Profil 5/2003 f.r Internet - KSPG AG
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Stufenlos geregelt<br />
Flexibilität und Variabilität im Automobil heißt<br />
heute in der Regel, Elektronik einzusetzen. Der<br />
Austausch mechanischer durch stufenlos elektronisch<br />
geregelte Komponenten hat vielerlei Auswirkungen<br />
und findet in fast allen Fahrzeugsystemen statt. Auf „<strong>Profil</strong>“-Seite<br />
7 beschreibt Jürgen Goroncy, freiberuflicher Fachjournalist<br />
aus Besigheim am Neckar und profunder Kenner der Materie, einige<br />
zukunftsträchtige Neuerungen auf diesem Sektor – darunter<br />
auch hochmoderne Systemtechnik aus dem Hause der zu<br />
Rheinmetall-Automotive gehörenden Pierburg GmbH in Neuss.<br />
Rheinmetall setzt organisches Wachstum fort<br />
Operatives Ergebnis<br />
nachhaltig verbessert<br />
dp Düsseldorf. Rheinmetall hat mit der vor wenigen Wochen angekündigten Konzentration<br />
auf die beiden umsatz- und ertragsstarken Unternehmensbereiche Automotive<br />
und Defence („Das <strong>Profil</strong>“ 4/<strong>2003</strong>) die Weichen zur Fortsetzung der Wertsteigerung<br />
und Internationalisierung des Konzerns gestellt. Automotive und Defence<br />
sind, das belegt der Mitte November <strong>2003</strong> vorgelegte Zwischenbericht für die ersten<br />
neun Monate des Jahres einmal mehr, in den vergangenen Jahren zu profitablen,<br />
schlagkräftigen Einheiten mit führenden Marktpositionen ausgebaut worden.<br />
Der Rheinmetall-Konzern hat in den<br />
ersten neun Monaten des Geschäftsjahres<br />
<strong>2003</strong> ein Ergebnis vor Steuern<br />
(EBT) von 24 Millionen € erwirtschaftet<br />
und lag damit um 18 Millionen € über<br />
dem entsprechenden Wert des Jahres<br />
2002. Das Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern<br />
(EBIT) hat mit 79 Millionen<br />
€ den Wert des Vorjahreszeitraumes<br />
erreicht. Damit ist es Rheinmetall gelungen,<br />
die Verluste in Höhe von 38<br />
Millionen € bei der im August <strong>2003</strong> abschließend<br />
veräußerten Finanzbeteiligung<br />
Jagenberg vollständig zu verkraften.<br />
Die mit positiven Ertragseffekten<br />
verbundenen Veräußerungen von Preh<br />
und STN Atlas Marine Electronics im<br />
Oktober dieses Jahres werden erst im<br />
vierten Quartal <strong>2003</strong> verbucht. Operativ<br />
hat sich das Ergebnis des Rheinmetall-Konzerns<br />
gegenüber dem Vorjahr<br />
deutlich verbessert.<br />
Erfolgreich gearbeitet haben, was<br />
die Verbesserung ihrer unternehmerischen<br />
Performance in Summe anbelangt,<br />
die beiden Konzernsäulen Automotive<br />
und Defence – das zeigt allein<br />
der Blick auf die Ertragsituation:<br />
★ Im Unternehmensbereich Automotive<br />
konnte das EBIT zwischen Januar<br />
und September <strong>2003</strong> auf rund 63 Millionen<br />
€ gesteigert werden; dank des<br />
verbesserten Zinsergebnisses kletterte<br />
das Ergebnis vor Steuern im Vergleichszeitraum<br />
von rund 27,3 Millionen<br />
€ auf über 45 Millionen €. Zum<br />
Ergebniszuwachs haben alle fünf Ge-<br />
Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns 5/<strong>2003</strong><br />
Das <strong>Profil</strong><br />
schäftsbereiche der Kolbenschmidt<br />
Pierburg <strong>AG</strong> beigetragen.<br />
★ Gut behauptet hat sich auch der<br />
Unternehmensbereich Defence, der<br />
seine Marktposition ausbauen konnte.<br />
Die erhöhte Ertragskraft führte beispielsweise<br />
beim EBIT im Vergleich<br />
zum Vorjahreszeitraum zu einer Verbesserung<br />
um 35 Millionen € auf nunmehr<br />
21 Millionen €; bei einem unveränderten<br />
Zinsergebnis wird ein Ergebnis<br />
vor Steuern (EBT) von fünf Millionen<br />
€ ausgewiesen (Vorjahreszeitraum: -<br />
30 Mio. €). Die nachhaltige Verbesserung<br />
im Ergebnis resultiert aus der höheren<br />
Ertragsqualität bei wichtigen<br />
Aufträgen, einer besseren Kostenstruktur<br />
sowie der erfolgreichen Umsetzung<br />
der Restrukturierungsmaßnahmen.<br />
In den ersten drei Quartalen <strong>2003</strong> erzielte<br />
der Rheinmetall-Konzern einen<br />
Umsatz von 3,102 Milliarden € (1. bis<br />
3. Quartal 2002: 3,232 Mrd €). Der<br />
Auftragsbestand erreichte Ende September<br />
3,75 Milliarden € gegenüber<br />
4,352 Milliarden € im Vorjahr. Die um<br />
Änderungen des Konsolidierungskreises<br />
und Wechselkurseffekte bereinigte<br />
Umsatzentwicklung (+3,5%) zeigt<br />
ebenso wie der bereinigte Auftragsbestand<br />
(+5,3%) eine Fortsetzung des organischen<br />
Wachstumstrends bei<br />
Rheinmetall – auch in einer Phase anhaltend<br />
schwacher Branchenkonjunkturen.<br />
Die Zahl der Mitarbeiter des<br />
Rheinmetall-Konzerns lag zum 30.<br />
September <strong>2003</strong> bei 24085 (27 712).<br />
Großauftrag für Rheinmetall-Defence: Bei der RLS in Kassel werden in den nächsten<br />
Jahren insgesamt 123 Fuchs-Transportpanzer der Bundeswehr modernisiert (s.S. 2).<br />
Der Diesel boomt<br />
Der Diesel boomt. Sparsamkeit, Fahrfreude und<br />
Fahrkultur sind beim Selbstzünder heute selbstverständlich.<br />
Und darum gewinnt dieser Antrieb<br />
in Riesenschritten Marktanteile - die Zahlen lassen aufhorchen:<br />
Laut dem Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA)<br />
konnte der Diesel bei Pkw-Neuwagen in der ersten Jahreshälfte<br />
<strong>2003</strong> satte 38,7 Prozent Marktanteil erobern; in Westeuropa<br />
waren es sogar 42,1 Prozent. Die zum Rheinmetall-Konzern<br />
gehörende Kolbenschmidt-Pierburg-Firmengruppe profitiert<br />
von dieser erfreulichen Entwicklung nachhaltig (Seiten 9 - 11).<br />
Stadt für das Auto<br />
Weit über sieben Millionen Gäste haben die Autostadt<br />
des Volkswagen-Konzerns seit deren<br />
Eröffnung am 1. Juni 2000 besucht. Allein vor<br />
diesem rein statistischen Hintergrund hat sich die rund 430 Millionen<br />
€ teure Großinvestition schon heute „gerechnet“: Denn<br />
mit der Autostadt hat die Volkswagen-Gruppe – immerhin Europas<br />
größter Autobauer – eine international einmalige Einrichtung<br />
geschaffen, die Besuchern und VW-Kunden unter anderem<br />
die Kompetenz, die Werte, die Markenvielfalt und die Produktqualität<br />
der Konzernprodukte hautnah vermittelt (Seiten 12 + 13).<br />
HÖHENFLUG im Zuge der Konzentration auf Kerngeschäfte: Regelrecht zum „Shooting star“ hat sich die Vorzugsaktie der<br />
im M-Dax notierten Rheinmetall <strong>AG</strong> in den zurückliegenden drei Jahren entwickelt. In diesem Zeitraum legten die Vorzüge um<br />
deutlich mehr als 250 Prozent zu, während der Index insgesamt ein Minus verzeichnen musste. Erst vor wenigen Wochen<br />
hatte das Düsseldorfer Unternehmen, das sich künftig auf die beiden Säulen Automotive und Defence konzentrieren wird,<br />
für den Zeitraum Januar bis September <strong>2003</strong> eine weitere Steigerung der Ertragskraft vermelden können (mehr auf Seite 3).<br />
Performance wurde<br />
weiter optimiert<br />
dp Düsseldorf. Die Kolbenschmidt<br />
Pierburg <strong>AG</strong> (Düsseldorf) ist in <strong>2003</strong><br />
trotz ausbleibender Belebung der internationalen<br />
Automobilkonjunktur<br />
weiterhin auf Erfolgskurs. Der Umsatz<br />
der ersten neun Monate des laufenden<br />
Geschäftsjahres lag mit 1,4212 Milliarden<br />
€ zwar nur leicht über dem Vorjahreswert<br />
(1.418,2 Mio. €), bereinigt um<br />
umrechnungsbedingte Wechselkursund<br />
Struktureffekte ergibt sich jedoch<br />
ein Wachstum von 5,2 Prozent.<br />
EquiVest erwirbt<br />
SAM Electronics<br />
cd Bremen/München. Der Finanzinvestor<br />
EquiVest, vertreten durch die<br />
CBR Management GmbH (München),<br />
hat den Geschäftsbetrieb der STN<br />
Atlas Marine Electronics GmbH (SAM<br />
– Hamburg) mit Wirkung zum 1. November<br />
<strong>2003</strong> von der zum Rheinmetall-Konzern<br />
gehörenden EMG Euro-<br />
Marine Electronics GmbH (Hamburg)<br />
übernommen. Über die Höhe des<br />
Kaufpreises wurde zwischen den Vertragsparteien<br />
Stillschweigen vereinbart.<br />
Die Übernahme durch EquiVest erfolgtim<br />
Rahmen eines Management-<br />
Das Ergebnis vor Steuern (EBT) der<br />
Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe<br />
stieg in den ersten neun Monaten<br />
des Jahres <strong>2003</strong> auf 45,1 Millionen €<br />
(1.-3. Quartal 2002: 27,3 Mio. €). Das<br />
Ergebnis vor Zinsen und Ertragsteuern<br />
(EBIT) konnte auf über 63 Millionen<br />
€ verbessert werden. Dieser<br />
operative Ergebnisanstieg, in dem<br />
sich Sondererträge und Einmalaufwendungen<br />
für Risikovorsorge annähernd<br />
saldieren, wurde durch Ergebnisverbesserungen<br />
aller Geschäftsbereiche<br />
erwirtschaftet. Die Umsatzrendite<br />
bezogen auf das Ergebnis vor<br />
Zinsen und Ertragsteuern (EBIT) er-<br />
Buy-out, der von der bisherigen Geschäftsführung<br />
der STN Atlas Marine<br />
Electronics umgesetzt wird. Das<br />
neue Unternehmen wird unter dem<br />
Namen SAM Electronics GmbH firmieren.<br />
Als ein führender Systemanbieter<br />
auf dem Gebiet elektrischer<br />
und elektronischer Ausrüstungen für<br />
Schiffe und Offshore-Einrichtungen<br />
hatdas Hamburger Unternehmen im<br />
Jahr 2002 mit rund 1000 Mitarbeitern<br />
einen Umsatz von 244 Millionen €<br />
erzielt.<br />
Nach erfolgreicher Restrukturierung<br />
der SAM und der jetzt erfolgten<br />
Veräußerung hat Rheinmetall einen<br />
weiteren wesentlichen Schritt in seinem<br />
angekündigten Desinvestitionsprogramm<br />
umgesetzt.<br />
höhte sich auf 4,5 Prozent (1.-3. Quartal<br />
2002: 3,9 %). Die Zahl der Mitarbeiter<br />
zum 30. September <strong>2003</strong> verminderte<br />
sich um 173 Personen auf<br />
11 488 Beschäftigte.<br />
Angesichts der Ergebnisentwicklung<br />
im bisherigen Jahresverlauf und<br />
unter Voraussetzung einer stabilen<br />
Geschäftsentwicklung im vierten<br />
Quartal geht die Kolbenschmidt Pierburg<br />
<strong>AG</strong>, die aktuell zu 95,4 Prozent<br />
im Anteilsbesitz der Rheinmetall <strong>AG</strong><br />
ist (Stichtag: 6. November <strong>2003</strong>), für<br />
das Gesamtjahr <strong>2003</strong> von einem Ergebnis<br />
zumindest auf Vorjahresniveau<br />
aus.<br />
Grünes Licht vom<br />
Bundeskartellamt<br />
cd Bad Neustadt/Bonn. Die am 2.<br />
Oktober <strong>2003</strong> angekündigte Übernahme<br />
der Preh-Werke GmbH & Co.<br />
KG durch die Deutsche Beteiligungs<br />
<strong>AG</strong> hat nach Zustimmung des Bundeskartellamtes<br />
Rechtswirksamkeit<br />
erlangt. Damit ist Preh mit dem vertraglichen<br />
Closing zum 31. Oktober<br />
<strong>2003</strong> mehrheitlich auf den in Frankfurt<br />
am Main anässigen Finanzinvestor<br />
übergegangen. Die Übernahme<br />
erfolgt im Rahmen eines<br />
Management-Buy-out, der von der<br />
bisherigen Geschäftsführung der<br />
Preh-Werke umgesetzt wird.<br />
Composing: frei-stil
Foto: Ulli Ullmann<br />
Seite 2 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
MEHR ALS NUR KONTUR: Konkret Gestalt nehmen zwei Prototypen des Transportpanzers Boxer an, die derzeit in<br />
den Hallen der Kieler Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) gebaut werden. Der Roll-Out, also die Übergabe an die Bundeswehr,<br />
ist für Anfang nächsten Jahres vorgesehen. Der Boxer – auch bekannt unter dem früheren Namen GTK (Gepanzertes<br />
Transport-Kraftfahrzeug) – ist ein modernes, hochmobiles 8x8-Radfahrzeug, das den Insassen bei entsprechender<br />
Transportkapazität in bislang unerreichtem Maße Schutz vor Minen oder Beschuss bietet; sein modularer Aufbau<br />
ermöglicht eine Vielzahl missionsspezifischer Fahrzeugvarianten. Mit dem Projekt wurde das bisher größte Gemeinschaftsprogramm<br />
für gepanzerte Fahrzeuge im Rahmen der Nato geschaffen. Der Boxer ist ein deutsch-britisch-niederländisches<br />
Gemeinschaftsprojekt, zu dessen Realisierung sich vier führende europäische Hersteller von gepanzerten<br />
Fahrzeugen – darunter auch die RLS – in der in München ansässigen Artec GmbH zusammengeschlossen haben. oho<br />
RLS-Kassel: Leistungssteigerung für Transportpanzer<br />
Modernisierte Füchse<br />
erhöhen die Sicherheit<br />
oho Kassel. Die Rheinmetall Landsysteme<br />
GmbH (Kassel) ist kürzlich<br />
beauftragt worden, 123 Transportpanzer<br />
der Bundeswehr vom Typ Fuchs zu<br />
modernisieren, damit sie den veränderten<br />
Anforderungen der Streitkräfte<br />
vor allem im Hinblick auf Auslandseinsätze<br />
gerecht werden. Damit erhält<br />
das Fahrzeug, das von der Kasseler<br />
Henschel Wehrtechnik entwickelt und<br />
seit 1979 in erheblicher Stückzahl in<br />
Serie gebaut wurde, jetzt eine umfassende<br />
Leistungssteigerung.<br />
Mit einem Volumen von rund 45 Millionen<br />
€ trägt der Auftrag für das Kasseler<br />
RLS-Werk zur weiteren Stärkung<br />
dieses größten Produktionsstandorts<br />
der Rheinmetall Landsysteme GmbH<br />
bei. Davon profitieren insbesondere<br />
die Bereiche Technik und Fertigung, in<br />
denen das Unternehmen eine Vielzahl<br />
hochqualifizierter Arbeitsplätze bietet.<br />
Die modernisierten Fuchs-Fahrzeuge<br />
werden in der Zeit von 2004 bis 2006<br />
an die Bundeswehr ausgeliefert.<br />
Durch den Einbau von verstärkten Achsen,<br />
Modifikationen bei Bremsen und<br />
Fahrwerk sowie durch eine erhebliche<br />
Verbesserung des Minenschutzes bewirkt<br />
die Nachrüstung einen deutli-<br />
chen Zuwachs an Sicherheit für die<br />
Soldaten im Einsatz. Die gleichzeitige<br />
Erhöhung der Nutzlast in Verbindung<br />
mit zusätzlichen Staukästen steigert<br />
den Einsatzwert des Fahrzeugs weiter.<br />
Ergänzende Maßnahmen – sie reichen<br />
von der Integration einer Raumkühlanlage<br />
bis zum Einbau einer elektrisch/hydraulischen<br />
Türbetätigung –<br />
bringen den Soldaten eine spürbare<br />
Verbesserung ihrer Einsatzbedingungen.<br />
Bei der Bundeswehr ist das gepanzerte<br />
Radfahrzeug Fuchs in 26 Varianten<br />
im Dienst, darunter auch als ABC-<br />
Spürfuchs. Auf dieses renommierte<br />
Hightech-System zur Erkennung von<br />
ABC-Schadstoffen verlassen sich auch<br />
die US-Army und die britischen Streitkräfte.<br />
Das niederländische Heer nutzt<br />
den Fuchs als „Eloka“-Fahrzeug zur<br />
elektronischen Kampfführung; Saudi-<br />
Arabien hat vier verschiedene Varianten<br />
im Gebrauch. Streitkräfte im Inund<br />
Ausland schätzen den Fuchs somit<br />
als zuverlässiges und komfortablesFahrzeug.<br />
Spätestens seit dem Einsatz<br />
der Bundeswehr in Somalia gilt<br />
der Fuchs als eines der vielseitigsten<br />
UN-Fahrzeuge überhaupt.<br />
Mehr Sicherheit für die Soldaten: Insgesamt 123 Transportpanzer der Bundeswehr<br />
vom Typ Fuchs werden in den kommenden Jahren bei der RLS in Kassel<br />
modernisiert, damit sie den veränderten Anforderungen der Streitkräfte vor allem<br />
im Hinblick auf Auslandseinsätze gerecht werden. Der Auftrag selbst – er<br />
hat ein Volumen von rund 45 Millionen € – trägt zudem zur weiteren Stärkung<br />
des größten Produktionsstandorts der Rheinmetall Landsysteme GmbH bei.<br />
H<br />
Hirschmann-Produkte kommen<br />
seit kurzem aber auch<br />
im Schulzentrum Neckartenzlingen<br />
zum Einsatz:<br />
Zur vollständigen Vernetzung<br />
der Realschule und des Gymnasiums<br />
hat Hirschmann fünf Hochleistungsswitche<br />
(Datenverteiler) gespendet,<br />
die alle Klassenzimmer mit eigenen<br />
<strong>Internet</strong>zugängen versorgen. Zusätzlich<br />
leistete Hirschmann Unterstützung<br />
bei der Planung und praktischen<br />
Realisierung des Projektes.<br />
Insgesamt entspricht die Spende einem<br />
Wert von rund 15 000 €.<br />
Helmut Kopecki, Oberstudiendirektor<br />
und Schulleiter des Gymnasiums,<br />
hob anlässlich der Inbetriebnahme<br />
des Netzwerksystems die Bedeutung<br />
einer mediengerechten Ausbildung<br />
hervor und sprach Hirschmann seinen<br />
Dank für die geleistete Unterstützung<br />
aus: „Wir legen an unserer Schule<br />
großen Wert darauf, dass die Schülerinnen<br />
und Schüler mit den vielfältigen<br />
Informationen aus dem <strong>Internet</strong><br />
versiert und verantwortungsbewusst<br />
umgehen. Die neuen Medien stellen<br />
Schulen und Schulträger aber auch<br />
vor besondere Aufgaben, was Finan-<br />
Netzwerktechnik<br />
für Schulzentrum<br />
zierung und Ausstattung anbelangt.<br />
Daher wissen wir es zu schätzen, dass<br />
Hirschmann als in Neckartenzlingen<br />
ansässiges Unternehmen einen wertvollen<br />
Beitrag dazu geleistet hat.“<br />
Die Vernetzung des Schulzentrums<br />
Neckartenzlingen erfolgte auf Basis<br />
der sogenannten Ethernet-Technologie,<br />
dem am häufigsten eingesetzten<br />
Netzwerkstandard in der Bürowelt.<br />
Hirschmann hat sich mit seiner Sparte<br />
Automation and Network Solutions<br />
zwar auf den Bereich der industriellen<br />
Datenkommunikation mit<br />
Ethernet spezialisiert, das Unternehmen<br />
deckt mit seiner Produktpalette<br />
aber auch Netzwerklösungen außerhalb<br />
von Fertigung und Fabrikhallen<br />
ab. Knut Erpenbach, Leiter des Competence<br />
Center für Netzwerktechnik:<br />
„Üblicherweise kommen unsere Systeme<br />
und Komponenten in Großprojekten<br />
zum Einsatz, die von der Vernetzung<br />
von Industrierobotern in der<br />
Automobilindustrie bis hin zu Netzwerklösungen<br />
für Flughäfen oder<br />
Windkraftanlagen reichen. Wir freuen<br />
uns aber besonders, dass wir nun mit<br />
unseren Produkten an unserem<br />
Standort einen sinnvollen Beitrag zur<br />
zeitgemäßen Ausbildung von jungen<br />
Menschen leisten konnten.“ cd<br />
RLS liefert neuen Duro 3 an die Bundeswehr<br />
Mehrzweckfahrzeuge<br />
für Auslandseinsätze<br />
dp Kassel/Kreuzlingen. Im Rahmen<br />
des einsatzbedingten Sofortbedarfs<br />
für Auslandseinsätze der Bundeswehr<br />
liefert die Rheinmetall Landsysteme<br />
GmbH hochmoderne Mehrzweckfahrzeuge<br />
vom Typ Duro 3 an die Truppe.<br />
Neben den bereits im Dezember 2002<br />
beauftragten zwölf Fahrzeugen in der<br />
Variante Beweglicher Arzttrupp (BAT)<br />
sind derzeit vier Fahrzeuge der Version<br />
Feldjäger in Produktion, nachdem ein<br />
entsprechender Auftrag im Juli dieses<br />
Jahres erteilt wurde.<br />
Der in exklusiver Zusammenarbeit<br />
mit dem Schweizer Unternehmen<br />
Mowag <strong>AG</strong> (Kreuzlingen) hergestellte<br />
Duro 3 ist ein hochmodernes gepanzertes<br />
6x6-Mehrzweck-Radfahrzeug.<br />
Als geschützte Version ergänzt er die<br />
Fahrzeugfamilie der ungepanzerten<br />
Duro-Systeme, von denen sich mehr<br />
als 3500 Fahrzeuge vorwiegend bei<br />
der Schweizer Armee erfolgreich im<br />
Einsatz befinden.<br />
In der Bundeswehr soll der Duro 3<br />
die bisherigen ungepanzerten Trägerfahrzeuge<br />
ablösen und damit einen<br />
wesentlichen Beitrag zum besseren<br />
Schutz der Soldaten im Einsatz leisten.<br />
Der Gesamtbedarf der Bundeswehr<br />
an geschützten Transportfahr-<br />
Das<strong>Profil</strong><br />
Herausgeber: Rheinmetall <strong>AG</strong><br />
Verantwortlich: Peter Rücker<br />
Chefredaktion: Rolf D. Schneider<br />
Anschrift: Redaktion „Das <strong>Profil</strong>“,<br />
Postfach 1042 61, 40033 Düsseldorf<br />
das.profil@rheinmetall-ag.com<br />
zeugen für die Einsatztruppen Sanitätswesen,<br />
Feldjäger, Beobachtung<br />
und Aufklärung, Führung, EOD (Explosive<br />
Ordnance Disposal – Sprengmittelbeseitigung)<br />
sowie Fernmeldewesen<br />
beläuft sich in den kommenden<br />
Jahren auf über 900 Fahrzeuge.<br />
Vor diesem Hintergrund handelt es<br />
sich bei dem gegenwärtig im Zulauf an<br />
die Truppe befindlichen Duro 3, der<br />
am RLS-Firmenstandort Kassel gefertigt<br />
und endmontiert wird, um einen<br />
zukunftsweisenden Auftrag für Rheinmetall<br />
Landsysteme. Das Unternehmen<br />
baut damit seine weltweit anerkannte<br />
Position als kompetenter Entwickler<br />
und Hersteller hochwertiger<br />
und bedarfsgerechter gepanzerter<br />
Radfahrzeuge weiter aus.<br />
Der von der RLS offlerierte Duro 3 verfügt<br />
über ein in seiner Klasse bislang unerreichtes<br />
Niveau in Bezug auf Insassenschutz.<br />
Das Fahrzeug bietet seinen<br />
biszu 14 Besatzungsmitgliedern Schutz<br />
gegen ballistische Bedrohung und verfügt<br />
darüber hinaus über einen integrierten<br />
Minenschutz sowie zwei integrierte<br />
ABC-Schutzanlagen – getrennt für<br />
Fahrerhaus und Mehrzweckaufbau. Ein<br />
weiteres hervorstechendes Systemmerkmal<br />
ist seine Modularität.<br />
Verbesserter Schutz: Im Rahmen des einsatzbedingten Sofortbedarfs für Auslandseinsätze<br />
der Bundeswehr liefert die Rheinmetall Landsysteme GmbH<br />
hochmoderne Fahrzeuge vom Typ Duro 3 an die Truppe. Der in exklusiver Zusammenarbeit<br />
mit dem Schweizer Unternehmen Mowag <strong>AG</strong> (Kreuzlingen) hergestellte<br />
Duro 3 ist ein hochmodernes gepanzertes 6x6-Mehrzweck-Radfahrzeug.<br />
Equip‘ Auto: Auch<br />
2005 wieder dabei<br />
he Paris. „Wir sind 2005 auf jeden<br />
Fall wieder dabei“, resümiert Hansjörg<br />
Rölle, Chef der MSI Motor-Service<br />
International GmbH, das Ergebnis<br />
der Equip‘ Auto <strong>2003</strong>, die vom<br />
16. bis 21. Oktober <strong>2003</strong> auf dem<br />
Messegelände Villepinte im Norden<br />
der französischen Hauptstadt veranstaltet<br />
wurde. Die MSI als Führungsgesellschaft<br />
des Geschäftsbereichs<br />
Ersatzteilgeschäft innerhalb der Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe<br />
und<br />
ihr französisches Tochterunternehmen<br />
KS Motorac hatten sich dabei<br />
in Paris mit ihrem 360 Quadratmeter<br />
großen Stand in direkter Nähe des<br />
Eingangs zur Messehalle 5 mit einer<br />
Vielzahl bewährter und neuer Produkte<br />
prominent präsentiert.<br />
In gleicher Weise optimistisch wie<br />
Rölle gaben sich auch die französischen<br />
Veranstalter der Messe und<br />
verweisen auf die zunehmende internationale<br />
Beliebtheit dieser nach<br />
der automechanika weltweit größten<br />
Leistungsschau für das Ersatzteilgeschäft.<br />
So nahm der Anteil internationaler<br />
Besucher gegenüber<br />
der letzten Veranstaltung vor zwei<br />
Jahren um 38 Prozent zu. Dazu Rölle:<br />
„Wir konnten in Paris neben den<br />
Gesprächen mit Geschäftspartnern<br />
aus dem französischen Binnenmarkt<br />
insbesondere die Kontakte<br />
zu unseren Kunden aus Osteuropa<br />
und Nordafrika intensivieren.“<br />
Satz: Strack+Storch KG,<br />
Gladbacher Straße 15,<br />
40219 Düsseldorf<br />
Druck: DAMO Digitaltechnik GmbH,<br />
Juliusstraße 9-21,<br />
47053 Duisburg<br />
Drucktermin dieser Ausgabe:<br />
4. Dezember <strong>2003</strong><br />
Nachdruck gestattet, Belegexemplar erbeten.<br />
Composing: freistil
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Seite 3<br />
K<br />
Klare Linie macht Rheinmetall attraktiv“ – diese am 20. Oktober <strong>2003</strong> publizierte Titelzeile<br />
des in Düsseldorf erscheinenden Handelsblattes ist quasi symptomatisch für<br />
dasMedienecho, das den Konzern seit vielen Monaten in der Öffentlichkeit begleitet.<br />
„Schmucker Wert“, „Schlankheitskur kommt bei Börsianern gut an“, „Konzentration<br />
auf Kerngeschäfte schafft Kauflaune“, „Rückkehr der Klassiker“, „Rheinmetall beeindruckt<br />
die Börse“, „Markt setzt wieder auf Substanzwerte“ oder „Rheinmetall hält an ehrgeizigen<br />
Zielen fest“ – so oder ähnlich titeln Print- bzw. elektronische Medien derzeit, wenn sie die<br />
jüngste Entwicklung und die aktuelle Situation des nunmehr auf die beiden Säulen Automotive<br />
und Defence fokussierten Konzerns analysieren und bewerten. Wobei gerade die anfangs zitierte<br />
Handelsblatt-Headline (noch einmal) unmittelbar Bezug nimmt auf den Start der Neuausrichtung,<br />
die Anfang 2000 propagierte „Strategie der klaren Linie“: Sie hat – begleitet von harten<br />
Restrukturierungsmaßnahmen und zahlreichen Desinvestitionen – die Düsseldorfer Unterneh-<br />
Aktienkurse der Rheinmetall <strong>AG</strong> seit 2000: eine prima Performance<br />
Lohnendes „Parkett“ für Börsianer<br />
Düsseldorf. Der Rheinmetall-Konzern<br />
hat sich mit der Umsetzung der<br />
„Strategie der klaren Linie“ insbesondere<br />
in den vergangenen drei Jahren<br />
grundlegend gewandelt. Die Aktionäre<br />
haben diese Veränderungen wahrgenommen<br />
und sie mit einer zunächst<br />
verhaltenen, zuletzt aber stark ansteigenden<br />
Nachfrage nach Aktien honoriert.<br />
Entsprechend kletterte der Kurs<br />
der Vorzugsaktie von seinem Tiefpunkt<br />
von 6,40 € im November 2000<br />
bis zu seinem (aktuellen) Gipfel von<br />
28,40 € im November <strong>2003</strong>. Was waren<br />
die Gründe für diesen positiven,<br />
aber nicht immer stetigen Kursverlauf?<br />
Die starke Expansionsphase in den<br />
neunziger Jahren hatte Rheinmetall<br />
1999 in eine schwierige Ertragslage<br />
und eine hohe Verschuldung gebracht.<br />
Dazu kam eine breite Diversifizierung,<br />
die oft nicht verstanden und gelegentlich<br />
mit dem Etikett „Intransparenz“<br />
versehen wurde. Der Vorstand hatte<br />
daher Anfang 2000 die „Strategie der<br />
klaren Linie“ ins Leben gerufen, die<br />
die Hauptziele für die strategische Entwicklung<br />
so formulierte: Konzentration<br />
