Komplett - Das Sauerlandmagazin Dezember 2014
Ausgabe Dezember 2014
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Blick in sein Atelier. Kurt Kornmann<br />
arbeitet häufig mit Draht<br />
Text und Fotos Martin Büdenbender<br />
Kunst aus Holz, Draht und Regen<br />
Zu Besuch bei Kurt Kornmann – „Ich habe den Rost als Farbe entdeckt“<br />
58<br />
Frühjahr 1945. Der 2. Weltkrieg hat Europa in Schutt und<br />
Asche gelegt. Irgendwo in Pommern krabbelt ein kleiner<br />
sechsjähriger Junge aus einem Keller, in dem er mit<br />
seiner Mutter und seinen Geschwistern Schutz vor russischen<br />
Soldaten gesucht hatte, die gerade plündernd<br />
durch seine Heimatstadt gezogen sind. Er läuft auf das<br />
gegenüberliegende Schreibwarengeschäft zu, dessen<br />
Warenbestand kreuz und quer auf der Straße verteilt<br />
liegt. Kurz wühlt er in dem Durcheinander und greift<br />
sich einen kleinen Zeichenblock und ein paar Malstifte.<br />
Der Sechsjährige damals ist heute der Künstler Kurt<br />
Kornmann. Der Krieg hat ihn als Kind mit seiner Mutter<br />
und seinen drei Geschwistern zunächst nach Sylt und<br />
später ins Sauerland geführt. Seit 31 Jahren lebt und<br />
wirkt er in Werdohl. „Auf unserer Flucht in Richtung<br />
Westen“, blättert Kurt Kornmann weiter in seinen Erinnerungen,<br />
„habe ich damals die ganze Zeit gezeichnet“.<br />
<strong>Das</strong> Bedürfnis zu malen, zu zeichnen, zu modellieren<br />
und zu gestalten hat ihn durch die Jahre seiner Kindheit<br />
und Jugend auf Sylt begleitet, war ausschlaggebend für<br />
die Aufnahme seines Studiums der Bildhauerei in Wuppertal<br />
, hat seine Berufsjahre als Kunstpädagoge am Lüdenscheider<br />
Bergstadtgymnasium bestimmt, und lässt<br />
ihn auch jetzt, längst im wohlverdienten Ruhestand,<br />
nicht los.<br />
Die Vergänglichkeit<br />
zum Leitthema gemacht<br />
Ein Kubus aus Blech und Draht streckt sich an der Lennepromenade<br />
in den Werdohler Himmel. Mit Steinsockel<br />
drei Meter hoch, in leichter Schräglage installiert und<br />
mit seinem Drahtgerippe irgendwie unvollständig wirkend,<br />
wirft er beim Betrachter Fragen auf. Was soll das<br />
bedeuten? Ist das überhaupt Kunst?<br />
Ja, Kunst wirft Fragen auf und Kunst wird in Frage gestellt.<br />
Man kann sich mit ihr auseinandersetzen, man<br />
kann sich an ihr reiben, man kann sich an ihr stoßen,<br />
und sie wäre oft viel besser zu verstehen, wenn man<br />
Kornmann lässt der Natur einfach ihren freien Lauf, lässt Regen<br />
tagelang auf Eisenplatten tropfen, so dass der sich bildende Rost auf<br />
einer untergelegten Leinwand bizarre Formen hinterlässt