7. Jahrgang, Nr. 2/2011 - DWG Radio
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7. Jahrgang, Nr. 2/2011 - DWG Radio
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Heft <strong>Nr</strong>. 11 - <strong>7.</strong> <strong>Jahrgang</strong>, <strong>Nr</strong>. 2/<strong>2011</strong><br />
Missionsdienst<br />
Bolivien<br />
Wie gewinnt man bolivianer<br />
für christus?<br />
N ac h r i c h t e n v o m M i s s i o n s f e l d
Die Missionare<br />
Rudi und Inna Rhein mit<br />
Sarah-Lineth und Lukas<br />
sind seit 2002 Missionare<br />
auf der Missionstation.<br />
Email:<br />
rudi.rhein@gmail.com<br />
Käthy Guggisberg<br />
ist seit 2004<br />
Missionarin auf der<br />
Missionsstation.<br />
Email:<br />
kgugg@web.de<br />
Julia Wagner<br />
ist seit 2006<br />
Missionarin auf der Missionsstation.<br />
Email:<br />
julywagner@web.de<br />
Johanna Schmid<br />
ist seit 2010<br />
Missionarin auf der Missionsstation.<br />
Email:<br />
juana211@gmail.com<br />
Eugen und Anna Dück<br />
mit Joel<br />
sind seit Januar <strong>2011</strong><br />
Missionare auf der Missionsstation.<br />
Email:<br />
dueck.ea@gmail.com<br />
Heinrich und Helene<br />
Görzen mit Kindern<br />
sind seit Januar <strong>2011</strong><br />
Missionare auf der Missionsstation.<br />
Wilhelm und Jolanda<br />
Biester haben 1967<br />
die Mission gegründet.<br />
Jetzt im tätigen<br />
Ruhestand.<br />
Email:<br />
w.biester@bluewin.ch<br />
Herausgeber<br />
Missionsdienst Bolivien e.V.<br />
eRSCHEINUNGSWEISE<br />
<strong>7.</strong> <strong>Jahrgang</strong>, halbjährlich, kostenlos<br />
Im internet<br />
Unter www.dwg-radio.net/mdb-nachrichten<br />
kann man alle Hefte lesen und downloaden.<br />
schriftleitung<br />
Detlef Wagner, Weinsberg<br />
LAYOUT und gestaltung<br />
Wilhelm Rhein, Gundelsheim<br />
Titelbild<br />
Schüler beim Abschied von Guayaraguazú<br />
Kontaktadressen<br />
Feldadresse: Missionsdienst Bolivien<br />
Casilla 191<br />
Guayaramerín/Beni<br />
Bolivia, SA<br />
Tel.: 00591 3855/3600<br />
Deutschland:<br />
Schweiz<br />
Konten<br />
Deutschland<br />
Schweiz<br />
Missionsdienst Bolivien<br />
Schwabenstr. 23, 74229 Oedheim<br />
Tel.: 0049 (0) 7136/6024060<br />
E-Mail: jak.rempel@gmail.com<br />
Verein Missionsdienst Bolivien<br />
Nussweg 20 b, CH-4852 Rothrist<br />
Tel.: 0041 (0) 6279/41186<br />
Volksbank Stuttgart<br />
BLZ 600 901 00<br />
Konto 201 479 001<br />
für EU-Überweisungen:<br />
IBAN: DE42 6009 0100 0201 4790 01<br />
BIC: VOBADESS<br />
Bitte immer Verwendungszweck angeben.<br />
BEKB/BCBE 4900 Langenthal<br />
Postcheck-Kto. 30-106-9<br />
Bankenclearing 79035<br />
zu Gunsten: Kto <strong>Nr</strong>. 423.911.045.38
EDITORIAL<br />
Liebe Missionsfreunde!<br />
Die frohe Botschaft von der Errettung des gefallenen Menschen durch<br />
Gottes Gnade, die er uns in dem Erlösungswerk Jesu Christi anbietet, ist<br />
weder an bestimmte Orte noch an bestimmte Personen gebunden.<br />
Und doch erleben Missionare weltweit auf dieser Erde wie herausfordernd<br />
und schwierig es sein kann, in einer ganz fremden Kultur dieses<br />
Evangelium in die Herzen der Einheimischen zu tragen. In der Bibel wird<br />
uns berichtet, wie der Apostel Paulus die Stadt Athen besucht (Apg. 17, 16-<br />
34). Hier sehen wir beispielhaft, wie wichtig es ist, zunächst das Umfeld der<br />
Zuhörer sowie ihre Denkweise zu betrachten, bevor man sie als Botschafter<br />
an Christi statt in die Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott einlädt.<br />
Und so wollen wir in diesem Heft der Frage nachgehen: Welche<br />
geschichtlich-kulturellen Gegebenheiten finden unsere Missionare und ihre<br />
Helfer in Guayaramerín vor und wie erleben sie diese Herausforderung in<br />
ihrem persönlichen Dienst?<br />
Der Leser darf gespannt sein auf die zahlreichen Berichte zu diesem Thema.<br />
Und so wird er zum Beispiel erfahren, dass es für einen Bolivianer wichtiger<br />
ist, überhaupt eine Verabredung einzuhalten, als pünktlich dazu zu<br />
erscheinen. Auch gilt in dieser Kultur der Grundsatz: Zusammenarbeit ist<br />
wichtiger, als das Ergebnis selbst. Also, wenn das nicht Grund zum Staunen<br />
und zum Lernen ist.<br />
Ansonsten erfahren wir in dieser Ausgabe viel Interessantes über den<br />
aktuellen Stand der Missionsarbeit. Da man sich in Guayaramerín über<br />
„kleinen“ (Lukas Rhein) und „großen“ Nachwuchs (Heinrich und Helene<br />
Görzen mit fünf Kindern) freuen durfte, wollen wir als Wegbegleiter in<br />
diesen Tagen vor allem dafür beten, dass unser treuer Herr das Miteinander<br />
aller Geschwister reichlich segnet und ihnen immer wieder Kraft und<br />
Weisheit aus der himmlischen Höhe schenkt.<br />
Schließlich geht es eben um dieses eine gemeinsame Ziel, noch viele<br />
verlorene Seelen unter das Kreuz von Golgatha zu führen, damit sie dort<br />
der heilsamen Gnade Gottes begegnen.<br />
Allen Mitstreitern danken wir für ihre Treue im Geben und Beten.<br />
Eure Mitarbeiter vom Missionsdienst Bolivien
Vorwort<br />
Mitarbeiter im<br />
Reich Gottes<br />
Der kurze Abschnitt aus 1. Kor. 3, 5-8<br />
soll uns einen kleinen Einblick in das<br />
Verständnis des Apostels Paulus zum<br />
Dienst im Reich Gottes, sowie in sein Verhältnis<br />
zu anderen Mitarbeitern geben.<br />
Die fleischliche Gesinnung der Gläubigen<br />
in der Gemeinde zu Korinth war Anlass für<br />
die Korrektur ihrer Einstellung zu den Dienern<br />
Jesu.<br />
Einige Christen in Korinth sagten „Ich bin<br />
Paulisch“, die anderen „Ich bin Apollisch“.<br />
Ja, wer ist denn von diesen beiden größer?<br />
Einer pflanzt, der andere begießt<br />
und Gott gibt das Gedeihen.<br />
Wer ist wichtiger?<br />
Darauf erwidert Apostel Paulus: „Wer ist<br />
nun Paulus? Wer ist Apollos? Diener sind sie,<br />
durch welche ihr seid gläubig geworden; und<br />
das, wie der Herr einem jeglichen gegeben<br />
hat.“<br />
Im Dienst für den Herrn sind Parteiungen<br />
hinderlich.<br />
Im Reich Gottes hat jeder Diener Jesu seine<br />
Aufgabe und seinen Wirkungskreis.<br />
Dem Herrn Jesus und Seiner Gemeinde zu<br />
dienen, ist keine menschliche Erfindung, keine<br />
gut gemeinte Idee von Christen, sondern<br />
Seine Erwählung und Wille für Seine Jünger.<br />
Und auch für uns heute: „Ihr habt mich nicht<br />
erwählt, sondern ich habe euch erwählt und<br />
gesetzt, dass ihr hingehet und Frucht bringet<br />
und eure Frucht bleibt“ (Joh. 15, 16).<br />
Und so sieht es der Apostel Paulus – jeder<br />
ist, in der vom Herrn ihm gegebenen Aufgabe,<br />
wichtig. Hier gibt es nicht „wichtig“ und „unwichtig“,<br />
„größer“ und „kleiner, „bedeutsam“<br />
und „unbedeutsam“.<br />
Von seinem Dienst sagt Paulus: „Ich habe<br />
gepflanzt.“<br />
Aus der Landwirtschaft von heute kennen<br />
wir folgendes Bild: da fährt ein Bauer mit einer<br />
Maschine aufs Feld und streut, je nach<br />
Wunsch, in großen Mengen guten Samen aus.<br />
Im Blick auf das Ausstreuen des Wortes<br />
Gottes heute kann dieses Bild auf manche Erdteile<br />
und manche Völker gewiss zutreffen. Zum<br />
Beispiel in der Missionsarbeit unter den Sinti.<br />
Hier kommt es vor, dass sich ganze Gruppen<br />
zum Herrn Jesus bekehren. Der Same des<br />
Wortes Gottes wird ausgestreut und findet in<br />
vielen Herzen einen guten Boden.<br />
Wir kennen aber auch das Bild eines Gärtners,<br />
der sich niederkniet und behutsam ein<br />
Samenkörnchen nach dem anderen in die<br />
vorbereitete Erde legt. Und dieses Bild trifft<br />
ja oft die Situation der Weitergabe des Wortes<br />
4 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Vorwort<br />
Gottes in unserem Land und gewiss auch auf<br />
vielen Missionsfeldern weltweit. Da muss mit<br />
viel Liebe zu dem Nächsten der gute Same in<br />
die Lebenssituation und in das Herz der Menschen<br />
hineingelegt werden. Und das, wenn wir<br />
bei dem oben erwähnten Bild eines Gärtners<br />
bleiben, bedarf Kniearbeit. Gebeugte Knie<br />
des Gebets für unsere Kinder, für unerrettete<br />
„aber Gott hat das Gedeihen gegeben.“ Damit<br />
wertet er auf keinen Fall sein „Pflanzen“<br />
und das „Begießen“ von Apollos ab, weist aber<br />
auf das Wichtigste hin – auf das Wachstum<br />
der Pflanze, auf das Gedeihen, auf die Frucht.<br />
Weder der, der pflanzt, noch der, der begießt,<br />
haben die Macht Leben hervorzubringen. Das<br />
kann nur einer – Gott. Den Erfolg, wenn man<br />
Begießen erfordert Ausdauer und Treue.<br />
Verwandte und Freunde. Gebeugte Knie des<br />
Gebets, um die richtigen Entscheidungen zu<br />
treffen, die rechte Zeit nicht zu verpassen und<br />
um das passende Wort Gottes weiter zu geben.<br />
Darauf sind unsere Geschwister in Bolivien,<br />
und auch wir hier, angewiesen.<br />
Das wollen wir lernen. Vom Dienst des<br />
Apollos sagt Paulus: „Apollos hat begossen.“<br />
Was wäre mit dem Samen geschehen, wenn<br />
er, nachdem man ihn in die Erde gelegt hat,<br />
nicht immer wieder begossen wird? In den<br />
Pflanzen ist Kniearbeit.<br />
meisten Fällen würden dann kein Wachstum<br />
und auch keine Frucht entstehen. Damit der<br />
Same aufgeht, muss er regelmäßig begossen<br />
werden. Und das setzt Beständigkeit und Treue<br />
voraus. Wie sehr passt auch dieses Bild in die<br />
Missionssituation, in jeden Dienst, sowie in<br />
die Situation bei Neubekehrten in jedem Land<br />
und in jeder Gemeinde. In der Regel reicht es<br />
nicht aus zu „pflanzen“, d. h. das Evangelium<br />
von der Erlösung weiter zu geben, es bedarf<br />
viel Nacharbeit. Und das erfordert das „Begießen“,<br />
indem man Zeit, Geduld, Beständigkeit<br />
und Treue in diese Arbeit hineinlegt.<br />
Nachdem der Apostel Paulus die zwei Aufgabenbereiche<br />
beschrieben hat, schließt er:<br />
das so sagen kann, von allen menschlichen Bemühungen<br />
im Reich Gottes hängt davon ab, ob<br />
Gott sein JA dazu hat, ob Er Seinen Segen gibt.<br />
Natürlich weiß Paulus, dass jede Arbeit ihren<br />
Lohn haben wird: „Ein jeglicher aber wird<br />
seinen Lohn empfangen nach seiner Arbeit.“<br />
Aber als Apostel erhebt er sich nicht über seinen<br />
Bruder Apollos, als ob er wichtiger, größer,<br />