auf Kernarbeitsgebiete, Stärkung von<br />
Ertragskraft und Profitabilität sowie<br />
Abbau der Verschuldung.<br />
Unter Kapitalmarktaspekten hätte<br />
der Start der Strategie kaum schwieriger<br />
sein können. Die euphorische Börsenstimmung<br />
war auf ihrem Höhepunkt<br />
angekommen, der NEMAX, in<br />
dem die fünfzig wichtigsten Werte des<br />
Neuen Marktes vertreten waren, überstieg<br />
im Verlauf des Jahres 2000 die<br />
Marke von 8000, und die Sonne der<br />
New Economy wärmte die Aktionäre<br />
fast aller neuen Aktiengesellschaften,<br />
die sich der Börsenwelt mit einem IPO<br />
(Initial Public Offering = Börseneinfüh-<br />
rung/Erstemission) vorgestellt hatten,<br />
mit einem warmen Geldregen.<br />
Unternehmen der „Old Economy“<br />
hingegen galten als nicht mehr zeitgemäß<br />
und unattraktiv. Selbst bei guten<br />
Erträgen waren sie mit moderaten Zukunftsperspektiven<br />
den fantastischen<br />
– und wie sich später herausstellte,<br />
auch bisweilen überaus fantasievollen<br />
– Zukunftsprognosen der Neue Markt-<br />
Werte hoffnungslos unterlegen. Gesellschaften<br />
in einer weniger erfolgreichen<br />
Ertragsphase fanden sich daher<br />
im Abseits des Börsenparketts – mit<br />
Foto: Volkswagen<br />
Montagsgespräch:<br />
BND-Chef Hanning<br />
vdb Berlin. BND-Chef beim Montagsgespräch<br />
der Rheinmetall DeTec<br />
<strong>AG</strong>: Rund 160 Gäste aus Regierung,<br />
Parlament, Bundeswehr, Botschaften<br />
und Medien kamen kürzlich in die<br />
Hessische Landesvertretung in Berlin,<br />
um den Ausführungen des Präsidenten<br />
des Bundesnachrichtendienstes,<br />
Dr. August Hanning, über<br />
den Kampf gegen den internationalen<br />
Terrorismus und seine Herausforderung<br />
für die innere Sicherheit in<br />
Deutschland zu folgen.<br />
entsprechenden Kursen. Gleichzeitig<br />
zogen wichtige Banken ihre Analysten<br />
von „klassischen“ Industriewerten ab<br />
und bauten ihre Kapazitäten für New-<br />
Economy-Aktien auf.<br />
Rheinmetall bekam dies in Form von<br />
sinkenden Kursen bei Vorzugs- und<br />
Stammaktien zu spüren. Die Börsenkapitalisierung<br />
(Wert des Unternehmens<br />
an der Börse, ausgedrückt als Produkt<br />
aus Aktienkurs mal Anzahl der ausgegebenen<br />
Aktien) sank. Dies wiederum<br />
hatte die Herausnahme der Aktien aus<br />
dem für institutionelle Investoren bedeutenden<br />
MSCI-Index zur Folge.<br />
Schließlich musste auch die ursprünglich<br />
für November 2000 vorgesehene<br />
Begebung einer 300-Millionen-€-Anleihe<br />
verschoben werden – was nicht an<br />
der mangelnden Akzeptanz von Rheinmetall<br />
lag, sondern an der daniederliegenden<br />
Aufnahmefähigkeit des Marktes<br />
für Industrieanleihen. Die Anleihe<br />
wurde ein halbes Jahr später, im Mai<br />
2001, platziert und konnte sogar auf<br />
350 Millionen € aufgestockt werden.<br />
Unterdessen lief der Umbau des<br />
Konzerns, zunächst wenig spektakulär,<br />
an. Die Mauser Waldeck <strong>AG</strong> war<br />
bereits Anfang 2000 verkauft worden,<br />
einige kleinere Gesellschaften aus<br />
dem Unternehmensbereich Electronics<br />
kamen in den Jahren 2000 und<br />
2001 hinzu. Der Verkauf der kompletten<br />
Jagenberg <strong>AG</strong> erwies sich als nicht<br />
durchführbar, so dass die verlusttragende<br />
Gesellschaft erst in den Folgejahren<br />
in mehreren Schritten veräußert<br />
werden konnte.<br />
Nur wenige Analysten und Fondsmanager<br />
„coverten“ im Jahr 2000 Rheinmetall;<br />
und noch weniger erkannten<br />
das Potenzial der eingeleiteten Maß-<br />
Präsenz in prominenter Modellreihe:<br />
MitKolbenschmidt Pierburg zeigt Rheinmetall<br />
auch im neuen Golf Flagge.<br />
nahmen, die demzufolge auch von Investoren<br />
kaum wahrgenommen wurden.<br />
Auch die allmähliche Verbesserung<br />
der Ertragslage – das EBIT war<br />
von 66 Millionen € (1999) auf 103 Millionen<br />
€ (2000) gestiegen – änderte<br />
daran nichts.<br />
Einen gewissen Schwung bekam die<br />
Aktie Anfang 2001, als der New Yorker<br />
Als Hausherr begrüßte der hessische<br />
Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten<br />
sowie Bevollmächtigte<br />
des Landes beim Bund, Jochen<br />
Riebel (CDU), die Anwesenden<br />
und schlug einen Bogen von den Anschlägen<br />
des 11. September 2001 zu<br />
der veränderten Gefährdungslage<br />
und den neuen Bedrohungen für die<br />
innere Sicherheit.<br />
In seinem Vortrag zu den Auswirkungen<br />
des internationalen Terrorismus<br />
auf die innere Sicherheit wies<br />
der BND-Präsident auf das Problem<br />
des Informationsmanagements hin.<br />
Während im Kalten Krieg die Informationsbeschaffung<br />
die Hauptaufgabe<br />
Investor Guy Wyser-Pratte bekannt<br />
gab, dass er mehr als fünf Prozent der<br />
Stammaktien erworben hatte. Die Kurse<br />
der Stammaktien stiegen aufgrund<br />
seiner Zukäufe im Verlauf des Jahres<br />
2001 auf über 20 €. In deren Sog stiegen<br />
auch die Vorzugsaktien, die im<br />
Jahresverlauf 2001 zwischen zehn und<br />
fünfzehn € schwankten.<br />
Auch die weitere Verbesserung der<br />
Ergebnisse – das EBIT im Jahr 2001 betrug<br />
195 Millionen € – trug nicht zu einer<br />
unmittelbaren Verbesserung der<br />
seitwärts gerichteten Kursbewegung<br />
bei. Selbst der überaus erfolgreiche<br />
Verkauf von Heimann Systems im September<br />
2002 brachte zunächst keine<br />
neuen Impulse. Gleichzeitig intensivierte<br />
Rheinmetall die Berichterstattung<br />
über den Geschäftverlauf durch<br />
die Einführung von Quartalsberichten<br />
und die Durchführung von Telefonkonferenzen<br />
für Aktienanalysten.<br />
Immerhin verbesserte sich die Wahrnehmung.<br />
Neben den Analysten von<br />
HSBC Trinkaus & Burkhardt, M.M.Warburg,<br />
Lampe, CA Cheuvreux und West-<br />
LB veröffentlichten im Jahr 2002 Crédit<br />
Lyonnais, die Nols Bank, das Bankhaus<br />
Reuschel und die Deutsche Apothekerund<br />
Ärztebank überregional Studien<br />
oder Bewertungen zu Rheinmetall.<br />
Die Rahmenbedingungen veränderten<br />
sich mittlerweile drastisch. Der NE-<br />
MAX fiel 2002 auf Indexwerte von unter<br />
1000 Punke, die „New Economy“<br />
verlor durch spektakuläre Pleiten ihren<br />
Glanz; darüber hinaus zeigte es<br />
sich, dass viele Innovationen, die sie<br />
mit sich brachte – <strong>Internet</strong>, E-Commerce,<br />
E-Banking, Neue Medien – sehr<br />
viel schneller von der „konventionellen<br />
Wirtschaft“ aufgenommen wurden,<br />
als manche es erwartet hatten. Auch<br />
bei Analysten begann ein Umdenken.<br />
Nicht zuletzt aufgrund des Rückgangs<br />
von Neuemissionen stieg das Interesse<br />
an traditionellen Industrieunternehmen<br />
wieder an.<br />
Gleichzeitig zeigten sich institutionelle<br />
Investoren zunehmend an Gesprächen<br />
interessiert. Insgesamt führte<br />
das Management des Rheinmetall-<br />
Konzerns im Jahr 2002 rund 90 Einzelgespräche<br />
und stellte das Unternehmen<br />
auf acht Roadshows vor, die nach<br />
Frankfurt/Main, München, London,<br />
Edinburgh, Mailand, New York, Boston<br />
und Chicago führten.<br />
Diese Rahmenbedingungen und die<br />
positiven Ergebnisse – Rheinmetall<br />
hatte 2002 ein EBIT von 392 Millionen<br />
€ (ohne den Verkauf von Heimann Systems:<br />
213 Mio €) erwirtschaftet –<br />
brachte Anfang <strong>2003</strong> Bewegung in den<br />
Aktienkurs. Nach der Bilanzpressekonferenz<br />
im April <strong>2003</strong> setzte eine deutli-<br />
gewesen sei, gebe<br />
es inzwischen<br />
Informationen<br />
und Hinweise im<br />
Übermaß. Schon<br />
der 11. September<br />
2001 habe gezeigt,<br />
wie bedeutend<br />
und schwierig<br />
es zugleich sei,<br />
wichtige von unwichtigenInfor-<br />
mationen zu trennen. Die Gefährdung<br />
durch den islamischen Terrorismus<br />
schätzt Hanning auch fürderhin hoch<br />
ein: Nach wie vor seien grenzüberschreitende<br />
Strukturen funktionsfähig;<br />
mensgruppe in vergleichsweise kurzer Zeit zurück auf eine sichere und profitable Basis geführt.<br />
Rheinmetall befindet sich in der Tat seit längerem auf einem Wertsteigerungskurs, der sich<br />
nicht allein in deutlichen Verbesserungen der operativen Ergebnisse, dem nachhaltigen Abbau<br />
der Verschuldung und der – damit verbundenen – Stärkung der Bilanzstruktur widerspiegelt.<br />
Auch am Kapitalmarkt hat das Unternehmen, das erst vor wenigen Wochen unter anderem<br />
beim Umsatz sowie bei den Kennzahlen EBT (Ergebnis vor Steuern) und EBIT (Ergebnis vor Zinsen<br />
und Ertragsteuern) erneut nachhaltige Steigerungen für den Zeitraum Januar bis September<br />
<strong>2003</strong> melden konnte, einen Riesensprung getan: Seit Januar 2001 sind zum Beispiel die<br />
Vorzugsaktien des im M-Dax-notierten Unternehmens zeitweise sogar um 299,3 Prozent (10.<br />
November <strong>2003</strong>) gestiegen. Die Hintergründe für diesen Höhenflug – der M-Dax legte im selben<br />
Zeitraum ein Minus hin – beleuchtet der „<strong>Profil</strong>“-Beitrag von Franz-Bernd Reich, Leiter Investor<br />
Relations im Zentralbereich Unternehmenskommunikation der Rheinmetall <strong>AG</strong>. rds<br />
Dr. August Hanning<br />
Foto: Bildschön/Berlin<br />
AUSLIEFERUNG GESTARTET: Die Deutsche Marine erhält in diesen Wochen<br />
die ersten von insgesamt 83 Marineleichtgeschützen vom Typ MLG 27 der<br />
Mauser-Werke Oberndorf Waffensysteme GmbH. Das fernbedienbare System –<br />
es ist weltweit das modernste Marinegeschütz seiner Klasse – wurde für den<br />
Selbstschutz von Kampfschiffen und kleineren schwimmenden Einheiten im<br />
Nahbereich entwickelt; mit ihm können Flugzeuge, Helikopter, Schnellboote und<br />
küstennahe Objekte mit großer Trefferwahrscheinlichkeit sowie hoher Munitionswirkung<br />
bekämpft werden. Das MLG 27 wird als Standardgeschütz nach und<br />
nach die heute noch auf deutschen Marineschiffen im Einsatz befindlichen,<br />
ausschließlich manuell bedienbaren 20mm- bzw. 40mm-Geschütze ersetzen.<br />
che Kursbewegung nach oben ein. Die<br />
Finanzwelt erkannte und honorierte<br />
die Verbesserung der Fundamentaldaten<br />
bei Rheinmetall, die als Ergebnisse<br />
der „Strategie der klaren Linie“ in den<br />
Bilanzen sichtbar wurden. Begleitet<br />
wurde die positive Kursentwicklung<br />
von einer Verbreiterung der Coverage:<br />
Die Landesbank Baden-Württemberg<br />
veröffentlichte im Februar <strong>2003</strong> eine<br />
ausführliche Studie zur Rheinmetall <strong>AG</strong><br />
unter dem Titel „Der Rohdiamant beginnt<br />
zu leuchten“; die Berenberg<br />
Bank folgte im April, die Deutsche<br />
Bank im Mai, die Equinet <strong>AG</strong> im Juli, die<br />
Bankgesellschaft Berlin im Oktober<br />
und die ING BHF Bank sowie die Hypo-<br />
Vereinsbank im Dezember dieses Jahres.<br />
Weitere Institute haben für die<br />
kommenden Monate Studien angekündigt.<br />
Die mehr oder weniger ähnlichen<br />
Bewertungen der Analysten: Der<br />
Düsseldorfer Konzern ist (wieder) ein<br />
lohnendes Investment für Börsianer.<br />
zudem erweise sich das Netzwerk nach<br />
Rückschlägen als lernende Organisation.<br />
Zunehmend rückten darüber hinaus<br />
weiche Ziele wie touristische<br />
Zentren in das Visier islamischer Extremisten.<br />
Deutschland sei daher gut beraten,<br />
in seinen Anstrengungen nicht nachzulassen<br />
und sich nicht in zweifelhaf-<br />
ter Sicherheit zu wiegen. Hanning: „In<br />
den Augen der Islamisten zählt<br />
Deutschland, wie alle westlichen Länder,<br />
zu den Feinden. Aktuelle Botschaften<br />
Bin-Ladens bestätigen dies.“<br />
Wegen seines Symbolcharakters sei<br />
die Ausschaltung Bin-Ladens, so der<br />
BND-Chef weiter, ein Schlüssel für die<br />
Die Intensität der Finanzkommunikation<br />
wurde nochmals erhöht. So fanden<br />
<strong>2003</strong> bis einschließlich Oktober Begegnungen<br />
mit mehr als einhundert Analysten<br />
und Fondsmanagern namhafter<br />
Häuser (u.a. Fidelity, Merrill Lynch)<br />
statt, und zwar in Einzelgesprächen, auf<br />
insgesamt sechs Roadshows und anlässlich<br />
von sieben Konferenzen.<br />
Die Aktie hat mittlerweile nicht nur<br />
die Bandbreite zwischen zehn und<br />
fünfzehn € verlassen, sondern hält<br />
sich auch sehr stabil deutlich oberhalb<br />
von zwanzig €. Die Börsenkapitalisierung<br />
übertraf im November <strong>2003</strong> zeitweise<br />
sogar die Marke von einer Milliarde<br />
€. Einige Analysten haben als<br />
Kursziele Werte um die dreißig € genannt.<br />
– Rheinmetall kommentiert die<br />
Kursziele auch weiterhin nicht, sondern<br />
folgt der Empfehlung eines britischen<br />
Fondmanagers: „Kümmern Sie sich um<br />
Ihre Geschäfte, wir kümmern uns um<br />
den Aktienkurs.“ Franz-Bernd Reich<br />
Bekämpfung des Terrorismus. Solange<br />
er frei sei, sei der Kampf gegen den<br />
Terrorismus nicht gewonnen.<br />
Seit vielen Jahren sind die Montagsgespräche<br />
der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong><br />
ein anerkanntes Forum für Fragen der<br />
Sicherheitspolitik. Im Mittelpunkt dieses<br />
parlamentarischen Abends am<br />
Sitz des Bundestages – früher Bonn,<br />
heute Berlin – steht jeweils ein Referat<br />
zu einem aktuellen Thema, dem<br />
sich ein reger Austausch unter den<br />
Gästen aus Politik, Ministerien, Streitkräften<br />
und Verbänden sowie den Vertretern<br />
der Botschaften, der Industrie<br />
und nicht zuletzt der Medien anschließt.<br />
Foto: Danetzki + Weidner
Seite 4 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
OC<strong>AG</strong>: „Recognized for Excellence in Europe“<br />
Unternehmen zählt zur<br />
Europa-Bestengruppe<br />
cz Zürich. Die Oerlikon Contraves<br />
<strong>AG</strong> (OC) ist eines der beiden Schweizer<br />
Unternehmen, das von der European<br />
Foundation for Quality Management<br />
(EFQM) mit dem Zertifikat „Recognized<br />
for Excellence in Europe“<br />
ausgezeichnet worden ist. EFQM ist<br />
eine international anerkannte, in<br />
Brüssel ansässige Stiftung für Qualitätsmanagement,<br />
die Unternehmen<br />
bewertet, indem sie deren Leistungen<br />
als Ganzes betrachtet. Dazu hat<br />
sie ein Modell entwickelt, das Menschen,<br />
Prozesse und Ergebnisse<br />
gleichzeitig systematisch und umfassend<br />
beurteilt. So werden Stärken<br />
und Verbesserungspotentiale sichtbar<br />
gemacht. Notwendige Maßnahmen<br />
zur Steigerung der Unternehmensergebnisse<br />
und der Wettbewerbsfähigkeit<br />
können projektartig<br />
geplant und umgesetzt werden, da<br />
alle Mitarbeiter in den kontinuierlichen<br />
Verbesserungsprozess eingebunden<br />
sind.<br />
Seit Jahren ist „Business Excellence“,<br />
das heißt hervorragende Unter-<br />
D<br />
Die European Foundation<br />
for Quality Management<br />
(EFQM) wurde<br />
1988 von 14 führenden<br />
europäischen Großunternehmen,<br />
darunter Bosch, Fiat,<br />
Nestlé, Philips, Sulzer und Volkswagen<br />
gegründet. Der Sitz dieser<br />
Stiftung für Qualitätsmanagement<br />
istBrüssel. Sie hat heute ein internationales<br />
Netz für Zertifizierungen<br />
sowie europäische und außereuropäischePartnerorganisation<br />
in der ganzen Welt. Zu den nationalen<br />
Partnerorganisationen<br />
gehören unter anderem die Deutsche<br />
Gesellschaft für Qualität<br />
(www.deutsche-efqm.de) und die<br />
Swiss Association for Quality<br />
(www.saq.ch).<br />
EFQM – Maßstab<br />
für hohe Qualität<br />
Als Antwort auf das in den USA<br />
weit verbreitete „Total Quality Management“<br />
hat die EFQM ein Modell<br />
für Excellence (weltbeste Praktiken,<br />
die anderen als Vorbild dienen<br />
können) entwickelt, das Unternehmen<br />
und Organisationen hilft,<br />
ihre Wettbewerbsfähigkeit und Unternehmensleistungen<br />
zu steigern.<br />
Seit 1992 vergibt die EFQM Qualitätspreise<br />
für Excellence auf europäischer<br />
oder nationaler Ebene.<br />
Die höchste Auszeichnung ist der<br />
European Quality Award, Zwischenstufen<br />
auf dem Weg sind die<br />
beiden Auszeichnungen „Commited<br />
to Excellence“ (Verpflichtung<br />
zu Excellence) und „Recognized<br />
for Excellence“ (Anerkennung für<br />
Excellence). cz<br />
Automotive auf<br />
Tokyo Motorshow<br />
he Tokio/Düsseldorf. Einen<br />
Überblick über aktuelle technische<br />
Innovationen zeigte die Kolbenschmidt<br />
Pierburg Gruppe auf der<br />
vom 24. Oktober bis 5. November<br />
<strong>2003</strong> veranstalteten internationalen<br />
Automobilmesse in der japanischen<br />
Hauptstadt.<br />
Als Mitglied auf dem Stand von<br />
„German Car Suppliers at the Tokyo<br />
Motor Show“, einer Gemeinschaftsaktion<br />
des Verbandes der Automobilindustrie<br />
(VDA), stellte das<br />
Unternehmen dabei einmal mehr mit<br />
Erfolg seine neuentwickelte elektrische<br />
Kühlmittelpumpe sowie die<br />
neuesten Abgasrückführsysteme,<br />
nehmensleistungen,<br />
das erklärte<br />
Ziel der Oerlikon<br />
Contraves <strong>AG</strong>.<br />
Dabei geht es<br />
nicht nur darum,<br />
gute und erfolgreiche<br />
Produkte<br />
und Dienstleistungenanzubieten,<br />
sondern<br />
Freut sich: Peter Heim auch den Vergleich<br />
mit anderen Unternehmen zu<br />
suchen – Unternehmen, die insgesamt<br />
oder in einzelnen Firmenbereichen<br />
zu den Besten gehören (Benchmark).<br />
„Nur wer die Messlatte hochlegt,<br />
sich mit anderen vergleicht, die<br />
eigenen Stärken und Potenziale kennt,<br />
kann seine eigene Position objektiv<br />
bestimmen“, erklärt Peter Heim, Leiter<br />
Prozess- und Qualitätsmanagement:<br />
„Und natürlich definieren, wo und wie<br />
Verbesserungen erreicht werden können.“<br />
Zur Überprüfung der eigenen Leistungen<br />
sowie deren Entwicklungen in<br />
Richtung „Business Excellence“ ist ein<br />
umfassendes Managementsystem<br />
notwendig, das Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit<br />
fördert und alle Prozesse<br />
im Unternehmen mit einbezieht.<br />
Die Oerlikon Contraves <strong>AG</strong> war eine<br />
der ersten Firmen in der Schweiz, die<br />
von der Richtigkeit eines prozessbezogenen<br />
Systems und den damit erzielbaren<br />
kontinuierlichen Verbesserungen<br />
aller Unternehmensaktivitäten<br />
überzeugt war.<br />
Das EFQM-Modell liefert die Bewertungsmaßstäbe<br />
und Schwerpunkte,<br />
um hohe Qualität auf allen Ebenen zu<br />
erreichen. Es benennt neun Kriterien,<br />
die zwei Bereichen zugeordnet sind: In<br />
einem Bereich sind die Potenziale und<br />
die Vorgehensweise für gute Leistungen<br />
zusammengefasst, im anderen<br />
die daraus resultierenden Ergebnisse.<br />
Zu jedem Kriterium gibt es mehrere<br />
Subkriterien, die unterschiedlich gewichtet<br />
werden. Zu den Potenzialen<br />
zählen: Führung, Mitarbeiterorientierung,<br />
Politik und Strategie, Ressourcen<br />
und Partnerschaften sowie Prozesse.<br />
Der Bereich Ergebnisse umfasst: mitarbeiterbezogene<br />
Ergebnisse, Kundenbezogene<br />
Ergebnisse, Gesellschaftsbezogene<br />
Ergebnisse sowie<br />
die Geschäftsergebnisse.<br />
Das ganzheitliche Managementsystem<br />
ergänzt das bewährte Qualitätsmanagement,<br />
das sich an der Erfüllung<br />
von Normen orientiert und deshalb<br />
auch nur die Beurteilung von Teilaspekten<br />
erlaubt. „Wir machen beides“,<br />
bestätigt Peter Heim: „Wir überprüfen<br />
regelmäßig die Übereinstimmung<br />
mit den Normenanforderungen,<br />
indem wir uns nach den ISO-Normen<br />
9001 und 14001 zertifizieren lassen.<br />
Parallel dazu checken wir unsere Unternehmensleistung<br />
nach dem EFQM-<br />
Modell.“ Oerlikon Contraves führte in<br />
den Jahren 1999 und 2000 die Gesamtbeurteilung<br />
dieser Leistung mit<br />
Sekundärluftpumpen,Kolben<br />
und Gleitlager<br />
aus. Mit dieser<br />
Beteiligung<br />
verfolgt KolbenschmidtPierburgkonsequent<br />
den erklärten Kurs einer weiteren<br />
Internationalisierung seines Geschäftes,<br />
vor allem im expansiven<br />
asiatischen Raum.<br />
An der erfolgreichen Aktion des<br />
VDA, der außerdem eine Pressereise<br />
nach Tokyo für eine Reihe hiesiger<br />
Fachmedien organisiert hatte, beteiligten<br />
sich neben Kolbenschmidt Pierburg<br />
15 weitere deutsche Zulieferunternehmen,<br />
darunter auch die Firmen<br />
F<strong>AG</strong> Kugelfischer, ThyssenKrupp Automotive<br />
und ZF Friedrichshafen.<br />
Fotos (2): Angela Blattner<br />
Oerlikon Contraves im Club der besten Firmen Europas: Die international renommierte European Foundation for Quality<br />
Management (EFQM) in Brüssel (Belgien) hat die Schweizer Defence-Tochtergesellschaft jetzt ganzheitlich bewertet – nach<br />
einem Managementmodell, das Menschen, Prozesse und Ergebnisse gleichermaßen systematisch und umfassend beurteilt.<br />
Hilfe des EFQM-Modells durch. Die im<br />
Modell vorgegebene Struktur dient als<br />
Leitfaden zur Selbstbewertung. Damit<br />
werden Schwachstellen sichtbar und<br />
Verbesserungs- und Korrekturmaßnahmen<br />
möglich. Zudem wird das<br />
Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter gefördert. Der<br />
Fortschritt wird regelmäßig, normalerweise<br />
nach ein bis zwei Jahren, überprüft.<br />
Im laufenden Geschäftsjahr <strong>2003</strong><br />
bot sich die Chance, im Rahmen der<br />
fälligen ISO-9001: 2000-Routineüberprüfung<br />
eine erste externe Überprü-<br />
Erneut Ranger an<br />
finnische Armee<br />
dp Helsinki/Zürich. Vier Jahre nach<br />
der Unterzeichnung des Vertrages für<br />
das erste Ranger-UAV-System erteilte<br />
die finnische Armee der Oerlikon Contraves<br />
<strong>AG</strong> (Zürich) vor wenigen Wochen<br />
den Auftrag zur Lieferung eines weiterenRanger-Aufklärungsdrohnensystems<br />
mit der Bezeichnung FDF Ranger<br />
2. Das jetzt georderte System umfasst<br />
Aufklärungsdrohnen, eine Boden-Kontrollstation,<br />
die Kommunikationseinheit<br />
und die mobile Empfangsstation;<br />
zudem beinhaltet der Vertrag Ausbildungspakete<br />
sowie die logistische Unterstützung.<br />
Die FDF-Ranger-Aufklärungsdrohne<br />
ist ein unbemanntes<br />
Kleinflugzeug, ausgerüstet mit TV-Ka-<br />
fung nach den EFQM-Kriterien durchzuführen<br />
– mit dem Ziel, die offizielle<br />
europäische Anerkennung „Recognized<br />
for Excellence“ zu erhalten.<br />
Für die Unternehmensüberprüfung<br />
hat die EFQM ein mehrstufiges Bewertungsverfahren<br />
entwickelt, das von<br />
der Selbstbewertung (Basisstufe) bis<br />
zur Auszeichung mit der European<br />
Quality Award (höchste Stufe) reicht.<br />
Als Zwischenstufen können sich Firmen<br />
für die Zertifikate „Recognized for<br />
Excellence“ (Stufe 2) und „Commited<br />
to Excellence“ (Stufe 1) bewerben. Die<br />
erste Stufe besteht aus einer Selbstbe-<br />
mera und Infrarotsensoren. Sie kann<br />
für militärische und zivile Aufklärungsflüge<br />
am Tag und in der Nacht<br />
eingesetzt werden. Die Reichweite der<br />
vom Boden aus gesteuerten Drohne<br />
umfasst einen Radius von 150 Kilometern<br />
ab Bodenstation; ihre Flughöhe<br />
beträgt bis zu 5000 Meter über dem<br />
Meer. Das FDF-Ranger-UAV-System<br />
wird bei der finnischen Artillerie eingesetzt,<br />
die in den vergangenen beiden<br />
Jahren durch die Arbeit mit dem<br />
ersten System bereits über eine breite<br />
Erfahrung – auch unter Berücksichtigung<br />
der extremen nordischen Wetterbedingungen<br />
– verfügt. Das Ranger-UAV-System<br />
hat sich während dieser<br />
Zeit hervorragend bewährt. Die<br />
Auslieferung des neuerlichen FDF-<br />
Ranger-2-Systems ist für Herbst 2005<br />
geplant. Der Folgeauftrag wird von<br />
wertung, für die 2. Stufe ist eine umfangreiche<br />
externe Beurteilung notwendig.<br />
In beiden Fällen erhält das<br />
Unternehmen einen Beurteilungsbericht,<br />
Hinweise für Verbesserungen<br />
und – bei Erfolg – die Auszeichnung.<br />
Alle zertifizierten Unternehmen werden<br />
in der EFQM-Datenbank registriert<br />
(www.efqm.org).<br />
Übrigens: Die Auszeichnungen informieren<br />
über den Stand der eigenen<br />
Managementqualität und können als<br />
Nachweis gegenüber externen Partnern,<br />
Kunden und Aktionären verwendet<br />
werden.<br />
Prozesse laufen nicht von alleine – sie<br />
werden durch Menschen betrieben. Alle<br />
Mitarbeiter sind an der Gesamtaufgabe<br />
des Unternehmens beteiligt. Die Eigeninitiative,<br />
das Verantwortungs- und Qualitätsbewusstsein<br />
des einzelnen sowie die<br />
Mitarbeiterzufriedenheit beeinflussen<br />
den Unternehmenserfolg. Seit der Auszeichnung<br />
als „Recognized for Excellence“<br />
weiß die Oerlikon Contraves <strong>AG</strong> beispielsweise,<br />
dass sowohl die Mitarbeiterzufriedenheit<br />
als auch die Umweltperformance<br />
rund 15 Prozent über dem Benchmark<br />
liegen. Unser Foto zeigt – v.l.n.r. –<br />
Elias Loretz, René Syfrig, Giancarlo Bucciarelli<br />
und Hans-Peter Mahler bei einer<br />
Teambesprechung am Firmensitz in<br />
Zürich. Im Hintergrund: Christian Häfliger<br />
am Skyguard-3-System bei der Arbeit.<br />
Folgeauftrag für Oerlikon Contraves: Im<br />
Herbst 2005 erhält die finnische Armee<br />
eine weitere Ranger-Aufklärungsdrohne.<br />
Oerlikon Contraves (Leitung) zusammen<br />
mit den Konsortiumspartnern<br />
