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Arbeitsgruppe 10

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DGFF-Kongress 2013, Augsburg<br />

<strong>Arbeitsgruppe</strong> <strong>10</strong>: Herkunftssprachen im<br />

Fremdsprachenunterricht<br />

Prof. Dr. Bernhard Brehmer (Universität Greifswald), brehmerb(at)uni-greifswald.de<br />

Prof. Dr. Grit Mehlhorn (Universität Leipzig), mehlhorn(at)rz.uni-leipzig.de<br />

Programm<br />

Donnerstag, 26.09.2013<br />

16:30 – 16:45 Bernhard Brehmer & Grit<br />

Mehlhorn<br />

Einführung<br />

16:45 – 17:15 Ekaterina Protassova Russischsprachige Schüler im<br />

Russischunterricht in Finnland<br />

17:15 – 17:30 Kira Sadoja Herkunftssprachlicher Unterricht Russisch<br />

in NRW: Tendenzen und Perspektiven<br />

17:30 – 18:00 ganze AG Diskussion<br />

Freitag, 27.09.2013<br />

16:30 – 16:45 Melanie Kunkel Migrationsbedingte Mehrsprachigkeit und<br />

Two-Way-Immersion: die Perspektive der<br />

Schüler<br />

16:45 – 17:00 Lisa Rauschelbach Einstellungen migrationsbedingt<br />

mehrsprachiger Schüler zu Herkunfts- und<br />

Fremdsprachen<br />

17:00 – 18:00 ganze AG Diskussion


Abstracts<br />

Kunkel, Melanie: Migrationsbedingte Mehrsprachigkeit und<br />

Two-Way-Immersion: die Perspektive der Schüler<br />

In schulischen Projekten der Two-Way-Immersion (TWI), wie sie an einer Reihe von Schulen<br />

in den USA (Lindholm-Leary 2001) und mittlerweile auch in Deutschland (Meier 20<strong>10</strong>)<br />

umgesetzt werden, lernen Schüler mit Kenntnissen einer bestimmten Herkunftssprache<br />

(z. B. Spanisch, Italienisch, Türkisch) gemeinsam mit Schülern ohne diese Kenntnisse von<br />

Schulbeginn an in beiden Sprachen. Der Sprach- und Sachfachunterricht in der<br />

Herkunftssprache wird dabei von muttersprachlichen Lehrkräften erteilt, teilweise im<br />

Teamteaching mit der deutschsprachigen Lehrperson (Kunkel 2013 im Druck). Neben der<br />

Zweisprachigkeit aller Schüler zielen diese Projekte auch auf interkulturelles Lernen ab;<br />

zentrales Anliegen ist es dabei, die Heterogenität der Schülerschaft konsequent als<br />

Ressource für den Unterricht heranzuziehen.<br />

Der Beitrag wirft die Frage auf, wie Schüler mit unterschiedlichem sprachlich-kulturellem<br />

Hintergrund die Lernkonstellation der TWI wahrnehmen. Im Mittelpunkt der Analyse stehen<br />

leitfadengestützte Interviews mit Schülern der Mittel- und Oberstufe eines deutschitalienischen<br />

TWI-Zweiges an einem Gymnasium in Frankfurt/Main. Aus einer<br />

sprachbiographischen Perspektive heraus (Tophinke 2002) soll nach ihrem Verhältnis und<br />

ihren Einstellungen zum Sprachenlernen gefragt werden. Wie werden der zweisprachige<br />

Unterricht und die Mehrsprachigkeit im und außerhalb des Klassenzimmers<br />

wahrgenommen? Aus welcher Motivation heraus besuchen die Schüler den bilingualen<br />

Zweig? Worin sehen sie Wechselwirkungen zwischen dem schulischen und dem<br />

außerschulischen Italienischlernen?<br />

Ausgewählte Literatur:<br />

Kunkel, Melanie (im Druck): Teamteaching und sprachenübergreifendes Lernen in der Two-<br />

Way-Immersion. In: Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie (OBST) 83: Mehrsprachigkeit<br />

und Mehrschriftigkeit: Sprachliches Handeln in der Schule.<br />

Lindholm-Leary, Kathryn J. (2001): Dual language education. Clevedon/Buffalo: Multilingual<br />

Matters.<br />

Meier, Gabriela (20<strong>10</strong>): Two-way immersion education in Germany: bridging the linguistic<br />

gap. In: International Journal of Bilingual Education and Bilingualism 13 (4), 419-437.


