Vitamin C, Flavonoide und ätherisches Öl sind die wirksamkeitsbestimmenden<br />

Inhaltsstoffe des Cayennepfeffers. Carotinoide sind außerdem für die<br />

Färbung der Früchte verantwortlich. Für den charakteristischen scharfen Geschmack<br />

sind die Capsaicinoide ver ant wortlich. Nicht alle Capsaicinoide sind gleich scharf. Der<br />

scharfe Geschmack ist korrekterweise<br />

eine Schmerzempfi ndung. Durch Aktivierung<br />

des Wärme­/Schmerzrezeptors<br />

Tran sient Receptor Potential Vanilloid 1<br />

(TRPV1) wird ein Schmerzsignal erzeugt,<br />

welches dem Gehirn zu hohe Temperaturen<br />

meldet. Der scharfe Geschmack wird also nicht<br />

durch das gustatorische System vermittelt. Denn die<br />

Geschmacksknospen der Zunge können nur die Geschmacksrichtungen<br />

süß, sauer, bitter, salzig und umami<br />

wahrnehmen.<br />

26


Ernährung / Prävention<br />

Es gibt insgesamt sechs Capsaicinoide, die sich in der<br />

molekularen Struktur unterscheiden. Capsaicin, Dihydrocapsaicin,<br />

Nordihydrocapsaicin, Homodihydrocapsaicin,<br />

Norcapsaicin und Homocapsaicin gehören chemisch zur<br />

Gruppe der Alkaloide und sind relativ temperaturstabil.<br />

Löslich sind sie in Alkohol und Fett, nicht aber in Wasser.<br />

Dies ist auch der Grund, warum Chilischoten stets in Öl<br />

eingelegt werden und Milchprodukte wie Trinkmilch oder<br />

Joghurt besser geeignet sind die „Flammen“ zu löschen.<br />

Capsaicin ist der Hauptvertreter aller Capsaicinoide und<br />

sitzt hauptsächlich in den Samen und den weißen Scheidewänden.<br />

Der Capsaicin­Gehalt variiert in Abhängigkeit<br />

von Standort, Klima, Nährstoffen und Stressfaktoren. In<br />

ungetrockneten Chilis und anderen Capsicum­Arten sind<br />

durchschnittlich 0,01­ 0,03 Prozent Capsaicin enthalten,<br />

in getrockneten 0,3 ­ 0,5 Prozent.<br />

Scoville-Einheiten – Ein Maß für die Schärfe<br />

Die diversen Chili­Sorten und die daraus hergestellten<br />

Produkte zeichnen sich, in Abhängigkeit des Capsaicin­<br />

Gehalts, durch eine unterschiedliche Schärfe aus. Der<br />

Pharmakologe Wilbur L. Scoville (1865 ­ 1942) entwickelte<br />

1912 das erste Verfahren zur Messung der Schärfe von<br />

Chilischoten. Gemessen wurde, wie in starker Wasserverdünnung<br />

die Schärfe des untersuchten Chilis gerade<br />

noch spürbar war. Der Grad der Verdünnung, bei dem<br />

keine Schärfe mehr festzustellen war, wurde als Sco ville­<br />

Einheit (Scoville Heat Units (SHU)) angegeben. Brauchte<br />

es für 1 ml aufbereitete Chili 10 Liter (10.000 ml) Wasser,<br />

bis die Schärfe verschwand, betrug die Schärfe 10.000<br />

SHU. Die durchschnittliche Wahrnehmungsschwelle für<br />

Schärfe liegt bei ca. 16 SHU.<br />

Tab. 1 Scovielle­Einheiten anhand einiger Beispiele:<br />

Scoville-Einheit<br />

Beispiel<br />

16.000 000 reines Capsaicin<br />

100.000 ­ 350.000 Habaneros<br />

30.000 ­ 50.000 Cayennepfeffer<br />

2.500 ­ 8.000 Jalapeño­Chili<br />

100 ­ 500 Peperoni<br />

0 ­ 10 Gemüsepaprika<br />

Die Scoville­Skala reicht von praktisch null für Paprika bis<br />

zu rund 300.000 für Habaneros. Reines Capsaicin entspricht<br />

16.000.000 Scoville.<br />

Heutzutage wird mit Hilfe der Hochleistungs­Flüssigchromatographie<br />

oder HPLC (High <strong>Press</strong>ure Liquid Chromatography)<br />

der Gehalt der zwei häufi gsten Capsaicinoide<br />

Capsaicin und Dihydrocapsaicin gemessen und in Scoville<br />

Heat Units umgerechnet.<br />

Wie wirkt Cayennepfeffer?<br />

Capsaicin hat eine antibakterielle und fungizide Wirkung<br />

und eignet sich deshalb z. B. hervorragend für die Konservierung<br />

von Lebensmitteln. In Pfl anzen ist Capsaicin<br />

vermutlich Bestandteil des pfl anzeneigenen Abwehrbzw.<br />

Schutzsystems. Der scharfe Geschmack hält Tiere<br />

davon ab, die Früchte zu konsumieren. Vögel hingegen<br />

sind immun, da sie die für die Schärfeempfi ndung verantwortlichen<br />

Rezeptoren nicht besitzen. So können sie<br />

ohne Probleme die Früchte mit den Kernen essen und<br />

später ausscheiden, was der Verbreitung der Capsicum­<br />

Pfl anzen dient.<br />

Cayennepfeffer ist oral eingenommen wärmend, schweißtreibend<br />

und stimuliert die Speichel­ und Magensäuresekretion.<br />

Traditionell wird Cayennepfeffer bei Verdauungsbeschwerden,<br />

zur Kreislaufstabilisierung, Blutreinigung<br />

und zur Herzstärkung eingesetzt.<br />

Lokal aufgetragen wirkt Capsaicin zunächst wärmend,<br />

durchblutungsfördernd, reizend, gefäßerweiternd und<br />

löst Juckreiz aus. Bei längerer Anwendung ist es schmerzlindernd<br />

und juckreizlindernd. Diese schmerzlindernde<br />

Wirkung funktioniert auf Grundlage des Counterirritans<br />

Effekts, d.h. der Schmerz wird durch einen Gegenreiz gelindert.<br />

Eine hohe Capsaicin­Dosis hält das Gehirn irrtümlich<br />

für einen starken Schmerz, den es zu bekämpfen<br />

gilt. Das bewirkt die Ausschüttung von Endorphinen, körpereigene<br />

„Schmerzkiller“. Dies kann zu einem gesteigerten<br />

Glücksempfi nden beitragen. Dieser Zustand wird<br />

auch als „Pepper­High“ bezeichnet. Wenn Capsaicin an<br />

den Schmerzrezeptoren angreift, macht es die dort befi<br />

ndlichen Nervenendigungen zugleich unempfi ndlicher.<br />

Cayennepfeffer lindert nachweislich Muskel­ und Nervenschmerzen<br />

und kann eine positive Wirkung bei der<br />

Behandlung eines Hexenschusses, Juckreiz, Arthritis und<br />

Rheuma haben.<br />

Nebenwirkungen und Gegenanzeigen<br />

Die Einnahme von Cayennepfeffer in hohen Dosen kann<br />

mit starkem Augentränen, Nasenlaufen, erschwerter<br />

Harn entleerung und Brennen bei der Defäkation innerhalb<br />

von 1­2 Tagen einhergehen. In seltenen Fällen können<br />

Überempfi ndlichkeitsreaktionen auftreten. Nicht angewendet<br />

werden sollte Cayennepfeffer bei einer bekannten<br />

Allergie gegen Paprika.<br />

Bei lokaler Anwendung in Form von Salben gelten leichte<br />

bis mittelschwere Hautreaktionen und eine Verschlechterung<br />

der Beschwerden zu Beginn der Behandlung als<br />

normal und nehmen mit der Zeit ab.<br />

Mit freundlicher Genehmigung<br />

der Redaktion des www.vitalstoff­journal.de<br />

27


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Atrophie/Kachexie: Jährlich erkranken 490.000 Menschen in Deutschland<br />

neu an Krebs. An den Folgen versterben etwa 218.000 Menschen<br />

pro Jahr (Deutsche Krebshilfe e. V., 2012).<br />

Neben Schmerzen, Fatigue, Haarausfall und anderen körperlichen sowie psychischen<br />

Begleiterscheinungen ist der Gewichtsverlust, auch Kachexie genannt, eine<br />

schwerwiegende Folge, die durch Chemotherapie, Operation und Radiotherapie verursacht<br />

werden kann (Theologides, 1979).<br />

Unter Kachexie (zusammengesetzt aus dem Griechischen: kakos „schlecht“ und hexis:<br />

„Zustand“) versteht man die Abmagerung, Auszehrung, den Gewichtsverlust und<br />

progressive Veränderungen von lebenswichtigen Körperfunktionen (Busquets, Almendro,<br />

Barreiro, Fiqueras, Argilés, & López­Soriano, 2005). Oft wird dieser Zustand<br />

von Appetitlosigkeit begleitet (Bosaeus, Daneryd, & Lundholm, 2002).<br />

Der Schweregrad der Kachexie ist abhängig vom Typ der Tumorerkrankung. Ein Gewichtsverlust<br />

wurde bei 30 bis 80 Prozent der Krebspatienten beobachtet (Dhanapal,<br />

Saraswathi, & Govind, 2011). Bei Pankreas­ und Magenkrebspatienten tritt Kachexie<br />

am häufi gsten auf, wobei Patienten mit Brustkrebs, Non­Hodgkin­Lymphomen und<br />

mit Sarkomen seltener betroffen sind (Fearon, Voss, Hustead, & Cancer Cachexia<br />

Study Group, 2006).<br />

Der tumorbedingte Gewichtsverlust ist ein wichtiger, prognostischer Faktor – je größer<br />

das Ausmaß, desto geringer ist die Überlebensdauer/­chance (Dhanapal, Saraswathi,<br />

& Govind, 2011).<br />

Kurkumin zur Behandlung<br />

der Atrophie bzw. tumorinduzierten<br />

Kachexie<br />

28


Ernährung / Prävention<br />

das aber auch nicht, um den Energie­ und Nährstoffbedarf<br />

zu decken, kann Trinknahrung eingesetzt werden.<br />

Krebszelle<br />

Die Kachexie ist insgesamt für etwa 30 Prozent der<br />

Todesfälle bei Krebspatienten verantwortlich. Sie ist<br />

damit neben der Sepsis die zweithäufi gste Todesursache<br />

von Krebspatienten und wird durch entzündliche<br />

Prozesse ausgelöst. Die Anwendung diätischer Lebensmittel<br />

soll daher unmittelbar nach der Diagnose der<br />

Krebserkrankung beginnen, um eine mögliche Kachexie<br />

der Patienten schon im statu nascendi zu verhindern.<br />

Gegenwärtig erfolgt als Begleittherapie lediglich die<br />

Gabe hochkalorischer Nahrung, was die Progredienz<br />

der Kachexie lediglich verzögert und weitere Komplikationen<br />

(Fettleber) hervorruft. Eine Mangelernährung<br />

tritt bei 30 bis 90 Prozent aller Krebspatienten im Laufe<br />

ihrer Erkrankung auf. Darunter fallen in erster Linie<br />

Menschen mit Tumoren des Magen­Darm­Traktes (v. a.<br />

in der Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse oder im Magen)<br />