RU<strong>AG</strong> (Emmen)und Israel Aircraft Industries<br />
Ltd. (IAI – Tel Aviv) abgewickelt.<br />
Ein ähnliches Ranger-UAV-System<br />
wurde im Zeitraum 1999 – 2001<br />
durch dasselbe Konsortium auch an<br />
die Schweizer Armee ausgeliefert.<br />
Foto: Photodisc
Composing (2): frei-stil<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Seite 5<br />
Pierburg vereint Saugrohr und Abgasrückführsystem<br />
„Wir rennen mit diesem<br />
Modul offene Türen ein“<br />
Neuss/Frankfurt am Main. Die Premiere<br />
fand auf der 60. Internationalen<br />
Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt<br />
am Main statt und stieß auf breite Zustimmung<br />
bei den Marktpartnern. Der<br />
Grund: Wieder einmal hatte die Pierburg<br />
GmbH (Neuss) ihre Kompetenz als<br />
innovativer Systemanbieter rund um<br />
den Motor unter Beweis gestellt und<br />
mit dem integrierten Saugrohrmodul<br />
als weltweit erster Anbieter ein technisch<br />
pfiffiges Konzept präsentiert, das<br />
das Ansaugrohr für die Luftversorgung<br />
und die Abgasrückführung (kurz: <strong>AG</strong>R)<br />
„unter einem Dach“ vereint.<br />
„Ausgangspunkte der Überlegungen<br />
waren – neben den immer strenger<br />
werdenden Anforderungen zur Reduzierung<br />
der Schadstoffemissionen –<br />
unsere langjährigen Erfahrungen bei<br />
der Entwicklung und Herstellung von<br />
Saugrohren und Abgasrückführsystemen<br />
sowie die Frage, wie wir unseren<br />
aktuellen und potenziellen Kunden einen<br />
Mehrwert bieten können, den sie<br />
sonst nirgendwo finden.“ Mit diesen<br />
Worten beschreibt Diplom-Ingenieur<br />
Norbert Kleinehakenkamp, Hauptabteilungsleiter<br />
für den Entwicklungsbereich<br />
Luftversorgung bei der Pierburg<br />
GmbH, die Anfänge des integrierten<br />
Saugrohrmoduls.<br />
Das Konzept basiert auf einem Saugrohr<br />
aus Aluminium-Druckguss, in das<br />
eine elektrisch betätigte Drosselklappe,<br />
ein elektromotorisch angetriebenes<br />
Abgasrückführventil, ein Abgaskühler<br />
mit elektrisch betätigter Bypassklappe<br />
sowie ein Luft-Abgasmischer<br />
und elektrisch angetriebene, strömungsoptimierteLadungsbewegungsklappen<br />
integriert sind. Außerdem umfasst<br />
das System noch elektronische<br />
Steuerungseinheiten für die jeweiligen<br />
Stellmotoren; auf kostenintensive<br />
Edelstahlausführungen beim <strong>AG</strong>R-Kühler<br />
kann dabei verzichtet werden.<br />
„Eine derartige Gesamtlösung bietet<br />
dem Kunden eine Menge Vorteile“, erläutert<br />
Armin Schürfeld, Leiter der Vorentwicklung.<br />
„Neben einer deutlichen<br />
Senkung des Stickoxydanteils im Abgas<br />
ermöglicht dieses System die Einsparung<br />
einer Vielzahl von Schnittstellen,<br />
eine leckagesichere Konstruktion,<br />
erhöhte Funktionssicherheit, eine weitere<br />
Gewichtsreduzierung gegenüber<br />
der Verwendung von Einzelkomponenten<br />
sowie Package-Vorteile durch die<br />
kompakte Bauweise und günstige Systemkosten.<br />
Darüber hinaus lassen<br />
sich mit dem integrierten Saugrohrmodul<br />
Kraftstoffeinsparungen von rund<br />
drei Prozent erzielen.“<br />
Kernelement der Schadstoffreduzierung<br />
ist der integrierte Abgaskühler,<br />
mit dem eine Verminderung der Abgastemperatur<br />
um rund 200° Celsius<br />
und eine damit verbundene Steigerung<br />
der Abgasrückführrate erreicht<br />
wird. „Durch den höheren Anteil von<br />
Abgasen an der Verbrennungsluft erreichen<br />
wir eine Reduzierung der Sauerstoffkonzentration,<br />
eine langsamere<br />
Verbrennungsgeschwindigkeit und eine<br />
niedrigere Verbrennungstemperatur,<br />
was wiederum zu einer Senkung<br />
Einfach kompakt – das ist das neue integrierte Saugrohrmodul aus dem Hause Pierburg. Über die gelungene IAA-<strong>2003</strong>-Präsentation<br />
freuen sich Armin Schürfeld (l.) und Hans-Ulrich Kühnel – hier mit dem System auf dem Motorprüfstand am Pierburg-Firmensitz.<br />
des Stickoxydanteils führt“, beschreibt<br />
Hans-Ulrich Kühnel, Entwicklungsleiter<br />
für Ansaugmodule, das<br />
Wirkprinzip: „Des weiteren erhalten<br />
wir mit dieser Maßnahme eine Verbesserung<br />
der Zylinderfüllung sowie geringere<br />
thermische Belastungen bei<br />
den entsprechenden Motorkomponenten.“<br />
Norbert Kleinehakenkamp: „Mit dem neuen Modul rennen wir offene Türen ein“.<br />
Um ein schnelleres Ansprechen des<br />
Katalysators beim Kaltstart des Motors<br />
zu gewährleisten, verfügt der Abgaskühler<br />
zudem über eine Bypassklappe,<br />
mit der die Abgase solange am<br />
Kühler vorbeigeleitet werden, bis die<br />
für den Katalysator erforderliche Betriebstemperatur<br />
erreicht ist. Im Warmbetrieb<br />
sorgt sie anschließend für das<br />
Aufrechterhalten dieser notwendigen<br />
Temperatur.<br />
Ein weiteres wichtiges Element des<br />
integrierten Saugrohrmoduls sind die<br />
speziell entwickelten, verstellbaren<br />
und strömungsoptimierten Ladungsbewegungsklappen,<br />
die für eine höhere<br />
Ladungsbewegung und optimale<br />
Verteilung des Abgas-/Luftgemischs<br />
im Brennraum sorgen. Schürfeld: „Damit<br />
erreichen wir eine stabilere und<br />
gleichmäßigere Verbrennung sowie eine<br />
verbesserte <strong>AG</strong>R-Verträglichkeit,<br />
die mit Hilfe einer Vordrossel noch höhere<br />
<strong>AG</strong>R-Raten ermöglicht.“ Zusätzlicher<br />
Vorteil des Pierburg-Konzepts:<br />
Besondere Kraftstoffqualitäten (z.B.<br />
schwefelfrei) oder Additive werden für<br />
den Betrieb des integrierten Saugrohrmoduls<br />
nicht benötigt.<br />
„Die positiven Reaktionen auf der<br />
diesjährigen IAA und die vielen Gespräche<br />
haben uns gezeigt, dass wir mit<br />
dieser Entwicklung bei den Vertretern<br />
der Automobilhersteller offene Türen<br />
einrennen“, fasst Diplom-Ingenieur<br />
Norbert Kleinehakenkamp, Hauptabteilungsleiter<br />
für den Entwicklungsbereich<br />
Luftversorgung bei der Pierburg GmbH,<br />
die Ergebnisse der erfolgreichen Präsentation<br />
zusammen. „Die Einhaltung<br />
der ab 2005 zwingend vorgeschriebenen<br />
Euro-4- und der etwa von 2009 an<br />
geltenden Euro-5-Norm erfordern ein<br />
komplexes Maßnahmenpaket, zu dem<br />
wir mit unserer kompakten und vergleichsweise<br />
kostengünstigen Lösung<br />
einen wichtigen Beitrag leisten können.<br />
Dass das System dabei evolutionsfähig<br />
genug ist, um auch auf die individuellen<br />
Vorstellungen unserer Kunden eingehen<br />
zu können, versteht sich von<br />
selbst.“ Andreas Tümpen<br />
Gezielter Schutz: Die HPM-Technologie kann in Gebäuden oder am Straßenrand versteckte Sprengfallen ebenso unschädlich machen wie flüchtige motorisierte Täter oder unbefugt vordringende Fahrzeuge stoppen.<br />
W<br />
Was einen Gummiknüppel<br />
oder den Pfeffersprayer<br />
in der Hand<br />
des Polizisten mit<br />
Hightech-Systemen<br />
So soll beispielsweise der Plasma-<br />
Taser (Arbeitstitel), der derzeit bei<br />
Rheinmetall W&M im Kompetenzzentrum<br />
für Waffe und Munition in Unterlüß<br />
untersucht wird, Angreifer in Dis-<br />
elektronischen Einrichtungen im Ziel<br />
stören oder auch dauerhaft zerstören<br />
können“, so Scholles, „und zwar ohne<br />
Gefahr für Leib und Leben der dort<br />
befindlichen Menschen.“ Auf Entfer-<br />
dazu leisten, das Leben von Einsatzkräften<br />
zu schützen.“<br />
Immer wieder gibt es in Krisenregionen<br />
Vorfälle, bei denen zum Beispiel<br />
Zivilisten im Auto auf ein Haltesignal<br />
mit Nachdruck<br />
vorangetrieben<br />
wird, eröffnet<br />
neue Möglichkeiten<br />
zur kos-<br />
wie einem Mittelenergielaser (MEL) tanzen von über zehn Metern außer nungen bis zu 20 Metern können von Soldaten nicht reagieren und als teneffektivenBe- oder der High-Power-Microwave ver- Gefecht setzen. Eine 40mm-Granatpis- heute schon fast alle gängigen elekt- vermeintliche Angreifer beschossen kämpfung von<br />
bindet, fand anlässlich einer Getole dient hier zum gezielten Ausstoß ronischen Geräte bis hin zum Mobil- werden – teilweise mit tragischen Fol- Zielen mit optroprächsrunde<br />
der Wissenschaftspres- einer Plasmawolke ( z.B. aus Kohlentelefon mit HPM-Systemen, die etwa gen. Auch an solchen militärischen nischenEinrichsekonferenz e.V. zum Thema „Nicht stoff), die gepulste elektrische Energie die Größe eines Handkoffers haben, Kontrollpunkten oder zum Objekttungen. Vom<br />
letale Wirksysteme“ (NLW) im Bonner<br />
Presseclub großes Interesse bei<br />
ins Ziel leitet – ohne die ins Visier genommene<br />
Person gesundheitlich zu<br />
ausgeschaltet werden.<br />
Diese Technologie ist auch für die<br />
schutz können HPM-Systeme eine<br />
wirksame Alternative darstellen, um<br />
Lenkflugkörper<br />
Dr. Herbert Scholles<br />
bis hin zum kom-<br />
den eingeladenen Journalisten. schädigen.<br />
Bundeswehr von größtem Interesse, unbefugt vordringende Fahrzeuge mit pletten Kampfpanzer – ohne Sichtsys-<br />
„Nicht letale Wirksysteme versetzen<br />
die Einsatzkräfte in die Lage, in<br />
brenzligen Situationen jeweils angeteme<br />
und Sensoren kommt modernes<br />
militärisches Gerät nicht mehr aus.<br />
Mit NLW-Technik gegen versteckte Bedrohungen Hier liegt gleichzeitig die Schwachmessen<br />
reagieren zu können. Angreistelle<br />
dieser Systeme: Über mehrere<br />
fer können wirksam unschädlich ge- Bei Einsätzen der Polizei ist es wie militärische Szenarien auf dem sofortiger Wirkung zum Stoppen zu Kilometer kann ein Mittelenergielaser<br />
macht werden, ohne sie durch ebenso wie bei militärischen Einsät- Balkan oder in Afghanistan gezeigt ha- bringen – auf Knopfdruck soll die ge- (MEL) die Zieloptik eines gegneri-<br />
Schusswaffengebrauch ernsthaft zu zen häufig erfolgsentscheidend, Täben. Denn eine große Gefahr für die samte Elektronik moderner Fahrzeuge schen Kampfpanzers heute schon zer-<br />
verletzen oder ihr Leben zu gefährtern bzw. gegnerischen Kräften ihre Soldaten geht von Sprengfallen aus, lahmgelegt werden. Ebenso gut könstören und ihn mit höchster Präzision<br />
den“, erläuterte Dr. Herbert Scholles, Kommunikationsmöglichkeiten zu die beispielsweise in Gebäuden oder nen HPM-Systeme in Polizeifahrzeuge kampfuntauglich machen, ohne die<br />
Leiter der Entwicklung der Rheinme- nehmen. Hat ein Geiselnehmer sich am Straßenrand versteckt sind und integriert werden, um motorisierte Tä- Besatzung zu gefährden. Entwicktall<br />
W&M GmbH: „Prinzipiell also in ein Gebäude geflüchtet, so ist er per Handy, Bewegungsmelder oder Titer auf der Flucht zu stellen. Auch Geilungsfachmann Scholles sieht ein<br />
durchaus mit dem Schlagstock oder häufig live via TV, Radio oder <strong>Internet</strong> mer gezündet werden können, um ihre seln im Fahrzeug bleiben unversehrt, breites Einsatzgebiet für solche Laser-<br />
dem Tränengas vergleichbar, bieten über das Vorgehen der Polizei im Bil- vernichtende Wirkung zu entfalten. denn gefährliches Rammen oder der waffen: „Es ist unser Ziel, die MELmoderne<br />
NLW-Konzepte doch ein de. „In dieser Situation stellen Hoch- Scholles: „Auch hier wird die HPM- Gebrauch von Schusswaffen erübrigt Technologie für den Bereich der Flug-<br />
weitaus breiteres Einsatzspektrum energie-Mittelwellensysteme (High Technologie künftig durch die Aus- sich auf diese Weise.<br />
abwehr und zum Schutz stationärer<br />
und helfen aktiv, Menschen zu Power Microwave - HPM) ein wirksaschaltung der Zündelektronik dieser Die Lasertechnologie, die bei der oder mobiler Einrichtungen bis 2012<br />
schützen.“<br />
mes Gegenmittel dar, da sie alle Sprengsätze einen wertvollen Beitrag Rheinmetall W&M GmbH ebenfalls zur Einsatzreife zu bringen.“ oho<br />
Fotos(2): Ariane Gehlert
Composing: frei-stil<br />
Seite 6 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
Präzision ist Trumpf: Das Corect-Modul mit GPS-Empfänger zur satellitengestützten Navigation ermöglicht eine im Vergleich<br />
zu ungelenkten Artillerieraketen erheblich verbesserte Zielgenauigkeit von deutlich weniger als 50 Metern Abweichung vom<br />
vorgegebenen Zielpunkt. Das gleichnamige Projekt, eine Gemeinschaftsarbeit der Rheinmetall-DeTec-Tochtergesellschaften<br />
Oerlikon Contraves GmbH und Rheinmetall W&M GmbH, bietet eine kostengünstige und zukunftsfähige Lösung zur Kampfwerterhaltung<br />
des auch bei der Bundeswehr verwendeten MLRS-Raketensystems (bekannt auch als „Mars“-Raketenwerfer).<br />
Uden die Entscheidung<br />
noch etwas leichter zu machen<br />
und gleichzeitig das<br />
für den Anbieter hohe Risiko<br />
bei den Entwicklungskosten – so<br />
sie nicht finanziert werden – zu senken,<br />
kommt für die Vermarktung des<br />
Corect-Moduls möglicherweise das in<br />
der europäischen Wehrtechnik erstmals<br />
eingesetzte, aber in anderen<br />
Wirtschaftszweigen wie der Automobil-<br />
und Luftfahrtindustrie bereits erfolgreich<br />
erprobten Optionsprämienmodell<br />
zur Anwendung. „Von diesem<br />
Modell haben alle beteiligten Parteien<br />
etwas“, beschreibt Dipl.-Ing. Horst<br />
Reckeweg, Vertriebsleiter für den Bereich<br />
Waffen bei der Rheinmetall<br />
W&M GmbH, den wesentlichen Vorteil<br />
des Konzepts.<br />
Kern des Modells ist der sogenannte<br />
Optionsvertrag, der dem Kunden<br />
Ethernet auch<br />
beim neuen Golf<br />
cd Wolfsburg. Die Hirschmann Electronics<br />
GmbH & Co. KG hat für die Fertigung<br />
des neuen VW Golf im Werk<br />
Wolfsburg ein durchgängiges Ethernet-Netzwerk<br />
realisiert. Allein im Karosseriebau<br />
sind auf einer Fläche von<br />
rund 100000 Quadratmetern insgesamt<br />
7500 aktive Teilnehmerports mit<br />
1200 Hirschmann Railswitch-Systemen<br />
des Typs MICE MS2108-2 über<br />
Industrial Ethernet vernetzt worden.<br />
Darüber hinaus kommen im Ferti-<br />
KOMPETENZ BEI SELBSTSCHUTZSYSTEMEN: Geschützführer Joachim Seemund von der Rheinmetall W&M GmbH<br />
in Unterlüß zündet das neuartige Ramses-System der Firma Buck Neue Technologien GmbH (Fronau/Neuenburg). Ramses ist<br />
ein Gerät zum Schutz von Personen, bei dem eine künstlich erzeugte Nebelwand zur Unterbrechung der Sichtlinien führt.<br />
Der Effekt des sowohl im sichtbaren als auch nahen Infrarotbereich wirkenden Schutzsystems: Selbst mit einem Nachtsichtgerät<br />
oder via Laserentfernungsmesser ist die anvisierte – und dank Ramses in Nebel gehüllte – Person nicht zu erkennen.<br />
Foto: Jochen Lübke/ddp Um den potentiellen Kun-<br />
bei Vorauszahlung einer Optionsprämie<br />
das Recht einräumt, innerhalb einer<br />
festgelegten Frist einen bestimmten<br />
Gegenstand mit fest definierten<br />
Leistungen zu einem im voraus fixierten<br />
Preis zu kaufen. Eine Pflicht zur<br />
späteren Ausübung dieser Option<br />
besteht jedoch nicht. Für den Kunden<br />
bietet das den Vorteil, umfangreiche<br />
Produktzusagen für einen relativ geringen<br />
Kapitaleinsatz zu erhalten und<br />
sich zudem gegen steigende Preise<br />
abzusichern. Ein ansonsten übliches<br />
Memorandum of Understanding<br />
(MoU) wird hierdurch überflüssig.<br />
Für den Anbieter ergibt sich vor<br />
allem die Möglichkeit, seine Entwicklungs-,<br />
Qualifikations- und Fertigungsanlaufkosten<br />
mit den einge-<br />
sammelten Optionsprämien zu decken<br />
und eine größere Planungssicherheit<br />
in Bezug auf die späteren Absatzzahlen<br />
zu erhalten. Erst wenn die<br />
Optionsprämien die zu erwartenden<br />
Kosten decken, beginnt die Entwicklung.<br />
Nach Erreichen der Serienreife<br />
beginnt die Produktion, sobald die<br />
erste Option eingelöst worden ist.<br />
Innovative Wege bei Vermarktung<br />
gungsbackbone eine Vielzahl von<br />
MACH 3002-Systemen einschließlich<br />
Routing zum Einsatz. Mit dieser Gesamtlösung<br />
wird im größten Automobilwerk<br />
der Welt nicht nur ein neuer<br />
Standard in Bezug auf Fertigungseffizienz<br />
und -transparenz gesetzt, sondern<br />
auch der allgemeine Trend vom<br />
Feldbus zum Ethernet in der industriellen<br />
Automatisierung eindrucksvoll<br />
bestätigt.<br />
Der Einsatz des durchgängigen Industrial<br />
Ethernet-Netzwerkes von<br />
Hirschmann ermöglicht eine flexiblere<br />
Produktion mit optimierten Taktzahlen,<br />
eine präzise Visualisierung<br />
Dass man sich bei Angebot und Vertriebsmodell<br />
auf dem richtigen Weg<br />
befindet, zeigt das bereits vorliegende<br />
Interesse am neuen Modul seitens der<br />
MLRS-Nutzerstaaten. Dazu noch einmal<br />
Horst Reckeweg: „Wir sind überzeugt,<br />
mit unserem Angebot gerade in<br />
Zeiten knapper Wehretats eine Brücke<br />
zwischen Anbieter- und Nachfragerseite<br />
schlagen zu können.“ at<br />
der gesamten Fertigungsdaten sowie<br />
eine vereinfachte Wartung durch zuverlässiges<br />
Netzwerkmanagement.<br />
Die 100-prozentige Verfügbarkeit<br />
des Fertigungsnetzwerkes wird dabei<br />
durch das Hirschmann-Redundanzverfahren<br />
Hiper-Ring gewährleistet.<br />
Das in der Golf-Fertigung eingesetzte<br />
switched full-duplex Ethernet ist<br />
echtzeitfähig und erfüllt in vollem Maße<br />
die hohen Anforderungen in den<br />
verketteten Produktionsprozessen.<br />
Zugleich ist das Hirschmann-Netzwerk<br />
offen für alle künftig absehbaren<br />
Entwicklungen in der Fertigung.<br />
Modul verbessert Treffgenauigkeit und Reichweite<br />
Corect steuert Raketen<br />
per Satellit in das Ziel<br />
Stockach/Ratingen. „Corect“ (COntraves<br />
Rheinmetall Enhanced Correction<br />
of Trajectories) – das ist der Name<br />
für ein von der Oerlikon Contraves<br />
GmbH (Stockach) als Hauptauftragnehmer<br />
und der Rheinmetall W&M<br />
GmbH (Ratingen) gemeinsam entwickeltes<br />
Modul zur satellitengestützten<br />
Flugbahnkorrektur von Artillerieraketen,<br />
das seine Leistungsfähigkeit zur<br />
Zeit im Rahmen eines Demonstratorprogramms<br />
für das Bundesamt für<br />
Wehrtechnik und Beschaffung (BWB)<br />
in Koblenz unter Beweis stellt. Ziel ist<br />
es, die Treffgenauigkeit und maximale<br />
Reichweite der bei der Bundeswehr<br />
verwendeten MLRS-Raketen vom Typ<br />
M26 (mit Bombletgefechtskopf) und<br />
AT-2 (Minenausstoßrakete) zu verbessern<br />
(MLRS = Multiple Launch Rocket<br />
System); gleichzeitig wird damit die<br />
Grundlage für eine später geplante Nutzungsdauerverlängerung<br />
dieser Raketen<br />
– als Gesamtsystem allgemein bekannt<br />
unter dem Namen „Mars“-Raketenwerfer<br />
– geschaffen.<br />
„Die neuen Anforderungsprofile für<br />
die Raketenartillerie sind ohne ein<br />
System zur Flugb<br />
ahnkorrektur<br />
nicht zu verwirklichen“,<br />
erläutert<br />
Diplom-Ingenieur<br />
Helmut Burckhardt,Geschäftsführer<br />
der Oerlikon<br />
Contraves<br />
GmbH, die Aufgabenstellung<br />
für<br />
die Entwicklung<br />
des Corect-Moduls.<br />
„Die Vermeidung<br />
von Kollateralschäden<br />
im verzahnten<br />
Gefecht<br />
(also im kombinierten<br />
Einsatz<br />
verschiedener<br />
Waffensysteme)<br />
sowie im Zusammenhang<br />
mit friedenssichernden Einsätzen<br />
gewinnt mehr und mehr an Bedeutung.<br />
Damit einher geht die Forderung<br />
nach einer wesentlich verbesserten<br />
Präzision bei der Zielbekämpfung.<br />
Mit Blick auf die gleichzeitig gewünschte<br />
Erhöhung der Waffenreichweite<br />
lässt sich dies aber nur durch<br />
den Einsatz modernster Elektronik,<br />
Sensorik und Navigationseinrichtungen<br />
realisieren“, so der 54-jährige<br />
Wehrtechnik-Experte.<br />
Genau hier setzt das Corect-Modul<br />
an. Mit Hilfe seines integrierten GPS-<br />
Empfängers zur satellitengestützten<br />
Navigation (GPS = Global Positioning<br />
System) wird die aktuelle Position der<br />
Rakete während des Fluges bestimmt.<br />
Gleichzeitig ermittelt ein ebenfalls an<br />
Bord befindlicher Magnetfeldsensor<br />
die dazugehörige Rolllage durch eine<br />
Messung des Erdmagnetfelds. Mit<br />
den so gewonnenen<br />
Daten berechnet<br />
ein Bordprozessor<br />
nun die Abweichung<br />
(im<br />
Fachjargon: Ablage)<br />
der Rakete von<br />
der Soll-Flugbahn<br />
und leitet anschließend<br />
die in<br />
Seiten- und Längsrichtungbenötig-<br />
Helmut Burckhardt<br />
ten Korrekturimpulse durch eine zeitgenaue<br />
Aktivierung der Mikroreaktionstriebwerke<br />
ein. „Mit diesem Verfahren<br />
sind wir in der Lage, eine Zielgenauigkeit<br />
von deutlich weniger als<br />
50 Metern Ablage vom gewünschten<br />
Treffpunkt zu erreichen“, freut sich<br />
Horst Reckeweg, Vertriebsleiter für<br />
den Bereich Waffen bei der Rheinmetall<br />
W&M GmbH, über die Wirksamkeit<br />
des neuartigen Moduls: „Gegenüber<br />
den derzeit üblichen Ablage-<br />
Werten ungelenkter Artillerieraketen<br />
von teilweise mehreren hundert Metern<br />
bedeutet dies eine enorme Verbesserung.“<br />
Das Corect-Modul wird zum einen als<br />
„add on“-Variante im Rucksackverfahren,<br />
zum anderen als „integrierte Lösung“<br />
mit Aufnahme des Moduls in<br />
den Raketengefechtskopf angeboten.<br />
Die Reichweitensteigerung ergibt sich<br />
jedoch erst bei der integrierten Lösung<br />
durch eine zur Aufnahme des Korrektur-Moduls<br />
notwendige Reduzierung<br />
der mitgeführten Submunitionsmenge,<br />
was wiederum das Gesamtgewicht<br />
der Rakete reduziert. Reckeweg: „Da<br />
bei vielen der international weit verbreiteten<br />
M26-Raketen in den nächsten<br />
Jahren mit einem Auslaufen der<br />
Nutzungsdauer zu rechnen ist, bieten<br />
wir im Rahmen der integrierten Lösung<br />
erstmals auch die gleichzeitige Umrüstung<br />
der in den Gefechtsköpfen enthaltenen<br />
Bomblets auf Zünder mit<br />
Selbstzerlegungsfunktion sowie die<br />
anschließende Reintegration in den<br />
Gefechtskopf an. Für unsere Kunden<br />
bedeutet dies eine größere Kosteneffizienz<br />
der angestrebten Modernisierungsmaßnahmen.<br />
Ein weiteres Plus:<br />
Sie erhalten die Gesamtlösung aus einer<br />
Hand.“<br />
Genauer: das neuartige Corect-Modul als dreidimensionale<br />
Computeransicht – hier in der integrierten Ausführung.<br />
Tatsächlich bietet letztere viele Vorteile:<br />
Durch den Austausch der bereits<br />
vorhandenen Zünder lässt sich die<br />
auslaufende Nutzungsdauer noch einmal<br />
um mindestens weitere zehn Jahre<br />
verlängern; außerdem wird die<br />
Blindgängerrate mit Hilfe der Selbstzerlegungsfunktion<br />
auf dann unter ein<br />
Prozent gesenkt. Die gleichzeitige<br />
Nachrüstung des Corect-Moduls als integrierte<br />
Lösung sorgt darüber hinaus<br />
für eine Reichweitensteigerung der Raketen<br />
von bisher rund 30 auf dann etwa<br />
40 Kilometer. Die verringerte Anzahl<br />
der Bomblets wird dabei durch<br />
die erhöhte Treffgenauigkeit der Raketen<br />
mehr als kompensiert, was zu erheblichen<br />
Munitionseinsparungen<br />
und einer damit verbundenen Reduzierung<br />
des logistischen Aufwands<br />
führt. Für die Aufrechterhaltung der<br />
Kampfkraft werden nun insgesamt weniger<br />
Raketen benötigt.<br />
„Wir sind sicher,<br />
mit dieser Lösung<br />
eine kostengünstige<br />
und zukunftsfähige<br />
Alternative zu<br />
der um einiges teureren<br />
Anschaffung<br />
von Ersatzraketen<br />
Horst Reckeweg<br />
aufzeigen zu können“,<br />
so Helmut<br />
Burckhardt über die strategischen Hintergründe<br />
des Projektes. „Außerdem<br />
lässt sich das ‚Corect‘-Modul auch bei<br />
anderen eingeführten oder in der Entwicklung<br />
befindlichen Artillerieraketen<br />
einsetzen.“ Die Kombination mit alternativen<br />
Gefechtsköpfen, die dann<br />
zum Beispiel SMArt-Munition (Suchzündermunition<br />
für die Artillerie) oder<br />
sogenannte „High Power“-Module für<br />
die Störung gegnerischer Elektronik-<br />
Komponenten beinhalten könnten, sei<br />
ebenfalls möglich. Eine Serienproduktion<br />
des neuartigen Moduls von Rheinmetall-Defence<br />
ist von 2006 an realisierbar.<br />
Andreas Tümpen
Fotos (4): BMW Group<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Seite 7<br />
Blick unter die Motorhaube des neuen BMW 6er Coupés mit 4,4-Liter-V8-Valvetronic-Antrieb: Unter der Abdeckung „schlummert“ das hochmoderne, vollvariable Schaltsaugrohr der Pierburg GmbH.<br />
Elektronik schafft Variabilität im Automobil – Pierburg-Produkte im Trend<br />
Stufenlos heißt heute die Devise<br />
Jürgen Goroncy<br />
S<br />
Sehen wir uns zunächst im und<br />
am Motor um. Da präsentierte<br />
beispielsweise BMW zuerst<br />
beim neuen 7er – und inzwischen<br />
auch beim 5er – das<br />
weltweit erste vollvariable Schaltsaugrohr.<br />
„Bei diesem System synchronisiert<br />
das Motormanagement stufenlos die<br />
Saugrohrlänge mit der aktuellen Motordrehzahl“,<br />
erläutert Dr. Hans-Joachim<br />
Esch, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der Pierburg GmbH in Neuss , dem<br />
Lieferanten der Sauganlage. Innerhalb<br />
des Saugmoduls existieren für die beiden<br />
Zylinderbänke der V8-Motoren zwei<br />
separate Läuferringe; diese enthalten<br />
jeweils vier getrennte Einlasskanäle, die<br />
sich auf eine Länge zwischen 231 und<br />
673 Millimeter einstellen lassen. Ein<br />
Elektromotor positioniert die Läuferringe<br />
– pro Einlasskanal einer – in weniger<br />
als einer Sekunde auf die gewünschte<br />
Saugrohrlänge. Denn im Saugrohr bewegt<br />
sich die Luft in Form einer Druckwelle<br />
voran, die abhängig von der Motordrehzahl<br />
immer zum günstigsten<br />
