Profil 5/2003 f.r Internet - KSPG AG
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Fotos (4): BMW Group<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Seite 7<br />
Blick unter die Motorhaube des neuen BMW 6er Coupés mit 4,4-Liter-V8-Valvetronic-Antrieb: Unter der Abdeckung „schlummert“ das hochmoderne, vollvariable Schaltsaugrohr der Pierburg GmbH.<br />
Elektronik schafft Variabilität im Automobil – Pierburg-Produkte im Trend<br />
Stufenlos heißt heute die Devise<br />
Jürgen Goroncy<br />
S<br />
Sehen wir uns zunächst im und<br />
am Motor um. Da präsentierte<br />
beispielsweise BMW zuerst<br />
beim neuen 7er – und inzwischen<br />
auch beim 5er – das<br />
weltweit erste vollvariable Schaltsaugrohr.<br />
„Bei diesem System synchronisiert<br />
das Motormanagement stufenlos die<br />
Saugrohrlänge mit der aktuellen Motordrehzahl“,<br />
erläutert Dr. Hans-Joachim<br />
Esch, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der Pierburg GmbH in Neuss , dem<br />
Lieferanten der Sauganlage. Innerhalb<br />
des Saugmoduls existieren für die beiden<br />
Zylinderbänke der V8-Motoren zwei<br />
separate Läuferringe; diese enthalten<br />
jeweils vier getrennte Einlasskanäle, die<br />
sich auf eine Länge zwischen 231 und<br />
673 Millimeter einstellen lassen. Ein<br />
Elektromotor positioniert die Läuferringe<br />
– pro Einlasskanal einer – in weniger<br />
als einer Sekunde auf die gewünschte<br />
Saugrohrlänge. Denn im Saugrohr bewegt<br />
sich die Luft in Form einer Druckwelle<br />
voran, die abhängig von der Motordrehzahl<br />
immer zum günstigsten<br />
Zeitpunkt in den Brennraum eingeleitet<br />
werden soll, um die Zylinderfüllung zu<br />
maximieren.<br />
Früher war bei einstufigen Saugrohren<br />
die Auslegung immer ein Kompromiss<br />
zwischen maximalem Drehmoment<br />
und Leistung. Auch bei den zwischenzeitlich<br />
zwei- oder dreistufigen<br />
Varianten ist die jeweilige Klappenstellung<br />
stets nur für zwei oder drei Drehzahlfenster<br />
optimal ausgelegt. „Ein<br />
stufenloses System à la Pierburg hingegen<br />
sorgt bei allen Drehzahlen für<br />
optimale Leistungs- und Drehmomentwerte<br />
bei gleichem Kraftstoffverbrauch“,<br />
bilanziert Esch.<br />
In absehbarer Zeit könnte dem Keilriemen<br />
das Totenglöcklein schlagen,<br />
falls die von ihm angetriebenen Nebenaggregate<br />
zunehmend auf elektromotorischen<br />
Antrieb umgestellt wer-<br />
Flexibilität und Variabilität im Automobil heißt heute in<br />
der Regel, Elektronik einzusetzen. Der Austausch mechanischer<br />
durch stufenlos elektronisch geregelte Komponenten<br />
hat vielerlei Auswirkungen und findet in fast<br />
allen Fahrzeugsystemen statt. Im folgenden „<strong>Profil</strong>“-<br />
Beitrag beschreibt Jürgen Goroncy (53), freiberuflicher<br />
Journalist aus Besigheim am Neckar und profunder<br />
Kenner der Materie, einige zukunftsträchtige Neuerungen<br />
auf diesem Marktsektor – darunter auch hochmoderne<br />
Systemtechnik aus dem Hause der zu Rheinmetall-Automotive<br />
gehörenden Pierburg GmbH in Neuss.<br />
den. Etwa die Kühlmittelpumpe, die<br />
Pierburg weltweit als Erster bereits in<br />
einer elektrischen Variante zur Kühlung<br />
der Ladeluft des Turboladers im<br />