bedeutsamer wäre, als der andere: „Der aber<br />
pflanzt, und der da begießt, ist einer wie der<br />
andere.“ Das ist die richtige Herzenshaltung<br />
zum Nächsten, zu den anderen Mitarbeitern<br />
im Reich Gottes. Man ist aufeinander<br />
angewiesen, man braucht einander,<br />
jeden einzelnen mit seinen Begabungen<br />
und Aufgaben beim Bau der Gemeinde Jesu.<br />
Warum sollte es Neid und Rivalität unter den<br />
Dienern Jesu geben?<br />
Und wieder ist das besonders in der Mission,<br />
auch auf der Missionsstation, wichtig. Zu<br />
erkennen erstens – wer ist vom Herrn für<br />
welche Aufgabe berufen. Zweitens – jeder ist<br />
auf den Dienst des Anderen angewiesen und<br />
sollte sich nicht über den Nächsten überheben,<br />
sondern in Demut ihn und seinen Dienst<br />
achten. Und drittens – in allen Bemühungen<br />
müssen nicht die Mitarbeiter das Gedeihen<br />
hervorbringen, sondern das hat Gott Seiner<br />
Souveränität vorbehalten. Erfolgsdruck gibt es<br />
im Reich Gottes nicht.<br />
▪<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
5
Bericht<br />
Des Herrn Wege<br />
In der ersten Ausgabe von MDB (1/2005, S. 17) berichteten wir vom zwölfmonatigen Bolivien-Einsatz<br />
von Heinrich und Helene Götzen. Nun, sechs Jahre später, am 30. September, begann Familie Görzen<br />
ihren Missionsdienst auf der Station. Heinrich berichtet:<br />
Der Wunsch in die Mission zu gehen,<br />
wurde in mir geweckt, als ich noch ein<br />
Kind war. Ich denke, es lag zum einen daran,<br />
dass unsere Kinderstundenleiterin uns<br />
viele Missionsgeschichten erzählte, zum anderen<br />
aber waren es auch meine Eltern, die<br />
mich missionarisch geprägt haben. Schon<br />
als Kinder wurden wir von ihnen ermutigt<br />
und angeleitet von unserem Taschengeld in<br />
die Mission zu geben. So erinnere ich mich<br />
daran, dass wir damals eine längere Zeit den<br />
zehnten Teil von unserem verdienten oder<br />
geschenkten Geld sammelten und später davon<br />
mit den Eltern zusammen Pakete machten,<br />
um sie nach Russland zu schicken.<br />
Auch mit einigen Freunden haben wir uns<br />
schon damals für den Dienst des Missionars<br />
vorbereitet. Wir bauten uns Hütten im Wald<br />
oder suchten uns ruhige Plätzchen, wo wir<br />
ungestört die Bibel lesen konnten und versuchten<br />
schon damals den Willen Gottes zu<br />
erkennen, ob er uns als Missionare gebrauchen<br />
möchte.<br />
Als Jugendlicher musste ich mich entscheiden,<br />
wo ich meinen Zivildienst mache. Ich<br />
betete darüber und überlegte ins Ausland<br />
zu gehen, um mich dadurch schon etwas<br />
auf den späteren Dienst vorzubereiten. Zu<br />
der Zeit hatte ich ein Kinderheim in Saran<br />
kennengelernt, als ich mit einer Baugruppe<br />
dort war, um ein Dachgeschoss auszubauen.<br />
Da ich auch gerne Kinderarbeit mache,<br />
hätte ich gerne meinen Zivildienst dort gemacht.<br />
Aus bestimmten Gründen war mein<br />
Vater aber nicht damit einverstanden, dass<br />
ich dahin gehe. Ich hatte auch von einer Missionsstation<br />
in Brasilien gehört und sprach<br />
mit unserem Gemeindeleiter darüber. Als<br />
er sich erkundigte, stellte sich heraus, dass<br />
die Missionsstation damals noch keine Zivis<br />
aufnehmen durfte. Daraufhin bekam ich von<br />
unserem Gemeindeleiter eine Telefonnum-<br />
6 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Bericht<br />
mer, wo ich mich über eine Missionsstation<br />
in Bolivien erkundigen konnte und nahm<br />
gleich Kontakt auf. Ich bekam die Erlaubnis<br />
zu kommen.<br />
Bevor ich jedoch in den Ersatz-Zivildienst<br />
ging, wollte ich die Frage der Heirat soweit<br />
klären, dass ich das Mädchen, das ich schon<br />
länger liebte und für das ich betete, schon<br />
fragen wollte, ob sie bereit wäre, mich zu heiraten<br />
und ob sie auch bereit wäre in Zukunft<br />
mit mir zu gehen, wenn der Herr uns in seinen<br />
Dienst rufen würde. Erstmal wollte ich<br />
aber alleine als Zivi gehen.<br />
Gott führte es jedoch anders, wofür ich<br />
ihm sehr dankbar bin. Einen Monat später,<br />
nachdem ich Helene gefragt hatte, sagte sie<br />
mir zu. Bei einem Gespräch mit ihren Eltern<br />
meinten sie, es wäre besser, wir würden heiraten<br />
und dann zusammen entscheiden, ob<br />
wir auf die Missionsstation nach Bolivien<br />
gehen. Nachdem wir mit Helene darüber gebetet<br />
und gefastet hatten, um den Willen des<br />
Herrn zu erkennen, war sie bereit zu heiraten<br />
und mit mir zu gehen.<br />
Ich sprach mit dem Missionsleiter Wilhelm<br />
Biester und wir bekamen die Erlaubnis<br />
zusammen zu kommen.<br />
So kam es, dass wir uns ca. sechs Monate<br />
nach unserer Hochzeit auf dem Weg nach<br />
Bolivien machten. Nicht zum Zivildienst,<br />
sondern als verheiratetes Paar für einen<br />
Kurzzeit-Einsatz.<br />
Im Laufe dieses Jahres bekamen wir einen<br />
Einblick in den missionarischen Dienst und<br />
was es heißt, Missionar im Ausland zu sein.<br />
Es war ein gesegnetes Jahr. Die Liebe Christi<br />
verband uns mit den Geschwistern auf der<br />
Missionsstation und wir fühlten uns wie in<br />
einer Familie. Der Herr schenkte uns auch<br />
die Liebe zu den Einheimischen. Weiterhin<br />
sehen wir seinen Segen darin, dass er uns vor<br />
Krankheiten bewahrte und Freude und Hil-<br />
fe in unseren Aufgaben schenkte. Besonders<br />
dankbar sind wir dem Herrn für seinen Segen<br />
bei der Geburt unserer Tochter Julia und<br />
ihrer wunderbaren Entwicklung dort.<br />
Wieder zurück in Deutschland merkten<br />
wir recht bald, dass Gott uns in Bolivien<br />
gebrauchen wollte. Ich sprach mit den leitenden<br />
Brüdern unserer Gemeinde darüber.<br />
Uns nach Bolivien zu senden, war jedoch<br />
eine schwere Entscheidung für sie und die<br />
Gemeinde. Das Land und die Arbeit dort war<br />
etwas ganz Neues für sie.<br />
So führte der Herr uns durch eine Zeit des<br />
Wartens. Doch war diese Zeit eine Zeit, in<br />
der wir von Gott vorbereitet wurden.<br />
Unser Gebet war, dass der Herr die Entscheidung<br />
unserer Gemeinde nach seinem<br />
Willen führt. Und er hat sich zu unseren Gebeten<br />
wunderbar bekannt. Er hat es möglich<br />
gemacht, dass wir nun nach 7½ Jahren mit<br />
dem Segen unserer Gemeinde gehen duften.<br />
Voller Dank sind wir dem Herrn gegenüber,<br />
wenn wir sehen, wie er uns geführt hat. Wie<br />
König David können wir staunen: „Gottes<br />
Wege sind vollkommen,…” (Psalm 18, 31).<br />
Dadurch sind auch die Gebete vieler anderer<br />
erhört worden, von denen wir wissen, dass sie<br />
für uns gebetet haben. Unter anderem sind es<br />
auch bolivianische Geschwister gewesen, die<br />
dafür gebetet haben, dass wir nach Bolivien<br />
zurückkommen. An dieser Stelle möchten<br />
wir uns von ganzem Herzen bei allen bedanken,<br />
die für uns gebetet haben.<br />
Nun freuen wir uns in Bolivien zu sein.<br />
Am 30. September kamen wir auf der Missionsstation<br />
an. Dort hatten wir eine schöne<br />
Zeit mit den Geschwistern, bis wir dann am<br />
10. Oktober weiterreisten, um in Cochabamba<br />
auf einer Sprachschule ca. ein halbes Jahr<br />
spanisch zu lernen.<br />
Bitte betet, dass wir in der Zeit des Sprachstudiums<br />
viel lernen.<br />
▪<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
7
Bericht<br />
Unsere ersten Erfahrungen in der<br />
bolivianischen Kultur<br />
Seit dem 11. Januar <strong>2011</strong> befinden sich Eugen und Anna Dück in Bolivien.<br />
Die ersten sieben Monate lebten sie in Cochabamba bei einer bolivianischen Familie.<br />
Dies hatte neben Vorteilen auch große Herausforderungen. Sie möchten einige Erfahrungen<br />
und Erlebnisse mit der bolivianischen Kultur hier kurz mitteilen.<br />
Unpünktlichkeit: Die erste Erfahrung, die<br />
wir machten, war die Unpünktlichkeit<br />
der Bolivianer. Sie machen zwar eine Zeit aus,<br />
kommen aber immer später. Nachher haben<br />
wir erfahren, dass diese Kultur nicht so an die<br />
Zeit gebunden ist und sich nicht so streng danach<br />
hält. Aber das anzunehmen war für uns<br />
nicht so einfach, die wir uns gerne an Zeiten<br />
halten. Wir haben es dann so praktiziert, dass<br />
wir an den angegebenen Termin uns gehalten<br />
hatten, aber eben auf die anderen warten<br />
mussten, manchmal lange. Unser Hausvater<br />
machte mit uns eine Uhrzeit aus, um uns ein<br />
wenig in der Stadt Einweisung zu geben. Und<br />
so warteten wir eineinhalb Stunden, bevor<br />
wir endlich losgingen. So lernt man Geduld.<br />
In der bolivianischen Kultur gilt: Dass du<br />
kommst, nicht wann du kommst.<br />
Gastfreundschaft: Die bolivianische Kultur<br />
ist zum größten Teil (es gibt auch die anderen)<br />
gastfreundlich. Werden Gäste erwartet,<br />
bereitet man oft die Mahlzeit zusammen vor,<br />
wenn sie eingetroffen sind. Der Tisch muss<br />
nicht fertig gedeckt sein und das Essen schon<br />
kochen, wenn die Gäste kommen. Manchmal<br />
bringen die Eingeladenen auch etwas mit,<br />
z. B. irgendwelche Zutaten. Und so haben sie<br />
schon beim Zubereiten Gemeinschaft und<br />
essen eben spät, was ihnen aber nichts ausmacht.<br />
Bei uns aber muss schon alles auf dem<br />
Tisch sein und je mehr, desto besser. Uns hat<br />
es nachdenklich gemacht. Worauf legen wir<br />
unsere Werte, wenn wir Gäste erwarten? Ist es<br />
nicht die gemeinsame Arbeit und die Gemeinschaft,<br />
die uns verbindet und näher zueinander<br />
bringt? In der bolivianischen Kultur gilt:<br />
Zusammenarbeit ist mehr wert, als das Ergebnis.<br />
Bei einem besonderen Anlass wurden alle<br />
Schüler zu der Leiterin der Schule nach Hause<br />
eingeladen. Und es war erstaunlich, dass sie<br />
sich nicht abhetzte und alles schnell richten<br />
musste. Nein, es wurde alles zusammen gemacht.<br />
Jeder hat etwas zum Essen mitgebracht<br />
und so gab es dann eine schöne Gemeinschaft<br />
8 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Bericht<br />
untereinander. Dies zeigt uns, dass diese Kultur<br />
sehr beziehungsorientiert ist.<br />
Das Wort „Nein“: Uns wurde sehr warm<br />
ans Herz gelegt, mit dem „Nein“ sparsam umzugehen.<br />
Wenn man einem Bolivianer direkt<br />
