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Profil 5/2003 f.r Internet - KSPG AG

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Stufenlos geregelt<br />

Flexibilität und Variabilität im Automobil heißt<br />

heute in der Regel, Elektronik einzusetzen. Der<br />

Austausch mechanischer durch stufenlos elektronisch<br />

geregelte Komponenten hat vielerlei Auswirkungen<br />

und findet in fast allen Fahrzeugsystemen statt. Auf „<strong>Profil</strong>“-Seite<br />

7 beschreibt Jürgen Goroncy, freiberuflicher Fachjournalist<br />

aus Besigheim am Neckar und profunder Kenner der Materie, einige<br />

zukunftsträchtige Neuerungen auf diesem Sektor – darunter<br />

auch hochmoderne Systemtechnik aus dem Hause der zu<br />

Rheinmetall-Automotive gehörenden Pierburg GmbH in Neuss.<br />

Rheinmetall setzt organisches Wachstum fort<br />

Operatives Ergebnis<br />

nachhaltig verbessert<br />

dp Düsseldorf. Rheinmetall hat mit der vor wenigen Wochen angekündigten Konzentration<br />

auf die beiden umsatz- und ertragsstarken Unternehmensbereiche Automotive<br />

und Defence („Das <strong>Profil</strong>“ 4/<strong>2003</strong>) die Weichen zur Fortsetzung der Wertsteigerung<br />

und Internationalisierung des Konzerns gestellt. Automotive und Defence<br />

sind, das belegt der Mitte November <strong>2003</strong> vorgelegte Zwischenbericht für die ersten<br />

neun Monate des Jahres einmal mehr, in den vergangenen Jahren zu profitablen,<br />

schlagkräftigen Einheiten mit führenden Marktpositionen ausgebaut worden.<br />

Der Rheinmetall-Konzern hat in den<br />

ersten neun Monaten des Geschäftsjahres<br />

<strong>2003</strong> ein Ergebnis vor Steuern<br />

(EBT) von 24 Millionen € erwirtschaftet<br />

und lag damit um 18 Millionen € über<br />

dem entsprechenden Wert des Jahres<br />

2002. Das Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern<br />

(EBIT) hat mit 79 Millionen<br />

€ den Wert des Vorjahreszeitraumes<br />

erreicht. Damit ist es Rheinmetall gelungen,<br />

die Verluste in Höhe von 38<br />

Millionen € bei der im August <strong>2003</strong> abschließend<br />

veräußerten Finanzbeteiligung<br />

Jagenberg vollständig zu verkraften.<br />

Die mit positiven Ertragseffekten<br />

verbundenen Veräußerungen von Preh<br />

und STN Atlas Marine Electronics im<br />

Oktober dieses Jahres werden erst im<br />

vierten Quartal <strong>2003</strong> verbucht. Operativ<br />

hat sich das Ergebnis des Rheinmetall-Konzerns<br />

gegenüber dem Vorjahr<br />

deutlich verbessert.<br />

Erfolgreich gearbeitet haben, was<br />

die Verbesserung ihrer unternehmerischen<br />

Performance in Summe anbelangt,<br />

die beiden Konzernsäulen Automotive<br />

und Defence – das zeigt allein<br />

der Blick auf die Ertragsituation:<br />

★ Im Unternehmensbereich Automotive<br />

konnte das EBIT zwischen Januar<br />

und September <strong>2003</strong> auf rund 63 Millionen<br />

€ gesteigert werden; dank des<br />

verbesserten Zinsergebnisses kletterte<br />

das Ergebnis vor Steuern im Vergleichszeitraum<br />

von rund 27,3 Millionen<br />

€ auf über 45 Millionen €. Zum<br />

Ergebniszuwachs haben alle fünf Ge-<br />

Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns 5/<strong>2003</strong><br />

Das <strong>Profil</strong><br />

schäftsbereiche der Kolbenschmidt<br />

Pierburg <strong>AG</strong> beigetragen.<br />

★ Gut behauptet hat sich auch der<br />

Unternehmensbereich Defence, der<br />

seine Marktposition ausbauen konnte.<br />

Die erhöhte Ertragskraft führte beispielsweise<br />

beim EBIT im Vergleich<br />

zum Vorjahreszeitraum zu einer Verbesserung<br />

um 35 Millionen € auf nunmehr<br />

21 Millionen €; bei einem unveränderten<br />

Zinsergebnis wird ein Ergebnis<br />

vor Steuern (EBT) von fünf Millionen<br />

€ ausgewiesen (Vorjahreszeitraum: -<br />

30 Mio. €). Die nachhaltige Verbesserung<br />

im Ergebnis resultiert aus der höheren<br />

Ertragsqualität bei wichtigen<br />

Aufträgen, einer besseren Kostenstruktur<br />

sowie der erfolgreichen Umsetzung<br />

der Restrukturierungsmaßnahmen.<br />

In den ersten drei Quartalen <strong>2003</strong> erzielte<br />

der Rheinmetall-Konzern einen<br />

Umsatz von 3,102 Milliarden € (1. bis<br />

3. Quartal 2002: 3,232 Mrd €). Der<br />

Auftragsbestand erreichte Ende September<br />

3,75 Milliarden € gegenüber<br />

4,352 Milliarden € im Vorjahr. Die um<br />

Änderungen des Konsolidierungskreises<br />

und Wechselkurseffekte bereinigte<br />

Umsatzentwicklung (+3,5%) zeigt<br />

ebenso wie der bereinigte Auftragsbestand<br />

(+5,3%) eine Fortsetzung des organischen<br />

Wachstumstrends bei<br />

Rheinmetall – auch in einer Phase anhaltend<br />

schwacher Branchenkonjunkturen.<br />

Die Zahl der Mitarbeiter des<br />

Rheinmetall-Konzerns lag zum 30.<br />

September <strong>2003</strong> bei 24085 (27 712).<br />

Großauftrag für Rheinmetall-Defence: Bei der RLS in Kassel werden in den nächsten<br />

Jahren insgesamt 123 Fuchs-Transportpanzer der Bundeswehr modernisiert (s.S. 2).<br />

Der Diesel boomt<br />

Der Diesel boomt. Sparsamkeit, Fahrfreude und<br />

Fahrkultur sind beim Selbstzünder heute selbstverständlich.<br />

Und darum gewinnt dieser Antrieb<br />

in Riesenschritten Marktanteile - die Zahlen lassen aufhorchen:<br />

Laut dem Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA)<br />

konnte der Diesel bei Pkw-Neuwagen in der ersten Jahreshälfte<br />

<strong>2003</strong> satte 38,7 Prozent Marktanteil erobern; in Westeuropa<br />

waren es sogar 42,1 Prozent. Die zum Rheinmetall-Konzern<br />

gehörende Kolbenschmidt-Pierburg-Firmengruppe profitiert<br />

von dieser erfreulichen Entwicklung nachhaltig (Seiten 9 - 11).<br />

Stadt für das Auto<br />

Weit über sieben Millionen Gäste haben die Autostadt<br />

des Volkswagen-Konzerns seit deren<br />

Eröffnung am 1. Juni 2000 besucht. Allein vor<br />

diesem rein statistischen Hintergrund hat sich die rund 430 Millionen<br />

€ teure Großinvestition schon heute „gerechnet“: Denn<br />

mit der Autostadt hat die Volkswagen-Gruppe – immerhin Europas<br />

größter Autobauer – eine international einmalige Einrichtung<br />

geschaffen, die Besuchern und VW-Kunden unter anderem<br />

die Kompetenz, die Werte, die Markenvielfalt und die Produktqualität<br />

der Konzernprodukte hautnah vermittelt (Seiten 12 + 13).<br />

HÖHENFLUG im Zuge der Konzentration auf Kerngeschäfte: Regelrecht zum „Shooting star“ hat sich die Vorzugsaktie der<br />

im M-Dax notierten Rheinmetall <strong>AG</strong> in den zurückliegenden drei Jahren entwickelt. In diesem Zeitraum legten die Vorzüge um<br />

deutlich mehr als 250 Prozent zu, während der Index insgesamt ein Minus verzeichnen musste. Erst vor wenigen Wochen<br />

hatte das Düsseldorfer Unternehmen, das sich künftig auf die beiden Säulen Automotive und Defence konzentrieren wird,<br />

für den Zeitraum Januar bis September <strong>2003</strong> eine weitere Steigerung der Ertragskraft vermelden können (mehr auf Seite 3).<br />

Performance wurde<br />

weiter optimiert<br />

dp Düsseldorf. Die Kolbenschmidt<br />

Pierburg <strong>AG</strong> (Düsseldorf) ist in <strong>2003</strong><br />

trotz ausbleibender Belebung der internationalen<br />

Automobilkonjunktur<br />

weiterhin auf Erfolgskurs. Der Umsatz<br />

der ersten neun Monate des laufenden<br />

Geschäftsjahres lag mit 1,4212 Milliarden<br />

€ zwar nur leicht über dem Vorjahreswert<br />

(1.418,2 Mio. €), bereinigt um<br />

umrechnungsbedingte Wechselkursund<br />

Struktureffekte ergibt sich jedoch<br />

ein Wachstum von 5,2 Prozent.<br />

EquiVest erwirbt<br />

SAM Electronics<br />

cd Bremen/München. Der Finanzinvestor<br />

EquiVest, vertreten durch die<br />

CBR Management GmbH (München),<br />

hat den Geschäftsbetrieb der STN<br />

Atlas Marine Electronics GmbH (SAM<br />

– Hamburg) mit Wirkung zum 1. November<br />

<strong>2003</strong> von der zum Rheinmetall-Konzern<br />

gehörenden EMG Euro-<br />

Marine Electronics GmbH (Hamburg)<br />

übernommen. Über die Höhe des<br />

Kaufpreises wurde zwischen den Vertragsparteien<br />

Stillschweigen vereinbart.<br />

Die Übernahme durch EquiVest erfolgtim<br />

Rahmen eines Management-<br />

Das Ergebnis vor Steuern (EBT) der<br />

Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe<br />

stieg in den ersten neun Monaten<br />

des Jahres <strong>2003</strong> auf 45,1 Millionen €<br />

(1.-3. Quartal 2002: 27,3 Mio. €). Das<br />

Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern<br />

(EBIT) konnte auf über 63 Millionen<br />

€ verbessert werden. Dieser<br />

operative Ergebnisanstieg, in dem<br />

sich Sondererträge und Einmalaufwendungen<br />

für Risikovorsorge annähernd<br />

saldieren, wurde durch Ergebnisverbesserungen<br />

aller Geschäftsbereiche<br />

erwirtschaftet. Die Umsatzrendite<br />

bezogen auf das Ergebnis vor<br />

Zinsen und Ertragsteuern (EBIT) er-<br />

Buy-out, der von der bisherigen Geschäftsführung<br />

der STN Atlas Marine<br />

Electronics umgesetzt wird. Das<br />

neue Unternehmen wird unter dem<br />

Namen SAM Electronics GmbH firmieren.<br />

Als ein führender Systemanbieter<br />

auf dem Gebiet elektrischer<br />

und elektronischer Ausrüstungen für<br />

Schiffe und Offshore-Einrichtungen<br />

hatdas Hamburger Unternehmen im<br />

Jahr 2002 mit rund 1000 Mitarbeitern<br />

einen Umsatz von 244 Millionen €<br />

erzielt.<br />

Nach erfolgreicher Restrukturierung<br />

der SAM und der jetzt erfolgten<br />

Veräußerung hat Rheinmetall einen<br />

weiteren wesentlichen Schritt in seinem<br />

angekündigten Desinvestitionsprogramm<br />

umgesetzt.<br />

höhte sich auf 4,5 Prozent (1.-3. Quartal<br />

2002: 3,9 %). Die Zahl der Mitarbeiter<br />

zum 30. September <strong>2003</strong> verminderte<br />

sich um 173 Personen auf<br />

11 488 Beschäftigte.<br />

Angesichts der Ergebnisentwicklung<br />

im bisherigen Jahresverlauf und<br />

unter Voraussetzung einer stabilen<br />

Geschäftsentwicklung im vierten<br />

Quartal geht die Kolbenschmidt Pierburg<br />

<strong>AG</strong>, die aktuell zu 95,4 Prozent<br />

im Anteilsbesitz der Rheinmetall <strong>AG</strong><br />

ist (Stichtag: 6. November <strong>2003</strong>), für<br />

das Gesamtjahr <strong>2003</strong> von einem Ergebnis<br />

zumindest auf Vorjahresniveau<br />

aus.<br />

Grünes Licht vom<br />

Bundeskartellamt<br />

cd Bad Neustadt/Bonn. Die am 2.<br />

Oktober <strong>2003</strong> angekündigte Übernahme<br />

der Preh-Werke GmbH & Co.<br />

KG durch die Deutsche Beteiligungs<br />

<strong>AG</strong> hat nach Zustimmung des Bundeskartellamtes<br />

Rechtswirksamkeit<br />

erlangt. Damit ist Preh mit dem vertraglichen<br />

Closing zum 31. Oktober<br />

<strong>2003</strong> mehrheitlich auf den in Frankfurt<br />

am Main anässigen Finanzinvestor<br />

übergegangen. Die Übernahme<br />

erfolgt im Rahmen eines<br />

Management-Buy-out, der von der<br />

bisherigen Geschäftsführung der<br />

Preh-Werke umgesetzt wird.<br />

Composing: frei-stil


Foto: Ulli Ullmann<br />

Seite 2 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />

MEHR ALS NUR KONTUR: Konkret Gestalt nehmen zwei Prototypen des Transportpanzers Boxer an, die derzeit in<br />

den Hallen der Kieler Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) gebaut werden. Der Roll-Out, also die Übergabe an die Bundeswehr,<br />

ist für Anfang nächsten Jahres vorgesehen. Der Boxer – auch bekannt unter dem früheren Namen GTK (Gepanzertes<br />

Transport-Kraftfahrzeug) – ist ein modernes, hochmobiles 8x8-Radfahrzeug, das den Insassen bei entsprechender<br />

Transportkapazität in bislang unerreichtem Maße Schutz vor Minen oder Beschuss bietet; sein modularer Aufbau<br />

ermöglicht eine Vielzahl missionsspezifischer Fahrzeugvarianten. Mit dem Projekt wurde das bisher größte Gemeinschaftsprogramm<br />

für gepanzerte Fahrzeuge im Rahmen der Nato geschaffen. Der Boxer ist ein deutsch-britisch-niederländisches<br />

Gemeinschaftsprojekt, zu dessen Realisierung sich vier führende europäische Hersteller von gepanzerten<br />

Fahrzeugen – darunter auch die RLS – in der in München ansässigen Artec GmbH zusammengeschlossen haben. oho<br />

RLS-Kassel: Leistungssteigerung für Transportpanzer<br />

Modernisierte Füchse<br />

erhöhen die Sicherheit<br />

oho Kassel. Die Rheinmetall Landsysteme<br />

GmbH (Kassel) ist kürzlich<br />

beauftragt worden, 123 Transportpanzer<br />

der Bundeswehr vom Typ Fuchs zu<br />

modernisieren, damit sie den veränderten<br />

Anforderungen der Streitkräfte<br />

vor allem im Hinblick auf Auslandseinsätze<br />

gerecht werden. Damit erhält<br />

das Fahrzeug, das von der Kasseler<br />

Henschel Wehrtechnik entwickelt und<br />

seit 1979 in erheblicher Stückzahl in<br />

Serie gebaut wurde, jetzt eine umfassende<br />

Leistungssteigerung.<br />

Mit einem Volumen von rund 45 Millionen<br />

€ trägt der Auftrag für das Kasseler<br />

RLS-Werk zur weiteren Stärkung<br />

dieses größten Produktionsstandorts<br />

der Rheinmetall Landsysteme GmbH<br />

bei. Davon profitieren insbesondere<br />

die Bereiche Technik und Fertigung, in<br />

denen das Unternehmen eine Vielzahl<br />

hochqualifizierter Arbeitsplätze bietet.<br />

Die modernisierten Fuchs-Fahrzeuge<br />

werden in der Zeit von 2004 bis 2006<br />

an die Bundeswehr ausgeliefert.<br />

Durch den Einbau von verstärkten Achsen,<br />

Modifikationen bei Bremsen und<br />

Fahrwerk sowie durch eine erhebliche<br />

Verbesserung des Minenschutzes bewirkt<br />

die Nachrüstung einen deutli-<br />

chen Zuwachs an Sicherheit für die<br />

Soldaten im Einsatz. Die gleichzeitige<br />

Erhöhung der Nutzlast in Verbindung<br />

mit zusätzlichen Staukästen steigert<br />

den Einsatzwert des Fahrzeugs weiter.<br />

Ergänzende Maßnahmen – sie reichen<br />

von der Integration einer Raumkühlanlage<br />

bis zum Einbau einer elektrisch/hydraulischen<br />

Türbetätigung –<br />

bringen den Soldaten eine spürbare<br />

Verbesserung ihrer Einsatzbedingungen.<br />

Bei der Bundeswehr ist das gepanzerte<br />

Radfahrzeug Fuchs in 26 Varianten<br />

im Dienst, darunter auch als ABC-<br />

Spürfuchs. Auf dieses renommierte<br />

Hightech-System zur Erkennung von<br />

ABC-Schadstoffen verlassen sich auch<br />

die US-Army und die britischen Streitkräfte.<br />

Das niederländische Heer nutzt<br />

den Fuchs als „Eloka“-Fahrzeug zur<br />

elektronischen Kampfführung; Saudi-<br />

Arabien hat vier verschiedene Varianten<br />

im Gebrauch. Streitkräfte im Inund<br />

Ausland schätzen den Fuchs somit<br />

als zuverlässiges und komfortablesFahrzeug.<br />

Spätestens seit dem Einsatz<br />

der Bundeswehr in Somalia gilt<br />

der Fuchs als eines der vielseitigsten<br />

UN-Fahrzeuge überhaupt.<br />

Mehr Sicherheit für die Soldaten: Insgesamt 123 Transportpanzer der Bundeswehr<br />

vom Typ Fuchs werden in den kommenden Jahren bei der RLS in Kassel<br />

modernisiert, damit sie den veränderten Anforderungen der Streitkräfte vor allem<br />

im Hinblick auf Auslandseinsätze gerecht werden. Der Auftrag selbst – er<br />

hat ein Volumen von rund 45 Millionen € – trägt zudem zur weiteren Stärkung<br />

des größten Produktionsstandorts der Rheinmetall Landsysteme GmbH bei.<br />

H<br />

Hirschmann-Produkte kommen<br />

seit kurzem aber auch<br />

im Schulzentrum Neckartenzlingen<br />

zum Einsatz:<br />

Zur vollständigen Vernetzung<br />

der Realschule und des Gymnasiums<br />

hat Hirschmann fünf Hochleistungsswitche<br />

(Datenverteiler) gespendet,<br />

die alle Klassenzimmer mit eigenen<br />

<strong>Internet</strong>zugängen versorgen. Zusätzlich<br />

leistete Hirschmann Unterstützung<br />

bei der Planung und praktischen<br />

Realisierung des Projektes.<br />

Insgesamt entspricht die Spende einem<br />

Wert von rund 15 000 €.<br />

Helmut Kopecki, Oberstudiendirektor<br />

und Schulleiter des Gymnasiums,<br />

hob anlässlich der Inbetriebnahme<br />

des Netzwerksystems die Bedeutung<br />

einer mediengerechten Ausbildung<br />

hervor und sprach Hirschmann seinen<br />

Dank für die geleistete Unterstützung<br />

aus: „Wir legen an unserer Schule<br />

großen Wert darauf, dass die Schülerinnen<br />

und Schüler mit den vielfältigen<br />

Informationen aus dem <strong>Internet</strong><br />

versiert und verantwortungsbewusst<br />

umgehen. Die neuen Medien stellen<br />

Schulen und Schulträger aber auch<br />

vor besondere Aufgaben, was Finan-<br />

Netzwerktechnik<br />

für Schulzentrum<br />

zierung und Ausstattung anbelangt.<br />

Daher wissen wir es zu schätzen, dass<br />

Hirschmann als in Neckartenzlingen<br />

ansässiges Unternehmen einen wertvollen<br />

Beitrag dazu geleistet hat.“<br />

Die Vernetzung des Schulzentrums<br />

Neckartenzlingen erfolgte auf Basis<br />

der sogenannten Ethernet-Technologie,<br />

dem am häufigsten eingesetzten<br />

Netzwerkstandard in der Bürowelt.<br />

Hirschmann hat sich mit seiner Sparte<br />

Automation and Network Solutions<br />

zwar auf den Bereich der industriellen<br />

Datenkommunikation mit<br />

Ethernet spezialisiert, das Unternehmen<br />

deckt mit seiner Produktpalette<br />

aber auch Netzwerklösungen außerhalb<br />

von Fertigung und Fabrikhallen<br />

ab. Knut Erpenbach, Leiter des Competence<br />

Center für Netzwerktechnik:<br />

„Üblicherweise kommen unsere Systeme<br />

und Komponenten in Großprojekten<br />

zum Einsatz, die von der Vernetzung<br />

von Industrierobotern in der<br />

Automobilindustrie bis hin zu Netzwerklösungen<br />

für Flughäfen oder<br />

Windkraftanlagen reichen. Wir freuen<br />

uns aber besonders, dass wir nun mit<br />

unseren Produkten an unserem<br />

Standort einen sinnvollen Beitrag zur<br />

zeitgemäßen Ausbildung von jungen<br />

Menschen leisten konnten.“ cd<br />

RLS liefert neuen Duro 3 an die Bundeswehr<br />

Mehrzweckfahrzeuge<br />

für Auslandseinsätze<br />

dp Kassel/Kreuzlingen. Im Rahmen<br />

des einsatzbedingten Sofortbedarfs<br />

für Auslandseinsätze der Bundeswehr<br />

liefert die Rheinmetall Landsysteme<br />

GmbH hochmoderne Mehrzweckfahrzeuge<br />

vom Typ Duro 3 an die Truppe.<br />

Neben den bereits im Dezember 2002<br />

beauftragten zwölf Fahrzeugen in der<br />

Variante Beweglicher Arzttrupp (BAT)<br />

sind derzeit vier Fahrzeuge der Version<br />

Feldjäger in Produktion, nachdem ein<br />

entsprechender Auftrag im Juli dieses<br />

Jahres erteilt wurde.<br />

Der in exklusiver Zusammenarbeit<br />

mit dem Schweizer Unternehmen<br />

Mowag <strong>AG</strong> (Kreuzlingen) hergestellte<br />

Duro 3 ist ein hochmodernes gepanzertes<br />

6x6-Mehrzweck-Radfahrzeug.<br />

Als geschützte Version ergänzt er die<br />

Fahrzeugfamilie der ungepanzerten<br />

Duro-Systeme, von denen sich mehr<br />

als 3500 Fahrzeuge vorwiegend bei<br />

der Schweizer Armee erfolgreich im<br />

Einsatz befinden.<br />

In der Bundeswehr soll der Duro 3<br />

die bisherigen ungepanzerten Trägerfahrzeuge<br />

ablösen und damit einen<br />

wesentlichen Beitrag zum besseren<br />

Schutz der Soldaten im Einsatz leisten.<br />

Der Gesamtbedarf der Bundeswehr<br />

an geschützten Transportfahr-<br />

Das<strong>Profil</strong><br />

Herausgeber: Rheinmetall <strong>AG</strong><br />

Verantwortlich: Peter Rücker<br />

Chefredaktion: Rolf D. Schneider<br />

Anschrift: Redaktion „Das <strong>Profil</strong>“,<br />

Postfach 1042 61, 40033 Düsseldorf<br />

das.profil@rheinmetall-ag.com<br />

zeugen für die Einsatztruppen Sanitätswesen,<br />

Feldjäger, Beobachtung<br />

und Aufklärung, Führung, EOD (Explosive<br />

Ordnance Disposal – Sprengmittelbeseitigung)<br />

sowie Fernmeldewesen<br />

beläuft sich in den kommenden<br />

Jahren auf über 900 Fahrzeuge.<br />

Vor diesem Hintergrund handelt es<br />

sich bei dem gegenwärtig im Zulauf an<br />

die Truppe befindlichen Duro 3, der<br />

am RLS-Firmenstandort Kassel gefertigt<br />

und endmontiert wird, um einen<br />

zukunftsweisenden Auftrag für Rheinmetall<br />

Landsysteme. Das Unternehmen<br />

baut damit seine weltweit anerkannte<br />

Position als kompetenter Entwickler<br />

und Hersteller hochwertiger<br />

und bedarfsgerechter gepanzerter<br />

Radfahrzeuge weiter aus.<br />

Der von der RLS offlerierte Duro 3 verfügt<br />

über ein in seiner Klasse bislang unerreichtes<br />

Niveau in Bezug auf Insassenschutz.<br />

Das Fahrzeug bietet seinen<br />

biszu 14 Besatzungsmitgliedern Schutz<br />

gegen ballistische Bedrohung und verfügt<br />

darüber hinaus über einen integrierten<br />

Minenschutz sowie zwei integrierte<br />

ABC-Schutzanlagen – getrennt für<br />

Fahrerhaus und Mehrzweckaufbau. Ein<br />

weiteres hervorstechendes Systemmerkmal<br />

ist seine Modularität.<br />

Verbesserter Schutz: Im Rahmen des einsatzbedingten Sofortbedarfs für Auslandseinsätze<br />

der Bundeswehr liefert die Rheinmetall Landsysteme GmbH<br />

hochmoderne Fahrzeuge vom Typ Duro 3 an die Truppe. Der in exklusiver Zusammenarbeit<br />

mit dem Schweizer Unternehmen Mowag <strong>AG</strong> (Kreuzlingen) hergestellte<br />

Duro 3 ist ein hochmodernes gepanzertes 6x6-Mehrzweck-Radfahrzeug.<br />

Equip‘ Auto: Auch<br />

2005 wieder dabei<br />

he Paris. „Wir sind 2005 auf jeden<br />

Fall wieder dabei“, resümiert Hansjörg<br />

Rölle, Chef der MSI Motor-Service<br />

International GmbH, das Ergebnis<br />

der Equip‘ Auto <strong>2003</strong>, die vom<br />

16. bis 21. Oktober <strong>2003</strong> auf dem<br />

Messegelände Villepinte im Norden<br />

der französischen Hauptstadt veranstaltet<br />

wurde. Die MSI als Führungsgesellschaft<br />

des Geschäftsbereichs<br />

Ersatzteilgeschäft innerhalb der Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe<br />

und<br />

ihr französisches Tochterunternehmen<br />

KS Motorac hatten sich dabei<br />

in Paris mit ihrem 360 Quadratmeter<br />

großen Stand in direkter Nähe des<br />

Eingangs zur Messehalle 5 mit einer<br />

Vielzahl bewährter und neuer Produkte<br />

prominent präsentiert.<br />

In gleicher Weise optimistisch wie<br />

Rölle gaben sich auch die französischen<br />

Veranstalter der Messe und<br />

verweisen auf die zunehmende internationale<br />

Beliebtheit dieser nach<br />

der automechanika weltweit größten<br />

Leistungsschau für das Ersatzteilgeschäft.<br />

So nahm der Anteil internationaler<br />

Besucher gegenüber<br />

der letzten Veranstaltung vor zwei<br />

Jahren um 38 Prozent zu. Dazu Rölle:<br />

„Wir konnten in Paris neben den<br />

Gesprächen mit Geschäftspartnern<br />

aus dem französischen Binnenmarkt<br />

insbesondere die Kontakte<br />

zu unseren Kunden aus Osteuropa<br />

und Nordafrika intensivieren.“<br />

Satz: Strack+Storch KG,<br />

Gladbacher Straße 15,<br />

40219 Düsseldorf<br />

Druck: DAMO Digitaltechnik GmbH,<br />

Juliusstraße 9-21,<br />

47053 Duisburg<br />

Drucktermin dieser Ausgabe:<br />

4. Dezember <strong>2003</strong><br />

Nachdruck gestattet, Belegexemplar erbeten.<br />

Composing: freistil


Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Seite 3<br />

K<br />

Klare Linie macht Rheinmetall attraktiv“ – diese am 20. Oktober <strong>2003</strong> publizierte Titelzeile<br />

des in Düsseldorf erscheinenden Handelsblattes ist quasi symptomatisch für<br />

dasMedienecho, das den Konzern seit vielen Monaten in der Öffentlichkeit begleitet.<br />

„Schmucker Wert“, „Schlankheitskur kommt bei Börsianern gut an“, „Konzentration<br />

auf Kerngeschäfte schafft Kauflaune“, „Rückkehr der Klassiker“, „Rheinmetall beeindruckt<br />

die Börse“, „Markt setzt wieder auf Substanzwerte“ oder „Rheinmetall hält an ehrgeizigen<br />

Zielen fest“ – so oder ähnlich titeln Print- bzw. elektronische Medien derzeit, wenn sie die<br />

jüngste Entwicklung und die aktuelle Situation des nunmehr auf die beiden Säulen Automotive<br />

und Defence fokussierten Konzerns analysieren und bewerten. Wobei gerade die anfangs zitierte<br />

Handelsblatt-Headline (noch einmal) unmittelbar Bezug nimmt auf den Start der Neuausrichtung,<br />

die Anfang 2000 propagierte „Strategie der klaren Linie“: Sie hat – begleitet von harten<br />

Restrukturierungsmaßnahmen und zahlreichen Desinvestitionen – die Düsseldorfer Unterneh-<br />

Aktienkurse der Rheinmetall <strong>AG</strong> seit 2000: eine prima Performance<br />