bzw. in der Lunge.<br />

Laut Expertenmeinung kommt es bei bis zu 85 Prozent<br />

der Patienten mit einem Tumor im Gastrointestinaltrakt<br />

im Laufe der Erkrankung zur Kachexie. Bei Lungenkrebspatienten<br />

liegt das Kachexierisiko bei 50 Prozent.<br />

Prinzipiell kann Tumorkachexie in jedem Stadium der<br />

Krebserkrankung auftreten. Meist verliert etwa die<br />

Hälfte der Patienten bereits vor der Diagnose als Folge<br />

von Appetitverlust und frühem Sättigungsgefühl Gewicht.<br />

Die eigentliche Tumorkachexie tritt aber meist in<br />

einem sehr viel späteren Stadium auf.<br />

Da bislang eine Ernährungstherapie allein keinen Erfolg<br />

versprach, wurde meist in regelmäßigen Abständen<br />

versucht, den Ernährungszustand des Patienten festzustellen,<br />

um einer Mangelernährung vorzubeugen. So<br />

kann rechtzeitig die Nahrungsmenge bzw. die täglich<br />

auf genommene Kalorienzahl erhöht werden. Genügt<br />

Bei der Verbesserung des Ernährungszustands geht es<br />

nicht allein um das Wohlbefi nden des Patienten, sondern<br />

auch um die Wirksamkeit der Krebstherapie, die<br />

unter dem Einfl uss von Mangelernährung oder Tumorkachexie<br />

verringert sein kann. So kann es nach einer<br />

Operation zu Wundheilungsstörungen durch entzündliche<br />

Reaktionen kommen, die häufi g bei tumorkachektischen<br />

Patienten auftreten. Außerdem vertragen die<br />

Patienten mit Tumorkachexie eine Chemo­ oder Strahlentherapie<br />

weniger gut. Eine erfolgreiche Krebsbehandlung<br />

erfordert vom Patienten viel Kraft, die ihm<br />

durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung zur<br />

Verfügung gestellt werden muss. Daher ist es entscheidend,<br />

den Gewichtsverlust rechtzeitig zu verhindern,<br />

die Therapie­ und Heilungschancen zu erhöhen und<br />

damit die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.<br />

Gegenstand aktueller Forschungen ist es, Wirkstoffe<br />

gegen die verheerenden Folgen der Kachexie zu entwickeln.<br />

Die Untersuchungen werden sowohl in vitro als<br />

auch in vivo durchgeführt und basieren auf verschiedenensten<br />

Modellen.<br />

In einem in vivo Modell konnten Eley und Mitarbeiter<br />

(Eley, Russell, & Tisdale, 2007) zeigen, dass die Behand<br />

lung mit Protein Kinase R (PKR)­Inhibitoren in kachektischen<br />

Mäusen, denen Fragmente<br />

eines MAC16 Tumors<br />

(Murine adeno carcinoma<br />

16) subkutan in die<br />

seitl ich e Bauchre gion<br />

trans plan tiert wurde,<br />

das Tumor ­<br />

wachstum hemmte<br />

und dem Gewichtsverlust<br />

entgegen<br />

wirk te. Ähnliche<br />

Ergebnisse kon n­<br />

ten in der Studie von<br />

Smith und Mitarbeitern<br />

(2005) gewonnen werden.<br />

Der Leucin Meta bo lit HMB xyza<br />

(β­hydro xy­β­methyl bu t yrate) vermindert die Proteindegradation<br />

und stimuliert die Proteinsynthese in Skelettmuskeln.<br />

In einem weiteren in vivo Kachexie­Modell konnte der<br />

Anstieg von infl ammatorischen Zytokinen (IL­6) in Mäusen,<br />

denen die Zelllinie C­26.IVX transplantiert wurde,<br />

detektiert werden. Durch die Zugabe eines monoklonalen<br />

IL­6 Antikörpers konnte die IL­6­Aktivität inhibiert<br />

und damit die Kachexieprogression verhindert werden<br />

(Strassmann, Fong, Kenney, & Jacob, 1992).<br />

29


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Skelettmuskulatur<br />

Die Skelettmuskulatur besteht aus ca. 15 cm langen,<br />

schlauchförmigen Muskelfasern. Charakteristisch sind<br />

hierbei die vielen marginalen Zellkerne sowie die typische<br />

Querstreifung. In jeder Muskelfaser sind viele<br />

Myoblasten zusammengefügt. An der Muskelfaseroberfl<br />

äche befi nden sich einkernige, zum Teil differenzierte<br />

Myoblasten. Diese werden bei Reparaturvorgängen aktiviert,<br />

proliferieren und vereinigen sich mit anderen<br />

Satellitenzellen sowie den Muskelfasern zu neuem<br />

Muskelgewebe (Morgan & Partridge, 2003). Die Ausbildung<br />

spezifi sch funktioneller und morphologischer Eigenschaften<br />

einer Zelle nennt man Differenzierung.<br />

Dem Austritt aus dem Zellzyklus folgt die terminale Differenzierung<br />

der Muskelzelle, d. h. sie kann sich fortan<br />

nicht mehr teilen (Brand­Saberi, 2005, Gehring, 1995).<br />

Kurkumin<br />

Kurkumin ist ein Bestandteil des alkoholischen Extrakts<br />

aus dem Rhizom der Pfl anze Curcuma longa, welche zu<br />

der Familie der Ingwergewächse gehört. Das Rhizom<br />

ähnelt dem des Ingwers, die Farbe des Fleisches ist<br />

intensiv gelb bis orange. Das auch Turmeric genannte<br />

Pulver wird in asiatischen Regionen z. B. als Mittel zur<br />

Wundheilung eingesetzt (Aggarwal, Sundaram, Malani,<br />

& Ichikawa, 2007).<br />

Intensive Forschungen konnten zeigen, dass Kurkumin<br />

der Wirkstoff des Pfl anzenpulvers ist. Seither wird Kurkumin<br />

auch als Farbstoff unter Bezeichnung E100 in<br />

der Industrie verwendet. Es gibt u. a. Curry und Senf die<br />

typisch gelbe Farbe.<br />

Eine Vielzahl von Studien hat gezeigt, dass Kurkumin<br />

eine anti­infl ammatorische, antiseptische, antimalarische<br />

und antioxidative Wirkung zugesprochen werden<br />

kann (zusammengefasst in (Aggarwal, Sundaram, Malani,<br />

& Ichikawa, 2007)). Die folgende Abbildung zeigt<br />

das Wirkungsspektrum von Kurkumin.<br />

Die Wirkung von Kurkumin kann in vitro durch die Aktivierung<br />

von Apoptosesignalwegen begründet werden,<br />

welche gewebe­ bzw. zellspezifi sch zu sein scheint.<br />

Wirkungsspektrum von Kurkumin bei verschiedenen Krank heiten (links) und auf Genebene (rechts)<br />

(Modifi ziert nach Aggarwal, Sundaram, Malani, & Ichikawa, 2007)<br />

30


Ernährung / Prävention<br />

Die Aktivierung der Caspase­3 und 8 durch Kurkumin<br />

wird bei Bush und Mitarbeiter dargestellt (Bush, Cheung<br />

Jr., & Li, 2001). In einer anderen Studie wird die Aktivierung<br />

des extrinsischen Apoptosesignalweges in Magenund<br />

Darmkrebszelllinien beschrieben. Kurkumin aktiviert<br />

auch hier die Caspase­8 (Moragoda, Jaszewski, &<br />

Majumdar, 2001). Ebenso kann die Regulierung der<br />

Apoptose über den intrinsischen Signalweg erfolgen.<br />

Shi und Mitarbeiter (Shi, Cai, Yao, Mao, Ming, & Ouyang,<br />

2006) konnten in ovarialen Krebszellen zeigen,<br />

dass durch Zugabe von Kurkumin die antiapoptotischen<br />

Proteine Bcl­2 und Bcl­XL herunterreguliert wurden.<br />

In in vivo Studien konnte gezeigt werden, dass Kurkumin<br />

während einer Sepsis die NF­KB­Aktivität reduziert<br />

und somit der Muskelproteolyse entgegenwirkt (Poylin,<br />

et al., 2008). Thaloor und Mitarbeiter (1999) fanden heraus,<br />

dass Kurkumin die Muskelregeneration nach einer<br />

Verletzung stimuliert. Antikachektische Effekte von Kurkumin<br />

konnte dagegen im gastrointestinalen Tumormodell<br />

nicht gezeigt werden (Busquets, Carbó, Almendro,<br />

Quiles, López­Soriano, & Argilés, 2001).<br />

Hat Kurkumin anti-kachektische Eigenschaften?<br />

Für die Inhibierung der Atrophie wurden daher in eigenen<br />

Studien, Muskelzellen mit verschiedenen Konzentrationen<br />

Kurkumin behandelt. Die Auswirkung auf den<br />

Zellindex (CI, Zelldurchmesser wird hierbei über den<br />

elektrischen Widerstand gemessen) wurde dabei kontinuierlich<br />

beobachtet und nach 24 h zusätzlich mikroskopisch<br />

überprüft. Der CI ist ein Maß für die Impedanz<br />

und korreliert direkt mit der Adhäsion der Muskelzelle,<br />

ihrem Differenzierungsgrad und dem zellulären elektrischen<br />

Widerstand. Es können generell keine Aussagen<br />

über eine Dosisabhängigkeit der Wirkung von Kurkumin<br />

getroffen werden. Während durch die Zugabe der Konzentration<br />

von 5µM Kurkumin am Tag 5 und 7 nach der<br />

Atrophieinduktion zunächst eine Abnahme des Zellindex<br />

(CI) hervorgerufen wurde, hatte sich dieser Prozess<br />

nach 10 Tagen normalisiert. Durch die Zugabe von 5µM<br />

über einen längeren Zeitraum stieg der CI um bis zu<br />

60 Prozent an. Das könnte heißen, dass Kurkumin über<br />

längere Zeiträume eingenommen, zu einem veränderten<br />

Muskelstoffwechsel einhergehend mit einer verstärkten<br />

Muskelbildung führt.<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

Ziel unserer Forschungen ist es, sekundäre Pfl anzenstoffe<br />

auf ihre anti­atrophische Wirkung auf murine<br />

C2C12­Myotuben zu untersuchen. Die Ergebnisse<br />

sollen als Grundlage für die Entwicklung einer Technologieplattform<br />

dienen. Diese Plattform besteht aus<br />

einem etablierten System, welches die Bereitstellung<br />

von atrophischen Muskelzellen ermöglicht. Anschließend<br />

können verschiedene Substanzen mit anti­atrophischen<br />

Eigenschaften getestet werden. Im Hinblick<br />

auf diese Zielstellung sollten die Experimente<br />

zur Atrophieinduktion mittels Dexamethason wiederholt<br />

und optimiert werden. Ebenso wird die Verwendung<br />

weiterer Substanzen zur Auslösung der Atrophie<br />

empfohlen.<br />

Durch die Zugabe von pro­infl ammatorische Zytokinen<br />

wie TNF­ α wird die Akkumulation von Ceramid<br />

erhöht, welches u. a. die Proteinsynthese in Myotuben<br />

inhibiert (De Larichaudy, et al., 2012). In einer<br />

Studie von Eley und Mitarbeitern (2007) wird beschrieben,<br />

dass PIF (Proteolyse­induzierender Faktor)<br />

und Ang II (Angiotensin II) die Autophoshorylierung<br />

von PKR (RNA­abhängige Proteinkinase) induzieren<br />

und somit die Proteinsynthese in Myotuben<br />

vermindern. Ebenso ist die erhöhte Expression von<br />

Murf­1 und MAFbx ein Index für die erhöhte Proteindegradation<br />

in atrophischen Zellen (Stitt, et al.,<br />

2004).<br />

Der gleiche Effekt wird erzeugt, wenn rekombinantes<br />

Myostatin die DNA­ und Proteinsynthese in Myoblasten<br />

und teilweise in Myotuben inhibiert (Taylor, et al.,<br />

2001). In dieser Studie wird jedoch die Proteindegradation<br />

durch die Einbindung des radioaktiv­markierten<br />

[1­ 14 C] Leucins nachgewiesen. Die Verwendung<br />

des xCELLigence Systems zum Nachweis der<br />

Atrophie wäre somit eine sicherere Alternative zu<br />

den derzeit verwendeten, auf radioaktiver Markierung<br />

basierenden Methoden.<br />

Dr. Andreas Schubert (links) und Christopher Oelkrug (rechts)<br />

Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI), Leipzig<br />

31


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Chronische Erkrankungen ...<br />

und kein Ende in Sicht<br />

Gestaltet sich unsere medizinische Versorgung effizient<br />

oder verspielen wir unsere Zukunft? Soll der Staat<br />

alle Aufgaben regeln oder kann nicht die Bevölkerung<br />

wichtige Funktionen übernehmen? Diese Fragen<br />

werden sehr kontrovers diskutiert. Die Antworten darauf<br />

könnten unterschiedlicher nicht sein. Sie diffe rieren<br />

von Partei zu Partei, von Institution zu Institution bzw.<br />

von Lobby isten zu Lobbyisten.<br />

Was allerdings von niemandem mehr bestritten wird, ist die große Herausforderung<br />

unserer demographischen Entwicklung. Waren im Jahre<br />

1950 nicht einmal 10 Prozent unserer Bevölkerung älter als 65 Jahre, so sind im Jahre<br />

2025 fast 25 Prozent der Menschen in West-Europa über 65 Jahre alt. Nach diesen<br />

