PUBLIC PRIVATE CONCEPTS
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AUSGABE MAI 2014<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong><br />
BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE KONZEPTE FÜR MENSCHEN MIT UNTERSTÜTZUNGSBEDARF<br />
Soziale Institutionen und das neue<br />
Rechnungslegungsrecht<br />
> FOCUS<br />
Gespräch mit Ignazio Cassis,<br />
Präsident CURAVIVA Schweiz<br />
> Seite 4<br />
> RECHT<br />
Erleichterungen bei Konzernrechnung,<br />
Risikobeurteilung<br />
und Lagebericht > Seite 8<br />
> BERATUNG<br />
Neues Rechnungslegungsrecht<br />
für Soziale Einrichtungen > Seite 10
INHALT<br />
> EDITORIAL<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht ist für Soziale Einrichtungen<br />
ein Schritt zur Normalität. Es darf aber nicht der einzige<br />
bleiben, meint Stefan Sutter, Mitglied Geschäftsleitung<br />
CURAVIVA Schweiz > Seite 3<br />
> FOCUS<br />
Auch als Nationalrat hat sich CURAVIVA Schweiz Präsident<br />
Ignazio Cassis intensiv mit dem neuen Rechnungslegungsrecht<br />
auseinandergesetzt.<br />
Ignazio Cassis, Präsident CURAVIVA Schweiz, hält im Interview<br />
fest: «Das neue Rechnungslegungsrecht schafft Transparenz<br />
und damit Vertrauen.» > Seite 4<br />
> INSTRUMENTE<br />
Der Kontenrahmen > Seite 7<br />
Gesundheit und Soziales, KMU, KVG UND IVSE > Seite 14<br />
CURAVIVA unterstützt die Sozialen Institutionen mit<br />
aktuellen Instrumenten zur Rechnungslegung. > Seite 15<br />
> RECHT<br />
Der Schritt in die Normalität bei der Rechnungslegung ist<br />
wichtig und richtig ...<br />
Patrick R. Eberle befasst sich mit den Auswirkungen des neuen<br />
Rechts auf Soziale Einrichtungen des Gesundheits- und des<br />
Sozialwesens. > Seite 8<br />
> BERATUNG<br />
«Reicht Swiss GAAP FER 21 künftig nicht mehr?», fragen sich<br />
Evelyn Teitler-Feinberg und Daniel Zöbeli. > Seite 10<br />
> HINTERGRUND<br />
Eine aktuelle Studie der Zewo zeigt, dass die Entschädigungen<br />
für Stiftungsräte und Vereinsvorstände bei Behinderteneinrichtungen<br />
gegenwärtig besonders tief sind. Welche Konsequenzen<br />
sind aus dieser Feststellung zu ziehen? > Seite 11<br />
... er muss aber auch in der Realität, welche die Rechnungslegung<br />
abbilden soll, vollzogen werden.<br />
> IMPRESSUM<br />
Public Private Concepts führt die Diskussion über die geeigneten Instrumente<br />
für eine optimale Lebensqualität für Menschen mit Unterstützungbedarf.<br />
Ausgabe Nr. 3, Mai 2014, ISBN 978-3-906068-04-6<br />
Herausgeber: CURAVIVA Schweiz, Fachbereich Erwachsene Menschen mit<br />
Behinderung. Verantwortlich: Chistina Affentranger-Weber (Präsidentin) und<br />
Stefan Sutter (Bereichsleiter).<br />
Adresse: CURAVIVA Schweiz, 3007 Bern, 031 385 33 33, info@curaviva.ch,<br />
www.curaviva.ch<br />
Konzept: Stefan Sutter, CURAVIVA Schweiz<br />
Verlag, Redaktion, Gestaltung: Schneider Communications AG , Ottenbach<br />
Bilder: Die Fotos auf den Seiten 1, 7, 8, 11 und 12 sind von Angel Sanchez,<br />
Scriptum, im Auftrag der Stiftung Phönix Uri erstellt worden.<br />
Druck: Fotorotar, Egg/ZH<br />
Auflage: 3000 Exemplare.<br />
2 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014
EDITORIAL<br />
Normal rechnen<br />
Jedes privatwirtschaftliche Unternehmen funktioniert<br />
bedarfsorientiert, um zu überleben: Es erbringt Leistungen<br />
für seine Kunden und passt sie sich ändernden Verhältnissen<br />
kontinuierlich an. Dasselbe gilt grundsätzlich<br />
auch für Institutionen im Sozial- und Gesundheitsbereich,<br />
mit dem Unterschied, dass die Einnahmen für jede<br />
Leistung aus verschiedenen Kassen stammen. Die Kunden,<br />
also die Bewohnerinnen und Bewohner einer Institution,<br />
beteiligen sich ebenso an der Leistungsvergütung<br />
wie die Kantone, die Gemeinden sowie die Versicherungen<br />
nach dem IV-, AHV- oder UVG-Recht. Auch wenn die<br />
Bedarfsorientierung für Institutionen entsprechend komplex<br />
ist, erwartet der Gesetzgeber von ihnen eine zunehmende<br />
Flexibilität im Umgang mit veränderten Ansprüchen<br />
analog privatwirtschaftlichen Unternehmen. Die<br />
Botschaft ist klar: Die Institutionen des Sozial- und Gesundheitsbereichs<br />
müssen sich der Normalität annähern.<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht gibt diese Normalität<br />
vor, indem es auf eine Unterscheidung nach Rechtsform<br />
und Profitorientierung verzichtet. Nur noch die Grösse<br />
und Komplexität eines Betriebs entscheidet über die Bestimmungen<br />
zur Rechnungslegung. Bei der Rechnungslegung<br />
ist die Annäherung an die Normalität somit erfolgt.<br />
Nun braucht es weitere Schritte, um die Regelungen im<br />
Sozial- und Gesundheitsbereich zu vereinheitlichen und<br />
die Realität der Menschen mit Behinderung der Normalität<br />
anzunähern.<br />
Stefan Sutter, Mitglied Geschäftsleitung<br />
CURAVIVA Schweiz<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014<br />
3
FOCUS<br />
INTERVIEW MIT IGNAZIO CASSIS, PRÄSIDENT CURAVIVA SCHWEIZ UND NATIONALRAT<br />
«Die neuen Vorschriften werden zu Recht<br />
als KMU-freundlich bewertet»<br />
Curaviva-Präsident Ignazio Cassis beurteilt das neue Rechnungslegungsrecht für Soziale Institutionen<br />
und Verbände positiv, da es mehr Transparenz und somit mehr Vertrauen schaffe. Das neue<br />
Rechnungslegungsrecht ist rechtsformneutral, stellt also nur auf die Grösse eines Unternehmens<br />
ab, und schafft daher Vergleichbarkeit zwischen ähnlichen Institutionen mit unterschiedlicher<br />
Rechtsform.<br />
> Interview: Stefan Sutter und Bernhard Schneider<br />
Der erläuternde Bericht des Bundes zur neuen<br />
Rechnungslegung setzt sich mit den Auswirkungen<br />
der neuen Rechnungslegung auf Bund, Kantone,<br />
Gemeinden und die Wirtschaft auseinander, nicht<br />
aber auf die Sozialen Institutionen, obwohl diese<br />
infolge der rechtsformneutralen Ausgestaltung der<br />
Vorschriften ebenfalls betroffen sind. Sind die Sozialen<br />
Institutionen im politischen Prozess vergessen<br />
gegangen?<br />
Ignazio Cassis: Die Sozialen Institutionen sind<br />
nicht vergessen worden. Das Ziel des Bundesrats<br />
war es aber, wie er formuliert, eine «einheitliche<br />
Regelung für alle Rechtsformen des Privatrechts im<br />