Zeitpunkt in den Brennraum eingeleitet<br />
werden soll, um die Zylinderfüllung zu<br />
maximieren.<br />
Früher war bei einstufigen Saugrohren<br />
die Auslegung immer ein Kompromiss<br />
zwischen maximalem Drehmoment<br />
und Leistung. Auch bei den zwischenzeitlich<br />
zwei- oder dreistufigen<br />
Varianten ist die jeweilige Klappenstellung<br />
stets nur für zwei oder drei Drehzahlfenster<br />
optimal ausgelegt. „Ein<br />
stufenloses System à la Pierburg hingegen<br />
sorgt bei allen Drehzahlen für<br />
optimale Leistungs- und Drehmomentwerte<br />
bei gleichem Kraftstoffverbrauch“,<br />
bilanziert Esch.<br />
In absehbarer Zeit könnte dem Keilriemen<br />
das Totenglöcklein schlagen,<br />
falls die von ihm angetriebenen Nebenaggregate<br />
zunehmend auf elektromotorischen<br />
Antrieb umgestellt wer-<br />
Flexibilität und Variabilität im Automobil heißt heute in<br />
der Regel, Elektronik einzusetzen. Der Austausch mechanischer<br />
durch stufenlos elektronisch geregelte Komponenten<br />
hat vielerlei Auswirkungen und findet in fast<br />
allen Fahrzeugsystemen statt. Im folgenden „<strong>Profil</strong>“-<br />
Beitrag beschreibt Jürgen Goroncy (53), freiberuflicher<br />
Journalist aus Besigheim am Neckar und profunder<br />
Kenner der Materie, einige zukunftsträchtige Neuerungen<br />
auf diesem Marktsektor – darunter auch hochmoderne<br />
Systemtechnik aus dem Hause der zu Rheinmetall-Automotive<br />
gehörenden Pierburg GmbH in Neuss.<br />
den. Etwa die Kühlmittelpumpe, die<br />
Pierburg weltweit als Erster bereits in<br />
einer elektrischen Variante zur Kühlung<br />
der Ladeluft des Turboladers im<br />
Mercedes C 30 CDI AMG einsetzt. Im<br />
kommenden Frühjahr läuft die Pumpe<br />
in ihrer eigentlichen Bestimmung bei<br />
einem weiteren Automobilhersteller in<br />
Großserie an. Angetrieben wird die<br />
Pumpe von einem Spaltrohr-Elektromotor<br />
ohne verschleißträchtige Gleit-<br />
Vollvariables Schaltsaugrohr: BMW 5er.<br />
ringdichtungen, der zudem keinen<br />
Bürstenwechsel benötigt, da er elektronisch<br />
kommutiert ist.<br />
Die Kühlleistung der neuen Pumpe<br />
steuern Daten wie Lufttemperatur, Motorlast,<br />
Fahrgeschwindigkeit und Kühlmitteltemperatur.<br />
Durch diese Unabhängigkeit<br />
vom Keilriemen und der Motordrehzahl<br />
stellt die Kühlmittelpumpe<br />
exakt die Kühlleistung bereit, die das<br />
Thermomanagement als Bedarf errech-<br />
Vollvariabel: die stufenlose Ölpumpe, deren Fördervolumen<br />
an den aktuellen Schmiermittelbedarf angepasst werden kann.<br />
net. Der verlustträchtige Dauerbetrieb<br />
ist somit passé. Beispielsweise wird die<br />
elektrische Kühlmittelpumpe beim Kaltstart<br />
nur mit geringer Leistung betrieben,<br />
damit der Verbrennungsmotor<br />
schneller die Betriebstemperatur erreicht.<br />
Als angenehme „Nebenerscheinung“<br />
liefert dadurch die Heizung auch<br />
schneller Wärme für die Passagiere.<br />
„Durch die bedarfsgerechte Regelung<br />
reicht beispielsweise für einen<br />
Pkw mit deutlich über 100 Kilowatt Motorleistung<br />
eine elektrische Kühlmittelpumpe<br />
mit 0,2 Kilowatt Aufnahmeleistung.<br />
Bei einer herkömmlichen riemengetriebenen<br />
Pumpe sind dafür<br />
mindestens 1,5 Kilowatt erforderlich“,<br />
rechnet Esch vor: „Als Folge davon<br />
lässt sich nach unseren Berechnungen<br />
mit der elektrischen Kühlmittelpumpe<br />
bis zu einem halben Liter Kraftstoff auf<br />
100 Kilometer sparen.“<br />
Alsweiteren Vorteil sieht er die flexiblen<br />
Einbaumöglichkeiten an. Ist die<br />
herkömmliche Pumpenposition noch<br />
untrennbar an die Lage des Riementriebs<br />
geknüpft, kann die elektrisch<br />
angetriebene Variante beliebig platziert<br />
werden. Etwa direkt am Kühler<br />
oder da, wo noch genügend Bauraum<br />
vorhanden ist.<br />
Als Drittes im Trio der stufenlosen Systeme<br />
präsentiert Pierburg zurzeit eine<br />
Ölpumpe, deren Fördervolumen flexibel<br />
an den aktuellen Schmiermittelbedarf<br />
angepasst werden kann. Denn zum einen<br />
wird der Öl- und Schmierungsbedarf<br />
in Zukunft ansteigen, da moderne<br />
Motoren immer häufiger mit schmierintensiven<br />
Aufgaben wie hydraulischen<br />
Ventilsteuerungen, Nockenwellenverstellungen<br />
sowie mit kühlintensiven<br />
Aluminium-Kurbelgehäusen aufwarten.<br />
Insbesondere im unteren Drehzahlbereich<br />
sorgt hier eine kontinuierlich geregelte<br />
Ölpumpe für einen bedarfsgerechten,<br />
erhöhten Ölvolumenstrom. Die<br />
bisherigen drehzahlgekoppelten Pumpen<br />
weisen hier Defizite auf.<br />
Zum anderen entwickeln die konventionellen<br />
Ölpumpen in höheren Drehzahlbereichen<br />
erhebliche Verlustleistungen,<br />
die bei einer geregelten Variante<br />
entfallen. „Darüber hinaus werden<br />
die vollvariablen Pumpen die Belastung<br />
und Alterung des Öls verringern<br />
und somit zu längeren Ölwechsel-Intervallen<br />
verhelfen“, ist Pierburg-<br />
Chef Esch überzeugt.<br />
Mit der neu entwickelten Kühlmittelpumpe des Automobilzulieferers Pierburg hat<br />
der Nylonstrumpf als Ersatz für gerissene Keilriemen ausgedient: Die Pumpe wird<br />
unabhängig vom Fahrzeugantrieb durch einen eigenen Elektromotor betrieben.<br />
Technisch handelt es sich bei der<br />
neuen Lösung um Flügelzellenpumpen,<br />
deren Förderleistung mit Hilfe eines<br />
druckgesteuerten Verstellringes<br />
geregelt wird. Letzterer verringert bei<br />
höher werdenden Motordrehzahlen<br />
die Exzentrizität relativ zum Rotor der<br />
Pumpe und damit das Fördervolumen.<br />
Denn ansonsten würden sich<br />
die Fördermenge und damit der Druck<br />
kontinuierlich erhöhen. Bei niedriger<br />
Motordrehzahl wird dagegen bei maximalen<br />
Exzentrizität der volle<br />
Volumenstrom gefördert.<br />
Diese kontinuierliche Regelung<br />
reduziert – bei optimaler<br />
Ölversorgung der Antriebsaggregate<br />
– die Leistungsaufnahme<br />
der Flügelzellenpumpe<br />
und trägt zur Kraftstoffeinsparung<br />
bei. Außerdem<br />
sind geregelte Pumpen<br />
leichter, da ihr Gehäuse aus<br />
Aluminium-Druckguss besteht<br />
und ansonsten nur wenig weitere<br />
Hauptkomponenten wie etwa Rotor,<br />
Rotorflügel und Schieber anfallen.<br />
„Wir wollen ab 2004 zwei Varianten<br />
der kontinuierlich geregelten Ölpumpe<br />
auf dem Markt anbieten“, gibt<br />
Esch einen Ausblick auf die nahe Zukunft.<br />
„Zum einen eine Grundversion,<br />
zum anderen eine Mikropumpe<br />
mit gleicher Leistung, aber deutlich<br />
kleineren Abmessungen.“<br />
Die Elektrifizierung ehemals mechanischer<br />
Systeme hält seit einiger Zeit<br />
auch bei Getrieben Einzug. So wird<br />
mit Hilfe einer kompakten mechatronischen<br />
Steuereinheit am Getriebegehäuse<br />
der Gangwechsel bei Wandlerautomatiken<br />
oder bei automatisierten<br />
Schaltgetrieben geregelt. Dadurch<br />
sind softwarebasierte, höchst<br />
flexible Schaltstrategien und somit<br />
Kraftstoffeinsparungen möglich.<br />
Ein weiteres Beispiel ist die Aktivlenkung<br />
im neuen 5er-BMW,<br />
die mit elektrischer Unterstützung<br />
die Lenkübersetzung<br />
stufenlos variieren<br />
kann. Ein Elektromotor<br />
bringt je nach Fahrtgeschwindigkeit<br />
per Doppelplanetengetriebe<br />
ein zusätzliches<br />
Lenkmoment –<br />
negativ oder positiv – in die<br />
Zahnstangenlenkung ein.<br />
Somit erzeugt der Fahrer bei<br />
gleichem Lenkradeinschlag eine<br />
mehr oder weniger ausgeprägte Richtungsänderung.<br />
Sogar der Scheibenwischerantrieb<br />
profitiert von der Elektronik. Dank neuer<br />
reversierender Elektromotoren lassen<br />
sich die Wischgeschwindigkeit<br />
und die Positionierung des Wischblatts<br />
flexibel verändern, um die Umlege-<br />
sowie die Windgeräusche zu vermindern.<br />
Jürgen Goroncy<br />
Hans-Joachim Esch<br />
Pierburg-Entwicklungsfachmann Albert Gerster mit der neuen Kühlmittelpumpe. Dieses System ist bereits in einer elektrischen Variante<br />
zur Kühlung der Ladeluft des Turboladers im Mercedes C 30 CDI AMG integriert; es senkt den Spritverbrauch und schont mithin die Umwelt.<br />
Composing: frei-stil<br />
Fotos: Danetzki + Weidner/DaimlerChrysler
Seite 8 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
D<br />
Die 11. Wehrtechnikmesse<br />
MSPO in Kielce<br />
(Polen) stand ganz im<br />
Zeichen der Umstrukturierung<br />
und dem –<br />
im Sechsjahresprogramm<br />
von <strong>2003</strong> bis<br />
2008 festgelegten – Modernisierungsbedarf<br />
der polnischen Streitkräfte.<br />
In diesem Rahmen hatten die<br />
Kooperationen der heimischen Industrie<br />
mit ausländischen Partnern<br />
eine große Bedeutung. 270 Unternehmen<br />
aus 22 Ländern nahmen an<br />
dieser Messe teil; davon waren 70<br />
Prozent polnische Unternehmen.<br />
Von der Rheinmetall-DeTec-Gruppe<br />
waren die Firmen Rheinmetall Landsysteme,<br />
Rheinmetall W & M, Oerlikon<br />
Contraves, Oerlikon Contraves<br />
Pyrotec sowie Nico Pyrotechnik vertreten.<br />
Präsentationsschwerpunkte<br />
waren unter anderem die gepanzerten<br />
Fahrzeuge, die logistische Unterstützung<br />
der von der Bundeswehr<br />
übernommenen 128 Leopard-2-<br />
Kampfpanzer, die terrestische Flugabwehr<br />
sowie die Themen Mittelkaliber-<br />
und Artillerie-155mm-Munition.<br />
Der auf der Grundlage der im Mai<br />
2002 vom Ministerrat verabschiedeten<br />
„Strategie der strukturellen Umgestaltung<br />
des Potenzials der Verteidigungsindustrie<br />
in den Jahren 2002<br />
bis 2005“ eingeleitete Umstrukturierungs-<br />
und Konsolidierungsprozess<br />
der polnischen Rüstungsindustrie<br />
fand seinen sichtbaren Ausdruck in<br />
dem Messestand der Bumar-Gruppe,<br />
in der jetzt 13 Unternehmen zusammengeschlossen<br />
sind und weitere<br />
sieben Unternehmen bis Ende <strong>2003</strong><br />
eingebunden werden. Diese Gruppe<br />
wird – mit ihrem Produktspektrum<br />
gepanzerte Fahrzeuge, Motoren, Waffen,<br />
Raketen und Munition – im Wesentlichen<br />
die zukünftige Heeresindustrie<br />
Polens repräsentieren.<br />
Vertiefte<br />
Kontakte<br />
Die Agencia Rozwoju Przemyslu S.A.<br />
ist eine weitere Gruppierung, die die<br />
Luftfahrt- und Radio-Elektronik-Industrie<br />
des zukünftigen EU-Mitgliedslandes<br />
repräsentiert. Insgesamt besteht<br />
die polnische Rüstungsindustrie<br />
aus 38 Rüstungsbetrieben mit rund<br />
30000 Beschäftigten; weitere 5000<br />
Mitarbeiter sind in den zwölf Militärbetrieben<br />
beschäftigt. Mit Ausnahme<br />
des Marineschiffbaus waren alle bedeutenden<br />
polnischen Wehrtechnik-<br />
Unternehmen auf der MSPO vertreten.<br />
Während der Messe hat die Rheinmetall<br />
Landsysteme GmbH mit der<br />
Bumar-Gruppe in Anwesenheit hoher<br />
politischer und militärischer Vertreter<br />
aus Polen eine Zusammenarbeitsvereinbarung<br />
für die logistische<br />
Unterstützung der von der Bundeswehr<br />
übernommenen Panzerfahrzeuge<br />
unterzeichnet. Die polnischen<br />
Streitkräfte haben auf der Grundlage<br />
der zwischen dem deutschen und<br />
polnischen Verteidigungsministerium<br />
am 29. Januar 2002 in Berlin und<br />
am 29. April 2002 in Warschau unterzeichneten<br />
Verträge 128 Leopard<br />
2A4, zehn Bergepanzer 2, vier Biber-<br />
Brückenlegepanzer, 43 M-113-Mannschaftstransportwagen<br />
sowie weitere<br />
Fahrzeuge erhalten. Diese Vereinbarung<br />
ist zugleich ein wichtiger<br />
Schritt für die industrielle Zusammenarbeit<br />
beider Länder. So standen<br />
denn auch auf dem Rheinmetall-Stand<br />
eine 120mm-Glattrohrkanone<br />
und die zugehörige Munition<br />
im Mittelpunkt. Dieter Hanel<br />
Generalleutnant Edward Pietrzyk<br />
(r.), Generalstabschef des polnischen<br />
Heeres, im Gespräch mit<br />
RLS-Marketingleiter Dieter Hanel.<br />
Industrial Ethernet von Hirschmann schafft die durchgängige Vernetzung der Fertigung des neuen T5-Transporters (Multivan) von Volkswagen Nutzfahrzeuge.<br />
Hirschmann Electronics: Industrial Ethernet schafft durchgängige Vernetzungslösung der T5-Fertigung<br />
Produktive Transparenz für den neuen Multivan<br />
dp Hannover/Neckartenzlingen. Mit<br />
dem neuen Multivan debütiert die<br />
fünfte Generation des VW-Transporters.<br />
Sie steckt voller Innovationen<br />
und entsteht im Rahmen eines mindestens<br />
ebenso innovativen Fertigungs-Konzepts.<br />
Erstmals im Hause<br />
Volkswagen wurden durchgängig alle<br />
Ebenen über Industrial Ethernet von<br />
HIrschmann vernetzt. Die vertikale Integration<br />
bringt neue Transparenz und<br />
Dynamik in die Gesamt-Geschäftsprozesse.<br />
Mit Marktanteilen von 23,8 Prozent<br />
bei den leichten Nutzfahrzeugen und<br />
49,9 Prozent bei den leichten Transportern<br />
steht die Marke Volkswagen in<br />
Deutschland weit vor der Konkurrenz.<br />
Wegbereiter waren die alten Bullis, die<br />
als Pritschenwagen, Transporter,<br />
Kleinbus und Campingfahrzeug „Karriere“<br />
machten. Fast 50 Jahre nach ihrer<br />
Geburtsstunde ist jetzt eine neue,<br />
fünfte Generation am Zuge.<br />
Zweifellos wird der Multivan T5 Modell<br />
<strong>2003</strong>, von dem am Standort Hannover<br />
täglich 750 Einheiten produziert<br />
werden, die Erfolgsgeschichte weiterschreiben.<br />
Dabei punkten Merkmale<br />
wie Qualität und hohe Flexibilität des<br />
Multivan-Konzepts. Mindestens ebenso<br />
zukunftsweisend sind auch die Fertigungsstrukturen<br />
des T5 im Zeichen<br />
globaler Arbeitsteilung. Ein Großteil<br />
der Komponenten stammt aus dem<br />
konzernweiten Fertigungsverbund; darin<br />
neben eigenen Standorten weltweit<br />
3687 Zulieferer in 42 Ländern. Die<br />
Voraussetzung für solch dynamische<br />
Geschäftsprozesse ist durchgängige<br />
Transparenz auf allen Unternehmensebenen<br />
von der <strong>Internet</strong>plattform bis<br />
in die Fertigungsebene.<br />
Hier setzt die durchgängige Vernetzung<br />
der T5-Produktion neue Maßstäbe.<br />
Ein echtzeitfähiges Voll-Duplex-<br />
Switching-Ethernet von Hirschmann<br />
Industrial Solutions verknüpft alle Fertigungsbereiche<br />
von Presswerk über<br />
Karosseriebau, Lackiererei, Montagen<br />
bis hin zum standortüberspannenden<br />
Volkswagen Kommunikationsnetz.<br />
Das TCP/IP-Protokoll (TPC=Transmission<br />
Control Protocol; IP = <strong>Internet</strong> Protocol)<br />
ermöglicht die Kommunikation<br />
ohne Medienbrüche über alle Ebenen<br />
hinweg. Erstmals läuft der gesamte<br />
Datenverkehr einschließlich taktgebundener<br />
Daten auf dem Ethernet.<br />
„Dass wir in den Fertigungslinien<br />
des T5 eine durchgängige Ethernet-<br />
Vernetzung realisieren konnten, bedeutet<br />
einen riesigen Schritt in die Zukunft,<br />
der mit Sicherheit konzernweit<br />
Schule machen wird“, versichert Ulrich<br />
Lichtblau, zuständig für das Netzdesign<br />
in der Elektroplanung bei VW-<br />
Nutzfahrzeuge. „Durch die herstellerneutrale<br />
Schnittstelle mit TPC/IP ist eine<br />
transparente Anbindung von der<br />
Feldebene bis hin an das <strong>Internet</strong> gegeben.<br />
Somit haben wir uns von herstellerspezifischen<br />
Protokollen unabhängiggemacht,<br />
sie kontenweitestgehendentfallen.<br />
Wir haben<br />
jetzt eineneinheitlichen<br />
Standard, den<br />
wir auch wirklich für alle intelligenten<br />
Teilnehmer nutzen. Das ist für uns<br />
wichtig!“<br />
Schon während der vergangenen<br />
zehn Jahre war am Standort Hannover<br />
ein – allerdings nicht echtzeitfähiges –<br />
shared Ethernet in bekannter Sternkopplertechnik<br />
von Hirschmann zum<br />
Einsatz gekommen. Mit der jüngsten,<br />
geswitchten Netzwerk-Generation hingegen<br />
können jetzt die speziellen An-<br />
forderungen für Automationsprozesse<br />
und die Produktionsanlagen erfüllt<br />
werden. Eine entscheidende Rolle<br />
spielt bei entsprechendem Aufbau<br />
auch die Echtzeitfähigkeit des Ethernet.<br />
Weitere wichtige Merkmale aktueller<br />
Netze, die bis in die Feldebene<br />
reichen, sind hohe Verfügbarkeit einschließlich<br />
schneller, automatischer<br />
Rekonfiguration nach Störungen, bei<br />
Bedarf volle Redundanz, elektromagnetische<br />
Verträglichkeit (EMV) sowie<br />
Temperatur- und Vibrationsfestigkeit.<br />
Manfred Placzek,<br />
Senior Account<br />
Manager bei<br />
Hirschmann<br />
Automation<br />
&<br />
NetworkSolutions,<br />
fasst<br />
zusammen:<br />
„Für<br />
die Qualität des Gesamtsystems –<br />
sprich echtzeitfähige Vermittlungsbandbreite,<br />
Verfügbarkeit und Sicherheit<br />
der Datenübertragung – sind sowohl<br />
die entsprechend ausgelegten<br />
Industriekomponenten, die anwendungsspezifisch<br />
richtige Verkabelung<br />
als auch die Struktur des Netzwerks<br />
entscheidend. Mit einer redundanten<br />
Struktur und über Backbone verbundene<br />
Netze verschiedener Geschwin-<br />
Imposante Fotoimpression: der T5-Lackofen am Produktionsstandort Hannover.<br />
digkeiten konnten wir den Funktionsmerkmalen<br />
der T5-Fertigung entsprechen.“<br />
Bei Volkswagen-Nutzfahrzeuge ist<br />
das Know-how des Neckartenzlinger<br />
Elektronik-Partners schon seit vielen<br />
Jahren geschätzt. In Zusammenarbeit<br />
mit Hirschmann Electronics konnten<br />
unter anderem besondere Servicefunktionen<br />
realisiert werden. Auch<br />
dieses jüngste Vernetzungsprojekt<br />
verlief in kreativer Partnerschaft und<br />
zur Zufriedenheit des Kunden.<br />
„Unsere Vorgaben mit besonderen<br />
Funktionsanforderungen wurden sehr<br />
gut umgesetzt. Das lag zum Großteil<br />
auch an der Gesamtkompetenz der<br />
Partner Hirschmann und DS Data Systems,<br />
die den besonderen Anforderungen<br />
beim Aufbau eines industriellen<br />
Ethernet Netzwerks und beim Netzund<br />
Kabelmanagement gerecht wurden.<br />
Auch die rund 20 Anlagenbauer<br />
und deren Subunternehmer haben viel<br />
Kompetenz bei der Ausführung des<br />
Netzwerks bewiesen“, urteilt der verantwortliche<br />
VW-Planer Ulrich Lichtblau.<br />
Nicht zuletzt floss die durchweg<br />
positive Erfahrung der für Instandhaltung<br />
zuständigen Fachabteilung Rechnersysteme<br />
in den Aufbau der neuen<br />
Netzwerkgeneration ein. Positive Effekte<br />
ergaben sich auch durch die einheitlichen<br />
Standards und Minimierungen<br />
bei Protokollen und Schnittstellen.<br />
„Für die sicherlich hohen Investitionskosten<br />
der Ethernetvernetzung haben<br />
wir ein Optimum an notwendiger<br />
Funktionalität und Service für unsere<br />
Fertigung bekommen“, resümiert der<br />
Netzdesigner zufrieden. „Die herstellerübergreifende<br />
Offenheit mit der<br />
Vielzahl vorhandener Protokolle<br />
(TCP/IP, HTP, FTP, NTP, SNMP, usw.)<br />
schafft eine wirtschaftliche und zukunftsorientierte<br />
Vernetzungslösung.<br />
Deshalb wird Ethernet sicherlich auch<br />
weltweit in der gesamten Automobilindustrie<br />
verstärkt eingesetzt werden.“<br />
Schon heute steht fest, dass die<br />
Messlatte für durchgängige Transparenz<br />
der Fertigungslinien innerhalb<br />
des Volkswagen-Konzerns bald wieder<br />
höher hängen wird: Die weitaus komplexere<br />
Fertigung des neuen Golf A5<br />
mit einer geplanten Tagesproduktion<br />
von 2200 Stück wird mit einem durchgängigen<br />
Switching Ethernet nach<br />
nunmehr bewährtem Muster mindestens<br />
ebenso transparent. Parallel zur<br />
aktuellen Golf-A4-Fertigung entstehen<br />
am Konzernstandort Wolfsburg auf<br />
rund 100000 Quadratmetern Fläche<br />
neue, über Industrial Ethernet vernetzte<br />
Strukturen für den Karosseriebau.<br />
Allein hier kommen mehr als 1200<br />
Railswitch-Systeme (Hirschmann<br />
MS2108-2) mit insgesamt 7000 aktiven<br />
Teilnehmerports zum Einsatz. So<br />
wird der Golf als Namensgeber seiner<br />
eigenen Fahrzeugklasse auch in puncto<br />
Fertigungstransparenz und damit<br />
verbundenen Vorteilen wieder neue<br />
Maßstäbe setzen.<br />
Fotos(3): Volkswagen Nutzfahrzeuge
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Das aktuelle Thema<br />
Seite 9<br />
D<br />
Der Diesel boomt. Sparsamkeit, Fahrfreude und Fahrkultur sind beim Selbstzünder<br />
heute selbstverständlich. Und darum gewinnt er in Riesenschritten<br />
Marktanteile – die Zahlen lassen aufhorchen: Laut dem Verband der Deutschen<br />
Automobilindustrie (VDA) konnte der Diesel bei Pkw-Neuwagen in der<br />
ersten Jahreshälfte <strong>2003</strong> satte 38,7 Prozent Marktanteil erobern; in Westeuropa<br />
waren es sogar 42,1 Prozent. Ein genauer Blick in die VDA-Zahlen belegt zudem, dass<br />
Deutschland noch Nachholbedarf beim Diesel haben könnte: In Österreich hatten 71,4<br />
Prozent der Neuwagen Dieselantrieb; DaimlerChrysler gar verbucht dort 80 Prozent An-<br />
Kolbenschmidt Pierburg profitiert vom Dieselboom – große Produktpalette<br />
Zündende Ideen für Selbstzünder<br />
D<br />
Die zum Rheinmetall-<br />
Konzern gehörende<br />
Kolbenschmidt-Pierburg-Firmengruppe<br />
konnte von diesem<br />
Boom kontinuierlich<br />
profitieren. Denn in den<br />
Diesel-Pkw namhafter Hersteller fahren<br />
Kolben, Motorblöcke und Gleitlager<br />
des Automotive-Spezialisten Kolbenschmidt<br />
Pierburg ebenso mit wie<br />
Systeme zur Luftversorgung- und<br />
Schadstoffreduzierung sowie Pumpen.<br />
Auf den Punkt gebracht, bietet<br />
der Rheinmetall-Unternehmensbereich<br />
Automotive in der Tat viele „zündende“<br />
Systemkonzepte für den<br />
Selbstzünder.<br />
Kein Wunder, denn alle führenden<br />
Autokonzerne der Welt verlassen sich<br />
heute in immer höherem Maße auf die<br />
Zulieferer, deren technologisches<br />
Know-how angesichts immer geringerer<br />
Fertigungstiefen bei den Autoproduzenten<br />
stetig an Bedeutung gewinnt.<br />
„Kolbenschmidt Pierburg ist ein<br />
wichtiger Lieferant von Kolben und<br />
Gleitlagerschalen in Dieselmotoren<br />
von Mercedes-Benz“, bekräftigt Gerd<br />
Esser, Sprecher bei Global Product<br />
Communications, Mercedes-Benz Passenger<br />
Cars. Die Module, Systeme und<br />
Komponenten rund um den Motor<br />
werden dabei in enger Zusammenarbeit<br />
und im Auftrag der Autohersteller<br />
entworfen und produziert.<br />
So wie der Kolben. Völlig unsichtbar<br />
arbeitet dieses System im Motor. Beim<br />
Diesel ist der Kolben vor allem deshalb<br />
wichtig, weil er klaglos enormen<br />
Belastungen standhalten muss. Und<br />
dies bei komplizierten Oberflächenformen,<br />
die für den optimalen Ablauf der<br />
Verbrennung entscheidend sind. Hier<br />
kommt die KS Kolbenschmidt GmbH in<br />
Neckarsulm ins Spiel. Dort – wie auch<br />
in anderen Firmen von Rheinmetall-<br />
Automotive – erfüllen die Entwickler<br />
mit ihren Lösungen die Vorgaben der<br />
Motorenhersteller.<br />
Ein Kolben ist nicht nur ein simpler<br />
Metallblock, sondern ein komplex<br />
durchdachtes Stück Gießkunst, wie Dr.<br />
Hartmut Kamp, Leiter der Kolbenentwicklung<br />
beim Neckarsulmer Spezialisten,<br />
erläutert: „Für den Einsatz in<br />
Pkw-Dieselmotoren sind dies aktuell<br />
Kolben, die im Schwerkraft-Kokillenguss<br />
hergestellt werden – hochbelastbar<br />
und gleichzeitig preisgünstig.“<br />
Solche Kolben haben heute einen<br />
Kühlkanal. Im Betrieb wird dieser Kanal<br />
mit Öl zur Wärmeabfuhr durchspült.<br />
„Unsere Stärke liegt auch in unserem<br />
Wissen um die Entwicklung dieser<br />
Produkte – und zwar in Kooperation<br />
mit unseren Kunden. Denn ein Kolben<br />
ist immer ein maßgeschneidertes<br />
Produkt“, verdeutlicht Kamp die Bedeutung<br />
der engen Zusammenarbeit.<br />
Auch beim „Arbeitsplatz“ eines Kolbens,<br />
dem Zylinderkurbelgehäuse<br />
Fotos: Volvo, BMW + DaimlerChrysler<br />
(ZKG) bzw. Motorblock, kommt es auf<br />
den richtigen Guss an. Die KS Aluminium-Technologie<br />
<strong>AG</strong> (AT<strong>AG</strong>) setzt hierbei<br />
auf hochwertige Legierungen und<br />
optimierte Gießverfahren, um trotz hoher<br />
Bauteilbeanspruchung vergleichsweise<br />
leichte Diesel-Zylinderkurbelgehäuse<br />
darstellen zu können. „Interessant<br />
sind die unterschiedlichen konstruktiven<br />
Ansätze, mit denen die Diesel-spezifischen<br />
Anforderungen erfüllt<br />
werden“, erläutert Dr. Eduard Köhler,<br />
Leiter der Entwicklung Motorblöcke in<br />
Neckarsulm (s. auch Interview zur Thematik<br />
in dieser „<strong>Profil</strong>“-Ausgabe).<br />
Schließlich steht die Forderung im<br />
Raum, den Diesel, der – über den Daumen<br />
gepeilt – die doppelten Zylinderdrücke<br />
aushalten muss und darum<br />
Dr. Hartmut Kamp Peter Klotzbach<br />
prinzipiell massiver ist als ein Ottomotor,<br />
dennoch möglichst leichtgewichtig<br />
zu bauen. Das hat die AT<strong>AG</strong> im Markt<br />
bereits erfolgreich umgesetzt: Ihre Motorblöcke<br />
stecken zum Beispiel im Reihen-4-Zylinder<br />
von Daimler Chryslers<br />
A-Klasse, bei Volvo im Reihen-5-Zylinder,<br />
bei Volkswagen im Reihen-5-Zylinder<br />
und im V-10-Zylinder-TDI-Motor,<br />
dem stärksten Pkw-Dieselmotor der<br />
Welt.<br />
Innovative Entwicklungen, modernes<br />
Systemdesign, erstklassige Werkstoffe<br />
und hohe Qualität sind bei Kolbenschmidt<br />
Pierburg oberstes Gebot.<br />
Der Erfolg des Diesels hat in diesem<br />
Kontext für Hartmut Kamp nicht nur<br />
viele Väter, sondern auch eine Vorgeschichte:<br />
