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Der Einfluss einer aktiven Bewegungsschiene auf die ... - VACOped

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Originalien<br />

Unfallchirurg 2006 · 109:22–29<br />

DOI 10.1007/s00113-005-1006-0<br />

Online publiziert: 15. September 2005<br />

© Springer Medizin Verlag 2005<br />

F. v. Lüb ken · R. Schmidt · C. Joui ni · H. Gern groß · B. Frie mert<br />

Bundeswehrkrankenhaus Ulm<br />

<strong>Der</strong> Ein fluss ei ner ak ti ven<br />

<strong>Bewegungsschiene</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />

Propriozeption nach vorderer<br />

Kreuzbandplastik<br />

Eine prospektiv randomisierte Stu<strong>die</strong><br />

Bei Patienten mit Ruptur des vorderen<br />

Kreuzbands besteht neben <strong>einer</strong> mechanischen<br />

Instabilität eine funktionelle Instabilität,<br />

welche Folge des propriozeptiven Defi<br />

zits ist. Die se ist be dingt durch <strong>die</strong> Schädi<br />

gung von im vor de ren Kreuz band ge legenen<br />

Rezeptoren [29]. Entsprechend ist<br />

<strong>die</strong> sensomotorische Steuerung des Kniege<br />

lenks ein ge schränkt. Da bei kön nen <strong>die</strong><br />

Reizschwellen sowohl erhöht als auch ernied<br />

rigt sein, was sich z. B. am ty pi schen<br />

Gi ving-way-Phä no men äu ßert [13]. Für<br />

<strong>die</strong> Pro prio zep ti on sind meh re re Re zepto<br />

ren ver ant wort lich, <strong>die</strong> in den ver schiedenen<br />

Bereichen des Kniegelenks lokalisiert<br />

sind. Schultz et al. [35] konn ten als<br />

erste 1984 histologisch Rezeptoren im vorderen<br />

Kreuzband des Menschen nachweisen.<br />

Mitt ler wei se ist be kannt, dass ne ben<br />

den Rezeptoren im vorderen und hinteren<br />

Kreuz band auch Re zep to ren in den Me nisken<br />

und in dem das Knie ge lenk um ge benden<br />

Weichteilgewebe vorkommen.<br />

Die ses Sys tem aus Re zep to ren spielt<br />

für <strong>die</strong> pro prio zep ti ven Leis tun gen des<br />

Gelenks eine herausragende Rolle [13, 18].<br />

Die Me cha no re zep to ren er fas sen In for matio<br />

nen über <strong>die</strong> Deh nung und den Last zustand<br />

des Kap sel ban d ap pa rats und über<br />

Bewegungen des Gelenks. Anhand <strong>die</strong>ser<br />

Informationen werden <strong>die</strong> Bewegungsabläufe<br />

des Gelenks koordiniert. Eine Möglichkeit<br />

<strong>die</strong> propriozeptive Kapazität summarisch<br />

zu messen, stellt unter anderem<br />

der von Je rosch [23] be schrie be ne Win kelreproduktionstest<br />

dar.<br />

Es ist nach ge wie sen, dass bei Pa ti en ten<br />

mit vor de rer Kreuz ban drup tur <strong>die</strong> proprio<br />

zep ti ven Fä hig kei ten pa tho lo gisch<br />

verändert sind [17, 28]. Zusätzlich konnte<br />

nachgewiesen werden, dass es keine Korrelation<br />

zwischen mechanischer und subjektiver<br />

Instabilität, sehr wohl aber zwischen<br />

Propriozeption und subjektiver Insta<br />

bi li tät gibt [2, 15]. Folg lich soll te <strong>die</strong><br />

ope ra ti ve Re kon struk ti on des vor de ren<br />

Kreuzbands durch eine postoperative, propriozeptive/neuromuskuläre<br />

Therapie ergänzt<br />

wer den, um das Er geb nis zu op ti mieren.<br />

In den meis ten Fäl len wird das ge forderte<br />

propriozeptiv/neuromuskuläre Training<br />

je doch erst nach Entlassung aus der<br />

stationären Behandlung durch ambulante<br />

Physiotherapeuten eingeleitet. <strong>Der</strong> Grund<br />

hierfür liegt unter anderem im postoperativen<br />

Schmerz, liegenden Drainagen, bestehender<br />

Schwellung, der fehlenden Vollbelastung<br />

und fehlendem Bewegungsumfang.<br />

Ziel soll te es sein, mit dem pro priozeptiven<br />

Training möglichst frühzeitig zu<br />

be gin nen, um mög lichst schnell wie der<br />

<strong>die</strong> sen so mo to ri sche Leis tungs fä hig keit<br />

des Gelenkes <strong>auf</strong>zubauen.<br />

Age berg et al. [1] ka men zu dem Schluss,<br />

dass alleinige konventionelle Physiotherapie<br />

und <strong>die</strong> Ver wen dung von Con ti nuouspassive-motion-Schienen<br />