ein „Nein“ sagt, ist das viel schlimmer und<br />
härter wie ein Faustschlag ins Gesicht. Bei einer<br />
Einladung, die ich verneine, sage ich nicht<br />
nein zur Sache, sondern zur Person. Es bedarf<br />
sehr viel Weisheit, um auf die Anliegen und<br />
Fragen des anderen weise einzugehen und zu<br />
antworten.<br />
Es war noch ziemlich am Anfang bei der<br />
bolivianischen Familie. Anna wollte morgens<br />
unsere Wäsche waschen, denn nachmittags<br />
hatte sie immer Unterricht. Am Frühstückstisch<br />
fragte sie bei der Hausmutter, ob sie<br />
nach dem Frühstück in der Waschmaschine<br />
unsere Wäsche waschen darf. Diese bejahte,<br />
stand aber kurzerhand auf und verließ uns.<br />
Als Anna dann nach dem Frühstück die Wäsche<br />
waschen wollte, lief die Waschmaschine<br />
schon. Die Hausmutter hatte schnell vorher<br />
ihre Wäsche angemacht. Eine Situation, die<br />
wir zuerst nicht verstanden. Sie sagte zwar<br />
„Ja“, es sollte aber ein „Warte“ oder ein „Nein“<br />
heißen.<br />
Vorbereiten und Planen: Steht eine Veranstaltung,<br />
Kindertag oder sonst etwas an, werden<br />
die Vorbereitungen ungefähr zwei Tage<br />
vorher begonnen. Man bespricht das Thema,<br />
wer etwas vorbereitet und beginnt mit Bastelarbeiten.<br />
Der Verantwortliche muss sogar<br />
noch am Tag vorher, wenn nicht noch am selben<br />
Tag, anrufen und fragen, wie die Vorbereitungen<br />
aussehen, ob man fertig geworden<br />
ist oder ob man noch Hilfe braucht. Deswegen<br />
ist es hier sehr schwer die Führungsposition<br />
zu haben, denn es ist mit sehr viel Arbeit verbunden<br />
und dies wird nicht gerne gemacht.<br />
Planen ist ein Fremdwort, weil immer sehr<br />
kurz vor der Veranstaltung alles vorbereitet<br />
wird.<br />
Zum „Tag der Kinder“ hat die Gemeinde<br />
einen Kindertag organisiert. Er sollte am<br />
Sonntag stattfinden und am Freitagabend<br />
begannen die Vorbereitungen dafür. Alles<br />
musste zuerst besprochen werden, dann saß<br />
die ganze Familie beisammen und bastelte gemeinsam<br />
bis spät in die Nacht und am nächsten<br />
Tag mussten die Räumlichkeiten noch<br />
geschmückt werden. Und alles wurde an den<br />
Abenden erledigt. Ein Vorteil ist, dass die ganze<br />
Familie eingespannt ist und man Zeit miteinander<br />
verbringt.<br />
Und so stehen wir nicht selten vor Herausforderungen,<br />
die Kultur und die Menschen<br />
richtig zu verstehen. Die Menschen sehen<br />
nicht nur anders aus, sondern sie sind auch<br />
anders. Sie haben andere Werte. Für uns gilt<br />
es in jedem Moment, sie so anzunehmen, wie<br />
auch Christus uns angenommen hat. Und dafür<br />
brauchen wir Liebe, Geduld und Weisheit.<br />
Danke für eure Gebete.<br />
▪<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
9
Bericht<br />
Es war ein Gebäude, ca. 34 m * 8 m groß,<br />
in dem die Kinder während den Kinderfreizeiten<br />
wohnen. Das alte Dach war undicht<br />
und marode. Daher war das Gebäude<br />
auch nicht mehr einsatzfähig.<br />
Am 14.8. kamen<br />
die ersten<br />
drei Brüder<br />
zum Einsatzort<br />
in die Stadt<br />
Guayaramerín.<br />
Ihre Hauptaufgabe<br />
bestand<br />
darin, ca. 8000<br />
Tonziegel zu<br />
streichen. Am<br />
21.8. kam eine<br />
weitere Gruppe,<br />
bestehend<br />
aus zwei Ehepaaren<br />
und drei<br />
Brüdern zum<br />
Einsatzort. Jetzt<br />
fing es mit der<br />
e i g e nt l i c h e n<br />
Arbeit an: das<br />
Aufstellen des<br />
Dachstuhls. Die<br />
G e s c h w i s t e r<br />
vor Ort hatten<br />
schon viel<br />
Vorarbeit geleistet, indem sie das alte Dach<br />
abgerissen und das Material für das neue<br />
Dach organisiert hatten. Zuerst musste der<br />
Ringanker verschalt, die Körbe gebunden,<br />
Baueinsatz<br />
Auf die Bitte vom Missionsdienst Bolivien hin, ein Dach im Campamento zu erneuern,<br />
erklärten sich mehrere Geschwister aus verschiedenen Gemeinden aus Deutschland dazu<br />
bereit, diese wichtige und auch schwierige Aufgabe zu lösen.<br />
und betoniert werden. Allein diese Arbeit<br />
hat ca. sechs Tage gebraucht. Das alles allerdings<br />
unter bolivianischen Bedingungen,<br />
das heißt: ein Gerüst ca. 25 cm breit ohne<br />
Rückenlehne, ohne Netz, und das bei einer<br />
Wandhöhe von<br />
knapp vier und<br />
einer Firsthöhe<br />
von knapp<br />
sechs Metern.<br />
Allein schon<br />
diese kleinen<br />
Angaben geben<br />
Auskunft<br />
von der gefährlichen<br />
Arbeit.<br />
Wir haben Gott<br />
täglich um seinen<br />
Schutz gebeten<br />
und ihm<br />
für die Bewahrung<br />
gedankt.<br />
An weiteren<br />
sechs Tagen<br />
wurde dann das<br />
Dach auf der<br />
Wiese, direkt<br />
vor der Baustelle<br />
gezimmert<br />
und gerichtet.<br />
Für das Dach<br />
wurden ca. 10 m³ Holz verwendet, welches<br />
aus ca. 1100 laufenden Metern an Sparren<br />
bestand. Dieses Holz musste von Hand über<br />
das Gerüst auf das Mauerwerk gehoben,<br />
10 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Bericht<br />
getragen, geschoben und gezogen werden.<br />
Auch darin haben wir Gottes starke Hand<br />
immer wieder über uns gesehen. Das verwendete<br />
Holz kommt vom<br />
Gewicht her dem Mahagoni-Holz<br />
sehr nahe und war<br />
sehr schwer.<br />
Am 3.9. stand die Dachkonstruktion,<br />
so dass wir<br />
mit dem Verschalen der<br />
Dachfläche durch Bretter<br />
und Kunststoffpaneelen begannen<br />
und auch die Latten<br />
für die Ziegeln befestigten.<br />
Unsere eigene Unterkunft<br />
war ein bescheidenes<br />
und intaktes Haus, in dem<br />
wir auch unsere freien<br />
Abende im eigenen Kreise<br />
verbrachten. Es gehört<br />
zum Campamento dazu<br />
und befindet sich also außerhalb der Stadt<br />
und ca. sieben km von der Missionsstation<br />
entfernt. Aber nicht selten luden uns aber<br />
die Mitarbeiter der Missionsstation zu sich<br />
zum Abendbrot ein, was eine ganz nette Abwechslung<br />
war.<br />
Einen weiteren<br />
Einblick in die<br />
Missionsarbeit<br />
v e r s c h a f f t e n<br />
uns die Unternehmungen<br />
an<br />
den Sonntagen.<br />
Wir besuchten<br />
etliche Gemeinden<br />
oder auch<br />
kleine Gruppen in Siedlungen umringt<br />
vom Tropenwald. Den Weg zu diesen etwas<br />
entlegeneren Ortschaften haben wir<br />
zum Teil auf der Ladefläche des Pick-Ups<br />
der Mission zurückgelegt, was nicht ganz<br />
ungefährlich ist, da die Straßen mit Schlaglöchern<br />
übersät sind. Man versucht nicht<br />
den Schlaglöchern auszuweichen, sondern<br />
sucht sich das angenehmste<br />
aus. Nach der Fahrt suchten<br />
die Motorradfahrer unter<br />
uns vergeblich nach Wasser<br />
aus der Leitung, um<br />
sich die „Schminke“, das<br />
neue Make-Up (= Staub)<br />
vom Gesicht zu waschen.<br />
Aber hier war alles ganz<br />
einfach, wirklich ganz einfach:<br />
Man folgte lediglich<br />
einem freundlichen Bolivianer,<br />
der zu einem Brunnen<br />
führte, dessen Eimer<br />
mit Seil man bedienen<br />
durfte und sich für den<br />
Gottesdienst „schick“ machen<br />
konnte. Das Bethaus<br />
besteht lediglich aus einem auf Pfosten gestützten<br />
Dach, und dieses wiederum besteht<br />
aus Zweigen und Blättern der Gewächse des<br />
Tropenwaldes. Die Atmosphäre so im Freien<br />
war herrlich, der Gesang schön und der<br />
Umgang herzlich.<br />
Wir verspürten<br />
Gottes<br />
Segen hautnah.<br />
Glücklich, gesund<br />
und froh<br />
in Deutschland<br />
angekommen,<br />
dürfen wir zur<br />
ü c k b l i c k e n d<br />
dankend sagen:<br />
Gott hat unsere Fahrt wunderbar geführt<br />
und gesegnet. Wir möchten uns auch bei allen<br />
denen bedanken, die uns im Gebet unterstützt<br />
haben. Dem Herrn allein gebührt<br />
die Ehre!<br />
▪<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
11
Bericht<br />
Arthur Deis, aus Rudis Heimatgemeinde<br />
Weinsberg war mit dem Bauteam nach<br />
Bolivien mitgeflogen. Hier sein Zeugnis.<br />
Ich bin noch sehr jung in der großen Familie<br />
Gottes. Die Welt hatte ich bereits in vollen<br />
Zügen lange genug gekostet und von Jesus<br />
hatte ich auch gehört. Während der langen<br />
Therapiephase nach einem Verkehrsunfall<br />
Ende 2007 hatte ich viel Zeit, um mir Gedanken<br />
über mein Leben und meine Zukunft zu<br />
machen. Doch während<br />
dieser Zeit wurde mir immer<br />
bewusster, dass wir<br />
nicht Herren über unser<br />
Leben sein können. Mir<br />
wurde klar, wo ich enden<br />
werde, wenn ich Jesu<br />
Angebot ablehne. Und so<br />
danke ich dem Herrn, dass er mich vor etwa<br />
einem Jahr durch seine große Gnade zu seinem<br />
Eigentum machte.<br />
Bei seinem Heimataufenthalt Ende 2010<br />
präsentierte Rudi anhand eines Vortrags die<br />
Arbeit und das Missionsfeld in Bolivien. Der<br />
Vortrag gefiel mir und ich wollte Bolivien<br />
mal mit meinen eigenen Augen sehen. Da im<br />
Campamento bei einem Wohnheim für Kinder<br />
das Dach erneuert werden musste, reiste<br />
eine größere Gruppe aus verschiedenen Gemeinden<br />
in Deutschland zeitversetzt dorthin.<br />
Mein Wunsch ging endlich in Erfüllung, ich<br />
war mit dabei. Nach der langen Anreise und<br />
einer Übernachtung bei Alexander Günther,<br />
einem Missionar in Porto Velho (Brasilien),<br />
kamen wir schließlich in Bolivien an, wo wir<br />
von Rudi empfangen wurden. Wir waren<br />
schon etwas überrascht, da das Land überhaupt<br />
nicht unseren mitgebrachten Vorstellungen<br />
entsprach.<br />
Einen Tag nach unserer Ankunft nahmen<br />
wir die Arbeit auf: Die Brüder bereiteten die<br />
Dachziegel vor und ich durfte mich mit technischen<br />
und mechanischen Problemen auf der<br />
Missionsstation beschäftigen. Ein Vers, den<br />
ich dort gelesen habe, wurde mir sehr wichtig:<br />
„Und dient einander, ein jeder mit der Gabe,<br />
die er empfangen hat, als die guten Haushalter<br />
der mancherlei Gnade Gottes.“ 1. Petr. 4,<br />
10. Immer wieder erzählte Rudi, wie Brüder<br />
aus Deutschland kamen und dies oder jenes<br />
bauten oder reparierten. Ehre sei Gott für die<br />
Vielfalt seiner Kinder, und dass Er immer helfende<br />
und tüchtige Hände<br />
sendet.<br />
Die Arbeiten am Dach<br />