Lohnendes „Parkett“ für Börsianer<br />

Düsseldorf. Der Rheinmetall-Konzern<br />

hat sich mit der Umsetzung der<br />

„Strategie der klaren Linie“ insbesondere<br />

in den vergangenen drei Jahren<br />

grundlegend gewandelt. Die Aktionäre<br />

haben diese Veränderungen wahrgenommen<br />

und sie mit einer zunächst<br />

verhaltenen, zuletzt aber stark ansteigenden<br />

Nachfrage nach Aktien honoriert.<br />

Entsprechend kletterte der Kurs<br />

der Vorzugsaktie von seinem Tiefpunkt<br />

von 6,40 € im November 2000<br />

bis zu seinem (aktuellen) Gipfel von<br />

28,40 € im November <strong>2003</strong>. Was waren<br />

die Gründe für diesen positiven,<br />

aber nicht immer stetigen Kursverlauf?<br />

Die starke Expansionsphase in den<br />

neunziger Jahren hatte Rheinmetall<br />

1999 in eine schwierige Ertragslage<br />

und eine hohe Verschuldung gebracht.<br />

Dazu kam eine breite Diversifizierung,<br />

die oft nicht verstanden und gelegentlich<br />

mit dem Etikett „Intransparenz“<br />

versehen wurde. Der Vorstand hatte<br />

daher Anfang 2000 die „Strategie der<br />

klaren Linie“ ins Leben gerufen, die<br />

die Hauptziele für die strategische Entwicklung<br />

so formulierte: Konzentration<br />

auf Kernarbeitsgebiete, Stärkung von<br />

Ertragskraft und Profitabilität sowie<br />

Abbau der Verschuldung.<br />

Unter Kapitalmarktaspekten hätte<br />

der Start der Strategie kaum schwieriger<br />

sein können. Die euphorische Börsenstimmung<br />

war auf ihrem Höhepunkt<br />

angekommen, der NEMAX, in<br />

dem die fünfzig wichtigsten Werte des<br />

Neuen Marktes vertreten waren, überstieg<br />

im Verlauf des Jahres 2000 die<br />

Marke von 8000, und die Sonne der<br />

New Economy wärmte die Aktionäre<br />

fast aller neuen Aktiengesellschaften,<br />

die sich der Börsenwelt mit einem IPO<br />

(Initial Public Offering = Börseneinfüh-<br />

rung/Erstemission) vorgestellt hatten,<br />

mit einem warmen Geldregen.<br />

Unternehmen der „Old Economy“<br />

hingegen galten als nicht mehr zeitgemäß<br />

und unattraktiv. Selbst bei guten<br />

Erträgen waren sie mit moderaten Zukunftsperspektiven<br />

den fantastischen<br />

– und wie sich später herausstellte,<br />

auch bisweilen überaus fantasievollen<br />

– Zukunftsprognosen der Neue Markt-<br />

Werte hoffnungslos unterlegen. Gesellschaften<br />

in einer weniger erfolgreichen<br />

Ertragsphase fanden sich daher<br />

im Abseits des Börsenparketts – mit<br />

Foto: Volkswagen<br />

Montagsgespräch:<br />

BND-Chef Hanning<br />

vdb Berlin. BND-Chef beim Montagsgespräch<br />

der Rheinmetall DeTec<br />

<strong>AG</strong>: Rund 160 Gäste aus Regierung,<br />

Parlament, Bundeswehr, Botschaften<br />

und Medien kamen kürzlich in die<br />

Hessische Landesvertretung in Berlin,<br />

um den Ausführungen des Präsidenten<br />

des Bundesnachrichtendienstes,<br />

Dr. August Hanning, über<br />

den Kampf gegen den internationalen<br />

Terrorismus und seine Herausforderung<br />

für die innere Sicherheit in<br />

Deutschland zu folgen.<br />

entsprechenden Kursen. Gleichzeitig<br />

zogen wichtige Banken ihre Analysten<br />

von „klassischen“ Industriewerten ab<br />

und bauten ihre Kapazitäten für New-<br />

Economy-Aktien auf.<br />

Rheinmetall bekam dies in Form von<br />

sinkenden Kursen bei Vorzugs- und<br />

Stammaktien zu spüren. Die Börsenkapitalisierung<br />

(Wert des Unternehmens<br />

an der Börse, ausgedrückt als Produkt<br />

aus Aktienkurs mal Anzahl der ausgegebenen<br />

Aktien) sank. Dies wiederum<br />

hatte die Herausnahme der Aktien aus<br />

dem für institutionelle Investoren bedeutenden<br />

MSCI-Index zur Folge.<br />

Schließlich musste auch die ursprünglich<br />

für November 2000 vorgesehene<br />

Begebung einer 300-Millionen-€-Anleihe<br />

verschoben werden – was nicht an<br />

der mangelnden Akzeptanz von Rheinmetall<br />

lag, sondern an der daniederliegenden<br />

Aufnahmefähigkeit des Marktes<br />

für Industrieanleihen. Die Anleihe<br />

wurde ein halbes Jahr später, im Mai<br />

2001, platziert und konnte sogar auf<br />

350 Millionen € aufgestockt werden.<br />

Unterdessen lief der Umbau des<br />

Konzerns, zunächst wenig spektakulär,<br />

an. Die Mauser Waldeck <strong>AG</strong> war<br />

bereits Anfang 2000 verkauft worden,<br />

einige kleinere Gesellschaften aus<br />

dem Unternehmensbereich Electronics<br />

kamen in den Jahren 2000 und<br />

2001 hinzu. Der Verkauf der kompletten<br />

Jagenberg <strong>AG</strong> erwies sich als nicht<br />

durchführbar, so dass die verlusttragende<br />

Gesellschaft erst in den Folgejahren<br />

in mehreren Schritten veräußert<br />

werden konnte.<br />

Nur wenige Analysten und Fondsmanager<br />

„coverten“ im Jahr 2000 Rheinmetall;<br />

und noch weniger erkannten<br />

das Potenzial der eingeleiteten Maß-<br />

Präsenz in prominenter Modellreihe:<br />

MitKolbenschmidt Pierburg zeigt Rheinmetall<br />

auch im neuen Golf Flagge.<br />

nahmen, die demzufolge auch von Investoren<br />

kaum wahrgenommen wurden.<br />

Auch die allmähliche Verbesserung<br />

der Ertragslage – das EBIT war<br />

von 66 Millionen € (1999) auf 103 Millionen<br />

€ (2000) gestiegen – änderte<br />

daran nichts.<br />

Einen gewissen Schwung bekam die<br />

Aktie Anfang 2001, als der New Yorker<br />

Als Hausherr begrüßte der hessische<br />

Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten<br />

sowie Bevollmächtigte<br />

des Landes beim Bund, Jochen<br />

Riebel (CDU), die Anwesenden<br />

und schlug einen Bogen von den Anschlägen<br />

des 11. September 2001 zu<br />

der veränderten Gefährdungslage<br />

und den neuen Bedrohungen für die<br />

innere Sicherheit.<br />

In seinem Vortrag zu den Auswirkungen<br />

des internationalen Terrorismus<br />

auf die innere Sicherheit wies<br />

der BND-Präsident auf das Problem<br />

des Informationsmanagements hin.<br />

Während im Kalten Krieg die Informationsbeschaffung<br />

die Hauptaufgabe<br />

Investor Guy Wyser-Pratte bekannt<br />

gab, dass er mehr als fünf Prozent der<br />

Stammaktien erworben hatte. Die Kurse<br />

der Stammaktien stiegen aufgrund<br />

seiner Zukäufe im Verlauf des Jahres<br />

2001 auf über 20 €. In deren Sog stiegen<br />

auch die Vorzugsaktien, die im<br />

Jahresverlauf 2001 zwischen zehn und<br />

fünfzehn € schwankten.<br />

Auch die weitere Verbesserung der<br />

Ergebnisse – das EBIT im Jahr 2001 betrug<br />

195 Millionen € – trug nicht zu einer<br />

unmittelbaren Verbesserung der<br />

seitwärts gerichteten Kursbewegung<br />

bei. Selbst der überaus erfolgreiche<br />

Verkauf von Heimann Systems im September<br />

2002 brachte zunächst keine<br />

neuen Impulse. Gleichzeitig intensivierte<br />

Rheinmetall die Berichterstattung<br />

über den Geschäftverlauf durch<br />

die Einführung von Quartalsberichten<br />

und die Durchführung von Telefonkonferenzen<br />

für Aktienanalysten.<br />

Immerhin verbesserte sich die Wahrnehmung.<br />

Neben den Analysten von<br />

HSBC Trinkaus & Burkhardt, M.M.Warburg,<br />

Lampe, CA Cheuvreux und West-<br />

LB veröffentlichten im Jahr 2002 Crédit<br />

Lyonnais, die Nols Bank, das Bankhaus<br />

Reuschel und die Deutsche Apothekerund<br />

Ärztebank überregional Studien<br />

oder Bewertungen zu Rheinmetall.<br />

Die Rahmenbedingungen veränderten<br />

sich mittlerweile drastisch. Der NE-<br />

MAX fiel 2002 auf Indexwerte von unter<br />

1000 Punke, die „New Economy“<br />

verlor durch spektakuläre Pleiten ihren<br />

Glanz; darüber hinaus zeigte es<br />

sich, dass viele Innovationen, die sie<br />

mit sich brachte – <strong>Internet</strong>, E-Commerce,<br />

E-Banking, Neue Medien – sehr<br />

viel schneller von der „konventionellen<br />

Wirtschaft“ aufgenommen wurden,<br />

als manche es erwartet hatten. Auch<br />

bei Analysten begann ein Umdenken.<br />

Nicht zuletzt aufgrund des Rückgangs<br />

von Neuemissionen stieg das Interesse<br />

an traditionellen Industrieunternehmen<br />

wieder an.<br />

Gleichzeitig zeigten sich institutionelle<br />

Investoren zunehmend an Gesprächen<br />

interessiert. Insgesamt führte<br />

das Management des Rheinmetall-<br />

Konzerns im Jahr 2002 rund 90 Einzelgespräche<br />

und stellte das Unternehmen<br />

auf acht Roadshows vor, die nach<br />

Frankfurt/Main, München, London,<br />

Edinburgh, Mailand, New York, Boston<br />

und Chicago führten.<br />

Diese Rahmenbedingungen und die<br />

positiven Ergebnisse – Rheinmetall<br />

hatte 2002 ein EBIT von 392 Millionen<br />

€ (ohne den Verkauf von Heimann Systems:<br />

213 Mio €) erwirtschaftet –<br />

brachte Anfang <strong>2003</strong> Bewegung in den<br />

Aktienkurs. Nach der Bilanzpressekonferenz<br />

im April <strong>2003</strong> setzte eine deutli-<br />

gewesen sei, gebe<br />

es inzwischen<br />

Informationen<br />

und Hinweise im<br />

Übermaß. Schon<br />

der 11. September<br />

2001 habe gezeigt,<br />

wie bedeutend<br />

und schwierig<br />

es zugleich sei,<br />

wichtige von unwichtigenInfor-<br />

mationen zu trennen. Die Gefährdung<br />

durch den islamischen Terrorismus<br />

schätzt Hanning auch fürderhin hoch<br />

ein: Nach wie vor seien grenzüberschreitende<br />

Strukturen funktionsfähig;<br />

mensgruppe in vergleichsweise kurzer Zeit zurück auf eine sichere und profitable Basis geführt.<br />

Rheinmetall befindet sich in der Tat seit längerem auf einem Wertsteigerungskurs, der sich<br />

nicht allein in deutlichen Verbesserungen der operativen Ergebnisse, dem nachhaltigen Abbau<br />

der Verschuldung und der – damit verbundenen – Stärkung der Bilanzstruktur widerspiegelt.<br />

Auch am Kapitalmarkt hat das Unternehmen, das erst vor wenigen Wochen unter anderem<br />

beim Umsatz sowie bei den Kennzahlen EBT (Ergebnis vor Steuern) und EBIT (Ergebnis vor Zinsen<br />

und Ertragsteuern) erneut nachhaltige Steigerungen für den Zeitraum Januar bis September<br />

<strong>2003</strong> melden konnte, einen Riesensprung getan: Seit Januar 2001 sind zum Beispiel die<br />

Vorzugsaktien des im M-Dax-notierten Unternehmens zeitweise sogar um 299,3 Prozent (10.<br />

November <strong>2003</strong>) gestiegen. Die Hintergründe für diesen Höhenflug – der M-Dax legte im selben<br />

Zeitraum ein Minus hin – beleuchtet der „<strong>Profil</strong>“-Beitrag von Franz-Bernd Reich, Leiter Investor<br />

Relations im Zentralbereich Unternehmenskommunikation der Rheinmetall <strong>AG</strong>. rds<br />

Dr. August Hanning<br />

Foto: Bildschön/Berlin<br />

AUSLIEFERUNG GESTARTET: Die Deutsche Marine erhält in diesen Wochen<br />

die ersten von insgesamt 83 Marineleichtgeschützen vom Typ MLG 27 der<br />

Mauser-Werke Oberndorf Waffensysteme GmbH. Das fernbedienbare System –<br />

es ist weltweit das modernste Marinegeschütz seiner Klasse – wurde für den<br />

Selbstschutz von Kampfschiffen und kleineren schwimmenden Einheiten im<br />

Nahbereich entwickelt; mit ihm können Flugzeuge, Helikopter, Schnellboote und<br />

küstennahe Objekte mit großer Trefferwahrscheinlichkeit sowie hoher Munitionswirkung<br />

bekämpft werden. Das MLG 27 wird als Standardgeschütz nach und<br />

nach die heute noch auf deutschen Marineschiffen im Einsatz befindlichen,<br />

ausschließlich manuell bedienbaren 20mm- bzw. 40mm-Geschütze ersetzen.<br />

che Kursbewegung nach oben ein. Die<br />

Finanzwelt erkannte und honorierte<br />

die Verbesserung der Fundamentaldaten<br />

bei Rheinmetall, die als Ergebnisse<br />

der „Strategie der klaren Linie“ in den<br />

Bilanzen sichtbar wurden. Begleitet<br />

wurde die positive Kursentwicklung<br />

von einer Verbreiterung der Coverage:<br />

Die Landesbank Baden-Württemberg<br />

veröffentlichte im Februar <strong>2003</strong> eine<br />

ausführliche Studie zur Rheinmetall <strong>AG</strong><br />

unter dem Titel „Der Rohdiamant beginnt<br />

zu leuchten“; die Berenberg<br />

Bank folgte im April, die Deutsche<br />

Bank im Mai, die Equinet <strong>AG</strong> im Juli, die<br />

Bankgesellschaft Berlin im Oktober<br />

und die ING BHF Bank sowie die Hypo-<br />

Vereinsbank im Dezember dieses Jahres.<br />

Weitere Institute haben für die<br />

kommenden Monate Studien angekündigt.<br />

Die mehr oder weniger ähnlichen<br />

Bewertungen der Analysten: Der<br />

Düsseldorfer Konzern ist (wieder) ein<br />

lohnendes Investment für Börsianer.<br />

zudem erweise sich das Netzwerk nach<br />

Rückschlägen als lernende Organisation.<br />

Zunehmend rückten darüber hinaus<br />

weiche Ziele wie touristische<br />

Zentren in das Visier islamischer Extremisten.<br />

Deutschland sei daher gut beraten,<br />

in seinen Anstrengungen nicht nachzulassen<br />

und sich nicht in zweifelhaf-<br />

ter Sicherheit zu wiegen. Hanning: „In<br />

den Augen der Islamisten zählt<br />

Deutschland, wie alle westlichen Länder,<br />

zu den Feinden. Aktuelle Botschaften<br />

Bin-Ladens bestätigen dies.“<br />

Wegen seines Symbolcharakters sei<br />

die Ausschaltung Bin-Ladens, so der<br />

BND-Chef weiter, ein Schlüssel für die<br />

Die Intensität der Finanzkommunikation<br />

wurde nochmals erhöht. So fanden<br />

<strong>2003</strong> bis einschließlich Oktober Begegnungen<br />

mit mehr als einhundert Analysten<br />

und Fondsmanagern namhafter<br />

Häuser (u.a. Fidelity, Merrill Lynch)<br />

statt, und zwar in Einzelgesprächen, auf<br />

insgesamt sechs Roadshows und anlässlich<br />

von sieben Konferenzen.<br />

Die Aktie hat mittlerweile nicht nur<br />

die Bandbreite zwischen zehn und<br />

fünfzehn € verlassen, sondern hält<br />

sich auch sehr stabil deutlich oberhalb<br />

von zwanzig €. Die Börsenkapitalisierung<br />

übertraf im November <strong>2003</strong> zeitweise<br />

sogar die Marke von einer Milliarde<br />

€. Einige Analysten haben als<br />

Kursziele Werte um die dreißig € genannt.<br />

– Rheinmetall kommentiert die<br />

Kursziele auch weiterhin nicht, sondern<br />

folgt der Empfehlung eines britischen<br />

Fondmanagers: „Kümmern Sie sich um<br />

Ihre Geschäfte, wir kümmern uns um<br />

den Aktienkurs.“ Franz-Bernd Reich<br />

Bekämpfung des Terrorismus. Solange<br />

er frei sei, sei der Kampf gegen den<br />

Terrorismus nicht gewonnen.<br />

Seit vielen Jahren sind die Montagsgespräche<br />

der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong><br />

ein anerkanntes Forum für Fragen der<br />

Sicherheitspolitik. Im Mittelpunkt dieses<br />

parlamentarischen Abends am<br />

Sitz des Bundestages – früher Bonn,<br />

heute Berlin – steht jeweils ein Referat<br />

zu einem aktuellen Thema, dem<br />

sich ein reger Austausch unter den<br />

Gästen aus Politik, Ministerien, Streitkräften<br />

und Verbänden sowie den Vertretern<br />

der Botschaften, der Industrie<br />

und nicht zuletzt der Medien anschließt.<br />

Foto: Danetzki + Weidner


Seite 4 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />

OC<strong>AG</strong>: „Recognized for Excellence in Europe“<br />

Unternehmen zählt zur<br />

Europa-Bestengruppe<br />

cz Zürich. Die Oerlikon Contraves<br />

<strong>AG</strong> (OC) ist eines der beiden Schweizer<br />

Unternehmen, das von der European<br />

Foundation for Quality Management<br />

(EFQM) mit dem Zertifikat „Recognized<br />

for Excellence in Europe“<br />

ausgezeichnet worden ist. EFQM ist<br />

eine international anerkannte, in<br />

Brüssel ansässige Stiftung für Qualitätsmanagement,<br />

die Unternehmen<br />

bewertet, indem sie deren Leistungen<br />

als Ganzes betrachtet. Dazu hat<br />

sie ein Modell entwickelt, das Menschen,<br />

Prozesse und Ergebnisse<br />

gleichzeitig systematisch und umfassend<br />

beurteilt. So werden Stärken<br />

und Verbesserungspotentiale sichtbar<br />

gemacht. Notwendige Maßnahmen<br />

zur Steigerung der Unternehmensergebnisse<br />

und der Wettbewerbsfähigkeit<br />

können projektartig<br />

geplant und umgesetzt werden, da<br />

alle Mitarbeiter in den kontinuierlichen<br />

Verbesserungsprozess eingebunden<br />

sind.<br />

Seit Jahren ist „Business Excellence“,<br />

das heißt hervorragende Unter-<br />

D<br />

Die European Foundation<br />

for Quality Management<br />

(EFQM) wurde<br />

1988 von 14 führenden<br />

europäischen Großunternehmen,<br />

darunter Bosch, Fiat,<br />

Nestlé, Philips, Sulzer und Volkswagen<br />

gegründet. Der Sitz dieser<br />

Stiftung für Qualitätsmanagement<br />

istBrüssel. Sie hat heute ein internationales<br />

Netz für Zertifizierungen<br />

sowie europäische und außereuropäischePartnerorganisation<br />

in der ganzen Welt. Zu den nationalen<br />

Partnerorganisationen<br />

gehören unter anderem die Deutsche<br />

Gesellschaft für Qualität<br />

(www.deutsche-efqm.de) und die<br />

Swiss Association for Quality<br />

(www.saq.ch).<br />

EFQM – Maßstab<br />

für hohe Qualität<br />

Als Antwort auf das in den USA<br />

weit verbreitete „Total Quality Management“<br />

hat die EFQM ein Modell<br />

für Excellence (weltbeste Praktiken,<br />

die anderen als Vorbild dienen<br />

können) entwickelt, das Unternehmen<br />

und Organisationen hilft,<br />

ihre Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmensleistungen<br />

zu steigern.<br />

Seit 1992 vergibt die EFQM Qualitätspreise<br />

für Excellence auf europäischer<br />

oder nationaler Ebene.<br />

Die höchste Auszeichnung ist der<br />

European Quality Award, Zwischenstufen<br />

auf dem Weg sind die<br />

beiden Auszeichnungen „Commited<br />

to Excellence“ (Verpflichtung<br />

zu Excellence) und „Recognized<br />

for Excellence“ (Anerkennung für<br />

Excellence). cz<br />

Automotive auf<br />

Tokyo Motorshow<br />

he Tokio/Düsseldorf. Einen<br />

Überblick über aktuelle technische<br />

Innovationen zeigte die Kolbenschmidt<br />

Pierburg Gruppe auf der<br />

vom 24. Oktober bis 5. November<br />

<strong>2003</strong> veranstalteten internationalen<br />

Automobilmesse in der japanischen<br />

Hauptstadt.<br />

Als Mitglied auf dem Stand von<br />

„German Car Suppliers at the Tokyo<br />

Motor Show“, einer Gemeinschaftsaktion<br />

des Verbandes der Automobilindustrie<br />

(VDA), stellte das<br />

Unternehmen dabei einmal mehr mit<br />

Erfolg seine neuentwickelte elektrische<br />

Kühlmittelpumpe sowie die<br />

neuesten Abgasrückführsysteme,<br />

nehmensleistungen,<br />

das erklärte<br />

Ziel der Oerlikon<br />

Contraves <strong>AG</strong>.<br />

Dabei geht es<br />

nicht nur darum,<br />

gute und erfolgreiche<br />

Produkte<br />

und Dienstleistungenanzubieten,<br />

sondern<br />

Freut sich: Peter Heim auch den Vergleich<br />

mit anderen Unternehmen zu<br />

suchen – Unternehmen, die insgesamt<br />

oder in einzelnen Firmenbereichen<br />

zu den Besten gehören (Benchmark).<br />

„Nur wer die Messlatte hochlegt,<br />

sich mit anderen vergleicht, die<br />

eigenen Stärken und Potenziale kennt,<br />

kann seine eigene Position objektiv<br />

bestimmen“, erklärt Peter Heim, Leiter<br />

Prozess- und Qualitätsmanagement:<br />

„Und natürlich definieren, wo und wie<br />

Verbesserungen erreicht werden können.“<br />

Zur Überprüfung der eigenen Leistungen<br />

sowie deren Entwicklungen in<br />

Richtung „Business Excellence“ ist ein<br />

umfassendes Managementsystem<br />

notwendig, das Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit<br />

fördert und alle Prozesse<br />

im Unternehmen mit einbezieht.<br />

Die Oerlikon Contraves <strong>AG</strong> war eine<br />

der ersten Firmen in der Schweiz, die<br />

von der Richtigkeit eines prozessbezogenen<br />

Systems und den damit erzielbaren<br />

kontinuierlichen Verbesserungen<br />

aller Unternehmensaktivitäten<br />

überzeugt war.<br />

Das EFQM-Modell liefert die Bewertungsmaßstäbe<br />

und Schwerpunkte,<br />

um hohe Qualität auf allen Ebenen zu<br />

erreichen. Es benennt neun Kriterien,<br />

die zwei Bereichen zugeordnet sind: In<br />

einem Bereich sind die Potenziale und<br />

die Vorgehensweise für gute Leistungen<br />

zusammengefasst, im anderen<br />

die daraus resultierenden Ergebnisse.<br />

Zu jedem Kriterium gibt es mehrere<br />

Subkriterien, die unterschiedlich gewichtet<br />

werden. Zu den Potenzialen<br />

zählen: Führung, Mitarbeiterorientierung,<br />

Politik und Strategie, Ressourcen<br />

und Partnerschaften sowie Prozesse.<br />

Der Bereich Ergebnisse umfasst: mitarbeiterbezogene<br />

Ergebnisse, Kundenbezogene<br />

Ergebnisse, Gesellschaftsbezogene<br />

Ergebnisse sowie<br />

die Geschäftsergebnisse.<br />

Das ganzheitliche Managementsystem<br />

ergänzt das bewährte Qualitätsmanagement,<br />

das sich an der Erfüllung<br />

von Normen orientiert und deshalb<br />

auch nur die Beurteilung von Teilaspekten<br />

erlaubt. „Wir machen beides“,<br />

bestätigt Peter Heim: „Wir überprüfen<br />

regelmäßig die Übereinstimmung<br />

mit den Normenanforderungen,<br />

indem wir uns nach den ISO-Normen<br />

9001 und 14001 zertifizieren lassen.<br />

Parallel dazu checken wir unsere Unternehmensleistung<br />

nach dem EFQM-<br />

Modell.“ Oerlikon Contraves führte in<br />

den Jahren 1999 und 2000 die Gesamtbeurteilung<br />

dieser Leistung mit<br />

Sekundärluftpumpen,Kolben<br />

und Gleitlager<br />

aus. Mit dieser<br />

Beteiligung<br />

verfolgt KolbenschmidtPierburgkonsequent<br />

den erklärten Kurs einer weiteren<br />

Internationalisierung seines Geschäftes,<br />

vor allem im expansiven<br />

asiatischen Raum.<br />

An der erfolgreichen Aktion des<br />

VDA, der außerdem eine Pressereise<br />

nach Tokyo für eine Reihe hiesiger<br />

Fachmedien organisiert hatte, beteiligten<br />

sich neben Kolbenschmidt Pierburg<br />

15 weitere deutsche Zulieferunternehmen,<br />

darunter auch die Firmen<br />

F<strong>AG</strong> Kugelfischer, ThyssenKrupp Automotive<br />

und ZF Friedrichshafen.<br />

Fotos (2): Angela Blattner<br />

Oerlikon Contraves im Club der besten Firmen Europas: Die international renommierte European Foundation for Quality<br />

Management (EFQM) in Brüssel (Belgien) hat die Schweizer Defence-Tochtergesellschaft jetzt ganzheitlich bewertet – nach<br />

einem Managementmodell, das Menschen, Prozesse und Ergebnisse gleichermaßen systematisch und umfassend beurteilt.<br />

Hilfe des EFQM-Modells durch. Die im<br />

Modell vorgegebene Struktur dient als<br />

Leitfaden zur Selbstbewertung. Damit<br />

werden Schwachstellen sichtbar und<br />

Verbesserungs- und Korrekturmaßnahmen<br />

möglich. Zudem wird das<br />

Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter gefördert. Der<br />

Fortschritt wird regelmäßig, normalerweise<br />

nach ein bis zwei Jahren, überprüft.<br />

Im laufenden Geschäftsjahr <strong>2003</strong><br />

bot sich die Chance, im Rahmen der<br />

fälligen ISO-9001: 2000-Routineüberprüfung<br />

eine erste externe Überprü-<br />

Erneut Ranger an<br />

finnische Armee<br />

dp Helsinki/Zürich. Vier Jahre nach<br />

der Unterzeichnung des Vertrages für<br />

das erste Ranger-UAV-System erteilte<br />

die finnische Armee der Oerlikon Contraves<br />

<strong>AG</strong> (Zürich) vor wenigen Wochen<br />

den Auftrag zur Lieferung eines weiterenRanger-Aufklärungsdrohnensystems<br />

mit der Bezeichnung FDF Ranger<br />

2. Das jetzt georderte System umfasst<br />

Aufklärungsdrohnen, eine Boden-Kontrollstation,<br />

die Kommunikationseinheit<br />

und die mobile Empfangsstation;<br />

zudem beinhaltet der Vertrag Ausbildungspakete<br />

sowie die logistische Unterstützung.<br />

Die FDF-Ranger-Aufklärungsdrohne<br />

ist ein unbemanntes<br />

Kleinflugzeug, ausgerüstet mit TV-Ka-<br />

fung nach den EFQM-Kriterien durchzuführen<br />

– mit dem Ziel, die offizielle<br />

europäische Anerkennung „Recognized<br />

for Excellence“ zu erhalten.<br />

Für die Unternehmensüberprüfung<br />

hat die EFQM ein mehrstufiges Bewertungsverfahren<br />

entwickelt, das von<br />

der Selbstbewertung (Basisstufe) bis<br />

zur Auszeichung mit der European<br />

Quality Award (höchste Stufe) reicht.<br />

Als Zwischenstufen können sich Firmen<br />

für die Zertifikate „Recognized for<br />

Excellence“ (Stufe 2) und „Commited<br />

to Excellence“ (Stufe 1) bewerben. Die<br />

erste Stufe besteht aus einer Selbstbe-<br />

mera und Infrarotsensoren. Sie kann<br />

für militärische und zivile Aufklärungsflüge<br />

am Tag und in der Nacht<br />

eingesetzt werden. Die Reichweite der<br />

vom Boden aus gesteuerten Drohne<br />

umfasst einen Radius von 150 Kilometern<br />

ab Bodenstation; ihre Flughöhe<br />

beträgt bis zu 5000 Meter über dem<br />

Meer. Das FDF-Ranger-UAV-System<br />

wird bei der finnischen Artillerie eingesetzt,<br />

die in den vergangenen beiden<br />

Jahren durch die Arbeit mit dem<br />

ersten System bereits über eine breite<br />

Erfahrung – auch unter Berücksichtigung<br />

der extremen nordischen Wetterbedingungen<br />

– verfügt. Das Ranger-UAV-System<br />

hat sich während dieser<br />

Zeit hervorragend bewährt. Die<br />

Auslieferung des neuerlichen FDF-<br />

Ranger-2-Systems ist für Herbst 2005<br />

geplant. Der Folgeauftrag wird von<br />

wertung, für die 2. Stufe ist eine umfangreiche<br />

externe Beurteilung notwendig.<br />

In beiden Fällen erhält das<br />

Unternehmen einen Beurteilungsbericht,<br />

Hinweise für Verbesserungen<br />

und – bei Erfolg – die Auszeichnung.<br />

Alle zertifizierten Unternehmen werden<br />

in der EFQM-Datenbank registriert<br />

(www.efqm.org).<br />

Übrigens: Die Auszeichnungen informieren<br />

über den Stand der eigenen<br />

Managementqualität und können als<br />

Nachweis gegenüber externen Partnern,<br />

Kunden und Aktionären verwendet<br />

werden.<br />

Prozesse laufen nicht von alleine – sie<br />

werden durch Menschen betrieben. Alle<br />

Mitarbeiter sind an der Gesamtaufgabe<br />

des Unternehmens beteiligt. Die Eigeninitiative,<br />

das Verantwortungs- und Qualitätsbewusstsein<br />

des einzelnen sowie die<br />

Mitarbeiterzufriedenheit beeinflussen<br />

den Unternehmenserfolg. Seit der Auszeichnung<br />

als „Recognized for Excellence“<br />

weiß die Oerlikon Contraves <strong>AG</strong> beispielsweise,<br />

dass sowohl die Mitarbeiterzufriedenheit<br />

als auch die Umweltperformance<br />

rund 15 Prozent über dem Benchmark<br />

liegen. Unser Foto zeigt – v.l.n.r. –<br />

Elias Loretz, René Syfrig, Giancarlo Bucciarelli<br />

und Hans-Peter Mahler bei einer<br />

Teambesprechung am Firmensitz in<br />

Zürich. Im Hintergrund: Christian Häfliger<br />

am Skyguard-3-System bei der Arbeit.<br />

Folgeauftrag für Oerlikon Contraves: Im<br />

Herbst 2005 erhält die finnische Armee<br />

eine weitere Ranger-Aufklärungsdrohne.<br />

Oerlikon Contraves (Leitung) zusammen<br />

mit den Konsortiumspartnern<br />

RU<strong>AG</strong> (Emmen)und Israel Aircraft Industries<br />

Ltd. (IAI – Tel Aviv) abgewickelt.<br />

Ein ähnliches Ranger-UAV-System<br />

wurde im Zeitraum 1999 – 2001<br />

durch dasselbe Konsortium auch an<br />

die Schweizer Armee ausgeliefert.<br />

Foto: Photodisc


Composing (2): frei-stil<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Seite 5<br />