Tophinke, Doris (2002): Lebensgeschichte und Sprache. Zum Konzept der Sprachbiografie<br />

aus linguistischer Sicht. In: Kirsten Adamzik und Roos Eva (Hg.): Biografie linguistiche –<br />

Biographies langagières – Biografias linguisticas – Sprachbiographien. Neuchatel (Bulletin<br />

suisse de linguistique appliquée 76), 1-14.<br />

Protassova, Ekaterina: Russischsprachige Schüler im<br />

Russischunterricht in Finnland<br />

Im Vortrag geht es um die besonderen Schwierigkeiten von Schülerinnen und Schülern mit<br />

russischsprachigem Hintergrund im schulischen Fremdsprachenunterricht in Finnland. Etwa<br />

zwei Drittel aller Schüler mit der Herkunftssprache Russisch besuchen den Unterricht der<br />

„Haussprache“, wie man ihn in Finnland nennt. Um die Staatsprüfung im Russischen ablegen<br />

zu können, sollen sie auch die obligatorischen Kurse im Gymnasium belegen. Den Eltern<br />

erklärt man die Möglichkeit, durch die Unterstützung des Russischen als Familiensprache<br />

auch die andere (finnische oder schwedische) dominante Sprache zu unterstützen, dem Kind<br />

die Gelegenheit zu geben, mit anderen gleichfalls zweisprachigen Kindern sozialisiert zu<br />

werden und durch eine konsequente metalinguistische Förderung der beiden Sprachen<br />

wichtige kognitive Fähigkeiten zu entwickeln (Rossell, Baker 1996, Benson 2004, Bialystok et<br />

al. 2009). Die spezifischen Besonderheiten des Russischen außerhalb Russlands wurden u. a.<br />

von Andrews 2000, Isurin 2008, Pavlenko & Driagina 2008, Pereltsvaig 2008 und Protassova<br />

2004 beschrieben. Auch die Methoden zur Ausbildung einer effektiven Zweisprachigkeit<br />

wurden in der letzten Zeit wesentlich vorangetrieben. Dabei sollte man das Alter, die<br />

Sprachlernbiographie, die Motivation zum dauerhaften Aufenthalt im Aufnahmeland, Lücken<br />

im Sprachunterricht sowie rezeptive und produktive Kompetenzen der Lernenden<br />

berücksichtigen.<br />

Rauschelbach, Lisa: Einstellungen migrationsbedingt<br />

mehrsprachiger Schüler zu Herkunfts- und Fremdsprachen<br />

Dieser Beitrag bezieht sich auf Teilergebnisse eines Forschungsprojekts, das der Frage<br />

nachgeht, wie sich der bilinguale Unterricht mit der Arbeitssprache Englisch aus der Sicht<br />

migrationsbedingt mehrsprachiger Schülerinnen und Schüler gestaltet. Durch ein<br />

methodenintegriertes Forschungsdesign, das auf 71 Fragebögen in drei bilingualen Klassen<br />

der Jahrgangsstufen 8 und 9 sowie 16 qualitativen, leitfadengestützten Interviews mit<br />

mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern basiert, wurden über quantitative und<br />

rekonstruktive Analysemethoden individuelle und unterrichtliche Faktoren ermittelt, die<br />

diese Frage beantworten.


Der Vortrag greift die Einstellungen migrationsbedingt mehrsprachiger Schülerinnen und<br />

Schüler zu ihren Sprachen auf: zur Herkunftssprache, zur deutschen Sprache sowie zu(r)<br />

Fremdsprache(n). Dabei spielen Aspekte wie Sprachenbiographien, Sprachenkonstellationen,<br />

Sprachkontakte und Sprachkompetenzen, aber auch die persönliche Wertschätzung und<br />

individuelle Erfahrungen mit der eigenen Mehrsprachigkeit eine Rolle. Der Beitrag dient u.a.<br />

einer Annäherung an folgende Fragen:<br />

- Wie nehmen mehrsprachige Schülerinnen und Schüler ihr Sprachenlernen wahr?<br />