Zahlen wird die Altersstruktur in 20 Jahren ähnlich sein, wie die derzeit in Florida,<br />

von den Amerikanern liebevoll „Gods Waiting-Room“ genannt.<br />

32


Prävention<br />

Von der Akutversorgung zur Betreuung<br />

chronisch kranker Menschen – ein Paradigmenwechsel<br />

Die Konditionierung unserer Heilberufler ist auch heute<br />

noch stark geprägt durch die Zeit, in der die Akut ­<br />

ver sorgung im Vordergrund jeglichen Handels stand.<br />

Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts waren es in<br />

der Regel Infektionskrankheiten und Verletzungen an<br />

denen die Menschen verstarben. In den letzten 60 Jahren<br />

hat sich dieses Bild komplett gewandelt. Inzwischen<br />

versterben 9 von 10 Menschen an einer chronischen<br />

Er krankung. Aber worin liegt der entscheidende Unterschied?<br />

Ein distinktives Merkmal ist das Ausmaß<br />

des Einflusses, den der Patient auf seine Heilung oder<br />

seinen Therapieerfolg hat. Bei akuten Erkrankungen hat<br />

der Patient vergleichsweise wenig eigenen Einfluss – so<br />

ist er z. B. auf ein wirksames Antibiotikum oder auf einen<br />

guten Operateur angewiesen.<br />

Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich jedoch die<br />

Bedürfnisse der Patienten bzw. die Herausforderungen<br />

grundlegend verändert. Die Menschen kommen mit<br />

Asthma, COPD (= chronisch obstruktive Lungenerkrankung),<br />

Herzkreislauferkrankungen, Typ 2 Diabetes oder<br />

Rheuma – also chronischen Erkrankungen, mit denen<br />

sie Jahre, meist Jahrzehnte leben müssen. Neu daran<br />

ist, dass die Patienten auf ihren eigenen Therapieerfolg<br />

selber den größten Einfluss haben. Es sind die vielen<br />

kleinen alltäglichen Entscheidungen des Patienten über<br />

seine Ernährung, die Bewegung, den Umgang mit Stress,<br />

die Einnahme von Medikamenten und vieles mehr, die<br />

darüber entscheiden, wie eine chronische Krankheit<br />

verläuft. Der Arzt kann nur entscheidende Weichen<br />

stellen, aber „gehen“ muss der Patient selbst.<br />

Beispiel Typ 2 Diabetes – eine Krankheit wird<br />

zur Epidemie<br />

Die International Diabetes Federation (IDF) schätzt,<br />

dass weltweit mehr als 6 Prozent aller Menschen an<br />

Diabetes leiden. Epidemiologisch betrachtet haben wir<br />

es inzwischen mit einer globalen Epidemie zu tun. In<br />

den vergangenen Jahren stieg die Zahl der an Diabetes<br />

Typ 2 Erkrankten merklich an. Nach Schätzungen der<br />

IDF sind mittlerweile rund 10 Prozent der Deutschen,<br />

Österreicher bzw. Schweizer von Diabetes betroffen.<br />

Alleine in Deutschland werden jeden Tag 800 Menschen<br />

neu mit Typ 2 Diabetes diagnostiziert. Die Anzahl<br />

wächst in diesem Land jedes Jahr um eine Stadt mit der<br />

Größe von Karlsruhe. Während noch in den 80er Jahren<br />

fast ausschließlich ältere Menschen an Typ-2-Diabetes<br />

erkrankten, sind es heute auch zunehmend junge Erwachsene.<br />

Alleine in den Vereinigten Staaten von Amerika<br />

waren in den letzten fünf Jahren 30 Prozent der<br />

neu dia gnostizierten Typ 2 Diabetiker nicht älter als 30<br />

Jahre.<br />

Einer der größten Risikofaktoren in diesem Zusammenhang<br />

ist das Übergewicht. Etwa 15 bis 20 Prozent<br />

der Jugendlichen in Deutschland, Österreich und der<br />

Schweiz sind übergewichtig. Bei 8 Prozent ist dieses<br />

Übergewicht krankhaft (Adipositas). 85 Prozent dieser<br />

jungen Menschen werden voraussichtlich ihr gesamtes<br />

Leben an Übergewicht leiden. Ein nicht unerheblicher<br />

33


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Teil wird bereits in jungen Jahren an Typ-2-Diabetes erkranken.<br />

Das erste Mal in der Geschichte der modernen<br />

Medizin kommen wir damit an einen Punkt, an dem<br />

ein Teil der jungen Generation eine deutlich geringere<br />

Lebenserwartung hat als die Generation ihrer Eltern.<br />

Drei Viertel aller Diabetiker sterben an den Folgen eines<br />

Herzinfarktes. Schlaganfälle treten viermal häufiger, Depressionen<br />

und Parkinson etwa doppelt so oft auf wie<br />

in der Normalbevölkerung. Das Risiko einer Demenz<br />

steigt dreifach, bei zusätzlichem Bluthochdruck elffach.<br />

Alle 15 Minuten wird alleine in Deutschland eine durch<br />

Diabetes bedingte Amputation durchgeführt.In der<br />

Summe sind dies jährlich rund ebenso vie le Amputationen,<br />

wie im letzten Jahr des Zweiten Weltkrieges an<br />

Wehrmachtssoldaten vorgenommen wurden.<br />

Selbstmanagement der Patienten gefragt<br />

Heute zählt die Bundesrepublik Deutschland, Österreich<br />

und die Schweiz rund 8 bis 10 Millionen Menschen<br />

mit Typ 2 Diabetes. Weitere 6 Millionen sind noch gar<br />

nicht diagnostiziert. Läuft die Entwicklung so weiter,<br />

wie sie derzeit von Statten geht, werden in 20 Jahren 25<br />

Prozent der Erwachsenen in diesen Ländern Diabetiker<br />

sein. Somit werden wir im Jahre 2035 allein für Typ 2<br />

Diabetes und Adipositas so viel Geld aufbringen müssen,<br />

wie wir derzeit für das gesamte Gesundheitssystem<br />

investieren.<br />

Diabetes ist eine so genannte Selbstmanagementerkrankung.<br />

Die IDF führt den Behandlungserfolg auf bis<br />

zu 90 Prozent auf das Verhalten der Patienten zurück.<br />

Um möglichst lange gesund leben zu können, müssen<br />

Diabetiker nicht nur die Zusammenhänge zwischen Erkrankung,<br />

Ernährung und körperlichem Training kennen.<br />

Sie müssen auch die mit einer chronischen Krankheit<br />

verbundene seelische Belastung bewältigen, ihren<br />

Diabetes überwachen und die medikamentöse Behandlung<br />

in Eigenregie durchführen.<br />

Dabei bilden sich Patienten ihre eigenen Vorstellungen<br />

von ihren Erkrankungen und entwickeln als „medi zinische<br />

Laien“ so genannte „Laienhypothesen“. Diese<br />

stimmen oftmals nicht mit dem medizinischen Rat<br />

über ein, nehmen jedoch eine dominierende Rolle ein.<br />

Viele Patienten verändern die Dosis ihrer Medikamente,<br />

setzen diese ab oder nehmen sie nur bei akutem<br />

Bedarf. Für die Volkswirtschaft bedeutet das, dass sich<br />

die Zeiten der Erkrankung verlängern, sich die Heilung<br />

hinauszögert oder sogar verhindert wird. Folglich werden<br />

vermehrte Einweisungen in Praxis und Krankenhäuser<br />

verursacht, wobei nicht unerhebliche zusätzliche<br />

Kosten entstehen. Nach Schätzungen der Europäischen<br />

Stiftung für Gesundheit (Schweiz) und dem Institut<br />

für Gesundheitskommunikation und Versorgungsforschung<br />

an der Sigmund-Freud Universität in Wien<br />

belaufen sich die durch die nicht vorhandenen Selbstmanagementfähigkeiten<br />

resultierenden Folgekosten in<br />

Europa auf 200 - 300 Mrd. Euro pro Jahr. Alleine die<br />

Folgen der Drug Non-Compliance werden mit 70 Mrd.<br />

Euro jährlich beziffert.<br />

34


Prävention<br />

Zusammenfassung<br />

Bei einem Menschen mit Typ 2 Diabetes und den entsprechenden<br />

Möglichkeiten zum Selbstmanagement<br />

der Erkrankung belaufen sich die Kosten, die durch das<br />

Gesundheitssystem zu tragen, sind auf bis zu 3.000<br />

Euro pro Jahr. Ein Patient, dessen Therapie nicht erfolgreich<br />

verläuft, verursacht aufgrund der Folgekomplikationen<br />

– unabhängig vom menschlichen Leid – Kosten<br />

von bis zu 35.000 Euro pro Jahr.<br />

Die Fähigkeit zum Selbstmanagement zu fördern, erfordert<br />

dabei ein umfassendes Betreuungskonzept, das<br />

alle Heilberufl er gleichermaßen einschließt. Eine Therapie,<br />

die das hohe Maß an Eigenverantwortung berücksichtigt,<br />

benötigt eine patientenzentrierte Kommunikation.<br />

Gerade hier gilt es umzudenken. Patientenkommunikation<br />

darf sich nicht auf die bloße Verordnung<br />

von Medikamenten beschränken. Es geht um ein grundsätzliches<br />

Verständnis für die Einstellungen, Sorgen<br />

und Bedürfnisse der Erkrankten.<br />

Kein Therapeut hat seherische Fähigkeiten. Trotzdem<br />

wird innerhalb von 30 Sekunden aus einem Patienten­<br />

Arzt ein Arzt­Patientengespräch. Daher gilt: Hinhören,<br />

nicht zuhören. 80 Prozent aller Patienten benötigen<br />

genau 2 ­ 3 Minuten ihre Probleme und Bedürfnisse zu<br />

artikulieren. Da mehr als 80 Prozent unserer Patienten<br />

mit einer chronischen Erkrankung nicht einmal 4 Stunden<br />

pro Jahr mit einem Arzt verbringen, können wir<br />

nicht davon ausgehen, dass die verbleibenden 364<br />

Tage und 20 Stunden problemlos verlaufen. Nur, wenn<br />

wir die Patienten „empowern“, können diese die Verantwortung<br />

übernehmen, die diese übernehmen müssen,<br />

damit wir auch in Zukunft das hohe Niveau der<br />

medizinischen Versorgung sichern können. Blenden wir<br />

diesen Punkt aus, dann wird die Glorie der Vergangenheit<br />

zum Stolperstein der Zukunft. In einem sich stark<br />

verändernden Gesundheitssystem sind wir nicht in der<br />

Lage die „Gesundheitsschlachten“ von morgen mit den<br />

Waffen von gestern zu schlagen.<br />

Prof. Dr. Dr. Fred Harms<br />

Leiter des Instituts für Ge sundheitskommunikation<br />

und Versorgungsforschung,<br />

Sigmund-Freud Uni versität<br />

Wien, Vize-Präsident der Europäischen<br />

Stiftung für Gesundheit, Schweiz,<br />

Fachlicher Beirat des NEM e.V.<br />

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PETITION:<br />

Freiheit für gesunde Nahrung!<br />

Gesunde Ernährung ist für uns alle wichtig und darf nicht verhindert werden.<br />

Foto: © Pitopia, Ildiko Papp, 2015<br />

Europa schränkt schon seit längerem den Verzehr von Lebensmitteln<br />

durch die Novel-Food-Verordnung ein. Lebensmittel,<br />

die seit hunderten von Jahren außerhalb der EU<br />

verzehrt werden, werden künftig per se verboten und brauchen<br />

eine Genehmigung durch die Novel-Food-Verordnung.<br />

Wollen wir uns verbieten lassen, was wir essen wollen? Wir sagen<br />

NEIN und fordern: Freiheit für gesunde Nahrung!<br />

Machen Sie mit:<br />

Online-Petition unter www.nem-ev.de<br />

NEM e.V. Verband mittelständischer<br />

europäischer Hersteller und<br />

Distributoren von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

& Gesundheitsprodukten<br />

e.V. 35


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Warum ist Homo cystein<br />

so interessant?<br />

Homocystein entsteht aus dem Methylierungszyklus, einem Stoffwechselweg<br />

in unserem Organismus. Dieser Stoffwechselweg dient haupts ächlich<br />

der Synthese von S-Adenosylmethionin, ein Cosubstrat fast aller Enzyme.<br />

Durch die Methylgruppen werden die Biomoleküle übertragen. Diese Methyltransferasen<br />

sind an Biosynthesen und Regulationsprozessen unseres<br />

Stoffwechsels beteiligt.<br />

Die Aminosäure Homocystein kann zu Cystein umgewandelt werden. Diese<br />

Aminosäure dient zur Synthese von Glutathion.<br />

Homocystein ist ein kurzlebiges Zwischenprodukt aus dem Stoffwechsel, wenn der<br />

Organismus mit allem gut versorgt ist und keine entsprechenden Störungen aufweist.<br />

Das bedeutet, je niedriger der Plasmaspiegel im Blut, umso besser für den Organismus.<br />

Eine Erhöhung im Plasma fi ndet dann statt, wenn die intrazelluläre Konzentration zunimmt.<br />

In diesem Falle entlastet sich die Zelle und führt das Homocystein ins Blut ab.<br />

Bei zunehmendem Anstieg im Plasma spricht man von der Hyperhomocysteinämie.<br />