Pierburg vereint Saugrohr und Abgasrückführsystem<br />

„Wir rennen mit diesem<br />

Modul offene Türen ein“<br />

Neuss/Frankfurt am Main. Die Premiere<br />

fand auf der 60. Internationalen<br />

Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt<br />

am Main statt und stieß auf breite Zustimmung<br />

bei den Marktpartnern. Der<br />

Grund: Wieder einmal hatte die Pierburg<br />

GmbH (Neuss) ihre Kompetenz als<br />

innovativer Systemanbieter rund um<br />

den Motor unter Beweis gestellt und<br />

mit dem integrierten Saugrohrmodul<br />

als weltweit erster Anbieter ein technisch<br />

pfiffiges Konzept präsentiert, das<br />

das Ansaugrohr für die Luftversorgung<br />

und die Abgasrückführung (kurz: <strong>AG</strong>R)<br />

„unter einem Dach“ vereint.<br />

„Ausgangspunkte der Überlegungen<br />

waren – neben den immer strenger<br />

werdenden Anforderungen zur Reduzierung<br />

der Schadstoffemissionen –<br />

unsere langjährigen Erfahrungen bei<br />

der Entwicklung und Herstellung von<br />

Saugrohren und Abgasrückführsystemen<br />

sowie die Frage, wie wir unseren<br />

aktuellen und potenziellen Kunden einen<br />

Mehrwert bieten können, den sie<br />

sonst nirgendwo finden.“ Mit diesen<br />

Worten beschreibt Diplom-Ingenieur<br />

Norbert Kleinehakenkamp, Hauptabteilungsleiter<br />

für den Entwicklungsbereich<br />

Luftversorgung bei der Pierburg<br />

GmbH, die Anfänge des integrierten<br />

Saugrohrmoduls.<br />

Das Konzept basiert auf einem Saugrohr<br />

aus Aluminium-Druckguss, in das<br />

eine elektrisch betätigte Drosselklappe,<br />

ein elektromotorisch angetriebenes<br />

Abgasrückführventil, ein Abgaskühler<br />

mit elektrisch betätigter Bypassklappe<br />

sowie ein Luft-Abgasmischer<br />

und elektrisch angetriebene, strömungsoptimierteLadungsbewegungsklappen<br />

integriert sind. Außerdem umfasst<br />

das System noch elektronische<br />

Steuerungseinheiten für die jeweiligen<br />

Stellmotoren; auf kostenintensive<br />

Edelstahlausführungen beim <strong>AG</strong>R-Kühler<br />

kann dabei verzichtet werden.<br />

„Eine derartige Gesamtlösung bietet<br />

dem Kunden eine Menge Vorteile“, erläutert<br />

Armin Schürfeld, Leiter der Vorentwicklung.<br />

„Neben einer deutlichen<br />

Senkung des Stickoxydanteils im Abgas<br />

ermöglicht dieses System die Einsparung<br />

einer Vielzahl von Schnittstellen,<br />

eine leckagesichere Konstruktion,<br />

erhöhte Funktionssicherheit, eine weitere<br />

Gewichtsreduzierung gegenüber<br />

der Verwendung von Einzelkomponenten<br />

sowie Package-Vorteile durch die<br />

kompakte Bauweise und günstige Systemkosten.<br />

Darüber hinaus lassen<br />

sich mit dem integrierten Saugrohrmodul<br />

Kraftstoffeinsparungen von rund<br />

drei Prozent erzielen.“<br />

Kernelement der Schadstoffreduzierung<br />

ist der integrierte Abgaskühler,<br />

mit dem eine Verminderung der Abgastemperatur<br />

um rund 200° Celsius<br />

und eine damit verbundene Steigerung<br />

der Abgasrückführrate erreicht<br />

wird. „Durch den höheren Anteil von<br />

Abgasen an der Verbrennungsluft erreichen<br />

wir eine Reduzierung der Sauerstoffkonzentration,<br />

eine langsamere<br />

Verbrennungsgeschwindigkeit und eine<br />

niedrigere Verbrennungstemperatur,<br />

was wiederum zu einer Senkung<br />

Einfach kompakt – das ist das neue integrierte Saugrohrmodul aus dem Hause Pierburg. Über die gelungene IAA-<strong>2003</strong>-Präsentation<br />

freuen sich Armin Schürfeld (l.) und Hans-Ulrich Kühnel – hier mit dem System auf dem Motorprüfstand am Pierburg-Firmensitz.<br />

des Stickoxydanteils führt“, beschreibt<br />

Hans-Ulrich Kühnel, Entwicklungsleiter<br />

für Ansaugmodule, das<br />

Wirkprinzip: „Des weiteren erhalten<br />

wir mit dieser Maßnahme eine Verbesserung<br />

der Zylinderfüllung sowie geringere<br />

thermische Belastungen bei<br />

den entsprechenden Motorkomponenten.“<br />

Norbert Kleinehakenkamp: „Mit dem neuen Modul rennen wir offene Türen ein“.<br />

Um ein schnelleres Ansprechen des<br />

Katalysators beim Kaltstart des Motors<br />

zu gewährleisten, verfügt der Abgaskühler<br />

zudem über eine Bypassklappe,<br />

mit der die Abgase solange am<br />

Kühler vorbeigeleitet werden, bis die<br />

für den Katalysator erforderliche Betriebstemperatur<br />

erreicht ist. Im Warmbetrieb<br />

sorgt sie anschließend für das<br />

Aufrechterhalten dieser notwendigen<br />

Temperatur.<br />

Ein weiteres wichtiges Element des<br />

integrierten Saugrohrmoduls sind die<br />

speziell entwickelten, verstellbaren<br />

und strömungsoptimierten Ladungsbewegungsklappen,<br />

die für eine höhere<br />

Ladungsbewegung und optimale<br />

Verteilung des Abgas-/Luftgemischs<br />

im Brennraum sorgen. Schürfeld: „Damit<br />

erreichen wir eine stabilere und<br />

gleichmäßigere Verbrennung sowie eine<br />

verbesserte <strong>AG</strong>R-Verträglichkeit,<br />

die mit Hilfe einer Vordrossel noch höhere<br />

<strong>AG</strong>R-Raten ermöglicht.“ Zusätzlicher<br />

Vorteil des Pierburg-Konzepts:<br />

Besondere Kraftstoffqualitäten (z.B.<br />

schwefelfrei) oder Additive werden für<br />

den Betrieb des integrierten Saugrohrmoduls<br />

nicht benötigt.<br />

„Die positiven Reaktionen auf der<br />

diesjährigen IAA und die vielen Gespräche<br />

haben uns gezeigt, dass wir mit<br />

dieser Entwicklung bei den Vertretern<br />

der Automobilhersteller offene Türen<br />

einrennen“, fasst Diplom-Ingenieur<br />

Norbert Kleinehakenkamp, Hauptabteilungsleiter<br />

für den Entwicklungsbereich<br />

Luftversorgung bei der Pierburg GmbH,<br />

die Ergebnisse der erfolgreichen Präsentation<br />

zusammen. „Die Einhaltung<br />

der ab 2005 zwingend vorgeschriebenen<br />

Euro-4- und der etwa von 2009 an<br />

geltenden Euro-5-Norm erfordern ein<br />

komplexes Maßnahmenpaket, zu dem<br />

wir mit unserer kompakten und vergleichsweise<br />

kostengünstigen Lösung<br />

einen wichtigen Beitrag leisten können.<br />

Dass das System dabei evolutionsfähig<br />

genug ist, um auch auf die individuellen<br />

Vorstellungen unserer Kunden eingehen<br />

zu können, versteht sich von<br />

selbst.“ Andreas Tümpen<br />

Gezielter Schutz: Die HPM-Technologie kann in Gebäuden oder am Straßenrand versteckte Sprengfallen ebenso unschädlich machen wie flüchtige motorisierte Täter oder unbefugt vordringende Fahrzeuge stoppen.<br />

W<br />

Was einen Gummiknüppel<br />

oder den Pfeffersprayer<br />

in der Hand<br />

des Polizisten mit<br />

Hightech-Systemen<br />

So soll beispielsweise der Plasma-<br />

Taser (Arbeitstitel), der derzeit bei<br />

Rheinmetall W&M im Kompetenzzentrum<br />

für Waffe und Munition in Unterlüß<br />

untersucht wird, Angreifer in Dis-<br />

elektronischen Einrichtungen im Ziel<br />

stören oder auch dauerhaft zerstören<br />

können“, so Scholles, „und zwar ohne<br />

Gefahr für Leib und Leben der dort<br />

befindlichen Menschen.“ Auf Entfer-<br />

dazu leisten, das Leben von Einsatzkräften<br />

zu schützen.“<br />

Immer wieder gibt es in Krisenregionen<br />

Vorfälle, bei denen zum Beispiel<br />

Zivilisten im Auto auf ein Haltesignal<br />

mit Nachdruck<br />

vorangetrieben<br />

wird, eröffnet<br />

neue Möglichkeiten<br />

zur kos-<br />

wie einem Mittelenergielaser (MEL) tanzen von über zehn Metern außer nungen bis zu 20 Metern können von Soldaten nicht reagieren und als teneffektivenBe- oder der High-Power-Microwave ver- Gefecht setzen. Eine 40mm-Granatpis- heute schon fast alle gängigen elekt- vermeintliche Angreifer beschossen kämpfung von<br />

bindet, fand anlässlich einer Getole dient hier zum gezielten Ausstoß ronischen Geräte bis hin zum Mobil- werden – teilweise mit tragischen Fol- Zielen mit optroprächsrunde<br />

der Wissenschaftspres- einer Plasmawolke ( z.B. aus Kohlentelefon mit HPM-Systemen, die etwa gen. Auch an solchen militärischen nischenEinrichsekonferenz e.V. zum Thema „Nicht stoff), die gepulste elektrische Energie die Größe eines Handkoffers haben, Kontrollpunkten oder zum Objekttungen. Vom<br />

letale Wirksysteme“ (NLW) im Bonner<br />

Presseclub großes Interesse bei<br />

ins Ziel leitet – ohne die ins Visier genommene<br />

Person gesundheitlich zu<br />

ausgeschaltet werden.<br />

Diese Technologie ist auch für die<br />

schutz können HPM-Systeme eine<br />

wirksame Alternative darstellen, um<br />

Lenkflugkörper<br />

Dr. Herbert Scholles<br />

bis hin zum kom-<br />

den eingeladenen Journalisten. schädigen.<br />

Bundeswehr von größtem Interesse, unbefugt vordringende Fahrzeuge mit pletten Kampfpanzer – ohne Sichtsys-<br />

„Nicht letale Wirksysteme versetzen<br />

die Einsatzkräfte in die Lage, in<br />

brenzligen Situationen jeweils angeteme<br />

und Sensoren kommt modernes<br />

militärisches Gerät nicht mehr aus.<br />

Mit NLW-Technik gegen versteckte Bedrohungen Hier liegt gleichzeitig die Schwachmessen<br />

reagieren zu können. Angreistelle<br />

dieser Systeme: Über mehrere<br />

fer können wirksam unschädlich ge- Bei Einsätzen der Polizei ist es wie militärische Szenarien auf dem sofortiger Wirkung zum Stoppen zu Kilometer kann ein Mittelenergielaser<br />

macht werden, ohne sie durch ebenso wie bei militärischen Einsät- Balkan oder in Afghanistan gezeigt ha- bringen – auf Knopfdruck soll die ge- (MEL) die Zieloptik eines gegneri-<br />

Schusswaffengebrauch ernsthaft zu zen häufig erfolgsentscheidend, Täben. Denn eine große Gefahr für die samte Elektronik moderner Fahrzeuge schen Kampfpanzers heute schon zer-<br />

verletzen oder ihr Leben zu gefährtern bzw. gegnerischen Kräften ihre Soldaten geht von Sprengfallen aus, lahmgelegt werden. Ebenso gut könstören und ihn mit höchster Präzision<br />

den“, erläuterte Dr. Herbert Scholles, Kommunikationsmöglichkeiten zu die beispielsweise in Gebäuden oder nen HPM-Systeme in Polizeifahrzeuge kampfuntauglich machen, ohne die<br />

Leiter der Entwicklung der Rheinme- nehmen. Hat ein Geiselnehmer sich am Straßenrand versteckt sind und integriert werden, um motorisierte Tä- Besatzung zu gefährden. Entwicktall<br />

W&M GmbH: „Prinzipiell also in ein Gebäude geflüchtet, so ist er per Handy, Bewegungsmelder oder Titer auf der Flucht zu stellen. Auch Geilungsfachmann Scholles sieht ein<br />

durchaus mit dem Schlagstock oder häufig live via TV, Radio oder <strong>Internet</strong> mer gezündet werden können, um ihre seln im Fahrzeug bleiben unversehrt, breites Einsatzgebiet für solche Laser-<br />

dem Tränengas vergleichbar, bieten über das Vorgehen der Polizei im Bil- vernichtende Wirkung zu entfalten. denn gefährliches Rammen oder der waffen: „Es ist unser Ziel, die MELmoderne<br />

NLW-Konzepte doch ein de. „In dieser Situation stellen Hoch- Scholles: „Auch hier wird die HPM- Gebrauch von Schusswaffen erübrigt Technologie für den Bereich der Flug-<br />

weitaus breiteres Einsatzspektrum energie-Mittelwellensysteme (High Technologie künftig durch die Aus- sich auf diese Weise.<br />

abwehr und zum Schutz stationärer<br />

und helfen aktiv, Menschen zu Power Microwave - HPM) ein wirksaschaltung der Zündelektronik dieser Die Lasertechnologie, die bei der oder mobiler Einrichtungen bis 2012<br />

schützen.“<br />

mes Gegenmittel dar, da sie alle Sprengsätze einen wertvollen Beitrag Rheinmetall W&M GmbH ebenfalls zur Einsatzreife zu bringen.“ oho<br />

Fotos(2): Ariane Gehlert


Composing: frei-stil<br />

Seite 6 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />

Präzision ist Trumpf: Das Corect-Modul mit GPS-Empfänger zur satellitengestützten Navigation ermöglicht eine im Vergleich<br />

zu ungelenkten Artillerieraketen erheblich verbesserte Zielgenauigkeit von deutlich weniger als 50 Metern Abweichung vom<br />

vorgegebenen Zielpunkt. Das gleichnamige Projekt, eine Gemeinschaftsarbeit der Rheinmetall-DeTec-Tochtergesellschaften<br />

Oerlikon Contraves GmbH und Rheinmetall W&M GmbH, bietet eine kostengünstige und zukunftsfähige Lösung zur Kampfwerterhaltung<br />

des auch bei der Bundeswehr verwendeten MLRS-Raketensystems (bekannt auch als „Mars“-Raketenwerfer).<br />

Uden die Entscheidung<br />

noch etwas leichter zu machen<br />

und gleichzeitig das<br />

für den Anbieter hohe Risiko<br />

bei den Entwicklungskosten – so<br />

sie nicht finanziert werden – zu senken,<br />

kommt für die Vermarktung des<br />

Corect-Moduls möglicherweise das in<br />

der europäischen Wehrtechnik erstmals<br />

eingesetzte, aber in anderen<br />

Wirtschaftszweigen wie der Automobil-<br />

und Luftfahrtindustrie bereits erfolgreich<br />

erprobten Optionsprämienmodell<br />

zur Anwendung. „Von diesem<br />

Modell haben alle beteiligten Parteien<br />

etwas“, beschreibt Dipl.-Ing. Horst<br />

Reckeweg, Vertriebsleiter für den Bereich<br />

Waffen bei der Rheinmetall<br />

W&M GmbH, den wesentlichen Vorteil<br />

des Konzepts.<br />

Kern des Modells ist der sogenannte<br />

Optionsvertrag, der dem Kunden<br />

Ethernet auch<br />

beim neuen Golf<br />

cd Wolfsburg. Die Hirschmann Electronics<br />

GmbH & Co. KG hat für die Fertigung<br />

des neuen VW Golf im Werk<br />

Wolfsburg ein durchgängiges Ethernet-Netzwerk<br />

realisiert. Allein im Karosseriebau<br />

sind auf einer Fläche von<br />

rund 100000 Quadratmetern insgesamt<br />

7500 aktive Teilnehmerports mit<br />

1200 Hirschmann Railswitch-Systemen<br />

des Typs MICE MS2108-2 über<br />

Industrial Ethernet vernetzt worden.<br />

Darüber hinaus kommen im Ferti-<br />

KOMPETENZ BEI SELBSTSCHUTZSYSTEMEN: Geschützführer Joachim Seemund von der Rheinmetall W&M GmbH<br />

in Unterlüß zündet das neuartige Ramses-System der Firma Buck Neue Technologien GmbH (Fronau/Neuenburg). Ramses ist<br />

ein Gerät zum Schutz von Personen, bei dem eine künstlich erzeugte Nebelwand zur Unterbrechung der Sichtlinien führt.<br />

Der Effekt des sowohl im sichtbaren als auch nahen Infrarotbereich wirkenden Schutzsystems: Selbst mit einem Nachtsichtgerät<br />

oder via Laserentfernungsmesser ist die anvisierte – und dank Ramses in Nebel gehüllte – Person nicht zu erkennen.<br />

Foto: Jochen Lübke/ddp Um den potentiellen Kun-<br />

bei Vorauszahlung einer Optionsprämie<br />

das Recht einräumt, innerhalb einer<br />

festgelegten Frist einen bestimmten<br />

Gegenstand mit fest definierten<br />

Leistungen zu einem im voraus fixierten<br />

Preis zu kaufen. Eine Pflicht zur<br />

späteren Ausübung dieser Option<br />

besteht jedoch nicht. Für den Kunden<br />

bietet das den Vorteil, umfangreiche<br />

Produktzusagen für einen relativ geringen<br />

Kapitaleinsatz zu erhalten und<br />

sich zudem gegen steigende Preise<br />

abzusichern. Ein ansonsten übliches<br />

Memorandum of Understanding<br />

(MoU) wird hierdurch überflüssig.<br />

Für den Anbieter ergibt sich vor<br />

allem die Möglichkeit, seine Entwicklungs-,<br />

Qualifikations- und Fertigungsanlaufkosten<br />

mit den einge-<br />

sammelten Optionsprämien zu decken<br />

und eine größere Planungssicherheit<br />

in Bezug auf die späteren Absatzzahlen<br />

zu erhalten. Erst wenn die<br />

Optionsprämien die zu erwartenden<br />

Kosten decken, beginnt die Entwicklung.<br />

Nach Erreichen der Serienreife<br />

beginnt die Produktion, sobald die<br />

erste Option eingelöst worden ist.<br />

Innovative Wege bei Vermarktung<br />

gungsbackbone eine Vielzahl von<br />

MACH 3002-Systemen einschließlich<br />

Routing zum Einsatz. Mit dieser Gesamtlösung<br />

wird im größten Automobilwerk<br />

der Welt nicht nur ein neuer<br />

Standard in Bezug auf Fertigungseffizienz<br />

und -transparenz gesetzt, sondern<br />

auch der allgemeine Trend vom<br />

Feldbus zum Ethernet in der industriellen<br />

Automatisierung eindrucksvoll<br />

bestätigt.<br />

Der Einsatz des durchgängigen Industrial<br />

Ethernet-Netzwerkes von<br />

Hirschmann ermöglicht eine flexiblere<br />

Produktion mit optimierten Taktzahlen,<br />

eine präzise Visualisierung<br />

Dass man sich bei Angebot und Vertriebsmodell<br />

auf dem richtigen Weg<br />

befindet, zeigt das bereits vorliegende<br />

Interesse am neuen Modul seitens der<br />

MLRS-Nutzerstaaten. Dazu noch einmal<br />

Horst Reckeweg: „Wir sind überzeugt,<br />

mit unserem Angebot gerade in<br />

Zeiten knapper Wehretats eine Brücke<br />

zwischen Anbieter- und Nachfragerseite<br />

schlagen zu können.“ at<br />

der gesamten Fertigungsdaten sowie<br />

eine vereinfachte Wartung durch zuverlässiges<br />

Netzwerkmanagement.<br />

Die 100-prozentige Verfügbarkeit<br />

des Fertigungsnetzwerkes wird dabei<br />

durch das Hirschmann-Redundanzverfahren<br />

Hiper-Ring gewährleistet.<br />

Das in der Golf-Fertigung eingesetzte<br />

switched full-duplex Ethernet ist<br />

echtzeitfähig und erfüllt in vollem Maße<br />

die hohen Anforderungen in den<br />

verketteten Produktionsprozessen.<br />

Zugleich ist das Hirschmann-Netzwerk<br />

offen für alle künftig absehbaren<br />

Entwicklungen in der Fertigung.<br />

Modul verbessert Treffgenauigkeit und Reichweite<br />

Corect steuert Raketen<br />

per Satellit in das Ziel<br />

Stockach/Ratingen. „Corect“ (COntraves<br />

Rheinmetall Enhanced Correction<br />

of Trajectories) – das ist der Name<br />

für ein von der Oerlikon Contraves<br />

GmbH (Stockach) als Hauptauftragnehmer<br />

und der Rheinmetall W&M<br />

GmbH (Ratingen) gemeinsam entwickeltes<br />

Modul zur satellitengestützten<br />

Flugbahnkorrektur von Artillerieraketen,<br />

das seine Leistungsfähigkeit zur<br />

Zeit im Rahmen eines Demonstratorprogramms<br />

für das Bundesamt für<br />

Wehrtechnik und Beschaffung (BWB)<br />

in Koblenz unter Beweis stellt. Ziel ist<br />

es, die Treffgenauigkeit und maximale<br />

Reichweite der bei der Bundeswehr<br />

verwendeten MLRS-Raketen vom Typ<br />

M26 (mit Bombletgefechtskopf) und<br />

AT-2 (Minenausstoßrakete) zu verbessern<br />

(MLRS = Multiple Launch Rocket<br />

System); gleichzeitig wird damit die<br />

Grundlage für eine später geplante Nutzungsdauerverlängerung<br />

dieser Raketen<br />

– als Gesamtsystem allgemein bekannt<br />

unter dem Namen „Mars“-Raketenwerfer<br />

– geschaffen.<br />

„Die neuen Anforderungsprofile für<br />

die Raketenartillerie sind ohne ein<br />

System zur Flugb<br />

ahnkorrektur<br />

nicht zu verwirklichen“,<br />

erläutert<br />

Diplom-Ingenieur<br />

Helmut Burckhardt,Geschäftsführer<br />

der Oerlikon<br />

Contraves<br />

GmbH, die Aufgabenstellung<br />

für<br />

die Entwicklung<br />

des Corect-Moduls.<br />

„Die Vermeidung<br />

von Kollateralschäden<br />

im verzahnten<br />

Gefecht<br />

(also im kombinierten<br />

Einsatz<br />

verschiedener<br />

Waffensysteme)<br />

sowie im Zusammenhang<br />

mit friedenssichernden Einsätzen<br />

gewinnt mehr und mehr an Bedeutung.<br />

Damit einher geht die Forderung<br />

nach einer wesentlich verbesserten<br />

Präzision bei der Zielbekämpfung.<br />

Mit Blick auf die gleichzeitig gewünschte<br />

Erhöhung der Waffenreichweite<br />

lässt sich dies aber nur durch<br />

den Einsatz modernster Elektronik,<br />

Sensorik und Navigationseinrichtungen<br />

realisieren“, so der 54-jährige<br />

Wehrtechnik-Experte.<br />

Genau hier setzt das Corect-Modul<br />

an. Mit Hilfe seines integrierten GPS-<br />

Empfängers zur satellitengestützten<br />

Navigation (GPS = Global Positioning<br />

System) wird die aktuelle Position der<br />

Rakete während des Fluges bestimmt.<br />

Gleichzeitig ermittelt ein ebenfalls an<br />

Bord befindlicher Magnetfeldsensor<br />

die dazugehörige Rolllage durch eine<br />

Messung des Erdmagnetfelds. Mit<br />

den so gewonnenen<br />

Daten berechnet<br />

ein Bordprozessor<br />

nun die Abweichung<br />

(im<br />

Fachjargon: Ablage)<br />

der Rakete von<br />

der Soll-Flugbahn<br />

und leitet anschließend<br />

die in<br />

Seiten- und Längsrichtungbenötig-<br />

Helmut Burckhardt<br />

ten Korrekturimpulse durch eine zeitgenaue<br />

Aktivierung der Mikroreaktionstriebwerke<br />

ein. „Mit diesem Verfahren<br />

sind wir in der Lage, eine Zielgenauigkeit<br />

von deutlich weniger als<br />

50 Metern Ablage vom gewünschten<br />

Treffpunkt zu erreichen“, freut sich<br />

Horst Reckeweg, Vertriebsleiter für<br />

den Bereich Waffen bei der Rheinmetall<br />

W&M GmbH, über die Wirksamkeit<br />

des neuartigen Moduls: „Gegenüber<br />

den derzeit üblichen Ablage-<br />

Werten ungelenkter Artillerieraketen<br />

von teilweise mehreren hundert Metern<br />

bedeutet dies eine enorme Verbesserung.“<br />

Das Corect-Modul wird zum einen als<br />

„add on“-Variante im Rucksackverfahren,<br />

zum anderen als „integrierte Lösung“<br />

mit Aufnahme des Moduls in<br />

den Raketengefechtskopf angeboten.<br />

Die Reichweitensteigerung ergibt sich<br />

jedoch erst bei der integrierten Lösung<br />

durch eine zur Aufnahme des Korrektur-Moduls<br />

notwendige Reduzierung<br />

der mitgeführten Submunitionsmenge,<br />

was wiederum das Gesamtgewicht<br />

der Rakete reduziert. Reckeweg: „Da<br />

bei vielen der international weit verbreiteten<br />

M26-Raketen in den nächsten<br />

Jahren mit einem Auslaufen der<br />

Nutzungsdauer zu rechnen ist, bieten<br />

wir im Rahmen der integrierten Lösung<br />

erstmals auch die gleichzeitige Umrüstung<br />

der in den Gefechtsköpfen enthaltenen<br />

Bomblets auf Zünder mit<br />

Selbstzerlegungsfunktion sowie die<br />

anschließende Reintegration in den<br />

Gefechtskopf an. Für unsere Kunden<br />

bedeutet dies eine größere Kosteneffizienz<br />

der angestrebten Modernisierungsmaßnahmen.<br />

Ein weiteres Plus:<br />

Sie erhalten die Gesamtlösung aus einer<br />

Hand.“<br />

Genauer: das neuartige Corect-Modul als dreidimensionale<br />

Computeransicht – hier in der integrierten Ausführung.<br />

Tatsächlich bietet letztere viele Vorteile:<br />

Durch den Austausch der bereits<br />

vorhandenen Zünder lässt sich die<br />

auslaufende Nutzungsdauer noch einmal<br />

um mindestens weitere zehn Jahre<br />

verlängern; außerdem wird die<br />

Blindgängerrate mit Hilfe der Selbstzerlegungsfunktion<br />

auf dann unter ein<br />

Prozent gesenkt. Die gleichzeitige<br />

Nachrüstung des Corect-Moduls als integrierte<br />

Lösung sorgt darüber hinaus<br />

für eine Reichweitensteigerung der Raketen<br />

von bisher rund 30 auf dann etwa<br />

40 Kilometer. Die verringerte Anzahl<br />

der Bomblets wird dabei durch<br />

die erhöhte Treffgenauigkeit der Raketen<br />

mehr als kompensiert, was zu erheblichen<br />

Munitionseinsparungen<br />

und einer damit verbundenen Reduzierung<br />

des logistischen Aufwands<br />

führt. Für die Aufrechterhaltung der<br />

Kampfkraft werden nun insgesamt weniger<br />

Raketen benötigt.<br />

„Wir sind sicher,<br />

mit dieser Lösung<br />

eine kostengünstige<br />

und zukunftsfähige<br />

Alternative zu<br />

der um einiges teureren<br />

Anschaffung<br />

von Ersatzraketen<br />

Horst Reckeweg<br />

aufzeigen zu können“,<br />

so Helmut<br />

Burckhardt über die strategischen Hintergründe<br />

des Projektes. „Außerdem<br />

lässt sich das ‚Corect‘-Modul auch bei<br />

anderen eingeführten oder in der Entwicklung<br />

befindlichen Artillerieraketen<br />

einsetzen.“ Die Kombination mit alternativen<br />

Gefechtsköpfen, die dann<br />

zum Beispiel SMArt-Munition (Suchzündermunition<br />

für die Artillerie) oder<br />

sogenannte „High Power“-Module für<br />

die Störung gegnerischer Elektronik-<br />

Komponenten beinhalten könnten, sei<br />

ebenfalls möglich. Eine Serienproduktion<br />

des neuartigen Moduls von Rheinmetall-Defence<br />

ist von 2006 an realisierbar.<br />

Andreas Tümpen


Fotos (4): BMW Group<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Seite 7<br />

Blick unter die Motorhaube des neuen BMW 6er Coupés mit 4,4-Liter-V8-Valvetronic-Antrieb: Unter der Abdeckung „schlummert“ das hochmoderne, vollvariable Schaltsaugrohr der Pierburg GmbH.<br />