OR» zu schaffen (Botschaft vom 21. Dezember 2007,<br />
Ziffer 1.3.5.1). Es ging nie darum, alle spezialrechtlichen<br />
Bestimmungen zum Rechnungslegungsrecht<br />
zu überarbeiten. Jedoch ging es darum, eine<br />
Grundlage zu schaffen, auf der die spezialrechtlichen<br />
Bestimmungen aufbauen bzw. auf die sie<br />
verweisen können. Im Parlament und in den<br />
Rechtskommissionen war man sich einig, dass<br />
weiterhin spezialrechtliche Bestimmungen zulässig<br />
sein werden.<br />
«Es ging darum, eine Grundlage zu<br />
schaffen, auf der die spezialrechtlichen<br />
Bestimmungen aufbauen.»<br />
Seit der Verabschiedung des neuen Rechnungslegungsrechts<br />
durch das Parlament werden immer<br />
wieder im Rahmen von Revisionen die Bestimmungen<br />
zum Rechnungslegungsrecht in Verordnungen<br />
angepasst. Dies ist jedoch primär eine Aufgabe der<br />
entsprechenden Fachämter, beispielsweise im Departement<br />
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation<br />
(UVEK) oder im Eidgenössischen Departement<br />
des Innern (EDI). Diese Auf gabe hätte<br />
– allein schon aufgrund des Umfangs oder des<br />
notwendigen, sehr spezifischen Fachwissens –<br />
nicht im Rahmen des Rechnungslegungsrechts<br />
des Obligationenrechts geschehen können. Auch<br />
in der Wirtschaft und in den Kantonen werden die<br />
notwendigen Anpassungen Schritt für Schritt vorgenommen.<br />
Ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Justiz, Florian<br />
Zihler, hat in einem Vortrag ein für mich sehr treffende<br />
Bild gebraucht: er hat das neue Rechnungslegungsrecht<br />
mit einem Basislager in den Bergen<br />
verglichen. Man hat eine saubere und sichere Ausgangslage<br />
– das neue Rechnungslegungsrecht –,<br />
von dem aus nun die verschiedenen Bergspitzen,<br />
d.h. die verschiedenen Bereiche der Rechnungslegung<br />
(Energie, Soziales, Landwirtschaft, Gesundheit,<br />
Versicherungen, Banken etc.), erreicht bzw.<br />
reguliert werden können.<br />
Es lassen sich zudem nun präzisere Lösungen finden,<br />
da die Bestimmungen des neuen Rechnungslegungsrechts<br />
definitiv sind und damit auch<br />
Rechtssicherheit besteht.<br />
Dennoch besteht bei den Sozialen Institutionen<br />
eine Besonderheit: Sie werden entweder nach den<br />
Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes<br />
(KVG) oder der Interkantonalen Vereinbarung für<br />
Soziale Einrichtungen (IVSE) finanziert. Hätte man<br />
diesbezüglich nicht gleichzeitig für einheitliche<br />
Bestimmungen sorgen müssen?<br />
Das KVG kennt Spitäler und Pflegeheime als Leistungserbringer.<br />
Diese sind zugelassen, wenn sie<br />
insbesondere im Rahmen einer kantonalen Planung<br />
auf die Spital- bzw. Pflegeheimliste kommen.<br />
4 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014
Das KVG sieht keine umfassenden Bestimmungen<br />
zur Rechnungslegung für die Spitäler und Pflegeheime<br />
vor. Es verlangt aber, dass nach einheitlicher<br />
Methode insbesondere eine Kostenrechnung geführt<br />
wird (Art. 49 Abs. 8 KVG). Der Rahmen für<br />
diese Kostenrechnung wurde in der Verordnung<br />
über die Kostenermittlung in Spitälern und Pflegeheimen<br />
(VKL) definiert. Das Hauptziel besteht in<br />
der Sicherstellung einer transparenten Kostenermittlung<br />
für die KVG-Leistung, was für die Frage<br />
der Höhe der Vergütungen von grosser Relevanz ist.<br />
«Das Hauptziel besteht in der Sicherstellung<br />
einer transparenten Kostenermittlung<br />
für die KVG-Leistung.»<br />
Die Interkantonale Vereinbarung für Soziale Einrichtungen<br />
(ISVE) sieht ebenfalls keine umfassenden<br />
Bestimmungen zur Rechnungslegung für Soziale<br />
Einrichtungen vor. In den Art. 19 ff. der Vereinbarung<br />
werden aber einzelne Aspekte zur Kostenübernahmegarantie<br />
und Leistungsabgeltung genauer<br />
definiert. Diese Vorgaben lassen sich in<br />
Übereinstimmung mit dem neuen Rechnungslegungsrecht<br />
bringen. Vielleicht muss aber der Vorstand<br />
die in Art. 21 Abs. 3 erwähnte Richtlinie<br />
punktuell anpassen. Dies kann ich nicht beurteilen.<br />
Welche Vor- und Nachteile haben die neuen Bestimmungen<br />
zur Rechnungslegung für die Sozialen<br />
Institutionen?<br />
Als Ausgangslage möchte ich Sie auf die Botschaft<br />
vom 21. Dezember 2007 verweisen (Ziffer 1.3.5).<br />
Dort sind die grossen Linien des neuen Rechnungslegungsrechts<br />
gut erkennbar. Abgesehen vom Bereich<br />
der Konzernrechnung (Ziffer 1.3.5.8.) kam es<br />
im Parlament zu keinen deutlichen Änderungen.<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht ist rechtsformneutral<br />
und sieht moderne und schlanke Gliederungs-<br />
und Bewertungsvorschriften vor. Es differenziert<br />
nach der Unternehmensgrösse, z.B.<br />
müssen nur Stiftungen, die der Pflicht zur ordentlichen<br />
Revision unterliegen, zwingend einen Abschluss<br />
nach anerkanntem Standard erstellen (Art.<br />
962 Abs. 1 Ziff. 3 OR). Die neuen Vorschriften werden<br />
deshalb zu Recht als KMU-freundlich bewertet.<br />
Dies war dem Parlament ein grosses Anliegen.<br />
Da das neue Rechnungslegungsrecht erst ab dem<br />
Geschäftsjahr 2015 zwingend anzuwenden ist<br />
(Art. 2 der Übergangsbestimmungen), wird sich<br />
erst in einigen Jahren zeigen, ob das neue Rechnungslegungsrecht<br />
grössere Nachteile enthält.<br />
Die bisherigen Reaktionen sind positiv ausgefallen.<br />
Es ist weiterhin möglich, willkürlich stille Reserven<br />
zu bilden. Dies beeinträchtigt die Vergleichbarkeit<br />
Dr. med. Ignazio<br />
Cassis ist Präsident<br />
von Curaviva<br />
Schweiz und Tessiner<br />
Nationalrat.<br />
><br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014<br />
5
FOCUS<br />
><br />
von Unternehmen und Institutionen. Wie beurteilen<br />
Sie diesen Aspekt in Bezug auf das Fundraising<br />
Sozialer Institutionen?<br />
Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan eines<br />
Vereins oder einer Stiftung (Vereinsvorstand,<br />
Stiftungsrat) beschliesst freiwillig, ob stille Willkürreserven<br />
gebildet werden oder nicht (z.B. durch<br />
übermässige, betriebswirtschaftlich nicht notwendige<br />
Abschreibungen). Es ist richtig, dass stille<br />