(CPM) zwar den<br />

Bewegungsumfang postoperativ steigern<br />

kön nen, aber an dem durch das Trau ma<br />

bedingten neuromuskulären Defizit nichts<br />

ändern. Die in der Literatur hierfür vorgeschlagenen<br />

Trainingsübungen, wie z. B. <strong>die</strong><br />

propriozeptive neuromuskuläre Faszillation<br />

(PNF) so wie Ba lan ce übun gen mit Hilfe<br />

des Kipp bretts, sind in der un mit tel bar<br />

postoperativen Phase <strong>auf</strong>grund der oben genannten<br />

Bedingungen nicht durchführbar.<br />

Einen neuen Ansatz in der unmittelbar<br />

postoperativen Behandlung nach Rekonstruktion<br />

des vorderen Kreuzbands stellt<br />

<strong>die</strong> Verwendung von kontrolliert <strong>aktiven</strong><br />

<strong>Bewegungsschiene</strong>n (CAM-Schienen) dar.<br />

Mit Hil fe <strong>die</strong> ser Schie nen wird den Pa tien<br />

ten früh zei tig ein ak ti ves Be we gungsund<br />

Ko or di na ti ons trai ning er mög licht.<br />

Das Trai ning mit der CAM-Schie ne folgt<br />

da bei dem phy sio the ra peu ti schen Prinzip<br />

der ge schlos se nen Ket te, da der Fuß<br />

in der CAM-Schie ne fi xiert wird. Vor teil<br />

<strong>die</strong> ser Schie ne ist, dass im Ver gleich zum<br />

Ergometertraining oder komplexen neuro<br />

mus ku lä ren Trai nings for men <strong>die</strong> Beugung<br />

des Kniegelenks dem aktuellen Befund<br />

an ge passt wer den kann und nur eine<br />

geringe mechanische Belastung <strong>auf</strong>tritt,<br />

wie <strong>die</strong>s in der unmittelbar postoperativen<br />

Pha se not wen dig ist. Die se Form des Trainings<br />

för dert durch den ho hen An spruch<br />

an Ko or di na ti on der Knie ge lenk be we gun-


Abb. 2 9 Die CAM-Schie ne<br />

ermöglicht eine lineare<br />

Bewegung, wodurch sie<br />

sich von ei nem Bett fahrrad<br />

ab grenzt<br />

Abb. 1 9 Patientendaten und<br />

Begleitverletzungen<br />

Stu <strong>die</strong> wur de durch <strong>die</strong> Ethik kom mis sion<br />

der Uni ver si tät Ulm ge neh migt (Nr.<br />

165/2001). Die teil neh men den Pa ti en ten<br />

und Probanden hatten ihr Einverständnis<br />

schriftlich erklärt.<br />

Sämtliche Patienten hatten eine Ruptur<br />

des vorderen Kreuzbands. Die Patienten<br />

wur den kli nisch un ter sucht und das ak ti ve<br />

Bewegungsausmaß beider Kniegelenke bestimmt.<br />

Zusätzlich wurde der Zeitrahmen<br />

zwischen dem Trauma und der Operation<br />

fest ge hal ten. Es wur den 2 The ra pie gruppen<br />

(je 25 Patienten) untersucht. Die Einteilung<br />

in <strong>die</strong> CAM-Gruppe (Physiotherapie<br />

und CAM-Schie ne) und <strong>die</strong> PT-Gruppe<br />

(nur Phy sio the ra pie) er folg te zu fäl lig<br />

durch Briefrandomisierung. In der CAM-<br />

Grup pe wa ren 1 Frau und 24 Män ner, wähgen<br />

ge zielt <strong>die</strong> Pro prio zep ti on [14] und entspricht<br />

dem von Ri ve ra [33] emp foh le nem<br />

Therapiekonzept.<br />

Ziel der hier vor ge stell ten Stu <strong>die</strong> war es<br />

zu un ter su chen, ob durch <strong>die</strong> Kom bi na tion<br />

aus vorderer Kreuzbandplastik und Verwen<br />

dung der CAM-Schie ne in der un mittelbar<br />

postoperativen Phase das durch <strong>die</strong><br />

Ruptur des vorderen Kreuzbands bedingte<br />

propriozeptive Defizit reduziert werden<br />

kann.<br />

Material und Methoden<br />

Patienten<br />

Es wurde eine prospektive randomisierte<br />

Stu<strong>die</strong> an 50 Patienten durchgeführt. Die<br />

2<br />

rend sich in der PT-Grup pe 2 Frau en und<br />

23 Männer befanden.<br />

In Be zug <strong>auf</strong> Al ter, Ge wicht und Körper<br />

grö ße gab es zwi schen den Grup pen<br />

k<strong>einer</strong>lei signifikante Unterschiede. In der<br />

CAM-Gruppe war bei 13 Patienten das linke<br />

und bei 12 Pa ti en ten das rech te Knie betrof<br />

fen, wäh rend in der PT-Grup pe <strong>die</strong><br />

Ver tei lung links/rechts bei 11 zu 14 lag. Klinisch<br />

relevante Unterschiede hinsichtlich<br />

Anzahl und Art der Begleitverletzungen<br />

in den bei den Grup pen la gen nicht vor<br />

(. Abb. 1).<br />

Ausschlusskriterien für <strong>die</strong>se Stu<strong>die</strong> waren<br />

eine erforderliche Brace-Versorgung,<br />

Kontraindikationen bezüglich der Schienen<br />

be hand lung, Li mi tie rung der Be wegung<br />

durch Ope ra ti ons ver fah ren, post-


Originalien<br />

Abb. 3 8 Versuchs<strong>auf</strong>bau mit Goniometer für<br />

den passiven Winkelreproduktionstest<br />

Abb. 4 8 Dar stel lung des Schmer zes, im zeit li chen Ver l<strong>auf</strong> ge mes sen mit der vi su el len<br />

