STADTZEITUNG
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Seite 16 Mittwoch, 29. April 2015<br />
AUS DER REGION<br />
36 Jahre<br />
Anerkennung<br />
für Erzieher<br />
VORTRAG / Milieuforscherfordert einenhöheren<br />
Verdienstfür Erzieher –und mehrZusammenhalt.<br />
<strong>STADTZEITUNG</strong><br />
Milieuforscher Carsten Wippermann<br />
von der Katholischen Stiftungshochschule<br />
in München war<br />
in AugsburgzuGast. Foto:Caritas<br />
EineReise ins Ungewisse<br />
Augsburg. Eine Lesung mit<br />
Traude Bührmann findet am<br />
Donnerstag 21. Mai, um 19.30<br />
Uhr, imFrauenzentrum in der<br />
Haunstetterstraße 49, statt. Sie<br />
liest aus dem Buch „Cocktailstunde:<br />
Eine Reiseins Ungewisse“.<br />
Zum Inhalt: Begleitet von<br />
Freundinnen fliegt Charlott in<br />
Augsburg. Die Schere zwischen<br />
armund reichgehtinDeutschland<br />
immer weiter auf. Die sozialen<br />
Milieus grenzen sich zunehmend<br />
ab.Die Folge: DerinnereZusammenhaltder<br />
Gesellschaftschwindet.<br />
Vordem Hintergrund<br />
dieser Entwicklung<br />
komme den Kindertageseinrichtungen<br />
„eine zentrale Bedeutungfür<br />
denZusammenhalt<br />
unserer Gesellschaft“ zu,soder<br />
Milieuforscher Prof.Dr. Carsten<br />
Wippermann von der Katholischen<br />
Stiftungshochschule in<br />
München.<br />
In seinem Vortrag beim Diözesan-Fachtagdes<br />
Augsburger<br />
Diözesan-Caritasverbandes für<br />
Erzieher in katholischen Kindertageseinrichtungen<br />
imKongress<br />
amPark inAugsburg betonte<br />
er: Kindertageseinrichtungen<br />
„sind der Ort, wo Eltern<br />
und Kinder aus den unterschiedlichsten<br />
Lebenswelten<br />
zusammenkommen, wo Kinder<br />
zusammen aufwachsen, miteinander<br />
spielen undgemeinsam<br />
lernen.“ Kindertageseinrichtungen,<br />
diesichauf ein Milieukonzentrieren,<br />
erteilte ereine Absage.<br />
„Wenn Kinder aus dem<br />
reichen oder bürgerlichem Milieu<br />
nur Kinder aus dem reichen<br />
und bürgerlichem Milieu<br />
kennen, wie kann dann Empathie<br />
und Solidarität, zentrale<br />
Voraussetzungen für den inneren<br />
Zusammenhalt erwachsen?“,<br />
fragte der Milieuforscher.<br />
Die öffentliche Hand, Politik<br />
und Gesellschaft sollten deshalb<br />
den Erzieher mehr Anerkennung<br />
zollen. „Sie haben einen<br />
höheren Verdienst verdient“,sagte<br />
er zu über 600 Teilnehmerinnen<br />
des Diözesan-<br />
Fachtages.<br />
Um dieser gesellschaftlichen<br />
Aufgabe zusätzlich zuden vielfältigen<br />
Aufgaben gerecht zu<br />
werden, brauchees, so Wippermann,<br />
„ein Gespür für Eltern<br />
aus den unterschiedlichen Milieus“.<br />
Die Mütter wie auch die Väterund<br />
darangeknüpft dieKinder<br />
hätten spezifische Bedarfe,<br />
Ansprücheund brächten unterschiedliche<br />
spezifische soziale<br />
und kulturelle Ressourcen mit.<br />
Wenn Eltern aus den wirtschaftlich<br />
erfolgreicheren Milieus<br />
fordern,dassdie Kindertageseinrichtung,<br />
in die ihr Kind<br />
geht, „ein möglichst störungsfreies<br />
und homogenes Biotop“<br />
sein solle, „damit das Kind keinen<br />
Schaden nimmt“, dürften<br />
sich Erzieherinnen diesem<br />
Druck nicht beugen. Denn, so<br />
der Münchner Milieuforscher,<br />
die Menschen am unteren<br />
Rand würden ohnehin schon<br />
immer mehr resignieren. Gerade<br />
sie aber bräuchten Unterstützung<br />
und die Erfahrung der<br />
Wertschätzung und Solidarität.<br />
Deshalb seieszunehmend eine<br />
zentrale Aufgabe von Kindertageseinrichtungen,<br />
„Zugang zu<br />
allen Milieus zu habenund den<br />
Spagat zwischen den unterschiedlichen<br />
Ansprüchen und<br />
dem gesamtgesellschaftlichen<br />
Auftragauszuhalten.“(oh)<br />
die Schweiz. Die Freundinnen<br />
habenunterschiedliche Einstellungen<br />
zum Freitod. Eine hofft,<br />
dass CharlottihreEntscheidung<br />
überdenktund hatheimlichein<br />