Dies kann besonders mit zunehmendem Alter einhergehen.<br />

36


Ernährung / Prävention<br />

Hier können besonders die Bereiche Koronarien der kleinen<br />

Hirnaterien sowie der peripheren Arterien betroffen<br />

sein. Bereits eine geringe Erhöhung der Homocysteinkonzentration<br />

kann das Endithel schädigen, wodurch<br />

Gerinnungsprozesse ausgelöst werden.<br />

Plaque in der Arterie<br />

Eine Veränderung, die auch heute noch immer unterschätzt<br />

wird und in der täglichen Praxis wenig Beachtung<br />

fi ndet, obwohl diese Erkenntnisse seit 1962 bekannt sind.<br />

In prospektiven Kohorten Studien (Fraingham, Hordaland)<br />

konnte nachgewiesen werden, dass die Risiken für<br />

Schlaganfall, Herzinfarkt, Venentrombosen, Demenz,<br />

Osteoporose, Depression und weitere psychische<br />

Störungen zunehmen.<br />

Warum wird dieser Erkenntnis so wenig Bedeutung in<br />

der täglichen Praxis geschenkt? Ein wichtiger Grund ist<br />

sicherlich, dass hier die Prävention im Vordergrund<br />

steht und des Weiteren nicht Medikamente sondern die<br />

B­Vitamine zum Einsatz kommen müssen.<br />

Homocystein fördert gleich mehrere artereosklerotische<br />

Prozesse, ein Beispiel (die Oxidation von LDL,<br />

Schaumzellbildung, Thrombozytenaggreation). Homocysteinerhöhung<br />

im Plasmaspiegel kann gleichfalls als<br />

Risikofaktor für artereothrombotische Gefäßprozesse<br />

angesehen werden.<br />

Was bedeutet dies alles?<br />

Erhöhte Konzentration von Homocystein erhöht die Produktion<br />

von sehr aggressiven Sauerstoffradikalen (H 2 O 2 )<br />

und vermindert die Bildung von Stickstoffmonoxid. Diese<br />

körpereigene Substanz wirkt gefäßerweiternd. Durch<br />

H 2 O 2 ausgelöste freie Radikale können nun die Innenwände<br />

der Arterien (Endothelschicht) verletzt oder zerstört<br />

werden. Durch diese Verletzung entstehen Gerinnungsprozesse<br />

die mit Ablagerung von Blutplättchen und<br />

Fibrin einhergehen. Ist dieser Prozess einmal eingeleitet,<br />

können sich in der weiteren Entwicklung fetthaltige Substanzen<br />

ablagern und es kommt zur Plaquebildung. Der<br />

Cholesteringehalt der abgelagerten Plaques liegt bei ca.<br />

1 Prozent. Durch die ständigen Ablagerungen verengen<br />

sich die Arterien bis zum Totalverschluss.<br />

Senkt ein niedriger Homocysteinspiegel das<br />

Schlaganfallrisiko?<br />

Seit mehr als 10 Jahren wird die Hypothese diskutiert, ob<br />

ein Einfl uss von Homocystein auf das Schlaganfall oder<br />

Herzinfarktrisiko besteht.<br />

Ja, ein solches Risiko besteht neben anderen Risikofaktoren<br />

wie Rauchen, Übergewicht, hohe Blutfettwerten,<br />

Bluthochdruck. Diese Risiken kann der Betroffene selbst<br />

beeinfl ussen, nicht die Erkennung seines erhöhten Homocysteins.<br />

Hier muss eine entsprechende Untersuchung<br />

vorgenommen werden.<br />

Eine Senkung des Homocysteinspiegels um 3 umol/l<br />

lässt das Schlaganfallrisiko um 10 Prozent sinken, eine<br />

Senkung des Homocysteinspiegels um 25 Prozent lässt<br />

das Risiko um 20 Prozent sinken. Metaanalysen zeigen<br />

jedoch, dass die Risikoabschwächung erst nach ca. 3<br />

Jahren greift. Dies benötigt eine lange Behandlungszeit.<br />

Ein gesunder Wert sollte unter 10 umol/l liegen. Mit zunehmendem<br />

Alter steigt das Risiko, daher sollte hier immer<br />

eine Zeitnahe Überprüfung durchgeführt werden<br />

und nicht abwartend, ob der Wert eine steigende Tendenz<br />

aufweist.<br />

Eine sinnvolle Behandlung ist die Zuführung der Vitamine<br />

B12, B6, und Folsäure. B12 ist zudem wichtig für die Zellkernreifung.<br />

Warum besteht die Gefahr, dass B12 dem<br />

Organismus nicht mehr ausreichend zugeführt wird? Ein<br />

wichtiger Grund ist der Rückgang des Intrinsic Factor<br />

(wird im Magen gebildet) er ist ein spezielles Transportmolekühl,<br />

was von den Belegzellen neben dem Transportprotein<br />

Haptocorrin im Magen gebildet wird. Nachdem<br />

das Vitamin B12 im Magen durch Enzyme aus der<br />

37


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Nahrung gelöst wurde, wird es mit dem Haptocorrin<br />

in den Dünndarm transportiert. Hier kann dann das B12<br />

an den Intrinsic Factor angebunden werden und über<br />

entsprechende Rezeptoren in die Schleimhaut weiter<br />

in den Körper gelangen. Da in der täglichen Nahrung nur<br />

geringe Mengen von B12 vorhanden sind, wird verständlich<br />

wie wichtig ein ausreichender Intrinsic Factor ist.<br />

Ein Rückgang kann schon früh eintreten, besonders ist<br />

hier der Raucher angesprochen. Mit zunehmendem Alter,<br />

etwa ab 50 Jahre sollte auch der Homocysteinspiegel<br />

überprüft werden. Dieser sinkt mit zunehmendem Alter.<br />

Menschen, die oft unter Gastriden leiden, sollten immer<br />

ihren Homocyteinspiegel überprüfen lassen.<br />

Bei einem reduzierten Intrinsic Factor sollten die täglichen<br />

Gaben von B12 in kleinen Mehrfach-Dosen erfolgen,<br />

ein Zuviel wird nutzlos ausgeschieden.<br />

Will man eine sichere Therapie durchführen, um Homocystein<br />

abzubauen, sind gleichfalls Vitamin B6 und<br />

Folsäure sinnvoll. Nach mehr als 40 jähriger Erfahrung<br />

konnte ich den Betroffenen mit der Injektionstherapie<br />

und den späteren oralen Verabreichungen helfen. Bei<br />

den Therapien müssen die möglichen Verursacher mit<br />

therapiert werden. Hier gilt besonders der Lehrsatz<br />

„Ursachenbehandlung und nicht nur Symptome bekämpfen.“<br />

Vitamin B6 ist durchaus ein Multitalent in unserem Stoffwechsel.<br />

Unter dem Begriff Vitamin B6 sind 3 wichtige<br />

Formen vereint: Pyridoxal, Pyridoxin und Pyridoxamin.<br />

Pyridoxal-5-Phosphat ist die Form von B6 die als Coenzym<br />

in wichtigen Stoffwechselprozessen vorkommt und<br />

hat somit in unserem Stoffwechsel eine große Bedeutung.<br />

Bei Mangel an B6 sind neben dem Abbau von Homocystein<br />

in Cystein und damit die Risikosenkung für<br />

kardiovaskuläre Erkrankungen weitere Erkrankungen<br />

möglich z.B.: Hauterkrankung (Seborrhea), Depression,<br />

Erschöpfung, Verwirrtheit, Tremor, usw.<br />

Vitamin B6 bringt Verbesserung z.B.: Senkung des Homocysteinspiegels<br />

und Verringerung des kardiovaskulären<br />

Risikos, Hemmung der Virenentwicklung bei Herpes,<br />

Unterstützung des Immunsystems, positive Wirkung bei<br />

Karpaltunnelsyndrom usw.<br />

Folsäure ein weiteres wichtiges Vitamin aus der<br />

Reihe der B-Vitamine<br />

Folsäure und Vitamin B12 stehen in einer engen Beziehung.<br />

Beide Vitamine bewirken im Zusammenspiel die<br />

So sollte am Anfang immer die Injektion stehen<br />

Nach entsprechendem Aufbau des Magens mit naturheilkundlichen<br />

Mittel kann dann mit der oralen Einnahme<br />

begonnen werden. Bei Risikopatienten sollte jedoch in<br />

entsprechenden Abständen weiter eine Injektion verabreicht<br />

werden.<br />

Literatur<br />

• The American Journal of Clinical <strong>Nutrition</strong> Derminaten der Plasmagesamthomocysteinkonzentration in der Framingham offsprin –<br />

Kohorte 1, 2, 3, 4<br />

• Institut für Medizinsche - Diagnostik Berlin – Potsdam<br />

• Abels, J., Vegter, J.J.M., Woldring, M.G., Jans, J.H. and Nieweg, H.O. (1959), The Physiologie Mechanism of Vitabin B12 Absorption.<br />

• Acta Medica Skandinavia, 165: 105 - 113<br />

• Without Intrinsic Factor. David Rotter<br />

• Zentrum für Humangenetik, Homocystein Netzwerk,<br />

• Neue Risikofaktoren Universitätskrankenhaus Eppendorf – Hamburg<br />

• Deutsches Grünes Kreuz für Gesundheit e.v.<br />

• Dachliga Homocystein<br />

38


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Ernährung / Prävention<br />

Bildung von Purin und Pyrimidin. Die Folsäure nimmt<br />

auch bei der Transformation an einigen Aminosäuren teil,<br />

so beispielweise an der Umwandlung von Homocystein<br />

zu Methionin. Durch diese Möglichkeit kann das kardiovaskuläre<br />

Risiko gesenkt werden.<br />

Folsäure-Mangel kann zu Müdigkeit, Depression, Verdauungsstörungen<br />

führen, um nur einige Bereiche aufzuführen.<br />

Es gibt keine Lagerstätte in unserem Körper, so<br />

macht sich eine Mangelernährung kurzfristig bemerkbar.<br />

Mangelerscheinungen können auch auftreten bei: Störung<br />

der Resorption im Darm, Alkoholismus, bei Einnahme<br />

bestimmter Medikamente, um auch hier nur einige zu<br />

nennen.<br />

Überprüfen wir unsere Nahrungskette<br />

Vieles ist in unserer heutigen Ernährung nicht mehr oder<br />

nur noch in abgeschwächter Form enthalten. Besonders<br />

müssen Veganer und Vegetarier auf eine unterstützende<br />

Ernährung achten, um die notwendigen Vitamine zu erhalten.<br />

Immer deutlicher wird die Zuführung von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

auf Grund solcher Erkenntnisse. Oft<br />

gibt es umfangreiche Diskussionen mit den Krankenkassen<br />

und Versicherungen oder ihrer Gutachter, ob hier<br />

eine Erstattung möglich ist, weil B-Vitamine auf Grund<br />

von Untersuchungen insbesondere bei erhöhtem Homocystein<br />

sinnvoll sind.<br />

Da hilft ein Gerichtsurteil (AZ: 30C 502/03-75):<br />

„Nahrungsergänzungsmittel, die nicht zum Zweck der<br />

Ernährung oder des Genusses verschrieben werden, sind<br />

zu erstatten.“<br />

Im medizinischen Bereich kann man über viele Dinge viele<br />

Jahrzehnte diskutieren, wenn aber vieles dafür spricht,<br />

Risiken auszuschalten, Menschen zu helfen, sie vor<br />

schweren körperlichen Schäden zu bewahren, kann die<br />

Diskussion nur im Hintergrund geführt werden. Das Gebot<br />

der Stunde ist, nach der Erfahrung und den heutigen<br />

Erkenntnissen zu helfen.<br />

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<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Schwermetalle –<br />

