Neue Szene Augsburg 2015-04
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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44 Cinerama<br />
Elser<br />
Regie: Oliver Hirschbiegel<br />
Mit: Christian Friedel, Katharina<br />
Schüttler, Burghart Klaußner u.a.<br />
Die Geschichte des Hitler-Attentäters<br />
Georg Elsers und dessen Scheiterns<br />
ist eine der interessantesten und<br />
gleichzeitig natürlich tragischsten<br />
aus der NS-Zeit. Was der Welt erspart<br />
geblieben wäre, wenn der Anschlag im<br />
Münchner Bürgerbräukeller im November<br />
1939, also zwei Monate nach dem<br />
deutschen Überfall auf Polen, geglückt<br />
wäre... Dass die Geschichte des im<br />
April 1945 hingerichteten Schreines<br />
so lange hinter dem viel späteren<br />
Stauffenberg-Versuch in Vergessenheit<br />
geriet, ist ebenfalls kein Ruhmesblatt.<br />
Der aktuelle „Elser“ muss sich freilich<br />
messen mit dem von 1989, gespielt<br />
von Klaus Maria Brandauer. Der Film<br />
des macht aber genau das Richtige.<br />
In seinem Biopic zeigt Regisseur Oliver<br />
Hirschbiegel („Der Untergang“) eindrucksvoll<br />
die Motivation von Georg<br />
Elser, der ab 1932 erlebt, wie sich die<br />
Menschen in seiner württenbergischen<br />
Heimat allzu bereitwillig gleichschalten<br />
lassen. Auf die Frage nach seinen<br />
Hintermännern erklärt er während des<br />
Verhörs ruhig: „Sie werden lachen, es<br />
hätte auch niemand mitgemacht.“ (flo)<br />
(Kinostart: 09.<strong>04</strong>.)<br />
HHHHHI<br />
MÜLHEIM - TEXAS<br />
Regie: Andrea Roggen<br />
Mit: Helge Schneider u.a.<br />
Man liebt oder hasst ihn, Helge<br />
Schneider ist definitiv eine Ausnahmeerscheinung<br />
im deutschen<br />
Showbusiness. „Den grauen Alltag<br />
mache ich mir selber bunt“, schreibt<br />
der Musiker, Autor, Schauspieler und<br />
Komiker über sich selbst in bester<br />
Langstrumpftradition. Doch wie<br />
reagiert der vielseitige Künstler auf<br />
eine Annäherung mit Kamera? Die<br />
Filmemacherin Andrea Roggon hat es<br />
probiert und wurde dafür bereits mit<br />
dem Defa-Förderpreis ausgezeichnet<br />
für „ein gelungenes cineastisches<br />
Portrait, das beglückt durch seine<br />
Leichtigkeit, seine Situationskomik<br />
und seine Melancholie“. Helge reicht<br />
seine Geheimnisse nicht auf dem<br />
Silbertablett dar, die Ausgangslage<br />
ist also ziemlich spannend für die<br />
1981 geborene Andrea Roggon und<br />
ihr „dokumentarischen Roadmovie“,<br />
aber zu seinem 60. Geburtstag hat<br />
Helge da ein Geschenk bekommen,<br />
das ihm durchaus gefallen dürfte.<br />
(Filmstart: 23.<strong>04</strong>.)<br />
HHHHHI<br />
EVERY THING WILL BE<br />
FINE<br />
Regie: Wim Wenders<br />
Mit: James Franco, Charlotte Gainsbourg,<br />
Marie-Josée Croze, Rachel<br />
McAdams u.a.<br />
Noch ein Jubilar: Wim Wenders wird<br />
im August 70 Jahre alt und hat sich<br />
zum Jubiläum ein stargespicktes<br />
Drama gegönnt – in 3D! Nachdem er<br />
bei einem Autounfall versehentlich<br />
ein Kind getötet hat, ist der von<br />
James Franco vorzüglich gespielte<br />
Autor Thomas nicht mehr derselbe<br />
und kämpft selbst noch dann mit<br />
seinem Schicksal, als das erste Buch<br />
nach der tragischen Geschichte zum<br />
Erfolg wird. Es kommt schließlich<br />
zwölf Jahre später zur Begegnung<br />