- Wo sehen sie Chancen und Probleme beim Sprachenlernen und wie gehen sie damit<br />

um?<br />

- Welche Erfahrungen mit Sprache(n) machen sie – im Unterricht, aber auch außerhalb<br />

der Schule?<br />

- Wie schätzen sie ihre Kompetenzen in den verschiedenen Sprachen ein?<br />

- Welche Rolle spielen Emotionen, Interessen und Motivationen in Bezug auf<br />

Sprachen?<br />

Der Beitrag stellt dar, wie die Schülerinnen und Schüler selbst ihre Herkunftssprachen im<br />

Kontext des Fremdsprachenlernens wahrnehmen. Ziel dabei ist es, die Diskussion über<br />

Herkunftssprachen im Fremdsprachenunterricht und im fremdsprachlichen<br />

Sachfachunterricht um die Lernerperspektive zu ergänzen. Dafür werden anhand von<br />

Fallstudien unterschiedlich geprägte Profile der Schülerinnen und Schüler mit<br />

mehrsprachigem Hintergrund dargelegt, um in einem weiteren Schritt Folgerungen für den<br />

Fremdsprachenunterricht aus den Forschungsergebnissen zu ziehen. Auf Basis der<br />

empirischen Ergebnisse sollen Anregungen für den Umgang mit Herkunftssprachen im<br />

Fremdsprachenunterricht diskutiert werden.<br />

Ausgewählte Literatur:<br />

Bialystok, Ellen (2001): Bilingualism in Development. Language, Literacy, and Cognition.<br />

Cambridge University Press, Cambridge.<br />

Grosjean, François (2008): Studying Bilinguals. Oxford University Press, New York.<br />

Hu, Adelheid (2003): Schulischer Fremdsprachenunterricht und migrationsbedingte<br />

Mehrsprachigkeit. Gunter Narr Verlag, Tübingen.<br />

Reinders, Heinz (2005): Qualitative Interviews mit Jugendlichen führen. Oldenbourg<br />

Wissenschaftsverlag, München.


Sadoja, Kira: Herkunftssprachlicher Unterricht Russisch in<br />

NRW: Tendenzen und Perspektiven<br />

Mitte der 60er Jahre hat das Land Nordrhein-Westfalen den sog. muttersprachlichen<br />

Unterricht in mehreren Sprachen auf schulischer Ebene eingeführt, u.a. auch in Russisch. Das<br />

hatte ursprünglich zum Ziel, Kinder und Jugendliche aus ausländischen Familien<br />

(Gastarbeiter, Flüchtlinge etc.) auf die Rückkehr in das Heimatland vorzubereiten. Seitdem<br />

haben sich Ziele, Aufgaben und Inhalte dieses Unterrichts sowie die Zielgruppe selbst<br />

bedeutend verändert: Anstatt der Vorbereitung auf Reintegration steht heute der Erhalt der<br />

Mehrsprachigkeit im Vordergrund, das Unterrichtsangebot hat einen flächendeckenden<br />

systematischen Charakter (von Klasse 1 bis <strong>10</strong>) angenommen, anstelle von „Muttersprache“<br />

wird der Begriff „Herkunftssprache“ verwendet. Die sprachlichen Voraussetzungen für die<br />

Teilnahme bleiben jedoch weiterhin bestehen: das Vorhanden der familiär erworbenen<br />

herkunftssprachlichen Kompetenzen.<br />

Die Schüler, die heute am Herkunftssprachenunterricht (HSU) Russisch teilnehmen, gehören<br />

meistens zur zweiten oder dritten Generation der Auswanderer aus den Ländern der<br />

ehemaligen UdSSR, wachsen häufig schon von Geburt an zweisprachig auf und kommen<br />

zunehmend aus „gemischten“ Familien, in denen ein Elternteil nicht-russischsprachiger<br />

(überwiegend deutscher) Herkunft ist.<br />

Die Beobachtungen aus der Unterrichtspraxis zeigen, dass die Russischkenntnisse dieser<br />

Kinder sich sehr voneinander unterscheiden und unter dem Einfluss mehrerer Faktoren<br />

stehen, wie z.B. dem Bildungshintergrund der Familie, dem sozialen Umfeld des Kindes, der<br />

Intensität der bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen zu Russland, dem Einfluss der<br />

deutschen Sprache, der Dialekte des Herkunftslandes, dem Zeitpunkt des Beginns des<br />

systematischen Erlernens der russischen Sprache, der Inanspruchnahme des privaten<br />