„Die Änderungen, die den<br />
heutigen Erfolg begründen, haben bereits<br />
Mitte der achtziger Jahre stattgefunden“,<br />
blickt der 52-jährige Ingenieur<br />
zurück.<br />
Entscheidend, da ist sich Kamp sicher,<br />
war die Einführung der Direkteinspritzung<br />
und Turboaufladung (TDI).<br />
Ein deutlicher Fortschritt beim Brennstoffverbrauch<br />
und die Anhebung der<br />
Motorleistung bewirkten den Imagewechsel<br />
beim Endverbraucher. Der<br />
nahm den Dieselmotor „nicht mehr<br />
als den eher langweiligen Sparmotor,<br />
sondern als die sparsame ‚Kraft‘-Maschine<br />
wahr“, sagt Hartmut Kamp.<br />
Zwar sei dafür in erster Linie die Einspritztechnik<br />
verantwortlich gewesen,<br />
aber nicht zuletzt auch die deutlich gesteigerte<br />
Belastbarkeit der mechanischen<br />
Komponenten wie eben der Kolben.<br />
Sein Kollege Peter Klotzbach, Leiter<br />
der Hauptabteilung Schadstoffreduzierung<br />
der Pierburg GmbH in<br />
Neuss, ergänzt: „Kurz gesagt, wurde<br />
den Kunden das geboten, was sie als<br />
‚Fahrspaß‘ empfinden.“ Nicht von ungefähr<br />
gehen beim Diesel also Fahrspaß<br />
und Sparspaß Hand in Hand.<br />
So wie Kolbenschmidt sorgt denn<br />
auch die Pierburg-Gruppe für die Freude<br />
am Diesel-Fahren – mit ihren Modulen,<br />
Systemen und Komponenten<br />
zur Luftversorgung und zur Schadstoffreduzierung.<br />
Komplette Saugrohrmodule<br />
und elektrische Drosselklappen<br />
gehören dabei ebenso zum Produktportfolio<br />
wie Vakuumpumpen, Ölpumpen<br />
sowie mechanische und demnächst<br />
auch elektrische Wasserpumpen.<br />
Besonders ausgefeilt: Elektromotorische<br />
Ventile von Pierburg steuern<br />
die Abgasrückführung – High tech für<br />
Auch im ersten Halbjahr <strong>2003</strong> legten die Verkäufe von Diesel-Pkw, so der Verband<br />
der Automobilindustrie in einer aktuellen Analyse, weiter zu. So erhöhte<br />
sich in Westeuropa der Dieselanteil an den insgesamt neu zugelassenen Fahrzeugen<br />
auf insgesamt 42,1 Prozent. Den „dieselnden“ Spitzenplatz belegt<br />
Österreich – mit satten 71,4 Prozent, dicht gefolgt von Belgien und Frankreich.<br />
teil am Absatz. Dicht hinter dem Alpenland folgen Belgien und Frankreich mit über 60<br />
Prozent. Weltweit waren ein Viertel aller verkauften Fahrzeuge mit dem Selbstzünder unterwegs,<br />
davon die Hälfte Pkw. Tendenz: Steigend. Bei Mercedes-Benz etwa hat sich der<br />
Dieselanteil im Pkw-Bereich von 1998 bis heute weltweit verdoppelt, in Deutschland<br />
sogar nahezu um das Zweieinhalbfache erhöht. – Vor allem fortschrittliche Technik verhalf<br />
dem Diesel im vergangenen Jahrzehnt zu einem völlig neuen Image: Vom Kleinstwagen<br />
bis zur Luxuslimousine – der Diesel ist dabei. Mit gutem Grund: Laut VDA verbrauchen<br />
Diesel über alle Klassen hinweg etwa ein Drittel weniger Kraftstoff als Benziner.<br />
Shooting star: Der Diesel, lange Zeit nur als braves Arbeitspferd genutzt, boomt. Sparsamkeit,<br />
Fahrfreude und Fahrkultur sind beim Selbstzünder heute selbstverständlich,<br />
und zwar quer durch die Modellreihen. Entsprechend die Zulassungszahlen: Sie<br />
schnellen in die Höhe – allein in Westeuropa im 1. Halbjahr <strong>2003</strong> auf über 42 Prozent.<br />
höchste Ansprüche, ohne die auch der<br />
Umweltschutz in heutigem Maße nicht<br />
realisiert werden könnte (siehe dazu<br />
auch „<strong>Profil</strong>“-Beitrag „Haben offene<br />
Türen eingerannt“ auf Seite 5 dieser<br />
Ausgabe).<br />
Apropos Umweltschutz: Trotz der<br />
enormen Fortschritte steht der Diesel<br />
noch immer in der Umweltkritik. Dazu<br />
stellt der VDA fest, dass der Diesel den<br />
Löwenanteil am Rückgang der Kohlendioxidemissionen<br />
gebracht hat.<br />
Gleichwohl berührt die Umweltfrage<br />
alle Entwickler rund um den Motor.<br />
Künftig werden darum immer mehr<br />
Fahrzeuge mit Abgas-Nachbehandlung<br />
wie Katalysatoren gegen die<br />
Stickoxide und Partikelfilter ausgerüstet.<br />
Bei Kolbenschmidt geht man davon<br />
aus, dass beide Maßnahmen mit<br />
einem weiteren Anstieg der Zylinderdrücke<br />
verbunden sein werden. Diese<br />
sind beim Diesel ohnehin schon deutlich<br />
höher als beim Ottomotor. Darum<br />
arbeitet man in Neckarsulm an den<br />
nötigen technischen Lösungen, die<br />
diese Belastungssteigerung möglich<br />
machen.<br />
„Dazu entwickeln wir neue Werkstoffe<br />
und Gießverfahren, außerdem<br />
Techniken zur lokalen Verstärkung der<br />
kritischen Bereiche an den Kolben<br />
(FibreKS)“, sagt Chefentwickler Kamp:<br />
„Die Entwicklung hin zum Common<br />
Rail und immer höheren Einspritzdrücken<br />
verlangsamt zwar den Anstieg<br />
der Muldenrandtemperaturen. Letztlich<br />
nähern sie sich dann trotz Kühlkanal<br />
dem für Aluminium-Kolbenlegierungen<br />
kritischen Bereich größer 400<br />
Grad Celsius an.“ Als Lösung bietet<br />
Kolbenschmidt Pierburg den Kühlkanalmit<br />
variablem Querschnitt an: „Ziel<br />
dieser Entwicklung war es, eine bessere<br />
Kolbenkühlung bei gleichzeitiger<br />
Gewichtseinsparung sowie höhere<br />
Bauteilfestigkeit zu erreichen. Im Vergleich<br />
zum Standardkühlkanal ermöglicht<br />
der variable Kühlkanal am Muldenrand<br />
um rund 10°C und in der Topringnut<br />
rund 15°C niedrigere Tempe-<br />
Dieselmotor und Oberklasse – schon lange kein Thema mehr: Die internationalen Automobilhersteller tragen diesem Trend Rechnung, wie Volvo XC90, BMW 730d/740d und Mercedes E 400 CDI zeigen.<br />
Quelle: VDA; Foto: Volkswagen <strong>AG</strong><br />
(Fortsetzung auf Seite 10)
Foto: BMW<br />
Seite 10 Das aktuelle Thema<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
G<br />
Gepaart mit hoher Fahrdynamik,<br />
bereiten modernePkw-Dieselmotoren<br />
mit Direkteinspritzung<br />
(DI) dank geringemKraftstoffverbrauch<br />
Fahrspaß in<br />
doppelter Hinsicht. Gleichzeitig setzen<br />
Umweltanforderungen den Diesel im<br />
wahrsten Sinne des Wortes unter<br />
Druck. Leichte und dennoch stabile Zylinderkurbelgehäuse<br />
(Motorblöcke)<br />
werden heute als eine Voraussetzung<br />
für den weiteren Erfolg der Selbstzünder<br />
betrachtet – so Dr. Eduard Köhler,<br />
Leiter der Produktentwicklung bei der<br />
KS Aluminium-Technologie <strong>AG</strong> (AT<strong>AG</strong>)<br />
in Neckarsulm.<br />
<strong>Profil</strong>: Haben Sie den Erfolg von Aluminium<br />
beim Diesel erwartet?<br />
Köhler: Für mich persönlich kommt<br />
der Erfolg von Aluminium-Zylinderkurbelgehäusen<br />
(ZKG) bei Pkw-Die-<br />
Foto: Volkswagen<br />
selmotoren nicht ganz unerwartet.<br />
Fachleuten ist bekannt, dass bei Aluminium-ZKG<br />
für Ottomotoren das verfügbare<br />
Alu-Potenzial bisher kaum<br />
ausgeschöpft wird. Denn insbesondere<br />
die Baufestigkeit kann durch Optimierung<br />
von Legierung, Wärmebehandlung<br />
und Gießverfahren noch<br />
nennenswert gesteigert werden. Der<br />
augenblickliche Stand reicht zumindest<br />
aus, um die derzeitig geforderten<br />
Zünddrücke bis 180 bar sicher zu gewährleisten.<br />
<strong>Profil</strong>: Wie erklären Sie sich den Erfolg<br />
des Diesels?<br />
Köhler: Ich denke, es gibt keine bestimmte<br />
Technik, mit der der Durchbruch<br />
gelungen ist. Man ist vielmehr<br />
mit den Anforderungen gewachsen<br />
und hat versucht, Diesel-fähige Kon-<br />
zepte zu erstellen und mit den Kunden<br />
umzusetzen. Dabei wurde auch Lehrgeld<br />
bezahlt. Für den prinzipiell hoch<br />
belasteten Dieselmotor wurde Leichtbau<br />
lange Zeit mit einem Risiko in Verbindung<br />
gebracht. Mit dem Imagewandel<br />
vom braven Arbeitspferd zum<br />
zeitgemäßen Pkw-Antrieb hat der<br />
Durchbruch eher auf der Seite der<br />
noch vor einigen Jahren berechtigterweise<br />
konservativer denkender Diesel-Entwickler<br />
stattgefunden. So gesehen,<br />
sind auch mentale Barrieren<br />
durchbrochen worden.<br />
<strong>Profil</strong>: Wo sehen Sie Möglichkeiten,<br />
den Verbrauch zu optimieren?<br />
Köhler: Der Einsatz des Leichtmetalls<br />
Aluminium reduziert bekanntlich<br />
die Fahrzeuggesamtmasse, die wiederum<br />
den Kraftstoffverbrauch direkt<br />
beeinflusst. Ein weiterer Vorteil von<br />
Aluminium ist die sehr viel bessere<br />
Wärmeleitung, die zur thermischen<br />
Entlastung des Motors beiträgt. Angesichts<br />
stetig steigender Zünddrücke<br />
moderner Direkteinspritzer-Dieselmotoren<br />
und damit kontinuierlich steigender<br />
Bauteilbeanspruchung ist ein<br />
weiteres Abspecken beim Motorblock<br />
augenblicklich kaum zu erwarten.<br />
Ein langfristiger Ansatz ist aber darin<br />
zu sehen, die Leistungsverluste durch<br />
Reibung zwischen Kolben, Kolbenringen<br />
und Zylindern stetig zu reduzieren.<br />
Daran arbeiten wir konkret seit<br />
1991, d.h. seit Bestehen der KS AT<strong>AG</strong>;<br />
unsere Kolben-Kollegen beschäftigen<br />
sich mit dieser Thematik schon sehr<br />
viel länger. Der Sachverhalt ist jedoch<br />
recht komplex: Der Zylinder<br />
muss ja auch nach Aufbringen der<br />
Schraubenkräfte der Zylinderkopfverschraubung,<br />
ungleichmäßiger Erwärmung<br />
im Motorbetrieb und sehr<br />
Den VW Touareg gibt es in der Dieselversion als Reihen-Fünfzylinder mit 2,5 Liter<br />
Hubraum. Das in diesem Motor eingesetzte und im Niederdruckkokillenguss hergestellte<br />
Aluminium-Zylinderkurbelgehäuse stammt von Kolbenschmidt Pierburg.<br />
Der erwähnte Motor treibt übrigens auch den neuen VW-Transporter T5 Multivan an.<br />
langer Betriebszeit<br />
noch annähernd<br />
zylindrisch<br />
bleiben, um zum<br />
Beispiel in Verbindung<br />
mit optimiertenZylinderlaufflächen<br />
die<br />
Spannung der<br />
Kolbenringe immer<br />
weiter reduzieren<br />
zu können.<br />
Dr. Eduard Köhler<br />
<strong>Profil</strong>: Gibt es Entwicklungsschwerpunkte?<br />
Köhler: Wir arbeiten an der Optimierung<br />
unserer Legierungen und der<br />
Gießprozesse, um hinsichtlich der<br />
Festigkeit und der Zylinderlaufflächenqualität<br />
auch zukünftige Diesel-<br />
Anforderungen erfüllen zu können.<br />
Wir betrachten hier auch Alternativen.<br />
Wir arbeiten insbesondere daran, zukünftig<br />
auch in Pkw-Dieselmotoren<br />
„Das <strong>Profil</strong>“ sprach mit AT<strong>AG</strong>-Chefproduktentwickler Dr. Eduard Köhler<br />
Vom Arbeitspferd zum „Kult“-Antrieb<br />
monolithische Alusil-Gehäuse – also<br />
Voll-Aluminiumgehäuse aus sogenannter<br />
übereutektischer Aluminium-<br />
Silizium-Legierung – einsetzen zu<br />
können, die keine zusätzlichen Verschleißschutzmaßnahmen<br />
in den Zylinderbohrungen<br />
erfordern. Hier<br />
konnten wir mit entsprechenden Innovationen<br />
nachweisen, dass auch im<br />
rauen Dieselbetrieb eine ausreichende<br />
Verschleißfestigkeit gegeben ist.<br />
<strong>Profil</strong>: Wie hat der Markt reagiert?<br />
Köhler: Teilweise begegnen wir<br />
beim Dieselmotor noch gewissen Vorbehalten<br />
gegenüber Aluminium-Zylinderlaufflächen,<br />
finden jedoch zunehmend<br />
Akzeptanz durch überzeugende<br />
Vorentwicklungsergebnisse.<br />
Heute kommen noch meist Zylinderlaufbuchsen<br />
aus bewährtem Grauguss<br />
zum Einsatz, mittlerweile auch<br />
neuartige Beschichtungen. Insgesamt<br />
zählt das Thema Zylinderlauffläche<br />
traditionell zu unseren Entwicklungsschwerpunkten.<br />
<strong>Profil</strong>: Wie beurteilen Sie die Zukunft<br />
des Aluminiums beim Diesel?<br />
Köhler: Die Zukunft des Zylinderkurbelgehäuses<br />
aus Aluminium bei Pkw-<br />
DI-Dieselmotoren hängt von weiteren<br />
Zünddrucksteigerungen ab. Aluminium<br />
steht hier zunehmend im Wettbewerb<br />
mit Vermikulagrafitguss (GJV),<br />
einer speziellen Graugussspezifikation,<br />
bei der hohe Festigkeit und Werkstoffsteifigkeit<br />
mit geringen Wanddicken<br />
gepaart werden können. Das<br />
Massenreduzierungspotenzial von<br />
Aluminium ist jedoch deutlich größer:<br />
Beim Dieselmotor aus Aluminium<br />
werden 30 bis 40 Prozent erwartet,<br />
beim Aluguss-Ottomotor 40 bis im<br />
Einzelfall gut 50 Prozent. Es sieht ganz<br />
so aus, dass sich Aluminium beim<br />
Diesel einen Marktanteil sichern<br />
kann.<br />
<strong>Profil</strong>: Wo sehen Sie Absatzpotenziale?<br />
Köhler: Traditionell bedienen wir die<br />
Nische Aluminium-Gehäuse für Motoren<br />
in Fahrzeugen der Pkw-Oberklasse.<br />
Beim Diesel muss das nicht<br />
zwangsläufig die Oberklasse sein, wie<br />
das unsere aktuellen Produkte beweisen.<br />
Generell sieht die KS AT<strong>AG</strong> gute<br />
Chancen, bei Motoren ab fünf Zylindern<br />
wettbewerbsfähig zu sein. Dies<br />
wird auch weiterhin die Akquisitionsbemühungen<br />
bestimmen. dk<br />
Foto: Thomas Klink<br />
Kolbenschmidt Pierburg profitiert vom Dieselboom<br />
Viele zündende Ideen<br />
für die Selbstzünder<br />
(Fortsetzung von Seite 9)<br />
raturen“, beschreibt Kamp den Erfolg.<br />
Die Steigerung der Belastbarkeit der<br />
Kolben mit abnehmendem Gewicht ist<br />
dabei oberstes Entwicklungsziel.<br />
Und dient der Umwelt. Denn innermotorisch<br />
ist dem Schadstoffausstoß<br />
kaum noch beizukommen, wie<br />
Peter Klotzbach weiß: „Mit den meisten<br />
Dieselmotoren können schon<br />
heute die sehr anspruchsvollen Abgasnormen<br />
EU4 ohne aufwendige<br />
Abgasnachbehandlungssysteme erfüllt<br />
werden.“ Weiteres Potenzial gebe<br />
es beim Anheben der Pumpendrücke<br />
auf über 2000 bar sowie<br />
beim Einsatz von Einspritzdüsen mit<br />
elektrischer Piezo-Technik. Hinsichtlich<br />
der Einspritzung hat der 62-jährige<br />
Pierburg-Fachmann eine klare<br />
Meinung und fasst die derzeitige Diskussion<br />
so zusammen: „Common-<br />
Rail-Systeme bieten bessere und vor<br />
allem einfachere Möglichkeiten zur<br />
Anpassung an motorspezifische Gegebenheiten.<br />
Pumpe-Düse-Systeme<br />
mit hohem Integrationsaufwand im<br />
Zylinderkopf- und im Ventiltrieb erfordern<br />
schon sehr frühzeitig Berücksichtigung<br />
bei der Grundauslegung<br />
des Triebwerkes und gestatten deutlich<br />
weniger Flexibilität bei dessen<br />
Gestaltung.“<br />
Dieser Bewertung pflichten Hersteller<br />
wie DaimlerChrysler bei. „Wir kamen<br />
zu dem Schluss, dass das Common-Rail-System<br />
für uns die beste<br />
Alternative darstellt“, sagt Mercedes-<br />
Benz-Sprecher Esser. Den Stuttgartern<br />
war vor allem ein „akzeptables Geräuschniveau“<br />
wichtig. Doch braucht<br />
sich auch die Pumpe-Düse-Technik am<br />
Markt nicht zu verstecken. „Wir bei<br />
Volkswagen sehen in dieser Technologie<br />
die optimale Lösung in Sachen<br />
Diesel-Hochdruck-Einspritzung. Mit<br />
der Pumpe-Düse-Technik erreichen wir<br />
Drücke von über 2000 bar, was zu besseren<br />
Abgaswerten, niedrigerem Verbrauch<br />
und deutlich mehr Fahrspaß<br />
führt“, so Harthmuth Hoffmann, bei<br />
der Volkswagen Markenkommunikation<br />
zuständig für Produkt- und Technikkommunikation.<br />
Die richtige Einspritzung soll natürlich<br />
auch den Verbrauch optimieren.<br />
„Allerdings zeichnet sich ab, dass die<br />
Schritte zur Optimierung des Brennverfahrens<br />
als solches immer schwie-<br />
riger, aufwendiger und damit kleiner<br />
werden“, beschreibt Peter Klotzbach<br />
die technischen Realitäten. Darum<br />
setzt man bei Pierburg auf das Knowhow<br />
in Sachen Luft- und Abgastechnik:<br />
„Wir sehen im Bereich der Abgasrückführung<br />
mit immer höher werdenden<br />
Anforderungen bei der Präzision<br />
der Restgasbemessung einen<br />
wichtigen Ansatzpunkt“, schildert der<br />
Pierburg-Fachmann die Strategie:<br />
„Außerdem gewinnt die Kühlung der<br />
rückgeführten Abgase mehr und<br />
mehr an Bedeutung, wobei diese in<br />
naher Zukunft bei vielen Motoren<br />
spezifisch geregelt wird – je nach Betriebspunkt<br />
des Motors.“ Heute erledigen<br />
dies vorwiegend pneumatische,<br />
seit geraumer Zeit zunehmend<br />
auch elektrische Abgasrückführventile<br />
und Systeme von Pierburg, die teilweise<br />
bereits einen Abgaskühler beinhalten.<br />
Schadstoffexperte Klotzbach blickt<br />
in die Zukunft: „Ein weiteres Potenzial<br />
für Kraftstoffersparnis bietet sicherlich<br />
die Auslegung des Gesamtantriebes,<br />
also der Betrieb des Motors in weiten<br />
Bereichen im optimalen – sprich verbrauchsgünstigsten<br />
– Betriebsbereich.<br />
Leichtbau und Absenkung der<br />
Reibleistung durch den Einsatz bedarfsorientierter<br />
Systeme kommen<br />
hinzu. Hier sind zum Beispiel Nebenaggregate<br />
wie elektrische Wasserpumpen<br />
und elektrische Servolenkungen<br />
zu nennen.“<br />
Auch bei den Kolben könnte sich einiges<br />
tun, vor allem hinsichtlich der<br />
Werkstoffe. Chefentwickler Kamp erläutert<br />
die Überlegungen der Ingenieu-<br />
Kolbentechnologie für Pkw-Dieselmotoren: gut gekühlt für höchste Belastungen.<br />
Auch der externen Abgasrückführung kommt beim Dieselmotor eine wesentliche<br />
Bedeutung zur Stickoxidminderung zu. Das neue Abgasrückführ-Ventil<br />
von Pierburg mit elektromotorischem Antrieb und berührungslos arbeitender<br />
Sensorik erfüllt sogar künftige Anforderungen. Die Entwicklungsschwerpunkte<br />
Verbesserung von Systemdynamik, Stellpräzision, Stellkräften und Lebensdauer<br />
konnten mit diesem innovativen Produkt nachhaltig realisiert werden.<br />
re: „Wenn auch aus Kostengründen<br />
heute noch die Verbesserung der Gusswerkstoffe<br />
und der Kühlung im Mittelpunkt<br />
steht, so sind die Technologien<br />
für die Zukunft schon auf der Schiene.<br />
Für höchste spezifische Leistungen ist<br />
die Faserverstärkung der nächste Kandidat<br />
und danach der Stahlkolben<br />
(MonoSteel). Wann ein solcher Kolben<br />
im Pkw zum Einsatz kommt, ist heute<br />
wegen der Fragen zu den Kosten und<br />
zum Gewicht schwer abzusehen. Die<br />
Technologie für den Stahlkolben wird<br />
aber bereits im Nutzfahrzeugbereich<br />
eingesetzt. Kolbenschmidt entwickelt<br />
Stahlkolben für Nutzfahrzeugmotoren<br />
mit Spitzendrücken von deutlich über<br />
220 bar.“ Detlev Karg
Fotos(2): Historisches Archiv der MAN <strong>AG</strong><br />
Fotos(7): VW, Renault, DaimlerChrysler, Opel, Audi, Lancia + Volvo.<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Das aktuelle Thema<br />
Seite 11<br />
D<br />
Der Dieselantrieb hat sich<br />
in den vergangenen Jahren<br />
auch im Bereich der<br />
gehobenen Klasse etabliert,<br />
die gleichzeitig auf<br />
elegante Fahrzeuge setzt. Ein gutes<br />
Beispiel für den Verkaufserfolg ist<br />
der schwedische Hersteller Volvo,<br />
der vom Boom wie viele andere<br />
überrascht wurde und dessen V70und<br />
S80-Limousinen auch hierzulande<br />
zum Straßenbild gehören.<br />
Der durchzugsstarke und komfortable<br />
D5-Motor der Schweden bietet<br />
beste Fahrkultur. „<strong>Profil</strong>“ sprach<br />
mit Jürgen Kühl, verantwortlich für<br />
dasProduct Management der Volvo<br />
Car Germany GmbH in Dietzenbach.<br />
<strong>Profil</strong>: Hätten Sie 1990 diesen Erfolg<br />
des Diesels bei Pkw erwartet?<br />
Kühl: Stärke und Geschwindigkeit<br />
des Diesel-Wachstums waren schon<br />
ein bisschen überraschend. Das kam<br />
1990 sicherlich noch nicht so deutlich<br />
heraus.<br />
<strong>Profil</strong>: Welche Technik brachte nach<br />
Ihrer Einschätzung den Durchbruch?<br />
Kühl: Der TDI von Audi/Volkswagen,<br />
außerdem die Common-Rail-<br />
Technik und Pumpe-Düse als Dreingabe.<br />
<strong>Profil</strong>: Ihr Favorit?<br />
Kühl: Selbstverständlich die Common-Rail-Technik,<br />
so wie sie heute<br />
auch bei unseren Fabrikaten eingebaut<br />
ist.<br />
<strong>Profil</strong>: Wie rasant war der Absatz in<br />
Ihrem Unternehmen, gemessen in Vergleichszahlen?<br />
Von der Maschinenfabrik Augsburg<br />
(MAN) zwischen 1893 und 1895 gebauter<br />
Versuchs-Dieselmotor; das<br />
rund 110 Jahre alte Testsystem hatte<br />
einen Wirkungsgrad von 16,6 Prozent.<br />
Interview mit Volvo-Experte Jürgen Kühl zur Entwicklung beim Diesel<br />
Deutschland ist größter Absatzmarkt<br />
Kühl: Der Diesel-Anteil verkaufter<br />
Pkw stieg bei Volvo beispielsweise<br />
von 1990 bis 1991 um zehn Prozent.<br />
1997 waren es schon 19 Prozent der<br />
Auslieferungen, und <strong>2003</strong> sind es<br />
nun 60 Prozent! Damit hat der Diesel-<br />
Absatz bei Pkw den der Benziner bei<br />
Volvo klar überholt.<br />
<strong>Profil</strong>: Welches ist der stärkste Diesel-<br />
Markt für Sie, wo liegt Deutschland?<br />
Kühl: Deutschland liegt weltweit an<br />
erster Stelle vor England und Italien.<br />
<strong>Profil</strong>: Könnten sich dank besserer<br />
Technik auch die USA zu einem boomenden<br />
Diesel-Markt entwickeln?<br />
Kühl: Persönlich könnte ich mir das<br />
sehr gut vorstellen, aber bis dahin<br />
sind sicher noch einige politische<br />
und psychologische Hürden zu meistern.<br />
<strong>Profil</strong>: Wo sehen Sie noch Widerstände<br />
gegenüber dem Diesel, etwa beim<br />
Image und bei den Umweltkritikern?<br />
Kühl: Trotz aller Widerstände zeigt<br />
die heutige Diesel-Technologie doch,<br />
dass der Verbraucher den Diesel in hohem<br />
Maße angenommen hat.<br />
<strong>Profil</strong>: Geht dieser Trend weiter?<br />
Kühl: Ja, durch ständige weitere<br />
Verbesserungen in der Technologie.<br />
Kommende Generationen der Common-Rail-Technologie<br />
etwa werden<br />
hier sicherlich weitere Meilensteine<br />
setzen.<br />
<strong>Profil</strong>: Woran wollen Sie weiter arbeiten?<br />
Kühl: Wir arbeiten natürlich sehr<br />
intensiv mit unseren Lieferanten an<br />
Rußpartikelfiltern, die die zur Zeit<br />
bestmögliche Abgasreinigung zulassen,<br />
also die Partikel noch einmal<br />
auf ein Minimum reduzieren.<br />
<strong>Profil</strong>: Was müsste beim Kraftstoff<br />
noch besser werden?<br />
Kühl: Deutschland hat heute an<br />
sich schon sehr gute Dieselkraftstoffe;<br />
der Schwefelanteil im<br />
Kraftstoff liegt auf einem sehr niedrigen<br />
Niveau. Die Forschung auf diesem<br />
Sektor wird uns sicherlich noch<br />
weitere Verbesserungen bringen.<br />
<strong>Profil</strong>: In welche Richtung werden<br />
sich Dieselfahrzeuge weiterentwickeln?<br />
Kühl: Wir werden sicherlich verstärkt<br />
leistungsgesteigerte Dieselmotoren<br />
sehen, die auch auf dem<br />
Verbrauchssektor weitere Fortschritte<br />
machen.<br />
<strong>Profil</strong>: Welche Rolle spielt Kolbenschmidt<br />
Pierburg bei Ihnen als Zulieferer?<br />
Kühl: Das Unternehmen<br />
ist<br />
seit Jahren ein<br />
sehr guter und<br />
zuverlässiger<br />
Lieferant. Ich<br />
denke, dass unsereVerkaufssteigerung<br />
bei<br />
Diesel-Pkw diese<br />
Aussage untermauert.<br />
dk<br />
Der Erfinder Rudolf Diesel hätte über den Siegeszug seines Motors nicht schlecht gestaunt<br />
Sparsamkeit – das war der „Antrieb“ zum Antrieb<br />
Paris/Augsburg. Wenn Rudolf Diesel das gewusst hätte: Sein Motorenprinzip<br />
ist auf dem besten Wege, den beliebten Ottomotor im Personenkraftwagen<br />
zu verdrängen, zumindest in Europa. Der Diesel ist chic und außerordentlich<br />
populär, er hat sein „altes“ Image als träges Lastentier in der Motorentechnik<br />
schon längst hinter sich gelassen. Populär und berühmt wurde sein<br />
Erfinder, der im Jahre 1858 geborene Rudolf Diesel, nicht, trotz seines Genies.<br />
Bereits mit zwölf Jahren erhielt der<br />
junge Tüftler ein erstes eigenes Patent.<br />
Seine Wärmekraftmaschine ohne eigene<br />
Zündanlage wurde schließlich<br />
1892 patentiert – der Dieselmotor war<br />
geboren; 1897 stand bei MAN in Augsburg<br />
ein erstes funktionsfähiges<br />
Exemplar. Vielleicht wäre der heutige<br />
Erfolg in Kleinwagen ebenso wie in Limousinen<br />
der Luxusklasse dem in Paris<br />
geborenen, genialen Erfinder ein<br />
Trost. In seinen letzten Lebensjahren<br />
war er verarmt und litt unter Gemütsstörungen.<br />
Seit 1913 gilt er nach einer<br />
Überfahrt über den Ärmelkanal als vermisst.<br />
Autos, Lokomotiven, Schiffe und<br />
Fabriken werden seither mit Diesels<br />
Selbstzünder betrieben, denn er ist<br />
sparsam und gilt als Wärmekraftmaschine<br />
mit dem höchsten Wirkungsgrad.<br />
Mit einem Liter Diesel kann ein<br />
Auto im Durchschnitt bis zu 25 Prozent<br />
mehr Kilometer fahren als mit einem<br />
Liter Benzin. Sparsamkeit war auch die<br />
Grundidee Rudolf Diesels: Als Sohn eines<br />
armen Lederfabrikanten wollte er<br />
einen Antrieb für die kleinen Werkstätten<br />
jener industriellen Epoche bauen,<br />
die in Hinterhöfen ein karges Dasein<br />
fristeten. Die Dampfmaschine war nur<br />
für wenige erschwinglich, und ihr Wirkungsgrad<br />
vergleichsweise miserabel.<br />
1890 kam dem jungen Ingenieur die<br />
Idee zu einem Motor, in dem Luft in einem<br />
Zylinder stark zusammengepresst<br />
werden sollte. Dadurch steigt<br />
die Temperatur auf etwa 600 Grad Celsius.<br />
Wird Kraftstoff eingespritzt, explodiert<br />
das Luft-Kraftstoff-Gemisch<br />
und treibt dadurch den Motor an.<br />
Schweres Öl konnte so entzündet werden,<br />
im Gegensatz zum hochraffinierten<br />
Benzin, das eine eigene Zündung<br />
braucht.<br />
Eine robuste Idee war geboren. Doch<br />
zunächst flogen Diesel seine Motoren<br />
um die Ohren, der Kompressionsdruck<br />