Ein Revival<br />

alter Bekannter<br />

Schwermetalle stellen ein Gesundheitsrisiko dar –<br />

ein neuer ein facher Schnelltest ermöglicht Belastungsmonitoring<br />

Schwermetalle – Vorkommen<br />

Vor einigen Jahren war das Thema „Schwermetalle/<br />

Schwer metallbelastungen“ in Verbindung mit Amalgam<br />

füllungen in kariösen Zähnen in aller Munde. Die<br />

Diskussion über einen Zusammenhang zwischen einer<br />

Schwermetallbelastung und dem Abrieb im Mundbereich<br />

wurde sehr kontrovers geführt. In den nachfolgenden<br />

Jahren konnte aber doch eine messbare, wenn<br />

auch geringe Schwermetallbelastung durch Amalgam­<br />

Abrieb aufgezeigt werden.<br />

Mit der zunehmenden Zahnhygiene und Verwendung<br />

von Keramikfüllungen geriet das Thema Schwermetallbelastung<br />

etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit. Zu<br />

Unrecht, denn Schwermetalle fi nden sich im gesamten<br />

biologischen Kreislauf. Selbst wenn das Benzin kein<br />

Blei mehr enthält, weniger Amalgam verwendet wird<br />

und die Emissionen der Schwerindustrie um 70 ­ 90<br />

Prozent deutlich gesenkt werden konnten (Umwelt­<br />

Bundesamt 2014) – die Schwermetalle werden immer<br />

neu in die Umwelt eingetragen. Nahezu alle Verbrennungs­<br />

und viele Produktionsprozesse emittieren<br />

schwer metallhaltige Gase oder Stäube. Bei hohen Anteilen<br />

an Cadmium, Blei oder Quecksilber kann hier ein<br />

hohes Gefährdungspotential entstehen.<br />

Mit der Einführung der neuen Energiesparlampen arbeitet<br />

sich das Thema Schwermetalle wieder nach vorn<br />

in den Blickpunkt des Interesses: bei der Produktion<br />

dieser Leuchtmittels wird u.a. das hochgiftige Quecksilber,<br />

auch der Hauptbestandteil der alten Amalgamfüllungen,<br />

verwendet.<br />

Weitestgehend unbeachtet ist die Tatsache, dass z. B.:<br />

Quecksilber in vielen Produkten verwendet wird und<br />

wurde, und somit immer wieder in den biologischen<br />

Kreislauf eingespeist wird.<br />

Der BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz<br />

Deutschland – beklagt eine hohe Schwermetallbelastung<br />

in den Mündungsbereichen großer Flüsse und im<br />

Meer. Durch die regelmäßige Ausbaggerung der Flüsse,<br />

um tiefe Fahrrinnen für die Megacontainerschiffe zu gewährleisten,<br />

fallen große Mengen als Abraum an, der in<br />

hohen Konzentrationen giftige Schwermetall­Cocktails<br />

enthält. Der Abraum wird häufi g im Meer verklappt, so<br />

dass ein Teil der Schwermetalle über die Nahrungskette<br />

wieder in den biologischen Kreislauf gerät.<br />

Aber Schwermetalle fi nden sich auch in kommunalen<br />

Abwässern und Klärschwämmen. Quellen sind hier z.B.:<br />

alte Bleirohre, häusliche Verbrennungsanlagen, medizinischer<br />

Bereich, Fahrbahnabrieb.<br />

Schwermetalle – chemisch gesehen<br />

Zu den Schwermetallen zählen eine ganze Reihe von<br />

Metallen. Eine genaue Defi nition für den Begriff Schwermetalle<br />

gibt es nicht. Man hat sich allgemein darauf<br />

verständigt, dass alle Metalle mit einer Dichte größer<br />

als 5 g/cm 3 zu den Schwermetallen zählen.<br />

40


Ernährung / Prävention<br />

stoffes mit der Konsequenz eines Gesundheitsrisikos<br />

ist natürlich genauso gegeben.<br />

Im nachfolgenden wird der Kreislauf der bekanntesten<br />

Schwermetalle kurz dargestellt.<br />

Auf eine detaillierte Darstellung der Toxikologie wird im<br />

Rahmen dieses Artikels verzichtet. Der Autor verweist<br />

auf die einschlägige Fachliteratur.<br />

Neben den bekannten, giftigen Schwermetallen wie<br />

z. B.: Blei (Pb), Cadmium (Cd), Quecksilber (Hg) oder<br />

Palladium (Pd), gehören auch die Elemente Eisen (Fe),<br />

Mangan (Mn), Kupfer (Cu), Chrom (Cr) oder Zink (Zn)<br />

dazu. Diese Metalle sind, im Gegensatz zu der erstgenannten<br />

Gruppe, in kleinen Mengen lebenswichtig für<br />

Pfl anzen, Tiere und Menschen; sie werden daher als<br />

essentielle Schwermetalle oder auch, im allgemeinen<br />

Sprachgebrauch besser bekannt, als Spurenelemente<br />

bezeichnet. Allerdings können selbst diese essentiellen<br />

Spurenelemente bereits bei leichten Überdosierungen<br />

für den menschlichen Organismus gesundheitsschädlich<br />

sein.<br />

Blei (Pb)<br />

Die Giftigkeit von Schwermetallen ist z. T. schon seit<br />

dem Altertum bekannt. Schon die Römer verwendeten<br />

Bleiverbindungen zur Entsäuerung von Wein. Bleiacetat,<br />

wegen seines süßen Geschmacks auch Bleizucker genannt,<br />

wurde bis ins 19. Jahrhundert eingesetzt und<br />

häufi g Weinen zur Geschmacksverbesserung beigemischt.<br />

Ludwig van Beethoven ist ein prominentes Opfer<br />

einer schleichenden Bleivergiftung. Seine Schwerhörigkeit<br />

und Tod sind Folge seines Konsums an billigen,<br />

mit Bleizucker versehenen Weinen.<br />

Auch heute besteht die Hauptbleibelastung über die<br />

Nahrungskette, z.B.: durch Grünkohl, kräuterhaltige<br />

Trockensuppen oder Muscheltiere. In Haushalten mit<br />

bleihaltigen Wasserleitungen ist auch eine Bleibelastung<br />

über das Trinkwasser gegeben. Die Belastung über<br />

die Luft ist eher gering. In industriellen Gebieten oder<br />

stark Feinstaub­belasteten Städten kann die Belastung<br />

über die Luft aber extrem steigen. Milchprodukte sowie<br />

ein Mangel an Vitaminen und essentiellen Spurenelementen<br />

steigert die Aufnahme von Blei, ebenso wie<br />

Fasten oder Diäten.<br />

Bleibelastung<br />

in Muscheltieren<br />

und Grünkohl<br />

Im menschlichen Stoffwechsel verdrängen die Schwermetalle<br />

mit einer höheren Dichte z. B. Quecksilber, Blei<br />

und Cadmium die wichtigen, essentiellen Schwermetalle<br />

wie z.B. Zink aus deren zellulären Bindungsstellen. In<br />

diesem Fall ist die Aufnahme von Zink beeinträchtigt,<br />

worunter die Funktion von Zellen und Entgiftungssystemen<br />

leidet.<br />

Schwermetalle in Umwelt und Nahrung<br />

Die Aufnahme von Schwermetallen erfolgt über die Umwelt<br />

oder Nahrungskette. Kritisch ist die konstante Aufnahme<br />

kleiner Mengen, die sich in den Organen und<br />

Geweben anreichern und zu einem Gesundheitsrisiko,<br />

zu einer Gesundheitsbelastung, werden können. Der<br />

medizinische Begriff „Belastung“ beinhaltet bereits das<br />

Gesundheitsrisiko, während die Umweltmedizin nicht<br />

so weit geht und unter dem Begriff „Belastung“ zunächst<br />

die bloße Anwesenheit eines Schadstoffes versteht.<br />

Aber das Risiko der Anreicherung eines Schad­<br />

41


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Cadmium (Cd)<br />

Cadmium ist ein ebenfalls weitverbreitetes Metall, das<br />

in der Industrie häufi g eingesetzt wird. Das Metall fi ndet<br />

sich in Farbpigmenten, Kunststoffen, Batterien oder im<br />

Korrosionsschutz. Ähnlich wie bei Blei liegt auch hier<br />

die Hauptbelastungsquelle in der Nahrung. Mit 36 Prozent<br />

haben Weizenmehl­haltige Backwaren den höchsten<br />

Anteil an der täglichen Cadmiumaufnahme. Weitere<br />

Quellen können sein: Karotten (13 Prozent), Salat oder<br />

Kartoffeln (18 Prozent). Die Belastung des Gemüses<br />

kommt über eine Bodenbelastung durch das Ausbringen<br />

Cd­haltiger Phosphatdünger oder Klärschlämme.<br />

Über die Wurzeln werden die Schadstoffe in die Pfl anze<br />

aufgenommen. Raucher haben eine bis zu 4­fach höhere<br />

Cadmium­Konzentration im Blut als Nichtraucher.<br />

Quecksilber (Hg)<br />

Auch Quecksilber ist seit dem Altertum bekannt. Die<br />

griechischen Ärzte setzen es als Heilmittel ein, wegen<br />

der häufi g verwendeten toxischen Dosen allerdings mit<br />

mäßigem Erfolg. Bis ins 20. Jahrhundert wurde Quecksilber<br />

zur Behandlung der Syphilis, damals eine Volksseuche,<br />

bis zur Entdeckung des Penicillins eingesetzt.<br />

Heute werden in Deutschland jährlich noch ca. 20 Millionen<br />

Amalgamfüllungen eingesetzt; das entspricht einer<br />

Gesamtmenge an Quecksilber von ca. 10 t.<br />

Quecksilber fi ndet sich in vielen Alltagsprodukten wie<br />

Batterien, Thermostate, Thermometer, Manometer, Barometer,<br />

oder Leuchtmittel (s.o.). In Deutschland werden<br />

so jährlich 250 t Quecksilber und dessen Verbindungen<br />

verbraucht. Im biologischen Kreislauf werden<br />

durch bakterielle Zersetzung aus den schwerlöslichen,<br />

weniger giftigen anorganischen Quecksilberverbindungen<br />

leicht lösliche hochgiftige organische Quecksilberverbindungen,<br />

die sich in der Nahrungskette anreichern.<br />

Die höchsten Gehalte weisen fetthaltige Fischsorten<br />

auf.<br />

Look“­Instrument dem allgemeinen Verbraucher zur<br />

Verfügung. Methodische Grundlage des Tests ist die im<br />

Falle einer Belastung entstehende Verminderung der<br />

Zinkresorption. Der Test verwendet eine indirekte Methode,<br />

um eine allgemeine Belastung aufzuzeigen.<br />

Der Test ist einfach und in wenigen Arbeitsschritten und<br />

zu Hause durchzuführen. Als Probenmaterial wird Morgenurin<br />

verwendet. Etwas Morgenurin in das Testgefäß<br />

mit Testreagenz geben, Indikatorblatt dazu – der Testansatz<br />

ist fertig. Das Testgefäß verschließen, leicht schütteln<br />

und nicht mehr als 5 Minuten warten. Die Auswertung<br />

erfolgt über eine chemische Farbreaktion. Bei ei­<br />

Schwermetallmonitoring – sinnvolle Gesundheitsprophylaxe<br />

Wie dargestellt, ist das Risiko, Schwermetalle aufzunehmen<br />

vielfältig. Das Human Biomonitoring beschäftigt<br />

sich mit der Bestimmung einer Stoffwechsel­Belastung<br />

und gegebenenfalls mit deren Folgen im Organismus.<br />

Im Rahmen eines Belastungsmonitoring werden Stoffe<br />

oder deren Verbindungen in Körperfl üssigkeiten bestimmt.<br />

Das Belastungsmonitoring erlaubt die Bewertung<br />

der individuellen Gesamtbelastungssituation. Zusammen<br />

mit der Bewertung weiterer individueller Faktoren<br />

wie Wohnsituation, Ernährungsweise, Sozialstatus,<br />

physischer Zustand kann hier ein sinnvoller Risikoindex<br />

ermittelt werden.<br />

Mit einem neuen, einfachen Schnelltest (Biomonitor<br />

SCHWERMETALLE) steht zum ersten Mal ein „First­<br />

42


Ernährung / Prävention<br />

ner geringen Belastung bleibt der Test grün. Bei zunehmender<br />

Belastungskonzentration verändert sich die<br />

Farbe über grau zu rot (siehe Darstellung Farbkarte).<br />

Der Gelbbereich stellt den Grenzbereich des Tests im<br />

oberen Bereich dar. Der Test ist für den medizinischen<br />

Laien geeignet und konzipiert. Testdurchführung sowie<br />

Interpretation erfordern keine Fachkenntnisse.<br />

medizin bewegen. Durch Arbeitsplatz­Exposition oder<br />

andere Situationen kann es zu akuten Schwermetallver<br />

gif tungen kommen, die umgehend schulmedizinisch<br />

mit entsprechenden Maßnahmen behandelt werden<br />

müssen.<br />

Als „First­Look“­Test empfi ehlt er sich aber auch in Gesundheitsinstituten<br />

wie z. B.: Arztpraxen sowie ganzheitliche<br />

Zahnärzte mit kleinem Labor oder Heilpraktiker ­<br />

Praxen. Gerade bei kurmäßigen (Schwermetall­) Entgiftungen<br />

kann mit diesem Test der Fortschritt der Entgiftungsmaßnahme<br />

beobachtet werden.<br />

Im Rahmen eines ganzheitlichen Gesundheitsmanagements<br />

ist eine regelmäßige Belastungskontrolle einmal<br />

im Monat zu empfehlen. Wegen der in der Regel geringen,<br />

aber dauernden Aufnahmemengen dauert die<br />

Anreicherung bis zur „sichtbaren“ Schwelle eine Weile.<br />

Ebenso müssen Entgiftungskuren gegebenenfalls durch ­<br />

aus mehrmals durchgeführt werden, um die Schwermetalle<br />

zu entfernen.<br />

Ergänzend soll dargestellt werden, dass wir uns mit<br />

dem Test im Bereich von Individual­ und Präventions­<br />

Dr. rer. nat. Cornelia Friese-Wehr<br />

Joining HEALTH Medicare Int. GmbH<br />

Quellen:<br />

• Reichl, F., Moderne Umweltmedizin, Lehmanns Media 2011<br />

• Tomic, Str., <strong>Nutrition</strong> <strong>Press</strong> 3, 28 ­ 34, 2014<br />