gingen voran und meine<br />
sechs Wochen waren<br />
auch leider sehr schnell<br />
vergangen. Es war eine<br />
gesegnete Zeit, der Herr<br />
behütete uns vor Unfällen, gerade bei der<br />
Dachreparatur.<br />
Auch beim Löschen des Waldbrandes, der<br />
wieder einmal das Campamento bedrohte,<br />
konnten wir Gottes Hilfe verspüren, denn wie<br />
durch ein Wunder brannte das Feuer nur bis<br />
zur Grenze des Camps. (Siehe Rückseite).<br />
An den Sonntagen nahm sich Rudi Zeit<br />
und unternahm mit uns Touren, um uns etwas<br />
vom Land und vom Leben der Einheimischen<br />
zu zeigen. Auch kleine Gemeinden<br />
außerhalb Guayarameríns besuchten wir. Ich<br />
bin dem Herrn dankbar, dass er mir die Reise,<br />
Erlebnisse und Erfahrungen ermöglichte. Die<br />
Einheimischen sind trotz ihrer großen Armut<br />
stets freundlich und gastfrei gewesen. Sie sind<br />
für das Geringste dankbar. Dies zeigte mir,<br />
wie gut wir es in unserem Land haben, auf was<br />
Ausgesandte verzichten und wie wenig ich sie<br />
unterstützen kann.<br />
Auch bei allen auf der Station bedanke ich<br />
mich für diese schöne Zeit. Gott möge ihre<br />
Arbeit auch weiterhin segnen. Arthur Deis<br />
12 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Bericht<br />
Der Bolivientag in Julia Wagners Heimatgemeinde (Heilbronn-Flein) war ein Tag, an dem einige Geschwister<br />
zusammenkamen, die einmal in Bolivien einen Einsatz gemacht hatten. Vorträge zum Thema Gebet und das<br />
Gebet für aktuelle Anliegen aus Bolivien waren wertvolle Teilabschnitte an diesem Tag.<br />
Missionsdienst Bolivien - Mitarbeiter Herbst <strong>2011</strong><br />
v. l. n r.: Fam. Dück, Fam. Görzen, Fam. Rhein, Julia Wagner, Johanna Schmid, Käthy Guggisberg<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
13
Wie gewinnt man Bolivianer<br />
14 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
TITEL<br />
DAS EVANGELIUM WEITERSAGEN TROTZ<br />
KULTURELLER BARRIEREN<br />
für Christus?<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
Uns und auch vielen, die zu uns<br />
zum Einsatz kommen, fällt meistens<br />
auf, dass die Menschen hier<br />
sehr offen für das Evangelium<br />
sind. Als das Erdbeben und der Tsunami<br />
in Japan waren, sagte unsere einheimische<br />
Mitarbeiterin, sie sei sehr enttäuscht in den<br />
Nachrichten von keinem Japaner gehört zu<br />
haben: „Gott sei Dank, dass ich lebend davongekommen<br />
bin.“ Man hörte nur: „Was<br />
für ein Glück …“ „Wir Bolivianer haben<br />
noch Furcht vor Gott“, meinte sie. Man<br />
kann es vielleicht nicht immer Furcht nennen,<br />
aber doch das Wissen, dass es einen<br />
Gott gibt. Es gibt hier sehr viele religiöse<br />
Menschen. Wenn man Traktate verteilt,<br />
dann nehmen die Menschen sie dankbar an.<br />
Man darf auf keinen Fall jemanden auslassen.<br />
Auch wenn man ins Gespräch kommt,<br />
bekommt man schnell mit, dass die Person<br />
entweder von Jesus schon etwas gehört hat<br />
oder auf der Suche nach Gott ist. Doch auch<br />
wenn es so eine Offenheit gibt, gibt es auch<br />
viele Barrieren für das Evangelium. Da sind<br />
Aberglaube, okkulte Bindungen, Unmoral<br />
oder auch die Angst: Was werden die<br />
Freunde und die Familie sagen, wenn ich<br />
jetzt anders lebe. Rudi Rhein erlebte es auf<br />
einer Freizeit, als ein Junge mit ihm sprechen<br />
wollte. Im Gespräch wurde dem Jungen<br />
klar, dass er Jesus braucht, aber als Rudi<br />
ihn fragte, ob er eine Entscheidung treffen<br />
möchte, verneinte er. Der Grund war seine<br />
Familie. Er sagte, dass er das christliche Leben<br />
nicht ausleben könne, denn der Druck<br />
der Familie wäre viel zu stark. „Sie würden<br />
15
Titel<br />
mich auslachen und mich zur Sünde zwingen“,<br />
war seine Antwort.<br />
In der Frauenstunde hört Inna oft den<br />
Satz: „Mir gefällt es hier sehr gut und ich<br />
komme gerne, aber meine Religion werde<br />
ich nicht wechseln.“ Es geht ja auch nicht<br />
um einen Religionswechsel, sondern um<br />
Jesus Christus, um sein Erlösungswerk und<br />
um eine persönliche Beziehung zu Ihm. Es<br />
ist immer unser Gebet, dass den Frauen<br />
durch das Bibelstudium klar wird, dass es<br />
sich nicht um eine Religion handelt, sondern,<br />
dass sie im Glauben die Erlösung in<br />
Jesus annehmen sollen. Die Frauen sind<br />
hier oft sehr katholisch verankert. Die<br />
Frauen der höheren Schicht gehören meistens<br />
einer Gruppe an z. B. der Jungfrau<br />
Maria, oder den Carmelitas usw. Als Inna<br />
Frau Gabi einmal besuchte (sie kommt ab<br />
und zu zur Frauenstunde), sagte sie ihr:<br />
„Ich weiß, dass ich mich für Jesus entscheiden<br />
muss, aber ich kann es nicht.“ Sie gehört<br />
den Carmelitas an und sie weiß, wenn<br />
sie diese Entscheidung trifft, wird sie sofort<br />
aus der Gruppe ausgeschlossen. Das ist eine<br />
Barriere für das Evangelium.<br />
Auch Okkultismus und Aberglaube bilden<br />
oft eine große Barriere. Vor Jahren lernte<br />
Inna ein Mädchen in einer Freizeit kennen.<br />
Sie lud sie nach Hause ein und gemeinsam<br />
begannen sie ein Bibelstudium. Das Mädchen<br />
war sehr am Wort Gottes interessiert,<br />
doch es stellte sich bald heraus, dass es Widerstände<br />
gab in ihrem Leben. Nach und<br />
nach erzählte Tatiana, dass ihre Mutter sie<br />
wegen einer Krankheit zum Heiler gebracht<br />
hatte und seitdem sende sie ihm immer Fotos,<br />
damit der Mann sie von Ferne heilen<br />
kann. Das Mädchen erzählte auch, dass sie<br />
von ihrem Großvater missbraucht worden<br />
war, und dass sie auch ein Verhältnis zu<br />
einem Mädchen hatte. Zusammen mit Inna<br />
konnte sie dies alles vor den Herrn bringen.<br />
Das Mädchen bat um Vergebung und nahm<br />
Jesus als ihren Erlöser an. Wenn man mit<br />
den Mädchen, die zur Freizeit kommen, ins<br />
Gespräch kommt, hört man oft ähnliche<br />
Geschichten. Oft sind sie darin gefangen<br />
und kommen nicht alleine los. Sie brauchen<br />
Hilfe und Gebet.<br />
Rudi wurde schon oft von Pastoren gerufen,<br />
um für einen besessenen Jungen oder<br />
ein Mädchen zu beten. Wir fragen uns oft,<br />
warum das hier so verbreitet ist. Es kann<br />
sein, dass es von Generation zu Generation<br />
geht, so wie es in 2. Mose 20 heißt:<br />
„Du sollst keine anderen Götter neben mir<br />
haben! Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein<br />
Gleichnis machen, weder von dem,<br />
was oben im Himmel, noch von dem, was<br />
unten auf Erden, noch von dem, was in den<br />
Wassern, unter der Erde ist. Bete sie nicht<br />
an und diene ihnen nicht! Denn ich, der<br />
Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott,<br />
der die Schuld der Väter heimsucht an den<br />
Kindern bis in das dritte und vierte Glied<br />
derer, die mich hassen.“<br />
Beten wir, dass diese Ketten gesprengt<br />
werden durch das Blut Jesu Christi.<br />
Rudi und Inna Rhein<br />
UNTER MARINESOLDATEN<br />
Es war im Juli an einem Sonntagabend,<br />
als wir noch einen Abstecher an den Hafen<br />
machten. Käthy verteilte Traktate an eine<br />
Gruppe junger Soldaten und kam mit ihnen<br />
ins Gespräch. Wir konnten ihnen das Evangelium<br />
erklären und drei von ihnen folgten der<br />
Einladung, Jesus in ihr Leben aufzunehmen.<br />
Es hat uns beschäftigt, dass hier junge Menschen<br />
sind, die offen sind fürs Evangelium.<br />
Gott legte uns eine Last aufs Herz für diese<br />
16 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Titel<br />
Soldaten. Wir hatten sie nicht<br />
gesucht, aber Gott hatte diese<br />
Begegnung geschenkt und<br />
eine Tür geöffnet.<br />
Es stellte sich heraus, dass<br />
es 14 junge Soldaten (ca. 18<br />
Jahre alt) sind, die hier ihren<br />
Militärdienst machen. Sie<br />
kommen aus La Paz und es<br />
ist eine Herausforderung für<br />
diese jungen Männer, so lange<br />
von zu Hause weg zu sein und<br />
zudem noch an einem Ort zu<br />
wohnen, der klimatisch und<br />
auch von der Mentalität anders<br />
ist, als sie es vom „Hochland“<br />
gewohnt sind.<br />
Seitdem gehen wir jedes Wochenende<br />
zu ihnen hin. Die<br />
geistliche Leitung baten wir<br />
Pastor Justino aus unserer<br />
Gemeinde zu übernehmen.<br />
Manchmal kamen auch Besucher<br />
(z. B. aus Deutschland)<br />
mit, die ein Zeugnis gaben<br />
und Lieder sangen. Das war<br />
jedesmal eine wertvolle Bereicherung.<br />
Dem Herrn sei<br />
Dank, dass die Vorgesetzten<br />
der Soldaten uns die Erlaubnis<br />
gaben und uns sehr wohlgesonnen<br />
sind, so dass wir in<br />
ihrem Aufenthaltsraum ein<br />
Bibelstudium machen können.<br />
Es kam auch vor, dass der<br />
diensthabende Vorgesetzte die<br />
Jungs dazu verpflichtet hat, zu<br />
den Treffen zu kommen. Es ist schön zu sehen,<br />
wie der Herr ihnen ein offenes Herz geschenkt<br />
hat. Sie singen sehr gerne. Pastor Justino unterrichtet<br />
sie im Wort Gottes, indem er einen<br />
Bibelkurs mit ihnen macht oder ein Thema<br />
Pastor Justino unterrichtet 14 Soldaten im Wort Gottes.<br />
Drei der Soldaten nahmen den Herrn Jesus in ihr Herz auf.<br />
durchnimmt. Anschließend gibt es eine Kleinigkeit<br />
zu essen und so entsteht eine Zeit, um<br />
sich mit ihnen auszutauschen. Durch die regelmäßigen<br />
Treffen sind sie offener geworden<br />
und es ist Ver trauen entstanden. Sie schätzen<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
17
Titel<br />
die Besuche und warten darauf. Inzwischen<br />
sind zwei aus der Gruppe in eine andere Kaserne<br />
gewechselt, zwei Neue sind dazugekommen.<br />
Wir sehen dankbar zurück auf die vergangene<br />
Zeit – Gott hat gearbeitet, ER hat diese<br />
Tür aufgemacht. Manche haben ihr Leben<br />
dem Herrn übergeben, andere zögern noch.<br />
Sie brauchen viel Ermutigung.<br />
Im Januar werden sie wieder in ihre Heimatstadt<br />
zurückkehren. Bis dahin möchten wir<br />
die Zeit nutzen. Wir beten und hoffen, dass<br />
Gott in dieser Zeit ihre Herzen berührt und<br />
verändert. An Einzelnen konnten wir sehen,<br />
wie Gott an ihnen gearbeitet hat.<br />
Fredy – er ging in eine Gemeinde in La Paz.<br />
Er konnte seinen Glauben wieder neu festmachen<br />