Willkürreserven die Vergleichbarkeit von Jahresrechnungen<br />
beinträchtigen können.<br />
Aus diesem Grund erstellen Soziale Institutionen<br />
– CURAVIVA Schweiz plant dies ab 2015 – oftmals<br />
einen Jahresabschluss nach Swiss GAAP FER, also<br />
nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung.<br />
Dieser beinhaltet keine stillen Willkürreserven.<br />
«Es wäre politisch unmöglich gewesen,<br />
die Möglichkeit zur Bildung von stillen<br />
Willkürreserven aus dem neuen Rechnungslegungsrecht<br />
zu streichen.»<br />
Stiftungen, die der Pflicht zur ordentlichen Revision<br />
der Jahresrechnung unterliegen, müssen einen<br />
solchen Abschluss nach anerkanntem Standard<br />
zur Rechnungslegung erstellen (Art. 962 Abs. 1 Ziff.<br />
3 OR). Zudem können 20% der Vereinsmitglieder<br />
einen solchen Abschluss verlangen (Art. 962 Abs. 2<br />
Ziff. 2 OR). Wie genau stille Willkürreserven das<br />
Fundraising beeinflussen könnten, kann ich Ihnen<br />
abschliessend nicht sagen. Fakt ist, dass Stiftungen<br />
und Vereine allfällige negative Folgen selber<br />
beeinflussen können, indem sie z.B. bewusst auf<br />
die Bildung von stillen Willkürreserven verzichten.<br />
Eine nach einheitlichen Kriterien erstellte, transparente<br />
Rechnungslegung dient auch als internes<br />
Führungsinstrument. Wie beurteilen Sie die<br />
Möglichkeit, stille Reserven zu bilden, unter diesem<br />
Gesichtswinkel?<br />
Das beste Führungsinstrument im Bereich der Rechnungslegung<br />
ist sicher eine Jahresrechnung nach<br />
einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung<br />
(z.B. Swiss GAAP FER), die zudem durch eine unabhängige<br />
und staatlich zugelassene Revisionsstelle<br />
ordentlich revidiert wird, wie es bei CURAVIVA<br />
Schweiz geschieht.<br />
Jedoch bietet auch die Jahresrechnung des neuen<br />
Rechnungslegungsrechts gemäss den Art. 959 ff.<br />
OR ein gutes Führungsinstrument. Das oberste<br />
Leitungs- oder Verwaltungsorgan einer Stiftung<br />
oder eines Vereins hat zudem stets die Möglichkeit,<br />
sich über die gebildeten und die aufgelösten stillen<br />
Willkürreserven ein klares Bild zu verschaffen.<br />
Etwas möchte ich abschliessend zu den stillen<br />
Willkürreserven noch erwähnten: Es wäre politisch<br />
unmöglich gewesen, die Möglichkeit zur Bildung<br />
von stillen Willkürreserven aus dem neuen Rechnungslegungsrecht<br />
zu streichen. Dem Parlament<br />
war der Grundsatz der möglichst weitgehenden<br />
Steuerneutralität des neuen Rechnungslegungsrechts<br />
zu wichtig. Zudem war die Mehrheit auch der<br />
Ansicht, dass stille Willkürreserven im Hinblick auf<br />
schlechte wirtschaftliche Zeiten notwendig seien.<br />
Wirkt sich die neue Rechnungslegung auch auf die<br />
Verantwortlichkeit der Mitglieder strategischer<br />
Gremien wie Stiftungsräte und Vereinsvorstände aus?<br />
Bereits nach geltendem Recht war die Buchführung<br />
und Rechnungslegung eine zentrale Aufgabe<br />
des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans<br />
einer Stiftung oder eines Vereins. Daran ändert<br />
sich mit dem neuen Rechnungslegungsrecht nichts.<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht schafft jedoch<br />
mehr Rechtssicherheit für das Leitungs- oder Verwaltungsorgan,<br />
da – im Gegensatz zu den veralteten<br />
und rudimentären Bestimmungen des alten<br />
Rechnungslegungsrechts – nun klar ist, wann eine<br />
«Milchbüchlein-Rechnung» und wann eine Jahresrechnung<br />
(Bilanz, Erfolgsrechnung, Anhang; doppelte<br />
Buchhaltung) zu erstellen ist. Bei der Jahresrechnung<br />
ist zudem klar erkennbar, wie diese zu<br />
erstellen ist (Art. 959 ff. OR).<br />
«Es wird mehr Transparenz und somit<br />
mehr Vertrauen geschaffen.»<br />
Was bedeutet die neue Rechnungslegung für die<br />
Corporate Governance der Sozialen Institutionen?<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht geht in die richtige<br />
Richtung und stärkt die Corporate Governance<br />
im wichtigen Bereich des Rechnungslegungsrechts<br />
bzw. der finanziellen Berichterstattung. Obschon<br />
viele Vereine und einige Stiftungen nur eine<br />
«Milchbüchlein-Rechnung» erstellen müssen (Art.<br />
957 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 OR), sind nun die meisten<br />
wirtschaftlich bedeutenden Vereine und Stiftungen<br />
(wie CURAVIVA Schweiz) verpflichtet, eine moderne<br />
Jahresrechnung zu erstellen (bestehend aus<br />
Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang zur Jahresrechnung).<br />
Diese bildet dann die Grundlage zur finanziellen<br />
Führung des Vereins und der Stiftung.<br />
Es wird mehr Transparenz und somit mehr Vertrauen<br />
geschaffen.<br />
6 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014
INSTRUMENTE<br />
EINHEITLICHE REGELUNG DER RECHNUNGSLEGUNG UNABHÄNGIG VON DER RECHTSFORM<br />
Der Kontenrahmen – ein stark<br />
vernetztes Instrument<br />
Der Kontenrahmen ist für Soziale Einrichtungen ein wichtiges Instrument nicht nur der Geschäftsführung,<br />
sondern auch im Umgang mit mitfinanzierenden Stellen und Stiftungen, Statistischen Ämtern und Verbänden.<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht, in Kraft seit dem 1. Januar 2013, zwingt nun zu Änderungen.<br />
> Von Elke Wattinger<br />
Für die Branche Gesundheit und Soziales hat sich<br />
ein auf die Informationsbedürfnisse von Heimen,<br />
Verbänden und öffentlicher Hand abgestimmter<br />
Kontenrahmen etabliert. Für gemischte Betriebe,<br />
die Auswertungen nach verschiedenen Leistungsangeboten<br />
vorlegen müssen, wurden die Branchenkontenrahmen<br />
Alters- und Pflegeheime KVG,<br />
Soziale Einrichtungen IVSE, Spitex und auch Spitäler<br />
soweit wie möglich aufeinander abgestimmt.<br />
Grundlage bildete der Kontenrahmen «Käfer», der<br />
1996 anlässlich einer Überarbeitung in den KMU-<br />
Kontenrahmen überführt wurde. Der KMU-Kontenrahmen<br />
ist in erster Linie auf die Bedürfnisse<br />
von Produktions-, Dienstleistungs- und Handelsbetrieben<br />
abgestimmt. Daher wurde der bestehende<br />
Standardkontenrahmen für das Sozial- und<br />
Gesundheitswesen von allen beteiligten Verbänden<br />
beibehalten.<br />
Mit dem Neuen Rechnungslegungsrecht 1 wurde<br />