www.wikipedia.de<br />

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43


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Indien – ein Markt für euro -<br />

päische Nahrungsergänzungsmittel<br />

und Kosmetik?!<br />

Indien – als Beschaffungsmarkt<br />

für Rohstoffe<br />

Wer kennt sie nicht, die begehrten Rohstoffe, die seit der Antike ihren<br />

Weg vom fernen indischen Kontinent nach Europa gefunden haben<br />

und hier mit Gold aufgewogen wurden? Gewürze aus Kerala, Farben<br />

aus Madras, Tee aus Darjeeling und viele uns fremdartig erscheinende<br />

Früchte wie z. B. „Amla“ (Phyllanthus emblica).<br />

Einerseits ist Indien noch immer eines der<br />

Länder, in denen ein nicht unbedeutender<br />

Teil der Bevölkerung nicht ausreichend oder zu einseitig<br />

ernährt wird. Z. B. gibt es Reis und Linsen in allen denkbaren<br />

Würzungen, aber diese Würzerei täuscht oft nur<br />

eine Ernährungsvielfalt vor, lässt aber übersehen, dass<br />

auf vielen Tellern zu wenige Nährstoffe aus sonstigen<br />

Gemüsen, Früchten und Getreideprodukten angeboten<br />

werden. Das Land hält einen Welt­Spitzenplatz beim<br />

Vorkommen ernährungsbedingten Übergewichts (Zufuhr<br />

zu vieler Kalorien) und Diabetes bei gleichzeitigen<br />

Mangelerscheinungen aufgrund zu geringer Aufnahme<br />

essentieller Nährstoffe.<br />

44


Ernährung / Kosmetik<br />

Wie steht es also um die Qualität indischer Produkte?<br />

Natürlich kann hier keine verallgemeinernde Gesamtaussage<br />

getroffen werden. Doch ein Blick in das Rapid<br />

Alert System des Zolls der EU­Länder (https://webgate.ec.europa.eu/rasff)<br />

zeigt, dass es an Bemängelungen<br />

für Ware indischen Ursprungs nicht fehlt. Es gibt<br />

indische Unternehmen, die eigene Fertigungsanlagen<br />

für solche Ware betreiben, die nach Europa oder USA<br />

exportiert wird, während die Ware für den innerindischen<br />

Markt in anderen Fabriken hergestellt wird. Viele<br />

indische Betriebe verfügen über die Audit­basierten<br />

Zertifi zierungen (BFS, IFS, Bio/Organic etc.), die von<br />

europäischen Kunden vorausgesetzt werden. Aber in<br />

diesem Land stoßen Audit­basierte Zertifi zierungssysteme<br />

eben an ihre Grenzen. Institut Kurz hat in den vergangenen<br />

Jahren zahlreiche indische Rohstoffe und<br />

Fertigprodukte im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel,<br />

Kosmetik und Pharmaka auf Einhaltung gesetzlicher<br />

Grenzwerte und auf Einhaltung der Hersteller­Spezifi<br />

kation getestet. Als Fazit darf mit allem Respekt gezogen<br />

werden: Ob der Lieferant Zertifi zierungen hat<br />

oder nicht, es ist empfehlenswert jede einzelne importierte<br />

Charge auf Einhaltung der zugesicherten Qualität<br />

testen zu lassen. Wenn das gegeben und dem Lieferanten<br />

bekannt ist, wird gleichbleibend hervorragende<br />

Ware geliefert.<br />

Andererseits ist Indien durchaus ein nennenswerter<br />

Exporteur von Lebensmitteln und Rohstoffen für Lebensmittel,<br />

Pharmaka und Kosmetik. Fruchtpüree von<br />

Mangos der begehrten Sorte Alphonso, Curcumin, Soja­Proteine<br />

sind Beispiele, also das Besondere, das es<br />

nur aus Indien gibt (worauf wir später noch einmal eingehen)<br />

und auch Massenprodukte, wie sie ebenfalls<br />

aus anderen Ländern bezogen werden können. Bei letzteren<br />

entscheiden natürlich der Preis inklusive der<br />

Transport­ und Importkosten sowie die Einhaltung der<br />

handelsüblichen Qualität. Bei ersteren sind es vor allem<br />

die besonderen Eigenschaften der Ware sowie natürlich<br />

auch dort die Einhaltung der zugesicherten Qualität.<br />

Gibt es denn – über die handelsüblichen Rohstoffe<br />

hinaus – besondere indische Rohstoffe,<br />

die für europäische NEM-/Kosmetik-Hersteller<br />

von Interesse sein können?<br />

Nahrungsergänzungsmittel bzw. Gesundheitskosmetik,<br />

örtlich auch „Nutraceuticals“ und „Cosmeceuticals“<br />

genannt; Begriffe, die einerseits aus den Worten „<strong>Nutrition</strong>“<br />

bzw. Cosmetics und andererseits aus dem zweiten<br />

Teil von „Pharmaceuticals“ gebildet sind, haben in<br />

Indien ein wesentlich höheres Ansehen in der Bevölkerung,<br />

bei den Vertretern des Gesundheitswesens und<br />

auf regierungsamtlicher Seite als in Europa. So gibt es<br />

in den Regierungen einiger indischer Bundesstaaten<br />

eigene Abteilungen für ayurvedische Produkte („Ayush­<br />

Department“), die den Auftrag haben, die Verbreitung<br />

und Anwendung solcher Nutraciticals und Cosmeceuticals<br />

zu fördern. Die Produkte werden von den zahlreichen<br />

Heilpraktikern verschrieben und entweder in<br />

Klein mengen traditionell in Handarbeit oder aber industriell<br />

hergestellt. Im indischen Recht nehmen die Nutraceuticals<br />

eine eigenständige Rolle neben den Lebensmitteln<br />

und den Arzneimitteln ein (während Nahrungsergänzungsmittel<br />

bzw. „Food for Special Groups“ [die<br />

ehemaligen bilanzierten Diäten] in Europa ja spezielle<br />

Untergruppen der Lebensmittel sind.). Dabei wird nicht<br />

zwischen schützender (NEM) oder heilender (AM) Wirkung<br />

unterschieden, sodass die in Europa übliche Abgrenzung<br />

in Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel<br />

für Indien so nicht anwendbar ist.<br />

Die Gesundheits­ und Heilslehren Ayurveda, Siddha<br />

und Unani gehen auf z. T. zwei­ bis dreitausendjährige<br />

(schriftlich verfasste) Traditionen zurück und haben Rezepte<br />

hervorgebracht, die heute z. T. spezifi sch „Ayushceuticals“<br />

genannt werden. Beispiele für solche ayurvedischen<br />

Formulierungen sind (hier identifi ziert nur mit<br />

dem „aktiven Hauptbestandteil“ und der ihm in der indischen<br />

Tradition zugeschriebene gesundheitliche Wirkung.<br />

In der Regel sind detaillierte Zubereitungsvorschriften<br />

vorhanden):<br />

• Haritaki (Terminalia Chebula): Soll die Verdauungsfunktionen<br />

unterstützen, entschlackend auf den ganzen<br />

Körper wirken, die Sehfähigkeit unterstützen.<br />

• Satvari Ghrita (Asparagus Racemosus, ein Verwandter<br />

des uns bekannten Gemüsespargels Asparagus<br />

Offi cinalis): soll stillende Mütter unterstützen.<br />

• Trikatu (Gemisch aus Piper Longum, Piper Nigrum,<br />

Zingiber Offi cinale, Phyllanthus Amarus): Soll schützende<br />

Wirkung gegen Lebererkrankungen haben.<br />

45


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

In den traditionellen Schriften (Chastras) lassen sich<br />

hunderte weitere Rezepte für solche Nutraceuticals fi n­<br />

den und somit auch hunderte Kandidaten für Ausgangstoffe<br />

ggf. interessanter Nahrungsergänzungsmittel<br />

oder Gesundheitskosmetik. In Europa ist dieser Schatz<br />

an Rezepturkandidaten bisher weitgehend ignoriert<br />

worden. Auch die Pharmaindustrie hat sich hierfür nicht<br />

systematisch interessiert.<br />

Lassen sich die traditionell zugeschriebenen<br />

schützenden/heilenden Wirkungen denn nachweisen?<br />

Den „theoretischen Überbau“ der Lehren von Ayurveda,<br />

Siddha, Unani (z. B. Vata [Wind, Luft und Äther], das<br />

Bewegungsprinzip; Pitta [Feuer und Wasser], das Feuerbzw.<br />

Stoffwechselprinzip; Kapha [Erde und Wasser],<br />

das Strukturprinzip) kann man, bei allem Respekt vor<br />

der traditionellen Überlieferung, sicherlich als „nicht<br />

verifi zierbar“ bzw. „wissenschaftlich nicht weiterführend“<br />

bei Seite legen. Anders sieht es mit der gerade<br />

von indischen Fachleuten immer wieder betonten Erkenntnisbasis<br />

einer zweitausendjährigen Epidemiologie<br />

(also einer über zweitausend Jahre gesammelten empirischen<br />

Beobachtung eben dieser schützenden/heilenden<br />

Wirkung) aus. Dieser lange Beobachtungszeitraum<br />

und die Vielzahl der Fälle würden in der Tat die empirische<br />

Basis für den Wirkungsnachweis vieler europäischer<br />

Nahrungsergänzungsmittel, Gesundheitskosmetika<br />

und Arzneimittel bei weitem übertreffen. Leider ist<br />

diese reiche empirische Erfahrung zu den indischen<br />

Nutraceuticals zwar schriftlich aber im wissenschaftlichen<br />

Sinne nur schlecht dokumentiert. Praktisch alle<br />

Ansprüche, die man heute an empirisch verwertbare<br />

Daten stellt (z. B. Defi nition der beobachteten Fälle, beobachtete<br />

Fallzahl, Positiv­ und Negativergebnisse, Beschreibung<br />

der Begleitumstände) sind in aller Regel für<br />

diese indischen Rezepte nicht erfüllt, ganz zu schweigen<br />

von einer exakten chemisch/molekularbiologischen<br />

Beschreibung.<br />

Die hunderten traditionellen Ayurveda­, Siddha­, Unani­<br />

Rezepte sind daher eine interessante Quelle für neue<br />

Nahrungsergänzungsmittel, Heilkosmetika oder auch<br />

Arzneimittel, es führt aber kein Weg daran vorbei, dass<br />

vor einem Einsatz in Europa zwei Fragenkomplexe nach<br />

den heutigen in Europa geltenden Anforderungen geklärt<br />

werden müssen:<br />

• Sind die jeweiligen Rohstoffe in Europa zugelassen?<br />

(Oder würden sie „noch nicht zugelassene“ Botanicals<br />

oder Novel Food etc. sein, die einem Zulassungsverfahren<br />

unterzogen werden müssen?)<br />

• Kann der Wirkungsnachweis gemäß heutigen europäischen<br />

Anforderungen erbracht werden? (Bekanntlich<br />

bestehen hier unterschiedliche Anforderungen<br />

an den Wirkungsnachweis für Nahrungsergänzungsmittel,<br />

Heilkosmetika, Arzneimittel). 1 )<br />

Indien – als Absatzmarkt für europäische Nahrungsergänzungsmittel<br />

Der Markt: Obwohl (oder gerade weil?) die Speisen in<br />

Indien traditionell überwiegend vegetarisch sind, gilt<br />

die Ernährung weiter Teile der indischen Bevölkerung<br />

hinsichtlich der Zufuhr an essentiellen Nährstoffen als<br />

nicht ausgewogen. (Unterschiedlich gewürzter Reis ist<br />

eben noch kein variantenreiches vegetarisches Gericht).<br />

Das wird auch von den damit befassten Behörden<br />

so beurteilt. Die zusätzliche Supplementierung<br />

durch Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist für<br />

die Schichten, die es sich leisten können, daher eher<br />

die Regel als die Ausnahme. Bei der Abschätzung die­<br />

46<br />

1 Institut Kurz betreibt in Kooperation mit der indischen<br />

Kasturba Health Society, Sthankvasi Jain<br />

Aarandhan Dham, Mumbai 400056, ein Projekt zur<br />

„Reverse Pharmakology“ in dem für vier solcher traditioneller<br />

Formulierungen die exakte chemische<br />

und molekularbiologische Charakteri sierung und<br />

der Wirkungsnachweis erbracht werden soll.