und arbeitet fleißig die Bibelkurse durch,<br />
die sie von uns erhalten haben.<br />
Daniel – es dauerte eine Zeit bis er mehr<br />
Vertrauen fasste, jetzt kommt er regelmäßiger<br />
zu den Treffen. Beim letzten Mal fragte er, ob<br />
er eine Bibel ausleihen darf.<br />
Franklin – er war dabei, als im März dieses<br />
Jahres vier Soldaten bei einer Bootsfahrt ums<br />
Leben kamen. Wie muss dieses Erlebnis ihn<br />
und auch die ganze Gruppe erschüttert und<br />
dadurch sicher auch vorbereitet haben, um offen<br />
zu sein für geistliche Dinge.<br />
O Herr, wir bitten dich für diese jungen<br />
Menschen, dass sie mit ihrem ganzen Herzen<br />
nach dir fragen, dich suchen. Bewahre sie,<br />
wenn sie wieder nach La Paz zurückgehen. Sie<br />
sind im besten Alter, jetzt fallen die wesentlichen<br />
Entscheidungen ihres Lebens. Dieses<br />
Land braucht dringend entschiedene Männer,<br />
die gute Ehemänner und Vorbilder für andere<br />
werden. Herr, wir bitten dich für jeden Einzelnen<br />
von ihnen, dass du aus ihnen brauchbare<br />
Werkzeuge machst, die zum Segen werden für<br />
das Land.<br />
Johanna Schmid und Käthy Guggisberg<br />
Als ich gebeten wurde über das Thema<br />
„Wie kann man Bolivianer für Christus<br />
gewinnen?“ zu schreiben, musste ich erst<br />
Orlinda Borgines (li.) „Um eine Person für Christus zu<br />
gewinnen, muss man sie lieben.”<br />
einmal darüber nachdenken. Es gibt keine<br />
spezielle Regel, wie Bolivianer für Christus<br />
gewonnen werden können. Wahrscheinlich<br />
ist es leichter einen Bolivianer als einen Marokkaner<br />
für Jesus Christus zu gewinnen.<br />
Jedoch sollten wir nie einer festen Strategie<br />
folgen.<br />
Um eine Person für Christus zu gewinnen,<br />
muss man sie lieben, für sie beten, ihr<br />
zu erkennen geben, dass sie gerettet werden<br />
muss, ihr den Weg aufzeigen, und sie einladen<br />
dieses wunderbare Geschenk anzunehmen,<br />
das Christus am Kreuz vollbracht hat<br />
für jeden, der an ihn glaubt. Die Bolivianer,<br />
sowie andere Latino-Völker brauchen Jesus,<br />
sie lehnen es nicht ab das Wort Gottes zu<br />
hören und sind offen.<br />
Die Teenies und Jugendlichen weichen<br />
den geistlichen Dingen mehr aus und sind<br />
oft in der Unmoral und in anderen Sünden<br />
18 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Titel<br />
verwickelt. Auch wenn sie Christus annehmen<br />
möchten, kommen sie oft nicht von<br />
ihren Süchten wie Sexualität, Alkohol und<br />
Drogen los.<br />
Unsere Herzen sind traurig darüber, aber<br />
wir dürfen nicht aufgeben. Der Herr Jesus<br />
hat uns den Befehl gegeben: „Gehet hin in<br />
alle Welt und verkündigt das Evangelium<br />
aller Kreatur“ (Mk. 16, 15). Wir müssen<br />
weitergehen, ihm gehorchen und unsere<br />
Herzen erfüllen lassen von Freude und<br />
Hoffnung, denn der, der uns gesandt hat,<br />
wird uns auch segnen.<br />
Ich danke dem Herrn für die Zeit, die er<br />
mir in Bolivien gegeben hat, und noch viel<br />
mehr für die Seelen, die die Erlösung angenommen<br />
haben.<br />
Danke, dass ich Teil dieses Dienstes sein<br />
darf.<br />
Betet weiter für das Werk hier.<br />
Orlinda Borges<br />
KULTURELLE UNTERSCHIEDE<br />
Hans Dyck leistete 2009 einen Freiwilligendienst<br />
auf der Station. Er schildert, wie er die<br />
andere Welt erlebte.<br />
Dass man in einer „anderen Welt“ gelandet<br />
ist, merkt man schon direkt bei der Landung<br />
in Porto Velho. Eine fast unbeschreibliche<br />
Hitze stieg mir entgegen, als ich aus dem<br />
Flugzeug im Nordosten von Brasilien ausstieg.<br />
So ein schwüles Klima erlebte ich wahrscheinlich<br />
das erste Mal im Leben. Die Luftfeuchtigkeit<br />
von ca. 95% bei einer Jahresdurchschnittstemperatur<br />
von 27° Celsius ist eine von den<br />
markantesten Gegebenheiten, denen man sich<br />
in Guayaramerín stellen muss. Man schwitzt<br />
nicht nur beim Arbeiten, sondern auch wenn<br />
man nichts tut, wie zum Beispiel beim Schlafen.<br />
Nueva Canaan brachte mich beim ersten Besuch<br />
zum Staunen. Was dort alles wächst: Limonen,<br />
Mangos, Papaya usw. Den Regenwald<br />
kennen zu lernen, war für mich etwas wie ein<br />
Kindheitstraum. Ich kann mich noch gut an<br />
die erste Urwaldwanderung erinnern. Es war<br />
wie ein großer Abenteuerspielplatz, auf dem<br />
man sich mit seiner Machete austoben konnte.<br />
Während den Kinderfreizeiten konnte ich<br />
die bolivianische Küche kosten. Jede Mittagsmahlzeit<br />
besteht aus zwei Gängen. Die Suppe<br />
darf zum Hauptgericht einfach nicht fehlen.<br />
Man sollte sich auch nicht wundern, wenn<br />
beim Stöbern in der eigenen Suppe Füße eines<br />
Huhns auftauchen. So etwas wird normalerweise<br />
mitgegessen. Gerichte mit Yuca und<br />
Kochbananen habe ich dort zum ersten Mal<br />
gegessen.<br />
Dass die Bolivianer etwas anders „ticken“,<br />
merkte ich auch daran, dass sie stundenlang<br />
um die „Plaza“ der Stadt herumfahren können.<br />
Am Anfang konnte ich das sinnlose Herumfahren<br />
nur schwer verstehen. Sie setzen sich<br />
auf ihr Motorrad und umkreisen schier endlos<br />
die „Plaza“. Es ist ihre Art Gemeinschaft zu haben,<br />
während des Fahrens unterhalten sie sich<br />
oft mit ihrem Mitfahrer oder einem anderen<br />
Motorradfahrer. Geht das nicht auch beim<br />
Spaziergang?<br />
Es gibt noch viele weitere kulturelle Umstände,<br />
an die man sich gewöhnen muss. Aber<br />
es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass wir<br />
Europäer ja Gäste in Bolivien sind. Es macht<br />
nicht viel Sinn die Bolivianer zu Deutschen<br />
oder Schweizern zu machen. Unsere Aufgabe<br />
ist es, die Liebe Gottes weiterzubringen und<br />
das können wir am Besten, wenn wir uns den<br />
kulturellen Umständen, solange sie im Einklang<br />
mit der Bibel sind, anpassen. Durch eine<br />
Achtung ihrer Sitten und Gebräuche werden<br />
wir es ihnen einfacher machen, uns zu schätzen<br />
und lieb zu gewinnen.<br />
▪<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
19
GESCHICHTLICH-KULTURELLE<br />
HINTERGRÜNDE UND ENTSTEHUNG<br />
EINHEIMISCHER GEMEINDEN<br />
Die Daten zu diesem Bericht wurden von<br />
Annegret Meyerhoff zum Teil der<br />
„Thesis – Nachforschung“ von Pastor Alfredo<br />
Eggers von 1996 entnommen und<br />
von Wilhelm und Jolanda Biester ergänzt.<br />
Geschichtlich-kulturelle Hintergründe<br />
Um 1900 war Guayaramerín noch ein<br />
kleiner unbedeutender Flusshafen im<br />
Norden Boliviens, am Ufer des Mamoré.<br />
Dieser mündet mit seinen gewaltigen<br />
Wassermassen in den Madeira und später<br />
in den Amazonas. Guayaramerín liegt<br />
der brasilianischen Stadt Guajará-Mirim<br />
gegenüber, die auf der anderen Seite des<br />
Flusses gebaut ist. Der Name stammt aus<br />
der Tupi Guarani Sprache und heißt übersetzt<br />
„kleine Wasserfälle“.<br />
In den sechziger Jahren siedelten viele<br />
Menschen von den Ortschaften San Joaquín<br />
und Magdalena nach Guayaramerín<br />
über. Dieselben flohen dahin, nachdem<br />
durch eine unbekannte Krankheit schon<br />
über 1000 Menschen gestorben waren.<br />
Verschiedene ausländische Regierungen<br />
sandten Ärzteteams nach Bolivien, um<br />
die Ursache dieser tödlichen Krankheit<br />
zu erforschen. In der verzweifelten Suche<br />
nach Hilfe, spritzte sich ein Arzt das Blut<br />
eines erkrankten Menschen in die Venen.<br />
Er wurde sofort nach Panama ausgeflogen<br />
und dadurch konnte endlich die Ursache<br />
entdeckt werden: Eine bestimmte Rattenart<br />
übertrug in der Nacht den Erreger<br />
durch ihren Urin auf Lebensmittel und<br />
Gegenstände, mit denen die Menschen<br />
dann in Kontakt kamen. Dieser Arzt starb<br />
an dieser Krankheit, doch durch sein Opfer<br />
konnten viele andere Menschen gerettet<br />
werden. Diese schreckliche Krankheit<br />
wurde „Fiebre Hemorrágica“ (Blutfieber)<br />
genannt.<br />
Die Zahl der Bevölkerung in Guayaramerín<br />
stieg bis heute auf ca. 50.000. Die<br />
Einwohner bilden eine bunte Mischung<br />
von Menschen aus fast allen Regionen<br />
Boliviens. Sie wurden durch den gut florierenden<br />
Handel mit Brasilien angelockt.<br />
Sie sind freundlich und an allem Neuen interessiert.<br />
Guayaramerín ist aber auch eine<br />
Stadt, in der Okkultismus, Drogenhandel<br />
und sexueller Missbrauch viele in Angst<br />
und Schrecken versetzen. Allgemein sind<br />
die Menschen dem Evangelium gegenüber<br />
sehr aufgeschlossen.<br />
Entstehung einheimischer Gemeinden<br />
1923 machten die neuseeländischen<br />
Missionare Jorge Allan und Henry Webendorfer<br />
eine Erkundungsreise von Cochabamba<br />
aus bis nach Guayaramerín im<br />
Beni-Gebiet, um christliche Literatur zu<br />
verbreiten. Es war eine sehr gefährliche<br />
und beschwerliche Reise. Nur mit Maultieren<br />
oder Flussbooten kamen sie voran.<br />
Henry erkrankte auf dieser Reise an Malaria,<br />
an deren Folgen er später starb. Die<br />
Menschen hier wurden damals „pata amarilla“<br />
genannt, was „gelbe Füße“ bedeutet.<br />
Wegen der Malaria waren viele sehr blutarm<br />
und deshalb sahen sie eher gelb als<br />
braun aus. Guayaramerín ist noch immer<br />
ein durch Malaria, und jetzt auch durch<br />
das Dengue Fieber, sehr gefährdeter Ort.<br />
Um das Jahr 1950 begann die New Tribes<br />
Mission von Guajará-Mirim aus im brasilianischen<br />
Urwaldgebiet mit unerreichten<br />
20 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Indianerstämmen Kontakte aufzunehmen.<br />
Unter den amerikanischen Missionaren<br />
war Tom Moreno aus Mexiko, der neben<br />
der portugiesischen auch die spanische<br />
Sprache beherrschte. So nutzte Tom Moreno<br />
die sich zwischen den Indianerkontakten<br />
ergebende Wartezeit aus, um im<br />
bolivianischen Guayaramerín der Bevölkerung<br />
das Zeugnis von der Errettung in<br />
Jesus Christus zu geben. Seine beiden verheirateten<br />
Kinder, ebenfalls Missionare der<br />
New Tribes Mission, verstärkten das Missionsteam<br />
in der Kontaktaufnahme mit<br />
den brasilianischen Indianerstämmen. Ein<br />
Sohn von Tom Moreno, Tomacito, nahm<br />
mit seiner Frau Wanda zwischen „ihren“<br />