Elektronik schafft Variabilität im Automobil – Pierburg-Produkte im Trend<br />

Stufenlos heißt heute die Devise<br />

Jürgen Goroncy<br />

S<br />

Sehen wir uns zunächst im und<br />

am Motor um. Da präsentierte<br />

beispielsweise BMW zuerst<br />

beim neuen 7er – und inzwischen<br />

auch beim 5er – das<br />

weltweit erste vollvariable Schaltsaugrohr.<br />

„Bei diesem System synchronisiert<br />

das Motormanagement stufenlos die<br />

Saugrohrlänge mit der aktuellen Motordrehzahl“,<br />

erläutert Dr. Hans-Joachim<br />

Esch, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

der Pierburg GmbH in Neuss , dem<br />

Lieferanten der Sauganlage. Innerhalb<br />

des Saugmoduls existieren für die beiden<br />

Zylinderbänke der V8-Motoren zwei<br />

separate Läuferringe; diese enthalten<br />

jeweils vier getrennte Einlasskanäle, die<br />

sich auf eine Länge zwischen 231 und<br />

673 Millimeter einstellen lassen. Ein<br />

Elektromotor positioniert die Läuferringe<br />

– pro Einlasskanal einer – in weniger<br />

als einer Sekunde auf die gewünschte<br />

Saugrohrlänge. Denn im Saugrohr bewegt<br />

sich die Luft in Form einer Druckwelle<br />

voran, die abhängig von der Motordrehzahl<br />

immer zum günstigsten<br />

Zeitpunkt in den Brennraum eingeleitet<br />

werden soll, um die Zylinderfüllung zu<br />

maximieren.<br />

Früher war bei einstufigen Saugrohren<br />

die Auslegung immer ein Kompromiss<br />

zwischen maximalem Drehmoment<br />

und Leistung. Auch bei den zwischenzeitlich<br />

zwei- oder dreistufigen<br />

Varianten ist die jeweilige Klappenstellung<br />

stets nur für zwei oder drei Drehzahlfenster<br />

optimal ausgelegt. „Ein<br />

stufenloses System à la Pierburg hingegen<br />

sorgt bei allen Drehzahlen für<br />

optimale Leistungs- und Drehmomentwerte<br />

bei gleichem Kraftstoffverbrauch“,<br />

bilanziert Esch.<br />

In absehbarer Zeit könnte dem Keilriemen<br />

das Totenglöcklein schlagen,<br />

falls die von ihm angetriebenen Nebenaggregate<br />

zunehmend auf elektromotorischen<br />

Antrieb umgestellt wer-<br />

Flexibilität und Variabilität im Automobil heißt heute in<br />

der Regel, Elektronik einzusetzen. Der Austausch mechanischer<br />

durch stufenlos elektronisch geregelte Komponenten<br />

hat vielerlei Auswirkungen und findet in fast<br />

allen Fahrzeugsystemen statt. Im folgenden „<strong>Profil</strong>“-<br />

Beitrag beschreibt Jürgen Goroncy (53), freiberuflicher<br />

Journalist aus Besigheim am Neckar und profunder<br />

Kenner der Materie, einige zukunftsträchtige Neuerungen<br />

auf diesem Marktsektor – darunter auch hochmoderne<br />

Systemtechnik aus dem Hause der zu Rheinmetall-Automotive<br />

gehörenden Pierburg GmbH in Neuss.<br />

den. Etwa die Kühlmittelpumpe, die<br />

Pierburg weltweit als Erster bereits in<br />

einer elektrischen Variante zur Kühlung<br />

der Ladeluft des Turboladers im<br />

Mercedes C 30 CDI AMG einsetzt. Im<br />

kommenden Frühjahr läuft die Pumpe<br />

in ihrer eigentlichen Bestimmung bei<br />

einem weiteren Automobilhersteller in<br />

Großserie an. Angetrieben wird die<br />

Pumpe von einem Spaltrohr-Elektromotor<br />

ohne verschleißträchtige Gleit-<br />

Vollvariables Schaltsaugrohr: BMW 5er.<br />

ringdichtungen, der zudem keinen<br />

Bürstenwechsel benötigt, da er elektronisch<br />

kommutiert ist.<br />

Die Kühlleistung der neuen Pumpe<br />

steuern Daten wie Lufttemperatur, Motorlast,<br />

Fahrgeschwindigkeit und Kühlmitteltemperatur.<br />

Durch diese Unabhängigkeit<br />

vom Keilriemen und der Motordrehzahl<br />

stellt die Kühlmittelpumpe<br />

exakt die Kühlleistung bereit, die das<br />

Thermomanagement als Bedarf errech-<br />

Vollvariabel: die stufenlose Ölpumpe, deren Fördervolumen<br />

an den aktuellen Schmiermittelbedarf angepasst werden kann.<br />

net. Der verlustträchtige Dauerbetrieb<br />

ist somit passé. Beispielsweise wird die<br />

elektrische Kühlmittelpumpe beim Kaltstart<br />

nur mit geringer Leistung betrieben,<br />

damit der Verbrennungsmotor<br />

schneller die Betriebstemperatur erreicht.<br />

Als angenehme „Nebenerscheinung“<br />

liefert dadurch die Heizung auch<br />

schneller Wärme für die Passagiere.<br />

„Durch die bedarfsgerechte Regelung<br />

reicht beispielsweise für einen<br />

Pkw mit deutlich über 100 Kilowatt Motorleistung<br />

eine elektrische Kühlmittelpumpe<br />

mit 0,2 Kilowatt Aufnahmeleistung.<br />

Bei einer herkömmlichen riemengetriebenen<br />

Pumpe sind dafür<br />

mindestens 1,5 Kilowatt erforderlich“,<br />

rechnet Esch vor: „Als Folge davon<br />

lässt sich nach unseren Berechnungen<br />

mit der elektrischen Kühlmittelpumpe<br />

bis zu einem halben Liter Kraftstoff auf<br />

100 Kilometer sparen.“<br />

Alsweiteren Vorteil sieht er die flexiblen<br />

Einbaumöglichkeiten an. Ist die<br />

herkömmliche Pumpenposition noch<br />

untrennbar an die Lage des Riementriebs<br />

geknüpft, kann die elektrisch<br />

angetriebene Variante beliebig platziert<br />

werden. Etwa direkt am Kühler<br />

oder da, wo noch genügend Bauraum<br />

vorhanden ist.<br />

Als Drittes im Trio der stufenlosen Systeme<br />

präsentiert Pierburg zurzeit eine<br />

Ölpumpe, deren Fördervolumen flexibel<br />

an den aktuellen Schmiermittelbedarf<br />

angepasst werden kann. Denn zum einen<br />

wird der Öl- und Schmierungsbedarf<br />

in Zukunft ansteigen, da moderne<br />

Motoren immer häufiger mit schmierintensiven<br />

Aufgaben wie hydraulischen<br />

Ventilsteuerungen, Nockenwellenverstellungen<br />

sowie mit kühlintensiven<br />

Aluminium-Kurbelgehäusen aufwarten.<br />

Insbesondere im unteren Drehzahlbereich<br />

sorgt hier eine kontinuierlich geregelte<br />

Ölpumpe für einen bedarfsgerechten,<br />

erhöhten Ölvolumenstrom. Die<br />

bisherigen drehzahlgekoppelten Pumpen<br />

weisen hier Defizite auf.<br />

Zum anderen entwickeln die konventionellen<br />

Ölpumpen in höheren Drehzahlbereichen<br />

erhebliche Verlustleistungen,<br />

die bei einer geregelten Variante<br />

entfallen. „Darüber hinaus werden<br />

die vollvariablen Pumpen die Belastung<br />

und Alterung des Öls verringern<br />

und somit zu längeren Ölwechsel-Intervallen<br />

verhelfen“, ist Pierburg-<br />

Chef Esch überzeugt.<br />

Mit der neu entwickelten Kühlmittelpumpe des Automobilzulieferers Pierburg hat<br />

der Nylonstrumpf als Ersatz für gerissene Keilriemen ausgedient: Die Pumpe wird<br />

unabhängig vom Fahrzeugantrieb durch einen eigenen Elektromotor betrieben.<br />

Technisch handelt es sich bei der<br />

neuen Lösung um Flügelzellenpumpen,<br />

deren Förderleistung mit Hilfe eines<br />

druckgesteuerten Verstellringes<br />

geregelt wird. Letzterer verringert bei<br />

höher werdenden Motordrehzahlen<br />

die Exzentrizität relativ zum Rotor der<br />

Pumpe und damit das Fördervolumen.<br />

Denn ansonsten würden sich<br />

die Fördermenge und damit der Druck<br />

kontinuierlich erhöhen. Bei niedriger<br />

Motordrehzahl wird dagegen bei maximalen<br />

Exzentrizität der volle<br />

Volumenstrom gefördert.<br />

Diese kontinuierliche Regelung<br />

reduziert – bei optimaler<br />

Ölversorgung der Antriebsaggregate<br />

– die Leistungsaufnahme<br />

der Flügelzellenpumpe<br />

und trägt zur Kraftstoffeinsparung<br />

bei. Außerdem<br />

sind geregelte Pumpen<br />

leichter, da ihr Gehäuse aus<br />

Aluminium-Druckguss besteht<br />

und ansonsten nur wenig weitere<br />

Hauptkomponenten wie etwa Rotor,<br />

Rotorflügel und Schieber anfallen.<br />

„Wir wollen ab 2004 zwei Varianten<br />

der kontinuierlich geregelten Ölpumpe<br />

auf dem Markt anbieten“, gibt<br />

Esch einen Ausblick auf die nahe Zukunft.<br />

„Zum einen eine Grundversion,<br />

zum anderen eine Mikropumpe<br />

mit gleicher Leistung, aber deutlich<br />

kleineren Abmessungen.“<br />

Die Elektrifizierung ehemals mechanischer<br />

Systeme hält seit einiger Zeit<br />

auch bei Getrieben Einzug. So wird<br />

mit Hilfe einer kompakten mechatronischen<br />

Steuereinheit am Getriebegehäuse<br />

der Gangwechsel bei Wandlerautomatiken<br />

oder bei automatisierten<br />

Schaltgetrieben geregelt. Dadurch<br />

sind softwarebasierte, höchst<br />

flexible Schaltstrategien und somit<br />

Kraftstoffeinsparungen möglich.<br />

Ein weiteres Beispiel ist die Aktivlenkung<br />

im neuen 5er-BMW,<br />

die mit elektrischer Unterstützung<br />

die Lenkübersetzung<br />

stufenlos variieren<br />

kann. Ein Elektromotor<br />

bringt je nach Fahrtgeschwindigkeit<br />

per Doppelplanetengetriebe<br />

ein zusätzliches<br />

Lenkmoment –<br />

negativ oder positiv – in die<br />

Zahnstangenlenkung ein.<br />

Somit erzeugt der Fahrer bei<br />

gleichem Lenkradeinschlag eine<br />

mehr oder weniger ausgeprägte Richtungsänderung.<br />

Sogar der Scheibenwischerantrieb<br />

profitiert von der Elektronik. Dank neuer<br />

reversierender Elektromotoren lassen<br />

sich die Wischgeschwindigkeit<br />

und die Positionierung des Wischblatts<br />

flexibel verändern, um die Umlege-<br />

sowie die Windgeräusche zu vermindern.<br />

Jürgen Goroncy<br />

Hans-Joachim Esch<br />

Pierburg-Entwicklungsfachmann Albert Gerster mit der neuen Kühlmittelpumpe. Dieses System ist bereits in einer elektrischen Variante<br />

zur Kühlung der Ladeluft des Turboladers im Mercedes C 30 CDI AMG integriert; es senkt den Spritverbrauch und schont mithin die Umwelt.<br />

Composing: frei-stil<br />

Fotos: Danetzki + Weidner/DaimlerChrysler


Seite 8 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />

D<br />

Die 11. Wehrtechnikmesse<br />

MSPO in Kielce<br />

(Polen) stand ganz im<br />

Zeichen der Umstrukturierung<br />

und dem –<br />

im Sechsjahresprogramm<br />

von <strong>2003</strong> bis<br />

2008 festgelegten – Modernisierungsbedarf<br />

der polnischen Streitkräfte.<br />

In diesem Rahmen hatten die<br />

Kooperationen der heimischen Industrie<br />

mit ausländischen Partnern<br />

eine große Bedeutung. 270 Unternehmen<br />

aus 22 Ländern nahmen an<br />

dieser Messe teil; davon waren 70<br />

Prozent polnische Unternehmen.<br />

Von der Rheinmetall-DeTec-Gruppe<br />

waren die Firmen Rheinmetall Landsysteme,<br />

Rheinmetall W & M, Oerlikon<br />

Contraves, Oerlikon Contraves<br />

Pyrotec sowie Nico Pyrotechnik vertreten.<br />

Präsentationsschwerpunkte<br />

waren unter anderem die gepanzerten<br />

Fahrzeuge, die logistische Unterstützung<br />

der von der Bundeswehr<br />

übernommenen 128 Leopard-2-<br />

Kampfpanzer, die terrestische Flugabwehr<br />

sowie die Themen Mittelkaliber-<br />

und Artillerie-155mm-Munition.<br />

Der auf der Grundlage der im Mai<br />

2002 vom Ministerrat verabschiedeten<br />

„Strategie der strukturellen Umgestaltung<br />

des Potenzials der Verteidigungsindustrie<br />

in den Jahren 2002<br />

bis 2005“ eingeleitete Umstrukturierungs-<br />

und Konsolidierungsprozess<br />

der polnischen Rüstungsindustrie<br />

fand seinen sichtbaren Ausdruck in<br />

dem Messestand der Bumar-Gruppe,<br />

in der jetzt 13 Unternehmen zusammengeschlossen<br />

sind und weitere<br />

sieben Unternehmen bis Ende <strong>2003</strong><br />

eingebunden werden. Diese Gruppe<br />

wird – mit ihrem Produktspektrum<br />

gepanzerte Fahrzeuge, Motoren, Waffen,<br />

Raketen und Munition – im Wesentlichen<br />

die zukünftige Heeresindustrie<br />

Polens repräsentieren.<br />

Vertiefte<br />

Kontakte<br />

Die Agencia Rozwoju Przemyslu S.A.<br />

ist eine weitere Gruppierung, die die<br />

Luftfahrt- und Radio-Elektronik-Industrie<br />

des zukünftigen EU-Mitgliedslandes<br />

repräsentiert. Insgesamt besteht<br />

die polnische Rüstungsindustrie<br />

aus 38 Rüstungsbetrieben mit rund<br />

30000 Beschäftigten; weitere 5000<br />

Mitarbeiter sind in den zwölf Militärbetrieben<br />

beschäftigt. Mit Ausnahme<br />

des Marineschiffbaus waren alle bedeutenden<br />

polnischen Wehrtechnik-<br />

Unternehmen auf der MSPO vertreten.<br />

Während der Messe hat die Rheinmetall<br />

Landsysteme GmbH mit der<br />

Bumar-Gruppe in Anwesenheit hoher<br />

politischer und militärischer Vertreter<br />

aus Polen eine Zusammenarbeitsvereinbarung<br />

für die logistische<br />

Unterstützung der von der Bundeswehr<br />

übernommenen Panzerfahrzeuge<br />

unterzeichnet. Die polnischen<br />

Streitkräfte haben auf der Grundlage<br />

der zwischen dem deutschen und<br />

polnischen Verteidigungsministerium<br />

am 29. Januar 2002 in Berlin und<br />

am 29. April 2002 in Warschau unterzeichneten<br />

Verträge 128 Leopard<br />

2A4, zehn Bergepanzer 2, vier Biber-<br />

Brückenlegepanzer, 43 M-113-Mannschaftstransportwagen<br />

sowie weitere<br />

Fahrzeuge erhalten. Diese Vereinbarung<br />

ist zugleich ein wichtiger<br />

Schritt für die industrielle Zusammenarbeit<br />

beider Länder. So standen<br />

denn auch auf dem Rheinmetall-Stand<br />

eine 120mm-Glattrohrkanone<br />

und die zugehörige Munition<br />

im Mittelpunkt. Dieter Hanel<br />

Generalleutnant Edward Pietrzyk<br />

(r.), Generalstabschef des polnischen<br />

Heeres, im Gespräch mit<br />

RLS-Marketingleiter Dieter Hanel.<br />

Industrial Ethernet von Hirschmann schafft die durchgängige Vernetzung der Fertigung des neuen T5-Transporters (Multivan) von Volkswagen Nutzfahrzeuge.<br />

Hirschmann Electronics: Industrial Ethernet schafft durchgängige Vernetzungslösung der T5-Fertigung<br />

Produktive Transparenz für den neuen Multivan<br />

dp Hannover/Neckartenzlingen. Mit<br />

dem neuen Multivan debütiert die<br />

fünfte Generation des VW-Transporters.<br />

Sie steckt voller Innovationen<br />

und entsteht im Rahmen eines mindestens<br />

ebenso innovativen Fertigungs-Konzepts.<br />

Erstmals im Hause<br />

Volkswagen wurden durchgängig alle<br />

Ebenen über Industrial Ethernet von<br />

HIrschmann vernetzt. Die vertikale Integration<br />

bringt neue Transparenz und<br />

Dynamik in die Gesamt-Geschäftsprozesse.<br />

Mit Marktanteilen von 23,8 Prozent<br />

bei den leichten Nutzfahrzeugen und<br />

49,9 Prozent bei den leichten Transportern<br />

steht die Marke Volkswagen in<br />

Deutschland weit vor der Konkurrenz.<br />

Wegbereiter waren die alten Bullis, die<br />

als Pritschenwagen, Transporter,<br />

Kleinbus und Campingfahrzeug „Karriere“<br />

machten. Fast 50 Jahre nach ihrer<br />

Geburtsstunde ist jetzt eine neue,<br />

fünfte Generation am Zuge.<br />

Zweifellos wird der Multivan T5 Modell<br />

<strong>2003</strong>, von dem am Standort Hannover<br />

täglich 750 Einheiten produziert<br />

werden, die Erfolgsgeschichte weiterschreiben.<br />

Dabei punkten Merkmale<br />

wie Qualität und hohe Flexibilität des<br />

Multivan-Konzepts. Mindestens ebenso<br />

zukunftsweisend sind auch die Fertigungsstrukturen<br />

des T5 im Zeichen<br />

globaler Arbeitsteilung. Ein Großteil<br />

der Komponenten stammt aus dem<br />

konzernweiten Fertigungsverbund; darin<br />

neben eigenen Standorten weltweit<br />

3687 Zulieferer in 42 Ländern. Die<br />

Voraussetzung für solch dynamische<br />

Geschäftsprozesse ist durchgängige<br />

Transparenz auf allen Unternehmensebenen<br />

von der <strong>Internet</strong>plattform bis<br />

in die Fertigungsebene.<br />

Hier setzt die durchgängige Vernetzung<br />

der T5-Produktion neue Maßstäbe.<br />

Ein echtzeitfähiges Voll-Duplex-<br />

Switching-Ethernet von Hirschmann<br />

Industrial Solutions verknüpft alle Fertigungsbereiche<br />

von Presswerk über<br />

Karosseriebau, Lackiererei, Montagen<br />

bis hin zum standortüberspannenden<br />

Volkswagen Kommunikationsnetz.<br />

Das TCP/IP-Protokoll (TPC=Transmission<br />

Control Protocol; IP = <strong>Internet</strong> Protocol)<br />

ermöglicht die Kommunikation<br />

ohne Medienbrüche über alle Ebenen<br />

hinweg. Erstmals läuft der gesamte<br />

Datenverkehr einschließlich taktgebundener<br />

Daten auf dem Ethernet.<br />

„Dass wir in den Fertigungslinien<br />

des T5 eine durchgängige Ethernet-<br />

Vernetzung realisieren konnten, bedeutet<br />

einen riesigen Schritt in die Zukunft,<br />

der mit Sicherheit konzernweit<br />

Schule machen wird“, versichert Ulrich<br />

Lichtblau, zuständig für das Netzdesign<br />

in der Elektroplanung bei VW-<br />

Nutzfahrzeuge. „Durch die herstellerneutrale<br />

Schnittstelle mit TPC/IP ist eine<br />

transparente Anbindung von der<br />

Feldebene bis hin an das <strong>Internet</strong> gegeben.<br />

Somit haben wir uns von herstellerspezifischen<br />

Protokollen unabhängiggemacht,<br />

sie kontenweitestgehendentfallen.<br />

Wir haben<br />

jetzt eineneinheitlichen<br />

Standard, den<br />

wir auch wirklich für alle intelligenten<br />

Teilnehmer nutzen. Das ist für uns<br />

wichtig!“<br />

Schon während der vergangenen<br />

zehn Jahre war am Standort Hannover<br />

ein – allerdings nicht echtzeitfähiges –<br />

shared Ethernet in bekannter Sternkopplertechnik<br />

von Hirschmann zum<br />

Einsatz gekommen. Mit der jüngsten,<br />

geswitchten Netzwerk-Generation hingegen<br />

können jetzt die speziellen An-<br />

forderungen für Automationsprozesse<br />

und die Produktionsanlagen erfüllt<br />

werden. Eine entscheidende Rolle<br />

spielt bei entsprechendem Aufbau<br />

auch die Echtzeitfähigkeit des Ethernet.<br />

Weitere wichtige Merkmale aktueller<br />

Netze, die bis in die Feldebene<br />

reichen, sind hohe Verfügbarkeit einschließlich<br />

schneller, automatischer<br />

Rekonfiguration nach Störungen, bei<br />

Bedarf volle Redundanz, elektromagnetische<br />

Verträglichkeit (EMV) sowie<br />

Temperatur- und Vibrationsfestigkeit.<br />

Manfred Placzek,<br />

Senior Account<br />

Manager bei<br />

Hirschmann<br />

Automation<br />

&<br />

NetworkSolutions,<br />

fasst<br />

zusammen:<br />

„Für<br />

die Qualität des Gesamtsystems –<br />

sprich echtzeitfähige Vermittlungsbandbreite,<br />

Verfügbarkeit und Sicherheit<br />

der Datenübertragung – sind sowohl<br />

die entsprechend ausgelegten<br />

Industriekomponenten, die anwendungsspezifisch<br />

richtige Verkabelung<br />

als auch die Struktur des Netzwerks<br />

entscheidend. Mit einer redundanten<br />

Struktur und über Backbone verbundene<br />

Netze verschiedener Geschwin-<br />

Imposante Fotoimpression: der T5-Lackofen am Produktionsstandort Hannover.<br />

digkeiten konnten wir den Funktionsmerkmalen<br />

der T5-Fertigung entsprechen.“<br />

Bei Volkswagen-Nutzfahrzeuge ist<br />

das Know-how des Neckartenzlinger<br />

Elektronik-Partners schon seit vielen<br />

Jahren geschätzt. In Zusammenarbeit<br />

mit Hirschmann Electronics konnten<br />

unter anderem besondere Servicefunktionen<br />

realisiert werden. Auch<br />

dieses jüngste Vernetzungsprojekt<br />

verlief in kreativer Partnerschaft und<br />

zur Zufriedenheit des Kunden.<br />

„Unsere Vorgaben mit besonderen<br />

Funktionsanforderungen wurden sehr<br />

gut umgesetzt. Das lag zum Großteil<br />

auch an der Gesamtkompetenz der<br />

Partner Hirschmann und DS Data Systems,<br />

die den besonderen Anforderungen<br />

beim Aufbau eines industriellen<br />

Ethernet Netzwerks und beim Netzund<br />

Kabelmanagement gerecht wurden.<br />

Auch die rund 20 Anlagenbauer<br />

und deren Subunternehmer haben viel<br />

Kompetenz bei der Ausführung des<br />

Netzwerks bewiesen“, urteilt der verantwortliche<br />

VW-Planer Ulrich Lichtblau.<br />

Nicht zuletzt floss die durchweg<br />

positive Erfahrung der für Instandhaltung<br />

zuständigen Fachabteilung Rechnersysteme<br />

in den Aufbau der neuen<br />

Netzwerkgeneration ein. Positive Effekte<br />

ergaben sich auch durch die einheitlichen<br />

Standards und Minimierungen<br />

bei Protokollen und Schnittstellen.<br />

„Für die sicherlich hohen Investitionskosten<br />

der Ethernetvernetzung haben<br />

wir ein Optimum an notwendiger<br />

Funktionalität und Service für unsere<br />

Fertigung bekommen“, resümiert der<br />

Netzdesigner zufrieden. „Die herstellerübergreifende<br />

Offenheit mit der<br />

Vielzahl vorhandener Protokolle<br />

(TCP/IP, HTP, FTP, NTP, SNMP, usw.)<br />

schafft eine wirtschaftliche und zukunftsorientierte<br />

Vernetzungslösung.<br />

Deshalb wird Ethernet sicherlich auch<br />

weltweit in der gesamten Automobilindustrie<br />

verstärkt eingesetzt werden.“<br />

Schon heute steht fest, dass die<br />

Messlatte für durchgängige Transparenz<br />

der Fertigungslinien innerhalb<br />

des Volkswagen-Konzerns bald wieder<br />

höher hängen wird: Die weitaus komplexere<br />

Fertigung des neuen Golf A5<br />

mit einer geplanten Tagesproduktion<br />

von 2200 Stück wird mit einem durchgängigen<br />

Switching Ethernet nach<br />

nunmehr bewährtem Muster mindestens<br />

ebenso transparent. Parallel zur<br />

aktuellen Golf-A4-Fertigung entstehen<br />

am Konzernstandort Wolfsburg auf<br />

rund 100000 Quadratmetern Fläche<br />

neue, über Industrial Ethernet vernetzte<br />

Strukturen für den Karosseriebau.<br />

Allein hier kommen mehr als 1200<br />

Railswitch-Systeme (Hirschmann<br />

MS2108-2) mit insgesamt 7000 aktiven<br />

Teilnehmerports zum Einsatz. So<br />

wird der Golf als Namensgeber seiner<br />

eigenen Fahrzeugklasse auch in puncto<br />

Fertigungstransparenz und damit<br />

verbundenen Vorteilen wieder neue<br />

Maßstäbe setzen.<br />

Fotos(3): Volkswagen Nutzfahrzeuge


Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Das aktuelle Thema<br />

Seite 9<br />

D<br />

Der Diesel boomt. Sparsamkeit, Fahrfreude und Fahrkultur sind beim Selbstzünder<br />

heute selbstverständlich. Und darum gewinnt er in Riesenschritten<br />

Marktanteile – die Zahlen lassen aufhorchen: Laut dem Verband der Deutschen<br />

Automobilindustrie (VDA) konnte der Diesel bei Pkw-Neuwagen in der<br />

ersten Jahreshälfte <strong>2003</strong> satte 38,7 Prozent Marktanteil erobern; in Westeuropa<br />

waren es sogar 42,1 Prozent. Ein genauer Blick in die VDA-Zahlen belegt zudem, dass<br />

Deutschland noch Nachholbedarf beim Diesel haben könnte: In Österreich hatten 71,4<br />

Prozent der Neuwagen Dieselantrieb; DaimlerChrysler gar verbucht dort 80 Prozent An-<br />

Kolbenschmidt Pierburg profitiert vom Dieselboom – große Produktpalette<br />

Zündende Ideen für Selbstzünder<br />

D<br />

Die zum Rheinmetall-<br />

Konzern gehörende<br />

Kolbenschmidt-Pierburg-Firmengruppe<br />

konnte von diesem<br />

Boom kontinuierlich<br />

profitieren. Denn in den<br />

Diesel-Pkw namhafter Hersteller fahren<br />

Kolben, Motorblöcke und Gleitlager<br />

des Automotive-Spezialisten Kolbenschmidt<br />

Pierburg ebenso mit wie<br />

Systeme zur Luftversorgung- und<br />

Schadstoffreduzierung sowie Pumpen.<br />

Auf den Punkt gebracht, bietet<br />

der Rheinmetall-Unternehmensbereich<br />

Automotive in der Tat viele „zündende“<br />

Systemkonzepte für den<br />

Selbstzünder.<br />

Kein Wunder, denn alle führenden<br />

Autokonzerne der Welt verlassen sich<br />

heute in immer höherem Maße auf die<br />

Zulieferer, deren technologisches<br />

Know-how angesichts immer geringerer<br />

Fertigungstiefen bei den Autoproduzenten<br />

stetig an Bedeutung gewinnt.<br />

„Kolbenschmidt Pierburg ist ein<br />

wichtiger Lieferant von Kolben und<br />

Gleitlagerschalen in Dieselmotoren<br />

von Mercedes-Benz“, bekräftigt Gerd<br />

Esser, Sprecher bei Global Product<br />

Communications, Mercedes-Benz Passenger<br />

Cars. Die Module, Systeme und<br />

Komponenten rund um den Motor<br />

werden dabei in enger Zusammenarbeit<br />

und im Auftrag der Autohersteller<br />

entworfen und produziert.<br />

So wie der Kolben. Völlig unsichtbar<br />

arbeitet dieses System im Motor. Beim<br />

Diesel ist der Kolben vor allem deshalb<br />

wichtig, weil er klaglos enormen<br />

Belastungen standhalten muss. Und<br />

dies bei komplizierten Oberflächenformen,<br />

die für den optimalen Ablauf der<br />

Verbrennung entscheidend sind. Hier<br />

kommt die KS Kolbenschmidt GmbH in<br />

Neckarsulm ins Spiel. Dort – wie auch<br />

in anderen Firmen von Rheinmetall-<br />

Automotive – erfüllen die Entwickler<br />

mit ihren Lösungen die Vorgaben der<br />

Motorenhersteller.<br />

Ein Kolben ist nicht nur ein simpler<br />

Metallblock, sondern ein komplex<br />

durchdachtes Stück Gießkunst, wie Dr.<br />

Hartmut Kamp, Leiter der Kolbenentwicklung<br />

beim Neckarsulmer Spezialisten,<br />

erläutert: „Für den Einsatz in<br />

Pkw-Dieselmotoren sind dies aktuell<br />

Kolben, die im Schwerkraft-Kokillenguss<br />

hergestellt werden – hochbelastbar<br />

und gleichzeitig preisgünstig.“<br />

Solche Kolben haben heute einen<br />

Kühlkanal. Im Betrieb wird dieser Kanal<br />

mit Öl zur Wärmeabfuhr durchspült.<br />

„Unsere Stärke liegt auch in unserem<br />

Wissen um die Entwicklung dieser<br />

Produkte – und zwar in Kooperation<br />

mit unseren Kunden. Denn ein Kolben<br />

ist immer ein maßgeschneidertes<br />

Produkt“, verdeutlicht Kamp die Bedeutung<br />

der engen Zusammenarbeit.<br />

Auch beim „Arbeitsplatz“ eines Kolbens,<br />

dem Zylinderkurbelgehäuse<br />

Fotos: Volvo, BMW + DaimlerChrysler<br />

(ZKG) bzw. Motorblock, kommt es auf<br />

den richtigen Guss an. Die KS Aluminium-Technologie<br />

<strong>AG</strong> (AT<strong>AG</strong>) setzt hierbei<br />

auf hochwertige Legierungen und<br />

optimierte Gießverfahren, um trotz hoher<br />

Bauteilbeanspruchung vergleichsweise<br />

leichte Diesel-Zylinderkurbelgehäuse<br />

darstellen zu können. „Interessant<br />

sind die unterschiedlichen konstruktiven<br />

Ansätze, mit denen die Diesel-spezifischen<br />

Anforderungen erfüllt<br />

werden“, erläutert Dr. Eduard Köhler,<br />

Leiter der Entwicklung Motorblöcke in<br />

Neckarsulm (s. auch Interview zur Thematik<br />

in dieser „<strong>Profil</strong>“-Ausgabe).<br />

Schließlich steht die Forderung im<br />

Raum, den Diesel, der – über den Daumen<br />

gepeilt – die doppelten Zylinderdrücke<br />

aushalten muss und darum<br />

Dr. Hartmut Kamp Peter Klotzbach<br />

prinzipiell massiver ist als ein Ottomotor,<br />

dennoch möglichst leichtgewichtig<br />

zu bauen. Das hat die AT<strong>AG</strong> im Markt<br />

bereits erfolgreich umgesetzt: Ihre Motorblöcke<br />

stecken zum Beispiel im Reihen-4-Zylinder<br />

von Daimler Chryslers<br />

A-Klasse, bei Volvo im Reihen-5-Zylinder,<br />

bei Volkswagen im Reihen-5-Zylinder<br />

und im V-10-Zylinder-TDI-Motor,<br />

dem stärksten Pkw-Dieselmotor der<br />

Welt.<br />

Innovative Entwicklungen, modernes<br />

Systemdesign, erstklassige Werkstoffe<br />

und hohe Qualität sind bei Kolbenschmidt<br />

Pierburg oberstes Gebot.<br />

Der Erfolg des Diesels hat in diesem<br />

Kontext für Hartmut Kamp nicht nur<br />

viele Väter, sondern auch eine Vorgeschichte:<br />

„Die Änderungen, die den<br />

heutigen Erfolg begründen, haben bereits<br />

Mitte der achtziger Jahre stattgefunden“,<br />

blickt der 52-jährige Ingenieur<br />

zurück.<br />

Entscheidend, da ist sich Kamp sicher,<br />

war die Einführung der Direkteinspritzung<br />

und Turboaufladung (TDI).<br />

Ein deutlicher Fortschritt beim Brennstoffverbrauch<br />

und die Anhebung der<br />

Motorleistung bewirkten den Imagewechsel<br />

beim Endverbraucher. Der<br />

nahm den Dieselmotor „nicht mehr<br />

als den eher langweiligen Sparmotor,<br />

sondern als die sparsame ‚Kraft‘-Maschine<br />

wahr“, sagt Hartmut Kamp.<br />

Zwar sei dafür in erster Linie die Einspritztechnik<br />

verantwortlich gewesen,<br />

aber nicht zuletzt auch die deutlich gesteigerte<br />

Belastbarkeit der mechanischen<br />

Komponenten wie eben der Kolben.<br />

Sein Kollege Peter Klotzbach, Leiter<br />

der Hauptabteilung Schadstoffreduzierung<br />

der Pierburg GmbH in<br />

Neuss, ergänzt: „Kurz gesagt, wurde<br />

den Kunden das geboten, was sie als<br />

‚Fahrspaß‘ empfinden.“ Nicht von ungefähr<br />

gehen beim Diesel also Fahrspaß<br />

und Sparspaß Hand in Hand.<br />

So wie Kolbenschmidt sorgt denn<br />

auch die Pierburg-Gruppe für die Freude<br />

am Diesel-Fahren – mit ihren Modulen,<br />

Systemen und Komponenten<br />

zur Luftversorgung und zur Schadstoffreduzierung.<br />

Komplette Saugrohrmodule<br />

und elektrische Drosselklappen<br />

gehören dabei ebenso zum Produktportfolio<br />

wie Vakuumpumpen, Ölpumpen<br />

sowie mechanische und demnächst<br />

auch elektrische Wasserpumpen.<br />

Besonders ausgefeilt: Elektromotorische<br />

Ventile von Pierburg steuern<br />

die Abgasrückführung – High tech für<br />

Auch im ersten Halbjahr <strong>2003</strong> legten die Verkäufe von Diesel-Pkw, so der Verband<br />

der Automobilindustrie in einer aktuellen Analyse, weiter zu. So erhöhte<br />

sich in Westeuropa der Dieselanteil an den insgesamt neu zugelassenen Fahrzeugen<br />

auf insgesamt 42,1 Prozent. Den „dieselnden“ Spitzenplatz belegt<br />

Österreich – mit satten 71,4 Prozent, dicht gefolgt von Belgien und Frankreich.<br />

teil am Absatz. Dicht hinter dem Alpenland folgen Belgien und Frankreich mit über 60<br />

