WIEDERWORTE - Kliniken-Wied
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DER FILM<br />
DAS FIlMaRCHIv EMPFIEHLT<br />
… sehenswerte aktuelle oder ältere Filmproduktionen, die geeignet sind, unter besonderem<br />
aspekt noch einmal angesehen zu werden. Heute empfehlen wir Ihnen eine tragikomödie aus<br />
amos Kolleks New-York trilogie (sue – Eine Frau in New York; Bridget; Fast Food, Fast Women).<br />
Diese „Frauenporträts voll grausamen, schmerzhaften, dabei stets auch poetisch-melancholischen<br />
Realismus“ mit anna levine (anna thomson) in den jeweiligen Hauptrollen, haben ihm<br />
besonders in Europa zu großem Erfolg bei Kritik und publikum verholfen.<br />
„Bridget“ (F, Jap. 2002)<br />
Das 1 Million Dollar Baby – oder: wie viel kostet das Glück?<br />
Die Bridget im Film ist eine Frau, die es uns schwer macht,<br />
sie sofort als „eine von uns“ zu akzeptieren. Von ihrem<br />
glücklichsten Augenblick in ihrem Leben erfahren wir am<br />
Anfang sehr wenig, denn sie ist schon „unten“ angekommen.<br />
Sie kriecht schon auf allen Vieren, als ihr Abstieg<br />
gerade erst beginnt. Dabei lag zwischen ihrem größten<br />
Glück und ihrem Unglück gerade einmal ein kurzer Augenblick.<br />
Bridget ist Mutter, sehr hager, nicht mehr allzu jung, aber<br />
noch jung genug, um in der Drogen- und Partyszene ihrer<br />
Stadt aus ihrem bürgerlichen Leben herausgeworfen zu<br />
werden. Ihr kleiner Sohn, das Einzige was ihr aus ihrer<br />
„guten Zeit“ geblieben ist, wird ihr als Baby entzogen und<br />
zu Adoptiveltern vermittelt.<br />
Sie wirft sich weg, gibt sich auf, lässt sich unter Drogeneinfluss<br />
missbrauchen und entgeht nur knapp einem<br />
Mordversuch. Ihre Entscheidung, ihren Sohn aus der Adoption<br />
herauszuholen – koste es, was es wolle (und sei<br />
es 1 Million Dollar) – gibt ihrer Geschichte die entscheidende,<br />
wunderbare Kraft für eine Wendung.<br />
Bridget lernt ihre Lektion schnell. Nur mit illegalen Mitteln<br />
kann sie das Geld auftreiben, um ihren Sohn von den<br />
korrupten „Mieteltern“ freizukaufen. Schon jetzt bezahlt<br />
sie für jeden (von Amts wegen unerlaubten) Kontakt zu<br />
ihrem kleinen Glück und begleitet ihren Sohn so durch<br />
seine kleine Kindheit. Sie will ihn zurück, bei sich haben!<br />
Allmählich wird diese Bridget für uns verständlich. Von<br />
Szene zu Szene wird ihr Plan klarer erkennbar und auch<br />
die Art und Weise, wie sie ihre Fähigkeit zur Selbstbestimmung<br />
wieder zurückerlangt. Sie ist nicht der trotzige<br />
Racheengel, der in einem Feldzug gegen „das Böse“ im<br />
Leben aufräumt, sie ist aber auch nicht mehr das Opfer,<br />
das den Anfeindungen ihrer Vergangenheit gelähmt und<br />
starr ausgesetzt wäre. Sie geht zur Aktion über und verfolgt<br />
ihren Plan. Ihr Ziel ist: „Ich will glücklich werden, und<br />
zwar mit meinem Sohn zusammen!“ Sie erreicht dieses<br />
Ziel auf vielen Wegen. Sie fügen sich auf unerklärliche,<br />
wunderbare Weise ineinander und folgen der Kraft, die<br />
Bridget mit ihrem Ziel in die Welt setzt.<br />
Die Welt folgt ihrem Plan – nicht sie ist es, die der Welt einen<br />
Plan auftrotzt. Wo vorher feste Mauern zu sein schienen,<br />
öffnen sich plötzlich Türen, die Andere, mit weniger<br />
Mut und weniger Chuzpe dort nie gesucht hätten.<br />
Und so erreicht Bridget, dass wir uns langsam für sie erwärmen.<br />
Wir können uns allmählich mit ihr identifizieren;<br />
wir verstehen, welcher Fehler sie aus dem Gleichgewicht<br />
gebracht hat, wie ihr glücklichster und ihr unglücklichster<br />
Augenblick zusammenhängen und wie sie es geschafft<br />
hat, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.<br />
Es wirkt vielleicht trivial, aber Bridget ist zufrieden damit,<br />
mit ihrem Sohn, ihrer neu gefundenen Liebe und in einem<br />
neuen Leben einfach so „ihr Leben zu leben“, wie<br />
sie sich selbst es vorgestellt hat. Sie braucht nicht mehr<br />
zum Glücklichsein – das ist alles.<br />
„Bridget“ – ein Film von amos Kollek – mit anna levine<br />
(anna thomson) in der Titelrolle („Fast Food Fast Women“<br />
2001). Im Wettbewerb der Biennale 2002 – Zusammenfassung:<br />
Ein Film eines relativ unbeachteten Regisseurs<br />
mit vielen unbekannten Schauspielern, eine „bewegende<br />
und zuweilen skurrile Reise“, die zeige, dass es jederzeit<br />
Hoffnung und verborgene Chancen gebe. Es sei wichtig,<br />
„für seine Träume und Ziele zu kämpfen“. Ein Film, der<br />
knapp neben dem Zeitgeschmack angesiedelt ist und<br />
wegen seiner verstörenden Geschichte unsere Aufmerksamkeit<br />
verdient hat.<br />
mak<br />
<strong>WIEDERWORTE</strong> 2 I 2007<br />
20-21