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Pressespiegel<br />
Nr. 30 • 26. Juli 2009<br />
34<br />
MÜNCHEN UND OBERBAYERN Sonntagsblatt 17<br />
Kitt der Gesellschaft<br />
»Mit Leib und Seele«: Jahresempfang der Regionalbischöfin würdigt Mitarbeitende in der Seelsorge<br />
Sie schenken Zeit, ein offenes Ohr, Mitgefühl<br />
und manchmal auch einen Rat: Ehrenamtliche,<br />
die Menschen in Krankenhäusern und<br />
Altenheimen, Gefängnissen und Hospizen<br />
besuchen, die am Telefon, in Beratungsstellen<br />
oder an der Unfallstelle für andere da sind. Der<br />
sechste Jahresempfang von Regionalbischöfin<br />
Susanne Breit-Keßler war diesen Helfern in der<br />
Seelsorge gewidmet.<br />
weimal im Monat sitzt Jutta D. am Telefon<br />
Z und hört Menschen zu, die in ihrer Verzweiflung,<br />
Einsamkeit und Angst die Nummer<br />
der evangelischen Telefonseelsorge gewählt<br />
haben. Seit sieben Jahren macht die<br />
Ärztin das. Ein Jahr lang hat sie sich für diese<br />
Aufgabe ausbilden lassen, übernimmt Tagund<br />
Nachtschichten des 24-Stunden-Diensts,<br />
tauscht sich mit Kollegen aus und bespricht<br />
Fälle, die sie belasten, mit ihrem Supervisor.<br />
Ganz schön viel Einsatz für ein unentgeltliches<br />
Engagement, oder?<br />
Jutta D., die wie alle Ehrenamtlichen in der<br />
Telefonseelsorge anonym bleiben soll, lacht<br />
nur und sagt: »Mir bringt das viel: Die Arbeit<br />
relativiert meine eigenen Probleme, und die<br />
Gemeinschaft hier fängt mich auf.« Sie freue<br />
sich, wenn ein Gespräch mit einem Denkanstoß<br />
für den Anrufer endet, und nicht nur vorübergehende<br />
Erleichterung schafft. Mitgefühl<br />
statt schneller Ratschläge sei jedoch angebracht:<br />
»Die Menschen leiden wirklich.«<br />
• »Mit Leib und Seele« sorgte auch das Team von<br />
Gastronom Martin Frühauf für die Besucher .<br />
• Nutzten den Jahresempfang der Regionalbischöfin (Mitte), um sich bei den Ehrenamtlichen zu bedanken:<br />
Christine Strobl, 2. Bürgermeisterin von München (l.) und Kultusminister Ludwig Spaenle.<br />
Fotos: McKee<br />
Ehrenamtliche Seelsorger wie Jutta D. hat<br />
der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle<br />
beim Jahresempfang von Regionalbischöfin<br />
Susanne Breit-Keßler als »Kitt der Gesellschaft«<br />
bezeichnet. »Sie sind Stütze und Mutmacher<br />
an den Stellen der Gesellschaft, wo es<br />
nicht angenehm ist hinzugehen«, sagte der<br />
CSU-Politiker vergangene Woche in der Allerheiligenhofkirche.<br />
Der Empfang stand dieses<br />
Mal unter dem Motto »Mit Leib und Seele«<br />
und war allen Mitarbeitern der Seelsorge<br />
gewidmet.<br />
Deren Bedeutung betonte auch Christoph<br />
Hillenbrand, Regierungspräsident von Oberbayern.<br />
In vielen Notlagen sei geschenkte<br />
Zeit und ein offenes Ohr ebenso wichtig wie<br />
materielle Hilfe. Christine Strobl, Zweite Bürgermeisterin<br />
der Landeshauptstadt, bezeichnete<br />
das Engagement in Besuchsdiensten und<br />
Seelsorge als unverzichtbar für »das Klima des<br />
solidarischen Miteinanders, das München<br />
nach wie vor auszeichnet«.<br />
Die besten Seelsorgenden seien die, »die<br />
Tiefen und Abgründe des Lebens kennen«,<br />
sagte Gastgeberin Breit-Keßler. Sie dankte<br />
den zahlreichen Ehrenamtlichen unter den<br />
rund 400 Gästen des Empfangs, weil sie »in<br />
menschlicher Nähe und notwendiger Distanz«<br />
für andere da seien. Ehrenamtliche brächten<br />
durch ihre »verschiedenen Professionalitäten«<br />
einen praktischen Blick mit in die Seelsorge.<br />
»Sie können oft anders Rat geben, als der Pfarrer<br />
das kann«, so Breit-Keßler.<br />
So wie Irene Beck, Dritte Bürgermeisterin<br />
von Oberschleißheim, und die Krankenschwester<br />
Christel Hänfler, die beide zum<br />
Jahresempfang gekommen waren. »Ich besuche<br />
seit drei Jahren Menschen im Altenheim«,<br />
sagt Irene Beck. Vielen Heimbewohnern fehle<br />
die Ansprache. »Oft kommt nicht einmal zum<br />
Geburtstag Besuch, obwohl die Kinder selbst<br />
schon im Ruhestand sind«, sagt Beck. Ihre<br />
»Kollegin« Christel Hänfler leitet seit neun<br />
Jahren die ambulante Hospizgruppe. Mit<br />
sechs weiteren Frauen begleitet sie Menschen<br />
bis zum Tod. »Ich bekomme unglaublich viel<br />
zurück, wenn ich ihnen zuhöre«, sagt sie.<br />
Diese Erfahrung machen auch Jutta D. von<br />
der Telefonseelsorge und ihre Ausbilderin Bettina<br />
Irschl: »Hier bekommt man einen Einblick<br />
in die Vielfalt des Lebens, wie es sonst<br />
nicht möglich ist«, sagt Irschl. Der Bedarf an<br />
Menschen, die aufmerksam den Nöten anderer<br />
lauschen, sei enorm: »Die Telefonseelsorge<br />
ist komplett ausgelastet – wir können gar nicht<br />
alle Anrufer versorgen.« Susanne Petersen<br />
Redaktion: Susanne Petersen • Birkerstraße 22 • 80636 München • Tel. (0 89) 1 21 72-0 • Fax -304 • sonntagsblatt.muenchen@epv.de • www.sonntagsblatt-bayern.de