eine einheitliche Ordnung für alle juristischen Personen<br />
sowie Einzelunternehmen und Personengesellschaften<br />
mit einem Umsatz von mindestens<br />
CHF 500‘000 geschaffen, die differenzierte Anforderung<br />
je nach der wirtschaftlichen Bedeutung<br />
eines Unternehmens stellt. In Artikel 959a und<br />
959b wurde für die Rechnungslegung von Bilanz<br />
und Erfolgsrechnung festgelegt, welche Positionen<br />
einzeln und in einer vorgegebenen Reihenfolge<br />
ausgewiesen werden müssen. Die Reihenfolge<br />
richtet sich dabei nach der Gliederung des KMU-<br />
Kontenrahmens.<br />
Es ist jedoch zu beachten, dass nur die auszuweisenden<br />
Positionen und deren Reihenfolge festgelegt<br />
wurden, nicht der hierfür zu verwendende<br />
Kontenrahmen. Somit steht es allen Branchen frei,<br />
1 Obligationenrecht, Stand 1. Januar 2014, Zweiunddreissigster<br />
Titel: Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung,<br />
Fassung gemäss Ziff. I2 des BG vom 23. Dez. 2011<br />
(Rechnungslegungsrecht), In Kraft seit 1. Jan. 2013.S. 350ff,<br />
Art. 957ff.<br />
Für die Finanzierung Sozialer Institutionen ist der Kontenrahmen<br />
ein zentrales Instrument.<br />
ihren bestehenden Kontenrahmen weiter zu verwenden<br />
oder eine Umstellung auf den KMU-Kontenrahmen<br />
anzustreben. Lediglich die Auswertung<br />
zum Jahresabschluss muss den gesetzlichen Vorgaben<br />
entsprechen.<br />
Anders als in der Privatwirtschaft muss die Branche<br />
Gesundheit und Soziales sehr detaillierte Informationen<br />
an mitfinanzierende Stellen, Statistische<br />
Ämter und Verbände abliefern. Alle Werkzeuge<br />
hierzu sind auf dem bestehenden Kontenrahmen<br />
aufgebaut und müssten bei einer Umstellung<br />
grundlegend überarbeitet werden.<br />
Daher ist es verständlich, dass die betroffenen<br />
Stellen auf die auf den ersten Blick logische, aber<br />
radikale Umstellung der gesamten Kontennummerierung<br />
mit Zurückhaltung reagieren. Der Branchenkontenrahmen<br />
ist ein etabliertes und stark<br />
vernetztes Instrument, das nicht ohne zwingenden<br />
Grund im wahrsten Sinne des Wortes auf den<br />
Kopf gestellt werden sollte.<br />
Elke Wattinger ist<br />
Geschäftsführerin<br />
und Verwaltungsratsmitglied<br />
mit Einzelunterschrift<br />
der<br />
REDI AG Treuhand in<br />
Frauenfeld.<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014<br />
7
RECHT<br />
AUSWIRKUNGEN DES NEUEN RECHTES AUF SOZIALE EINRICHTUNGEN DES GESUNDHEITS- UND DES SOZIALWESENS<br />
Einfach bei Kleinen – transparent bei Grossen<br />
Das neue Rechnungslegungsgesetz ist spätestens ab 1. Januar 2015 für Einzel- und 2016 für Konzernabschlüsse<br />
umzusetzen. Die Rechnungslegung wird damit rechtsformneutral, die Vorschriften werden neu nach Unternehmensgrösse<br />
differenziert, für grössere Unternehmen gelten zusätzliche Berichtspflichten. In gewissen Fällen ist ein<br />
Abschluss nach einem anerkannten Regelwerk der Rechnungslegung notwendig. Für KMU bestehen Erleichterungen<br />
bei Konzernrechnung, Risikobeurteilung und Lagebericht.<br />
> Von Patrick R. Eberle<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht<br />
unterscheidet<br />
nicht zwischen<br />
profit- und<br />
nichtprofitorientierten<br />
Unternehmen -<br />
wirschaftlich handeln<br />
müssen alle.<br />
Buchführungs- und rechnungslegungspflichtig sind<br />
Einzelunternehmen und Personengesellschaften<br />
mit einem Umsatzerlös ab 500‘000 CHF sowie juristische<br />
Personen. Einzelunternehmungen und<br />
Personengesellschaften, deren Umsatz unter der<br />
Limite liegt, müssen lediglich über Einnahmen und<br />
Ausgaben sowie über die Vermögenslage Buch<br />
führen. Gleiches gilt für Vereine und Stiftungen, die<br />
nicht im Handelsregister eintragungspflichtig sind.<br />
Mindestgliederung und -inhalt der<br />
Jahresrechnung<br />
Die Mindestgliederungsvorschriften für Bilanz und<br />
Erfolgsrechnung sind mit dem Kontenrahmen<br />
KMU im Einklang und konsistent mit Swiss GAAP<br />
FER. Dabei ist neu auch die Reihenfolge gesetzlich<br />
geregelt (siehe Artikel Seite 14, Koordiniertes Vorgehen<br />
aller Beteiligten).<br />
Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten<br />
können nicht mehr aktiviert werden.<br />
Für die Bilanzierung von Leasing sind ebenfalls Änderungen<br />
zu erwarten. Auf der Aktivseite verlangt<br />
das neue Recht explizit den Ausweis von «Vorräten<br />
und nicht fakturierten Dienstleistungen». Mit der<br />
Unterteilung in kurz- und langfristiges Fremdkapital<br />
sind Finanzverbindlichkeiten oder Rückstellungen<br />
entsprechend zu gliedern.<br />
Die Erfolgsrechnung darf sowohl als Produktionsals<br />
auch als Absatzerfolgsrechnung aufgestellt<br />
werden. Neu ist eine Ausweispflicht von nicht fak<br />
8 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014
turierten Dienstleistungen für die Produktionserfolgsrechnung<br />
vorgesehen. Daraus ergeben sich<br />
Änderungen in der Bilanzierungspraxis – minimal<br />
als Pro-Memoria-Franken.<br />
Der Mindestinhalt des Anhangs wurde neu geregelt:<br />
Neu sind beispielsweise die angewandten<br />
Rechnungslegungsgrundsätze offenzulegen. Weggefallen<br />
sind die Angaben zur Durchführung einer<br />
Risikobeurteilung. Neuland bedeutet das Erfordernis,<br />
im Anhang über Ereignisse nach dem Bilanzstichtag<br />
zu berichten.<br />
Bewertungsvorschriften<br />
Unverändert erfolgt die Bewertung in der Regel<br />
höchstens zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten.<br />
Weiterhin in gleichem Umfang wie bisher<br />
sind stille (Willkür-)Reserven in Form von Überabschreibungen,<br />
nicht aufgelösten, nicht mehr benötigten<br />
Rückstellungen und von besonderen Rückstellungen<br />
(z.B. zum dauernden Gedeihen des<br />
Unternehmens) zulässig.<br />
Eingang ins Gesetz gefunden hat der Grundsatz<br />
der Einzelbewertung. Dies betrifft insbesondere<br />
Immobilien, Darlehen, Einzelaufträge und Beteiligungen.<br />
Die Gruppenbewertung dürfte für Debitoren<br />
und allgemeinen Warenvorräte weiterhin<br />
möglich sein.<br />
Aktiven mit einem Börsenkurs oder einem beobachtbaren<br />
Marktpreis in einem aktiven Markt dürfen<br />