Rückflugticket gekauft. Während<br />
des Fluges entspinnt sich<br />
die Lebensgeschichte Charlotts<br />
in klaren schönen Bildern, denen<br />
man gernefolgt... (oh)<br />
Technik on Tour. Louis_14 kommt mit seinem VDIni-Club-<br />
Mobil am Samstag, 2. Mai, von11bis 14 Uhrzum Moritzplatz. Auf<br />
seiner „Technik onTour“-Reise quer durch Deutschland bringt der<br />
kleine Roboter vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) Kindern<br />
Techniknäher. Alle Kinder können dabeisein und ihre technischen<br />
Fähigkeiten testen. Außerdem erwartet Maskottchen Louis_14 die<br />
kleinenBesucher mitseinem Glücksradund tollen Gewinnen.<br />
Foto: pm<br />
Himmelsspektakel. EinBlick in den Nachthimmel lohnt sich derzeit,dennesist wieder Sternschnuppen-Zeit.DiesenächtlicheImpression<br />
vomWeitmannsee, westlich von Kissing imLandkreis Aichach-Friedberg, hat uns unser Leser-Fotoreporter Roland Schittenhelm<br />
geschickt.Erhat dasBildder Lyriden-Sternschnuppen in dervergangenenWocheaufgenommen.<br />
Foto:RolandSchittenhelm<br />
Der Herr der Stadt-Bienen<br />
NATUR / Christoph Mayerist der Herrüber15Völker: Er ist Imker in Augsburg. Seine15Bienenstöcke<br />
stehen neben seinem Balkon an illustren Orten: auf dem Schaezlerpalais und dem Hotel Drei Mohren.<br />
David Libossek<br />
Augsburg. Christoph Mayer<br />
fährtmit seinem Finger übereine<br />
breite Klinge. Die Kuppe ist<br />
nun bedeckt mit einer klaren,<br />
klebrigen Flüssigkeit. Er führt<br />
seine Hand langsamunter dem<br />
Netz hindurch,das sein Gesicht<br />
bedecktund legt den Finger auf<br />
seine Lippen. Mayer schließt<br />
dieAugen, während er den Geschmack<br />
kurz wirken lässt.<br />
„Herrlich“,urteilt er dann. Mayers<br />
Volk hat gute Arbeit geleistet.<br />
Der 41-Jährige ist Imker. Und<br />
das mitten in der Stadt. Der<br />
wohlschmeckende Tropfen auf<br />
seinem sogenannten Stockmeisel<br />
ist der Verdienst vom jüngstenseiner<br />
15 Bienenvölker. Das<br />
steht in beeindruckender Kulisse:<br />
auf der Dachterrasse des<br />
Schaezlerpalais im Herzen der<br />
Augsburger Innenstadt. Eine<br />
weitere Beute –sonennen die<br />
ImkerihreBienenstöcke–istim<br />
ehemaligen Hühnerhaus des<br />
Prachtbaus angebracht.<br />
Seit seinerKindheit hat Mayer<br />
Honig imKopf. Das hat aber<br />
weniger mit dem Film von Til<br />
Schweiger zutun. Vielmehr ist<br />
es die Erinnerung daran, dass<br />
„meine Eltern mich als Kind<br />
zumHonig holen geschickt haben<br />
und ich beim Imker das<br />
flüssige Gold ausdem Quetschhahn<br />
fließengesehen habe“, erzählt<br />
Mayer. Dieses Bild tauchte<br />
vorsechs Jahren vorseinem inneren<br />
Auge auf, als der Projektmanager<br />
bei MANnach einem<br />
Hobby zum Ausgleich suchte.<br />
Ein Gespräch mit einem Imker<br />
gibt seinen Plänen Nahrung.<br />
Kein Problem sei es, Bienen,<br />
Beruf und Familie unter einen<br />
Hutzubringen.<br />
Mayer schiebt den Holzrahmenmit<br />
den Waben, ausdenen<br />
er eben den in der Frühlingssonne<br />
glänzenden Tropfen gekostet<br />
hat, zurück indie Beute.<br />
Zehn dieser Rahmen befinden<br />
sich darin. Zwischen dem Holz<br />
hatereine Wachsschicht aufgezogen,<br />
aufdenen die Bienen ihre<br />
Waben anlegen. Einen Teil<br />
für dieFortpflanzung,einen anderen,<br />
um darinden Honigaufzubewahren.<br />
Immun gegendas<br />
Giftder Bienen<br />
Den Fortschritt kontrolliert<br />
Mayer. Er trägt einen hellbraunen<br />
Hut, der aussieht, als hätte<br />
er ihm einem Tropenforscher<br />
aus den 20ern vom Kopf gestohlen.<br />
Daran angebracht ist<br />
ein weißes Netz. Mayer bückt<br />
sich nun nach unten, ganz nah<br />
über den Stock. Er pustet zart<br />
auf die Bienen, die oben auf<br />
dem Holz arbeiten, um sienach<br />
unten zutreiben. Die Insekten<br />
gehorchen. Kein bedrohliches<br />
Arbeiten in großer Kulisse: Dieses Bienenvolk schafft auf dem Dach des Schaezler-Palais. Heuer darf der noch junge<br />