Russisch-Unterrichtsangebotes im Elementar- und Primarbereich. Viele Faktoren spiegeln<br />

sich auch in der Motivation wieder Russisch weiter zu lernen und tragen zum<br />

kontinuierlichen und erfolgreichen Lernen bei. Die größten Sprachdefizite zeigen sich im<br />

lexikalischen Bereich (oft geringer, einseitiger und auf den täglichen Gebrauch beschränkter<br />

Wortschatz, wenig entwickelte Synonymie/ Antonymie, Entlehnungen und Übernahmen aus<br />

dem Deutschen). Viele Kinder haben Probleme phonetischer und prosodischer Art, die<br />

meisten morphologisch-syntaktischen Schwierigkeiten liegen im Bereich der Kongruenz und<br />

der Satzstellung.<br />

So trifft man im Unterricht immer seltener auf Kinder, deren sprachliches Kompetenzniveau<br />

im Russischen dem Sprachniveau gleichaltriger Kinder im Herkunftsland entspricht. Je<br />

peripherer der Unterrichtsort in der Kulturlandschaft der russischsprachigen Emigration<br />

liegt, desto gravierender sind die Niveauunterschiede. Das macht die Bildung homogener<br />

Gruppen nach Jahrgangsstufen in Anbetracht der in letzter Zeit ständig steigenden<br />

Neuanmeldungen immer problematischer und stellt die HSU-Lehrkräfte vor enorme


Herausforderungen im Hinblick auf Differenzierung und individuelle Förderung. Dadurch<br />

wächst die Nachfrage nach dem Einsatz geeigneter fremdsprachendidaktischer Methoden im<br />

HSU. Viele im Bereich „Russisch als Fremdsprache“ praktizierte Unterrichtsmethoden,<br />

Lehrwerke und Lernmaterialien erweisen sich als wenig brauchbar für die Zwecke des HSU,<br />

da für diese Schüler Russisch keine Fremdsprache im klassischen Sinne ist. Für den HSU<br />

müssen nicht nur passende Vermittlungsmethoden gefunden, sondern auch Lernmaterialien<br />

erarbeitet werden, die auf die Bedürfnisse der beschriebenen Zielgruppe zugeschnitten sind.<br />

Ausgewählte Literatur:<br />

Goldbach, Alexandra (2005): Deutsch-russischer Sprachkontakt. Deutsche Transferenzen und<br />

Code-switching in der Rede Russischsprachiger in Berlin. Frankfurt am Main: Lang.<br />

Grosjean, Francois (2012): Bilingual: Life and Reality. Harvard: Harvard University Press.<br />

Mehlhorn, Grit (2011): Differenzierung im Russischunterricht. In: Eisenmann, Maria &<br />

Grimm, Thomas (Hrsg.): Heterogene Klassen – Differenzierung in Schule und Unterricht.<br />

Baltmannsweiler: Schneider, 99-117.<br />

Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2000):<br />

Muttersprachlicher Unterricht. Lehrplan für die Jahrgänge 1 bis 4 und 5 und 6. Frechen,<br />

Ritterbach.<br />

Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2006):<br />

Kernlehrplan für den Muttersprachlichen Unterricht in der Sekundarstufe I und für den<br />

Unterricht in der Muttersprache anstelle einer zweiten oder dritten Pflichtfremdsprache für<br />

die Klassen 7-<strong>10</strong>. Frechen, Ritterbach.<br />

Protassova, Ekaterina (2007): Sprachkorrosion: Veränderungen des Russischen bei<br />

russischsprachigen Erwachsenen und Kindern in Deutschland. n Meng, Katharina<br />

Rehbein, ochen (Hrsg.) Kindliche Kommunikation – einsprachig und mehrsprachig. Münster<br />

Waxmann, 299-333.<br />

Raecke, Jochen (2007): Wenn Migrantenkinder als Studierende die Sprache ihrer Eltern<br />

sprechen – was können sie dann? Zeitschrift für Slavistik 52 (2007) 4, 375-398.<br />

Tichomirowa, Anna (2011): Schüler mit slawischsprachigem Hintergrund im<br />

Fremdsprachenunterricht Russisch. In: Mehlhorn, Grit & Heyer, Christine (Hrsg.): Russisch<br />

und Mehrsprachigkeit. Lehren und Lernen von Russisch an deutschen Schulen in einem<br />

vereinten Europa, Tübingen: Stauffenburg, <strong>10</strong>9-133.

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