neu zum Börsenkurs bzw. beobachtbaren Marktpreis<br />
bewertet werden – Liegenschaften und nicht<br />
kotierte Beteiligungen qualifizieren in der Regel<br />
nicht dafür.<br />
Rechnungslegung für grössere Unternehmen<br />
Muss das Unternehmen ordentlich geprüft werden,<br />
weil es zwei von drei Grössenkriterien (20 Mio.<br />
CHF Bilanzsumme, 40 Mio. CHF Umsatzerlös, 250<br />
Vollzeitstellen) in zwei aufeinanderfolgenden Jahren<br />
übertrifft, handelt es sich um ein grösseres Unternehmen.<br />
Diese haben im allgemeinen zusätzliche<br />
Angaben im Anhang zu machen: Langfristige<br />
verzinsliche Verbindlichkeiten sind nach Fälligkeiten<br />
offen zu legen und das Honorar der Revisionsstelle<br />
soll das Entgelt für die eigentliche Revision sowie<br />
andere Dienstleistungen umfassen. Der Brandversicherungswert<br />
ist nicht mehr aufzuführen.<br />
Als Teil der Jahresrechnung ist eine Geldflussrechnung<br />
mit dem Fonds «(netto) flüssige Mittel» zu<br />
erstellen, gegliedert nach Geschäfts-, Investitionsund<br />
Finanzierungstätigkeit.<br />
Zudem haben sie einen Lagebericht zu erstellen,<br />
der aber nicht Gegenstand der ordentlichen Revision<br />
ist. Anzumerken ist, dass im Lagebericht Angaben<br />
zur Durchführung einer Risikobeurteilung zu<br />
machen sind.<br />
Abschluss nach anerkanntem Standard zur<br />
Rechnungslegung<br />
Erstmals Eingang ins Gesetz gefunden hat das<br />
Konzept von anerkannten Standards zur Rechnungslegung,<br />
wobei insbesondere Swiss GAAP FER<br />
für das Sozial- und Gesundheitswesen von Bedeutung<br />
ist (siehe Artikel S. 10).<br />
Ein solcher Abschluss ist «zusätzlich» zum Abschluss<br />
nach den allgemeinen Bestimmungen von<br />
Publikumsgesellschaften, von Genossenschaften<br />
mit mehr als 2’000 Genossenschaftern und von ordentlich<br />
zu prüfenden Stiftungen zu erstellen. Da<br />
es sich um einen zusätzlichen Abschluss handelt,<br />
muss er von der Generalversammlung beziehungsweise<br />
dem Stiftungsrat nicht genehmigt, sondern<br />
nur zur Kenntnis genommen werden. Falls eine<br />
Konzernrechnung nach anerkanntem Standard zur<br />
Rechnungslegung erstellt wird, entfällt die Pflicht<br />
des zusätzlichen Abschlusses.<br />
Konzernrechnung<br />
Neu sind alle Obergesellschaften in Form juristischer<br />
Personen konsolidierungspflichtig. Zusätzlich<br />
betrifft dies neu Genossenschaften, Vereine und<br />
Stiftungen (wobei letztere eine «Delegationsmöglichkeit»<br />
besitzen). Bei der Konsolidierungspflicht<br />
ist neu, dass nicht mehr die tatsächliche Ausübung<br />
der Kontrolle (Kontrollprinzip), sondern die Möglichkeit,<br />
die Kontrolle auszuüben (Leitungsprinzip),<br />
über den Einbezug in die Konzernrechnung entscheidet.<br />
Die Möglichkeiten der Befreiung von der<br />
Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung<br />
bestehen weiterhin. Die verbreitete Buchwertkonsolidierung<br />
ist weiterhin zulässig. Eine Konzernrechnung,<br />
die in Übereinstimmung mit einem anerkannten<br />
Standard zur Rechnungslegung erstellt<br />
ist, wird nur von Publikumsgesellschaften, von<br />
Grossgenossenschaften und von ordentlich zu<br />
prüfenden Stiftungen verlangt.<br />
Übergangsbestimmungen<br />
Bei der erstmaligen Anwendung der neuen Vorschriften<br />
zur Rechnungslegung kann auf die Angabe der<br />
Vorjahreszahlen und -informationen verzichtet<br />
werden. Werden die Vorjahresinformationen angegeben,<br />
kann auf die Stetigkeit der Darstellung<br />
und Gliederung verzichtet werden, wobei darauf<br />
im Anhang hinzuweisen ist.<br />
Dr. oec. publ.<br />
Patrick R. Eberle ist<br />
Finanzexperte und<br />
Geschäftsführer der<br />
Finanzberatungsfirma<br />
Eberle&Partner<br />
in Zürich.<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014<br />
9
BERATUNG<br />
NEUES RECHNUNGSLEGUNGSRECHT FÜR SOZIALE EINRICHTUNGEN<br />
Reicht Swiss GAAP FER 21 künftig nicht mehr?<br />
Behinderteneinrichtungen erstellen ihre Jahresrechnung zunehmend nach Swiss GAAP FER. Jene unter ihnen, die von<br />
der ZEWO zertifiziert sind, müssen zudem den spezifischen NPO-Standard Swiss GAAP FER 21 (kurz: FER 21) einhalten.<br />
Dadurch wird die Berichterstattung der Sozialen Einrichtungen transparenter und vergleichbarer. Was ist zu beachten,<br />
dass dies auch unter dem neuen Rechnungslegungsrecht möglich bleibt?<br />
> Von Evelyn Teitler-Feinberg und Daniel Zöbeli<br />
Dr. Evelyn Teitler-<br />
Feinberg ist Mitherausgeberin<br />
der Zeitschrift<br />
für<br />
Internationale Rechnungslegung<br />
(IRZ),<br />
Teitler Consulting,<br />
Accounting + Communication<br />
(Zürich)<br />
Prof. Dr. Daniel Zöbeli<br />
ist Leiter des Instituts<br />
für Management und<br />
Innovation (IMI ) an<br />
der Fernfachhochschule<br />
Schweiz<br />
(FFHS)<br />
Stiftungsaufsichtsbehörden und kantonale Leistungsfinanzierer<br />
zielen in dieselbe Richtung wie<br />
ZEWO: Beispielsweise das kantonale Sozialamt Zürich<br />
verlangt von «grossen beitragsberechtigten<br />
Organisationen» die «Anwendung des gesamten<br />
Swiss GAAP FER Regelwerks». Da es für Vereine und<br />
Stiftungen im alten Recht nur rudimentäre Buchführungsbestimmungen<br />
gab, war die gesetzliche<br />
Rechnungslegungspflicht mit einem FER-21-Abschluss<br />
bisher automatisch erfüllt.<br />
Spätestens ab 2015 ist nun das neue Rechnungslegungsrecht<br />
(kurz: RLR) auch von Heimen und<br />
Werkstätten anzuwenden. Die zentrale Frage lautet:<br />
Ist die gesetzliche Rechnungslegungspflicht<br />
mit einem FER-21-Abschluss auch weiterhin erfüllt?<br />
Ein erster Blick ins Gesetz alarmiert: Art. 962<br />
Abs. 1 Ziff. 3 OR verlangt von jenen Stiftungen, die<br />
zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind,<br />
«zusätzlich» zum handelsrechtlichen Abschluss<br />
die Anwendung eines anerkannten Rechnungslegungsstandards<br />
(Swiss GAAP FER, IFRS oder US<br />
GAAP). Bedeutet dies nun im Umkehrschluss, dass<br />
sämtliche FER-21-Anwender – auch solche, die<br />
nicht ordentlich zu prüfen sind – nebenbei einen<br />
zweiten, handelsrechtlichen Abschluss zu erstellen<br />
haben?<br />
Zur Beruhigung: Ein analytischer Vergleich der beiden<br />
Regelwerke zeigt, dass zwei verschiedene Abschlüsse<br />
