Profil 5/2003 f.r Internet - KSPG AG
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Seite 16 Menschen im Blickpunkt<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
Rheinmetall-Pensionär Hans Müller filmt die Natur<br />
Wo heute noch der<br />
Heide-Birkhahn balzt<br />
Unterlüß. Wir befinden uns mitten<br />
auf dem über 50 Quadratkilometer<br />
großen Erprobungsgelände der Rheinmetall<br />
W&M GmbH in Unterlüß. Ein<br />
Rudel Hirsche steht ruhig auf einer<br />
Lichtung und äst entspannt Gras.<br />
Plötzlich durchbricht ein lauter Kanonenschuss<br />
die idyllische Szenerie.<br />
Doch wer glaubt, das Wild entschwindet<br />
vor Schreck in das sichere Dickicht<br />
des Waldes, hat sich geirrt: Unbeeindruckt<br />
vom Lärm grasen sie weiter.<br />
„Die auf dem Schießplatz lebenden<br />
Tiere, z.B. Hirsche, Rehe, Wildschweine<br />
und Hasen, sind mit den lauten Kanonengeräuschen<br />
aufgewachsen und<br />
haben daher keine Angst davor“, erläutert<br />
Hans Müller: „Bei einem Gewehrschuss<br />
würden sie allerdings<br />
nicht so still stehen bleiben.“<br />
Müller muss es wissen, denn der<br />
pensionierte Rheinmetall-Mitarbeiter<br />
beobachtet und filmt schon seit vielen<br />
Jahren die auf dem wehrtechnischen<br />
Erprobungsareal in der Südheide lebenden<br />
Tiere. „Da das Gebiet nur außerhalb<br />
der Schießzeiten und nur mit<br />
Sondergenehmigung betreten werden<br />
darf, wird der Lebensraum von vielen<br />
vom Aussterben bedrohten Tier- und<br />
Pflanzenarten – das sind zum Beispiel<br />
Birkhühner, Kraniche, Seeadler, Fischotter<br />
und seltene Moorpflanzen – geschützt“,<br />
so der ehemalige Betriebsleiter<br />
der Leopard-2-Turmmontage und<br />
Inbetriebnahme: „In dem Naturschutzgebiet<br />
Unterlüß herrschen noch<br />
die natürlichen Lebensbedingungen<br />
vor, in denen gefährdete Arten überleben<br />
oder wieder eine neue Heimat<br />
finden – ein Terrain, in dem sich aber<br />
auch weniger bedrohte Hirsche, Rehe,<br />
Wildschweine, Dachse und Hasen<br />
sehr wohl fühlen.“<br />
Mit ein wenig Glück kann der interessierte<br />
Naturfreund hier auch ein-<br />
drucksvolle Bilder von der seltenen<br />
Birkhahnbalz sehen. Mitten auf der<br />
Schießbahn vollzieht sich im April<br />
dasgeheimnisvoll anmutende Ritual:<br />
Mit sogenannten Flattersprüngen<br />
und Zischlauten macht sich der Hahn,<br />
erkennbar am blauschwarzem Gefieder<br />
und den markanten roten Rosen<br />
über den Augen, bemerkbar und<br />
steckt sein Revier ab. Dem Rivalen<br />
präsentiert er seine Stoß-Federn, und<br />
nach gewonnenem Zweikampf zieht<br />
der Sieger stolz seine Kreise um die<br />
Henne.<br />
Mit der nötigen Ruhe und Geduld<br />
konnte der erfahrene Naturbeobachter<br />
dieses seltene Schauspiel mit seiner<br />
Filmkamera einfangen. Dafür musste<br />
Müller mitunter noch bei Dunkelheit,<br />
vor der Morgendämmerung, in seinem<br />
Tarnzelt sitzen, um von den balzenden<br />
Birkhähnen nicht entdeckt zu werden.<br />
Doch das frühe Aufstehen hat sich gelohnt<br />
– die Szenen auf seinem gut 30minütigen<br />
Video mit dem Titel „Wo<br />
noch der Birkhahn balzt“ bestätigen<br />
dies.<br />
Angefangen hat die Filmleidenschaft<br />
des heute 65-Jährigen vor 13 Jahren,<br />
als der passionierte Angler in der Nähe<br />
eines Teiches auf dem Rheinmetall-<br />
Gelände, für dessen Betreuung er<br />
schon seit fast 40 Jahren zuständig ist,<br />
ab und zu den seltenen Eisvogel beobachten<br />
konnte. Diesem versuchte er<br />
einen artgerechten Lebensraum und<br />
Brutstätte zur Verfügung zu stellen, um<br />
ihn wieder heimisch zu machen. Er<br />
sorgte durch ständiges Aussetzen von<br />
Kleinfischarten für ein fischreiches Gewässer<br />
und veränderte die Uferböschung<br />
so, dass der farbenprächtige<br />
Vogel seine Bruthöhle in die nun steile<br />
Uferabbruchkante graben konnte. Die<br />
Anstrengung hat sich gelohnt, denn<br />