Ana logs ka la (VAS, Span ne von mi ni mal 1 bis ma xi mal 10)<br />

operativer Infekt, tiefe Beinvenenthrombose,<br />

neurologische Erkrankungen, metabolische<br />

Gefäßerkrankungen mit neurologischer<br />

Komponente, Verletzungen des oberen<br />

und/oder un te ren Sprung ge lenks, Verletzungen<br />

der Hüfte sowie ein passiver Bewegungsumfang<br />

von weniger als 70°.<br />

Operationstechniken<br />

Die ope ra ti ve Be hand lung der vor de ren<br />

Kreuz ban drup tur wur de ent we der anhand<br />

ei ner Pa tel lar seh nen plas tik (BTB),<br />

oder mit ei ner Se mi ten di no sus-Gra cilis-Plas<br />

tik (STG) mit ins ge samt 4 Sehnensträngen<br />

vorgenommen. Die Patienten<br />

konnten nach entsprechender Aufklärung<br />

frei zwischen beiden operativen Verfah<br />

ren wäh len. In der CAM-Grup pe betrug<br />

da her das Ver hält nis von Bone-Tendon-Bone-Ersatzplastik<br />

zur Semitendinosus-Gracilis-Plastik<br />

24:1, in der PT-Gruppe<br />

hingegen 23:2. In beiden Fällen wurden<br />

<strong>die</strong> Trans plan ta te mit Hil fe von bio re sorbier<br />

ba ren Schrau ben so wohl in der Ti bia<br />

als auch im Fe mur fi xiert. Alle Pa ti en ten<br />

wurden von denselben beiden Chirurgen<br />

(B.F./W.S.) ope riert.<br />

Postoperative Behandlung<br />

Beiden Patientengruppen wurde erlaubt,<br />

<strong>die</strong> Kniegelenke schmerzabhängig frei zu<br />

bewegen. Die konventionelle Physiotherapie<br />

bestand in Lymphdrainage, Gangschule,<br />

<strong>aktiven</strong> und passiven Bewegungsübungen<br />

sowie isometrischen Streckübungen<br />

für bei de Knie ge len ke. Al len Pa ti en ten<br />

wurde postoperativ Sohlenkontakt erlaubt.<br />

Be son ders ge ach tet wur de <strong>auf</strong> früh zei tige<br />

Extensionsübungen. Nach Drainagenzug<br />

am zweiten postoperativen Tag erhielten<br />

<strong>die</strong> Pa ti en ten der CAM-Grup pe <strong>die</strong><br />

CAM-Schiene. Verwendet wurde <strong>die</strong> CA-<br />

MOPED-Schiene (OPED®, Val ley, Deutschland,<br />

. Abb. 2).<br />

Je der Pa ti ent soll te täg lich zwi schen 2<br />

und 4 Stun den mit der CAM-Schie ne trainie<br />

ren. Die Pa ti en ten der PT-Grup pe erhielten<br />

lediglich <strong>die</strong> gleiche konventionelle<br />

physiotherapeutische Beübung wie <strong>die</strong><br />

Patienten der CAM-Gruppe.<br />

Die Pa ti en ten wur den stan dar di siert<br />

einen Tag präoperativ stationär <strong>auf</strong>genommen<br />

und am 7. post ope ra ti ven Tag ent lassen.<br />

Sie be fan den sich ent spre chend 9 Tage<br />

in sta tio närer Be hand lung, um für <strong>die</strong><br />

Untersuchung vergleichbare, kontrollierte<br />

Be din gun gen zu schaf fen.<br />

Winkelreproduktionstest<br />

Um <strong>die</strong> Propiozeption der Patienten zu unter<br />

su chen, wur de der von Je rosch et al. [22,<br />

23] beschriebene Winkelreproduktionstest<br />

verwendet. Wir nahmen komplett passiv<br />

ge führ te Mes sun gen vor. Die Win kel wurden<br />

mit einem Elektrogoniometer (Penny<br />

& Gi les®, Do re set, GB, Ge nau ig keit des<br />

Go nio me ters ±0,5°) be stimmt. Das Ge rät<br />

wur de la te ral am Knie mit ei nem beid seits<br />

kle ben den Kle be band (Tesa®, Ham burg)<br />

fixiert (. Abb. 3).<br />

Nach An la ge der Mess blö cke und Kontrol<br />

le <strong>auf</strong> kor rek ten Sitz wur de das be treffen<br />

de Bein bis 0° ge streckt und das Go niometer<br />

kalibriert. Danach wurde jeder Patient<br />

<strong>auf</strong> ge for dert, das Bein mehr mals bis<br />

zu 90° zu flek tie ren und <strong>die</strong> Mess ge nau igkeit<br />

über prüft. Durch eine Au gen bin de<br />

wa ren <strong>die</strong> vi su el len Sti mu li ge nom men.<br />

Das Bein wur de nun nach ein an der <strong>auf</strong><br />

drei vorher definierte Gradeinstellungen<br />

(rechts: 15°, 30°, 50°; links: 10°, 35°, 60°) passiv<br />

bewegt und für 5 Sekunden gehalten.<br />

<strong>Der</strong> Patient sollte sich <strong>die</strong> jeweiligen Positionen<br />