mit dem Bruder des getöteten<br />
Kindes und es ist eine kleine Meisterleistung<br />
des Regisseurs schon bis<br />
dahin nicht in sämtliche Klischeefallen<br />
getappt zu sein. Nein, es wird<br />
sicher nicht alles „fine“ sein und der<br />
Streifen kein „Paris, Texas“, aber<br />
dem Altmeister ist die sehenswerte<br />
Variante einer schon oft erzählten<br />
Geschichte geglückt. Nehmen Sie<br />
also bitte im Kino die Mütze ab,<br />
danke. (flo) (Kinostart: 02.<strong>04</strong>.)<br />
HHHHII<br />
COBAIN: MONTAGE OF<br />
HECK<br />
Regie: Brett Morgen<br />
Doku mit Kurt Cobain u.a.<br />
Der erste von der Familie autorisierte<br />
Film über die Grunge-Legende<br />
lief nach seiner Weltpremiere auf<br />
dem Sundance-Festival auch bei der<br />
Berlinale und soll bereits im Mai ins<br />
US-Fernsehen kommen. Nachdem<br />
sogar Tochter Frances Bean als Produzentin<br />
agiert, konnte Regisseur<br />
Brett Morgen auf ein umfangreiches<br />
Archiv zugreifen, das jeden Fan wohl<br />
komplett durchdrehen ließe: Fotos, Demotapes,<br />
Homevideos, Zeichnungen,<br />
Gemälde, Skulpturen. Dazu gibt’s wie<br />
gehabt Interviews mit Wegbegleitern<br />
des Sängers und Gitarristen, der 1994<br />
Selbstmord beging. Doch der Streifen<br />
ist nicht die übliche Star-Doku, wie<br />
sie wohl Bandkollege Dave Grohl (der<br />
bezeichnenderweise kaum auftaucht)<br />
gedreht hätte, sondern eine fast schon<br />
intime Annäherung an einen Künstler,<br />
dessen Gehirn nach eigener Aussage<br />
nie stillstand. Der Film läuft nur sehr<br />
kurze Zeit in den Kinos, genau gesagt<br />
an zwei Tagen: am 09. und 10.<strong>04</strong>. im<br />
<strong>Augsburg</strong>er Cinemaxx, dafür im Original<br />
– und wir verlosen Tickets auf<br />
www.neue-szene.de ab 01.<strong>04</strong>. (flo)<br />
(Kinostart: 09.<strong>04</strong>.)<br />
HHHHII<br />
Film des Monats<br />
A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT<br />
Regie: Ana Lily Amirpour<br />
mit: Sheila Vand, Arash Marandi, Marshall Manesh, Dominic Rains u.a.<br />
Der neue Tarantino ist eine Frau, eine iranische US-Amerikanerin mit<br />
einem tollen Namen: Ana Lily Amirpour. Der klingt schon so, als habe er<br />
nur darauf gewartet, in unserem popkulturellen Namensspeicher Platz<br />
nehmen zu dürfen. Ihr erster Langfilm hat jedenfalls genug Biss, um so<br />
eine Behauptung einfach mal in die Welt zu setzen. Es ist ein Vampirfilm<br />
– romantisch, cool, stylisch, musikalisch, in kontrastreichem Schwarzweiß<br />
für die Breitwand gedreht. Der erste iranische Spaghetti-Vampir-<br />
Western? Vielleicht. Im Original wird sogar Farsi gesprochen, in dieser<br />
heruntergekommenen Geisterstadt namens Bad City, die irgendwo im Iran<br />
liegen soll. Tatsächlich ist der Film jedoch als Puzzle aus Zeichen unterschiedlichster<br />
(Pop-)Kulturen in Kalifornien entstanden. Ob der hybride<br />
Stilmix nun eine oberflächliche Ästhetik bemüht, unter der keine tiefere<br />
Bedeutung liegt, ist jedenfalls egal, solange dieser betörende weibliche<br />
Vampir im Tschador so schön anzuschauen ist. Ein Vampir, der zu Hause<br />
im Ringelshirt am liebsten zu Rock’n’Roll-Platten tanzt. Wenn das nix is?<br />
(fs) (Kinostart: 23.<strong>04</strong>.)<br />
HHHHHI<br />
3D in ausgewählten Kinos