Erkundungsreisen auch Kontakt mit den<br />
Gläubigen in Guayaramerín auf. Durch ihren<br />
treuen Dienst entstand 1958 die erste<br />
evangelische Gemeinde in Guayaramerín.<br />
Diese wurde dann dem Verband der OEN<br />
(Obra Evangélica Nacional) angegliedert.<br />
Dahin wurden alle Gemeinden angeschlossen,<br />
die durch den Dienst der New<br />
Tribes Mission in ganz Bolivien gegründet<br />
worden waren. Einige der von San Joaquín<br />
nach Guayaramerín geflüchteten Familien<br />
schlossen sich dann dieser Gemeinde an.<br />
In ihrem Heimatort gehörten sie jedoch<br />
einem anderen Verband an, der UCE (Unión<br />
Cristiana Evangélica). Während dem<br />
Heimataufenthalt von Br. Tomacito kam<br />
es dann leider zu einer sehr schmerzlichen<br />
Trennung, die viele Verletzungen verursachte.<br />
Mit den Jahren aber heilten die<br />
Wunden und heute besteht ein herzliches<br />
Miteinander.<br />
1963 wurde durch einen brasilianischen<br />
Missionar eine Pfingstgemeinde gegründet.<br />
Das „Dorf “ Guayaramerín vergrößerte<br />
sich durch Zuwanderung und darum<br />
wurde an dem angrenzenden Urwald ein<br />
neuer Ortsteil erschlossen. Dort entstand<br />
1970 durch den Missionsdienst Bolivien<br />
die Gemeinde „Berea“ (Beröa). 1975 wurde<br />
durch einen anderen brasilianischen<br />
Missionar eine Baptistengemeinde gegründet.<br />
Alle vier Gemeindeverbände haben<br />
in dem sich immer weiter ausdehnenden<br />
Guayaramerín bis heute viele kleine Tochtergemeinden<br />
mit einheimischen Leitern<br />
bzw. Pastoren gegründet.<br />
Für alle Gemeinden war für das innere<br />
Wachstum die Möglichkeit entscheidend,<br />
Bibeln, Kommentare, Biographien,<br />
Kindermaterial usw. erhalten zu können.<br />
Eine wichtige Hilfe hierfür war und ist die<br />
Buchhandlung „Librería La Palabra“ vom<br />
Missionsdienst Bolivien. Dieselbe wurde<br />
1968 von Wilhelm und Jolanda Biester aufgebaut,<br />
welche von einem Freundeskreis<br />
aus der Schweiz und Deutschland getragen<br />
wurde. Für alle späteren Mitarbeiter<br />
bedeutete der Dienst in der Buchhandlung<br />
das Herzstück der Mission, denn hier<br />
können Menschen durch das Wort Gottes,<br />
Bücher und Bibelfernkurse ihren Glauben<br />
vertiefen und auch seelsorgerliche Hilfe<br />
empfangen.<br />
1982 gründete Pastor Alfredo Eggers die<br />
Bibelschule „Alborada“, in der schon viele<br />
Gemeindeleiter, Evangelisten und Missionare<br />
zugerüstet wurden und noch werden.<br />
Gründung und Leitung der Gemeinden<br />
sind schon lange hauptsächlich in den<br />
Händen der einheimischen Brüder. Das<br />
ist gut so, da sie die Kultur und Denkweise<br />
der Menschen kennen. Wichtig ist, dass sie<br />
Missionare als Vorbilder zur Seite haben,<br />
die sie in ihren Bemühungen unterstützen<br />
und ihnen helfen, Familien und Gemeinden<br />
in Gottes Willen zu gründen und nach<br />
Gottes Wort zu leben. Das braucht viel Einfühlungsvermögen,<br />
Demut und Weisheit.<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
21
Titel<br />
WIE KÖNNEN WIR DIE HERZEN<br />
DER KINDER ERREICHEN?<br />
Kinderstunde (Span. Joana)<br />
Jesus hatte immer Zeit für die Kinder,<br />
für ihn war es keine Zeitverschwendung.<br />
Auch wir treffen im Alltag<br />
immer wieder auf Kinder und es ist<br />
nicht schwer mit ihnen in Kontakt zu<br />
kommen. Haben wir Zeit für sie?<br />
Anbei ein paar solcher Begegnungen:<br />
Auf der Straße ruft es manchmal<br />
„Profe, Profe“ (Lehrerin). Ich kann<br />
mich dann nicht immer an das Gesicht<br />
erinnern und überlege, woher<br />
ich dieses Kind kenne: Ist es von meiner<br />
Schulklasse, vom Campamento oder<br />
der Kinderstunde? Jetzt im Laufe der Zeit<br />
kann ich mir die Gesichter und Namen<br />
besser merken.<br />
Dixon – er kommt immer wieder vorbei<br />
und verkauft Yuka mit Fleischröllchen.<br />
Ich kann dann fast nicht anders,<br />
kaufe ihm etwas ab und wir reden<br />
dann noch ein wenig. Es braucht<br />
nicht viel, um einem Kind Liebe zu<br />
zeigen. Einfach ein paar Minuten<br />
sich Zeit nehmen und dem Kind<br />
Wertschätzung und Aufmerksamkeit<br />
schenken. Heute sind sie Kinder und<br />
morgen sind sie schon erwachsen<br />
und man kommt nicht mehr so einfach<br />
an sie heran. Jetzt wo sie noch so<br />
Santiagos (r.) Mutter nimmt Drogen<br />
klein und anhänglich sind, haben wir<br />
die Gelegenheit sie zu erreichen.<br />
Samstagmorgens kommen Kinder<br />
zur Kinderstunde. Emilse kenne ich<br />
von einem Besuch als wir bei ihrer<br />
Nachbarin waren. Sie kam auch vorbei,<br />
zusammen mit ihrer Mutter. Als<br />
Kinder vor der Librería:<br />
Es ist nicht schwer mit<br />
Kindern in Kontakt zu<br />
kommen.<br />
ein Bruder das<br />
Evangelium erklärte<br />
und die<br />
E r w a chs e n e n<br />
22 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Titel<br />
aufforderte, ihr Leben dem Herrn zu übergeben,<br />
hat sie es auch im Stillen getan. Sie<br />
liest in der Bibel. Möge diese junge Pflanze<br />
wachsen.<br />
Schade, dass Santiago schon lange nicht<br />
mehr in der Kinderstunde war. Er wohnt<br />
etwas weiter weg. Mit seinen ca. zehn Jahren<br />
kann er noch nicht lesen. Seine Mutter<br />
nimmt Drogen.<br />
Claudia sagte nach der Mädchenstunde,<br />
dass sie Jesus aufnehmen möchte. Da<br />
sie nach Hause musste, vereinbarten wir<br />
einen Termin für den nächsten Tag. Sie<br />
kam tatsächlich und so hatten wir Zeit um<br />
ausführlich über den Weg zur Errettung zu<br />
reden und zu beten.<br />
Wir sind in der Librería. Eine Horde<br />
Jungs kommt vorbei, wir begrüßen uns.<br />
Manche haben angefangen einen Bibelkurs<br />
für Kinder zu machen, den sie dann hier<br />
abgeben können. Der „Evangeliumswürfel“<br />
oder das „Wortlose Buch“ ist eine gute<br />
Hilfe, um das Evangelium anschaulich zu<br />
erklären.<br />
Wie schnell darf man die Einladung aussprechen<br />
Jesus aufzunehmen? Ein Kind ist<br />
schnell bereit, diesen Schritt zu machen.<br />
Einerseits wollen wir die Gelegenheit<br />
wahrnehmen und die Einladung zur Bekehrung<br />
aussprechen.<br />
Aber es sollen auch keine leichtfertig<br />
gemachten Entscheidungen sein, die ein<br />
Kind zu einer oberflächlichen Nachfolge<br />
führen. Denn wie in so vielen Dingen geht<br />
es hier nicht um die Quantität, sondern um<br />
die Qualität.<br />
Es braucht Weisheit und Abhängigkeit<br />
vom Herrn.<br />
Dass Kinder, junge Menschen, nicht nur<br />
den Herrn finden, sondern auch dran bleiben,<br />
ist ein weiteres großes Gebetsanliegen!<br />
Johanna Schmid<br />
EIN HERZ VOM HERRN GEWONNEN ...<br />
Wurde ich adoptiert?<br />
Hat man mich wie meine Stiefbrüder<br />
aufgenommen?<br />
Warum behandelt mich meine Mutter<br />
so anders als meine jüngeren Brüder, die<br />
sie verwöhnt? Bedeute ich meiner Mutter<br />
etwas?<br />
Warum wirft sie dann mit Gegenständen<br />
nach mir?<br />
Und mein Vater ist so karg an Worten<br />
– nur das allernotwendigste spricht er mit<br />
mir! Er glaubt mir nicht!<br />
Ich habe so lange gebraucht, um überhaupt<br />
darüber zu reden, was mir mein<br />
Stiefbruder angetan hat …<br />
Solche und viele andere Gedanken gingen<br />
Katherine durch den Kopf.<br />
Ich lernte sie durch eine Freizeit kennen.<br />
Sie war sehr schweigsam gewesen und redete<br />
nur mit ihren Freundinnen, die sie<br />
schon von der Gemeinde kannte. In diese<br />
kleine Gemeinde hier bei uns in der Stadt<br />
geht ihre Familie immer wieder zu den<br />
Veranstaltungen.<br />
Katherine machte bei allen Freizeitaktivitäten<br />
mit. Wenn man ein bisschen mehr<br />
mit ihr ins Gespräch kommen wollte, war<br />
sie wortkarg und lächelte nur. Witzig war<br />
es für sie auch, weil das Spanisch, das wir<br />
Ausländer sprechen, so ganz anders klingt<br />
und manchmal auch Fehler bei der Aussprache<br />
passieren. Aber auch den einheimischen<br />
Leiterinnen gegenüber antwortete<br />
sie nur zurückhaltend. Doch sie genoss die<br />
Zeit in den Freizeiten bestimmt auch, weil<br />
sie mal von zu Hause weg sein konnte.<br />
In den Freizeiten lernen wir immer einige<br />
Bibelverse auswendig – das konnte sie<br />
meistens sehr gut. Die biblischen Lektionen,<br />
die sie hörte und die Einladung den<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
23
Titel<br />
Herrn als persönlichen Erretter anzunehmen,<br />
überhörte sie nicht. Sie wusste, dass<br />
sie nicht errettet war, aber etwas hielt sie<br />
davon ab, sich dem Herrn ganz anzuvertrauen.<br />
Uns Freizeitleiterinnen führte diese Situation<br />
ins Gebet für sie. Bei der nächsten<br />
Freizeit suchten wir ein Gespräch mit ihr<br />
und beteten für sie. Die Zeit verging und<br />
sie ließ sich zu den Mädchentreffs einladen.<br />
Diese werden besonders für Mädchen<br />
nach den Freizeiten angeboten. Hier<br />
lesen wir zusammen die Bibel, machen<br />
Bibelkurse, beten, singen und spielen.<br />
Zusammen mit ihren Freundinnen kam<br />
Katherine pünktlich zu diesen Treffs. Ich<br />
war freudig überrascht, denn davor war<br />
ich es von den anderen Mädchen nicht so<br />
gewohnt. Inzwischen weiß ich, dass es ein<br />
Zeichen ihres Vertrauens war und ihr diese<br />
Zeit wichtig war.<br />
Die meisten Leute hier in Bolivien sind<br />
nicht so zeitorientiert, wie wir Deutschen,<br />
sondern eher ereignisorientiert. Das heißt,<br />
wenn ihnen etwas wichtig ist, dann kommen<br />
sie pünktlich, wenn aber nicht, dann<br />
lassen sie sich Zeit und kommen einfach<br />
später. Eines Tages war es soweit und sie<br />
hatte das Vertrauen und den Mut mehr zu<br />
reden. Einer der Gründe, den Herrn nicht<br />
anzunehmen, war vor allem diese brennende<br />
Frage: Warum hat Gott es zugelassen,<br />
dass mein Stiefbruder mir das angetan<br />
hat?<br />
Wir sprachen und beteten darüber und<br />
am Schluss lud ich sie ein sich zu melden,<br />
wenn sie wieder kommen möchte. Sie meldete<br />
sich nach einigen Tagen. Wir trafen<br />
uns und lasen zusammen die Bibelstellen,<br />
die über die Erlösung sprechen. Sie wollte<br />
beten und doch schwieg sie. Ein weiteres<br />
Mal kam sie und der Herr schenkte, dass<br />