merken.<br />

Nach Rück kehr in <strong>die</strong> Aus gangs po si tion<br />

und pas siv ge führ ter, er neu ter Be wegung<br />

soll te der Pa ti ent an ge ben, wann<br />

<strong>die</strong> vor ge ge be nen Win kel wie der erreicht<br />

wur den. Es wur den nach Je rosch<br />

et al. [22, 23, 24] un ter schied li che Winkel<br />

rechts und links ge wählt, um einen<br />

Lerneffekt zu vermeiden. Außerdem wurde<br />

<strong>die</strong> Rei hen fol ge der Win kel bei je dem<br />

Pa ti en ten va ri iert. <strong>Der</strong> Sei ten un ter schied<br />

zwi schen dem ge sun den und kran ken<br />

Knie ge lenk wur de be stimmt und als propio<br />

zep ti ves De fi zit des kran ken Knie gelenks<br />

definiert.<br />

Weitere Beurteilungskriterien<br />

Zusätzlich zum Reproduktionstest wurden<br />

der Mus kel um fang 10 cm und 20 cm oberhalb<br />

des me dia len Kniegelenkspalts und<br />

<strong>die</strong> Schmerzen präoperativ und bis zum<br />

Tag der Ent las sung er fasst. <strong>Der</strong> Schmerz<br />

wurde anhand <strong>einer</strong> visuell analogen Skala<br />

(VAS, 10 cm) ge mes sen. Je der an der Stu<strong>die</strong><br />

teilnehmende Patient musste <strong>die</strong> Trainings<br />

zeit mit der CAM-Schie ne pro Tag<br />

dokumentieren.<br />

3


Zusammenfassung · Abstract<br />

Statistik<br />

Als Kon troll grup pe wur den vor Be ginn<br />

der ei gent li chen Stu <strong>die</strong> 20 ge sun de Probanden<br />

mit dem oben beschriebenen Winkelreproduktionstest<br />

untersucht, deren Ergebnisse<br />

auch zur Fallzahlberechnung der<br />

Gruppengrößen erforderlich waren. Die<br />

Kontrollgruppe zeigte in extensionsnaher<br />

Stellung (Hauptzielgröße) eine Seitendifferenz<br />

der Winkelreproduktion von durchschnitt<br />

lich 2,3°±1,9°. Die Haupt ziel grö ße<br />

liegt in dem Be reich, dem in der Li te ra tur<br />

<strong>die</strong> höchs te Be deu tung bei der Mes sung<br />

des propriozeptiven Defizits nach Ruptur<br />

des vor de ren Kreuz bands zu ge spro chen<br />

wird, da das vor de re Kreuz band im ex tensionsnahen<br />

Bereich seine Hauptfunktion<br />

über nimmt [8, 17, 22, 28]. Die Win kel be reiche<br />

30°/35° und 50°/60° wur den als Ne benziel<br />

grö ßen fest ge legt. Bei Mes sung der Nebenzielgröße<br />

30°/35° im Winkelreproduktionstest<br />

erreichten <strong>die</strong> gesunden Probanden<br />

eine durchschnittliche Seitendifferenz<br />

von 2,1°±1,8°. Die Mes sung der Ne ben zielgrö<br />

ße 50°/60° er gab eine durch schnitt liche<br />

Seitendifferenz von 1,8°±1,0° im flexionsnahen<br />

Bereich.<br />

Zur Be rech nung der Fall zahl wur den<br />

eine Power von 80% und ein Feh ler von<br />

p


Originalien<br />

Abb. 5 8 Die Veränderungen des propriozeptiven Defizits in der CAM-Gruppe vom Tag der<br />

Auf nah me bis zum Tag der Ent las sung. Die Säu le M stellt den Mit tel wert der Ver än de rung<br />

in der Grup pe dar<br />

mit 3,7°±3,3° für <strong>die</strong> CAM-Grup pe sig ni fikant<br />

bes ser als mit −1,1°±4,8° für <strong>die</strong> PT-<br />

Grup pe, was eine Ver schlech te rung im<br />

Vergleich zur präoperativen Messung darstellt.<br />

Es besteht postoperativ zwischen der<br />

CAM-Grup pe und der ge sun den Kon trollgruppe<br />

kein signifikanter Unterschied im<br />

Winkelreproduktionstest bei 10°/15°.<br />

Um <strong>die</strong> Un ter schie de zwi schen der<br />

CAM- und der PT-Grup pe zu ver deut lichen,<br />

sind in . Abb. 5 und 6 <strong>die</strong> individuellen<br />

Veränderungen des propriozeptiven<br />

Defizits im Winkelreproduktionstest darge<br />

stellt. Es zeigt sich eine Re duk ti on des<br />

De fi zits bei 80,0% der Pa ti en ten in der<br />

CAM-Grup pe. In der PT-Grup pe wird<br />

hin ge gen nur bei 24,0% der Pa ti en ten eine<br />

Reduktion festgestellt.<br />

Nebenzielgröße 30°/35°<br />

Abb. 6 8 Die Veränderungen des propriozeptiven Defizits in der PT-Gruppe vom Tag der<br />

Auf nah me bis zum Tag der Ent las sung. Die Säu le M stellt den Mit tel wert der Ver än de rung<br />