Ernährung / Kosmetik<br />

ses derzeit schon vorhandenen Marktes in Indien hilft<br />

der folgende Vergleich weiter: Wenn in Deutschland<br />

ggf. jeder zehnte Einwohner gesundheitsbewusst und<br />

wohlhabend genug ist, um sich Nahrungsergänzungsmittel<br />

zu leisten, und wenn dies in Indien vielleicht nur<br />

auf jeden hundertsten Einwohner zutrifft, so sind es<br />

dann immer noch deutlich mehr potentielle indische<br />

Kunden (ca. 12 Mio.) als deutsche (ca. 8 Mio). Tendenz<br />

weiter rapide steigend, einerseits durch das Bevölkerungswachstum<br />

und andererseits durch den ökonomischen<br />

Aufstieg weiterer Bevölkerungsschichten. Der<br />

indische Markt für industriell gefertigte Nutraceuticals<br />

wird für 2017 auf ca. 6 Milliarden US$ geschätzt. Indische<br />

Branchenstatistiker gehen davon aus, dass dort in<br />

ca. 10 bis 15 Jahren der Markt für Nutraceuticals größer<br />

sein wird als der Pharmamarkt. Wo fi ndet man sonst<br />

noch solche Wachstumsmärkte?<br />

Für einen Absatz europäischer Produkte in Indien<br />

spricht:<br />

• Europäische (und speziell britische, schweizerische<br />

oder deutsche Produkte) genießen einen exzellenten<br />

Ruf beim Konsumenten sowie bei den dort so wichtigen<br />

Heilpraktikern<br />

• Die notwendigen Zulassungen über das zuständige<br />

föderale Ministerium (FSSAI = Food Saferty and<br />

Standards Agency of India) werden wohlwollend begleitet<br />

(siehe die oben angeführte generelle Aufgeschlossenheit<br />

der Behörden)<br />

• Eine der europäischen Health Claims Verordnung<br />

analoge Vorschrift hinsichtlich der Anforderungen an<br />

die auszulobenden Wirkungen ist zwar in Vorbereitung,<br />

aber noch (lange?) nicht in Kraft. Die bisherigen<br />

Entwürfe zeigten, dass man aus den internationalen<br />

Erfahrungen lernen will und die Anforderungen für<br />

Claims in Indien deutlich praxisnäher als beim europäischen<br />

Vorbild gestalten will<br />

• Englisch wird überall in der indischen Geschäftswelt<br />

und bei vielen Konsumenten verstanden.<br />

Zu beachten ist jedoch:<br />

• Die sprichwörtliche indische Administration wird man<br />

nur mit einem indischen Partner vor Ort erfüllen<br />

können<br />

• die im internationalen Handel üblichen kommerziellen<br />

Gepfl ogenheiten (Akkreditiv oder Vorkasse etc.) zum<br />

Selbstschutz sind unbedingt einzuhalten, werden von<br />

den indischen Partnern auch verstanden und als normal<br />

akzeptiert, weil der Rechtsweg für Europäer<br />

nicht einfach ist<br />

Hon. Prof. Dr. Helmut Weidlich<br />

• Geschäftsführender Gesellschafter der Institut Kurz GmbH<br />

• Honorarprofessor der Tamil Nadu Agricultural University,<br />

Coimbatore, India benannter Sachverständiger für Nutraceuticals<br />

der All-India Handelskammer FICCI (Federation<br />

of Indian Chambers of Commercea and Industry)<br />

sowie assoziiertes Mitglied der Tamil Nadu Ayurvedic, Siddha<br />

and Unani Drug Manufacturers Association (TASUDMA)<br />

• Fachlicher Beirat des NEM e. V.<br />

• Standortwahl ist gleichbedeutend mit Marktwahl. Die<br />

einzelnen indischen Bundesstaaten sind extrem unterschiedlich,<br />

wesentlich unterschiedlicher als die<br />

zur EU­gehörenden Staaten untereinander, in Kultur,<br />

Sprache, Schrift, Kaufkraft.<br />

Die Markterkundung<br />

Eine der besten Gelegenheiten den indischen Markt für<br />

Nahrungsergänzungsmittel aus erster Hand kennen zu<br />

lernen, ist die Teilnahme als Besucher oder auch Aussteller<br />

an der alljährlichen Konferenz und Messe „Nutra<br />

India Summit“, deren 10. Ausgabe demnächst wieder<br />

vom 18. bis 20. März 2015 in Mumbai stattfi nden wird:<br />

http://www.nutraindiasummit.in/nutra_2015/index.<br />

php. Marktsegmente, Kundenpotentiale, mögliche indische<br />

Partner, Entwicklungs­ und Konsumententrends,<br />

alles dies wird dargestellt. An der letztjährigen gleichen<br />

Veranstaltung, der „9th Nutra India Summit“ haben alle<br />

52 Vortragende, über 50 Aussteller und 2500 Besucher,<br />

ausschließlich zum Thema „Nutraceuticals“ teilgenommen.<br />

NEM e.V. wird zusammen mit Institut Kurz auf dieser<br />

Konferenz und Messe mit eigenem Stand vertreten<br />

sein. Wir laden interessierte Mitglieder ein, ebenfalls als<br />

Besucher oder als Aussteller (jeweils zu Vorzugskonditionen)<br />

teilzunehmen. Ein reichhaltiges Hauptprogramm<br />

und interessante Nebenprogramme führen in den indischen<br />

Markt als Rohstoffl ieferant oder als Absatzmarkt<br />

für Fertigprodukte ein.<br />

Natürlich ist es auch möglich, individuell den indischen<br />

Markt zu erkunden. Wer hier Unterstützung sucht, kann<br />

sich gerne an den Vorstand des NEM e.V. oder Institut<br />

Kurz wenden.<br />

47


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Gefahrstoffe im Griff:<br />

Neues Angebot für verbessertes<br />

Gefahrstoffmanagement<br />

Der sichere Umgang mit Gefahrstoffen ist vor allem für kleine und mittlere<br />

Betriebe (KMU) oft eine besondere Herausforderung. Um ihre Mitgliedsunternehmen<br />

darin noch besser zu unterstützen, haben die Berufsgenossenschaft<br />

Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) und die Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall (BGHM) jetzt die gemeinsame „Geschäftsstelle Gefahrstoffinformation“<br />

gegründet.<br />

Die Geschäftsführer Ulrich Meesmann<br />

(BG RCI) und Dr. Albert Platz (BGHM)<br />

sind überzeugt, dass mit dieser Neugründung die Mitgliedsbetriebe<br />

in ihrer Kompetenz für die Prävention<br />

von betrieblichen Gesundheitsgefahren gestärkt werden.<br />

„Unser Ziel ist es, das gemeinsame Know­how zusammenzuführen,<br />

um die bereits bestehenden Angebote<br />

zum Gefahrstoffmanagement zu bündeln, weiterzuentwickeln<br />

und zu optimieren“, erläutert Geschäftsstellenleiter<br />

Dr. rer. nat. Thomas Martin, Mitarbeiter im<br />

Kompetenz­Center Wissenschaftliche Fachreferate der<br />

BG RCI.<br />

Bisher haben die beiden beteiligten Unfallversicherungsträger<br />

jeweils eigene Gefahrstoffi nformationssysteme<br />

betrieben. Das GisChem der BG RCI (www.gischem.de)<br />

beinhaltet Datenblätter mit Informationen zum sicheren<br />

Umgang mit Gefahrstoffen, interaktive Module zur Erstellung<br />

von Betriebsanweisungen sowie den GHS­Kon­<br />

verter und den GHS­Gemischrechner. Die GISMET der<br />

BGHM (www.gismet­online.de) besteht aus Datenblättern<br />

und Betriebsanweisungsentwürfen. Beide Gefahrstoffi<br />

nformationssysteme orientieren sich an den speziellen<br />

Anforderungen der jeweiligen Branchen, stehen<br />

aber allen Interessierten kostenlos zur Verfügung.<br />

„Durch die Kooperation können wir unser Angebot nun<br />

auf eine deutlich breitere Basis stellen und gleichzeitig<br />

Synergieeffekte nutzen, da Gesetzesänderungen oder<br />

andere Neuerungen nur noch einmal eingepfl egt werden<br />

müssen“, freut sich Dr. Wolfgang Damberg, Präventionsleiter<br />

der BGHM.<br />

In den nächsten Monaten wird die Geschäftsstelle Gefahrstoffi<br />

nformation die bisherigen Informationen überarbeiten<br />

und neu konzipieren. Das neue, gemeinsame<br />

Angebot soll Anfang 2015 zur Verfügung stehen.<br />

Weitere Informationen:<br />

Geschäftsstelle Gefahrstoffinformation<br />

c/o Berufsgenossenschaft Rohstoffe<br />

und chemische Industrie (BG RCI)<br />

Kurfürsten­Anlage 62<br />

69115 Heidelberg<br />

Telefon: 06221 5108­28360<br />

E­Mail: thomas.martin(at)bgrci.de<br />

Quelle: BG RCI > <strong>Press</strong>e & Medien > <strong>Press</strong>emitteilung<br />

48


eBay-Auktionen:<br />

Vorsicht beim Abbruch<br />

Sei es das zu klein gewordene Kinderfahrrad, die Designer-<br />

Jeans oder das vorletzte Handymodell: Wer etwas verkaufen<br />

möchte, tut dies heutzutage oftmals über eBay. Das Einstellen<br />

eines Artikels geht ja auch (fast) kinderleicht. Doch wie<br />

sieht es aus, wenn man sich doch nicht vom lieb gewonnenen<br />

Stück trennen mag, der Nachbar inzwischen Interesse<br />

am Kinderfahrrad bekundet oder die erhofften hohen Gebote<br />

ausbleiben?<br />

Natürlich bietet eBay die Möglichkeit, Auktionen auch wieder abzubrechen.<br />

Das geht allerdings nur unter engen Voraussetzungen,<br />

will man sich nicht hinterher Schadensersatzforderungen ausgesetzt sehen, wie das<br />

jüngste Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) zum Thema zeigt. Die ARAG Experten<br />

sagen Ihnen, was Sie bei einem Abbruch beachten sollten und informieren außerdem<br />

über die Tricks der sogenannten „Abbruchjäger“.<br />

49


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Wie funktioniert ein Vertragsschluss bei eBay?<br />

Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches<br />

(BGB) wird ein Vertrag in der Regel durch zwei übereinstimmende<br />

Willenserklärungen – Angebot und Annahme<br />

genannt – geschlossen. Beim Verkauf von Waren<br />

ist das „Angebot“ auf einer Internetseite oder –<br />

ganz klassisch – im Schaufenster dabei aber nur eine<br />

Aufforderung an den Kunden, ein Angebot im Rechtssinne<br />

abzugeben. Die Annahme und damit der Vertragsschluss<br />

erfolgt erst durch die Bestellbestätigung<br />

des Onlineshops oder an der Kasse. Bei Versteigerungen<br />

über eBay sieht dies anders aus: Laut den Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen (AGB) des Portals machen<br />