Prozent. Weltweit waren ein Viertel aller verkauften Fahrzeuge mit dem Selbstzünder unterwegs,<br />

davon die Hälfte Pkw. Tendenz: Steigend. Bei Mercedes-Benz etwa hat sich der<br />

Dieselanteil im Pkw-Bereich von 1998 bis heute weltweit verdoppelt, in Deutschland<br />

sogar nahezu um das Zweieinhalbfache erhöht. – Vor allem fortschrittliche Technik verhalf<br />

dem Diesel im vergangenen Jahrzehnt zu einem völlig neuen Image: Vom Kleinstwagen<br />

bis zur Luxuslimousine – der Diesel ist dabei. Mit gutem Grund: Laut VDA verbrauchen<br />

Diesel über alle Klassen hinweg etwa ein Drittel weniger Kraftstoff als Benziner.<br />

Shooting star: Der Diesel, lange Zeit nur als braves Arbeitspferd genutzt, boomt. Sparsamkeit,<br />

Fahrfreude und Fahrkultur sind beim Selbstzünder heute selbstverständlich,<br />

und zwar quer durch die Modellreihen. Entsprechend die Zulassungszahlen: Sie<br />

schnellen in die Höhe – allein in Westeuropa im 1. Halbjahr <strong>2003</strong> auf über 42 Prozent.<br />

höchste Ansprüche, ohne die auch der<br />

Umweltschutz in heutigem Maße nicht<br />

realisiert werden könnte (siehe dazu<br />

auch „<strong>Profil</strong>“-Beitrag „Haben offene<br />

Türen eingerannt“ auf Seite 5 dieser<br />

Ausgabe).<br />

Apropos Umweltschutz: Trotz der<br />

enormen Fortschritte steht der Diesel<br />

noch immer in der Umweltkritik. Dazu<br />

stellt der VDA fest, dass der Diesel den<br />

Löwenanteil am Rückgang der Kohlendioxidemissionen<br />

gebracht hat.<br />

Gleichwohl berührt die Umweltfrage<br />

alle Entwickler rund um den Motor.<br />

Künftig werden darum immer mehr<br />

Fahrzeuge mit Abgas-Nachbehandlung<br />

wie Katalysatoren gegen die<br />

Stickoxide und Partikelfilter ausgerüstet.<br />

Bei Kolbenschmidt geht man davon<br />

aus, dass beide Maßnahmen mit<br />

einem weiteren Anstieg der Zylinderdrücke<br />

verbunden sein werden. Diese<br />

sind beim Diesel ohnehin schon deutlich<br />

höher als beim Ottomotor. Darum<br />

arbeitet man in Neckarsulm an den<br />

nötigen technischen Lösungen, die<br />

diese Belastungssteigerung möglich<br />

machen.<br />

„Dazu entwickeln wir neue Werkstoffe<br />

und Gießverfahren, außerdem<br />

Techniken zur lokalen Verstärkung der<br />

kritischen Bereiche an den Kolben<br />

(FibreKS)“, sagt Chefentwickler Kamp:<br />

„Die Entwicklung hin zum Common<br />

Rail und immer höheren Einspritzdrücken<br />

verlangsamt zwar den Anstieg<br />

der Muldenrandtemperaturen. Letztlich<br />

nähern sie sich dann trotz Kühlkanal<br />

dem für Aluminium-Kolbenlegierungen<br />

kritischen Bereich größer 400<br />

Grad Celsius an.“ Als Lösung bietet<br />

Kolbenschmidt Pierburg den Kühlkanalmit<br />

variablem Querschnitt an: „Ziel<br />

dieser Entwicklung war es, eine bessere<br />

Kolbenkühlung bei gleichzeitiger<br />

Gewichtseinsparung sowie höhere<br />

Bauteilfestigkeit zu erreichen. Im Vergleich<br />

zum Standardkühlkanal ermöglicht<br />

der variable Kühlkanal am Muldenrand<br />

um rund 10°C und in der Topringnut<br />

rund 15°C niedrigere Tempe-<br />

Dieselmotor und Oberklasse – schon lange kein Thema mehr: Die internationalen Automobilhersteller tragen diesem Trend Rechnung, wie Volvo XC90, BMW 730d/740d und Mercedes E 400 CDI zeigen.<br />

Quelle: VDA; Foto: Volkswagen <strong>AG</strong><br />

(Fortsetzung auf Seite 10)


Foto: BMW<br />

Seite 10 Das aktuelle Thema<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />

G<br />

Gepaart mit hoher Fahrdynamik,<br />

bereiten modernePkw-Dieselmotoren<br />

mit Direkteinspritzung<br />

(DI) dank geringemKraftstoffverbrauch<br />

Fahrspaß in<br />

doppelter Hinsicht. Gleichzeitig setzen<br />

Umweltanforderungen den Diesel im<br />

wahrsten Sinne des Wortes unter<br />

Druck. Leichte und dennoch stabile Zylinderkurbelgehäuse<br />

(Motorblöcke)<br />

werden heute als eine Voraussetzung<br />

für den weiteren Erfolg der Selbstzünder<br />

betrachtet – so Dr. Eduard Köhler,<br />

Leiter der Produktentwicklung bei der<br />

KS Aluminium-Technologie <strong>AG</strong> (AT<strong>AG</strong>)<br />

in Neckarsulm.<br />

<strong>Profil</strong>: Haben Sie den Erfolg von Aluminium<br />

beim Diesel erwartet?<br />

Köhler: Für mich persönlich kommt<br />

der Erfolg von Aluminium-Zylinderkurbelgehäusen<br />

(ZKG) bei Pkw-Die-<br />

Foto: Volkswagen<br />

selmotoren nicht ganz unerwartet.<br />

Fachleuten ist bekannt, dass bei Aluminium-ZKG<br />

für Ottomotoren das verfügbare<br />

Alu-Potenzial bisher kaum<br />

ausgeschöpft wird. Denn insbesondere<br />

die Baufestigkeit kann durch Optimierung<br />

von Legierung, Wärmebehandlung<br />

und Gießverfahren noch<br />

nennenswert gesteigert werden. Der<br />

augenblickliche Stand reicht zumindest<br />

aus, um die derzeitig geforderten<br />

Zünddrücke bis 180 bar sicher zu gewährleisten.<br />

<strong>Profil</strong>: Wie erklären Sie sich den Erfolg<br />

des Diesels?<br />

Köhler: Ich denke, es gibt keine bestimmte<br />

Technik, mit der der Durchbruch<br />

gelungen ist. Man ist vielmehr<br />

mit den Anforderungen gewachsen<br />

und hat versucht, Diesel-fähige Kon-<br />

zepte zu erstellen und mit den Kunden<br />

umzusetzen. Dabei wurde auch Lehrgeld<br />

bezahlt. Für den prinzipiell hoch<br />

belasteten Dieselmotor wurde Leichtbau<br />

lange Zeit mit einem Risiko in Verbindung<br />

gebracht. Mit dem Imagewandel<br />

vom braven Arbeitspferd zum<br />

zeitgemäßen Pkw-Antrieb hat der<br />

Durchbruch eher auf der Seite der<br />

noch vor einigen Jahren berechtigterweise<br />

konservativer denkender Diesel-Entwickler<br />

stattgefunden. So gesehen,<br />

sind auch mentale Barrieren<br />

durchbrochen worden.<br />

<strong>Profil</strong>: Wo sehen Sie Möglichkeiten,<br />

den Verbrauch zu optimieren?<br />

Köhler: Der Einsatz des Leichtmetalls<br />

Aluminium reduziert bekanntlich<br />

die Fahrzeuggesamtmasse, die wiederum<br />

den Kraftstoffverbrauch direkt<br />

beeinflusst. Ein weiterer Vorteil von<br />

Aluminium ist die sehr viel bessere<br />

Wärmeleitung, die zur thermischen<br />

Entlastung des Motors beiträgt. Angesichts<br />

stetig steigender Zünddrücke<br />

moderner Direkteinspritzer-Dieselmotoren<br />

und damit kontinuierlich steigender<br />

Bauteilbeanspruchung ist ein<br />

weiteres Abspecken beim Motorblock<br />

augenblicklich kaum zu erwarten.<br />

Ein langfristiger Ansatz ist aber darin<br />

zu sehen, die Leistungsverluste durch<br />

Reibung zwischen Kolben, Kolbenringen<br />

und Zylindern stetig zu reduzieren.<br />

Daran arbeiten wir konkret seit<br />

1991, d.h. seit Bestehen der KS AT<strong>AG</strong>;<br />

unsere Kolben-Kollegen beschäftigen<br />

sich mit dieser Thematik schon sehr<br />

viel länger. Der Sachverhalt ist jedoch<br />

recht komplex: Der Zylinder<br />

muss ja auch nach Aufbringen der<br />

Schraubenkräfte der Zylinderkopfverschraubung,<br />

ungleichmäßiger Erwärmung<br />

im Motorbetrieb und sehr<br />

Den VW Touareg gibt es in der Dieselversion als Reihen-Fünfzylinder mit 2,5 Liter<br />

Hubraum. Das in diesem Motor eingesetzte und im Niederdruckkokillenguss hergestellte<br />

Aluminium-Zylinderkurbelgehäuse stammt von Kolbenschmidt Pierburg.<br />

Der erwähnte Motor treibt übrigens auch den neuen VW-Transporter T5 Multivan an.<br />

langer Betriebszeit<br />

noch annähernd<br />

zylindrisch<br />

bleiben, um zum<br />

Beispiel in Verbindung<br />

mit optimiertenZylinderlaufflächen<br />

die<br />

Spannung der<br />

Kolbenringe immer<br />

weiter reduzieren<br />

zu können.<br />

Dr. Eduard Köhler<br />

<strong>Profil</strong>: Gibt es Entwicklungsschwerpunkte?<br />

Köhler: Wir arbeiten an der Optimierung<br />

unserer Legierungen und der<br />

Gießprozesse, um hinsichtlich der<br />

Festigkeit und der Zylinderlaufflächenqualität<br />

auch zukünftige Diesel-<br />

Anforderungen erfüllen zu können.<br />

Wir betrachten hier auch Alternativen.<br />

Wir arbeiten insbesondere daran, zukünftig<br />

auch in Pkw-Dieselmotoren<br />

„Das <strong>Profil</strong>“ sprach mit AT<strong>AG</strong>-Chefproduktentwickler Dr. Eduard Köhler<br />

Vom Arbeitspferd zum „Kult“-Antrieb<br />

monolithische Alusil-Gehäuse – also<br />

Voll-Aluminiumgehäuse aus sogenannter<br />

übereutektischer Aluminium-<br />

Silizium-Legierung – einsetzen zu<br />

können, die keine zusätzlichen Verschleißschutzmaßnahmen<br />

in den Zylinderbohrungen<br />

erfordern. Hier<br />

konnten wir mit entsprechenden Innovationen<br />

nachweisen, dass auch im<br />

rauen Dieselbetrieb eine ausreichende<br />

Verschleißfestigkeit gegeben ist.<br />

<strong>Profil</strong>: Wie hat der Markt reagiert?<br />

Köhler: Teilweise begegnen wir<br />

beim Dieselmotor noch gewissen Vorbehalten<br />

gegenüber Aluminium-Zylinderlaufflächen,<br />

finden jedoch zunehmend<br />

Akzeptanz durch überzeugende<br />

Vorentwicklungsergebnisse.<br />

Heute kommen noch meist Zylinderlaufbuchsen<br />

aus bewährtem Grauguss<br />

zum Einsatz, mittlerweile auch<br />

neuartige Beschichtungen. Insgesamt<br />

zählt das Thema Zylinderlauffläche<br />

traditionell zu unseren Entwicklungsschwerpunkten.<br />

<strong>Profil</strong>: Wie beurteilen Sie die Zukunft<br />

des Aluminiums beim Diesel?<br />

Köhler: Die Zukunft des Zylinderkurbelgehäuses<br />

aus Aluminium bei Pkw-<br />

DI-Dieselmotoren hängt von weiteren<br />

Zünddrucksteigerungen ab. Aluminium<br />

steht hier zunehmend im Wettbewerb<br />

mit Vermikulagrafitguss (GJV),<br />

einer speziellen Graugussspezifikation,<br />

bei der hohe Festigkeit und Werkstoffsteifigkeit<br />

mit geringen Wanddicken<br />

gepaart werden können. Das<br />

Massenreduzierungspotenzial von<br />

Aluminium ist jedoch deutlich größer:<br />

Beim Dieselmotor aus Aluminium<br />

werden 30 bis 40 Prozent erwartet,<br />

beim Aluguss-Ottomotor 40 bis im<br />

Einzelfall gut 50 Prozent. Es sieht ganz<br />

so aus, dass sich Aluminium beim<br />

Diesel einen Marktanteil sichern<br />

kann.<br />

<strong>Profil</strong>: Wo sehen Sie Absatzpotenziale?<br />

Köhler: Traditionell bedienen wir die<br />

Nische Aluminium-Gehäuse für Motoren<br />

in Fahrzeugen der Pkw-Oberklasse.<br />

Beim Diesel muss das nicht<br />

zwangsläufig die Oberklasse sein, wie<br />

das unsere aktuellen Produkte beweisen.<br />

Generell sieht die KS AT<strong>AG</strong> gute<br />

Chancen, bei Motoren ab fünf Zylindern<br />

wettbewerbsfähig zu sein. Dies<br />

wird auch weiterhin die Akquisitionsbemühungen<br />

bestimmen. dk<br />

Foto: Thomas Klink<br />

Kolbenschmidt Pierburg profitiert vom Dieselboom<br />

Viele zündende Ideen<br />

für die Selbstzünder<br />

(Fortsetzung von Seite 9)<br />

raturen“, beschreibt Kamp den Erfolg.<br />

Die Steigerung der Belastbarkeit der<br />

Kolben mit abnehmendem Gewicht ist<br />

dabei oberstes Entwicklungsziel.<br />

Und dient der Umwelt. Denn innermotorisch<br />

ist dem Schadstoffausstoß<br />

kaum noch beizukommen, wie<br />

Peter Klotzbach weiß: „Mit den meisten<br />

Dieselmotoren können schon<br />

heute die sehr anspruchsvollen Abgasnormen<br />

EU4 ohne aufwendige<br />

Abgasnachbehandlungssysteme erfüllt<br />

werden.“ Weiteres Potenzial gebe<br />

es beim Anheben der Pumpendrücke<br />

auf über 2000 bar sowie<br />

beim Einsatz von Einspritzdüsen mit<br />

elektrischer Piezo-Technik. Hinsichtlich<br />

der Einspritzung hat der 62-jährige<br />

Pierburg-Fachmann eine klare<br />

Meinung und fasst die derzeitige Diskussion<br />

so zusammen: „Common-<br />

Rail-Systeme bieten bessere und vor<br />

allem einfachere Möglichkeiten zur<br />

Anpassung an motorspezifische Gegebenheiten.<br />

Pumpe-Düse-Systeme<br />

mit hohem Integrationsaufwand im<br />

Zylinderkopf- und im Ventiltrieb erfordern<br />

schon sehr frühzeitig Berücksichtigung<br />

bei der Grundauslegung<br />

des Triebwerkes und gestatten deutlich<br />

weniger Flexibilität bei dessen<br />

Gestaltung.“<br />

Dieser Bewertung pflichten Hersteller<br />

wie DaimlerChrysler bei. „Wir kamen<br />

zu dem Schluss, dass das Common-Rail-System<br />

für uns die beste<br />

Alternative darstellt“, sagt Mercedes-<br />

Benz-Sprecher Esser. Den Stuttgartern<br />

war vor allem ein „akzeptables Geräuschniveau“<br />

wichtig. Doch braucht<br />

sich auch die Pumpe-Düse-Technik am<br />

Markt nicht zu verstecken. „Wir bei<br />

Volkswagen sehen in dieser Technologie<br />

die optimale Lösung in Sachen<br />

Diesel-Hochdruck-Einspritzung. Mit<br />

der Pumpe-Düse-Technik erreichen wir<br />

Drücke von über 2000 bar, was zu besseren<br />

Abgaswerten, niedrigerem Verbrauch<br />

und deutlich mehr Fahrspaß<br />

führt“, so Harthmuth Hoffmann, bei<br />

der Volkswagen Markenkommunikation<br />

zuständig für Produkt- und Technikkommunikation.<br />

Die richtige Einspritzung soll natürlich<br />

auch den Verbrauch optimieren.<br />

„Allerdings zeichnet sich ab, dass die<br />

Schritte zur Optimierung des Brennverfahrens<br />

als solches immer schwie-<br />

riger, aufwendiger und damit kleiner<br />

werden“, beschreibt Peter Klotzbach<br />

die technischen Realitäten. Darum<br />

setzt man bei Pierburg auf das Knowhow<br />

in Sachen Luft- und Abgastechnik:<br />

„Wir sehen im Bereich der Abgasrückführung<br />

mit immer höher werdenden<br />

Anforderungen bei der Präzision<br />

der Restgasbemessung einen<br />

wichtigen Ansatzpunkt“, schildert der<br />

Pierburg-Fachmann die Strategie:<br />

„Außerdem gewinnt die Kühlung der<br />

rückgeführten Abgase mehr und<br />

mehr an Bedeutung, wobei diese in<br />

naher Zukunft bei vielen Motoren<br />

spezifisch geregelt wird – je nach Betriebspunkt<br />

des Motors.“ Heute erledigen<br />

dies vorwiegend pneumatische,<br />

seit geraumer Zeit zunehmend<br />

auch elektrische Abgasrückführventile<br />

und Systeme von Pierburg, die teilweise<br />

bereits einen Abgaskühler beinhalten.<br />

Schadstoffexperte Klotzbach blickt<br />

in die Zukunft: „Ein weiteres Potenzial<br />

für Kraftstoffersparnis bietet sicherlich<br />

die Auslegung des Gesamtantriebes,<br />

also der Betrieb des Motors in weiten<br />

Bereichen im optimalen – sprich verbrauchsgünstigsten<br />

– Betriebsbereich.<br />

Leichtbau und Absenkung der<br />

Reibleistung durch den Einsatz bedarfsorientierter<br />

Systeme kommen<br />

hinzu. Hier sind zum Beispiel Nebenaggregate<br />

wie elektrische Wasserpumpen<br />

und elektrische Servolenkungen<br />

zu nennen.“<br />

Auch bei den Kolben könnte sich einiges<br />

tun, vor allem hinsichtlich der<br />

Werkstoffe. Chefentwickler Kamp erläutert<br />

die Überlegungen der Ingenieu-<br />

Kolbentechnologie für Pkw-Dieselmotoren: gut gekühlt für höchste Belastungen.<br />

Auch der externen Abgasrückführung kommt beim Dieselmotor eine wesentliche<br />

Bedeutung zur Stickoxidminderung zu. Das neue Abgasrückführ-Ventil<br />

von Pierburg mit elektromotorischem Antrieb und berührungslos arbeitender<br />

Sensorik erfüllt sogar künftige Anforderungen. Die Entwicklungsschwerpunkte<br />

Verbesserung von Systemdynamik, Stellpräzision, Stellkräften und Lebensdauer<br />

konnten mit diesem innovativen Produkt nachhaltig realisiert werden.<br />

re: „Wenn auch aus Kostengründen<br />

heute noch die Verbesserung der Gusswerkstoffe<br />

und der Kühlung im Mittelpunkt<br />

steht, so sind die Technologien<br />

für die Zukunft schon auf der Schiene.<br />

Für höchste spezifische Leistungen ist<br />

die Faserverstärkung der nächste Kandidat<br />

und danach der Stahlkolben<br />

(MonoSteel). Wann ein solcher Kolben<br />

im Pkw zum Einsatz kommt, ist heute<br />

wegen der Fragen zu den Kosten und<br />

zum Gewicht schwer abzusehen. Die<br />

Technologie für den Stahlkolben wird<br />

aber bereits im Nutzfahrzeugbereich<br />

eingesetzt. Kolbenschmidt entwickelt<br />

Stahlkolben für Nutzfahrzeugmotoren<br />

mit Spitzendrücken von deutlich über<br />

220 bar.“ Detlev Karg


Fotos(2): Historisches Archiv der MAN <strong>AG</strong><br />

Fotos(7): VW, Renault, DaimlerChrysler, Opel, Audi, Lancia + Volvo.<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Das aktuelle Thema<br />

Seite 11<br />

D<br />

Der Dieselantrieb hat sich<br />

in den vergangenen Jahren<br />

auch im Bereich der<br />

gehobenen Klasse etabliert,<br />

die gleichzeitig auf<br />

elegante Fahrzeuge setzt. Ein gutes<br />

Beispiel für den Verkaufserfolg ist<br />

der schwedische Hersteller Volvo,<br />

der vom Boom wie viele andere<br />

überrascht wurde und dessen V70und<br />

S80-Limousinen auch hierzulande<br />

zum Straßenbild gehören.<br />

Der durchzugsstarke und komfortable<br />

D5-Motor der Schweden bietet<br />

beste Fahrkultur. „<strong>Profil</strong>“ sprach<br />

mit Jürgen Kühl, verantwortlich für<br />

dasProduct Management der Volvo<br />

Car Germany GmbH in Dietzenbach.<br />

<strong>Profil</strong>: Hätten Sie 1990 diesen Erfolg<br />

des Diesels bei Pkw erwartet?<br />

Kühl: Stärke und Geschwindigkeit<br />

des Diesel-Wachstums waren schon<br />

ein bisschen überraschend. Das kam<br />

1990 sicherlich noch nicht so deutlich<br />

heraus.<br />

<strong>Profil</strong>: Welche Technik brachte nach<br />

Ihrer Einschätzung den Durchbruch?<br />

Kühl: Der TDI von Audi/Volkswagen,<br />

außerdem die Common-Rail-<br />

Technik und Pumpe-Düse als Dreingabe.<br />

<strong>Profil</strong>: Ihr Favorit?<br />

Kühl: Selbstverständlich die Common-Rail-Technik,<br />

so wie sie heute<br />

auch bei unseren Fabrikaten eingebaut<br />

ist.<br />

<strong>Profil</strong>: Wie rasant war der Absatz in<br />

Ihrem Unternehmen, gemessen in Vergleichszahlen?<br />

Von der Maschinenfabrik Augsburg<br />

(MAN) zwischen 1893 und 1895 gebauter<br />

Versuchs-Dieselmotor; das<br />

rund 110 Jahre alte Testsystem hatte<br />

einen Wirkungsgrad von 16,6 Prozent.<br />

Interview mit Volvo-Experte Jürgen Kühl zur Entwicklung beim Diesel<br />

Deutschland ist größter Absatzmarkt<br />

Kühl: Der Diesel-Anteil verkaufter<br />

Pkw stieg bei Volvo beispielsweise<br />

von 1990 bis 1991 um zehn Prozent.<br />

1997 waren es schon 19 Prozent der<br />

Auslieferungen, und <strong>2003</strong> sind es<br />

nun 60 Prozent! Damit hat der Diesel-<br />

Absatz bei Pkw den der Benziner bei<br />

Volvo klar überholt.<br />

<strong>Profil</strong>: Welches ist der stärkste Diesel-<br />

Markt für Sie, wo liegt Deutschland?<br />

Kühl: Deutschland liegt weltweit an<br />

erster Stelle vor England und Italien.<br />

<strong>Profil</strong>: Könnten sich dank besserer<br />

Technik auch die USA zu einem boomenden<br />

Diesel-Markt entwickeln?<br />

Kühl: Persönlich könnte ich mir das<br />

sehr gut vorstellen, aber bis dahin<br />

sind sicher noch einige politische<br />

und psychologische Hürden zu meistern.<br />

<strong>Profil</strong>: Wo sehen Sie noch Widerstände<br />

gegenüber dem Diesel, etwa beim<br />

Image und bei den Umweltkritikern?<br />

Kühl: Trotz aller Widerstände zeigt<br />

die heutige Diesel-Technologie doch,<br />

dass der Verbraucher den Diesel in hohem<br />

Maße angenommen hat.<br />

<strong>Profil</strong>: Geht dieser Trend weiter?<br />

Kühl: Ja, durch ständige weitere<br />

Verbesserungen in der Technologie.<br />

Kommende Generationen der Common-Rail-Technologie<br />

etwa werden<br />

hier sicherlich weitere Meilensteine<br />

setzen.<br />

<strong>Profil</strong>: Woran wollen Sie weiter arbeiten?<br />

Kühl: Wir arbeiten natürlich sehr<br />

intensiv mit unseren Lieferanten an<br />

Rußpartikelfiltern, die die zur Zeit<br />

bestmögliche Abgasreinigung zulassen,<br />

also die Partikel noch einmal<br />

auf ein Minimum reduzieren.<br />

<strong>Profil</strong>: Was müsste beim Kraftstoff<br />

noch besser werden?<br />

Kühl: Deutschland hat heute an<br />

sich schon sehr gute Dieselkraftstoffe;<br />

der Schwefelanteil im<br />

Kraftstoff liegt auf einem sehr niedrigen<br />

Niveau. Die Forschung auf diesem<br />

Sektor wird uns sicherlich noch<br />

weitere Verbesserungen bringen.<br />

<strong>Profil</strong>: In welche Richtung werden<br />

sich Dieselfahrzeuge weiterentwickeln?<br />

Kühl: Wir werden sicherlich verstärkt<br />

leistungsgesteigerte Dieselmotoren<br />

sehen, die auch auf dem<br />

Verbrauchssektor weitere Fortschritte<br />

machen.<br />

<strong>Profil</strong>: Welche Rolle spielt Kolbenschmidt<br />

Pierburg bei Ihnen als Zulieferer?<br />

Kühl: Das Unternehmen<br />

ist<br />

seit Jahren ein<br />

sehr guter und<br />

zuverlässiger<br />

Lieferant. Ich<br />

denke, dass unsereVerkaufssteigerung<br />

bei<br />

Diesel-Pkw diese<br />

Aussage untermauert.<br />

dk<br />

Der Erfinder Rudolf Diesel hätte über den Siegeszug seines Motors nicht schlecht gestaunt<br />

Sparsamkeit – das war der „Antrieb“ zum Antrieb<br />

Paris/Augsburg. Wenn Rudolf Diesel das gewusst hätte: Sein Motorenprinzip<br />

ist auf dem besten Wege, den beliebten Ottomotor im Personenkraftwagen<br />

zu verdrängen, zumindest in Europa. Der Diesel ist chic und außerordentlich<br />

populär, er hat sein „altes“ Image als träges Lastentier in der Motorentechnik<br />

schon längst hinter sich gelassen. Populär und berühmt wurde sein<br />

Erfinder, der im Jahre 1858 geborene Rudolf Diesel, nicht, trotz seines Genies.<br />