aus rechtlicher Sicht nicht nötig sind. Allerdings<br />
ist darauf zu achten, dass einzelne Teile<br />
des FER-21-Abschlusses gleichzeitig den neuen<br />
gesetzlichen Bestimmungen genügen. So müssen<br />
nach Art. 959 im Anhang vermehrt Informationen<br />
offengelegt werden, die bei Non-Profit-Organisationen<br />
(NPO) allerdings nur selten (z.B. Leasingverträge,<br />
Mitarbeiteroptionen, Erwerb und Veräusserung<br />
eigener Anteile) oder gar nicht vorkommen<br />
(Stille Reserven sind unter FER tabu).<br />
Vordergründig die grösste Differenz besteht in der<br />
Bilanz. FER 21 statuiert zwei spezifische NPO-Kapitalkategorien,<br />
die im RLR so nicht genannt sind:<br />
das Organisationskapital, über das im Rahmen des<br />
allgemeinen Organisationszwecks frei verfügt<br />
werden kann, sowie das Fondskapital, das einer<br />
spezifischen Zweckbindung unterliegt. Art. 959<br />
Abs. 7 OR lässt diese beiden Kategorien auch weiterhin<br />
zu, da das Eigenkapital entsprechend der<br />
Rechtsform zu gliedern ist.<br />
Auch bei der Betriebsrechnung ergeben sich nur<br />
wenige Probleme. Die Gliederungsvorschriften von<br />
FER 3 widersprechen den obligationenrechtlichen<br />
Bestimmungen nicht. Allerdings ist eine reine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung,<br />
wie sie FER 21/3 in<br />
gewissen Fällen noch erlaubt, aufgrund der Restriktionen<br />
von Art. 957 Abs. 2 OR bei den meisten<br />
NPO nicht mehr zulässig. Demgegenüber widerspricht<br />
es dem neuen Gesetz nicht, die Veränderungen<br />
des Fonds- und Organisationskapitals gemäss<br />
FER 21 in die Betriebsrechnung zu integrieren,<br />
solange der Jahresgewinn nach OR auch weiterhin<br />
separat ausgewiesen wird. Unter dem Strich resultiert<br />
die erfreuliche Tatsache, dass für die handelsrechtlichen<br />
Erfordernisse kein grosser Zusatzaufwand<br />
entsteht, wenn eine NPO die Kern-FER mit<br />
Swiss GAAP FER 21 verbindet. Dementsprechend<br />
kann im Regelfall ein und derselbe Abschluss einmal<br />
in Übereinstimmung mit dem Handelsrecht<br />
und einmal als Swiss-GAAP-FER-konform testiert<br />
werden.<br />
Der hier zusammengefasste Artikel ist unter dem Titel<br />
«Droht den Nonprofit-Organisationen ein dualer Abschluss?<br />
Kompatibilität von Swiss GAAP FER 21 und Kern-FER mit<br />
dem revidierten Rechnungslegungsrecht» im Februar 2014<br />
von den gleichen Autoren im «Schweizer Treuhänder»<br />
erschienen. Download: www.ffhs.ch/home/kontakt/<br />
personenverzeichnis/prof-dr-daniel-zoebeli<br />
10 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014
HINTERGRUND<br />
ENTSCHÄDIGUNGEN LEITENDER GREMIEN SOZIALER EINRICHTUNGEN<br />
Entlohnung: Ein Must oder ein No-Go?<br />
Ehrenamtliches Engagement ist bei sozialen Einrichtungen nach wie vor verbreitet Eine aktuelle Studie der Zewo<br />
zeigt, dass die Entschädigungen für Stiftungsräte und Vereinsvorstände bei Behinderteneinrichtungen gegenwärtig<br />
besonders tief sind.<br />
> Von Daniel Zöbeli und Daniela Schmitz<br />
Die Entschädigung der strategischen Organe nehmen viele Soziale Einrichtungen als Gratwanderung wahr.<br />
Die Zurückhaltung bei der Entlohnung der obersten<br />
Leitungsorgane von Heimen und Werkstätten<br />
ist in erster Linie historisch begründet, denn vor<br />
dem neuen Finanzausgleich (NFA) durften den<br />
obersten Leitungsorganen grundsätzlich keine Honorare<br />
ausbezahlt werden: Gemäss dem «Kreisschreiben<br />
über die Gewährung von Betriebsbeiträgen<br />
an Werkstätten für die Dauerbeschäftigung<br />
Behinderter» war dort «die Ausrichtung von Entschädigungen,<br />
die über den Ersatz der Spesen und<br />
eine angemessene Vergütung für die Erledigung<br />
allfälliger besonderer Aufträge hinausgehen», ausgeschlossen.<br />
Auch wenn sich aus heutiger Sicht<br />
noch kein allgemeiner Paradigmenwechsel abzeichnet,<br />
ist für die meisten Einrichtungen zumindest<br />
die Frage «Stiftungsratsentschädigungen – Ja<br />
oder Nein» sehr aktuell, nicht nur, um auch künftig<br />
genügend Mandatsträger zu erhalten, sondern<br />
auch, um das stetig steigende Haftungsrisiko abzugelten.<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014<br />
11
KONZEPTE<br />
Ehrenamt und Bezahlung – ein Widerspruch?<br />
Meistens übernehmen die gewählten Führungsorgane<br />
nicht nur strategische Leitungsfunktionen,<br />
sondern engagieren sich fallweise auch im Tagesgeschäft.<br />
In Krisensituationen, beispielsweise im<br />
Fall einer Kündigung des Geschäftsführers, kann<br />
sich die Arbeitslast plötzlich vervielfachen. Besonders<br />
bei Betreuungsinstitutionen kann das Arbeitsvolumen<br />
der obersten Organe ähnlich hoch<br />
sein wie bei nebenamtlichen Gemeinderäten, die<br />
hingegen entschädigt werden. Leider wird die hier<br />
behandelte Lohnfrage vor allem im Zusammenhang<br />
mit angeblichen Missbräuchen thematisiert,<br />
etwa kürzlich im Zusammenhang mit der Präsidialentschädigung<br />
der Aids-Hilfe Schweiz oder der<br />
schweizerischen Rettungsflugwacht. Dies bestärkt<br />
oft einseitig jene Stimmen, die einen vollständig<br />
ehrenamtlichen Einsatz fordern.<br />
Folgt man der gängigen Debatte, darf die Bezahlung<br />
eigentlich kein Motiv zur Ehrenamtlichkeit<br />
sein, vielmehr sollen in erster Linie intrinsische Bedürfnisse<br />
befriedigt werden. Allerdings – und das<br />
ist entscheidend – bedeutet «Nonprofit» grundsätzlich<br />
nur, dass die NPO uneigennützig handelt,<br />
nicht aber deren Organe. Demzufolge sollte das<br />
von Vereinsvorständen und Stiftungsräten verlangte<br />
Opfer eigentlich bereits dann erbracht sein, wenn<br />
ein allfälliges Entgelt leistungsgerecht ist.<br />
Kantonale Behörden tolerieren<br />
Entschädigungen vermehrt<br />
Eine systematische Umfrage der Verfasser bei den<br />
wichtigsten Deutschschweizer Stiftungsaufsichtsbehörden<br />
unterstreicht die Tendenz zur Professionalisierung.<br />
So weist etwa die Aufsichtsbehörde<br />
Basel-Land in einem Informationsschreiben darauf<br />
hin, «dass im heutigen Umfeld und abhängig von<br />
der Grösse und vom Tätigkeitsbereich die Führung<br />
von Stiftungen den Einsatz von professionellen<br />