Sie, wenn Sie einen Artikel auf eBay.de einstellen,<br />

nämlich bereits ein verbindliches Angebot auf den Abschluss<br />

eines Vertrages über diesen Artikel. Bietet ein<br />

Käufer nun auf den Artikel, erklärt er damit die Annahme<br />

Ihres Angebots. Sein Gebot erlischt, wenn ein<br />

höheres Gebot abgegeben wird. Mit demjenigen, der<br />

bei Ablauf der Auktion das Höchstgebot abgegeben<br />

hat, kommt schließlich ein Vertrag zustande.<br />

Abbruch nur bei berechtigtem Grund<br />

Doch auch bei einem vorzeitigen Abbruch der Auktion<br />

durch den Verkäufer kann ein wirksamer Kaufvertrag<br />

zustande gekommen sein, sofern zu diesem Zeitpunkt<br />

bereits Gebote auf den Artikel abgegeben wurden. In<br />

diesem Fall sind Sie verpflichtet, den Artikel an den zum<br />

Zeitpunkt des Abbruchs Höchstbietenden herauszugeben.<br />

Anders sieht es nach den eBay-Regeln nur dann<br />

aus, wenn Sie einen berechtigten Grund hatten, Ihr Angebot<br />

zurückzunehmen und die schon abgegebenen<br />

Gebote zu streichen. Dabei gibt es laut den AGB zwei<br />

Arten von Gründen:<br />

Sie haben sich beim Einstellen des Artikels geirrt,<br />

d. h. es liegen die Voraussetzungen der gesetzlichen<br />

Irrtumsanfechtung (§ 119 BGB) vor. Das kann z. B. der<br />

Fall sein, wenn Sie aus Versehen einen falschen Startpreis<br />

oder Sofort-Kaufen-Preis eingegeben haben (sogenannter<br />

Erklärungsirrtum) oder den Artikel versehentlich<br />

bei eBay eingestellt haben, weil Sie ihn vorher<br />

schon verkauft hatten (sogenannter Inhaltsirrtum).<br />

Denkbar ist auch, dass Sie sich über ein entscheidendes<br />

Merkmal des Artikels geirrt haben, also etwa dachten,<br />

der angebotene Sessel sei ein Nachbau, tatsächlich<br />

handelt es sich aber um ein originales Designer-<br />

Stück (sogenannter Eigenschaftsirrtum). Dass in diesen<br />

Fällen für den Verkäufer ein berechtigter Grund vorliegt,<br />

sich von seinem Angebot zu lösen, hat Anfang des Jahres<br />

auch der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil<br />

erneut be stätigt (Az.: VIII ZR 63/13).<br />

Sie können den Artikel aus Gründen, die Sie nicht verschuldet<br />

haben, nicht an den Höchstbietenden herausgeben.<br />

Darunter fällt z. B. der Diebstahl des Artikels<br />

nach Beginn der Auktion. Aber auch, wenn Sie den Artikel<br />

verlieren oder er beschädigt wird, sind Sie berechtigt,<br />

die Auktion zu beenden. Denken Sie aber daran,<br />

dass Sie den Grund für den Abbruch im Zweifelsfall<br />

dem Höchstbietenden gegenüber nachweisen müssen!<br />

Kein Grund für eine vorzeitige Beendigung des Angebots<br />

liegt hingegen vor, wenn Sie den eingestellten Artikel<br />

während der Dauer der Auktion anderweitig verkauft<br />

oder verschenkt haben. Auch das Argument, Sie<br />

hätten es sich anders überlegt und wollten den Artikel<br />

nun doch nicht mehr verkaufen, zählt nicht. Gleiches<br />

gilt selbstverständlich für den Fall, dass Sie angesichts<br />

des Verlaufs der Auktion befürchten, den gewünschten<br />

Preis nicht erzielen zu können.<br />

50


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Unser Praxistipp, wenn Sie eine Auktion abbrechen<br />

müssen<br />

Wenn Sie eine Auktion abbrechen, für die es schon Gebote<br />

gibt, werden die Bieter von eBay zwar über die<br />

vorzeitige Beendigung des Angebots informiert. Wenden<br />

Sie sich in diesem Fall aber dennoch selbst an den<br />

Höchstbietenden und teilen ihm Ihren (berechtigten)<br />

Grund für den Abbruch mit. So beugen Sie eventuellen<br />

Streitigkeiten vor.<br />

Das Risiko von Schadensersatzforderungen<br />

Brechen Sie eine Auktion ohne berechtigten Grund ab,<br />

sollten Sie sich klar darüber sein, dass Sie sich gegenüber<br />

dem Höchstbietenden unter Umständen schadensersatzpflichtig<br />

machen, wenn Sie den Artikel nicht<br />

herausgeben können oder wollen. Der Höchstbietende<br />

ist dann so zu stellen, als ob der Vertrag ordnungsgemäß<br />

erfüllt worden wäre. Konkret bedeutet das: Sie<br />

müssen ihm die Differenz zwischen seinem Gebot –<br />

sprich dem Kaufpreis – und dem Marktwert des Artikels,<br />

den er durch den Abbruch der Auktion nicht erhalten<br />

hat, erstatten. Je niedriger das Höchstgebot also<br />

war, desto höher kann der Schadensersatzanspruch<br />

des Höchstbietenden ausfallen.<br />

Das musste in dem eingangs bereits erwähnten Urteil<br />

des BGH nun auch der Verkäufer eines Gebrauchtwagens<br />

erfahren. Er hatte beim Einstellen des Wagens –<br />

wissentlich – ein Mindestgebot von einem Euro festgesetzt.<br />

Der klagende Käufer bot kurz nach Beginn der<br />

Auktion eben diesen einen Euro. Einige Stunden später<br />

brach der Verkäufer die Auktion ab. Per E-Mail teilte er<br />

dem Kläger als Höchstbietendem mit, er habe außerhalb<br />

der Auktion einen Käufer gefunden, der 4.200 Euro<br />

Als Lohnhersteller fertigen wir<br />

Ihnen Ihre Produktserie zu<br />

ungewöhnlichen Bedingungen<br />

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und vieles mehr.<br />

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51


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

zahlen wolle. Daraufhin verlangte der Kläger von ihm<br />

Schadensersatz in Höhe von 5.249 Euro – ausgehend<br />

von einem Wert des Fahrzeugs von 5.250 Euro abzüglich<br />

des einen Euros, den er geboten hatte. Der BGH<br />

gab ihm jetzt Recht: Den Auktionsgegenstand zu einem<br />

Schnäppchenpreis zu erwerben, mache gerade den<br />

Reiz von Internetauktionen aus. Ein krasses Missverhältnis<br />

zwischen Höchstgebot und Marktwert führe<br />

deshalb nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages. Im Gegenteil<br />

trage der Verkäufer dieses Risiko, wenn er einen<br />

derart niedrigen Startpreis wähle und die Auktion dann<br />

auch noch ungerechtfertigt abbreche, so das Fazit der<br />

Richter (Az.: VIII ZR 42/14).<br />

Die Tricks der „Abbruchjäger“<br />

Dass sich Verkäufer bei einem unberechtigten Abbruch<br />

der Auktion schadensersatzpfl ichtig machen, nutzen in<br />

letzter Zeit auch vermehrt sogenannte „Abbruchjäger“<br />

aus. Sie geben nur zu dem Zweck Gebote ab, um bei<br />

einem Abbruch der Auktion vom Verkäufer Schadensersatz<br />

zu verlangen. Das Prinzip ist einfach: „Abbruchjäger“<br />

bieten unter wechselnden Accounts auf zahlreiche<br />

Artikel gleichzeitig. Dabei geben Sie gleich zu Beginn<br />

der Auktion ein Gebot ab, dass nahe am Marktwert<br />

des angebotenen Artikels liegt. Weil „echte“ Interessenten<br />

bei den meisten Auktionen erst kurz vor Ablauf<br />

höhere Gebote abgeben, bleiben sie so möglichst<br />

lange Höchstbietender – und lauern dann auf abgebrochene<br />

Auktionen, um anschließend vom Verkäufer<br />

Schadensersatz zu fordern. Da die „Abbruchjäger“<br />

tatsächlich aber kein Kaufi nteresse<br />

haben, ist ihre Forderung nach Schadensersatz<br />

rechtsmissbräuchlich.<br />

Das hat z. B. das Amtsgericht<br />

(AG) Alzey im Fall einer abgebrochenen<br />

Auktion über<br />

ein iPhone entschieden. Das<br />

Höchstgebot zum Zeitpunkt<br />

des Abbruchs lag zwar deutlich<br />

unter dem Marktwert.<br />

Der Höchstbietende hatte jedoch<br />

nachweislich bei mehr<br />

als 100 Auktionen auf Elektroartikel<br />

geboten und in mehreren Fällen<br />

schließlich Schadensersatz verlangt.<br />

Das Gericht ging deshalb von einem rechtsmissbräuchlichen<br />

Verhalten aus und wies seine Klage<br />

ab (Az.: 28 C 165/12).<br />

Was können Opfer von „Abbruchjägern“ tun?<br />

Haben Sie den Verdacht, Opfer eines „Abbruchjägers“<br />

geworden zu sein, sollten Sie zunächst im Internet recherchieren,<br />

ob die Forderung von einem der einschlägig<br />

bekannten und zum Teil von eBay auch bereits gesperrten<br />

Accounts kommt. Ist dies der Fall, sollten Sie<br />

dem Anspruchsteller gegenüber auf das mangelnde<br />

Kaufi nteresse verweisen. Außerdem sollten Sie in jedem<br />

Fall eBay über Ihren Verdacht informieren.<br />

Angebote bei eBay nicht vorzeitig stoppen<br />

Wer eine Ware bei eBay zum Verkauf anbietet, erklärt<br />

zum Zeitpunkt der Einstellung des Artikels und der Freischaltung<br />

des Angebots, dass er das höchste wirksam<br />

abgegebene Kaufgebot annimmt. Die logische Konsequenz<br />

daraus: Ist ein eBay­Versteigerer<br />

mit den abgegebenen Geboten für seine<br />

Ware unzufrieden, hat er Pech<br />

gehabt und sollte die Auktion nicht<br />

einfach abbrechen. Auch im Fall<br />

der vorzeitigen Beendigung<br />

durch den Anbieter kommt zwischen<br />

diesem und dem Meistbietenden<br />

nämlich grundsätzlich<br />

ein Kaufvertrag zustande.<br />

ARAG Experten weisen darauf<br />

hin, dass es im Extremfall sogar<br />

Schadenersatzansprüche gegen den<br />

Verkäufer geben kann, wenn dieser das<br />

Gebot nicht akzeptieren will. So geschehen<br />

in einem konkreten Fall, in dem ein Mann seinen<br />

Wagen bei eBay verkaufen wollte. Der geschätzte Verkehrswert<br />

des Fahrzeugs lag bei 7.000 Euro. Das<br />

Höchstgebot zum Zeitpunkt des Auktionsabbruchs betrug<br />

ca. 4.500 Euro. Der Verkäufer wollte das Auto<br />

nicht ausliefern und hat es anderweitig veräußert. Der<br />

Bieter klagte. Die Richter verdonnerten den Versteigerer<br />

daraufhin zu einer Schadenersatzzahlung von rund<br />

2.500 Euro an den leer ausgegangenen Bieter – die<br />

Differenz zwischen Höchstgebot und Verkehrswert<br />

(OLG Oldenburg, AZ: 8 U 93/05).<br />

52


Abbruch der eBay-Auktion<br />

Eine wegen einer vergessenen Mindestpreisangabe abgebrochene<br />

eBay­Auktion begründet auch bei einem<br />

vorhandenen Gebot keinen Vertragsschluss. Im verhandelten<br />

Fall hatte der volljährige Sohn des Beklagten<br />

über den eBay­Account seines Vaters einen Audi A4<br />

2.0 TDI ohne Angabe eines Mindestpreises angeboten.<br />

Kurz nach dem Einstellen brach er die Auktion ab und<br />

stellte den Wagen erneut ein, diesmal mit der Angabe<br />

eines Mindestpreises. Zum Zeitpunkt des Abbruchs war<br />

eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit einem Gebot<br />

von 7,10 Euro Höchstbietende und verlangte die Herausgabe<br />

des PKW für 7,10 Euro. Nach Meinung der Käufer<br />

war ein entsprechender Vertrag zustande gekommen.<br />

Vor Gericht hatte das keinen Erfolg, denn es war<br />

kein Kaufvertrag abgeschlossen worden. Das erste<br />

eBay­Angebot des Beklagten war wirksam zurückgezogen<br />

worden. Ein bei eBay eingestelltes Angebot steht<br />

laut ARAG unter dem Vorbehalt, dass kein Widerrufsgrund<br />

nach den eBay­Bedingungen gegeben sei. Ein<br />

Widerrufgrund liege unter anderem dann vor, wenn dem<br />

Anbieter beim Einstellen des Angebots ein Fehler unterlaufen<br />

ist. Im vorliegenden Fall stand fest, dass dies der<br />

Fall war (OLG Hamm, Az.: 2 U 94/13).<br />

Vorzeitige Beendigung der Auktion<br />

Wird eine Ware während einer laufenden eBay­Auktion<br />

beschädigt, darf der Verkäufer die Auktion trotz bereits<br />

vorliegender Angebote beenden. Im zugrunde liegenden<br />

Fall hatte ein Autobesitzer seinen Mercedes Benz A<br />

140 bei eBay eingestellt. Während die Auktion lief, ging<br />

die Zentralverriegelung des Autos kaputt. Der Verkäufer<br />

beendete daraufhin die Auktion vorzeitig. Dagegen zog<br />

der bis dahin Höchstbietende vor Gericht, hatte allerdings<br />

keinen Erfolg. Bereits das Amtsgericht entschied,<br />

dass der Verkäufer die Auktion vorzeitig beenden durfte,<br />

da laut AGB eine vorzeitige Beendigung einer Auktion<br />

erlaubt ist, wenn der zu versteigernde Artikel nicht<br />

funktioniert oder ein Teil fehlt. Bei der nach Auktionsstart<br />

kaputt gegangenen Zentralverriegelung handelte<br />

es sich um einen Mangel der Kaufsache, der auch den<br />

Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt hätte,<br />

erklären ARAG Experten die Argumentation<br />

des Gerichts (LG Bochum, Az.: 9 S 166/12).<br />

Quelle: www.arag.de > Service<br />

> Aktuelle Rechtstipps und<br />

Gerichtsurteile > Internet<br />

und Computer vom 18.11. 2014<br />

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