Staat seinen Honig für sich behalten. Nächsten Sommer erhält er stattdessen eine spezielle Zucker-Lösung als<br />
Ersatz-Ernährung.<br />
Fotos: David Libossek<br />
Die Bienen zu streicheln ist eine von Christoph Mayers Lieblingsbeschäftigungen.<br />
Oder zu beobachten, obsich seine Arbeiterinnen an den Blüten<br />
ein Pollenhöschen angelegt haben.Damit wird der Nachwuchs ernährt.<br />
Surren, kein Erkundungstrupp<br />
und schon gar kein Angriff; die<br />
Bienen sind völlig unbeeindruckt<br />
von ihren menschlichen<br />
Beobachtern.<br />
„Das Erste, wasviele mit Bienen<br />
assoziieren ist: Da werde<br />
ich gestochen“, sagt Mayer.<br />
„Doch die sind nur aufs Arbeiten<br />
fixiert.“ Und tatsächlich:<br />
Nicht eine der über 60000 am<br />
Schaezler-Palais stationierten<br />
Bienen schwirrt einem um den<br />
Kopf. Mayer nimmt gar sein<br />
Netz ab,als er die nächstenWaben<br />
aus der Beute löst. Ganz<br />
nah schiebt er sein Gesicht an<br />
die nach Honig duftenden<br />
Sechsecke. Erfährt mit einem<br />
Finger über die Oberfläche, als<br />
er bei einer Biene ankommt<br />
streichelt er sanft den Pelz zwischen<br />
ihren Flügeln.<br />
Klar werdeauchermal gestochen.<br />
Macht aber nichts: „Ich<br />
weiß schon nach zwei Minuten<br />
nicht mehr, an welcher Stelle<br />
das gewesen ist.“ Seine Familie<br />
istzwarnicht wieerimmun gegen<br />
das Gift und auch seine<br />
Nachbarn können wohl gerne<br />
aufeinen Stichverzichten; dennochbeherbergtMayer<br />
–neben<br />
weiteren Beuten auf dem Gelände<br />
der MAN und auf dem<br />
Dach des Hotel Drei Mohren –<br />
zwei Bienenstöckeauf dem Balkon<br />
seines Reihenhauses. Das<br />
seikein Ding, denn, wiegesagt,<br />
die Bienen denken nur anihre<br />
Arbeit.<br />
„Anderesind im Freibad,<br />
wirschleudernHonig“<br />
Unddie erledigen siemit derartigerVerve,dassder<br />
Aufwand<br />
für Mayer mit 15 Völkern mittlerweile<br />
„grenzwertig“ hoch ist.<br />
Das Hobby nimmt nämlich einen<br />
Großteil seiner Freizeit ein<br />
–und auch seine Familie muss<br />
schuften. „Wenn andere an<br />
Sommerwochenenden imFreibad<br />
sind, schleudern wir zu<br />
Hauseschon mal400 bis 500 Liter<br />
Honig“, erzählt er. 60bis 70<br />
Kilo produziert ein Stadt-Bienenvolk<br />
insgesamt imJahr. Auf<br />
dem Land sind es nur15bis 25.<br />
So werden Sie<br />
einStadt-Imker<br />
Augsburg. Das Imkern<br />
brummt: Innerhalb der vergangenen<br />
sechs Jahre hat<br />
der Augsburger Imkerverein<br />
seine Mitgliederzahl von 90<br />
auf 150 gesteigert. Zehn bis<br />
zwanzig Jungimker stoßen<br />
proJahr dazu.Imker werden<br />
ist laut Christoph Mayer<br />
ganz einfach.<br />
Der wichtigste Schritt:<br />
Kontakt zum Imkerverein<br />
Augsburg aufnehmen. Mayer<br />
istVorsitzenderund unter<br />
der Telefonnummer 0170/<br />
9121893 zu erreichen. Neueinsteiger<br />
erhalten ein<br />
Schulvolk, einen Imkerpaten,<br />
ein Einsteigerpaket und<br />
sind zudemversichert.<br />
Weitere Informationen<br />
findet man imBlog des Vereins<br />
unter www.imkervereinaugsburg.wordpress.com.<br />
(lib)<br />
Das liegt an der großen Pflanzenvielfalt<br />
In der Stadt. Bittersüß<br />
für Mayer: Einerseits gewinnt<br />
ersoeine Menge Honig,<br />
andererseits „macht mich die<br />
Monokultur traurig“.<br />
In Augsburg jedenfallsfühlen<br />
sich Bienen äußerst wohl. Daher<br />
denkt der Mann mit dem<br />
„Imker im Einsatz“-Schild am<br />
Auto daran, sich selbstständig<br />
zu machen. 40 bis 60 Beuten<br />
schweben dem Stadt-Imker vor.<br />
Die Beute imGarten des Schaezler-Palaiswäreauchzunächst<br />
als „Schnapsidee“ deklariert<br />
worden. Heute verkauft das<br />
Museum im eigenen Laden<br />
„Schaezler-Honig“. Einzig bei<br />
seiner Familie muss Mayer da<br />
wohl noch Überzeugungsarbeit<br />
leisten.