in der Grup pe dar<br />

gungs um fang prä ope ra tiv 129,6°±9,1° in<br />

der CAM-Grup pe und 117,0°±16,9° in der<br />

PT-Grup pe.<br />

Am Tag der Ent las sung be stand bei<br />

kei nem Pa ti en ten ein Streck de fi zit. <strong>Der</strong><br />

a k t i v e B e w e g u n g s u m f a n g d e r o p e r a -<br />

tiv ver sorg ten Sei te be trug bei Ent lassung<br />

durch schnitt lich 98,8°±14,0° in der<br />

CAM-Grup pe und 85,4°±20,0° bei den<br />

Pa ti en ten der PT-Grup pe. <strong>Der</strong> Un terschied<br />

im Be we gungs aus maß zwi schen<br />

bei den Grup pen ist prä- und post opera<br />

tiv sig ni fi kant. Die sig ni fi kan te Dif ferenz<br />

zwi schen den bei den Grup pen lässt<br />

sich durch Aus rei ßer er klä ren. Die Diffe<br />

renz des ak ti ven Be we gungs aus ma ßes<br />

prä- zu post ope ra tiv be trägt in der CAM-<br />

Grup pe −30,8°±15,2° und −31,6°±18,0° in<br />

der PT-Grup pe. Die se Dif fe renz ist nicht<br />

sig ni fi kant.<br />

Hauptzielgröße 10°/15°<br />

Präoperativ konnte zwischen den Patienten<br />

der CAM-Grup pe und der PT-Gruppe<br />

kein sta tis tisch sig ni fi kan ter Un terschied<br />

gemessen werden. <strong>Der</strong> Mittelwert<br />

der Seitendifferenz betrug präoperativ in<br />

der CAM-Grup pe 4,3°±3,9° und in der PT-<br />

Grup pe 2,8°±5,4°. Am Tag der Ent las sung<br />

bestand eine Seitendifferenz in der CAM-<br />

Grup pe von 0,7°±2,3° (Me di an 1°) und<br />

3,9°±4,6° (Me di an 4°) in der PT-Grup pe.<br />

Das entspricht <strong>einer</strong> Reduktion der Seitendif<br />

fe renz von 83,7% in der CAM-Grup pe<br />

und ei ner Er hö hung um 39,3% in der PT-<br />

Gruppe. Dies ist ein signifikanter Unterschied<br />

zu Guns ten der CAM-Grup pe.<br />

Zu sätz lich ist <strong>die</strong> Ver bes se rung der<br />

prä- zu postoperativen Seitendifferenzen<br />

im Winkelreproduktionstest im Vergleich<br />

In den bei den un ter such ten Pa ti en tengruppen<br />

wurden durchschnittlich 1,8°±3,7°<br />

(CAM) und 1,9°±2,9° (PT) prä ope ra tive<br />

Seitendifferenz gemessen. Es bestand<br />

kein signifikanter Unterschied. Postoperativ<br />

betrug <strong>die</strong> Seitendifferenz 0,4°±2,1° in<br />

der CAM-Grup pe und 1,5°±4,0° in der PT-<br />

Gruppe. Dies entspricht <strong>einer</strong> Reduktion<br />

der Sei ten dif fe renz um 78,0% in der CAM-<br />

Grup pe und 21,1% in der PT-Grup pe. Die<br />

postoperativen Ergebnisse bei <strong>die</strong>sem Test<br />

waren im Vergleich zu den präoperativen<br />

Ergebnissen zwar besser (CAM: 1,4°±3,8°,<br />

PT: 0,4°±4,3°), eine signifikante Verbesserung<br />

wur de aber nicht ge mes sen.<br />

Nebenzielgröße 50°/60°<br />

In der CAM-Grup pe be trug <strong>die</strong> Sei tendif<br />

fe renz prä ope ra tiv durch schnitt lich<br />

1,5°±3,7°, wäh rend sie in der PT-Grup pe<br />

2,2°±3,3° betrug. Ein signifikanter Unterschied<br />

be stand prä ope ra tiv nicht. Post operativ<br />

betrug <strong>die</strong> Seitendifferenz 0,4°±2,4°<br />

in der CAM-Grup pe und 3,6°±4,1° in der<br />

PT-Gruppe. Dieser Unterschied zwischen<br />

der CAM und PT-Grup pe ist sig ni fi kant.<br />

Auch in der Veränderung der gemessenen<br />

Seitendifferenz von prä- zu postoperativ<br />

zeig te sich ein sig ni fi kant bes se res Er gebnis<br />

für <strong>die</strong> CAM-Grup pe (1,1°±5,2°) ver glichen<br />

mit der PT-Grup pe (-1,4°±3,3°). Die<br />

Seitendifferenz konnte in der CAM-Gruppe<br />

um 73,3% ge senkt wer den, wäh rend sie<br />

in der PT-Grup pe um 63,6% an stieg.<br />

5


Oberschenkelumfang/<br />

Trainingszeiten<br />

Die Messung der Oberschenkelumfänge<br />

prä- und postoperativ zeigte keinen signifikanten<br />

Unterschied zwischen den Gruppen.<br />

Die durchschnittliche Trainingzeit<br />

mit der CAM-Schie ne be trug 183±39 min<br />

täg lich bei ei nem Span ne von 49 bis<br />

240 min.<br />

Diskussion<br />

Ziel der hier vor ge stell ten Un ter su chung<br />

war es zu über prü fen, ob durch den zu sätzlichen<br />

Einsatz <strong>einer</strong> CAM-Schiene unmittelbar<br />

postoperativ bei Patienten mit VKB-<br />

Plastik das propriozeptive Defizit vermindert<br />

wer den kann. Wir konn ten in <strong>die</strong> ser<br />

Stu <strong>die</strong> zei gen, dass <strong>die</strong> Ver wen dung der<br />

CAM-Schienen zusätzlich zur konventionellen<br />

Physiotherapie in der unmittelbar<br />

postoperativen Phase das propriozeptive<br />

De fi zit im Ver gleich zu ei ner al lei ni gen<br />

Phy sio the ra pie sig ni fi kant ver min dert.<br />

Bei den Pa ti en ten in der CAM-Grup pe<br />

besteht am Entlassungstag kein signifikanter<br />

Unterschied zu den untersuchten gesunden<br />

Probanden.<br />

<strong>Der</strong> po si ti ve Ef fekt ei nes neu ro musku<br />

lä ren Trai nings <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Pro prio zep tion<br />

ist in vie len Stu di en be legt wor den<br />

[4, 9, 21, 27]. Bou et et al. [9] konn te zeigen,<br />

dass al lein durch ein 10-mi nü ti ges<br />

E r g o m e t e r t r a i n i n g d i e P r o p r i o z e p t i o n<br />

verbessert werden konnte. Andere Autoren<br />

wie sen eine ver bes ser te Pro prio zepti<br />

on bei Tur nern im Ver gleich zu ei ner<br />

ge sun den Kon troll grup pe [27] bzw. eine<br />

bes se re Pro prio zep ti on bei Sport lern<br />

nach Durch füh rung ei nes Auf wärm trainings<br />

nach [4].<br />

In m e h re re n St u d i e n k on n t e g e z e i g t<br />

werden, dass Patienten mit Verletzungen<br />

des vor de ren Kreuz bands deut li che Einschränkungen<br />

der propriozeptiven Leistung<br />

des Knie ge lenks <strong>auf</strong> wei sen [8, 17, 19,<br />

21, 24, 30, 36]. Dies konn ten wir mit un seren<br />

präoperativen Messungen bestätigen.<br />

Es ist deshalb naheliegend, das nachgewiesene<br />

propriozeptive Defizit durch ein aktives,<br />

neuromuskuläres Bewegungtraining<br />

zu reduzieren.<br />

Je rosch [21] wies einen po si ti ven <strong>Einfluss</strong><br />

eines propriozeptiven Trainings <strong>auf</strong><br />

<strong>die</strong> sen so mo to ri schen Fä hig kei ten nach<br />

6<br />

Kreuz band ver let zun gen nach. In sei ner<br />

Stu <strong>die</strong> er reich ten <strong>die</strong> Pa ti en ten teil wei se<br />

bes se re Er geb nis se als <strong>die</strong> ge sun de Probandengruppe.<br />