Mercedes C 30 CDI AMG einsetzt. Im<br />
kommenden Frühjahr läuft die Pumpe<br />
in ihrer eigentlichen Bestimmung bei<br />
einem weiteren Automobilhersteller in<br />
Großserie an. Angetrieben wird die<br />
Pumpe von einem Spaltrohr-Elektromotor<br />
ohne verschleißträchtige Gleit-<br />
Vollvariables Schaltsaugrohr: BMW 5er.<br />
ringdichtungen, der zudem keinen<br />
Bürstenwechsel benötigt, da er elektronisch<br />
kommutiert ist.<br />
Die Kühlleistung der neuen Pumpe<br />
steuern Daten wie Lufttemperatur, Motorlast,<br />
Fahrgeschwindigkeit und Kühlmitteltemperatur.<br />
Durch diese Unabhängigkeit<br />
vom Keilriemen und der Motordrehzahl<br />
stellt die Kühlmittelpumpe<br />
exakt die Kühlleistung bereit, die das<br />
Thermomanagement als Bedarf errech-<br />
Vollvariabel: die stufenlose Ölpumpe, deren Fördervolumen<br />
an den aktuellen Schmiermittelbedarf angepasst werden kann.<br />
net. Der verlustträchtige Dauerbetrieb<br />
ist somit passé. Beispielsweise wird die<br />
elektrische Kühlmittelpumpe beim Kaltstart<br />
nur mit geringer Leistung betrieben,<br />
damit der Verbrennungsmotor<br />
schneller die Betriebstemperatur erreicht.<br />
Als angenehme „Nebenerscheinung“<br />
liefert dadurch die Heizung auch<br />
schneller Wärme für die Passagiere.<br />
„Durch die bedarfsgerechte Regelung<br />
reicht beispielsweise für einen<br />
Pkw mit deutlich über 100 Kilowatt Motorleistung<br />
eine elektrische Kühlmittelpumpe<br />
mit 0,2 Kilowatt Aufnahmeleistung.<br />
Bei einer herkömmlichen riemengetriebenen<br />
Pumpe sind dafür<br />
mindestens 1,5 Kilowatt erforderlich“,<br />
rechnet Esch vor: „Als Folge davon<br />
lässt sich nach unseren Berechnungen<br />
mit der elektrischen Kühlmittelpumpe<br />
bis zu einem halben Liter Kraftstoff auf<br />
100 Kilometer sparen.“<br />
Alsweiteren Vorteil sieht er die flexiblen<br />
Einbaumöglichkeiten an. Ist die<br />
herkömmliche Pumpenposition noch<br />
untrennbar an die Lage des Riementriebs<br />
geknüpft, kann die elektrisch<br />
angetriebene Variante beliebig platziert<br />
werden. Etwa direkt am Kühler<br />
oder da, wo noch genügend Bauraum<br />
vorhanden ist.<br />
Als Drittes im Trio der stufenlosen Systeme<br />
präsentiert Pierburg zurzeit eine<br />
Ölpumpe, deren Fördervolumen flexibel<br />
an den aktuellen Schmiermittelbedarf<br />
angepasst werden kann. Denn zum einen<br />
wird der Öl- und Schmierungsbedarf<br />
in Zukunft ansteigen, da moderne<br />
Motoren immer häufiger mit schmierintensiven<br />
Aufgaben wie hydraulischen<br />
Ventilsteuerungen, Nockenwellenverstellungen<br />
sowie mit kühlintensiven<br />
Aluminium-Kurbelgehäusen aufwarten.<br />
Insbesondere im unteren Drehzahlbereich<br />
sorgt hier eine kontinuierlich geregelte<br />
Ölpumpe für einen bedarfsgerechten,<br />
erhöhten Ölvolumenstrom. Die<br />
bisherigen drehzahlgekoppelten Pumpen<br />
weisen hier Defizite auf.<br />
Zum anderen entwickeln die konventionellen<br />
Ölpumpen in höheren Drehzahlbereichen<br />
erhebliche Verlustleistungen,<br />
die bei einer geregelten Variante<br />
entfallen. „Darüber hinaus werden<br />
die vollvariablen Pumpen die Belastung<br />
und Alterung des Öls verringern<br />
und somit zu längeren Ölwechsel-Intervallen<br />