Kräften» verlange. Vor diesem Hintergrund könne<br />
«auf Grund einer reglementarischen Grundlage<br />
auch ein moderates, das übliche Mass nicht übersteigendes<br />
Sitzungsgeld» festgelegt werden. Sie<br />
ist der Meinung, dass der Grundsatz der Ehrenamtlichkeit<br />
bei den üblichen Stiftungsratstätigkeiten<br />
wie strategische Führung, Repräsentationsaufgaben<br />
oder Teilnahme an wichtigen Anlässen besonders<br />
hoch zu gewichten sei. Demgegenüber werden<br />
zusätzliche Entschädigungen für arbeitsintensive<br />
Aufgaben meist akzeptiert, wobei stets der Einzelfall<br />
betrachtet wird. Typische Beispiele dafür sind<br />
12 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014
Buchführungsarbeiten oder anwaltliche Tätigkeiten,<br />
wobei branchenübliche Sätze eher als zu hoch<br />
angesehen werden.<br />
Steuerbehörden gelten als besonders restriktiv. In<br />
der Tat ist Ehrenamtlichkeit gemäss einem Grundsatzpapier<br />
der Schweizerischen Steuerkonferenz<br />
eine zentrale Voraussetzung zur Steuerbefreiung.<br />
Gemäss einer Umfrage der Verfasser, an der sich<br />
2012 die meisten kantonalen Steuerverwaltungen<br />
beteiligt haben, sind Entschädigungen jedoch selten<br />
das entscheidende Kriterium zur Gewährung<br />
einer Steuerbefreiung, wird aber von nebensächlich<br />
(«kein überwiegendes Indiz») bis entscheidend<br />
(«ansonsten droht der Verlust der Steuerbefreiung»)<br />
bezeichnet.<br />
In der Steuerbefreiungspraxis dominiert eine unterschiedlich<br />
restriktive Einzelfallbetrachtung:<br />
Insbesondere die grösseren Kantone betonen,<br />
dass hohe Entschädigungen nicht automatisch<br />
zum Verlust der Steuerbefreiung führten. Genauso<br />
wichtig seien beispielsweise der gemeinnützige<br />
Zweck, der offene Rahmen der Begünstigten<br />
oder die zweckentsprechende Verwendung eines<br />
allfälligen Liquidationsertrags. Stiftungsratspauschalen<br />
von 10‘000 Franken kommen dort also<br />
auch bei steuerbefreiten Institutionen vor. Eine<br />
Minderheit, vor allem kleinere Kantone, ist demgegenüber<br />
sehr streng und toleriert nur symbolische<br />
Beträge.<br />
Externe Mandate als Ausweg aus dem Dilemma?<br />
Heute gibt es zahlreiche Beratungs- und Dienstleistungsangebote<br />
für Soziale Institutionen, etwa<br />
in den Bereichen Fundraising, Revision, Buchhaltung,<br />
Immobilienverwaltung oder Organisationsentwicklung.<br />
Indem die obersten Führungsorgane<br />
davon Gebrauch machen, entlasten sie sich von<br />
Aufgaben, für die ihnen die Zeit oder das Fachwissen<br />
fehlt. Der Nachteil ist, dass solche Dienstleistungen<br />
in der Regel marktgerecht vergütet werden<br />
müssen, was unter Umständen viel teurer ist als<br />
eine moderate Entschädigung des Stiftungsrats,<br />
falls dieser «alles selber macht». Nicht an externe<br />
Dienstleister delegierbar sind gemäss Stiftungsund<br />
Vereinsrecht im Wesentlichen die strategische<br />
und finanzielle Führung der Organisation, die Bestellung<br />
der Organe sowie der Erlass bzw. die Abänderung<br />
des Organisationsstatuts. Besonders zu<br />
beachten sind Mandatsvergaben an Mitglieder der<br />
obersten Führungsgremien (Stiftungsrat, Vereinsvorstand,<br />
Geschäftsleitung) sowie an ihnen nahestehende<br />
Personen (beispielsweise Lebenspartner).<br />
In diesem Fall verfolgt der künftige Mandatsträger<br />
bei der Ausübung des Mandats auch persönliche<br />
Interessen. Deshalb muss sichergestellt werden,<br />
dass die Leistungen zu marktüblichen Konditionen<br />
erbracht werden und für die Institution von Nutzen<br />
sind. Separat bezahlte Aufträge sollten generell<br />
nur in Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt vergeben<br />
werden. In diesem Zusammenhang ist zu<br />
diskutieren, inwiefern moderate, aber leistungsgerechte<br />
Stiftungsratsentschädigungen dazu beitragen,<br />
dass stiftungseigene Potenzial besser auszuschöpfen<br />
und die finanziellen Ressourcen zu<br />
schonen.<br />
Ein systematisches und transparentes<br />
Vorgehen ist gefordert<br />
Im Nonprofit-Bereich verlangen eine zunehmende<br />
Regulierung sowie Haftungsrisiken vermehrt nach<br />
leistungsgerechten Entlohnungen. Professionelle<br />
Arbeit angemessen zu entschädigen, unterläuft<br />
den Nonprofit-Gedanken nicht zwingendermassen,<br />
im Gegenteil: Aus Effizienzüberlegungen sind<br />
moderate Entschädigungen so lange angemessen,<br />
als die geleistete Arbeit mehr wert ist als die Bezahlung.<br />
Zudem fällt es der Organisation leichter,<br />
die entsprechende Leistung in einer verbindlichen<br />
Qualität einzufordern. Ein Vergleich mit dem<br />
schweizerischen Milizbehördensystem (politische<br />
Gemeinden, Schulgemeinden, Kirchgemeinden)<br />
zeigt dort eine weit fortgeschrittene Tendenz zur<br />
«bezahlten Professionalisierung»: So werden diese<br />
nebenamtlichen Behördenmitglieder heutzutage<br />
entschädigt, wenn auch nicht fürstlich. Unerlässlich<br />
ist es, dass das Entschädigungssystem einer<br />
Sozialen Institution klar zwischen strategischen<br />
Kernaufgaben und ausserordentlichen Tätigkeiten<br />
unterscheidet, wobei bei Ersterem das Prinzip der<br />
Ehrenamtlichkeit höher zu gewichten ist. Weiter<br />
müssen die Entschädigungsgrundsätze schriftlich<br />
festgehalten und von einer übergeordneten Instanz<br />
abgesegnet werden, beispielsweise dem Stiftungsrat,<br />
der Vereinsversammlung oder den zuständigen<br />
kantonalen Aufsichtsbehörden. Zudem<br />
verlangt das Transparenzgebot, Entschädigungen<br />
von Vereinsvorständen und Stiftungsräten in der<br />
Jahresrechnung offenzulegen. Der sorgfältige Umgang<br />
mit Entschädigungen und externen Mandaten<br />
mag einen gewissen Mehraufwand erzeugen,<br />
er dient aber letztlich der Zweckerfüllung. Schliesslich<br />
steht und fällt die Legitimation und Reputation<br />
einer Sozialen Einrichtung mit jenen Personen,<br />
die in ihrem Auftrag handeln.<br />
Prof. Dr. Daniel Zöbeli<br />
und Dr. Daniela<br />
Schmitz arbeiten am<br />
Institut für Management<br />
und Inno va tion<br />
(IMI) der Fernfachhochschule<br />
Schweiz<br />
(FFHS). Sie befassen<br />
sich insbe sondere<br />
mit Governance- und<br />
Transparenzfragen<br />