Das war in unserer Untersu<br />

chung nicht der Fall. Auf der an de ren<br />

Seite wiesen <strong>die</strong> Patienten der PT-Gruppe<br />

eine leichte, nicht signifikante Verschlechte<br />

rung des pro prio zep ti ven De fi zits am<br />

Tag der Ent las sung <strong>auf</strong>. Wir er klä ren uns<br />

das da mit, dass ne ben der Rup tur des vorde<br />

ren Kreuz bands auch durch <strong>die</strong> Ope ration<br />

dem Kniegelenk ein zusätzliches propriozeptives<br />

Defizit zugefügt wird.<br />

Auf grund der Si tu a ti on un mit tel bar<br />

post ope ra tiv mit lie gen den Drai na gen,<br />

post ope ra ti ven Schmer zen, be ste hen der<br />

Schwellung, eingeschränkter Beweglichkeit<br />

und noch nicht er laub ter Voll be lastung,<br />

sind vie le „klas si sche“ Übun gen des<br />

sensorischen/neuromuskulären Trainings,<br />

wie zum Bei spiel <strong>die</strong> Nut zung des Kippbretts,<br />

<strong>die</strong> propriozeptive neuromuskuläre<br />

Faszillation (PNF) oder <strong>die</strong> Beinpresse<br />

nicht durch führ bar. Die CAM-Schie ne bietet<br />

hier <strong>die</strong> Möglichkeit, unmittelbar postoperativ<br />

durch ein aktives Beüben im Sinne<br />

ei ner ge schlos se nen Ket te das pro priozeptive<br />

Defizit zu therapieren. Die Therapie<br />

mit der CAM-Schie ne ent spricht dem<br />

neu ro mus ku lä ren Training, das Rivera [33]<br />

for dert. Es ver bin det Übun gen mit mus kulärer<br />

Aktivität in <strong>einer</strong> geschlossenen Kette<br />

un ter Ge brauch der nor ma len pro priozeptiven<br />

Mechanismen.<br />

Mit der CAM-Schie ne sind <strong>die</strong> gu ten<br />

Er geb nis se, <strong>die</strong> in den oben ge nann ten<br />

Stu di en durch ein neu ro muk su lä res Reha<br />

bi li ta ti ons pro gramm zu ei nem deut lichen<br />

spä te ren Zeit punkt des Heil ver l<strong>auf</strong>s<br />

er zielt wur den, be reits in der ers ten postoperativen<br />

Woche erreichbar. Die Ergebnis<br />

se un se rer Stu <strong>die</strong> be zie hen sich ausschließ<br />

lich <strong>auf</strong> <strong>die</strong> ers te post ope ra ti ve Woche.<br />

Ob <strong>die</strong> in der ers ten post ope ra ti ven<br />

Woche erzielte Reduktion des propriozeptiven<br />

Defizits langfristig erhalten bleibt, ist<br />

bis her nicht ge klärt. Feil u. Päss ler konnten<br />

mit ei ner im Rah men ei nes Pos ter vortrags<br />

(ISAKOS Kongress Auckland/Neuseeland,<br />

März 2003) präsentierten Stu<strong>die</strong><br />

zei gen, dass durch ein vier wö chi ges Training<br />

mit der CAM-Schie ne bei Zu stand<br />

nach VKB-Plas tik auch nach 12 Wo chen<br />

noch deut li che Vor tei le in funk tio nel len<br />

Tests im Ver gleich zu al lei ni ger Phy sio therapie<br />

bestehen.<br />

Wir ge hen des halb da von aus, dass<br />

durch <strong>die</strong> Fortführung der CAM-Therapie<br />

nach Ent las sung der Pa ti en ten in den ambulanten<br />

Bereich <strong>die</strong> propriozeptive Leistungsfähigkeit<br />

langfristig verbessert werden<br />

kann. Gerade <strong>die</strong> kontinuierliche Anwendung<br />

der CAM-Schiene im ambulanten<br />

Be reich ist un um gäng lich, da <strong>die</strong> in unserer<br />

Untersuchung vorgenommene stationäre<br />

Be hand lung von 9 Ta gen nicht dem<br />

Nor mal fall ent spricht. Für <strong>die</strong> Über prüfung<br />

des Ef fek tes der Ak ti ven Be we gungsschiene<br />

waren jedoch möglichst standardisierte<br />

Bedingungen erforderlich.<br />

Es wur de <strong>die</strong> Hy po the se <strong>auf</strong> ge stellt,<br />

dass durch eine Naht des rup tu rier ten<br />

Kreuzbands infolge der weiterhin vorhandenen<br />

Mechanorezpetoren <strong>die</strong> Propriozeption<br />

weniger beeinträchtigt werden würde<br />

als bei ei nem plas ti schen Er satz des vor deren<br />

Kreuz ban des [26]. Al ler dings sind<br />

<strong>die</strong> Ergebnisse der Kreuzbandnaht im direkten<br />

Vergleich mit der vorderen Kreuzband<br />

plas tik al lein im Be zug <strong>auf</strong> <strong>die</strong> me chanische<br />