sie zu ihm beten konnte.<br />
Missionarin Julia Wagner (1. v. li.), Katherine (3. v. li.) mit ihren Freundinnen: Sie wurde gerettet und lässt sich<br />
taufen.<br />
Sie war danach froh, ermutigt und erleichtert.<br />
Ich dankte dem Herrn dafür.<br />
Doch nach einiger Zeit meldete sie sich<br />
um zu sagen, dass sie nicht mehr kann und<br />
es sich nicht lohnt. Ich merkte, dass sie sehr<br />
entmutigt war. Wir beteten für sie. Der<br />
Herr schenkte uns eine Gelegenheit mit ihr<br />
ins Gespräch zu kommen und sie bekannte<br />
dem Herrn die Sünde, die sie geheim gehalten<br />
hatte und erfuhr Vergebung.<br />
Katherine äußerte vor einigen Monaten<br />
den Wunsch, sich taufen zu lassen. Wir<br />
beten dafür. Zurzeit ist sie wieder bei uns<br />
in der Stadt, nachdem sie das Studium<br />
in einer anderen Stadt abgebrochen hat.<br />
Sie möchte nächstes Jahr hier in Guayaramerín<br />
ein Studium beginnen.<br />
Danke, wenn ihr für Katherine und ihre<br />
Familie betet!<br />
Julia Wagner<br />
24 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Titel<br />
WIE KANN MAN DAS HERZ DER<br />
MENSCHEN IN BOLIVIEN GEWINNEN?<br />
Eine gute Frage, auf die ich mit ein paar<br />
Beispielen aus meinen sieben Jahren<br />
Bolivienzeit antworten möchte.<br />
Ein paar wichtige Grundsätze:<br />
Sich Zeit nehmen und gut zuhören. Wenn<br />
die Menschen merken, dass ich gestresst<br />
bin, keine Zeit habe und nur mit halbem<br />
Ohr zuhöre, werden sie mir ihr eigentliches<br />
P r o b l e m<br />
nicht sagen.<br />
Bevor die<br />
Leute in diesem<br />
Land auf<br />
das eigentliche<br />
Problem<br />
zu sprechen<br />
k o m m e n ,<br />
wird über<br />
vieles andere<br />
geredet, wie<br />
Familie, Gesundheit,<br />
Arbeit<br />
usw.<br />
Gastfreundschaft zeigen. Da können wir<br />
viel von ihnen lernen. Eigentlich wird einem<br />
überall, wo man hingeht etwas zum Trinken<br />
angeboten, und sei es auch nur Wasser.<br />
Sie lieben und ernstnehmen. Die Menschen<br />
hier sind sehr sensibel und merken,<br />
ob ich es echt meine oder nicht. Auf Liebe<br />
sprechen sie sehr gut an.<br />
Sie zu Hause besuchen. So lerne ich auch<br />
ihre Lebensweise kennen und wieder kann<br />
ich von ihnen viel lernen, wie sie oft alles<br />
stehen lassen, um sich dem Gast zu widmen.<br />
Es ist ganz wichtig an ihren Freuden und<br />
ihrem Leid teilzunehmen. Zum Beispiel<br />
Anteilnahme bei einem Todesfall: da wird<br />
Käthy und Pastor Sercy mit ihren Achtklässlern<br />
der Verstorbene oft noch ein bis zwei Tage<br />
zu Hause aufgebahrt, und Familie, Verwandte,<br />
Freunde, Nachbarn kommen und<br />
nehmen Anteil, bleiben oft Stunden bei ihnen,<br />
auch während der Nacht. Aber auch<br />
eine Geburtstagsfeier, z. B. den 15., der ganz<br />
besonders wichtig ist.<br />
Bei Enttäuschungen den Kontakt nicht<br />
so schnell aufgeben! Nicht immer heißt es,<br />
wenn die Leute nicht zu einem vereinbarten<br />
Termin kommen, dass es ihnen nicht wichtig<br />
ist, oder<br />
dass sie gar<br />
nicht mehr<br />
kommen.<br />
B e s t i m mt<br />
kam etwas<br />
dazwischen,<br />
das im Moment<br />
wichtiger<br />
war.<br />
Die Beziehung<br />
ist wichtig.<br />
Das ist<br />
sehr entscheidend.<br />
Je nachdem, wie meine Beziehung zu den<br />
Menschen ist, werden sie sich öffnen oder<br />
eben verschließen, werden mir wirklich sagen,<br />
was in ihrem Herzen ist oder werden<br />
mir sagen was ich hören möchte.<br />
Sie teilhaben lassen an meinem Ergehen.<br />
Oft erlebe ich, wie Türen sich öffnen, wenn<br />
ich aus meinem Leben erzähle und aus meinen<br />
Lektionen, durch die der Herr mich<br />
führt.<br />
Wenn ich zurückschaue, kann ich sagen,<br />
dass ich viel lernen durfte von den Menschen<br />
in Bolivien, vielleicht sogar mehr ich<br />
von ihnen, als sie von mir. Ich liebe sie und<br />
bin Gott dankbar für alles.<br />
Käthy Guggisberg<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
25
Mitteilungen<br />
Die Monate April bis September <strong>2011</strong><br />
habe ich in Deutschland verbracht.<br />
Wie schon im letzten Heft erwähnt, konnte<br />
ich einige Besuche machen und an Reisen<br />
teilnehmen.<br />
Bei der Abreise von Bolivien nach<br />
Deutschland überlegte ich, wie ich mich<br />
wohl wieder in die „deutsche“ Kultur rein<br />
finden werde. Es ging dann doch ziemlich<br />
schnell und es war ein Wiedereinleben in<br />
ein mir doch ziemlich bekanntes Umfeld.<br />
Es war das erste Mal, dass ich für ein<br />
halbes Jahr in Deutschland war. Der letzte<br />
Heimataufenthalt 2008 war nur knappe drei<br />
Monate. Somit war es jetzt eine intensivere<br />
Zeit und manche Kontakte konnte ich neu<br />
vertiefen. Ich schätzte es sehr, dass ich mehr<br />
Zeit in meiner Gemeinde hatte und einige<br />
Dienste übernehmen konnte. Durch die<br />
Entfernung und die Jahre, die man nicht<br />
in Deutschland ist, verliert sich der persönliche<br />
Kontakt zu vielen Geschwistern.<br />
Die Zeit mit meinen Eltern, Geschwistern<br />
und ihren Familien genoss ich sehr. Das<br />
Kennenlernen langjähriger Freunde des<br />
Missionsdienstes, neuer Freunde und Beter<br />
der Missionsarbeit war motivierend.<br />
Ermutigend und zum Segen wurden mir<br />
auch die Konferenzen, die ich besuchte. Die<br />
zwei Wochen in Spanien, zur Verbesserung<br />
meiner Spanisch-Kenntnisse waren gut und<br />
herausfordernd.<br />
Sollten für ein Projekt mehr Spenden<br />
eingehen, als benötigt werden, würden<br />
wir gerne den Überschuss für andere<br />
Zwecke des Missionsdienstes Bolivien (wie<br />
Rückblick<br />
Spenden<br />
Der Bolivientag in meiner Heimatgemeinde<br />
war ein Tag, wo ich einige Geschwister<br />
wieder treffen konnte, die einmal in<br />
Bolivien einen Einsatz gemacht hatten. Vorträge<br />
zum Thema Gebet und das Gebet für<br />
aktuelle Anliegen aus Bolivien waren wertvolle<br />
Teilabschnitte an diesem Tag.<br />
Der Abschied fiel mir diesmal nicht<br />
sehr leicht, doch im Vertrauen auf unseren<br />
Herrn und seine Führung konnte ich diesen<br />
neuen Abschnitt beginnen.<br />
„Nach deinem Rat leitest du mich…“<br />
(Psalm 73, 24).<br />
Wie der Herr Gebete erhört, durften wir<br />
bei Familie Görzen sehen. Nach einigen<br />
Jahren Gebet für sie, hat der Herr es möglich<br />
gemacht, dass sie auch als Mitarbeiter<br />
zusammen mit ihren fünf Kindern ausreisen<br />
konnten. Wir konnten zusammen nach<br />
Bolivien fliegen. Es war schön, so eine Flugbegleitung<br />
zu haben.<br />
Herzlichen Dank für die liebevolle Aufnahme<br />
und eure Unterstützung.<br />
Julia Wagner<br />
laufende Kosten, Baumassnahmen, usw.)<br />
verwenden. Sollte ein Spender dies nicht<br />
wünschen, möchte er uns dies ausdrücklich<br />
mitteilen.<br />
▪<br />
26 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Mitteilungen<br />
Eine traurige Nachricht<br />
Unser Mitarbeiter Christopher war auf<br />
dem Weg nach Nueva-Canaán, um seinem<br />
Schwiegervater<br />
im Stall bei den<br />
Kühen zu helfen.<br />
Unterwegs hatte<br />
er einen Unfall mit<br />
seinem Motorrad,<br />
bei dem er schwer<br />
verletzt wurde.<br />
Man brachte ihn<br />
Christopher (li.) und Dennis ins Krankenhaus<br />
Schitz (re.) aus Waldbröl nach Trinidad, wo<br />
man noch das Möglichste versuchte. Er starb<br />
jedoch zwei Tage später an den Folgen der<br />
schweren Kopfverletzungen.<br />
Christopher hinterlässt seine Frau Anna<br />
Isabella und zwei Kinder, Brigitte (4 Jahre)<br />
und Camely (2 Jahre). Es war eine sehr harte<br />
Situation für seine Frau und die Kinder. Sie<br />
wohnen jetzt bei ihren Eltern auf dem Gelände<br />
Nueva-Canaán.<br />
Wir bitten euch ganz herzlich für seine<br />
Frau und die beiden Mädchen zu beten, dass<br />
sie in ihrer Not ihre Zuflucht bei Jesus finden<br />
und neuen Mut und Hoffnung bekommen,<br />
um nach vorne zu schauen. (Möchte ER die<br />
Türen öffnen, die er für sie bereit hat.)<br />
Alle unsere Mitarbeiter möchten wir eurer<br />
Fürbitte anbefehlen, sowohl für ihr geistliches<br />
Leben, als auch für die Bewahrung auf dem<br />
Weg und in der Arbeit.<br />
▪<br />
Veränderung in der Familie Rhein<br />
Oft führt uns Gott Wege, an denen wir<br />
erkennen müssen, wer Gott ist. Wir<br />
haben eigene Vorstellungen und Pläne und<br />
möchten gerne, dass Gott nach unseren<br />
Vorstellungen handelt, aber Er muss es gar<br />
nicht. Seine Wege und Pläne sind viel höher<br />
als unsere, wie es in Jesaja 45, 5-7 heißt.<br />
So führt er uns zu der Erkenntnis, dass er<br />
ein wunderbarer und souveräner Gott ist.<br />
Das wurde uns so richtig bewusst, als<br />
wir am 2. September unseren Sohn Lukas<br />
in den Armen hielten. Wie oft haben wir<br />
uns gefragt: Herr, warum das lange Warten?<br />
Aber Gott hatte seinen Plan. Erst schenkte<br />
er uns Sarah und jetzt dürfen wir auch Lukas<br />
als ein Geschenk aus seiner Hand annehmen.<br />
Wenn wir unsere Kinder anschauen,<br />
dann können wir nur sagen: Gott, du<br />
bist der Herr und sonst keiner. Oft nehmen<br />
wir alles so selbstverständlich an, aber nur<br />
der schätzt das Wasser, der durch die Wüste<br />
g e g a n -<br />
gen ist.<br />
Wir sind<br />
G o t t<br />
s e h r<br />
dankbar,<br />
dass er<br />
uns diesen<br />
Weg<br />
geführt<br />
hat. Nicht nur in unserer Familie gab es Zuwachs,<br />
sondern auch in unserem Missionsteam.<br />
Wir sind dem Herrn sehr dankbar,<br />
dass nach langem Beten die Familie Görzen<br />
unser Team erweitert hat. Rudi und Inna Rhein<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
27
Freiwilliger Einsatz<br />
Ein Jahr in Bolivien, da kann man so einiges<br />
erleben… Man hört vielleicht viel darüber,<br />
doch wenn man selbst dort ist, und mal richtig<br />
,,mitfühlt“, dann ist es doch ganz anders.<br />
Eine der größten Herausforderungen während<br />
meines Aufenthaltes war fast das ganze Jahr<br />
hindurch die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit.<br />
Wenn in der Trockenzeit die Temperatur<br />
auf bis zu 40° C ansteigt und man etwas draußen<br />
arbeiten muss, wird man förmlich einen<br />