der Eisvogel suchte immer öfter den<br />
Teich auf und begann dort zu brüten.<br />
Diese erstaunliche Entwicklung hielt<br />
Müller mehr als zehn Jahre mit der Kamera<br />
fest.<br />
So entstand vor drei Jahren sein erster<br />
Film mit dem beziehungsreichen Titel<br />
„Im Reich des Eisvogels“ – gedreht zunächst<br />
nur für den Hausgebrauch.<br />
Doch das cineastische Dokument<br />
stieß bei Freunden, Bekannten, der<br />
Geschäftsführung des Wehrtechnikun-<br />
Geduld ist (s)eine Tugend: Wenn Hans Müller „auf Pirsch“ geht, dann fängt er mit der Filmkamera Südheide-Natur pur ein.<br />
Die Kamera ist stets dabei: Hans Müllers<br />
Filmleidenschaft begann vor nunmehr<br />
13 Jahren – seine Dokumentationen<br />
über Tiere und Pflanzen im<br />
Naturpark Südheide sind heute gefragt.<br />
ternehmens sowie dem Naturschutzbund<br />
Deutschland e.V. (NABU) auf reges<br />
Interesse. Alle waren begeistert.<br />
Der Film wird sogar an Gäste, die das<br />
Kompetenzzentrum für Heerestechnik<br />
in Unterlüß besuchen, verschenkt.<br />
Durch diesen Erfolg bestärkt, nahm<br />
Hans Müller vor drei Jahren ein neues<br />
Projekt in Angriff: Diesmal sollte ein<br />
Film entstehen, der die vielfältige Tierund<br />
Pflanzenwelt des gesamten Naturparks<br />
widerspiegelt. Mit Genehmigung<br />
der Rheinmetall-Geschäftsführung<br />
und fachlicher Unterstützung der<br />
beiden Förster Theo Grüntjens und Rüdiger<br />
Quast hat der Hobbyfilmer in den<br />
zurückliegenden 36 Monaten Hunderte<br />
von Stunden in den eindrucksvollen<br />
und unberührten Wäldern, Heiden<br />
und Mooren des Schießplatzes mit<br />
seiner Kamera zugebracht.<br />
Zu diesem Zweck richtete der Hobbyfilmer<br />
feste Beobachtungshütten ein,<br />
benutzte die Hochsitze der Förster<br />
oder nahm sein mobiles Filmzelt mit<br />
ins Gelände, um die scheuen Tiere ins<br />
rechte Bild zu rücken und äußerst seltene<br />
Aufnahmen zu machen. Nach<br />
den Aufnahmen in freier Natur begann<br />
dann die zeitaufwendige Auswertung<br />
des Filmmaterials. Viele Monate verbrachte<br />
Müller am eigenen Schnittcomputer,<br />
um aus der Vielzahl der<br />
Szenen einen abwechslungsreichen<br />
und interessanten Film zu gestalten.<br />
„Darin liegt nämlich die eigentliche<br />
Schwierigkeit. Der Film darf nicht zu<br />
lang sein, der gesprochene Text muss<br />
zu den gezeigten Bildern passen, und<br />
die Musik sollte die Stimmung des<br />
Films einfangen. Die richtige Mischung<br />
dieser drei Teile zu finden, das ist sehr<br />
schwierig“, erklärt der Rheinmetall-<br />
Pensionär, der selbstredend für Kamera,<br />
Ton, Text und Schnitt verantwortlich<br />
ist.<br />
Aus dem umfangreichen Videomaterial<br />
entstand schließlich ein beeindruckender<br />
und von allen Seiten vielgelobter<br />
Naturfilm mit faszinierenden<br />
Einblicken in die heimische Tier- und<br />
Pflanzenwelt. Besonders Rheinmetall-<br />
Forstexperte Grüntjens schätzt das Engagement:<br />
„Mit seinen Filmaufnahmen<br />
unterstützt uns Hans Müller tatkräftig<br />
bei der dokumentarischen Arbeit.<br />
In enger Absprache beobachtet<br />
er bestimmte Tiere und hält dabei die<br />
positiven Auswirkungen sowie den<br />
Entwicklungszustand des Naturschutzes<br />
fest.“<br />
Wer sich den Film auch einmal ansehen<br />
oder nähere Informationen über<br />
die Tier- und Pflanzenarten auf dem Erprobungsgelände<br />
in Unterlüß erhalten<br />
möchte, kann sich jederzeit an den<br />
passionierten Hobbyfilmer wenden.<br />
Der Kontakt: Hans Müller, Wilhelm-<br />
Kröger-Straße 11, 29345 Unterlüß; Tel.<br />
05827/7417). Anne-Kristin Noack<br />
Wasder 65-jährige Rheinmetall-Pensionär im Naturschutzgebiet Unterlüß aufnimmt – etwa diese Eisvögel im Trio –, das wird später in zeitaufwendiger Kleinarbeit am Schnittcomputer zum Film konfektioniert.<br />
Fotos(5): Katja Kletzke – die vier Tierbilder auf dieser „<strong>Profil</strong>“-Seite stammen aus den Videofilmen von Hans Müller