Stabilität schlecht [12].<br />

Die meis ten Au to ren sind sich da rin einig,<br />

dass nur <strong>die</strong> Kom bi na ti on aus vor derer<br />

Kreuzbandplastik und neuromuskulärem<br />

Trai ning zu ei ner ver bes ser ten funktionellen<br />

Stabilität führen [10, 14]. Beard et<br />

al. [5] se hen in der Kreuz band plas tik <strong>die</strong><br />

ideale Voraussetzung für eine gute sensomotorische<br />

Funktion, da sie bei Patienten<br />

mit chronischer Insuffizienz des vorderen<br />

Kreuzbands postoperativ eine signifikante<br />

Verbesserung der propriozeptiven Leistungsfähigkeit<br />

fanden.<br />

Eine weitere Hypothese geht davon aus,<br />

dass auch in den Kreuz band plas ti ken Mecha<br />

no re zep to ren und No zi zep to ren zu<br />

fin den sind, <strong>die</strong> Ein fluss <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Pro priozeption<br />

nehmen. Diesbezüglich gibt es jedoch<br />

wi der sprüch li che Er geb nis se [3, 11,<br />

20]. In der von uns un ter such ten un mittelbar<br />

postoperativen Phase ist nicht mit<br />

Mechanorezeptoren und Nozizeptoren in<br />

den Kreuzbandplastiken zu rechnen, <strong>die</strong><br />

ak tiv an der Pro prio zep ti on des Ge lenks<br />

teilnehmen.<br />

Die Mechanismen, <strong>die</strong> in unserer Stu<strong>die</strong><br />

zum Rück gang des pro prio zep ti ven<br />

De fi zits ge führt ha ben, sind nicht klar.<br />

Wir neh men an, dass <strong>die</strong> Kreuz band plastik<br />

einen in di rek ten Ein fluss <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Proprio<br />

zep ti on des Knie ge lenks hat. Wir verstehen<br />

<strong>die</strong> Kreuzbandplastik als eine Mög-


Originalien<br />

lichkeit, <strong>die</strong> Gelenkmechanik (Hömoostase)<br />

und somit den physiologischen Bewegungs-<br />

und Be las tungs ab l<strong>auf</strong> wei test gehend<br />

wiederherzustellen.<br />

Letzt lich ist nicht ge klärt, ob der Hauptanteil<br />

des propriozeptiven Defizits durch<br />

den Ausfall der propriozeptiven Leistungen<br />

des vorderen Kreuzbands bedingt ist<br />

und/oder durch <strong>die</strong>, infolge mechanischer<br />

Instabilität bedingte Fehlfunktion der ande<br />

ren Ge lenkstruk tu ren. Wir neh men an,<br />

dass es durch <strong>die</strong> Rup tur des vor de ren<br />

Kreuzbands zu veränderten Spannungen<br />

der Kap sel und v. a. des hin te ren Kreuzban<br />

des kommt. Dies wie de rum führt zu<br />

<strong>einer</strong> Fehlfunktion der hier liegenden Rezep<br />

tor struk tu ren, wo durch das pro priozeptive<br />

Defizit verursacht wird.<br />

Diese Vermutungen können durch <strong>die</strong><br />

Un ter su chung von Ochi et al. [31] un terstützt<br />

wer den. Sie wie sen mor pho lo gi sche<br />

Veränderungen am vorderen Kreuzband<br />

nach Rup tur des hin te ren Kreuz bands<br />

nach. Diese Veränderungen bezogen sich<br />

u. a. <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Re zep tor dich te, <strong>die</strong> re du ziert<br />

war, ob wohl das vor de re Kreuz band nicht<br />

verletzt war.<br />

Die sen so mo to ri sche Leis tungs fä higkeit<br />

kann durch verschiedene Verfahren bestimmt<br />

wer den. Die am meis ten ver brei teten<br />

Verfahren sind der Winkelreproduktions<br />

test (ak tiv oder pas siv) und der Test zur<br />

Erkennung von passiver Bewegung [16].<br />

Diese Testverfahren sind geeignet <strong>die</strong> proprio<br />

zep ti ven Ka pa zi tä ten des Knie ge lenks<br />

zu bestimmen. Darüber hinaus besteht <strong>die</strong><br />

Möglichkeit, anhand von EMG-Messungen<br />

im Zu sam men hang mit Sprung- und Ganganalysen<br />

[34], mit Messungen der posturalen<br />

Reflexe [7] oder Latenzzeitbestimmungen<br />

[6] eine Aussage über <strong>die</strong> Leistungsfähigkeit<br />

des gesamten sensomotorischen Systems<br />

zu tref fen. Al ler dings sind <strong>die</strong> 3 letzt genannten<br />

Verfahren in der unmittelbar postoperativen<br />

Phase (1. postoperative Woche)<br />

kaum anwendbar.<br />

Ob <strong>die</strong> Art der vor de ren Kreuz band plastik<br />

einen <strong>Einfluss</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Propriozeption haben<br />