musste sehr hoch sein. Schließlich<br />
aber lief 1897 der erste Motor endlich<br />
zufriedenstellend. Sein Patent wurde<br />
Diesel dann von anderen Ingenieuren<br />
streitig gemacht, so dass Prozesse<br />
sein Leben durchzogen. Dennoch verkauften<br />
sich seine Motoren dort gut,<br />
wo viele PS gefragt waren: Das erste<br />
Schiff dieselte 1903 über das Kaspische<br />
Meer; 1913 wurde die erste Diesel-Lokomotive<br />
gebaut. 1923 gab es<br />
erste Diesel-Lastkraftwagen, ab 1936<br />
dann auch Diesel-Personenautos.<br />
Freilich dauerte<br />
es dann länger<br />
als bei der Otto-<br />
Konkurrenz, bis<br />
der Diesel-Pkw<br />
nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg zu<br />
dem komfortablen<br />
High-tech-<br />
Gefährt heutiger<br />
Rudolf Diesel<br />
Prägung mutierte.<br />
Wer erinnert<br />
sich nicht an rußende Wagen der<br />
Oberklasse, die laut nagelnd über<br />
deutsche Straßen schlichen und mit<br />
wenig PS oft sogar den Lastkraftwagen<br />
hinterher fuhren. Oder an erste Kleinwagen<br />
der achtziger Jahre, deren<br />
Lärmpegel im Innenraum eher an den<br />
Komfort von Traktoren gemahnte. Indes,<br />
lange Laufleistungen und Unver-<br />
Jürgen Kühl<br />
wüstlichkeit lockten erste Käufer an.<br />
„Cool“ wurde ein Diesel aber erst, als<br />
neue Motortechniken ihm den Weg zu<br />
„Otto-Normalfahrer“ so richtig ebneten.<br />
Technische Begriffe wurden zu Verkaufsargumenten:<br />
Turbodiesel, Pumpe-Düse,<br />
Common-Rail. Musste man<br />
früher noch geduldig vorglühen, was<br />
dem Chauffeur eines Diesel-Pkws<br />
das Feeling eines Maschinenführers<br />
vermittelte, registriert heute kaum<br />
ein Fahrer das verschämt kurze Aufleuchten<br />
des Glühdraht-Symbols irgendwo<br />
neben dem Tacho. War da<br />
was?<br />
Der Vorteil der direkteinspritzenden<br />
Dieselmotoren liegt in ihrer hohen<br />
Leistung und einem dennoch geringen<br />
Verbrauch. Außerdem erreichen die<br />
Motoren ein hohes Drehmoment<br />
schon bei niedrigen Drehzahlen. Höhere<br />
Drücke und unterschiedliche Einspritzformen<br />
sind nur zwei Ansatzpunkte,<br />
diese Technik künftig weiter<br />
zu verfeinern. Derzeit gewinnen Motoren<br />
mit Common-Rail-Einspritzsystemen<br />
immer mehr Einfluss, da mit dieser<br />
Technik eine hohe Flexibilität bei<br />
der Einspritzung erreicht werden kann.<br />
Die Erfolgsstory von Rudolf Diesel geht<br />
weiter. dk<br />
Rudolf Diesels Patent hat sich durchgesetzt: Die gleichnamigen Motoren treiben heute unter anderem (v.l.n.r.) VW Phaeton, Renault Vel Satis, Mercedes M-Klasse, Opel Signum, Audi A 8, Lancia Ypsilon und<br />
Volvo S 60 an. Dabei gehen Fahrspaß und Sparspaß Hand in Hand – das Bild vom ausschließlich „braven Arbeitspferd“ hat sich gewandelt, der Dieselantrieb gewissermaßen zum „Shooting star“ gemausert.<br />
Fotos (2): Volvo
Fotos(5): Autostadt GmbH<br />
Seite 12 Die Reportage<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
Hat sich seit der Eröffnung im Juni 2000 zu einem Publikumsmagnet „par excellence“ entwickelt: die Autostadt in Wolfsburg mit – v.r.n.l. – der StadtBrücke über den Mittellandkanal, dem KonzernForum und dem ZeitHaus.<br />
W<br />
Weit über sieben Millionen Gäste haben die Autostadt des Volkswagen-<br />
Konzerns seit deren Eröffnung am 1. Juni 2000 besucht – und damit<br />
deutlich mehr, als die Initiatoren und Macher dieser automobilen Erlebniswelt<br />
im Norden von Wolfsburg ursprünglich veranschlagt hatten. Allein<br />
vor diesem rein statistischen Hintergrund hat sich die rund 430 Millionen<br />
Euro teure Großinvestition schon heute „gerechnet“: Denn mit der Autostadt<br />
hat die Volkswagen-Gruppe – immerhin Europas größter Autobauer und weltweit der<br />
viertgrößte – eine international einmalige Einrichtung geschaffen, die Besuchern und<br />
Autostadt – das Volkswagen-Kompetenzzentrum<br />
Eine Erlebniswelt rund<br />
um die Auto-Mobilität<br />
Der Eindruck gewinnt<br />
sogleich<br />
Kontur, wenn<br />
man durch die<br />
gläsernen Flügeltüren des KonzernForums<br />
in die automobile Erlebniswelt<br />
der Wolfsburger Autostadt eintritt: Hier<br />
kann, hier muss sich der Besucher auf<br />
eine Entdeckungsreise einlassen, die<br />
mannigfaltige – mitunter auch sehr gegensätzliche<br />
– Attribute miteinander<br />
verknüpft. Architektur und Gestaltung,<br />
Kunst und Kommerz, Emotion und Information,<br />
Zukunft, Gegenwart und<br />
Vergangenheit, Kompetenz und Verantwortung<br />
– innovativ und in vielerlei<br />
Hinsicht unkonventionell stellt die moderne<br />
„Stadt in der Stadt“ im Norden<br />
Wolfsburgs ein Forum dar, das die Themen<br />
Auto und Mobilität auf neuartige<br />
und überraschende Art und Weise erfahrbar<br />
und erlebbar macht.<br />
Mit bleibender Wirkung: Eine Gruppe<br />
amerikanischer Fachjournalisten, die<br />
die Autostadt im September <strong>2003</strong> im<br />
Vorfeld der 60. Internationalen Automobilausstellung<br />
auf Einladung der<br />
Kolbenschmidt Pierburg <strong>AG</strong> besuchte,<br />
war sich beispielweise unisono einig:<br />
„Why don’t we have this in Detroit?“<br />
Ein Votum, das Bände spricht: Immerhin<br />
ist die Metropole am Michigan-See<br />
der Firmensitz so bekannter Automobilkonzerne<br />
wie General Motors, Ford<br />
und Chrysler . . .<br />
Am 1. Juni 2000, zeitgleich mit der<br />
in Hannover stattfindenden Weltausstellung<br />
Expo 2000, öffnete die Autostadt<br />
ihre Pforten. Seither hat sich die<br />
Einrichtung, die in nur zwei Jahren<br />
Bauzeit entstand und in der sich heute<br />
in Summe rund 2000 Mitarbeiter<br />
um Gäste und Kunden kümmern, zu<br />
einem regelrechten Publikumsmagneten<br />
entwickelt. Ein Umstand, der<br />
schon im rund 20 Meter hohen Atrium<br />
des KonzernForums, der Piazza,<br />
ins Auge sticht: Die Besucherströme,<br />
darunter auffallend viele Familien mit<br />
Kindern und Schulklassen, reißen bis<br />
in den späten Nachmittag nicht ab.<br />
Was auf sie zukommt, ist in der Tat ein<br />
komprimiertes Bündel an Informationen<br />
und Impressionen, die ihrerseits<br />
Konzentration und Kondition abverlangen:<br />
Die Autostadt in Wolfsburg – das<br />
ist ein automobiles Erlebnis- und Kompetenzzentrum,<br />
in dem Besucher nicht<br />
nur alles rund um das Thema Mobilität<br />
erfahren, sondern auch spannende Kinofilme<br />
sehen, rasante Fahrten in Simulatoren<br />
und eine beeindruckende<br />
Architektur erleben. Der (staunende)<br />
Gast kann sich in einer südeuropäisch<br />
anmutenden Park- und Lagunenlandschaft<br />
entspannen oder sich in insgesamt<br />
sieben Restaurants – mit unterschiedlichem<br />
kulinarischen Angebot<br />
und Preisniveau – verwöhnen lassen,<br />
im Fünf-Sterne-Hotel „The Ritz-Carlton,<br />
Wolfsburg“ übernachten oder auf dem<br />
GeländeParcours das Fahrgefühl im<br />
VW-Geländewagen Touareg erleben.<br />
Volkswagen-Kunden können zudem im<br />
KundenCenter ihren neuen Wagen abholen;<br />
sie lassen so diesen Tag zu einem<br />
ganz besonderen Erlebnis werden.<br />
Apropos Erlebniswelt, die einen Bogen<br />
spannt von hochmoderner Architektur<br />
und Landschaftsgestaltung<br />
über die Automobilgeschichte bis zur<br />
Präsentation der insgesamt acht Marken<br />
des VW-Konzerns: Sie erschließt<br />
sich dem Besucher vor allem durch<br />
die Hauptkomplexe KonzernForum,<br />
ZeitHaus, MarkenPavillons, Kunden-<br />
Center mit den beiden AutoTürmen<br />
und das „Ritz-Carlton“-Hotel.<br />
Beispiel KonzernForum: Hier wird Automobilität<br />
auf immer wieder neue,<br />
überraschende Weise inszeniert – so<br />
zum Beispiel im AutoLab, in dem der<br />
VW-Konzern in unterschiedlichen Szenarien<br />
Antworten auf grundsätzliche<br />
Fragen zum Automobil gibt und so komplexe<br />
Vorgänge wie Entwicklung, Erprobung,<br />
Fertigung und Qualitätssicherung<br />
transparent zu machen versucht. Zu diesem<br />
Bereich gehören das Designstudio,<br />
die Schnittmodellshow, der Sektor Produktentstehung<br />
und die Testimpressionen,<br />
bei denen auch ein Gang durch<br />
den Windkanal oder den Nebeltunnel<br />
gewagt werden darf. „Emotion pur“ bei<br />
dem, der sich darauf einlässt.<br />
Emotionale Begegnungen schaffen<br />
auch die zum Großteil im KonzernForum<br />
gezeigten Filmattraktionen, bei<br />
denen namhafte Drehbuchautoren<br />
und Schriftsteller Pate standen. Dani<br />
Levys filmischer Beitrag „Das Geheimnis<br />
der Sicherheit“ – der Kurzspielfilm<br />
wird im 360-Grad-Kino gezeigt und<br />
vereint so bekannte Schauspieler wie<br />
Meret Becker, Felix Eitner und Michael<br />
Gwisdek auf der Leinwand – hat beispielsweise<br />
die Botschaft, dass es<br />
keine absolute Sicherheit gebe; im<br />
AutoLab wiederum trifft der Besucher<br />
auf die technisch-untermauerten Antworten<br />
des VW-Konzerns zu Fragen<br />
der Sicherheit im Straßenverkehr.<br />
Ein weiterer cineastischer Blickfang<br />
ist die „Augenblicke“-Filminstallation<br />
der isländischen Snorri Brothers (Musikvideos<br />
u.a. für R.E.M. und Landsmännin<br />
Björk) im Multi-Screen-Kino;<br />
auf 22 Bildschirmen wird das Thema<br />
Umweltbewusstsein in vier Einzelfil-<br />
men („Menschheit“, „Landschaft“,<br />
„Tiefe“ + „Himmel“) ausgesprochen<br />
ästhetisch und subtil behandelt. Im<br />
8/70mm-Kino geht die bekannte Dokumentarfilmerin<br />
Alice Agneskircher<br />
unter dem Titel „Zusammen“ auf das<br />
Thema „soziale Kompetenz“ ein – einem<br />
der nach eigenen Angaben zentralen<br />
Werte des Volkswagen-Konzerns.<br />
Wer indes „action“ liebt, ist in der<br />
sechsminütigen Filmproduktion „Ausfahrt“<br />
im Simulator-Kino im Kunden-<br />
Center bestens aufgehoben: Unter der<br />
Regie von Oscar-Preisträger Xavier Koller<br />
(„Gripsholm“) und Kameramann<br />
David Nowell („Jurassic Park“) bricht<br />
der Simulator aus seinem alltäglichen<br />
VW-Kunden unter anderem die Kompetenz, die Werte, die Markenvielfalt und die Produktqualität<br />
der Konzernprodukte hautnah vermittelt. Als Kompetenzzentrum und Erlebniswelt<br />
gleichermaßen, die mit zahlreichen Freizeitaktivitäten, Events und Überraschungen<br />
aufwartet – und dies nicht nur mit Blick auf das Produktportfolio des Initiators<br />
und Bauherrn Volkswagen, der seit langem ein bedeutender Kunde der Kolbenschmidt-Pierburg-Gruppe<br />
ist. Wer sich auf eine Autostadt-Entdeckungsreise einlässt,<br />
der sollte in jedem Fall eine gehörige Portion Zeit sowie uneingeschränkte Neugierde<br />
mitbringen – nebst der Bereitschaft, sich auf Neues, Unerwartetes offen einzulassen.<br />
Kunst und Kommerz, Freizeit und Fun, Architektur und Auto-Mobilität – die Wolfsburger Autostadt vereint vielfältige Attribute.<br />
Einerlei aus und geht auf Entdeckungsreise<br />
durch Autostadt und VW-<br />
Werk – verfolgt von „Techniker“ Hardy<br />
Krüger jun., der die Besucher mit auf<br />
die temporeiche Verfolgungsjagd<br />
nimmt, rasante Filmschnitte und blitzschnelle<br />
Szenenwechsel inklusive.<br />
Deutlich gediegener geht es im Zeit-<br />
Haus zu, dem „historischen“ Zentrum<br />
der Autostadt. Die ungewöhnliche Architektur<br />
des vierstöckigen Gebäudes<br />
– hier geschlossener Kubus, dort<br />
lichtdurchfluteter Setzkasten – ist zugleich<br />
einmal mehr Programm: Während<br />
der mächtige Kubus die Geschichte<br />
der Mobilität und die Entwicklung<br />
des Volkswagen-Konzerns in<br />
verschiedenen Inszenierungen und<br />
Bildern nachvollziehbar erzählt, dient<br />
der großzügig verglaste Setzkasten<br />
dazu, die auf drei Kubus-Stockwerken<br />
Auf rund 25 Hektar Fläche entstand im Norden Wolfburgs die Autostadt – das Kommunikationszentrum des Volkswagen-Konzerns.<br />
präsentierte Geschichte mit einer<br />
Vielzahl von Fahrzeugen näher zu erläutern.<br />
Automobilgeschichte „zum<br />
Anfassen“ – allein dieses Autostadt-<br />
Angebot ließe sich auf einen kompletten<br />
Tag ausdehnen.<br />
Nicht minder interessant und überraschend<br />
zeigen sich die Markenpavillons.<br />
So zum Beispiel die in einem<br />
leicht geneigten, schwarzen Kubus untergebrachteLamborghini-Präsentation:<br />
Dieser Bau scheint tatsächlich nur<br />
einem Zweck zu dienen – den Besucher<br />
vor dem ungestümen Kraftpaket<br />
aus der seit 1998 zum Volkswagen-<br />
Konzern gehörenden Autoschmiede<br />
im norditalienischen Sant’Agata zu<br />
schützen. Die sechsminütige Präsentation,<br />
deren Lautstärke mitunter bei<br />
„satten“ 110 Dezibel liegt, zielt ausschließlich<br />
auf Emotionalität ab: Musikwandelt<br />
sich in den Herzschlag eines<br />
Stiers, der dann in das Grollen eines<br />
gewaltigen Zwölfzylinders übergeht<br />
und sich schließlich zum Crescendo<br />
des Motors bei höchster Drehzahl<br />
steigert. Die Kraft der Marke vermitteln<br />
– eine im Grunde simple Marketingidee,<br />
deren Wirkung gleichwohl nachhaltig<br />
haften bleibt.<br />
Das akustische Kontrastprogramm<br />
bietet das benachbarte Skoda-Haus,<br />
in dem sich Geschichte und Gegenwart<br />
des drittältesten Automobilherstellers<br />
der Welt begegnen. In einer<br />
Verbindung von Kunst und Technik erzählt<br />
dieser Pavillon die Geschichte<br />
und Kultur Böhmens als Quelle der<br />
Tradition und Identität von Skoda. Protagonisten<br />
sind dabei u.a. zwölf Bronzemodelle<br />
von David Cerny´, die dreidimensionale<br />
Raumprojektion „Das<br />
Zimmer mit Aussicht“ von Michael Bielicky´,<br />
der „Zauberwald“ von Borek Sipek,<br />
das Skulpturensemble „Die Entdeckung“<br />
von Katerina Vincourová<br />
und die überdimensionierte Sitzkombination<br />
„Der Ausgang der Gewissheit“<br />
des bereits genannten Künstlergespanns<br />
Vincourová/Cerny´.<br />
Wie schon gesagt: Wer sich auf das<br />
Abenteuer Autostadt einlässt, der erlebt<br />
„Auto satt“ – begleitet von einer<br />
Vielzahl thematisch angrenzender<br />
Überraschungen und Impressionen.<br />
Nach gut fünf Stunden Erstbesuch<br />
bleibt als Fazit: Dem Volkswagen-Konzern<br />
gelingt es ganz gezielt und geschickt,<br />
Emotionen rund um das Auto<br />
zu wecken und zu befriedigen – und<br />
das in vielfältiger Form mit natürlich<br />
deutlicher Ausrichtung auf das umfangreiche<br />
Markenprogramm des viertgrößten<br />
Automobilherstellers der Welt.<br />
Insofern sind fünf „ausgefüllte“ Stunden<br />
Autostadt am Stück schon eine<br />
lange Zeit, die die Aufnahmefähigkeit<br />
angesichts der zahlreichen Eindrücke<br />
auf eine harte Probe stellen. Und doch<br />
bei weitem nicht genug, all die kleinen<br />
und großen Attraktionen und Inszenierungen<br />
zu erschließen, die auf dem<br />
rund 25 Hektar großen Areal geboten<br />
werden (Detailinformationen unter<br />
www.autostadt.de). Rolf D. Schneider
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Die Reportage<br />
Seite 13<br />
Transparenz ist Trumpf: Fassaden und<br />
Dächer aus Glas, gläserne Türme –<br />
hier die beiden 48 hohen Autotürme,<br />
die einen Blick auf das Wolfsburger<br />
Schloss erlauben – und offenen<br />
Portale bestimmten das Bild der Autostadt<br />
des Volkswagen-Konzerns.<br />
S<br />
Sogar daran haben die Planer<br />
der Autostadt gedacht: Wer<br />
die automobile Erlebniswelt<br />
rund um den Volkswagen-<br />
Konzern als Freizeitkapitän<br />
über den Mittellandkanal ansteuern<br />
möchte, der findet am zentralen Anleger<br />
vor dem KonzernForum (Haupteingang)<br />
entsprechende Poller zum Festmachen.<br />
Wobei mit diesem überraschenden Detail<br />
– es deutet schon vor dem eigentlichen<br />
Stadtgelände raffiniert inszenierte<br />
Ferienstimmung an – einmal mehr die<br />
Philosophie der<br />
rund 430 Millionen<br />
€ teuren<br />
Einrichtung gewissenmaßen<br />
„en miniature“ abgebildet<br />
wird: Bewegung, Abwechslung und<br />
Überraschung prägen die Natur und die<br />
Landschaft des 25 Hektar großen Areals.<br />
Unweigerlich auch das Gefühl, in einem<br />
mediterranen Ferienparadies gelandet<br />
zu sein: Wer die Piazza des<br />
Konzern-Forums in Richtung Freigelände<br />
verlässt, dem erschließt sich<br />
nicht nur auf den ersten Blick ein Szenario,<br />
das einer Lagunenstadt ähnelt,<br />
in der Natur und Technik, Landschaft<br />
und Urbanität wichtige und gleichgewichtige<br />
Rollen spielen.<br />
Fotos (6): Autostadt GmbH<br />
W<br />
Wer sich für Kunst interessiert,<br />
kann zum Beispiel<br />
das zur Autostadt gehörende<br />
Fünf-Sterne-Hotel<br />
„The Ritz-Carlton, Wolfsburg“,<br />
als kleine Galerie der Gegenwart<br />
für sich entdecken: Rund 600<br />
Werke geben ein Bild der internationalen<br />
zeitgenössischen Kunstszene; die<br />
Sammlung umfasst ausschließlich<br />
ausgewählte Originale sowie Editionen<br />
in kleiner Auflage, bei Fotografien<br />
Originalabzüge. Zu den präsentierten<br />
Künstlern zählen unter anderem Michael<br />
van Ofen, Thomas Struth, Elger<br />
Esser, Klaus Kinold, Robert Mapplethorpe,<br />
Richard Pare, Karl Blossfeldt,<br />
Günther Förg und Klaus Kumrow.<br />
Darüber hinaus umfasst das von<br />
Autostadt-Kreativdirektorin Dr. Maria<br />
Schneider konzipierte Kunstprogramm<br />
zahlreiche farbig transparente<br />
Banner (Bildträger) des US-Amerikaners<br />
Matt Mullican, in denen sich die<br />
Zeichen zeitgenössischer Mobilität<br />
wiederfinden (zu sehen im Kunden-<br />
Center), sowie große farbige Objekte<br />
von Gerhard Merz (Rot – Blau – Gelb),<br />
T<br />
Transparenz ist Trumpf: Die<br />
Öffnung des Volkswagen-<br />
Konzerns zum Kunden spiegelt<br />
sich konsequent in der<br />
Architektur der Autostadt<br />
nische Weise. Die neu erbaute Stadt-<br />
Brücke über den Mittellandkanal führt<br />
vom Wolfsburger Zentrum und vom<br />
ICE-Bahnhof direkt auf die Piazza im<br />
Konzernforum, gleichzeitig Entrée zum<br />
wider. Fassaden und Dächer aus rund 25 Hektar großen Areal der Auto-<br />
Glas, gläserne Türme und offene Porstadt mit ihren zahlreichen nicht nur<br />
tale bestimmen das Bild dieser automobilen Sehenswürdigkeiten.<br />
„Stadt in der Stadt“, die im Norden Im Park – die Landschaftsgestaltung<br />
Wolfsburgs ein eigenes, in sich ge- oblag Professor Hinnerk Wehberg von<br />
schlossenes Areal mit urbanem Cha- der Hamburger Firma WES & Partner,<br />
rakter bildet – mit Großbauten wie et- die auch die Landschaftsarchitektur<br />
wa dem KonzernForum, ZeitHaus, der Neuen Messe Leipzig konzipierte –<br />
KundenCenter oder den beiden präsentieren sich die Marken des Kon-<br />
Transparenz ist Trumpf<br />
AutoTürmen, zahlreichen Pavillons<br />
für die diversen Marken von Europas<br />
größtem Automobilhersteller, Wasserstraßen<br />
und Brücken, Seen, Landzungen,<br />
kleinen Hügeln und vielen<br />
Grünflächen.<br />
Die Architektur der Autostadt – sie<br />
stammt von Gunter Henn (Henn Architekten<br />
– München/Berlin), der u.a.<br />
auch für die ebenfalls von Volkswagen<br />
gebaute Gläserne Manufaktur in Dresden<br />
und das Audi Museum Mobile in<br />
Ingolstadt verantwortlich zeichnet –<br />
öffnet sich dem Besucher auf harmo-<br />
Die Landschaftsarchitekten WES &<br />
Partner aus Hamburg definieren es<br />
so: Die Autostadt kehrt das planerische<br />
Leitbild der Nachkriegszeit in<br />
eine ökologische Stadtsymbolik um.<br />
Nicht Erschließung und ausschließlich<br />
am Automobil orientierte Wegeführung<br />
bestimmen die städtebauliche<br />
Komposition; Stadt und Landschaft<br />
generieren aus ihren jeweiligen<br />
funktionalen bzw. emotionalen<br />
Aufgaben und Spannungsfeldern heraus<br />
eine spannende Atmosphäre<br />
mit einer wechselhaften, szenenreichen<br />
Wegeführung, in der die Bewegung<br />
eine dominierende Rolle spielt:<br />
„Die vordergründige Wirkung für den<br />
Besucher ist die Abwechslung, die<br />
Störung, aber auch die Irritation,<br />
möglicherweise (sogar) für kurze Moment<br />
der Verlust der Orientierung.<br />
Das Gelände wird dadurch unwillkürlich<br />
aufgeweitet – durch ein virtuelles,<br />
kunstvoll inszeniertes Labyrinth<br />
im Inneren.“<br />
Ein Labyrinth, in dem der Besucher<br />
sich natürlich nicht verlaufen kann, in<br />
die den Besucher bereits in der Piazza<br />
des KonzernForums in ihren Bann<br />
ziehen – auch wenn er die dreiteilige<br />
Arbeit nicht zwingend als Kunstwerk<br />
erkennt. Dafür sorgen allein die reine<br />
Schönheit der Farben und die Stringenz<br />
der Formen.<br />
Der blaue Merz-Kubus korrespondiert<br />
in der Piazza mit den Werken Mondo 1<br />
und Mondo 2 des 1957 in Bad Eilsen<br />
geborenen und heute in Deutschland<br />
und in den USA wirkenden Künstlers In-<br />
go Günther. Die kalt blau leuchtende<br />
Globusskulptur „Exosphere“ mit einem<br />
Durchmesser von 13 Metern ist eine im<br />
Maßstab 1:1 000 000 verkleinerte<br />
Nachbildung der Erde und somit der<br />
größte Globus der Welt. Illuminiert von<br />
unsichtbaren Leuchtstäben im Inneren,<br />
schwebt er mit einer Neigung von 23,5<br />
Grad weithin sichtbar im Raum. Der<br />
zum Teil darunter liegende Globenteppich<br />
ist eine Skulptur aus 60 kleineren<br />
Globen, die unter einem 50 Zentimeter<br />
zerns in sieben eigenen Pavillons. Mit<br />
viel Sinn für Ästhetik angelegte Wasser-<br />
und Grünflächen laden „drumherum“<br />
zum Verweilen ein – Ruhepunkte,<br />
die auch das architektonische Gesamtkonzept<br />
der Autostadt in immer<br />
neuen Blickwinkeln auf den Betrachter<br />
wirken lassen. Darunter neben dem<br />
gläsernen KundenCenter vor allem das<br />
imposante Wahrzeichen – die beiden<br />
gläsernen, 48 Meter hohen AutoTürme,<br />
in denen zusammen bis zu 800<br />
auf Hochglanz polierte Neufahrzeuge<br />
für die Auslieferung bereit stehen. rds<br />
dem er aber immer wieder auf Überraschungen<br />
stößt. So etwa beim erdverankerten<br />
Volkswagen-Pavillon, im Fall<br />
der Erdarchitektur des Bentley-Pavillons<br />
oder angesichts des halb eingegrabenen<br />
Gartenrestaurants – Architektur,<br />
die auf diese Weise ihre Verankerung<br />
in der Autostadt-Philosophie<br />
unterstreicht: Dies ist ein ökologisch<br />
begründetes, urbanes Areal.<br />
In diesem Sinne haben die Hamburger<br />
Landschaftsarchitekten auch jedem<br />
MarkenPavillon einen Hausbaumgegeben,<br />
der ganz<br />
spezielle Attributeunterstreicht<br />
und dessen sinnfällige Präsenz<br />
sich nicht unbedingt beim ersten<br />
Besuch erschließt. Volkswagen wird<br />
durch die Birke gekennzeichnet, ein<br />
eben so widerstandsfähiges wie heiter-helles<br />
Gehölz, Audi durch den früh<br />
blühenden und im Herbst farbenprächtigen<br />
Spitzahorn, Bentley durch<br />
eine englische Eiche. Lamborghini<br />
wählte mit der Esskastanie den mediterransten<br />
Baum, der dem Klima<br />
Wolfsburgs noch standhält, Seat die<br />
Silberweide, Skoda eine zweistämmige,<br />
böhmische Eiche. rds<br />
Eine perfekt inszenierte Ferienidylle<br />
Perfekt inszenierte Freizeit: In der Autostadt in Wolfsburg wird Mobilität zum sinnlichen Erlebnis – und das in vielerlei Hinsicht.<br />
dicken Glasboden eingelegt sind; jeder<br />
stellt einen bestimmten Themenkreis<br />
dar (z.B. Politik, Ökologie und Bevölkerungswachstum).<br />
Einsichten ganz anderer Art gewinnt<br />
der Besucher durch die Arbeit von Nicolas<br />
Anatol Baginsky; der in Hamburg<br />
lebende 42-jährige Künstler ist<br />
vor allem durch seine Performances<br />
mit musizierenden „Robotermenschen“<br />
bekannt. Am roten Kubus verwandelt<br />
Baginsky die hohe frei ste-<br />
Der weltweit größte Globus<br />
hende Rolltreppe, die über zwei Etagen<br />
führt, in eine intelligente Installation<br />
mit dem Titel „Public Narcissism<br />
– Narzissmus im öffentlichen Raum“.<br />
Sie basiert auf dem elementaren Bedürfnis<br />
des Menschen, sich ein Bild<br />
von sich zu machen – ein Ur-Instinkt<br />
mit vielen Variationen. Der Clou: Kameras<br />
erfassen den Besucher auf der<br />
Fahrt nach oben, Bildschirme auf der<br />
linken Seite werfen sein Bild vergrößert<br />
und verfremdet zurück. dp<br />
Autostadt-Geschäftsführer Otto Ferdinand Wachs:<br />
„Unsere Erlebniswelt bleibt<br />
auch in Zukunft spannend“<br />
<strong>Profil</strong>: Mehr als sieben Millionen<br />
Gäste haben die Autostadt in Wolfsburg<br />
seit ihrer Eröffnung am 1. Juni<br />
2000 besucht. Ihr Konzept, in unmittelbarer<br />
Nähe von Europas größtem<br />
Automobilhersteller ein Volkswagenspezifisches<br />
Erlebnis- und Kompetenzzentrum<br />
mit einer Vielzahl von<br />
Freizeitaktivitäten zu offerieren, ist<br />
ganz offensichtlich aufgegangen.<br />
Wachs: Allerdings. Wir sind auch<br />
mit dem dritten Betriebsjahr außerordentlich<br />
zufrieden. Es ist uns gelungen,<br />
unsere Besucherzahlen konstant<br />
zu halten – und das trotz der<br />
schwierigen wirtschaftlichen Situation.<br />
Damit haben wir unsere Prognose<br />
aus dem Jahr 2000, pro Jahr rund<br />
eine Million Gäste zu begrüßen,<br />
neuerlich deutlich übertroffen. Die<br />
Autostadt in Wolfsburg ist seit drei<br />
Jahren der Erlebnispark mit den<br />
zweithöchsten Besucherzahlen in<br />
Deutschland. Das zeigt, dass unser<br />
Erfolg nachhaltig ist.<br />
<strong>Profil</strong>: Was macht – aus der Sicht<br />
