WIEDERWORTE - Kliniken-Wied
WIEDERWORTE - Kliniken-Wied
WIEDERWORTE - Kliniken-Wied
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Barbara Schickentanz<br />
Heute gönn’ ich mir mal<br />
Ein schöner satz - wer von uns kennt ihn wohl nicht? sich etwas gönnen, etwas genießen.<br />
vielleicht weil man etwas Besonderes geschafft hat oder als kleiner trost für einen stressigen<br />
tag. Für den einen ist es vielleicht der tag in der sauna, für den anderen vielleicht<br />
ein Besuch im Museum, für den dritten der Einkaufsbummel im lieblingsgeschäft und der<br />
Kauf der besonders schönen Bluse, der neuen laufschuhe, der neuesten CD…<br />
Der Mensch, der solch Schönes erleben und genießen<br />
kann, der sich an dem Besonderen lange<br />
und ausgiebig erfreuen kann, ist ein glücklicher<br />
Mensch.<br />
Einigen Menschen gelingt das nicht (mehr). Sie können<br />
ihre schönen neuen Sachen nicht genießen. Sie<br />
brauchen immer öfter, immer schneller die Belohnung,<br />
den Trost. Irgendwie wirkt alles nicht mehr,<br />
sie fühlen sich nicht belohnt, beruhigt, getröstet.<br />
Sie leiden unter einer Kaufsucht.<br />
Etwa 5% der deutschen erwachsenen Bevölkerung<br />
sind stark kaufsuchtgefährdet, bei 20% spricht man<br />
von einer deutlichen Kaufsuchtgefährdung. Frauen<br />
sind etwas mehr betroffen als Männer, jüngere<br />
Menschen mehr als ältere. Das zeigt die „Hohenheimer<br />
Kaufsuchtstudie“, bei der Menschen in ganz<br />
Deutschland ausführlich nach ihrem Kaufverhalten<br />
befragt wurden. Studien aus den USA zeigen, dass<br />
Jugendliche noch stärker betroffen sind. Etwa 10%<br />
der 14- bis 21-Jährigen zeigen eine Tendenz zu<br />
süchtigem Kaufverhalten.<br />
Unter Kaufsucht versteht man das exzessive,<br />
zwanghafte, episodenhaft auftretende Kaufen von<br />
Konsumgütern, das zu erheblichen sozialen und<br />
finanziellen Folgen führen und starken Leidensdruck<br />
verursachen kann.<br />
<strong>WIEDERWORTE</strong> 2 I 2007<br />
Mist, schon<br />
wieder soviel<br />
Geld ausgegeben.<br />
Aber was soll’s,<br />
ich kann es ja<br />
umtauschen.<br />
Es gibt viele Ähnlichkeiten zu den stoffgebundenen<br />
Süchten wie Alkohol- oder Drogenabhängigkeit: ein<br />
unwiderstehlicher Drang, Dinge kaufen zu müssen,<br />
lähmt die freie Willensentscheidung. Der Verlust der<br />
Selbstkontrolle führt zu unangemessenen oder unsinnigen<br />
und übermäßigen Käufen. Die Häufigkeit<br />
oder Menge der Käufe nimmt zu. Bei Vermeidung<br />
von Käufen treten Entzugserscheinungen auf wie<br />
Unruhe, Nervosität, Schlafstörungen.<br />
Frauen kaufen eher Kleidung, Schuhe oder Lebensmittel.<br />
Männer kaufen meist Sportartikel oder technische<br />
Geräte. Oft werden die gekauften Gegenstände<br />
nicht benutzt, sondern füllen Schränke und<br />
Keller. Denn das Ziel des Kaufes ist nicht der Genuss<br />
an dem neu erworbenen Gegenstand, sondern die<br />
Entspannung oder die Aufregung, der Kick beim Akt<br />
des Kaufens selbst. Hier zeigt sich auch eine große<br />
Ähnlichkeit zum pathologischen Spielen.<br />
Fachleute sehen die Ursache der Kaufsucht in einem<br />
gestörten Selbstwerterleben, in einem Versuch<br />
Konflikte zu vermeiden oder dem Wunsch nach Ansehen<br />
und Prestige in unserer Wohlstandsgesellschaft,<br />
in der Konsum sogar erwünscht ist und gefördert<br />
wird.<br />
Nicht jeder Frust- oder Lustkauf ist nun gleich das<br />
Anzeichen einer Kaufsucht. Ein Problem besteht jedoch<br />
sicherlich, wenn<br />
• regelmäßig ungeplante Einkäufe erfolgen,<br />
• gekaufte Gegenstände häufig unbenutzt bleiben,<br />
• bestimmte Dinge trotz Geldnot<br />
gekauft werden,<br />
• ein inneres Verlangen danach besteht,<br />
irgendetwas zu kaufen,<br />
• ein schlechtes Gewissen nach dem Kauf<br />
entsteht,<br />
• gekaufte Sachen vor anderen versteckt werden.