könn te, wur de bis her nur in 2 Stu di en<br />

un ter sucht. So konn ten Mac Do nald et al.<br />

[30] keinen Unterschied des propriozepti<br />

ven De fi zits zwi schen den auch in un serer<br />

Untersuchung verwendeten Operationstechniken<br />

feststellen. Dies wird in <strong>einer</strong><br />

Untersuchung von Reider et al. [32] bestätigt.<br />

Bei den genannten Untersuchungen kamen<br />

der Winkelreproduktionstest bzw. der<br />

Test zur Erkennung von passiver Bewegung<br />

zur Anwendung. Diese Testverfahren sind<br />

<strong>die</strong> beiden am meisten verbreiteten Verfahren<br />

zur Mes sung der pro prio zep ti ven Leistungsfähigkeit<br />

[16].<br />

Ru droff [34] hin ge gen fand Vor tei le<br />

der Se mi ten di no sus-Plas tik ge gen über<br />

der Bone-Ten don-Bone-Plas tik. Die erzielten<br />

Ergebnisse beruhen <strong>auf</strong> EMG-Analy<br />

sen im Rah men von Gang- und Sprungübun<br />

gen so wie iso me tri schen Übun gen.<br />

Es ist durch aus zu er war ten, dass es bei<br />

Un ter su chungs ver fah ren, bei de nen <strong>auf</strong>grund<br />

der Un ter su chungs be din gun gen<br />

ganze Bewegungsabläufe analysiert werden,<br />

bei de nen es zu ei ner kom ple xen Reizung<br />

der afferenten/efferenten sensomotorischen<br />

Leitungsbahnen und insbesondere<br />

der Sehneneigenreflexe kommt, Unterschiede<br />

zwischen verschiedenen Transplantaten<br />

nachzuweisen sind [34], da unterschiedliche<br />

Transplantate z. B. jeweils<br />

ihre Ei gen re flex bahn be ein flus sen können.<br />

Im Rahmen von Winkelreproduktionstests<br />

spielen <strong>die</strong>se komplexen Mechanismen<br />

der Gangstabilisierung jedoch keine<br />

wesentliche Rolle.<br />

Dass der post ope ra ti ve Schmerz <strong>Einfluss</strong><br />

<strong>auf</strong> <strong>die</strong> unterschiedlichen Ergebnisse<br />

in den bei den un ter such ten Grup pen<br />

hat, konn ten wir durch den na he zu iden tischen<br />

Schmerzverl<strong>auf</strong> ausschließen.<br />

Es ist bekannt, dass nach Verletzungen<br />

der Kniegelenke besonders der M. vastus<br />

medialis atrophiert [13]. Auch postoperativ<br />

wird <strong>die</strong> Atrophie häufig beobachtet. Dies<br />

wird eben falls <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Stö rung der Pro priozep<br />

ti on des Knie ge lenks durch <strong>die</strong> Zer störung<br />

der im Gelenk befindlichen Mechanorezeptoren<br />

zurückgeführt [25]. In unserer<br />

Stu <strong>die</strong> ha ben wir zu sätz lich den Muskelumfang<br />

im Bereich des Oberschenkels<br />

prä ope ra tiv und am Tag der Ent las sung gemes<br />

sen. Dass das Trai ning mit der CAM-<br />

Schiene, verglichen mit der alleinigen konventionellen<br />

Krankengymnastik, <strong>die</strong> Muskelatrophie<br />

stärker reduziert, konnten wir<br />

je doch nicht nach wei sen. Dies war je doch<br />

in dem kur z en Un ter su chungs zeit raum<br />

postoperativ auch nicht zu erwarten.<br />

Geht man <strong>die</strong> hier prä sen tier ten Er gebnis<br />

se kri tisch durch, fällt vor al lem <strong>die</strong><br />

bei <strong>einer</strong> randomisierten Stu<strong>die</strong> nicht zu<br />

erwartende signifikante Differenz bezüglich<br />

des <strong>aktiven</strong> Bewegungsausmaßes zwischen<br />

den bei den Grup pen so wohl präals<br />

auch post ope ra tiv <strong>auf</strong>. Al ler dings lässt<br />

sich das unterschiedliche Bewegungsausmaß<br />

durch Aus rei ßer er klä ren. In der<br />

CAM-Gruppe wies präoperativ kein Patient<br />

einen <strong>aktiven</strong> Flexionsumfang von unter<br />

110° <strong>auf</strong>. In der PT-Grup pe konn ten<br />

2 Pa ti en ten we ni ger als 110° ak tiv flek tieren<br />

(60° bzw. 85°).<br />

Postoperativ erreichten sämtliche Patien<br />

ten der CAM-Grup pe einen ak ti ven Flexionsumfang<br />

von mindestens 60°. In der<br />

PT-Gruppe konnten 3 Patienten postoperativ<br />

weniger aktiv flektieren (40°, 45° und<br />

45°). <strong>Der</strong> pas si ve Be we gungs um fang betrug<br />

bei sämtlichen Patienten mindestens<br />

70°, sodass der Winkelreproduktionstest<br />

in allen Fällen durchgeführt werden konnte.<br />

Die untergeordnete Bedeutung des Bewe<br />

gungs un ter schie des wird durch den<br />

nicht sig ni fi kan ten Un ter schied in der Änderung<br />

des Bewegungsausmaßes von präzu<br />

postoperativ deutlich.<br />

Fa zit für <strong>die</strong> Pra xis<br />

Wir konn ten nach wei sen, dass durch <strong>die</strong><br />

Kombination aus vorderer Kreuzbandplastik<br />

und unmittelbar postoperativ beginnendem<br />

neuromuskulärem Training mit<br />

Hil fe der CAM-Schie ne das prä ope ra tiv<br />

bestehende propriozeptive Defizit signifi<br />

kant ge senkt wer den kann, was mit der<br />

Kombination aus vorderer Kreuzbandplastik<br />

und konventioneller Physiotherapie allein<br />

nicht ge lang. Wir emp feh len des halb,<br />

den Einsatz der CAM-Schiene unmittelbar<br />

im Anschluss an <strong>die</strong> operative Versorgung<br />

fest in <strong>die</strong> Therapie mit einzubinden. Ob<br />

der Vor teil der CAM-Schie ne auch lang fristig<br />

über einen Zeit raum von über 6 Mo naten<br />

be ste hen bleibt, ist je doch in län geren<br />

Anwendungsbeobachtungen – v. a.<br />

unter ambulanten Bedingungen – noch<br />

zu untersuchen.<br />

Korrespon<strong>die</strong>render Autor<br />

Dr. B. Frie mert<br />

Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Abt. Chirurgie,<br />

Obe rer Esels berg 40, 89081 Ulm<br />

E-Mail: dr.benediktfriemert@dr-friemert.de<br />

Interessenkonflikt: <strong>Der</strong> korrespon<strong>die</strong>rende<br />

Autor versichert, dass keine Verbindungen mit<br />

ei ner Fir ma, de ren Pro dukt in dem Ar ti kel genannt<br />

ist, oder ei ner Fir ma, <strong>die</strong> ein Kon kur renzpro<br />

dukt ver treibt, be ste hen.<br />

7


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