verhelfen“, ist Pierburg-<br />
Chef Esch überzeugt.<br />
Mit der neu entwickelten Kühlmittelpumpe des Automobilzulieferers Pierburg hat<br />
der Nylonstrumpf als Ersatz für gerissene Keilriemen ausgedient: Die Pumpe wird<br />
unabhängig vom Fahrzeugantrieb durch einen eigenen Elektromotor betrieben.<br />
Technisch handelt es sich bei der<br />
neuen Lösung um Flügelzellenpumpen,<br />
deren Förderleistung mit Hilfe eines<br />
druckgesteuerten Verstellringes<br />
geregelt wird. Letzterer verringert bei<br />
höher werdenden Motordrehzahlen<br />
die Exzentrizität relativ zum Rotor der<br />
Pumpe und damit das Fördervolumen.<br />
Denn ansonsten würden sich<br />
die Fördermenge und damit der Druck<br />
kontinuierlich erhöhen. Bei niedriger<br />
Motordrehzahl wird dagegen bei maximalen<br />
Exzentrizität der volle<br />
Volumenstrom gefördert.<br />
Diese kontinuierliche Regelung<br />
reduziert – bei optimaler<br />
Ölversorgung der Antriebsaggregate<br />
– die Leistungsaufnahme<br />
der Flügelzellenpumpe<br />
und trägt zur Kraftstoffeinsparung<br />
bei. Außerdem<br />
sind geregelte Pumpen<br />
leichter, da ihr Gehäuse aus<br />
Aluminium-Druckguss besteht<br />
und ansonsten nur wenig weitere<br />
Hauptkomponenten wie etwa Rotor,<br />
Rotorflügel und Schieber anfallen.<br />
„Wir wollen ab 2004 zwei Varianten<br />
der kontinuierlich geregelten Ölpumpe<br />
auf dem Markt anbieten“, gibt<br />
Esch einen Ausblick auf die nahe Zukunft.<br />
„Zum einen eine Grundversion,<br />
zum anderen eine Mikropumpe<br />
mit gleicher Leistung, aber deutlich<br />
kleineren Abmessungen.“<br />
Die Elektrifizierung ehemals mechanischer<br />
Systeme hält seit einiger Zeit<br />
auch bei Getrieben Einzug. So wird<br />
mit Hilfe einer kompakten mechatronischen<br />
Steuereinheit am Getriebegehäuse<br />
der Gangwechsel bei Wandlerautomatiken<br />
oder bei automatisierten<br />
Schaltgetrieben geregelt. Dadurch<br />
sind softwarebasierte, höchst<br />
flexible Schaltstrategien und somit<br />
Kraftstoffeinsparungen möglich.<br />
Ein weiteres Beispiel ist die Aktivlenkung<br />
im neuen 5er-BMW,<br />
die mit elektrischer Unterstützung<br />
die Lenkübersetzung<br />
stufenlos variieren<br />
kann. Ein Elektromotor<br />
bringt je nach Fahrtgeschwindigkeit<br />
per Doppelplanetengetriebe<br />
ein zusätzliches<br />
Lenkmoment –<br />
negativ oder positiv – in die<br />
Zahnstangenlenkung ein.<br />
Somit erzeugt der Fahrer bei<br />
gleichem Lenkradeinschlag eine<br />
mehr oder weniger ausgeprägte Richtungsänderung.<br />
Sogar der Scheibenwischerantrieb<br />
profitiert von der Elektronik. Dank neuer<br />
reversierender Elektromotoren lassen<br />
sich die Wischgeschwindigkeit<br />
und die Positionierung des Wischblatts<br />
flexibel verändern, um die Umlege-<br />
sowie die Windgeräusche zu vermindern.<br />
Jürgen Goroncy<br />
Hans-Joachim Esch<br />
Pierburg-Entwicklungsfachmann Albert Gerster mit der neuen Kühlmittelpumpe. Dieses System ist bereits in einer elektrischen Variante<br />
zur Kühlung der Ladeluft des Turboladers im Mercedes C 30 CDI AMG integriert; es senkt den Spritverbrauch und schont mithin die Umwelt.<br />
Composing: frei-stil<br />
Fotos: Danetzki + Weidner/DaimlerChrysler