der „Macher“ – den Reiz der Einrichtung<br />
aus?<br />
Wachs: Das Konzept der Autostadt<br />
bewährt sich auch in wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten. Es zahlt sich jetzt<br />
aus, dass wir den Besuchern ein sehr<br />
breites Angebot machen, das ganz<br />
unterschiedliche Menschen für uns<br />
interessiert, ganz anders als in einem<br />
Freizeitpark. Wir beeindrucken die<br />
Gäste mit einer ästhetisch ansprechenden<br />
und inhaltlich überzeugenden<br />
Inszenierung nachhaltig. Die Tatsache,<br />
dass wir mit unseren Inszenierungen<br />
und Attraktionen den Geschmack<br />
unserer Gäste treffen, ist<br />
das Ergebnis eines sehr komplexen<br />
Prozesses und der harten Arbeit aller<br />
Beteiligten.<br />
<strong>Profil</strong>: Und was sagen die Besucher?<br />
Wachs: Sie geben uns durchweg<br />
sehr gute Noten, und zwar nicht nur<br />
für die Inhalte, sondern auch für<br />
Werte wie Sauberkeit und Servicequalität.<br />
<strong>Profil</strong>: Gibt es eine Hitliste der Autostadt-Einrichtungen,<br />
was ihre Attraktivität<br />
– also Nutzung/Frequentierung<br />
durch die Besucher – angeht?<br />
Wachs: Einer der Magnete der Autostadt<br />
ist das ZeitHaus mit seiner<br />
eindrucksvollen Ausstellung der Geschichte<br />
der Mobilität; aber auch alle<br />
Pavillons, die Simulatoren, Kinofilme<br />
und der Park selbst sind sehr beliebt.<br />
<strong>Profil</strong>: Wie setzen sich die Autostadt-Besucher<br />
zusammen und woher<br />
kommen sie? Sind es überwiegend<br />
Käufer von VW-Personenkraftwagen,<br />
die die Auslieferung ihres<br />
„neuen Familienmitglieds“ mit einem<br />
interessanten Rahmenprogramm<br />
„garnieren“ wollen? Oder<br />
sind es freizeitorientierte Zeitgenossen,<br />
die schlicht und einfach die attraktiven<br />
und facettenreichen Angebote<br />
der Autostadt in Summe bzw.<br />
gezielt nutzen?<br />
Wachs: Nur ein Drittel der Besucher<br />
der Autostadt sind Abholer. Der<br />
Großteil der Menschen kommt hierher,<br />
um das Erlebnis Autostadt zu genießen.<br />
Dennoch sind wir mit rund<br />
500 Autoauslieferungen pro Tag einer<br />
der größten Handelsplätze der<br />
Welt. Mittlerweile kommen rund 60<br />
Prozent der Gäste aus einem Umkreis,<br />
der mehr als 100 Kilometer von<br />
Wolfsburg entfernt liegt.<br />
<strong>Profil</strong>: Durch die Autostadt tritt<br />
Volkswagen in einen gezielten Dialog<br />
mit Kunden und Besuchern; auf<br />
diese Weise sollen auch völlig neue<br />
Zielgruppen für den Konzern interessiert<br />
werden. Wie erfolgreich waren<br />
Sie diesbezüglich bis heute?<br />
Wachs: Bisher haben sich mit Hilfe<br />
der Autostadt mehr als sieben Millionen<br />
Menschen mit dem Konzern<br />
auseinandergesetzt. Das ist ein<br />
Wert, der durch andere klassische<br />
Kommunikations- und Marketinginstrumente<br />
einfach nicht zu erreichen<br />
ist. Hinzu kommt, dass die Autostadt<br />
sehr nachhaltig wirkt: Mit spannen-<br />
den Angeboten und auch pädagogischen<br />
Ansätzen gelingt es uns, die<br />
Gäste auch zum Nachdenken anzuregen.<br />
Das Wichtigste aber ist: Die<br />
Besucher verlassen die Autostadt<br />
mit dem Gefühl, gern gesehene<br />
Gäste gewesen zu sein – bei Volkswagen.<br />
Und mit bestimmten Projekten<br />
sprechen wir völlig neue Zielgruppen<br />
an. Mit unserem Mobilitäts-<br />
Deck beispielsweise erreichen wir<br />
durch eine deutschlandweit einmalige<br />
Kooperation mit dem niedersächsischen<br />
Kultusministerium die Gruppe<br />
der Schüler.<br />
<strong>Profil</strong>: Ihr Unternehmen hat bisher<br />
rund 430 Millionen € in das Projekt<br />
Autostadt investiert, das weltweit seinesgleichen<br />
sucht. Nun ist eine derartige<br />
Einrichtung kein statisches, in<br />
sich ruhendes Gebilde, sondern – als<br />
Spiegelbild der sich ständig verändernden<br />
Erlebniswelten des Automobilherstellers<br />
Volkswagen mit seinen<br />
acht Marken Audi, Bentley, Bugatti,<br />
Lamborghini,<br />
Seat, Skoda,<br />
Volkswagen und<br />
Volkswagen-<br />
Nutzfahrzeuge –<br />
ein „lebender<br />
Organismus“,<br />
dessen Attraktivität<br />
und Akzeptanz<br />
sicher auch<br />
von der Verän-<br />
derung lebt?<br />
Kurz gefragt:<br />
O. F. Wachs<br />
Wie geht es konzeptionell weiter?<br />
Wachs: Die Autostadt ist ständig im<br />
Wandel. Unser Ziel ist es, sie für Besucher<br />
immer spannend zu halten,<br />
und immer neue Anreize zu schaffen.<br />
Wirversuchen gemeinsam mit unserem<br />
Kreativteam, immer wieder von<br />
Neuem anspruchsvolle und zugleich<br />
unterhaltende Angebote zu schaffen.<br />
Dabei ist es ganz entscheidend,<br />
dass unsere Besucher das Gefühl<br />
haben, dass wir ihre Wünsche und<br />
Bedürfnisse erfüllen. Dazu ist es notwendig,<br />
die ausgetretenen Pfade zu<br />
verlassen. Das tun wir und deshalb<br />
bleibt die Autostadt auch in Zukunft<br />
ein spannender Ort. rds
Foto: Jutta Kennepohl/Osnabrück<br />
Seite 14 Aus dem Konzern<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
Umgeben von ihren festlich gekleideten Ehrendamen: Heidekönigin Sarah Ludwig<br />
(M.) zusammen mit – v.l.n.r. – Janine Düvel, Sandra Schucht, Schwester<br />
Linda Ludwig, Vorgängerin Sabrina Schucht, Nadine Jung und Myrna Ludwig.<br />
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (l.) überreicht Christian<br />
Damman die Urkunde zum Landessieger. Aufmerksame Zuschauerin ist Dammans<br />
frühere Ausbildungskollegin Olga Worster (r.), die den 3. Platz belegte.<br />
Rheinmetall: Erneut Landessieger bei den Azubis<br />
Beleg für hohe Qualität<br />
in der Berufsausbildung<br />
akn Unterlüß. 29 Jugendliche aus<br />
dem Bezirk der Industrie- und Handelskammer<br />
Lüneburg-Wolfsburg haben<br />
in diesem Jahr ihre Abschlussprüfung<br />
nicht nur mit „sehr gut“ abgeschlossen,<br />
sondern in ihrem Ausbildungsberuf<br />
außerdem die besten<br />
Punktzahlen in Niedersachsen erreicht.<br />
Zu den Berufsbesten zählte<br />
auch der 20-jährige Christian Damman,<br />
der bei der Rheinmetall W&M<br />
GmbH in Unterlüß ausgebildet wurde.<br />
Er erreichte den 1. Platz der Landessieger<br />
Niedersachsen im Beruf<br />
Zerspanungsmechaniker (Fachrichtung<br />
Frästechnik).<br />
In einer Festveranstaltung des Niedersächsischen<br />
Industrie- und Handelskammertages<br />
(IHK) wurden am<br />
10. November <strong>2003</strong> die 173 Besten<br />
der mehr als 30 000 niedersächsischen<br />
Prüflinge ausgezeichnet. „Ich<br />
habe schon aufgrund<br />
meiner Zwischennoten<br />
mit einem<br />
guten Prüfungsergebnis<br />
gerechnet.<br />
Die Nachricht, dass<br />
ich Landessieger in meinem Ausbildungsberuf<br />
geworden bin, kam für<br />
mich dann aber doch überraschend“,<br />
so der ehemalige Rheinmetall-Azubi,<br />
der durch seine große<br />
Leistungs- und Einsatzbereitschaft<br />
in der betrieblichen Ausbildung und<br />
seiner sehr guten schulischen Leistungen<br />
bereits nach drei (statt 3,5)<br />
Jahren die Abschlussprüfung machen<br />
konnte. „Schon in der Grundausbildung<br />
zeichnete sich sein gutes<br />
technisches Verständnis und<br />
sein handwerkliches Geschick im<br />
Umgang mit Werkzeug und Maschinen<br />
ab“, lobt denn auch Günter<br />
Hackländer, Gruppenleiter in der Berufsausbildung<br />
der Rheinmetall<br />
W&M GmbH in Unterlüß.<br />
In der Festansprache ging Niedersachsens<br />
Ministerpräsident Christian<br />
Wulff auf die Situation auf dem Lehrstellenmarkt<br />
ein. In Niedersachsen<br />
entspanne sich die Lage zunehmend.<br />
Nur noch wenige Hundert junge Menschen<br />
seien ohne Ausbildungsplatz.<br />
„Bis zum Jahresende werden wir weitere<br />
Jugendliche in die Ausbildung<br />
bringen – deshalb müssen wir die gemeinsamen<br />
Anstrengungen fortsetzen.<br />
Entscheidend ist, dass wir wieder<br />
Wachstum in Deutschland haben, damit<br />
die Unternehmen ausbilden und<br />
einstellen.“<br />
Mit Christian Damman konnte bereits<br />
zum dritten Mal ein Auszubildender<br />
der Rheinmetall W&M den Titel<br />
des niedersächsischen Landessiegers<br />
erreichen. Ein weiteres Zeichen für die<br />
erstklassige Arbeit des Betriebes und<br />
der verantwortlichen Ausbilder ist die<br />
Tatsache, dass seit<br />
Aufnahme der Berufsausbildung<br />
im<br />
Jahre 1983 alle zur<br />
Abschlussprüfung zugelassenenBerufsanfänger<br />
ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen<br />
haben. Seit 1998 bilden<br />
die Rheinmetall W&M GmbH und die<br />
Rheinmetall Landsysteme GmbH in<br />
Unterlüß einen Ausbildungsverbund<br />
mit gewerblich-technischen und kaufmännischen<br />
Berufen. Ausgebildet<br />
werden zur Zeit 60 junge Menschen –<br />
und zwar als Industrie- bzw. Zerspanungsmechaniker,Energie-elektroniker,<br />
Konstruktionsmechaniker und Industriekaufmann.<br />
Nach seiner erfolgreichen Ausbildung<br />
bei Rheinmetall hat sich Christian<br />
Damman für den Besuch einer weiterführenden<br />
Schule entschieden. Er<br />
lernt gegenwärtig auf der Fachoberschule<br />
Technik in Uelzen, um danach<br />
Maschinenbau zu studieren.<br />
F<br />
Für mich ging an diesem Tag<br />
ein Kindheitstraum in Erfüllung.<br />
Bereits als kleines Mädchen<br />
hatte ich mir gewünscht,<br />
später einmal von den Elfen<br />
und Zwergen zur Heidekönigin gewählt<br />
zu werden.“ Ende August <strong>2003</strong><br />
wurde dieser Traum für die 18-jährige<br />
Sarah Ludwig, die derzeit bei der<br />
Rheinmetall W&M GmbH in Unterlüß<br />
zur Zerspanungsmechanikerin (Fachrichtung<br />
Frästechnik) ausgebildet<br />
wird, Wirklichkeit.<br />
Auf dem 49. Heideblütenfest ihres<br />
Heimatortes Bokel, einem kleinen<br />
Heidedorf an der Ilmenauquelle,<br />
wurde sie von den Bokeler Kindern<br />
– den sogenannten Elfen und Zwergen<br />
– zur neuen Heidekönigin<br />
<strong>2003</strong>/2004 gewählt. Drei Tage feierten<br />
die Bokeler ihr traditionelles Fest<br />
inmitten der blühenden Heide – rund<br />
um die Ortschaft gibt es nämlich<br />
noch zwei unter Naturschutz gestellte<br />
ursprüngliche Heideflächen, die<br />
unter anderem vom Verein „Heidefreunde<br />
Bokel e.V.“ betreut werden.<br />
Beim Fest selbst erlebten die zahlreichen<br />
Gäste u.a. das sehr beliebte<br />
Pellkartoffelessen und hatten viel<br />
Spaß beim Country-Festival.<br />
Kindheitstraum ging in Erfüllung<br />
Doch der eigentliche Höhepunkt war<br />
das Heideblütenfest mit der märchenhaften<br />
Krönungszeremonie. Rund 500<br />
Gäste zogen mit dem Tross der mehr<br />
als 20 liebevoll geschmückten Festwagen<br />
in das knapp neun Hektar große<br />
Heideblütental, um das Krönungsspiel<br />
der Elfen und Zwerge auf der Naturbühne<br />
zu verfolgen. Nach kurzer Beratung<br />
verkündeten die Kinder lautstark,<br />
dass Sarah Ludwig die neue Heidekö-<br />
nigin sei. Ihre Ehrendamenstaffierten<br />
die junge<br />
Bokelerin sofort<br />
mit der Heidekrone<br />
und dem<br />
edlen violetten<br />
Umhang aus.<br />
„Ich habe mich<br />
riesig über die<br />
Wahl gefreut und<br />
bin stolz, meinen Heimatort in ganz<br />
Norddeutschland auf Messen und anderen<br />
öffentlichen Veranstaltungen vertreten<br />
zu können“, so Heidekönigin Sarah<br />
Ludwig, die sich bereits als Mitglied in<br />
der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr stark<br />
für ihren Heimatort engagiert, glücklich.<br />
Mit dem Heideblütenfest im nächsten<br />
Jahr (27.-29. 8. 2004) endet die Regentschaft<br />
der jungen Rheinmetall-Auszubildenden.<br />
Aber bis dahin wird sie noch<br />
so manchem Jubilar gratulieren und zu<br />
besonderen Anlässen als Königin der<br />
Elfen und Zwerge „Flagge zeigen“. akn<br />
Silberhütte-Chef Schilling Unternehmer des Jahres <strong>2003</strong> in Sachsen-Anhalt<br />
Vorbildfunktion für die ganze Region<br />
fü/rds Silberhütte/Magdeburg.<br />
Gleich zwei unternehmerische Auszeichnungen<br />
konnte Falk Schilling,<br />
Geschäftsführer der mehrheitlich zur<br />
Nico-Gruppe gehörenden Silberhütte<br />
Pyrotechnik GmbH in Silberhütte am<br />
Unterharz, kürzlich entgegennehmen.<br />
Zum einen wurde der 58-jährige Firmenchef<br />
von der in Magdeburg ansässigen<br />
Wirtschaftsspiegel-Publikation<br />
zum Unternehmer des Jahres <strong>2003</strong> in<br />
Sachsen-Anhalt gekürt. Zum anderen<br />
erhielt das Unternehmen, das im Geschäftsjahr<br />
2002 mit knapp 21 Millionen<br />
Euro den höchsten Umsatz seit<br />
seiner Gründung (1790/1991) erzielte,<br />
den „Oskar der Oskars“ – und darf<br />
sich jetzt stolz als das Vorzeigeunternehmen<br />
aus dem Kreis der Preisträgerfirmen<br />
bezeichnen, die den seit<br />
1995 ausgelobten „Oskar für den Mittelstand“<br />
bisher erhalten haben.<br />
Seit Mitte der neunziger Jahre des<br />
20. Jahrhunderts werden bundesweit<br />
besonders erfolgreiche und engagierte<br />
mittelständische Unternehmen mit<br />
dem „Oskar für den Mittelstand“ belohnt.<br />
Eine unabhängige Jury, der unter<br />
anderem Vertreter der Regierungspräsidien,<br />
der regionalen Industrieund<br />
Handelskammern, der Verbände,<br />
Kommunen sowie aus der Industrie<br />
angehören, bewertet dabei insgesamt<br />
fünf Nominierungskriterien: Gesamtentwicklung<br />
des Unternehmens,<br />
Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen,<br />
Modernisierung und Innovation,<br />
Service, Kundennähe und Marketing<br />
sowie – zu guter Letzt – das Engagement<br />
in der jeweiligen Region. Die<br />
Silberhütte-Pyrotechnik erhielt „ihren“<br />
Mittelstands-Oskar im Jahr 2000 –<br />
jetzt wurde dies noch mal getoppt.<br />
Eine ähnlich publikumswirksame<br />
Anerkennung unternehmerischer Arbeit<br />
vergibt der Wirtschaftsspiegel, eine<br />
seit 1993 in Sachsen-Anhalt erscheinende<br />
Publikation, die sich unter<br />
dem Slogan „Wir schaffen Verbindungen“<br />
schwerpunktmäßig als vermittelndes<br />
Medium zwischen den Entscheidungsträgern<br />
der regionalen<br />
Wirtschaft und den kommunalen Ebenen<br />
versteht. Geschäftsführer Gert<br />
Hohlwein zu den Kriterien der zum<br />
vierten Mal vergebenen „Unternehmer/in<br />
des Jahres“-Auszeichnung:<br />
„Mit dieser Ehrung wollen wir erfolgreiche<br />
Macher und Manager ins Rampenlicht<br />
heben. Grundlagen für die<br />
Entscheidung der hochkarätig besetzten<br />
Jury (u.a. IHK- und Handwerkskammerpräsidenten<br />
sowie Bankenvorstände)<br />
sind zum Beispiel die ökonomische<br />
Entwicklung der Firma, Kennziffern<br />
wie Umsatz/Gewinn, Investitio-<br />
Falk Schilling freut sich: Die Auszeichnungen<br />
sind auch eine Anerkennung<br />
für die Mitarbeiter, mit deren Engagement<br />
ein Unternehmen steht und fällt.<br />
nen und Arbeitsplätze, die Aspekte Innovation,<br />
Service und Kundennähe<br />
sowie das soziale Engagement im<br />
Rahmen gemeinnütziger Aufgaben<br />
und die Kooperation mit Verbänden<br />
und Kommunen.“<br />
Falk Schilling, von Haus aus diplomierter<br />
Maschinenbauingenieur und<br />
seit 1995 Chef der heute rund 240 Mitarbeiter<br />
zählenden Firma, sieht in den<br />
beiden Auszeichnungen eine unmittelbare<br />
Bestätigung dafür, dass sich<br />
Leistung und Einsatz im unternehmerischen<br />
Sinne für alle Beteiligten lohnen.<br />
„Der Oskar beispielsweise demonstriert<br />
der breiten Öffentlichkeit,<br />
wie mittelständig strukturierte Unternehmen<br />
Verantwortung übernehmen<br />
und Risiken tragen. Die Leistungsfähigkeit<br />
des Betriebes wird gewürdigt,<br />
im selben Atemzug aber auch das Engagement<br />
der Mitarbeiter.“ Dass das<br />
Lob aus berufenem Juroren-Munde<br />
gleichzeitig imagefördernd wirkt, steht<br />
für Schilling, seit drei Jahren auch Vizepräsident<br />
der IHK-Magdeburg, ebenfalls<br />
außer Frage: „Es zeigt, da ist –<br />
auch im Hinblick auf das gesellschaftliche<br />
Umfeld – ein durch und durch<br />
funktionierendes Unternehmen.“<br />
Die Silberhütte Pyrotechnik GmbH<br />
kann, was insbesondere die Entwicklung<br />
in den zurückliegenden fünf Jahren<br />
angeht, in der Tat auf eine gute<br />
geschäftliche Entwicklung zurückblicken.<br />
2002 erwirtschaftete die Firma,<br />
deren Ursprünge auf das Jahr 1790<br />
zurückgehen (Gründung einer Pulvermühle<br />
im Selketal) und die 1991<br />
durch die Nico-Gruppe in Trittau bei<br />
Hamburg (2/3-Mehrheit) und die Umarex-Sportwaffen<br />
GmbH & Co. KG<br />
(Arnsberg) von der Treuhandanstalt<br />
übernommen worden war, den bisher<br />
höchsten Umsatz seit der Gründung<br />
– immerhin rund 20,8 Millionen Euro.<br />
Zum Produktprogramm der Silberhütte,<br />
die gegenwärtig neun junge Menschen<br />
in vier Berufsfeldern ausbildet,<br />
gehören unter anderem Leucht- und<br />
Signalmittel, Leuchtspurerzeugnisse.<br />
Feuerwerk, Seenotsignale, Reizstoffprodukte,<br />
Airbag-Zündeinrichtungen<br />
und pyrotechnische Munition im Kaliber<br />
15 Millimeter.<br />
GEZIELTE HILFE FÜR KREBSKRANKE KINDER: Genau 7500 € kamen, wie bereits ausführlich berichtet („Das <strong>Profil</strong>“<br />
4/<strong>2003</strong>), Anfang September des Jahres beim 1. Familientag der Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) in Kassel als Tombolaerlös<br />
zusammen. Vor wenigen Wochen nun wurde ein Scheck in gleicher Höhe im Rahmen einer Ausstellung von rund<br />
15000 Modellfahrzeugen in der Fritz-Erler-Kaserne in Fuldathal-Rothwesten übergeben, und zwar an die in Bonn ansässige<br />
Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe. Bei der symbolischen Scheckübergabe durch RLS-Produktionsleiter (Kette) Johann Brix<br />
(2.v.l.) bedankte sich Kinderkrebshilfe-Geschäftsführer Bernd Schmitz (3.v.r.) für die tatkräftige Unterstützung: „Mit Ihrer<br />
Benefizaktion haben Sie unser Motto ‚Mitmachen heißt mithelfen‘ auf uneigennützige Weise in die Tat umgesetzt. Neben<br />
der finanziellen Hilfe transportiert Ihr Engagement gleichzeitig die Botschaft, dass krebskranke Kinder und deren Familien<br />
mit ihrem Schicksal nicht allein gelassen werden. Das zeichnet Sie als Menschen mit sozialer Verantwortung aus.“ Beim<br />
Fototermin mit dabei waren (v.l.n.r.) Sicherheitsbevollmächtigter Peter Schmidt von der RLS-Kassel, Betriebsratschefin<br />
Gisela Walter und ihr Stellvertreter Harald Töpfer sowie Ausstellungsorganisator Hauptfeldwebel Helmut Duntemann. rds<br />
Foto: Annette Kaduhr; Composing: frei-stil
Karikatur: Dirk Meissner<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Aus dem Konzern<br />
Seite 15<br />
Be Bereits seit der Gründung der<br />
Eidgenössischen Pulverfabrik<br />
1918 in Wimmis im<br />
Berner Oberland (Schweiz)<br />
gibt es auch eine Hilfeleistungsorganisation,<br />
welche die Belegschaft,<br />
die Produktionsstätten und das<br />
Firmengelände schützt. Über die Jahre<br />
und Jahrzehnte hat sich diese an die<br />
Gegebenheiten und Anforderungen eines<br />
modernen Unternehmens angepasst.<br />
Heute hat eine bestens ausgestattete<br />
und 50 Mann starke Betriebsfeuerwehr,<br />
die dem Werkschutz unterstellt<br />
ist, diese Aufgaben in der zur<br />
Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> gehörenden<br />
Nitrochemie Wimmis <strong>AG</strong> übernommen.<br />
Ausgestattet mit sechs Fahrzeugen<br />
(ein Tanklöschfahrzeug mit 4000 Liter<br />
Wasser Fassungsvermögen, zwei Atemschutzfahrzeuge,<br />
ein Chemiewehrzug<br />
mit Anhänger, ein Pikettfahrzeug sowie<br />
ein Mannschaftstransportfahrzeug)<br />
und den speziellen Löschmitteln, können<br />
Unfälle aller Art,<br />
im speziellen aber<br />
auch mit Chemieerzeugnissen,<br />
im Ernstfall wirkungsvoll<br />
bekämpft werden. Wobei eines klar ist:<br />
Die Feuerwehrmänner schlüpfen – ähnlich<br />
wie bei der Freiwilligen Feuerwehr<br />
in Deutschland – nur dann in die spezielle<br />
Dienstmontur, wenn ein Notfall vorliegt.<br />
Ansonsten arbeiten sie im Unter-<br />
nehmen an ihrem eigentlichen Arbeitsplatz.<br />
Die Feuerwehrmänner rekrutieren<br />
sich aus Angestellten aller Hierarchiestufen<br />
und Abteilungen. Werkschutzleiter<br />
Heinz Wepf, gleichzeitig<br />
Kommandant der Betriebsfeuerwehr im<br />
Range eines Hauptmanns: „Mit diesem<br />
Wehrmänner im Notfall präsent<br />
Milizsystem wird nicht nur viel Geld gespart;<br />
wir nutzen auch das große Wissen<br />
und Können, das die Feuerwehrmänner<br />
aus ihrer täglichen Arbeit und<br />
dem privaten Umfeld mitbringen.“<br />
Die Betriebsfeuerwehr ist auch ein<br />
zuverlässiger Partner, wenn es um<br />
Mit 58,05 Schlauchkilometern von Frutigen nach Bern: Mehr als 2800 Feuerwehrschläuche verlegten die Feuerwehrleute<br />
im Berner Oberland für den neuen Weltrekord – aktiv dabei war auch die Betriebsfeuerwehr der Nitrochemie Wimmis <strong>AG</strong>.<br />
M<br />
Mit dem Goldregenpfeifer<br />
hat eigentlich alles angefangen,<br />
so zumindest<br />
schreibt es die Legende.<br />
Im November 1951 war<br />
Sir Hugh Beaver (1890-1967), Geschäftsführer<br />
von Guinness, auf dem<br />
North Slob am Slaney, einem Fluss in<br />
der Grafschaft Wexford im Südosten Irlands,<br />
auf der Jagd. Die Jäger verfehlten<br />
einige Exemplare des Goldregenpfeifers<br />
und Sir Hugh fragte sich, ob<br />
das Federwild der schnellste europäi-<br />
Buch mit dem Licht des Wissens<br />
sche Vogel ist oder nicht. Dieses Erlebnis<br />
brachte den Guinness-Chef auf den<br />
Gedanken, dass es zahllose solcher<br />
Fragen geben musste, die in den Pubs<br />
Abend für Abend Anlass zu mehr oder<br />
weniger hitzigen Debatten und Streitgesprächen<br />
boten. 1954 erhielten<br />
schließlich Norris und Ross McWhirter,<br />
denen damals eine Statistik-Agentur in<br />
London gehörte, den Auftrag, eine<br />
Sammlung von Rekorden zu veröffentlichen.<br />
Bereits ein Jahr später kam die<br />
erste, 198 Seiten umfassende Ausgabe<br />
des Buches Guinness World Records<br />
heraus. Die erste US-Ausgabe erschien<br />
1956 in New York. Es folgten<br />
Ausgaben in Französisch (1962) und<br />
Deutsch (1963). Inzwischen erscheint<br />
das Buch in 40 Ländern und 37 Sprachen<br />
mit einer bis jetzt weltweiten Auf-<br />
Zusammenarbeit und Hilfeleistungen<br />
mit Dritten geht. So besteht beispielsweise<br />
ein Hilfeleistungsabkommen<br />
mit der Standortgemeinde<br />
Wimmis. Wepf: „Wir führen auch gemeinsame<br />
Übungen mit andern Rettungsorganiationen<br />
durch bzw. arbeiten<br />
maßgeblich<br />
in Verbänden mit.<br />
Dabei geht es stets<br />
darum, aufzuzeigen, was Dritte von<br />
uns erwarten können. Wir wollen allerdings<br />
auch erfahren, wie uns andere<br />
Partner im Notfall unterstützen<br />
können. Die im Ernstfall so wichtige<br />
Zusammenarbeit muss also stets<br />
und ständig geschult werden.“<br />
Eine weitere wichtige Aufgabe der<br />
Betriebsfeuerwehr ist die regelmäßige<br />
Schulung der Mitarbeiter in der<br />
Bekämpfung von Entstehungsbränden,<br />
der Alarmierung und der Ersten<br />
Hilfeleistung. In kleinen Gruppen<br />
wird im nächsten Jahr der Einsatz<br />
von Handfeuerlöschern, Löschdecken<br />
und Haushydranten sowie Erste<br />
Hilfe-Maßnahmen in der Praxis geübt.<br />
Noch einmal Werkschutzleiter<br />
Wepf: „Die praktische Schulung wird<br />
von den Nitrochemie-Mitarbeitern<br />
sehr geschätzt, da die hier trainierten<br />
und erlernten Sofortmaßnahmen<br />
im Ernstfall auch im privaten Umfeld<br />
genutzt werden können.“ akn<br />
Wimmis-Wehrmänner beim Weltrekord dabei<br />
Per Wasserschlauch ins<br />
Guinness-Rekordbuch?<br />
Wimmis/Frutigen/Bern. Das 50-jährige<br />
Bestehen des Gemeindeverbandes<br />
im Kanton Bern (Schweiz) sollte<br />
mit einer ganz besonderen Aktion<br />
gefeiert werden. Der Verband Bernischer<br />
Gemeinden (VBG), der die Interessen<br />
der dortigen Kommunen gegenüber<br />
dem Kanton koordiniert und<br />
vertritt, entschloss sich zu einem außergewöhnlichenWeltrekordversuch:<br />
Ganz normales Wasser sollte<br />
über eine mehr als 58 Kilometer lange<br />
Feuerwehrschlauchleitung von<br />
Frutigen im Berner Oberland in die<br />
Schweizer Bundeshauptstadt transportiert<br />
werden.<br />
20 Feuerwehren aus 22 Gemeinden,<br />
darunter auch die Betriebsfeuerwehr<br />
der Nitrochemie Wimmis <strong>AG</strong>,<br />
nahmen am 19. September <strong>2003</strong> in<br />
aller Frühe die logistisch und technisch<br />
sehr anspruchsvolle Herausforderung<br />
an, um den bisherigen Streckenrekord<br />
von 50,1 Kilometern der<br />
Jugendfeuerwehr Karlsruhe zu überbieten.<br />
Heinz Wepf, Leiter des Werkschutzes<br />
der Nitrochemie Wimmis <strong>AG</strong><br />
und damit gleichzeitig Kommandant<br />
der firmeneigenen Betriebsfeuerwehr,<br />
traf mit seinem Team alle Vorbereitungen<br />
für den von ihnen betreuten<br />
Streckenabschnitt, darunter<br />
auch die Detailabstimmung mit den<br />
Nachbarwehren über die Anschlusspunkte<br />
der Schläuche, die Druckverhältnisse<br />
und die Standorte der Pumpen<br />
– wichtige Aspekte, damit am<br />
Tag des Weltrekordes alles problemlos<br />
vonstatten gehen konnte.<br />
Die Gebäudeversicherung Bern, das<br />
Aufsichtsorgan über die bernischen<br />
Feuerwehren, koordinierte das<br />
schwierige Unterfangen, bei dem<br />