Schritt langsamer und von der Sonne niedergedrückt,<br />
sobald man den Schatten verlässt.<br />
Durch die hohe Luftfeuchtigkeit schwitzt man,<br />
selbst wenn man nichts tut. Im Zimmer hatten<br />
wir zum Beispiel eine Zeit lang eine Durchschnittstemperatur<br />
von über 30° C. Da wurde<br />
das Einschlafen manchmal schon fast zu einer<br />
Herausforderung.<br />
Am Anfang fiel mir besonders auf, dass das<br />
Leben dort lange nicht so geplant abläuft, wie<br />
in Deutschland. Da gibt es keine großen Terminplaner,<br />
vieles wird dort mehr oder weniger<br />
kurzfristig oder auch spontan durchgeführt.<br />
Einmal haben die Pastoren anderthalb Wochen<br />
vorher entschieden, dass eine Evangelisation<br />
veranstaltet wird. Natürlich musste da<br />
ein Chor singen und man musste üben. Somit<br />
waren die folgenden Abende ausgebucht.<br />
Vierstimmig sollte auch gesungen werden, nur<br />
leider konnten die meisten keine Noten lesen<br />
und die Singstunden waren nicht immer so<br />
gut besucht. Bei mir kam da gleich der deutsche<br />
Perfektionismus zum Vorschein und ich<br />
wurde unzufrieden, weil nicht alles so gut lief.<br />
Aber selbst wenn wir am Ende noch lange<br />
nicht fehlerfrei sangen, so musste ich doch die<br />
Einsatzbereitschaft vieler Geschwister bewundern.<br />
Da standen zum Teil schon Senioren im<br />
Chor, aber sie waren froh, dass sie durch das<br />
Singen dem Herrn dienen durften, auch wenn<br />
einige Töne schief klangen. In dieser Hinsicht<br />
waren mir die Bolivianer öfters zum Vorbild.<br />
Sie nehmen vielleicht einiges zu gelassen, aber<br />
sie geben sich mit viel weniger zufrieden und<br />
haben nicht so hohe Ansprüche. Da können<br />
wir Deutsche, die wir so oft unzufrieden sind,<br />
obwohl wir im Überfluss leben, so einiges lernen.<br />
Womit ich auch zurechtkommen musste, ist<br />
die Erwartung, die viele Bolivianer an die Missionare<br />
haben, zu denen auch die Freiwilligen<br />
zählen. Ich habe öfters den Spruch gehört: „Du<br />
bist ein Deutscher und du musst das können<br />
bzw. wissen.“ Selbst von Pastoren bekam ich<br />
den Satz zu hören. Natürlich ist keiner perfekt,<br />
auch wir Deutsche nicht und das mussten die<br />
Einheimischen öfters an uns feststellen. Aber<br />
ich merkte doch, dass von den Missionaren<br />
ziemlich viel erwartet wird. Die Leute schauen<br />
ganz besonders auf sie und ihr Leben. Öfters<br />
musste ich mir zweimal überlegen, was ich<br />
tue. Deswegen fand ich es besonders wertvoll,<br />
dass ich ein halbes Jahr mit den Geschwistern<br />
Wilhelm und Jolanda Biester zusammen sein<br />
durfte. Da sie schon viele Jahre dort verbracht<br />
haben, konnten sie mir viel über das Volk, die<br />
Kultur und das Land allgemein erzählen und<br />
mir Ratschläge geben, wie ich mit einigen<br />
GESUCHT WERDEN!!!<br />
Junge gläubige Männer, die für ein<br />
Jahr in vielen praktischen Aufgaben<br />
unsere Missionare in Guayaramerín<br />
entlasten könnten.<br />
Ab Sommer/Herbst 2012.<br />
Bitte melden bei:<br />
Manfred Siegmann<br />
Karl-Valentin-Str. 3<br />
68259 Mannheim<br />
28 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Freiwilliger Einsatz<br />
Dingen umzugehen oder in bestimmten Situationen<br />
handeln sollten.<br />
Durch die regelmäßige Stille Zeit am Morgen,<br />
aber auch verschiedene Erlebnisse im Alltag<br />
durfte ich geistlich wachsen und Gott näher<br />
kennen lernen. Ich bin Ihm für dieses Jahr<br />
sehr dankbar und würde es jedem empfehlen,<br />
mal für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Es ist<br />
sehr lehrreich zu sehen, wie Menschen auf der<br />
Welt leben, die viel weniger haben als wir, aber<br />
trotzdem glücklich und zufrieden sind.<br />
Thomas Tag<br />
Ich darf hier auf der Missionsstation für ein<br />
Jahr bei allerlei Arbeit mithelfen.<br />
Besonders in der letzten Zeit, die sehr anstrengend<br />
war, weil es sehr viel Arbeit gab, habe<br />
ich immer wieder Gottes Hilfe erfahren. Und<br />
immer wieder habe ich erlebt, dass ich alles tun<br />
konnte, was auf dem Plan stand, allein oder mit<br />
der Hilfe anderer.<br />
Es war ein Kommen und Gehen von Besuchern,<br />
die bei verschiedenen Arbeiten mitgeholfen<br />
haben, ob auf dem Campamento, auf<br />
der Station oder auch ausserhalb. Alle haben<br />
einen Beitrag geleistet, dass die Arbeit hier vorwärts<br />
ging. Gott sei Dank dafür.<br />
Ich habe einen geregelten Arbeitsplan, an<br />
den ich mich zu halten versuche.<br />
Jede Woche schreibe ich einen Speiseplan,<br />
der aber machmal nicht eingehalten werden<br />
kann, da z. B. Reste aufzuessen sind, kein „passendes“<br />
Fleisch da ist oder andere Zutaten gerade<br />
fehlen.<br />
Das Fleisch kaufen wir immer am Stück<br />
und verarbeiten es dann. Hähnchenfilets gibt<br />
es hier nicht zu kaufen, die muss man selber<br />
schneiden. Deshalb nutze ich Gelegenheiten<br />
sie in Brasilien zu kaufen bzw. kaufen zu lassen.<br />
Es erspart Arbeit beim Kochen.<br />
Montags gehen Blanqui (unsere bol. Köchin)<br />
und ich normalerweise für die ganze Woche<br />
einkaufen. Manchmal gibt es aber kein gutes<br />
Gemüse oder andere Sachen auf dem Markt, so<br />
dass ich mehrmals gehen muss.<br />
Besonders in der Trockenzeit gibt es hier viel<br />
zu putzen, weil es sehr staubig ist. Während der<br />
Regenzeit ist es besser. Aber dann ist es draußen<br />
schmutziger.<br />
Da es hier sehr feucht und heiß ist (obwohl<br />
wir hier auch kalte Tage erleben) gibt es viel<br />
Wäsche zu waschen und zu bügeln. In der Regenzeit<br />
braucht die Wäsche wegen der Feuchtigkeit<br />
länger zum Trocknen.<br />
Gott sei Dank besitzen wir Waschmaschinen.<br />
Es ist ein Luxus, den wir oft als selbstverständlich<br />
hinnehmen. Fast alle Bolivianer<br />
waschen ihre Wäsche von<br />
Hand im Fluss.<br />
Täglich stellen wir literweise<br />
Getränke mit filtriertem<br />
Wasser aus verarbeiteten<br />
Früchten her.<br />
Etwas, was ich hier<br />
z. B. gelernt habe, ist: Beten,<br />
dass man vom Essen<br />
und auch Trinken nicht<br />
krank wird. Bis jetzt habe ich seit meinem Aufenthalt<br />
in Cochabamba immer Gottes Schutz<br />
darin erlebt.<br />
Ich passe hier auch auf Sarah (Rhein) und<br />
Joel (Dück) auf. Ich mache es gerne, obwohl es<br />
manchmal eine Herausforderung ist, denn sie<br />
müssen lernen miteinander friedlich zu spielen.<br />
Freitags helfe ich im Kindergarten.<br />
Egal, was ich hier erlebe, ob Schönes oder<br />
Schwierigkeiten, ich bin gerne hier und weiß,<br />
dass Gott mich in diesem Jahr hier sehen<br />
möchte.<br />
Mein Wunsch ist es, dass Gott durch meinen<br />
Aufenthalt hier geehrt wird und die<br />
Frucht bewirkt, die er dadurch bezwecken<br />
will, auch wenn wir das Ergebnis oft nicht sehen.<br />
Erika Burenkin<br />
Mi{{ion{dien{t Bolivien 2 / <strong>2011</strong><br />
29
Freiwilliger Einsatz<br />
Einjähriger Einsatz als Krankenschwestern<br />
in Guayaramerín<br />
Nach einer Vorbereitungszeit von zwei Monaten, die die Sprachschule und die Beantragung<br />
des Jahresvisums beinhalteten, konnten Rufine Rempel und Anna Neufeld jetzt im<br />
Hauptkrankenhaus in Guayaramerín als Krankenschwestern mitarbeiten.<br />
Mit Erschrecken sehen wir, welche Armut<br />
hier herrscht. Die Möglichkeiten<br />
der Diagnostik und Therapie sind extrem<br />
gering. Außer einem EKG- und einem<br />
Röntgen-Gerät gibt es keine weiteren Untersuchungsgeräte.<br />
Nicht einmal eine Blutuntersuchung<br />
ist möglich. Das bedeutet,<br />
dass Leben aus Mangel an Geräten und Material<br />
nicht immer gerettet werden kann.<br />
Hier ein Erlebnis: Eine Frau mit ihrem Sohn<br />
wurde nach einem Motorradunfall ins Notfallzimmer<br />
des Krankenhauses gebracht. Sie<br />
hatte eine schwere Kopfverletzung und war<br />
schon bewusstlos, als sie mit einem Moto-<br />
Taxi (ein überdachtes Dreirad-Motorrad)<br />
gebracht wurde. Betroffen mussten wir sehen,<br />
dass man nicht die Mittel hatte, um ihr<br />
eventuell das Leben zu erhalten und dabei<br />
mussten wir daran denken, was man in<br />
Deutschland alles hätte machen können.<br />
Eine andere Sache ist, dass die Patienten alle<br />
ihre Medikamente und sonstiges Material<br />
selbst kaufen müssen. So kommt es auch<br />
vor, dass manche Patienten nicht behandelt<br />
werden, weil sie nicht das nötige Geld besitzen.<br />
Vor drei Monaten wurden uns medizinisches<br />
Material und Geräte aus Deutschland<br />
gespendet, über die wir sehr froh sind<br />
und die wir demnächst<br />
weitergeben<br />
werden.<br />
Momentan sind<br />
wir noch in der<br />
Einarbeitungsphase.<br />
Auch<br />
sprachliche Barrieren<br />
sind immer<br />
noch da. Unser<br />
Ziel und Wunsch<br />
ist, für Gott ein<br />
Werkzeug zu sein und Segen zu bringen.<br />
Bitte betet für Gelegenheiten, unseren<br />
Wunsch in die Tat umzusetzen.<br />
Zusätzlich wurde von einem Heim für pflegebedürftige<br />
Menschen um Hilfe gebeten.<br />
Bei einem Besuch konnten wir sehen, dass<br />
es an Pflegepersonal mangelt. Hier haben<br />
wir auch die Möglichkeit, mit den älteren<br />
Leuten zu singen und die Bibel zu lesen.<br />
Auch auf der Missionsstation dürfen wir<br />
praktisch mithelfen, wie z. B. im Haushalt<br />
und bei der Kinderarbeit.<br />
Wir freuen uns, mit dieser Arbeit einen<br />
kleinen Beitrag zu leisten.<br />
Rufine Rempel und Anna Neufeld<br />
30 2 / <strong>2011</strong> Mi{{ion{dien{t Bolivien
Panorama<br />
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Nach mehreren Jahren des Gebets für sie, konnten Heinrich und Helene Görzen als<br />
weitere Mitarbeiter zusammen mit ihren fünf Kindern ausreisen. Sie flogen zusammen mit<br />
Julia und Katharina. Die freuten sich über die gute Flugbegleitung.<br />
Aus La Paz wurden für eine bestimmte Dauer Marinesoldaten in Guayaramerín stationiert<br />
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Missionseinsatz in der Stadt<br />
Auch im August gab es wieder einmal einen Waldbrand. Gott sei Dank erreichte er nicht<br />
das Freizeitgelände.<br />
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