Bereits mit zwölf Jahren erhielt der<br />

junge Tüftler ein erstes eigenes Patent.<br />

Seine Wärmekraftmaschine ohne eigene<br />

Zündanlage wurde schließlich<br />

1892 patentiert – der Dieselmotor war<br />

geboren; 1897 stand bei MAN in Augsburg<br />

ein erstes funktionsfähiges<br />

Exemplar. Vielleicht wäre der heutige<br />

Erfolg in Kleinwagen ebenso wie in Limousinen<br />

der Luxusklasse dem in Paris<br />

geborenen, genialen Erfinder ein<br />

Trost. In seinen letzten Lebensjahren<br />

war er verarmt und litt unter Gemütsstörungen.<br />

Seit 1913 gilt er nach einer<br />

Überfahrt über den Ärmelkanal als vermisst.<br />

Autos, Lokomotiven, Schiffe und<br />

Fabriken werden seither mit Diesels<br />

Selbstzünder betrieben, denn er ist<br />

sparsam und gilt als Wärmekraftmaschine<br />

mit dem höchsten Wirkungsgrad.<br />

Mit einem Liter Diesel kann ein<br />

Auto im Durchschnitt bis zu 25 Prozent<br />

mehr Kilometer fahren als mit einem<br />

Liter Benzin. Sparsamkeit war auch die<br />

Grundidee Rudolf Diesels: Als Sohn eines<br />

armen Lederfabrikanten wollte er<br />

einen Antrieb für die kleinen Werkstätten<br />

jener industriellen Epoche bauen,<br />

die in Hinterhöfen ein karges Dasein<br />

fristeten. Die Dampfmaschine war nur<br />

für wenige erschwinglich, und ihr Wirkungsgrad<br />

vergleichsweise miserabel.<br />

1890 kam dem jungen Ingenieur die<br />

Idee zu einem Motor, in dem Luft in einem<br />

Zylinder stark zusammengepresst<br />

werden sollte. Dadurch steigt<br />

die Temperatur auf etwa 600 Grad Celsius.<br />

Wird Kraftstoff eingespritzt, explodiert<br />

das Luft-Kraftstoff-Gemisch<br />

und treibt dadurch den Motor an.<br />

Schweres Öl konnte so entzündet werden,<br />

im Gegensatz zum hochraffinierten<br />

Benzin, das eine eigene Zündung<br />

braucht.<br />

Eine robuste Idee war geboren. Doch<br />

zunächst flogen Diesel seine Motoren<br />

um die Ohren, der Kompressionsdruck<br />

musste sehr hoch sein. Schließlich<br />

aber lief 1897 der erste Motor endlich<br />

zufriedenstellend. Sein Patent wurde<br />

Diesel dann von anderen Ingenieuren<br />

streitig gemacht, so dass Prozesse<br />

sein Leben durchzogen. Dennoch verkauften<br />

sich seine Motoren dort gut,<br />

wo viele PS gefragt waren: Das erste<br />

Schiff dieselte 1903 über das Kaspische<br />

Meer; 1913 wurde die erste Diesel-Lokomotive<br />

gebaut. 1923 gab es<br />

erste Diesel-Lastkraftwagen, ab 1936<br />

dann auch Diesel-Personenautos.<br />

Freilich dauerte<br />

es dann länger<br />

als bei der Otto-<br />

Konkurrenz, bis<br />

der Diesel-Pkw<br />

nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg zu<br />

dem komfortablen<br />

High-tech-<br />

Gefährt heutiger<br />

Rudolf Diesel<br />

Prägung mutierte.<br />

Wer erinnert<br />

sich nicht an rußende Wagen der<br />

Oberklasse, die laut nagelnd über<br />

deutsche Straßen schlichen und mit<br />

wenig PS oft sogar den Lastkraftwagen<br />

hinterher fuhren. Oder an erste Kleinwagen<br />

der achtziger Jahre, deren<br />

Lärmpegel im Innenraum eher an den<br />

Komfort von Traktoren gemahnte. Indes,<br />

lange Laufleistungen und Unver-<br />

Jürgen Kühl<br />

wüstlichkeit lockten erste Käufer an.<br />

„Cool“ wurde ein Diesel aber erst, als<br />

neue Motortechniken ihm den Weg zu<br />

„Otto-Normalfahrer“ so richtig ebneten.<br />

Technische Begriffe wurden zu Verkaufsargumenten:<br />

Turbodiesel, Pumpe-Düse,<br />

Common-Rail. Musste man<br />

früher noch geduldig vorglühen, was<br />

dem Chauffeur eines Diesel-Pkws<br />

das Feeling eines Maschinenführers<br />

vermittelte, registriert heute kaum<br />

ein Fahrer das verschämt kurze Aufleuchten<br />

des Glühdraht-Symbols irgendwo<br />

neben dem Tacho. War da<br />

was?<br />

Der Vorteil der direkteinspritzenden<br />

Dieselmotoren liegt in ihrer hohen<br />

Leistung und einem dennoch geringen<br />

Verbrauch. Außerdem erreichen die<br />

Motoren ein hohes Drehmoment<br />

schon bei niedrigen Drehzahlen. Höhere<br />

Drücke und unterschiedliche Einspritzformen<br />

sind nur zwei Ansatzpunkte,<br />

diese Technik künftig weiter<br />

zu verfeinern. Derzeit gewinnen Motoren<br />

mit Common-Rail-Einspritzsystemen<br />

immer mehr Einfluss, da mit dieser<br />

Technik eine hohe Flexibilität bei<br />

der Einspritzung erreicht werden kann.<br />

Die Erfolgsstory von Rudolf Diesel geht<br />

weiter. dk<br />

Rudolf Diesels Patent hat sich durchgesetzt: Die gleichnamigen Motoren treiben heute unter anderem (v.l.n.r.) VW Phaeton, Renault Vel Satis, Mercedes M-Klasse, Opel Signum, Audi A 8, Lancia Ypsilon und<br />

Volvo S 60 an. Dabei gehen Fahrspaß und Sparspaß Hand in Hand – das Bild vom ausschließlich „braven Arbeitspferd“ hat sich gewandelt, der Dieselantrieb gewissermaßen zum „Shooting star“ gemausert.<br />

Fotos (2): Volvo


Fotos(5): Autostadt GmbH<br />

Seite 12 Die Reportage<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />

Hat sich seit der Eröffnung im Juni 2000 zu einem Publikumsmagnet „par excellence“ entwickelt: die Autostadt in Wolfsburg mit – v.r.n.l. – der StadtBrücke über den Mittellandkanal, dem KonzernForum und dem ZeitHaus.<br />

W<br />

Weit über sieben Millionen Gäste haben die Autostadt des Volkswagen-<br />

Konzerns seit deren Eröffnung am 1. Juni 2000 besucht – und damit<br />

deutlich mehr, als die Initiatoren und Macher dieser automobilen Erlebniswelt<br />

im Norden von Wolfsburg ursprünglich veranschlagt hatten. Allein<br />

vor diesem rein statistischen Hintergrund hat sich die rund 430 Millionen<br />

Euro teure Großinvestition schon heute „gerechnet“: Denn mit der Autostadt<br />

hat die Volkswagen-Gruppe – immerhin Europas größter Autobauer und weltweit der<br />

viertgrößte – eine international einmalige Einrichtung geschaffen, die Besuchern und<br />

Autostadt – das Volkswagen-Kompetenzzentrum<br />

Eine Erlebniswelt rund<br />

um die Auto-Mobilität<br />

Der Eindruck gewinnt<br />

sogleich<br />

Kontur, wenn<br />

man durch die<br />

gläsernen Flügeltüren des KonzernForums<br />

in die automobile Erlebniswelt<br />

der Wolfsburger Autostadt eintritt: Hier<br />

kann, hier muss sich der Besucher auf<br />

eine Entdeckungsreise einlassen, die<br />

mannigfaltige – mitunter auch sehr gegensätzliche<br />

– Attribute miteinander<br />

verknüpft. Architektur und Gestaltung,<br />

Kunst und Kommerz, Emotion und Information,<br />

Zukunft, Gegenwart und<br />

Vergangenheit, Kompetenz und Verantwortung<br />

– innovativ und in vielerlei<br />

Hinsicht unkonventionell stellt die moderne<br />

„Stadt in der Stadt“ im Norden<br />

Wolfsburgs ein Forum dar, das die Themen<br />

Auto und Mobilität auf neuartige<br />

und überraschende Art und Weise erfahrbar<br />

und erlebbar macht.<br />

Mit bleibender Wirkung: Eine Gruppe<br />

amerikanischer Fachjournalisten, die<br />

die Autostadt im September <strong>2003</strong> im<br />

Vorfeld der 60. Internationalen Automobilausstellung<br />

auf Einladung der<br />

Kolbenschmidt Pierburg <strong>AG</strong> besuchte,<br />

war sich beispielweise unisono einig:<br />

„Why don’t we have this in Detroit?“<br />

Ein Votum, das Bände spricht: Immerhin<br />

ist die Metropole am Michigan-See<br />

der Firmensitz so bekannter Automobilkonzerne<br />

wie General Motors, Ford<br />

und Chrysler . . .<br />

Am 1. Juni 2000, zeitgleich mit der<br />

in Hannover stattfindenden Weltausstellung<br />

Expo 2000, öffnete die Autostadt<br />

ihre Pforten. Seither hat sich die<br />

Einrichtung, die in nur zwei Jahren<br />

Bauzeit entstand und in der sich heute<br />

in Summe rund 2000 Mitarbeiter<br />

um Gäste und Kunden kümmern, zu<br />

einem regelrechten Publikumsmagneten<br />

entwickelt. Ein Umstand, der<br />

schon im rund 20 Meter hohen Atrium<br />

des KonzernForums, der Piazza,<br />

ins Auge sticht: Die Besucherströme,<br />

darunter auffallend viele Familien mit<br />

Kindern und Schulklassen, reißen bis<br />

in den späten Nachmittag nicht ab.<br />

Was auf sie zukommt, ist in der Tat ein<br />

komprimiertes Bündel an Informationen<br />

und Impressionen, die ihrerseits<br />

Konzentration und Kondition abverlangen:<br />

Die Autostadt in Wolfsburg – das<br />

ist ein automobiles Erlebnis- und Kompetenzzentrum,<br />

in dem Besucher nicht<br />

nur alles rund um das Thema Mobilität<br />

erfahren, sondern auch spannende Kinofilme<br />

sehen, rasante Fahrten in Simulatoren<br />

und eine beeindruckende<br />

Architektur erleben. Der (staunende)<br />

Gast kann sich in einer südeuropäisch<br />

anmutenden Park- und Lagunenlandschaft<br />

entspannen oder sich in insgesamt<br />

sieben Restaurants – mit unterschiedlichem<br />

kulinarischen Angebot<br />

und Preisniveau – verwöhnen lassen,<br />

im Fünf-Sterne-Hotel „The Ritz-Carlton,<br />

Wolfsburg“ übernachten oder auf dem<br />

GeländeParcours das Fahrgefühl im<br />

VW-Geländewagen Touareg erleben.<br />

Volkswagen-Kunden können zudem im<br />

KundenCenter ihren neuen Wagen abholen;<br />

sie lassen so diesen Tag zu einem<br />

ganz besonderen Erlebnis werden.<br />

Apropos Erlebniswelt, die einen Bogen<br />

spannt von hochmoderner Architektur<br />

und Landschaftsgestaltung<br />

über die Automobilgeschichte bis zur<br />

Präsentation der insgesamt acht Marken<br />

des VW-Konzerns: Sie erschließt<br />

sich dem Besucher vor allem durch<br />

die Hauptkomplexe KonzernForum,<br />

ZeitHaus, MarkenPavillons, Kunden-<br />

Center mit den beiden AutoTürmen<br />

und das „Ritz-Carlton“-Hotel.<br />

Beispiel KonzernForum: Hier wird Automobilität<br />

auf immer wieder neue,<br />

überraschende Weise inszeniert – so<br />

zum Beispiel im AutoLab, in dem der<br />

VW-Konzern in unterschiedlichen Szenarien<br />

Antworten auf grundsätzliche<br />

Fragen zum Automobil gibt und so komplexe<br />

Vorgänge wie Entwicklung, Erprobung,<br />

Fertigung und Qualitätssicherung<br />

transparent zu machen versucht. Zu diesem<br />

Bereich gehören das Designstudio,<br />

die Schnittmodellshow, der Sektor Produktentstehung<br />

und die Testimpressionen,<br />

bei denen auch ein Gang durch<br />

den Windkanal oder den Nebeltunnel<br />

gewagt werden darf. „Emotion pur“ bei<br />

dem, der sich darauf einlässt.<br />

Emotionale Begegnungen schaffen<br />

auch die zum Großteil im KonzernForum<br />

gezeigten Filmattraktionen, bei<br />

denen namhafte Drehbuchautoren<br />

und Schriftsteller Pate standen. Dani<br />

Levys filmischer Beitrag „Das Geheimnis<br />

der Sicherheit“ – der Kurzspielfilm<br />

wird im 360-Grad-Kino gezeigt und<br />

vereint so bekannte Schauspieler wie<br />

Meret Becker, Felix Eitner und Michael<br />

Gwisdek auf der Leinwand – hat beispielsweise<br />

die Botschaft, dass es<br />

keine absolute Sicherheit gebe; im<br />

AutoLab wiederum trifft der Besucher<br />

auf die technisch-untermauerten Antworten<br />

des VW-Konzerns zu Fragen<br />

der Sicherheit im Straßenverkehr.<br />

Ein weiterer cineastischer Blickfang<br />

ist die „Augenblicke“-Filminstallation<br />

der isländischen Snorri Brothers (Musikvideos<br />

u.a. für R.E.M. und Landsmännin<br />

Björk) im Multi-Screen-Kino;<br />

auf 22 Bildschirmen wird das Thema<br />

Umweltbewusstsein in vier Einzelfil-<br />

men („Menschheit“, „Landschaft“,<br />

„Tiefe“ + „Himmel“) ausgesprochen<br />

ästhetisch und subtil behandelt. Im<br />

8/70mm-Kino geht die bekannte Dokumentarfilmerin<br />

Alice Agneskircher<br />

unter dem Titel „Zusammen“ auf das<br />

Thema „soziale Kompetenz“ ein – einem<br />

der nach eigenen Angaben zentralen<br />

Werte des Volkswagen-Konzerns.<br />

Wer indes „action“ liebt, ist in der<br />

sechsminütigen Filmproduktion „Ausfahrt“<br />

im Simulator-Kino im Kunden-<br />

Center bestens aufgehoben: Unter der<br />

Regie von Oscar-Preisträger Xavier Koller<br />

(„Gripsholm“) und Kameramann<br />

David Nowell („Jurassic Park“) bricht<br />

der Simulator aus seinem alltäglichen<br />

VW-Kunden unter anderem die Kompetenz, die Werte, die Markenvielfalt und die Produktqualität<br />

der Konzernprodukte hautnah vermittelt. Als Kompetenzzentrum und Erlebniswelt<br />

gleichermaßen, die mit zahlreichen Freizeitaktivitäten, Events und Überraschungen<br />

aufwartet – und dies nicht nur mit Blick auf das Produktportfolio des Initiators<br />

und Bauherrn Volkswagen, der seit langem ein bedeutender Kunde der Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe<br />

ist. Wer sich auf eine Autostadt-Entdeckungsreise einlässt,<br />

der sollte in jedem Fall eine gehörige Portion Zeit sowie uneingeschränkte Neugierde<br />

mitbringen – nebst der Bereitschaft, sich auf Neues, Unerwartetes offen einzulassen.<br />

Kunst und Kommerz, Freizeit und Fun, Architektur und Auto-Mobilität – die Wolfsburger Autostadt vereint vielfältige Attribute.<br />

Einerlei aus und geht auf Entdeckungsreise<br />

durch Autostadt und VW-<br />

Werk – verfolgt von „Techniker“ Hardy<br />

Krüger jun., der die Besucher mit auf<br />

die temporeiche Verfolgungsjagd<br />

nimmt, rasante Filmschnitte und blitzschnelle<br />

Szenenwechsel inklusive.<br />

Deutlich gediegener geht es im Zeit-<br />

Haus zu, dem „historischen“ Zentrum<br />

der Autostadt. Die ungewöhnliche Architektur<br />

des vierstöckigen Gebäudes<br />

– hier geschlossener Kubus, dort<br />

lichtdurchfluteter Setzkasten – ist zugleich<br />

einmal mehr Programm: Während<br />

der mächtige Kubus die Geschichte<br />

der Mobilität und die Entwicklung<br />

des Volkswagen-Konzerns in<br />

verschiedenen Inszenierungen und<br />

Bildern nachvollziehbar erzählt, dient<br />

der großzügig verglaste Setzkasten<br />

dazu, die auf drei Kubus-Stockwerken<br />

Auf rund 25 Hektar Fläche entstand im Norden Wolfburgs die Autostadt – das Kommunikationszentrum des Volkswagen-Konzerns.<br />

präsentierte Geschichte mit einer<br />

Vielzahl von Fahrzeugen näher zu erläutern.<br />

Automobilgeschichte „zum<br />

Anfassen“ – allein dieses Autostadt-<br />

Angebot ließe sich auf einen kompletten<br />

Tag ausdehnen.<br />

Nicht minder interessant und überraschend<br />

zeigen sich die Markenpavillons.<br />

So zum Beispiel die in einem<br />

leicht geneigten, schwarzen Kubus untergebrachteLamborghini-Präsentation:<br />

Dieser Bau scheint tatsächlich nur<br />

einem Zweck zu dienen – den Besucher<br />

vor dem ungestümen Kraftpaket<br />

aus der seit 1998 zum Volkswagen-<br />

Konzern gehörenden Autoschmiede<br />

im norditalienischen Sant’Agata zu<br />

schützen. Die sechsminütige Präsentation,<br />

deren Lautstärke mitunter bei<br />

„satten“ 110 Dezibel liegt, zielt ausschließlich<br />

auf Emotionalität ab: Musikwandelt<br />

sich in den Herzschlag eines<br />

Stiers, der dann in das Grollen eines<br />

gewaltigen Zwölfzylinders übergeht<br />

und sich schließlich zum Crescendo<br />

des Motors bei höchster Drehzahl<br />

steigert. Die Kraft der Marke vermitteln<br />

– eine im Grunde simple Marketingidee,<br />

deren Wirkung gleichwohl nachhaltig<br />

haften bleibt.<br />

Das akustische Kontrastprogramm<br />

bietet das benachbarte Skoda-Haus,<br />

in dem sich Geschichte und Gegenwart<br />

des drittältesten Automobilherstellers<br />

der Welt begegnen. In einer<br />

Verbindung von Kunst und Technik erzählt<br />

dieser Pavillon die Geschichte<br />

und Kultur Böhmens als Quelle der<br />

Tradition und Identität von Skoda. Protagonisten<br />

sind dabei u.a. zwölf Bronzemodelle<br />

von David Cerny´, die dreidimensionale<br />

Raumprojektion „Das<br />

Zimmer mit Aussicht“ von Michael Bielicky´,<br />

der „Zauberwald“ von Borek Sipek,<br />

das Skulpturensemble „Die Entdeckung“<br />

von Katerina Vincourová<br />

und die überdimensionierte Sitzkombination<br />

„Der Ausgang der Gewissheit“<br />

des bereits genannten Künstlergespanns<br />

Vincourová/Cerny´.<br />

Wie schon gesagt: Wer sich auf das<br />

Abenteuer Autostadt einlässt, der erlebt<br />

„Auto satt“ – begleitet von einer<br />

Vielzahl thematisch angrenzender<br />

Überraschungen und Impressionen.<br />

Nach gut fünf Stunden Erstbesuch<br />

bleibt als Fazit: Dem Volkswagen-Konzern<br />

gelingt es ganz gezielt und geschickt,<br />

Emotionen rund um das Auto<br />

zu wecken und zu befriedigen – und<br />

das in vielfältiger Form mit natürlich<br />

deutlicher Ausrichtung auf das umfangreiche<br />

Markenprogramm des viertgrößten<br />

Automobilherstellers der Welt.<br />

Insofern sind fünf „ausgefüllte“ Stunden<br />

Autostadt am Stück schon eine<br />

lange Zeit, die die Aufnahmefähigkeit<br />

angesichts der zahlreichen Eindrücke<br />

auf eine harte Probe stellen. Und doch<br />

bei weitem nicht genug, all die kleinen<br />

und großen Attraktionen und Inszenierungen<br />

zu erschließen, die auf dem<br />

rund 25 Hektar großen Areal geboten<br />

werden (Detailinformationen unter<br />

www.autostadt.de). Rolf D. Schneider


Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Die Reportage<br />

Seite 13<br />

Transparenz ist Trumpf: Fassaden und<br />

Dächer aus Glas, gläserne Türme –<br />

hier die beiden 48 hohen Autotürme,<br />

die einen Blick auf das Wolfsburger<br />

Schloss erlauben – und offenen<br />

Portale bestimmten das Bild der Autostadt<br />

des Volkswagen-Konzerns.<br />

S<br />

Sogar daran haben die Planer<br />

der Autostadt gedacht: Wer<br />

die automobile Erlebniswelt<br />

rund um den Volkswagen-<br />

Konzern als Freizeitkapitän<br />

über den Mittellandkanal ansteuern<br />

möchte, der findet am zentralen Anleger<br />

vor dem KonzernForum (Haupteingang)<br />

entsprechende Poller zum Festmachen.<br />

Wobei mit diesem überraschenden Detail<br />

– es deutet schon vor dem eigentlichen<br />

Stadtgelände raffiniert inszenierte<br />

Ferienstimmung an – einmal mehr die<br />

Philosophie der<br />

rund 430 Millionen<br />

€ teuren<br />

Einrichtung gewissenmaßen<br />

„en miniature“ abgebildet<br />

wird: Bewegung, Abwechslung und<br />

Überraschung prägen die Natur und die<br />

Landschaft des 25 Hektar großen Areals.<br />

Unweigerlich auch das Gefühl, in einem<br />

mediterranen Ferienparadies gelandet<br />

zu sein: Wer die Piazza des<br />

Konzern-Forums in Richtung Freigelände<br />

verlässt, dem erschließt sich<br />

nicht nur auf den ersten Blick ein Szenario,<br />

das einer Lagunenstadt ähnelt,<br />

in der Natur und Technik, Landschaft<br />

und Urbanität wichtige und gleichgewichtige<br />

Rollen spielen.<br />

Fotos (6): Autostadt GmbH<br />

W<br />

Wer sich für Kunst interessiert,<br />

kann zum Beispiel<br />

das zur Autostadt gehörende<br />

Fünf-Sterne-Hotel<br />

„The Ritz-Carlton, Wolfsburg“,<br />

als kleine Galerie der Gegenwart<br />

für sich entdecken: Rund 600<br />

Werke geben ein Bild der internationalen<br />

zeitgenössischen Kunstszene; die<br />

Sammlung umfasst ausschließlich<br />

ausgewählte Originale sowie Editionen<br />

in kleiner Auflage, bei Fotografien<br />

Originalabzüge. Zu den präsentierten<br />

Künstlern zählen unter anderem Michael<br />

van Ofen, Thomas Struth, Elger<br />

Esser, Klaus Kinold, Robert Mapplethorpe,<br />

Richard Pare, Karl Blossfeldt,<br />

Günther Förg und Klaus Kumrow.<br />

Darüber hinaus umfasst das von<br />

Autostadt-Kreativdirektorin Dr. Maria<br />

Schneider konzipierte Kunstprogramm<br />

zahlreiche farbig transparente<br />

Banner (Bildträger) des US-Amerikaners<br />

Matt Mullican, in denen sich die<br />

Zeichen zeitgenössischer Mobilität<br />

wiederfinden (zu sehen im Kunden-<br />

Center), sowie große farbige Objekte<br />

von Gerhard Merz (Rot – Blau – Gelb),<br />

T<br />

Transparenz ist Trumpf: Die<br />

Öffnung des Volkswagen-<br />

Konzerns zum Kunden spiegelt<br />

sich konsequent in der<br />

Architektur der Autostadt<br />

nische Weise. Die neu erbaute Stadt-<br />

Brücke über den Mittellandkanal führt<br />

vom Wolfsburger Zentrum und vom<br />

ICE-Bahnhof direkt auf die Piazza im<br />

Konzernforum, gleichzeitig Entrée zum<br />

wider. Fassaden und Dächer aus rund 25 Hektar großen Areal der Auto-<br />

Glas, gläserne Türme und offene Porstadt mit ihren zahlreichen nicht nur<br />

tale bestimmen das Bild dieser automobilen Sehenswürdigkeiten.<br />

„Stadt in der Stadt“, die im Norden Im Park – die Landschaftsgestaltung<br />

Wolfsburgs ein eigenes, in sich ge- oblag Professor Hinnerk Wehberg von<br />

schlossenes Areal mit urbanem Cha- der Hamburger Firma WES & Partner,<br />

rakter bildet – mit Großbauten wie et- die auch die Landschaftsarchitektur<br />

wa dem KonzernForum, ZeitHaus, der Neuen Messe Leipzig konzipierte –<br />

KundenCenter oder den beiden präsentieren sich die Marken des Kon-<br />

Transparenz ist Trumpf<br />

AutoTürmen, zahlreichen Pavillons<br />

für die diversen Marken von Europas<br />

größtem Automobilhersteller, Wasserstraßen<br />

und Brücken, Seen, Landzungen,<br />

kleinen Hügeln und vielen<br />

Grünflächen.<br />

Die Architektur der Autostadt – sie<br />

stammt von Gunter Henn (Henn Architekten<br />

– München/Berlin), der u.a.<br />

auch für die ebenfalls von Volkswagen<br />

gebaute Gläserne Manufaktur in Dresden<br />

und das Audi Museum Mobile in<br />

Ingolstadt verantwortlich zeichnet –<br />

öffnet sich dem Besucher auf harmo-<br />

Die Landschaftsarchitekten WES &<br />

Partner aus Hamburg definieren es<br />

so: Die Autostadt kehrt das planerische<br />

Leitbild der Nachkriegszeit in<br />

eine ökologische Stadtsymbolik um.<br />

Nicht Erschließung und ausschließlich<br />

am Automobil orientierte Wegeführung<br />

bestimmen die städtebauliche<br />

Komposition; Stadt und Landschaft<br />

generieren aus ihren jeweiligen<br />

funktionalen bzw. emotionalen<br />

Aufgaben und Spannungsfeldern heraus<br />

eine spannende Atmosphäre<br />

mit einer wechselhaften, szenenreichen<br />

Wegeführung, in der die Bewegung<br />

eine dominierende Rolle spielt:<br />

„Die vordergründige Wirkung für den<br />

Besucher ist die Abwechslung, die<br />

Störung, aber auch die Irritation,<br />

möglicherweise (sogar) für kurze Moment<br />

der Verlust der Orientierung.<br />

Das Gelände wird dadurch unwillkürlich<br />

aufgeweitet – durch ein virtuelles,<br />

kunstvoll inszeniertes Labyrinth<br />

im Inneren.“<br />

Ein Labyrinth, in dem der Besucher<br />

sich natürlich nicht verlaufen kann, in<br />

die den Besucher bereits in der Piazza<br />

des KonzernForums in ihren Bann<br />

ziehen – auch wenn er die dreiteilige<br />

Arbeit nicht zwingend als Kunstwerk<br />

erkennt. Dafür sorgen allein die reine<br />

Schönheit der Farben und die Stringenz<br />

der Formen.<br />

Der blaue Merz-Kubus korrespondiert<br />

in der Piazza mit den Werken Mondo 1<br />

und Mondo 2 des 1957 in Bad Eilsen<br />

geborenen und heute in Deutschland<br />

und in den USA wirkenden Künstlers In-<br />

go Günther. Die kalt blau leuchtende<br />

Globusskulptur „Exosphere“ mit einem<br />

Durchmesser von 13 Metern ist eine im<br />

Maßstab 1:1 000 000 verkleinerte<br />

Nachbildung der Erde und somit der<br />

größte Globus der Welt. Illuminiert von<br />

unsichtbaren Leuchtstäben im Inneren,<br />

schwebt er mit einer Neigung von 23,5<br />

Grad weithin sichtbar im Raum. Der<br />

zum Teil darunter liegende Globenteppich<br />

ist eine Skulptur aus 60 kleineren<br />

Globen, die unter einem 50 Zentimeter<br />

zerns in sieben eigenen Pavillons. Mit<br />

viel Sinn für Ästhetik angelegte Wasser-<br />

und Grünflächen laden „drumherum“<br />

zum Verweilen ein – Ruhepunkte,<br />

die auch das architektonische Gesamtkonzept<br />

der Autostadt in immer<br />

neuen Blickwinkeln auf den Betrachter<br />

wirken lassen. Darunter neben dem<br />

gläsernen KundenCenter vor allem das<br />

imposante Wahrzeichen – die beiden<br />

gläsernen, 48 Meter hohen AutoTürme,<br />

in denen zusammen bis zu 800<br />

auf Hochglanz polierte Neufahrzeuge<br />

für die Auslieferung bereit stehen. rds<br />

dem er aber immer wieder auf Überraschungen<br />

stößt. So etwa beim erdverankerten<br />

Volkswagen-Pavillon, im Fall<br />

der Erdarchitektur des Bentley-Pavillons<br />

oder angesichts des halb eingegrabenen<br />

Gartenrestaurants – Architektur,<br />

die auf diese Weise ihre Verankerung<br />

in der Autostadt-Philosophie<br />

unterstreicht: Dies ist ein ökologisch<br />

begründetes, urbanes Areal.<br />

In diesem Sinne haben die Hamburger<br />

Landschaftsarchitekten auch jedem<br />

MarkenPavillon einen Hausbaumgegeben,<br />

der ganz<br />

spezielle Attributeunterstreicht<br />

und dessen sinnfällige Präsenz<br />

sich nicht unbedingt beim ersten<br />

Besuch erschließt. Volkswagen wird<br />

durch die Birke gekennzeichnet, ein<br />

eben so widerstandsfähiges wie heiter-helles<br />

Gehölz, Audi durch den früh<br />

blühenden und im Herbst farbenprächtigen<br />

Spitzahorn, Bentley durch<br />

eine englische Eiche. Lamborghini<br />

wählte mit der Esskastanie den mediterransten<br />

Baum, der dem Klima<br />

Wolfsburgs noch standhält, Seat die<br />

Silberweide, Skoda eine zweistämmige,<br />

böhmische Eiche. rds<br />

Eine perfekt inszenierte Ferienidylle<br />

Perfekt inszenierte Freizeit: In der Autostadt in Wolfsburg wird Mobilität zum sinnlichen Erlebnis – und das in vielerlei Hinsicht.<br />

dicken Glasboden eingelegt sind; jeder<br />

stellt einen bestimmten Themenkreis<br />

dar (z.B. Politik, Ökologie und Bevölkerungswachstum).<br />

Einsichten ganz anderer Art gewinnt<br />

der Besucher durch die Arbeit von Nicolas<br />

Anatol Baginsky; der in Hamburg<br />

lebende 42-jährige Künstler ist<br />

vor allem durch seine Performances<br />

mit musizierenden „Robotermenschen“<br />

bekannt. Am roten Kubus verwandelt<br />

Baginsky die hohe frei ste-<br />

Der weltweit größte Globus<br />

hende Rolltreppe, die über zwei Etagen<br />

führt, in eine intelligente Installation<br />

mit dem Titel „Public Narcissism<br />

– Narzissmus im öffentlichen Raum“.<br />

Sie basiert auf dem elementaren Bedürfnis<br />

des Menschen, sich ein Bild<br />

von sich zu machen – ein Ur-Instinkt<br />

mit vielen Variationen. Der Clou: Kameras<br />

erfassen den Besucher auf der<br />

Fahrt nach oben, Bildschirme auf der<br />

linken Seite werfen sein Bild vergrößert<br />

und verfremdet zurück. dp<br />

Autostadt-Geschäftsführer Otto Ferdinand Wachs:<br />

„Unsere Erlebniswelt bleibt<br />

auch in Zukunft spannend“<br />

<strong>Profil</strong>: Mehr als sieben Millionen<br />

Gäste haben die Autostadt in Wolfsburg<br />

seit ihrer Eröffnung am 1. Juni<br />

2000 besucht. Ihr Konzept, in unmittelbarer<br />

Nähe von Europas größtem<br />

Automobilhersteller ein Volkswagenspezifisches<br />

Erlebnis- und Kompetenzzentrum<br />

mit einer Vielzahl von<br />

Freizeitaktivitäten zu offerieren, ist<br />

ganz offensichtlich aufgegangen.<br />

Wachs: Allerdings. Wir sind auch<br />

mit dem dritten Betriebsjahr außerordentlich<br />

zufrieden. Es ist uns gelungen,<br />

unsere Besucherzahlen konstant<br />

zu halten – und das trotz der<br />

schwierigen wirtschaftlichen Situation.<br />

Damit haben wir unsere Prognose<br />

aus dem Jahr 2000, pro Jahr rund<br />

eine Million Gäste zu begrüßen,<br />

neuerlich deutlich übertroffen. Die<br />

Autostadt in Wolfsburg ist seit drei<br />

Jahren der Erlebnispark mit den<br />

zweithöchsten Besucherzahlen in<br />

Deutschland. Das zeigt, dass unser<br />

Erfolg nachhaltig ist.<br />

<strong>Profil</strong>: Was macht – aus der Sicht<br />

der „Macher“ – den Reiz der Einrichtung<br />

aus?<br />

Wachs: Das Konzept der Autostadt<br />

bewährt sich auch in wirtschaftlich<br />

schwierigen Zeiten. Es zahlt sich jetzt<br />

aus, dass wir den Besuchern ein sehr<br />

breites Angebot machen, das ganz<br />

unterschiedliche Menschen für uns<br />

interessiert, ganz anders als in einem<br />

Freizeitpark. Wir beeindrucken die<br />

Gäste mit einer ästhetisch ansprechenden<br />

und inhaltlich überzeugenden<br />

Inszenierung nachhaltig. Die Tatsache,<br />

dass wir mit unseren Inszenierungen<br />

und Attraktionen den Geschmack<br />

unserer Gäste treffen, ist<br />

das Ergebnis eines sehr komplexen<br />

Prozesses und der harten Arbeit aller<br />

Beteiligten.<br />

<strong>Profil</strong>: Und was sagen die Besucher?<br />

Wachs: Sie geben uns durchweg<br />

sehr gute Noten, und zwar nicht nur<br />

für die Inhalte, sondern auch für<br />

Werte wie Sauberkeit und Servicequalität.<br />

<strong>Profil</strong>: Gibt es eine Hitliste der Autostadt-Einrichtungen,<br />