mehr als 2800 Feuerwehrschläuche<br />
von 75 mm Durchmesser zusammengesetzt<br />
wurden. Wepf: „Über diese<br />
lange Distanz mussten natürlich auch<br />
lage von über 95 Millionen Exemplaren;<br />
es ist damit das meistverkaufte<br />
Buch der Welt. Und noch immer formuliert<br />
das Vorwort der ersten Ausgabe<br />
das eigentliche Anliegen des Buches -<br />
nämlich die Hitze des Streits über bestimmte<br />
Fakten durch das “Licht des<br />
Wissens” zu ersetzen.<br />
Übrigens: Die 20. Deutsche Ausgabe<br />
des Guinness-Rekordbuches ist seit<br />
Ende September dieses Jahres im Handel.<br />
Die rund 1000 neuen Rekorde der<br />
Ausgabe 2004 entstanden nach dem<br />
zahlreiche Überhöhungen, Brücken<br />
und Straßenüberquerungen überwunden<br />
werden. Damit das in Frutigen<br />
eingespeiste Wasser in Bern<br />
überhaupt ankam, wurden alle zwei<br />
bis drei Kilometer Motorspritzen eingesetzt,<br />
die das kühle Nass weiterpumpten<br />
und so auch den Reibungsverlust<br />
in den Schläuchen ausglichen.“<br />
Doch nach einigen nervenaufreibenden<br />
Stunden und großer Anteilnahme<br />
von Feuerwehrexperten und<br />
der Bevölkerung war es dann so weit:<br />
Um 20.45 Uhr, nach genau 58,05 Kilometern,<br />
sprudelte das Wasser auf<br />
dem Berner Münsterplatz aus dem<br />
Strahlrohr. Zu diesem Zeitpunkt befanden<br />
sich rund 250 000 Liter(!)<br />
Wasser in der Schlauchleitung. Erschöpft,<br />
jedoch überglücklich über<br />
die erbrachte Leistung, feierten alle<br />
Beteiligten den geglückten Weltrekordversuch<br />
– ein Erfolg, der möglicherweise<br />
auch im Guinness-Buch<br />
der Rekorde 2005 berücksichtigt werden<br />
könnte.<br />
Es ging jedoch um mehr als nur den<br />
Weltrekord. Feuerwehrkommandant<br />
Wepf: „Die gesamte Aktion stand unter<br />
dem Motto ‚Der VBG verbindet‘ und hat<br />
nicht nur die Verbundenheit zwischen<br />
den Gemeinden unterstrichen, sondern<br />
auch die gute Zusammenarbeit und<br />
die Kommunikation aller beteiligten<br />
Feuerwehren gezeigt.<br />
Der gelungeneWeltrekordversuch<br />
war zugleich<br />
auch eine<br />
Notfallübung und<br />
wird daher sorgfältig<br />
analysiert, um<br />
daraus Lehren für<br />
kommende Ernstfalleinsätze<br />
ziehen<br />
Ist stolz: Heinz Wepf zu können.“ akn<br />
verschärften Regularium,<br />
das im Oktober<br />
2002 in Kraft<br />
trat und das auch<br />
beim erfolgreichen<br />
Weltrekordversuch<br />
der 20 Berner Feuerwehrenzugrunde<br />
gelegt wurde.<br />
Etwa 60 000 Kandidaten melden sich<br />
jährlich bei Guinnes World Records in<br />
England, um einen Rekordversuch eintragen<br />
zu lassen akn<br />
Fotos (4): Guinness World Records Verlag GmbH/Hamburg
Seite 16 Menschen im Blickpunkt<br />
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong><br />
Rheinmetall-Pensionär Hans Müller filmt die Natur<br />
Wo heute noch der<br />
Heide-Birkhahn balzt<br />
Unterlüß. Wir befinden uns mitten<br />
auf dem über 50 Quadratkilometer<br />
großen Erprobungsgelände der Rheinmetall<br />
W&M GmbH in Unterlüß. Ein<br />
Rudel Hirsche steht ruhig auf einer<br />
Lichtung und äst entspannt Gras.<br />
Plötzlich durchbricht ein lauter Kanonenschuss<br />
die idyllische Szenerie.<br />
Doch wer glaubt, das Wild entschwindet<br />
vor Schreck in das sichere Dickicht<br />
des Waldes, hat sich geirrt: Unbeeindruckt<br />
vom Lärm grasen sie weiter.<br />
„Die auf dem Schießplatz lebenden<br />
Tiere, z.B. Hirsche, Rehe, Wildschweine<br />
und Hasen, sind mit den lauten Kanonengeräuschen<br />
aufgewachsen und<br />
haben daher keine Angst davor“, erläutert<br />
Hans Müller: „Bei einem Gewehrschuss<br />
würden sie allerdings<br />
nicht so still stehen bleiben.“<br />
Müller muss es wissen, denn der<br />
pensionierte Rheinmetall-Mitarbeiter<br />
beobachtet und filmt schon seit vielen<br />
Jahren die auf dem wehrtechnischen<br />
Erprobungsareal in der Südheide lebenden<br />
Tiere. „Da das Gebiet nur außerhalb<br />
der Schießzeiten und nur mit<br />
Sondergenehmigung betreten werden<br />
darf, wird der Lebensraum von vielen<br />
vom Aussterben bedrohten Tier- und<br />
Pflanzenarten – das sind zum Beispiel<br />
Birkhühner, Kraniche, Seeadler, Fischotter<br />
und seltene Moorpflanzen – geschützt“,<br />
so der ehemalige Betriebsleiter<br />
der Leopard-2-Turmmontage und<br />
Inbetriebnahme: „In dem Naturschutzgebiet<br />
Unterlüß herrschen noch<br />
die natürlichen Lebensbedingungen<br />
vor, in denen gefährdete Arten überleben<br />
oder wieder eine neue Heimat<br />
finden – ein Terrain, in dem sich aber<br />
auch weniger bedrohte Hirsche, Rehe,<br />
Wildschweine, Dachse und Hasen<br />
sehr wohl fühlen.“<br />
Mit ein wenig Glück kann der interessierte<br />
Naturfreund hier auch ein-<br />
drucksvolle Bilder von der seltenen<br />
Birkhahnbalz sehen. Mitten auf der<br />
Schießbahn vollzieht sich im April<br />
dasgeheimnisvoll anmutende Ritual:<br />
Mit sogenannten Flattersprüngen<br />
und Zischlauten macht sich der Hahn,<br />
erkennbar am blauschwarzem Gefieder<br />
und den markanten roten Rosen<br />
über den Augen, bemerkbar und<br />
steckt sein Revier ab. Dem Rivalen<br />
präsentiert er seine Stoß-Federn, und<br />
nach gewonnenem Zweikampf zieht<br />
der Sieger stolz seine Kreise um die<br />
Henne.<br />
Mit der nötigen Ruhe und Geduld<br />
konnte der erfahrene Naturbeobachter<br />
dieses seltene Schauspiel mit seiner<br />
Filmkamera einfangen. Dafür musste<br />
Müller mitunter noch bei Dunkelheit,<br />
vor der Morgendämmerung, in seinem<br />
Tarnzelt sitzen, um von den balzenden<br />
Birkhähnen nicht entdeckt zu werden.<br />
Doch das frühe Aufstehen hat sich gelohnt<br />
– die Szenen auf seinem gut 30minütigen<br />
Video mit dem Titel „Wo<br />
noch der Birkhahn balzt“ bestätigen<br />
dies.<br />
Angefangen hat die Filmleidenschaft<br />
des heute 65-Jährigen vor 13 Jahren,<br />
als der passionierte Angler in der Nähe<br />
eines Teiches auf dem Rheinmetall-<br />
Gelände, für dessen Betreuung er<br />
schon seit fast 40 Jahren zuständig ist,<br />
ab und zu den seltenen Eisvogel beobachten<br />
konnte. Diesem versuchte er<br />
einen artgerechten Lebensraum und<br />
Brutstätte zur Verfügung zu stellen, um<br />
ihn wieder heimisch zu machen. Er<br />
sorgte durch ständiges Aussetzen von<br />
Kleinfischarten für ein fischreiches Gewässer<br />
und veränderte die Uferböschung<br />
so, dass der farbenprächtige<br />
Vogel seine Bruthöhle in die nun steile<br />
Uferabbruchkante graben konnte. Die<br />
Anstrengung hat sich gelohnt, denn<br />
der Eisvogel suchte immer öfter den<br />
Teich auf und begann dort zu brüten.<br />
Diese erstaunliche Entwicklung hielt<br />
Müller mehr als zehn Jahre mit der Kamera<br />
fest.<br />
So entstand vor drei Jahren sein erster<br />
Film mit dem beziehungsreichen Titel<br />
„Im Reich des Eisvogels“ – gedreht zunächst<br />
nur für den Hausgebrauch.<br />
Doch das cineastische Dokument<br />
stieß bei Freunden, Bekannten, der<br />
Geschäftsführung des Wehrtechnikun-<br />
Geduld ist (s)eine Tugend: Wenn Hans Müller „auf Pirsch“ geht, dann fängt er mit der Filmkamera Südheide-Natur pur ein.<br />
Die Kamera ist stets dabei: Hans Müllers<br />
Filmleidenschaft begann vor nunmehr<br />
13 Jahren – seine Dokumentationen<br />
über Tiere und Pflanzen im<br />
Naturpark Südheide sind heute gefragt.<br />
ternehmens sowie dem Naturschutzbund<br />
Deutschland e.V. (NABU) auf reges<br />
Interesse. Alle waren begeistert.<br />
Der Film wird sogar an Gäste, die das<br />
Kompetenzzentrum für Heerestechnik<br />
in Unterlüß besuchen, verschenkt.<br />
Durch diesen Erfolg bestärkt, nahm<br />
Hans Müller vor drei Jahren ein neues<br />
Projekt in Angriff: Diesmal sollte ein<br />
Film entstehen, der die vielfältige Tierund<br />
Pflanzenwelt des gesamten Naturparks<br />
widerspiegelt. Mit Genehmigung<br />
der Rheinmetall-Geschäftsführung<br />
und fachlicher Unterstützung der<br />
beiden Förster Theo Grüntjens und Rüdiger<br />
Quast hat der Hobbyfilmer in den<br />
zurückliegenden 36 Monaten Hunderte<br />
von Stunden in den eindrucksvollen<br />
und unberührten Wäldern, Heiden<br />
und Mooren des Schießplatzes mit<br />
seiner Kamera zugebracht.<br />
Zu diesem Zweck richtete der Hobbyfilmer<br />
feste Beobachtungshütten ein,<br />
benutzte die Hochsitze der Förster<br />
oder nahm sein mobiles Filmzelt mit<br />
ins Gelände, um die scheuen Tiere ins<br />
rechte Bild zu rücken und äußerst seltene<br />
Aufnahmen zu machen. Nach<br />
den Aufnahmen in freier Natur begann<br />
dann die zeitaufwendige Auswertung<br />
des Filmmaterials. Viele Monate verbrachte<br />
Müller am eigenen Schnittcomputer,<br />
um aus der Vielzahl der<br />
Szenen einen abwechslungsreichen<br />
und interessanten Film zu gestalten.<br />
„Darin liegt nämlich die eigentliche<br />
Schwierigkeit. Der Film darf nicht zu<br />
lang sein, der gesprochene Text muss<br />
zu den gezeigten Bildern passen, und<br />
die Musik sollte die Stimmung des<br />
Films einfangen. Die richtige Mischung<br />
dieser drei Teile zu finden, das ist sehr<br />
schwierig“, erklärt der Rheinmetall-<br />
Pensionär, der selbstredend für Kamera,<br />
Ton, Text und Schnitt verantwortlich<br />
ist.<br />
Aus dem umfangreichen Videomaterial<br />
entstand schließlich ein beeindruckender<br />
und von allen Seiten vielgelobter<br />
Naturfilm mit faszinierenden<br />
Einblicken in die heimische Tier- und<br />
Pflanzenwelt. Besonders Rheinmetall-<br />
Forstexperte Grüntjens schätzt das Engagement:<br />
„Mit seinen Filmaufnahmen<br />
unterstützt uns Hans Müller tatkräftig<br />
bei der dokumentarischen Arbeit.<br />
In enger Absprache beobachtet<br />
er bestimmte Tiere und hält dabei die<br />
positiven Auswirkungen sowie den<br />
Entwicklungszustand des Naturschutzes<br />
fest.“<br />
Wer sich den Film auch einmal ansehen<br />
oder nähere Informationen über<br />
die Tier- und Pflanzenarten auf dem Erprobungsgelände<br />
in Unterlüß erhalten<br />
möchte, kann sich jederzeit an den<br />
passionierten Hobbyfilmer wenden.<br />
Der Kontakt: Hans Müller, Wilhelm-<br />
Kröger-Straße 11, 29345 Unterlüß; Tel.<br />
05827/7417). Anne-Kristin Noack<br />
Wasder 65-jährige Rheinmetall-Pensionär im Naturschutzgebiet Unterlüß aufnimmt – etwa diese Eisvögel im Trio –, das wird später in zeitaufwendiger Kleinarbeit am Schnittcomputer zum Film konfektioniert.<br />
Fotos(5): Katja Kletzke – die vier Tierbilder auf dieser „<strong>Profil</strong>“-Seite stammen aus den Videofilmen von Hans Müller
Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2003</strong> Dokumentation<br />
Seite 17<br />
Schiffsartillerie stellte ganz besondere Anforderungen an die Konstrukteure<br />
Auch Marine bestellte<br />
bei Heinrich Ehrhardt<br />
Düsseldorf. Rheinmetall Defence und Naval Systems – dieses Junktim verband<br />
man bis vor kurzer Zeit mit dem Geschäftsfeld STN Atlas Elektronik GmbH<br />
der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong>. Und in der Tat nahm deren Geschäftsbereich Naval<br />
Systems, der – wie berichtet – rückwirkend zum 1. Januar <strong>2003</strong> von der BAe Systems<br />
Deutschland GmbH übernommen wurde („Das <strong>Profil</strong>“ 4/<strong>2003</strong>), einen großen<br />
Teil der marinetechnischen Kompetenz der Rheinmetall-Defence-Gruppe<br />
ein. Auch die Ursprünge der früheren STN Atlas Elektronik GmbH – die Bremer<br />
Atlas-Werke waren 1902 durch den Norddeutschen Lloyd als Schiffsbauzulieferfirma<br />
gegründet worden – liegen im maritimen Bereich. Weniger bekannt dagegen<br />
ist, dass auch der Heerestechnik-Spezialist Rheinmetall selbst eine starke<br />
Tradition im Bereich der Marinebewaffnung aufweisen kann, die allerdings<br />
vor allem in der Zeit vor 1945 begründet ist. Schon die 1889 durch Heinrich Ehrhardt<br />
gegründete Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik <strong>AG</strong> hatte einen<br />
exzellenten Ruf in der Bewaffnung und Ausrüstung der Marine. Praktisch<br />
vom Beginn der Geschützfertigung an wurden auch Marinewaffen in Düsseldorf<br />
hergestellt, wie zahlreiche Quellen aus dem Rheinmetall-Archiv belegen.<br />
I<br />
In den Jahren vor dem Ersten<br />
Weltkrieg beeindruckte das kaiserliche<br />
Deutschland durch ein<br />
umfangreiches Flottenbauprogramm.<br />
Gemäß der Forderung<br />
Kaiser Wilhelms II., „der Dreizack<br />
muß in unserer Faust sein“<br />
(gemeint war das Symbol der britischen<br />
Seemacht), setzte das junge Deutsche<br />
Reich seit der Wende zum 20. Jahrhundert<br />
alles daran, seine Position als Seestreitmacht<br />
nachhaltig zu verbessern.<br />
Mit dem Stapellauf des britischen<br />
Kriegsschiffes „Dreadnought“ im Jahre<br />
1906, der ersten bedeutsamen marinetechnischen<br />
Innovation der Briten seit<br />
über 25 Jahren, setzte ein Wettrüsten<br />
zur See ein, das in wenigen Jahren britische<br />
und deutsche Schlachtschiffe in<br />
immer größerer Zahl, mit immer höherer<br />
Fahrgeschwindigkeit, mit immer<br />
stärkerer Panzerung und mit immer<br />
mehr Geschützen von immer größer<br />
werdendem Kaliber hervorbrachte.<br />
DesKaisers „liebstes Kind“ bedurfte<br />
natürlich einer angemessenen Bewaffnung,<br />
und so war dem Bestreben<br />
Deutschlands, eine starke Seemacht<br />
zu schaffen, „auch eine junge Waffenfabrik<br />
an den Ufern des Rheinstroms<br />
mit der Tat gefolgt.“ Damit kündigte<br />
mitten in der zweiten Marokko-Krise<br />
Rheinmetall-Aufsichtsrat Generalleutnant<br />
Ernst von Reichenau in einem Artikel<br />
(„Alle Mann an Deck!“) in der Berliner<br />
„Illustrierten Zeitung“ vom 26.<br />
Oktober 1911 an, künftig werde sich<br />
das Unternehmen mit seinen derzeit<br />
5000 Mitarbeitern auch der „Konstruktion<br />
und Herstellung von Marinegeschützen“<br />
einschließlich der dazugehörigen<br />
Munition widmen.<br />
Die gesamte Schiffsartillerie stellte<br />
an ihre Konstrukteure schon immer<br />
ganz besondere Anforderungen, weil<br />
hier von keinem festen Punkt, sondern<br />
von einem schlingernden, ständig<br />
bewegten Untergrund aus gefeuert<br />
und getroffen werden sollte. Rheinmetall<br />
entwickelte dafür frühzeitig besondere<br />
Einrichtungen, die das Richten<br />
der Geschütze und gezieltes Dauerfeuer<br />
auch bei starkem Seegang ermöglichten.<br />
Dazu gehörten Geschütze<br />
für die Abwehr von Torpedobooten,<br />
demontierbare<br />
Geschütze für<br />
Bord- und Landgebrauchzugleich<br />
(mithin<br />
ein früher Vorläufer<br />
des aktuellen<br />
„Monarc“-<br />
Projekts), Geschütze<br />
für den<br />
Landungsgebrauch<br />
und<br />
Mörser für die<br />
ambulante Küstenverteidigung<br />
sowie U-Boot-<br />
Geschütze der<br />
Kaliber 8,8 und<br />
10,5 cm.<br />
Welche Bedeutung die Marine als eigenständiger<br />
Kunde innerhalb der deutschen<br />
Militärverwaltung hatte, unterstreicht<br />
die Existenz eines eigenen Marine-Vertreters<br />
in Berlin. Wie aus den Unterlagen<br />
des damaligen Rheinmetall-<br />
Aufsichtsrats hervorgeht, hatte dieser<br />
zumindest bis Ende des Ersten Weltkriegs<br />
den Auftrag, die Marineprodukte<br />
des Unternehmens nicht nur den deutschen,<br />
sondern auch den ausländischen<br />
Marine-Behörden (über deren<br />
diplomatische Vertretungen) vorzustellen.<br />
Mangels einer geeigneten Persönlichkeit<br />
übernahm diese Aufgabe 1915<br />
der Heeresvertreter Rheinmetalls mit;<br />
aber die Rheinmetall-Vorstände Gustav<br />
3,7-cm-Flak von Rheinmetall-Borsig auf einer dreiachsigen<br />
Sockellafette für U-Boote und andere Einheiten der Kriegsmarine.<br />
Nach dem Aufbau der Bundeswehr 1955 und der deutschen Wiederbewaffnung<br />
im Rahmen der Nato lieferte der Heerestechnikspezialist Rheinmetall auch an<br />
die Bundesmarine: Eine der gefragtesten Geschütztypen neben den 105- und<br />
120-mm-Waffenanlagen für den Kampfpanzer Leopard war seit den sechziger<br />
Jahren die 20-mm-Kanone Rh 202; die Marineversion wird jetzt nach und nach<br />
durch das Marineleichtgeschütz MLG 27 der Mauser-Werke Oberndorf ersetzt.<br />
Müller und Hermann Beitter waren sich<br />
damals sicher, „nach dem Feldzug wird<br />
die Tätigkeit für einen Herrn zu umfangreich<br />
werden“. Die Geschichte verlief indes<br />
anders: Laut Versailler Vertrag war<br />
eine Produktion für eine eventuelle<br />
neue Kriegsmarine nicht mehr gestattet.<br />
Um dennoch konstruktiv an einer<br />
künftigen Wiederbewaffnung der deutschen<br />
Reichsmarine mitarbeiten zu<br />
können und sich deswegen den wachsamen<br />
Augen der alliierten Kontrollkommission<br />
zu entziehen – vor allem<br />
den französischen und belgischen<br />
Truppen, die 1923 das Ruhrgebiet, das<br />
Rheinland und Düsseldorf besetzt hatten<br />
–, verlegte Rheinmetall die entsprechenden<br />
Arbeiten 1924 bis 1925 nach<br />
Unterlüß. Nachdem schließlich die Erlaubnis<br />
für die Fertigung von Geschützen<br />
bis zu einem Kaliber von 17 cm für<br />
Heer und Marine erteilt worden war und<br />
im Rahmens des Versailler Vertrages ab<br />
Mitte der zwanziger Jahre erstmals auch<br />
wieder Kreuzer für die Reichsmarine gebaut<br />
wurden, erhielt das mittlerweile<br />
mehrheitlich in Staatsbesitz übergegangene<br />
Unternehmen im Februar 1925<br />
den Auftrag zur Panzerung und Bewaffnung<br />
dieser Schiffe mit 15-cm-Drillingstürmen<br />
und 8,8-cm-Flakgruppen.<br />
Als erster Kreuzer wurde die „Emden“<br />
mit 15-cm-Geschützen bestückt, allerdings<br />
noch mit einer Pivot-Lafettierung,<br />
da die Turmentwicklung noch nicht abgeschlossen<br />
war. Ein weiterer Erfolg war<br />
Rheinmetall beschieden, als 1925 die<br />
eigene Dependance in Sömmerda als<br />
einziger deutscher Hersteller von Zündern<br />
und Zündungen für Heeres- und<br />
Marinetechnik zugelassen wurde.<br />
Eines der berühmtesten Schiffe, das<br />
während der Weimarer Republik mit<br />
Rheinmetall-Geschützen ausgestattet<br />
wurde, war der leichte Kreuzer „Königsberg“.<br />
1927 in der Reichsmarinewerft<br />
Wilhelmshaven vom Stapel gelaufen,<br />
wurde er bis zu seiner Indienststellung<br />
am 17. April 1929 als Schulkreuzer mit<br />
neun 15-cm-Schiffskanonen, acht 3,7cm-Flaks<br />
und sechs 8,8-cm-Flaks bewaffnet.<br />
Verantwortlich für dieses<br />
Großprojekt, der ersten großen artilleristischen<br />
Arbeit des Werkes Düsseldorf<br />
nach dem 1. Weltkrieg, war Oberingenieur<br />
Hermann Westphälinger, der<br />
von Entwicklungschef Prof. Carl Waninger<br />
folgendes Dankschreiben erhielt:<br />
„Mit dem gut verlaufenen Anschiessen<br />
der Türme auf der ‚Königsberg‘ hat unsere<br />
Firma insofern einen bedeutenden<br />
Erfolg errungen, als sie den Beweis<br />
auch auf dem neuen Gebiet der Marinegeschütze<br />
erbracht hat.“<br />
Das Schicksal der „Königsberg“ ist<br />
bekannt: Nach mehreren Einsätzen<br />
u.a. im Spanischen Bürgerkrieg 1936 –<br />
in dieser Zeit tat der junge Marinerichter<br />
Otto Kranzbühler, der viele Jahre<br />
später Aufsichtsratsvorsitzender von<br />
Rheinmetall werden sollte, Dienst auf<br />
der „Königsberg“ – oder beim Polenfeldzug<br />
1939 sank der Kreuzer am 10.<br />
April 1940 während der Operation<br />
„Weserübung“ (der Besetzung Norwegens)<br />
nach der Beschießung durch<br />
norwegische Küstenbatterien und britische<br />
Sturzkampfbomber vor Bergen.<br />
N<br />
Nach dem Aufbau der Bundeswehr<br />
1955 und der<br />
deutschen Wiederbewaffnung<br />
im Rahmen der Nato<br />
wurde die neugegründete<br />
Rheinmetall GmbH vor allen Dingen<br />
für die Heerestechnik tätig. Marineaufträge<br />
gehörten nicht mehr zum<br />
Standardprogramm des Düsseldorfer<br />
Wehrtechnikunternehmens. Zum<br />
Teil konnte die (damalige) Bundesmarine<br />
jedoch von Aufträgen, die<br />
das Heer erteilt hatte, profitieren,<br />
beispielsweise beim Einsatz sogenannter<br />
Schlingerstände. Dabei<br />
handelte es sich um Simulationsanlagen,<br />
mit deren Hilfe sowohl das<br />
Schießen vom fahrenden Panzer als<br />
auch vom schlingernden Schiff<br />
nachgeahmt und geübt werden<br />
konnte.<br />
Ganz ohne Rheinmetall-Produkte<br />
kam aber auch die Marine nicht aus:<br />
Eine der gefragtesten Geschütztypen<br />
neben den 105-mm- und 120mm-Waffenanlagen<br />
für die Kampf-<br />
Mit dem Stapellauf des britischen Kriegsschiffes „Dreadnought“ 1906 setzte ein<br />
Wettrüsten zur See ein, das in wenigen Jahren britische und deutsche Schlachtschiffe<br />
in immer größerer Zahl, höherer Fahrgeschwindigkeit, stärkerer Panzerung<br />
und mit immer mehr Geschützen von immer größerem Kaliber hervorbrachte.<br />
Auch die anderen Kreuzer der „K-<br />
Klasse“ – neben der „Königsberg“ die<br />
Kreuzer „Köln“ und „Karlsruhe“ – sowie<br />
die späteren Kreuzer „Leipzig“<br />
und „Nürnberg“ waren im Mittelkaliberbereich<br />
vom 15-cm-Drillingsgeschütz<br />
abwärts mit allen nötigen Kanonen<br />
und den dazugehörigen Einrichtungen<br />
ausgestattet. Dazu gehörten<br />
auch die damals bekannten Feuerleiteinrichtungen<br />
der Firma Zeiss in Jena,<br />
die bei dieser Gelegenheit erstmals<br />
in der Praxis eingesetzt wurden.<br />
Der Großkaliberbereich blieb dagegen<br />
die Domäne des großen Essener<br />
Konkurrenten Krupp. Die größten deutschen<br />
Kriegsschiffe, die „Bismarck“<br />
und die „Tirpitz“, beide 1939 vom Stapel<br />
gelaufen, waren ebenfalls mit<br />
Krupp-Großkaliber- und Rheinmetall-<br />
Borsig-Mittelkalibergeschützen bewaffnet,<br />
mit deren Hilfe sich die „Bismarck“<br />
in ihrem berühmt gewordenen Abwehrkampf<br />
1944 – wenn auch schließlich<br />
vergeblich – verteidigte.<br />
Die Rheinmetall-Marinetechnik kam<br />
allerdings nicht nur der Deutschen<br />
Reichsmarine zugute, für deren leichte<br />
und mittlere Artillerie die Rheinmetall-<br />
Borsig <strong>AG</strong> vor und während des Zweiten<br />
Weltkrieges Alleinlieferant geworden<br />
war. Auch zahlreiche ausländische<br />
Kunden profitierten von dem<br />
mittlerweile gewachsenen Know-how,<br />
panzerfamilie Leopard war seit den<br />
sechziger Jahren die 20-mm-Kanone<br />
Rh 202. Diese fand nicht nur in der<br />
Heeresbewaffnung ihren Platz, sondern<br />
wurde auch als Schiffskanone<br />
produziert und eingesetzt.<br />
Das aktuelle Engagement auf dem<br />
Gebiet der Marinebewaffnung beruht<br />
vor allem auf der Tradition der<br />
Mauser-Werke in Oberndorf. Neben<br />
der Pistolen- und Gewehrherstel-<br />
lung produzierte Mauser bereits<br />
während der beiden Weltkriege<br />
auch Schiffsgeschütze im Mittelkaliberbereich<br />
– zum Teil im Auftrag von<br />
Rheinmetall-Borsig. Anfang der<br />
siebziger Jahre gelang den Mauser-<br />
Werken der Einstieg in das 27mm-<br />
Kaliber,und zwar konkret durch die<br />
Entwicklung einer automatischen<br />
Revolverkanone für das Tornado-<br />
Kampfflugzeug.<br />
das das Unternehmen in der Panzerung<br />
und im Mittelkaliberbereich sowie<br />
bei der Munition besaß. Bereits<br />
1932 schlossen Rheinmetall, Krupp<br />
und die schwedische Rüstungsfirma<br />
Bofors ein „Gentlemen’s Agreement“<br />
über eine Verständigung bei Auslandswaffengeschäften,<br />
und zwar sowohl<br />
für Heeres- als auch für Marinewaffen.<br />
Selbst während des Zweiten<br />
Weltkrieges existierte ein umfangreiches<br />
Auslandsgeschäft mit befreundeten<br />
oder neutralen Staaten, das in vielen<br />
Fällen über eine eigene Schweizer<br />
Firma in Solothurn abgewickelt wurde:<br />
Noch vor der deutschen Besetzung<br />
1940 bemühte sich die Gesellschaft<br />
um Aufträge aus den Niederlanden,<br />
die Panzerschiffe für ihre Kolonien und<br />
eine neuartige U-Boots-Bewaffnung<br />
benötigten. Wenn auch die Firma<br />
Krupp bei den Panzerschiffen Rheinmetall-Borsig<br />
den Auftrag wegnehmen<br />
konnte - bei der U-Boot-Bewaffnung<br />
kam letztere schließlich zum Zuge. Außerdem<br />
wurden 1941 Doppelflaks für<br />
Kreuzer der sowjetischen Kriegsmarine,<br />
Flakgeräte an die spanische und<br />
die argentinische Marine sowie Munition<br />
an die Kaiserlich Japanische Marine<br />
geliefert. Der Plan einer regelrechten<br />
Kooperation zwischen Rheinmetall-Borsig<br />
und der Spanischen Kriegsmarine<br />
scheiterte jedoch 1943.<br />
Dr. Christian Leitzbach<br />
Einige Jahre später folgten die automatischen<br />
Maschinenkanonen in den<br />
Kalibern 25 mm und 30 mm; die MK<br />
30-1 wird auch heute noch auf den<br />
Schnellbooten der italienischen Zollpolizei<br />
„Guardia di Finanza“ und bei<br />
der französischen Marine eingesetzt.<br />
Neueste Mauser-Entwicklung dieser<br />
Art ist das Marineleichtgeschütz MLG<br />
27 - basierend auf der international<br />
eingeführten 27-mm-Flugzeugbord-<br />
Präsenz in der Marinebewaffnung<br />
kanone – einschließlich der dazugehörigen<br />
27-mm-FAPDS-Munition, das<br />
bei der Deutschen Marine nach und<br />
nach die Rheinmetall-Kanone 20mm-Rh-202<br />
und die 40mm-Kanone<br />
Bofors 40L70 ersetzen wird. (Wie sich<br />
die Marinetechnik von Rheinmetall-<br />
Defence heute in den internationalen<br />
Märkten darstellt, darüber berichtet<br />
„Das <strong>Profil</strong>“ in einer der nächsten<br />
Ausgaben.) lb