was ihre Attraktivität<br />

– also Nutzung/Frequentierung<br />

durch die Besucher – angeht?<br />

Wachs: Einer der Magnete der Autostadt<br />

ist das ZeitHaus mit seiner<br />

eindrucksvollen Ausstellung der Geschichte<br />

der Mobilität; aber auch alle<br />

Pavillons, die Simulatoren, Kinofilme<br />

und der Park selbst sind sehr beliebt.<br />

<strong>Profil</strong>: Wie setzen sich die Autostadt-Besucher<br />

zusammen und woher<br />

kommen sie? Sind es überwiegend<br />

Käufer von VW-Personenkraftwagen,<br />

die die Auslieferung ihres<br />

„neuen Familienmitglieds“ mit einem<br />

interessanten Rahmenprogramm<br />

„garnieren“ wollen? Oder<br />

sind es freizeitorientierte Zeitgenossen,<br />

die schlicht und einfach die attraktiven<br />

und facettenreichen Angebote<br />

der Autostadt in Summe bzw.<br />

gezielt nutzen?<br />

Wachs: Nur ein Drittel der Besucher<br />

der Autostadt sind Abholer. Der<br />

Großteil der Menschen kommt hierher,<br />

um das Erlebnis Autostadt zu genießen.<br />

Dennoch sind wir mit rund<br />

500 Autoauslieferungen pro Tag einer<br />

der größten Handelsplätze der<br />

Welt. Mittlerweile kommen rund 60<br />

Prozent der Gäste aus einem Umkreis,<br />

der mehr als 100 Kilometer von<br />

Wolfsburg entfernt liegt.<br />

<strong>Profil</strong>: Durch die Autostadt tritt<br />

Volkswagen in einen gezielten Dialog<br />

mit Kunden und Besuchern; auf<br />

diese Weise sollen auch völlig neue<br />

Zielgruppen für den Konzern interessiert<br />

werden. Wie erfolgreich waren<br />

Sie diesbezüglich bis heute?<br />

Wachs: Bisher haben sich mit Hilfe<br />

der Autostadt mehr als sieben Millionen<br />

Menschen mit dem Konzern<br />

auseinandergesetzt. Das ist ein<br />

Wert, der durch andere klassische<br />

Kommunikations- und Marketinginstrumente<br />

einfach nicht zu erreichen<br />

ist. Hinzu kommt, dass die Autostadt<br />

sehr nachhaltig wirkt: Mit spannen-<br />

den Angeboten und auch pädagogischen<br />

Ansätzen gelingt es uns, die<br />

Gäste auch zum Nachdenken anzuregen.<br />

Das Wichtigste aber ist: Die<br />

Besucher verlassen die Autostadt<br />

mit dem Gefühl, gern gesehene<br />

Gäste gewesen zu sein – bei Volkswagen.<br />

Und mit bestimmten Projekten<br />

sprechen wir völlig neue Zielgruppen<br />

an. Mit unserem Mobilitäts-<br />

Deck beispielsweise erreichen wir<br />

durch eine deutschlandweit einmalige<br />

Kooperation mit dem niedersächsischen<br />

Kultusministerium die Gruppe<br />

der Schüler.<br />

<strong>Profil</strong>: Ihr Unternehmen hat bisher<br />

rund 430 Millionen € in das Projekt<br />

Autostadt investiert, das weltweit seinesgleichen<br />

sucht. Nun ist eine derartige<br />

Einrichtung kein statisches, in<br />

sich ruhendes Gebilde, sondern – als<br />

Spiegelbild der sich ständig verändernden<br />

Erlebniswelten des Automobilherstellers<br />

Volkswagen mit seinen<br />

acht Marken Audi, Bentley, Bugatti,<br />

Lamborghini,<br />

Seat, Skoda,<br />

Volkswagen und<br />

Volkswagen-<br />

Nutzfahrzeuge –<br />

ein „lebender<br />

Organismus“,<br />

dessen Attraktivität<br />

und Akzeptanz<br />

sicher auch<br />

von der Verän-<br />

derung lebt?<br />

Kurz gefragt:<br />

O. F. Wachs<br />

Wie geht es konzeptionell weiter?<br />

Wachs: Die Autostadt ist ständig im<br />

Wandel. Unser Ziel ist es, sie für Besucher<br />

immer spannend zu halten,<br />

und immer neue Anreize zu schaffen.<br />

Wirversuchen gemeinsam mit unserem<br />

Kreativteam, immer wieder von<br />

Neuem anspruchsvolle und zugleich<br />

unterhaltende Angebote zu schaffen.<br />

Dabei ist es ganz entscheidend,<br />

dass unsere Besucher das Gefühl<br />

haben, dass wir ihre Wünsche und<br />

Bedürfnisse erfüllen. Dazu ist es notwendig,<br />

die ausgetretenen Pfade zu<br />

verlassen. Das tun wir und deshalb<br />

bleibt die Autostadt auch in Zukunft<br />

ein spannender Ort. rds


Foto: Jutta Kennepohl/Osnabrück<br />

Seite 14 Aus dem Konzern<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />

Umgeben von ihren festlich gekleideten Ehrendamen: Heidekönigin Sarah Ludwig<br />

(M.) zusammen mit – v.l.n.r. – Janine Düvel, Sandra Schucht, Schwester<br />

Linda Ludwig, Vorgängerin Sabrina Schucht, Nadine Jung und Myrna Ludwig.<br />

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (l.) überreicht Christian<br />

Damman die Urkunde zum Landessieger. Aufmerksame Zuschauerin ist Dammans<br />

frühere Ausbildungskollegin Olga Worster (r.), die den 3. Platz belegte.<br />

Rheinmetall: Erneut Landessieger bei den Azubis<br />

Beleg für hohe Qualität<br />

in der Berufsausbildung<br />

akn Unterlüß. 29 Jugendliche aus<br />

dem Bezirk der Industrie- und Handelskammer<br />

Lüneburg-Wolfsburg haben<br />

in diesem Jahr ihre Abschlussprüfung<br />

nicht nur mit „sehr gut“ abgeschlossen,<br />

sondern in ihrem Ausbildungsberuf<br />

außerdem die besten<br />

Punktzahlen in Niedersachsen erreicht.<br />

Zu den Berufsbesten zählte<br />

auch der 20-jährige Christian Damman,<br />

der bei der Rheinmetall W&M<br />

GmbH in Unterlüß ausgebildet wurde.<br />

Er erreichte den 1. Platz der Landessieger<br />

Niedersachsen im Beruf<br />

Zerspanungsmechaniker (Fachrichtung<br />

Frästechnik).<br />

In einer Festveranstaltung des Niedersächsischen<br />

Industrie- und Handelskammertages<br />

(IHK) wurden am<br />

10. November <strong>2003</strong> die 173 Besten<br />

der mehr als 30 000 niedersächsischen<br />

Prüflinge ausgezeichnet. „Ich<br />

habe schon aufgrund<br />

meiner Zwischennoten<br />

mit einem<br />

guten Prüfungsergebnis<br />

gerechnet.<br />

Die Nachricht, dass<br />

ich Landessieger in meinem Ausbildungsberuf<br />

geworden bin, kam für<br />

mich dann aber doch überraschend“,<br />

so der ehemalige Rheinmetall-Azubi,<br />

der durch seine große<br />

Leistungs- und Einsatzbereitschaft<br />

in der betrieblichen Ausbildung und<br />

seiner sehr guten schulischen Leistungen<br />

bereits nach drei (statt 3,5)<br />

Jahren die Abschlussprüfung machen<br />

konnte. „Schon in der Grundausbildung<br />

zeichnete sich sein gutes<br />

technisches Verständnis und<br />

sein handwerkliches Geschick im<br />

Umgang mit Werkzeug und Maschinen<br />

ab“, lobt denn auch Günter<br />

Hackländer, Gruppenleiter in der Berufsausbildung<br />

der Rheinmetall<br />

W&M GmbH in Unterlüß.<br />

In der Festansprache ging Niedersachsens<br />

Ministerpräsident Christian<br />

Wulff auf die Situation auf dem Lehrstellenmarkt<br />

ein. In Niedersachsen<br />

entspanne sich die Lage zunehmend.<br />

Nur noch wenige Hundert junge Menschen<br />

seien ohne Ausbildungsplatz.<br />

„Bis zum Jahresende werden wir weitere<br />

Jugendliche in die Ausbildung<br />

bringen – deshalb müssen wir die gemeinsamen<br />

Anstrengungen fortsetzen.<br />

Entscheidend ist, dass wir wieder<br />

Wachstum in Deutschland haben, damit<br />

die Unternehmen ausbilden und<br />

einstellen.“<br />

Mit Christian Damman konnte bereits<br />

zum dritten Mal ein Auszubildender<br />

der Rheinmetall W&M den Titel<br />

des niedersächsischen Landessiegers<br />

erreichen. Ein weiteres Zeichen für die<br />

erstklassige Arbeit des Betriebes und<br />

der verantwortlichen Ausbilder ist die<br />

Tatsache, dass seit<br />

Aufnahme der Berufsausbildung<br />

im<br />

Jahre 1983 alle zur<br />

Abschlussprüfung zugelassenenBerufsanfänger<br />

ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen<br />

haben. Seit 1998 bilden<br />

die Rheinmetall W&M GmbH und die<br />

Rheinmetall Landsysteme GmbH in<br />

Unterlüß einen Ausbildungsverbund<br />

mit gewerblich-technischen und kaufmännischen<br />

Berufen. Ausgebildet<br />

werden zur Zeit 60 junge Menschen –<br />

und zwar als Industrie- bzw. Zerspanungsmechaniker,Energie-elektroniker,<br />

Konstruktionsmechaniker und Industriekaufmann.<br />

Nach seiner erfolgreichen Ausbildung<br />

bei Rheinmetall hat sich Christian<br />

Damman für den Besuch einer weiterführenden<br />

Schule entschieden. Er<br />

lernt gegenwärtig auf der Fachoberschule<br />

Technik in Uelzen, um danach<br />

Maschinenbau zu studieren.<br />

F<br />

Für mich ging an diesem Tag<br />

ein Kindheitstraum in Erfüllung.<br />

Bereits als kleines Mädchen<br />

hatte ich mir gewünscht,<br />

später einmal von den Elfen<br />

und Zwergen zur Heidekönigin gewählt<br />

zu werden.“ Ende August <strong>2003</strong><br />

wurde dieser Traum für die 18-jährige<br />

Sarah Ludwig, die derzeit bei der<br />

Rheinmetall W&M GmbH in Unterlüß<br />

zur Zerspanungsmechanikerin (Fachrichtung<br />

Frästechnik) ausgebildet<br />

wird, Wirklichkeit.<br />

Auf dem 49. Heideblütenfest ihres<br />

Heimatortes Bokel, einem kleinen<br />

Heidedorf an der Ilmenauquelle,<br />

wurde sie von den Bokeler Kindern<br />

– den sogenannten Elfen und Zwergen<br />

– zur neuen Heidekönigin<br />

<strong>2003</strong>/2004 gewählt. Drei Tage feierten<br />

die Bokeler ihr traditionelles Fest<br />

inmitten der blühenden Heide – rund<br />

um die Ortschaft gibt es nämlich<br />

noch zwei unter Naturschutz gestellte<br />

ursprüngliche Heideflächen, die<br />

unter anderem vom Verein „Heidefreunde<br />

Bokel e.V.“ betreut werden.<br />

Beim Fest selbst erlebten die zahlreichen<br />

Gäste u.a. das sehr beliebte<br />

Pellkartoffelessen und hatten viel<br />

Spaß beim Country-Festival.<br />

Kindheitstraum ging in Erfüllung<br />

Doch der eigentliche Höhepunkt war<br />

das Heideblütenfest mit der märchenhaften<br />

Krönungszeremonie. Rund 500<br />

Gäste zogen mit dem Tross der mehr<br />

als 20 liebevoll geschmückten Festwagen<br />

in das knapp neun Hektar große<br />

Heideblütental, um das Krönungsspiel<br />

der Elfen und Zwerge auf der Naturbühne<br />

zu verfolgen. Nach kurzer Beratung<br />

verkündeten die Kinder lautstark,<br />

dass Sarah Ludwig die neue Heidekö-<br />

nigin sei. Ihre Ehrendamenstaffierten<br />

die junge<br />

Bokelerin sofort<br />

mit der Heidekrone<br />

und dem<br />

edlen violetten<br />

Umhang aus.<br />

„Ich habe mich<br />

riesig über die<br />

Wahl gefreut und<br />

bin stolz, meinen Heimatort in ganz<br />

Norddeutschland auf Messen und anderen<br />

öffentlichen Veranstaltungen vertreten<br />

zu können“, so Heidekönigin Sarah<br />

Ludwig, die sich bereits als Mitglied in<br />

der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr stark<br />

für ihren Heimatort engagiert, glücklich.<br />

Mit dem Heideblütenfest im nächsten<br />

Jahr (27.-29. 8. 2004) endet die Regentschaft<br />

der jungen Rheinmetall-Auszubildenden.<br />

Aber bis dahin wird sie noch<br />

so manchem Jubilar gratulieren und zu<br />

besonderen Anlässen als Königin der<br />

Elfen und Zwerge „Flagge zeigen“. akn<br />

Silberhütte-Chef Schilling Unternehmer des Jahres <strong>2003</strong> in Sachsen-Anhalt<br />

Vorbildfunktion für die ganze Region<br />

fü/rds Silberhütte/Magdeburg.<br />

Gleich zwei unternehmerische Auszeichnungen<br />

konnte Falk Schilling,<br />

Geschäftsführer der mehrheitlich zur<br />

Nico-Gruppe gehörenden Silberhütte<br />

Pyrotechnik GmbH in Silberhütte am<br />

Unterharz, kürzlich entgegennehmen.<br />

Zum einen wurde der 58-jährige Firmenchef<br />

von der in Magdeburg ansässigen<br />

Wirtschaftsspiegel-Publikation<br />

zum Unternehmer des Jahres <strong>2003</strong> in<br />

Sachsen-Anhalt gekürt. Zum anderen<br />

erhielt das Unternehmen, das im Geschäftsjahr<br />

2002 mit knapp 21 Millionen<br />

Euro den höchsten Umsatz seit<br />

seiner Gründung (1790/1991) erzielte,<br />

den „Oskar der Oskars“ – und darf<br />

sich jetzt stolz als das Vorzeigeunternehmen<br />

aus dem Kreis der Preisträgerfirmen<br />

bezeichnen, die den seit<br />

1995 ausgelobten „Oskar für den Mittelstand“<br />

bisher erhalten haben.<br />

Seit Mitte der neunziger Jahre des<br />

20. Jahrhunderts werden bundesweit<br />

besonders erfolgreiche und engagierte<br />

mittelständische Unternehmen mit<br />

dem „Oskar für den Mittelstand“ belohnt.<br />

Eine unabhängige Jury, der unter<br />

anderem Vertreter der Regierungspräsidien,<br />

der regionalen Industrieund<br />

Handelskammern, der Verbände,<br />

Kommunen sowie aus der Industrie<br />

angehören, bewertet dabei insgesamt<br />

fünf Nominierungskriterien: Gesamtentwicklung<br />

des Unternehmens,<br />

Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen,<br />

Modernisierung und Innovation,<br />

Service, Kundennähe und Marketing<br />

sowie – zu guter Letzt – das Engagement<br />

in der jeweiligen Region. Die<br />

Silberhütte-Pyrotechnik erhielt „ihren“<br />

Mittelstands-Oskar im Jahr 2000 –<br />

jetzt wurde dies noch mal getoppt.<br />

Eine ähnlich publikumswirksame<br />

Anerkennung unternehmerischer Arbeit<br />

vergibt der Wirtschaftsspiegel, eine<br />

seit 1993 in Sachsen-Anhalt erscheinende<br />

Publikation, die sich unter<br />

dem Slogan „Wir schaffen Verbindungen“<br />

schwerpunktmäßig als vermittelndes<br />

Medium zwischen den Entscheidungsträgern<br />

der regionalen<br />

Wirtschaft und den kommunalen Ebenen<br />

versteht. Geschäftsführer Gert<br />

Hohlwein zu den Kriterien der zum<br />

vierten Mal vergebenen „Unternehmer/in<br />

des Jahres“-Auszeichnung:<br />

„Mit dieser Ehrung wollen wir erfolgreiche<br />

Macher und Manager ins Rampenlicht<br />

heben. Grundlagen für die<br />

Entscheidung der hochkarätig besetzten<br />

Jury (u.a. IHK- und Handwerkskammerpräsidenten<br />

sowie Bankenvorstände)<br />

sind zum Beispiel die ökonomische<br />

Entwicklung der Firma, Kennziffern<br />

wie Umsatz/Gewinn, Investitio-<br />

Falk Schilling freut sich: Die Auszeichnungen<br />

sind auch eine Anerkennung<br />

für die Mitarbeiter, mit deren Engagement<br />

ein Unternehmen steht und fällt.<br />

nen und Arbeitsplätze, die Aspekte Innovation,<br />

Service und Kundennähe<br />

sowie das soziale Engagement im<br />

Rahmen gemeinnütziger Aufgaben<br />

und die Kooperation mit Verbänden<br />

und Kommunen.“<br />

Falk Schilling, von Haus aus diplomierter<br />

Maschinenbauingenieur und<br />

seit 1995 Chef der heute rund 240 Mitarbeiter<br />

zählenden Firma, sieht in den<br />

beiden Auszeichnungen eine unmittelbare<br />

Bestätigung dafür, dass sich<br />

Leistung und Einsatz im unternehmerischen<br />

Sinne für alle Beteiligten lohnen.<br />

„Der Oskar beispielsweise demonstriert<br />

der breiten Öffentlichkeit,<br />

wie mittelständig strukturierte Unternehmen<br />

Verantwortung übernehmen<br />

und Risiken tragen. Die Leistungsfähigkeit<br />

des Betriebes wird gewürdigt,<br />

im selben Atemzug aber auch das Engagement<br />

der Mitarbeiter.“ Dass das<br />

Lob aus berufenem Juroren-Munde<br />

gleichzeitig imagefördernd wirkt, steht<br />

für Schilling, seit drei Jahren auch Vizepräsident<br />

der IHK-Magdeburg, ebenfalls<br />

außer Frage: „Es zeigt, da ist –<br />

auch im Hinblick auf das gesellschaftliche<br />

Umfeld – ein durch und durch<br />

funktionierendes Unternehmen.“<br />

Die Silberhütte Pyrotechnik GmbH<br />

kann, was insbesondere die Entwicklung<br />

in den zurückliegenden fünf Jahren<br />

angeht, in der Tat auf eine gute<br />

geschäftliche Entwicklung zurückblicken.<br />

2002 erwirtschaftete die Firma,<br />

deren Ursprünge auf das Jahr 1790<br />

zurückgehen (Gründung einer Pulvermühle<br />

im Selketal) und die 1991<br />

durch die Nico-Gruppe in Trittau bei<br />

Hamburg (2/3-Mehrheit) und die Umarex-Sportwaffen<br />

GmbH & Co. KG<br />

(Arnsberg) von der Treuhandanstalt<br />

übernommen worden war, den bisher<br />

höchsten Umsatz seit der Gründung<br />

– immerhin rund 20,8 Millionen Euro.<br />

Zum Produktprogramm der Silberhütte,<br />

die gegenwärtig neun junge Menschen<br />

in vier Berufsfeldern ausbildet,<br />

gehören unter anderem Leucht- und<br />

Signalmittel, Leuchtspurerzeugnisse.<br />

Feuerwerk, Seenotsignale, Reizstoffprodukte,<br />

Airbag-Zündeinrichtungen<br />

und pyrotechnische Munition im Kaliber<br />

15 Millimeter.<br />

GEZIELTE HILFE FÜR KREBSKRANKE KINDER: Genau 7500 € kamen, wie bereits ausführlich berichtet („Das <strong>Profil</strong>“<br />

4/<strong>2003</strong>), Anfang September des Jahres beim 1. Familientag der Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) in Kassel als Tombolaerlös<br />

zusammen. Vor wenigen Wochen nun wurde ein Scheck in gleicher Höhe im Rahmen einer Ausstellung von rund<br />

15000 Modellfahrzeugen in der Fritz-Erler-Kaserne in Fuldathal-Rothwesten übergeben, und zwar an die in Bonn ansässige<br />

Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe. Bei der symbolischen Scheckübergabe durch RLS-Produktionsleiter (Kette) Johann Brix<br />

(2.v.l.) bedankte sich Kinderkrebshilfe-Geschäftsführer Bernd Schmitz (3.v.r.) für die tatkräftige Unterstützung: „Mit Ihrer<br />

Benefizaktion haben Sie unser Motto ‚Mitmachen heißt mithelfen‘ auf uneigennützige Weise in die Tat umgesetzt. Neben<br />

der finanziellen Hilfe transportiert Ihr Engagement gleichzeitig die Botschaft, dass krebskranke Kinder und deren Familien<br />

mit ihrem Schicksal nicht allein gelassen werden. Das zeichnet Sie als Menschen mit sozialer Verantwortung aus.“ Beim<br />

Fototermin mit dabei waren (v.l.n.r.) Sicherheitsbevollmächtigter Peter Schmidt von der RLS-Kassel, Betriebsratschefin<br />

Gisela Walter und ihr Stellvertreter Harald Töpfer sowie Ausstellungsorganisator Hauptfeldwebel Helmut Duntemann. rds<br />

Foto: Annette Kaduhr; Composing: frei-stil


Karikatur: Dirk Meissner<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Aus dem Konzern<br />

Seite 15<br />

Be Bereits seit der Gründung der<br />

Eidgenössischen Pulverfabrik<br />

1918 in Wimmis im<br />

Berner Oberland (Schweiz)<br />

gibt es auch eine Hilfeleistungsorganisation,<br />

welche die Belegschaft,<br />

die Produktionsstätten und das<br />

Firmengelände schützt. Über die Jahre<br />

und Jahrzehnte hat sich diese an die<br />

Gegebenheiten und Anforderungen eines<br />

modernen Unternehmens angepasst.<br />

Heute hat eine bestens ausgestattete<br />

und 50 Mann starke Betriebsfeuerwehr,<br />

die dem Werkschutz unterstellt<br />

ist, diese Aufgaben in der zur<br />

Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> gehörenden<br />

Nitrochemie Wimmis <strong>AG</strong> übernommen.<br />

Ausgestattet mit sechs Fahrzeugen<br />

(ein Tanklöschfahrzeug mit 4000 Liter<br />

Wasser Fassungsvermögen, zwei Atemschutzfahrzeuge,<br />

ein Chemiewehrzug<br />

mit Anhänger, ein Pikettfahrzeug sowie<br />

ein Mannschaftstransportfahrzeug)<br />

und den speziellen Löschmitteln, können<br />

Unfälle aller Art,<br />

im speziellen aber<br />

auch mit Chemieerzeugnissen,<br />

im Ernstfall wirkungsvoll<br />

bekämpft werden. Wobei eines klar ist:<br />

Die Feuerwehrmänner schlüpfen – ähnlich<br />

wie bei der Freiwilligen Feuerwehr<br />

in Deutschland – nur dann in die spezielle<br />

Dienstmontur, wenn ein Notfall vorliegt.<br />

Ansonsten arbeiten sie im Unter-<br />

nehmen an ihrem eigentlichen Arbeitsplatz.<br />

Die Feuerwehrmänner rekrutieren<br />

sich aus Angestellten aller Hierarchiestufen<br />

und Abteilungen. Werkschutzleiter<br />

Heinz Wepf, gleichzeitig<br />

Kommandant der Betriebsfeuerwehr im<br />

Range eines Hauptmanns: „Mit diesem<br />

Wehrmänner im Notfall präsent<br />

Milizsystem wird nicht nur viel Geld gespart;<br />

wir nutzen auch das große Wissen<br />

und Können, das die Feuerwehrmänner<br />

aus ihrer täglichen Arbeit und<br />

dem privaten Umfeld mitbringen.“<br />

Die Betriebsfeuerwehr ist auch ein<br />

zuverlässiger Partner, wenn es um<br />

Mit 58,05 Schlauchkilometern von Frutigen nach Bern: Mehr als 2800 Feuerwehrschläuche verlegten die Feuerwehrleute<br />

im Berner Oberland für den neuen Weltrekord – aktiv dabei war auch die Betriebsfeuerwehr der Nitrochemie Wimmis <strong>AG</strong>.<br />

M<br />

Mit dem Goldregenpfeifer<br />

hat eigentlich alles angefangen,<br />

so zumindest<br />

schreibt es die Legende.<br />

Im November 1951 war<br />

Sir Hugh Beaver (1890-1967), Geschäftsführer<br />

von Guinness, auf dem<br />

North Slob am Slaney, einem Fluss in<br />

der Grafschaft Wexford im Südosten Irlands,<br />

auf der Jagd. Die Jäger verfehlten<br />

einige Exemplare des Goldregenpfeifers<br />

und Sir Hugh fragte sich, ob<br />

das Federwild der schnellste europäi-<br />

Buch mit dem Licht des Wissens<br />

sche Vogel ist oder nicht. Dieses Erlebnis<br />

brachte den Guinness-Chef auf den<br />

Gedanken, dass es zahllose solcher<br />

Fragen geben musste, die in den Pubs<br />

Abend für Abend Anlass zu mehr oder<br />

weniger hitzigen Debatten und Streitgesprächen<br />

boten. 1954 erhielten<br />

schließlich Norris und Ross McWhirter,<br />

denen damals eine Statistik-Agentur in<br />

London gehörte, den Auftrag, eine<br />

Sammlung von Rekorden zu veröffentlichen.<br />

Bereits ein Jahr später kam die<br />

erste, 198 Seiten umfassende Ausgabe<br />

des Buches Guinness World Records<br />

heraus. Die erste US-Ausgabe erschien<br />

1956 in New York. Es folgten<br />

Ausgaben in Französisch (1962) und<br />

Deutsch (1963). Inzwischen erscheint<br />

das Buch in 40 Ländern und 37 Sprachen<br />

mit einer bis jetzt weltweiten Auf-<br />

Zusammenarbeit und Hilfeleistungen<br />

mit Dritten geht. So besteht beispielsweise<br />

ein Hilfeleistungsabkommen<br />

mit der Standortgemeinde<br />

Wimmis. Wepf: „Wir führen auch gemeinsame<br />

Übungen mit andern Rettungsorganiationen<br />

durch bzw. arbeiten<br />

maßgeblich<br />

in Verbänden mit.<br />

Dabei geht es stets<br />

darum, aufzuzeigen, was Dritte von<br />

uns erwarten können. Wir wollen allerdings<br />

auch erfahren, wie uns andere<br />

Partner im Notfall unterstützen<br />

können. Die im Ernstfall so wichtige<br />

Zusammenarbeit muss also stets<br />

und ständig geschult werden.“<br />

Eine weitere wichtige Aufgabe der<br />

Betriebsfeuerwehr ist die regelmäßige<br />

Schulung der Mitarbeiter in der<br />

Bekämpfung von Entstehungsbränden,<br />

der Alarmierung und der Ersten<br />

Hilfeleistung. In kleinen Gruppen<br />

wird im nächsten Jahr der Einsatz<br />

von Handfeuerlöschern, Löschdecken<br />

und Haushydranten sowie Erste<br />

Hilfe-Maßnahmen in der Praxis geübt.<br />

Noch einmal Werkschutzleiter<br />

Wepf: „Die praktische Schulung wird<br />

von den Nitrochemie-Mitarbeitern<br />

sehr geschätzt, da die hier trainierten<br />

und erlernten Sofortmaßnahmen<br />

im Ernstfall auch im privaten Umfeld<br />

genutzt werden können.“ akn<br />

Wimmis-Wehrmänner beim Weltrekord dabei<br />

Per Wasserschlauch ins<br />

Guinness-Rekordbuch?<br />

Wimmis/Frutigen/Bern. Das 50-jährige<br />

Bestehen des Gemeindeverbandes<br />

im Kanton Bern (Schweiz) sollte<br />

mit einer ganz besonderen Aktion<br />

gefeiert werden. Der Verband Bernischer<br />

Gemeinden (VBG), der die Interessen<br />

der dortigen Kommunen gegenüber<br />

dem Kanton koordiniert und<br />

vertritt, entschloss sich zu einem außergewöhnlichenWeltrekordversuch:<br />

Ganz normales Wasser sollte<br />

über eine mehr als 58 Kilometer lange<br />

Feuerwehrschlauchleitung von<br />

Frutigen im Berner Oberland in die<br />

Schweizer Bundeshauptstadt transportiert<br />

werden.<br />

20 Feuerwehren aus 22 Gemeinden,<br />

darunter auch die Betriebsfeuerwehr<br />

der Nitrochemie Wimmis <strong>AG</strong>,<br />

nahmen am 19. September <strong>2003</strong> in<br />

aller Frühe die logistisch und technisch<br />

sehr anspruchsvolle Herausforderung<br />

an, um den bisherigen Streckenrekord<br />

von 50,1 Kilometern der<br />

Jugendfeuerwehr Karlsruhe zu überbieten.<br />

Heinz Wepf, Leiter des Werkschutzes<br />

der Nitrochemie Wimmis <strong>AG</strong><br />

und damit gleichzeitig Kommandant<br />

der firmeneigenen Betriebsfeuerwehr,<br />

traf mit seinem Team alle Vorbereitungen<br />

für den von ihnen betreuten<br />

Streckenabschnitt, darunter<br />

auch die Detailabstimmung mit den<br />

Nachbarwehren über die Anschlusspunkte<br />

der Schläuche, die Druckverhältnisse<br />

und die Standorte der Pumpen<br />

– wichtige Aspekte, damit am<br />

Tag des Weltrekordes alles problemlos<br />

vonstatten gehen konnte.<br />

Die Gebäudeversicherung Bern, das<br />

Aufsichtsorgan über die bernischen<br />

Feuerwehren, koordinierte das<br />

schwierige Unterfangen, bei dem<br />

mehr als 2800 Feuerwehrschläuche<br />

von 75 mm Durchmesser zusammengesetzt<br />

wurden. Wepf: „Über diese<br />

lange Distanz mussten natürlich auch<br />

lage von über 95 Millionen Exemplaren;<br />

es ist damit das meistverkaufte<br />

Buch der Welt. Und noch immer formuliert<br />

das Vorwort der ersten Ausgabe<br />

das eigentliche Anliegen des Buches -<br />

nämlich die Hitze des Streits über bestimmte<br />

Fakten durch das “Licht des<br />

Wissens” zu ersetzen.<br />

Übrigens: Die 20. Deutsche Ausgabe<br />

des Guinness-Rekordbuches ist seit<br />

Ende September dieses Jahres im Handel.<br />

Die rund 1000 neuen Rekorde der<br />

Ausgabe 2004 entstanden nach dem<br />

zahlreiche Überhöhungen, Brücken<br />

und Straßenüberquerungen überwunden<br />

werden. Damit das in Frutigen<br />

eingespeiste Wasser in Bern<br />

überhaupt ankam, wurden alle zwei<br />

bis drei Kilometer Motorspritzen eingesetzt,<br />

die das kühle Nass weiterpumpten<br />

und so auch den Reibungsverlust<br />

in den Schläuchen ausglichen.“<br />

Doch nach einigen nervenaufreibenden<br />

Stunden und großer Anteilnahme<br />

von Feuerwehrexperten und<br />

der Bevölkerung war es dann so weit:<br />

Um 20.45 Uhr, nach genau 58,05 Kilometern,<br />

sprudelte das Wasser auf<br />

dem Berner Münsterplatz aus dem<br />

Strahlrohr. Zu diesem Zeitpunkt befanden<br />

sich rund 250 000 Liter(!)<br />

Wasser in der Schlauchleitung. Erschöpft,<br />

jedoch überglücklich über<br />

die erbrachte Leistung, feierten alle<br />

Beteiligten den geglückten Weltrekordversuch<br />

– ein Erfolg, der möglicherweise<br />

auch im Guinness-Buch<br />

der Rekorde 2005 berücksichtigt werden<br />

könnte.<br />

Es ging jedoch um mehr als nur den<br />

Weltrekord. Feuerwehrkommandant<br />

Wepf: „Die gesamte Aktion stand unter<br />

dem Motto ‚Der VBG verbindet‘ und hat<br />

nicht nur die Verbundenheit zwischen<br />

den Gemeinden unterstrichen, sondern<br />

auch die gute Zusammenarbeit und<br />

die Kommunikation aller beteiligten<br />

Feuerwehren gezeigt.<br />

Der gelungeneWeltrekordversuch<br />

war zugleich<br />

auch eine<br />

Notfallübung und<br />

wird daher sorgfältig<br />

analysiert, um<br />

daraus Lehren für<br />

kommende Ernstfalleinsätze<br />

ziehen<br />

Ist stolz: Heinz Wepf zu können.“ akn<br />

verschärften Regularium,<br />

das im Oktober<br />

2002 in Kraft<br />

trat und das auch<br />

beim erfolgreichen<br />

Weltrekordversuch<br />

der 20 Berner Feuerwehrenzugrunde<br />

gelegt wurde.<br />

Etwa 60 000 Kandidaten melden sich<br />

jährlich bei Guinnes World Records in<br />

England, um einen Rekordversuch eintragen<br />

zu lassen akn<br />

Fotos (4): Guinness World Records Verlag GmbH/Hamburg


Seite 16 Menschen im Blickpunkt<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />

Rheinmetall-Pensionär Hans Müller filmt die Natur<br />

Wo heute noch der<br />

Heide-Birkhahn balzt<br />

Unterlüß. Wir befinden uns mitten<br />

auf dem über 50 Quadratkilometer<br />

großen Erprobungsgelände der Rheinmetall<br />

W&M GmbH in Unterlüß. Ein<br />

Rudel Hirsche steht ruhig auf einer<br />

Lichtung und äst entspannt Gras.<br />

Plötzlich durchbricht ein lauter Kanonenschuss<br />

die idyllische Szenerie.<br />

Doch wer glaubt, das Wild entschwindet<br />

vor Schreck in das sichere Dickicht<br />

des Waldes, hat sich geirrt: Unbeeindruckt<br />

vom Lärm grasen sie weiter.<br />

„Die auf dem Schießplatz lebenden<br />

Tiere, z.B. Hirsche, Rehe, Wildschweine<br />

und Hasen, sind mit den lauten Kanonengeräuschen<br />

aufgewachsen und<br />

haben daher keine Angst davor“, erläutert<br />

Hans Müller: „Bei einem Gewehrschuss<br />

würden sie allerdings<br />

nicht so still stehen bleiben.“<br />

Müller muss es wissen, denn der<br />

pensionierte Rheinmetall-Mitarbeiter<br />

beobachtet und filmt schon seit vielen<br />

Jahren die auf dem wehrtechnischen<br />

Erprobungsareal in der Südheide lebenden<br />

Tiere. „Da das Gebiet nur außerhalb<br />

der Schießzeiten und nur mit<br />

Sondergenehmigung betreten werden<br />

darf, wird der Lebensraum von vielen<br />

vom Aussterben bedrohten Tier- und<br />

Pflanzenarten – das sind zum Beispiel<br />

Birkhühner, Kraniche, Seeadler, Fischotter<br />

und seltene Moorpflanzen – geschützt“,<br />

so der ehemalige Betriebsleiter<br />

der Leopard-2-Turmmontage und<br />

Inbetriebnahme: „In dem Naturschutzgebiet<br />

Unterlüß herrschen noch<br />

die natürlichen Lebensbedingungen<br />

vor, in denen gefährdete Arten überleben<br />

oder wieder eine neue Heimat<br />

finden – ein Terrain, in dem sich aber<br />

auch weniger bedrohte Hirsche, Rehe,<br />

Wildschweine, Dachse und Hasen<br />

sehr wohl fühlen.“<br />

Mit ein wenig Glück kann der interessierte<br />

Naturfreund hier auch ein-<br />

drucksvolle Bilder von der seltenen<br />

Birkhahnbalz sehen. Mitten auf der<br />

Schießbahn vollzieht sich im April<br />

dasgeheimnisvoll anmutende Ritual:<br />

Mit sogenannten Flattersprüngen<br />

und Zischlauten macht sich der Hahn,<br />

erkennbar am blauschwarzem Gefieder<br />

und den markanten roten Rosen<br />

über den Augen, bemerkbar und<br />

steckt sein Revier ab. Dem Rivalen<br />

präsentiert er seine Stoß-Federn, und<br />

nach gewonnenem Zweikampf zieht<br />

der Sieger stolz seine Kreise um die<br />

Henne.<br />

Mit der nötigen Ruhe und Geduld<br />

konnte der erfahrene Naturbeobachter<br />

dieses seltene Schauspiel mit seiner<br />

Filmkamera einfangen. Dafür musste<br />

Müller mitunter noch bei Dunkelheit,<br />

vor der Morgendämmerung, in seinem<br />

Tarnzelt sitzen, um von den balzenden<br />

Birkhähnen nicht entdeckt zu werden.<br />

Doch das frühe Aufstehen hat sich gelohnt<br />

– die Szenen auf seinem gut 30minütigen<br />

Video mit dem Titel „Wo<br />

noch der Birkhahn balzt“ bestätigen<br />

dies.<br />

Angefangen hat die Filmleidenschaft<br />

des heute 65-Jährigen vor 13 Jahren,<br />

als der passionierte Angler in der Nähe<br />

eines Teiches auf dem Rheinmetall-<br />

Gelände, für dessen Betreuung er<br />

schon seit fast 40 Jahren zuständig ist,<br />

ab und zu den seltenen Eisvogel beobachten<br />

konnte. Diesem versuchte er<br />

einen artgerechten Lebensraum und<br />

Brutstätte zur Verfügung zu stellen, um<br />

ihn wieder heimisch zu machen. Er<br />

sorgte durch ständiges Aussetzen von<br />

Kleinfischarten für ein fischreiches Gewässer<br />

und veränderte die Uferböschung<br />

so, dass der farbenprächtige<br />

Vogel seine Bruthöhle in die nun steile<br />

Uferabbruchkante graben konnte. Die<br />

Anstrengung hat sich gelohnt, denn<br />

der Eisvogel suchte immer öfter den<br />

Teich auf und begann dort zu brüten.<br />

Diese erstaunliche Entwicklung hielt<br />

Müller mehr als zehn Jahre mit der Kamera<br />

fest.<br />

So entstand vor drei Jahren sein erster<br />

Film mit dem beziehungsreichen Titel<br />

„Im Reich des Eisvogels“ – gedreht zunächst<br />

nur für den Hausgebrauch.<br />

Doch das cineastische Dokument<br />

stieß bei Freunden, Bekannten, der<br />

Geschäftsführung des Wehrtechnikun-<br />

Geduld ist (s)eine Tugend: Wenn Hans Müller „auf Pirsch“ geht, dann fängt er mit der Filmkamera Südheide-Natur pur ein.<br />

Die Kamera ist stets dabei: Hans Müllers<br />

Filmleidenschaft begann vor nunmehr<br />

13 Jahren – seine Dokumentationen<br />

über Tiere und Pflanzen im<br />

Naturpark Südheide sind heute gefragt.<br />

ternehmens sowie dem Naturschutzbund<br />

Deutschland e.V. (NABU) auf reges<br />

Interesse. Alle waren begeistert.<br />

Der Film wird sogar an Gäste, die das<br />

Kompetenzzentrum für Heerestechnik<br />

in Unterlüß besuchen, verschenkt.<br />

Durch diesen Erfolg bestärkt, nahm<br />

Hans Müller vor drei Jahren ein neues<br />

Projekt in Angriff: Diesmal sollte ein<br />

Film entstehen, der die vielfältige Tierund<br />

Pflanzenwelt des gesamten Naturparks<br />

widerspiegelt. Mit Genehmigung<br />

der Rheinmetall-Geschäftsführung<br />

und fachlicher Unterstützung der<br />

beiden Förster Theo Grüntjens und Rüdiger<br />

Quast hat der Hobbyfilmer in den<br />

zurückliegenden 36 Monaten Hunderte<br />

von Stunden in den eindrucksvollen<br />

und unberührten Wäldern, Heiden<br />

und Mooren des Schießplatzes mit<br />

seiner Kamera zugebracht.<br />

Zu diesem Zweck richtete der Hobbyfilmer<br />

feste Beobachtungshütten ein,<br />

benutzte die Hochsitze der Förster<br />

oder nahm sein mobiles Filmzelt mit<br />

ins Gelände, um die scheuen Tiere ins<br />

rechte Bild zu rücken und äußerst seltene<br />

Aufnahmen zu machen. Nach<br />

den Aufnahmen in freier Natur begann<br />

dann die zeitaufwendige Auswertung<br />

des Filmmaterials. Viele Monate verbrachte<br />

Müller am eigenen Schnittcomputer,<br />

um aus der Vielzahl der<br />

Szenen einen abwechslungsreichen<br />

und interessanten Film zu gestalten.<br />

„Darin liegt nämlich die eigentliche<br />

Schwierigkeit. Der Film darf nicht zu<br />

lang sein, der gesprochene Text muss<br />

zu den gezeigten Bildern passen, und<br />

die Musik sollte die Stimmung des<br />

Films einfangen. Die richtige Mischung<br />

dieser drei Teile zu finden, das ist sehr<br />

schwierig“, erklärt der Rheinmetall-<br />

Pensionär, der selbstredend für Kamera,<br />

Ton, Text und Schnitt verantwortlich<br />

ist.<br />

Aus dem umfangreichen Videomaterial<br />

entstand schließlich ein beeindruckender<br />

und von allen Seiten vielgelobter<br />

Naturfilm mit faszinierenden<br />

Einblicken in die heimische Tier- und<br />

Pflanzenwelt. Besonders Rheinmetall-<br />

Forstexperte Grüntjens schätzt das Engagement:<br />

„Mit seinen Filmaufnahmen<br />

unterstützt uns Hans Müller tatkräftig<br />

bei der dokumentarischen Arbeit.<br />

In enger Absprache beobachtet<br />

er bestimmte Tiere und hält dabei die<br />

positiven Auswirkungen sowie den<br />

Entwicklungszustand des Naturschutzes<br />

fest.“<br />

Wer sich den Film auch einmal ansehen<br />

oder nähere Informationen über<br />

die Tier- und Pflanzenarten auf dem Erprobungsgelände<br />

in Unterlüß erhalten<br />

möchte, kann sich jederzeit an den<br />

passionierten Hobbyfilmer wenden.<br />

Der Kontakt: Hans Müller, Wilhelm-<br />

Kröger-Straße 11, 29345 Unterlüß; Tel.<br />

05827/7417). Anne-Kristin Noack<br />

Wasder 65-jährige Rheinmetall-Pensionär im Naturschutzgebiet Unterlüß aufnimmt – etwa diese Eisvögel im Trio –, das wird später in zeitaufwendiger Kleinarbeit am Schnittcomputer zum Film konfektioniert.<br />

Fotos(5): Katja Kletzke – die vier Tierbilder auf dieser „<strong>Profil</strong>“-Seite stammen aus den Videofilmen von Hans Müller


Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Dokumentation<br />

Seite 17<br />

Schiffsartillerie stellte ganz besondere Anforderungen an die Konstrukteure<br />

Auch Marine bestellte<br />

bei Heinrich Ehrhardt<br />

Düsseldorf. Rheinmetall Defence und Naval Systems – dieses Junktim verband<br />

man bis vor kurzer Zeit mit dem Geschäftsfeld STN Atlas Elektronik GmbH<br />

der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong>. Und in der Tat nahm deren Geschäftsbereich Naval<br />

Systems, der – wie berichtet – rückwirkend zum 1. Januar <strong>2003</strong> von der BAe Systems<br />

Deutschland GmbH übernommen wurde („Das <strong>Profil</strong>“ 4/<strong>2003</strong>), einen großen<br />

Teil der marinetechnischen Kompetenz der Rheinmetall-Defence-Gruppe<br />

ein. Auch die Ursprünge der früheren STN Atlas Elektronik GmbH – die Bremer<br />

Atlas-Werke waren 1902 durch den Norddeutschen Lloyd als Schiffsbauzulieferfirma<br />

gegründet worden – liegen im maritimen Bereich. Weniger bekannt dagegen<br />

ist, dass auch der Heerestechnik-Spezialist Rheinmetall selbst eine starke<br />

Tradition im Bereich der Marinebewaffnung aufweisen kann, die allerdings<br />

vor allem in der Zeit vor 1945 begründet ist. Schon die 1889 durch Heinrich Ehrhardt<br />

gegründete Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik <strong>AG</strong> hatte einen<br />

exzellenten Ruf in der Bewaffnung und Ausrüstung der Marine. Praktisch<br />

vom Beginn der Geschützfertigung an wurden auch Marinewaffen in Düsseldorf<br />

hergestellt, wie zahlreiche Quellen aus dem Rheinmetall-Archiv belegen.<br />

I<br />

In den Jahren vor dem Ersten<br />

Weltkrieg beeindruckte das kaiserliche<br />

Deutschland durch ein<br />

umfangreiches Flottenbauprogramm.<br />

Gemäß der Forderung<br />

Kaiser Wilhelms II., „der Dreizack<br />

muß in unserer Faust sein“<br />

(gemeint war das Symbol der britischen<br />

Seemacht), setzte das junge Deutsche<br />

Reich seit der Wende zum 20. Jahrhundert<br />

alles daran, seine Position als Seestreitmacht<br />

nachhaltig zu verbessern.<br />

Mit dem Stapellauf des britischen<br />

Kriegsschiffes „Dreadnought“ im Jahre<br />

1906, der ersten bedeutsamen marinetechnischen<br />

Innovation der Briten seit<br />

über 25 Jahren, setzte ein Wettrüsten<br />

zur See ein, das in wenigen Jahren britische<br />

und deutsche Schlachtschiffe in<br />

immer größerer Zahl, mit immer höherer<br />

Fahrgeschwindigkeit, mit immer<br />

stärkerer Panzerung und mit immer<br />

mehr Geschützen von immer größer<br />

werdendem Kaliber hervorbrachte.<br />

DesKaisers „liebstes Kind“ bedurfte<br />

natürlich einer angemessenen Bewaffnung,<br />

und so war dem Bestreben<br />

Deutschlands, eine starke Seemacht<br />

zu schaffen, „auch eine junge Waffenfabrik<br />

an den Ufern des Rheinstroms<br />

mit der Tat gefolgt.“ Damit kündigte<br />

mitten in der zweiten Marokko-Krise<br />

Rheinmetall-Aufsichtsrat Generalleutnant<br />

Ernst von Reichenau in einem Artikel<br />

(„Alle Mann an Deck!“) in der Berliner<br />

„Illustrierten Zeitung“ vom 26.<br />

Oktober 1911 an, künftig werde sich<br />

das Unternehmen mit seinen derzeit<br />

5000 Mitarbeitern auch der „Konstruktion<br />

und Herstellung von Marinegeschützen“<br />

einschließlich der dazugehörigen<br />

Munition widmen.<br />

Die gesamte Schiffsartillerie stellte<br />

an ihre Konstrukteure schon immer<br />

ganz besondere Anforderungen, weil<br />

hier von keinem festen Punkt, sondern<br />

von einem schlingernden, ständig<br />

bewegten Untergrund aus gefeuert<br />

und getroffen werden sollte. Rheinmetall<br />

entwickelte dafür frühzeitig besondere<br />

Einrichtungen, die das Richten<br />

der Geschütze und gezieltes Dauerfeuer<br />

auch bei starkem Seegang ermöglichten.<br />

Dazu gehörten Geschütze<br />

für die Abwehr von Torpedobooten,<br />

demontierbare<br />

Geschütze für<br />

Bord- und Landgebrauchzugleich<br />

(mithin<br />

ein früher Vorläufer<br />

des aktuellen<br />

„Monarc“-<br />

Projekts), Geschütze<br />

für den<br />

Landungsgebrauch<br />

und<br />

Mörser für die<br />

ambulante Küstenverteidigung<br />

sowie U-Boot-<br />

Geschütze der<br />

Kaliber 8,8 und<br />

10,5 cm.<br />

Welche Bedeutung die Marine als eigenständiger<br />

Kunde innerhalb der deutschen<br />

Militärverwaltung hatte, unterstreicht<br />

die Existenz eines eigenen Marine-Vertreters<br />

in Berlin. Wie aus den Unterlagen<br />

des damaligen Rheinmetall-<br />

Aufsichtsrats hervorgeht, hatte dieser<br />

zumindest bis Ende des Ersten Weltkriegs<br />

den Auftrag, die Marineprodukte<br />

des Unternehmens nicht nur den deutschen,<br />

sondern auch den ausländischen<br />

Marine-Behörden (über deren<br />

diplomatische Vertretungen) vorzustellen.<br />

Mangels einer geeigneten Persönlichkeit<br />

übernahm diese Aufgabe 1915<br />

der Heeresvertreter Rheinmetalls mit;<br />

aber die Rheinmetall-Vorstände Gustav<br />

3,7-cm-Flak von Rheinmetall-Borsig auf einer dreiachsigen<br />

Sockellafette für U-Boote und andere Einheiten der Kriegsmarine.<br />

Nach dem Aufbau der Bundeswehr 1955 und der deutschen Wiederbewaffnung<br />

im Rahmen der Nato lieferte der Heerestechnikspezialist Rheinmetall auch an<br />

die Bundesmarine: Eine der gefragtesten Geschütztypen neben den 105- und<br />

120-mm-Waffenanlagen für den Kampfpanzer Leopard war seit den sechziger<br />

Jahren die 20-mm-Kanone Rh 202; die Marineversion wird jetzt nach und nach<br />

durch das Marineleichtgeschütz MLG 27 der Mauser-Werke Oberndorf ersetzt.<br />

Müller und Hermann Beitter waren sich<br />

damals sicher, „nach dem Feldzug wird<br />

die Tätigkeit für einen Herrn zu umfangreich<br />

werden“. Die Geschichte verlief indes<br />

anders: Laut Versailler Vertrag war<br />

eine Produktion für eine eventuelle<br />

neue Kriegsmarine nicht mehr gestattet.<br />

Um dennoch konstruktiv an einer<br />

künftigen Wiederbewaffnung der deutschen<br />

Reichsmarine mitarbeiten zu<br />

können und sich deswegen den wachsamen<br />

Augen der alliierten Kontrollkommission<br />

zu entziehen – vor allem<br />

den französischen und belgischen<br />

Truppen, die 1923 das Ruhrgebiet, das<br />

Rheinland und Düsseldorf besetzt hatten<br />

–, verlegte Rheinmetall die entsprechenden<br />

Arbeiten 1924 bis 1925 nach<br />

Unterlüß. Nachdem schließlich die Erlaubnis<br />

für die Fertigung von Geschützen<br />

bis zu einem Kaliber von 17 cm für<br />

Heer und Marine erteilt worden war und<br />

im Rahmens des Versailler Vertrages ab<br />

Mitte der zwanziger Jahre erstmals auch<br />

wieder Kreuzer für die Reichsmarine gebaut<br />

wurden, erhielt das mittlerweile<br />

mehrheitlich in Staatsbesitz übergegangene<br />

Unternehmen im Februar 1925<br />

den Auftrag zur Panzerung und Bewaffnung<br />

dieser Schiffe mit 15-cm-Drillingstürmen<br />

und 8,8-cm-Flakgruppen.<br />

Als erster Kreuzer wurde die „Emden“<br />

mit 15-cm-Geschützen bestückt, allerdings<br />

noch mit einer Pivot-Lafettierung,<br />

da die Turmentwicklung noch nicht abgeschlossen<br />

war. Ein weiterer Erfolg war<br />

Rheinmetall beschieden, als 1925 die<br />

eigene Dependance in Sömmerda als<br />

einziger deutscher Hersteller von Zündern<br />

und Zündungen für Heeres- und<br />

Marinetechnik zugelassen wurde.<br />

Eines der berühmtesten Schiffe, das<br />

während der Weimarer Republik mit<br />

Rheinmetall-Geschützen ausgestattet<br />

wurde, war der leichte Kreuzer „Königsberg“.<br />

1927 in der Reichsmarinewerft<br />

Wilhelmshaven vom Stapel gelaufen,<br />

wurde er bis zu seiner Indienststellung<br />

am 17. April 1929 als Schulkreuzer mit<br />

neun 15-cm-Schiffskanonen, acht 3,7cm-Flaks<br />

und sechs 8,8-cm-Flaks bewaffnet.<br />

Verantwortlich für dieses<br />

Großprojekt, der ersten großen artilleristischen<br />

Arbeit des Werkes Düsseldorf<br />

nach dem 1. Weltkrieg, war Oberingenieur<br />

Hermann Westphälinger, der<br />

von Entwicklungschef Prof. Carl Waninger<br />

folgendes Dankschreiben erhielt:<br />

„Mit dem gut verlaufenen Anschiessen<br />

der Türme auf der ‚Königsberg‘ hat unsere<br />

Firma insofern einen bedeutenden<br />

Erfolg errungen, als sie den Beweis<br />

auch auf dem neuen Gebiet der Marinegeschütze<br />

erbracht hat.“<br />

Das Schicksal der „Königsberg“ ist<br />

bekannt: Nach mehreren Einsätzen<br />

u.a. im Spanischen Bürgerkrieg 1936 –<br />

in dieser Zeit tat der junge Marinerichter<br />

Otto Kranzbühler, der viele Jahre<br />

später Aufsichtsratsvorsitzender von<br />

Rheinmetall werden sollte, Dienst auf<br />

der „Königsberg“ – oder beim Polenfeldzug<br />

1939 sank der Kreuzer am 10.<br />

April 1940 während der Operation<br />

„Weserübung“ (der Besetzung Norwegens)<br />

nach der Beschießung durch<br />

norwegische Küstenbatterien und britische<br />

Sturzkampfbomber vor Bergen.<br />

N<br />

Nach dem Aufbau der Bundeswehr<br />

1955 und der<br />

deutschen Wiederbewaffnung<br />

im Rahmen der Nato<br />

wurde die neugegründete<br />

Rheinmetall GmbH vor allen Dingen<br />

für die Heerestechnik tätig. Marineaufträge<br />

gehörten nicht mehr zum<br />

Standardprogramm des Düsseldorfer<br />

Wehrtechnikunternehmens. Zum<br />

Teil konnte die (damalige) Bundesmarine<br />

jedoch von Aufträgen, die<br />

das Heer erteilt hatte, profitieren,<br />

beispielsweise beim Einsatz sogenannter<br />

Schlingerstände. Dabei<br />

handelte es sich um Simulationsanlagen,<br />

mit deren Hilfe sowohl das<br />

Schießen vom fahrenden Panzer als<br />

auch vom schlingernden Schiff<br />

nachgeahmt und geübt werden<br />

konnte.<br />

Ganz ohne Rheinmetall-Produkte<br />

kam aber auch die Marine nicht aus:<br />

Eine der gefragtesten Geschütztypen<br />

neben den 105-mm- und 120mm-Waffenanlagen<br />

für die Kampf-<br />

Mit dem Stapellauf des britischen Kriegsschiffes „Dreadnought“ 1906 setzte ein<br />

Wettrüsten zur See ein, das in wenigen Jahren britische und deutsche Schlachtschiffe<br />

in immer größerer Zahl, höherer Fahrgeschwindigkeit, stärkerer Panzerung<br />

und mit immer mehr Geschützen von immer größerem Kaliber hervorbrachte.<br />

Auch die anderen Kreuzer der „K-<br />

Klasse“ – neben der „Königsberg“ die<br />

Kreuzer „Köln“ und „Karlsruhe“ – sowie<br />

die späteren Kreuzer „Leipzig“<br />

und „Nürnberg“ waren im Mittelkaliberbereich<br />

vom 15-cm-Drillingsgeschütz<br />

abwärts mit allen nötigen Kanonen<br />

und den dazugehörigen Einrichtungen<br />

ausgestattet. Dazu gehörten<br />

auch die damals bekannten Feuerleiteinrichtungen<br />

der Firma Zeiss in Jena,<br />

die bei dieser Gelegenheit erstmals<br />

in der Praxis eingesetzt wurden.<br />

Der Großkaliberbereich blieb dagegen<br />

die Domäne des großen Essener<br />

Konkurrenten Krupp. Die größten deutschen<br />

Kriegsschiffe, die „Bismarck“<br />

und die „Tirpitz“, beide 1939 vom Stapel<br />

gelaufen, waren ebenfalls mit<br />

Krupp-Großkaliber- und Rheinmetall-<br />

Borsig-Mittelkalibergeschützen bewaffnet,<br />

mit deren Hilfe sich die „Bismarck“<br />

in ihrem berühmt gewordenen Abwehrkampf<br />

1944 – wenn auch schließlich<br />

vergeblich – verteidigte.<br />

Die Rheinmetall-Marinetechnik kam<br />

allerdings nicht nur der Deutschen<br />

Reichsmarine zugute, für deren leichte<br />

und mittlere Artillerie die Rheinmetall-<br />

Borsig <strong>AG</strong> vor und während des Zweiten<br />

Weltkrieges Alleinlieferant geworden<br />

war. Auch zahlreiche ausländische<br />

Kunden profitierten von dem<br />

mittlerweile gewachsenen Know-how,<br />

panzerfamilie Leopard war seit den<br />

sechziger Jahren die 20-mm-Kanone<br />

Rh 202. Diese fand nicht nur in der<br />

Heeresbewaffnung ihren Platz, sondern<br />

wurde auch als Schiffskanone<br />

produziert und eingesetzt.<br />

Das aktuelle Engagement auf dem<br />

Gebiet der Marinebewaffnung beruht<br />

vor allem auf der Tradition der<br />

Mauser-Werke in Oberndorf. Neben<br />

der Pistolen- und Gewehrherstel-<br />

lung produzierte Mauser bereits<br />

während der beiden Weltkriege<br />

auch Schiffsgeschütze im Mittelkaliberbereich<br />

– zum Teil im Auftrag von<br />

Rheinmetall-Borsig. Anfang der<br />

siebziger Jahre gelang den Mauser-<br />

Werken der Einstieg in das 27mm-<br />

Kaliber,und zwar konkret durch die<br />

Entwicklung einer automatischen<br />

Revolverkanone für das Tornado-<br />

Kampfflugzeug.<br />

das das Unternehmen in der Panzerung<br />

und im Mittelkaliberbereich sowie<br />

bei der Munition besaß. Bereits<br />

1932 schlossen Rheinmetall, Krupp<br />

und die schwedische Rüstungsfirma<br />

Bofors ein „Gentlemen’s Agreement“<br />

über eine Verständigung bei Auslandswaffengeschäften,<br />

und zwar sowohl<br />

für Heeres- als auch für Marinewaffen.<br />

Selbst während des Zweiten<br />

Weltkrieges existierte ein umfangreiches<br />

Auslandsgeschäft mit befreundeten<br />

oder neutralen Staaten, das in vielen<br />

Fällen über eine eigene Schweizer<br />

Firma in Solothurn abgewickelt wurde:<br />

Noch vor der deutschen Besetzung<br />

1940 bemühte sich die Gesellschaft<br />

um Aufträge aus den Niederlanden,<br />

die Panzerschiffe für ihre Kolonien und<br />

eine neuartige U-Boots-Bewaffnung<br />

benötigten. Wenn auch die Firma<br />

Krupp bei den Panzerschiffen Rheinmetall-Borsig<br />

den Auftrag wegnehmen<br />

konnte - bei der U-Boot-Bewaffnung<br />

kam letztere schließlich zum Zuge. Außerdem<br />

wurden 1941 Doppelflaks für<br />

Kreuzer der sowjetischen Kriegsmarine,<br />

Flakgeräte an die spanische und<br />

die argentinische Marine sowie Munition<br />

an die Kaiserlich Japanische Marine<br />

geliefert. Der Plan einer regelrechten<br />

Kooperation zwischen Rheinmetall-Borsig<br />

und der Spanischen Kriegsmarine<br />

scheiterte jedoch 1943.<br />

Dr. Christian Leitzbach<br />

Einige Jahre später folgten die automatischen<br />

Maschinenkanonen in den<br />

Kalibern 25 mm und 30 mm; die MK<br />

30-1 wird auch heute noch auf den<br />

Schnellbooten der italienischen Zollpolizei<br />

„Guardia di Finanza“ und bei<br />

der französischen Marine eingesetzt.<br />

Neueste Mauser-Entwicklung dieser<br />

Art ist das Marineleichtgeschütz MLG<br />

27 - basierend auf der international<br />

eingeführten 27-mm-Flugzeugbord-<br />

Präsenz in der Marinebewaffnung<br />

kanone – einschließlich der dazugehörigen<br />

27-mm-FAPDS-Munition, das<br />

bei der Deutschen Marine nach und<br />

nach die Rheinmetall-Kanone 20mm-Rh-202<br />

und die 40mm-Kanone<br />

Bofors 40L70 ersetzen wird. (Wie sich<br />

die Marinetechnik von Rheinmetall-<br />

Defence heute in den internationalen<br />

Märkten darstellt, darüber berichtet<br />

„Das <strong>Profil</strong>“ in einer der nächsten<br />

Ausgaben.) lb

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