bei Nonprofit-Organisationen.<br />
Folgende Publikationen<br />
zum Thema<br />
können unter http://<br />
ceps.unibas.ch/<br />
publikationen<br />
kostenlos heruntergeladen<br />
werden:<br />
Daniel Zöbeli, Luzius<br />
Neuberg: Externe<br />
Mandate von<br />
Nonprofit-Organisationen<br />
- Welche Aspekte<br />
sind besonders<br />
zu beachten? (2013)<br />
Kaspar Müller, Daniel<br />
Zöbeli: Die Honorierung<br />
der obersten<br />
Leitungsorgane von<br />
Nonprofit-Organisationen<br />
(2012).<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014 13
INSTRUMENTE<br />
GESUNDHEIT UND SOZIALES: UNTERSCHIEDLICHE ANSPRÜCHE, GLEICHE SYSTEMATIK<br />
Die Rechnungslegung bildet ähnliches ab<br />
Bei genauerem Hinsehen macht es wenig Sinn, die Rechnungslegung bei den Institutionen der stationären Pflege<br />
anders auszugestalten als bei Sozialen Einrichtungen. Der Kanton Genf hat bereits entschieden, die beiden Bereiche<br />
einem einheitlichen kantonalen Controlling zu unterstellen.<br />
> Von Markus Koch<br />
Die öffentlichen Aufgaben «Stationäre<br />
Pflege», der «Gesundheit» zugeordnet,<br />
und «Soziale Einrichtungen» als Teil des<br />
«Sozialen» liegen heute in der Verantwortung<br />
der Kantone. Dies bedeutet,<br />
dass die Institutionen beider Fachgebiete<br />
ihre Leistungen auf der Basis von<br />
Leistungsvereinbarungen zwischen Kantonen,<br />
Gemeinden und Einrichtungen<br />
erbringen. Ebenso erfolgt ein Teil der<br />
Leistungsfinanzierung seitens der öffentlichen<br />
Hand durch die Kantone und<br />
Gemeinden.<br />
Die Delegation der Verantwortung und<br />
zumindest teilweise der Finanzierung<br />
dieser Aufgaben an die Kantone verlangte<br />
die Entwicklung und Umsetzung gesetzlicher<br />
Rahmenbedingungen, ergänzt<br />
von Richtlinien und Verordnung. Im Bereich<br />
Soziales bildet die IVSE, die Interkommunale<br />
Vereinbarung für Soziale<br />
Einrichtungen, und bei der «Gesundheit»<br />
die neue Pflegefinanzierung die Grundlage.<br />
Die unterschiedlichen Ansprüche der<br />
öffentlichen Hand an das Finanz- und<br />
Rechnungswesen der Institutionen und<br />
die damit zusammenhängenden Erhebungen<br />
unterscheiden sich grundsätzlich<br />
bezüglich Tiefe und Detaillierungsgrad.<br />
Da bei den Sozialen Einrichtungen<br />
die Leistungsabgeltung aus öffentlichen<br />
Geldern anteilmässig wesentlich höher<br />
ausfällt als bei der stationären Pflege,<br />
sind die Ansprüche an die Berichterstattung<br />
und die damit zusammenhängenden<br />
Zusatzberichte im Sozialen in der<br />
Regel wesentlich ausführlicher gestaltet<br />
als im relativ freien Bereich der stationären<br />
Pflege.<br />
Da die Auskünfte inhaltlich letztlich sehr<br />
ähnlich sind, hier BESA oder RAIRUG<br />
und dort IBB, hier Kostenträger Pension<br />
und KVG-Pflege, dort Wohnen bzw. Tagesstruktur<br />
ohne oder mit Lohn, sind<br />
die von CURAVIVA Schweiz aufgebauten<br />
betriebswirtschaftlichen Instrumente<br />
grundsätzlich gleich. Natürlich sind<br />
sie für die beiden Teile an die spezifischen<br />
Bedürfnisse angepasst. So etwa wird im<br />
Kontenrahmen «Stationäre Pflege» ein<br />
etwas anderes Vocabulaire angewendet<br />
als im Bereich Soziales. Ebenso verhält<br />
es sich bei der Anleitung zur Kostenrechnung<br />
beziehungsweise der ergän<br />
Auf Anfang 2013 hat der Gesetzgeber<br />
die neuen Vorschriften zur Buchführung<br />
und zur Rechnungslegung mit einer<br />
zweijährigen Übergangsfrist in Kraft gezenden<br />
Auswertungstools auf Excel-<br />
Basis. Hier werden die für die Abbildung<br />
der typischen Produkte, analog der Leistungsvereinbarungen,<br />
Bezeichnungen<br />
und Produktekostenberechnungen angewandt.<br />
Auch im Produkt Anlagebuchhaltung<br />
von CURAVIVA Schweiz werden<br />
Spezifikationen wie KVG-Relevanz und<br />
Investitionsbeiträge bei den Sozialen Einrichtungen<br />
systemisch berücksichtigt.<br />
Ausblick: Ich bin überzeugt, dass sich<br />
aufgrund des Spardrucks sowie inhaltlicher<br />
Erkenntnisse die Systematiken im<br />
Rechnungswesen weiter annähern werden.<br />
Es gibt bereits Kantone wie der Kanton<br />
Genf, die festgestellt haben, dass bei<br />
genauerem Hinsehen und mit einer gewissen<br />
Nüchternheit diese beiden Teile<br />
sogar einem einzigen kantonalen Controlling<br />
unterstellt werden können.<br />
Markus Koch ist<br />
Mitarbeiter Unternehmensberatungen<br />
und<br />
Revisionen der REDI AG<br />
Treuhand in Frauenfeld.<br />
HARMONISIERUNG DER KONTENRAHMEN KMU, KVG UND IVSE<br />
Koordiniertes Vorgehen aller Beteiligten!<br />
Rechnungslegung ist der Teil der Berichterstattung, in dem wir die Jahreszahlen gemäss vorgenommenem<br />
Jahresabschluss im Geschäftsbericht darstellen und publizieren. Die Umsetzung der aufgrund der neuen Bestimmungen<br />
erforderliche Harmonisierung dauert noch einige Zeit.<br />
> Von Markus Koch<br />
setzt. Als wesentliche Präzisierung gegenüber<br />
dem alten Recht enthalten<br />
diese Vorschriften klare Vorgaben bezüglich<br />
der Mindestgliederung der Bilanz<br />
und der Erfolgsrechnung. Ebenso<br />
wurden die im Anhang vorzunehmenden<br />
Ergänzungen und Erläuterungen<br />
angepasst (siehe Artikel Seite 7).<br />
14 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014
INSTRUMENTE<br />
Die Reihenfolge der neuen Mindestgliederung<br />
entspricht nicht den aktuellen<br />
Kontenrahmen Pflegeheime KVG<br />
und Soziale Einrichtungen. Die Einteilung<br />
lehnt sich an die Gliederung des<br />
Schweizer Kontenrahmens KMU an. Um<br />
die Rechnungslegung aus der Buchhaltung<br />
heraus zu erstellen, ist es deshalb<br />
von Vorteil, wenn die Bezeichnungen<br />
und die Reihenfolge übereinstimmen.<br />
Es ist deshalb sinnvoll, trotz aller branchenspezifischen<br />
Eigenheiten die Kontenrahmen<br />
KMU, KVG und IVSE in den<br />
Grundzügen zusammen zu führen.<br />
UMFASSENDE UNTERSTÜTZUNG FÜR HEIME UND INSTITUTIONEN<br />
BW-Lizenzpakete und<br />
Themenheft Rechnungswesen<br />
für Heime und Institutionen<br />
Aus dieser Erkenntnis heraus und in<br />
der Überzeugung, dass im KVG-Bereich<br />
die Kontenrahmen stationär (CURAVIVA<br />
Schweiz) und ambulant (Spitex Schweiz)<br />
sich nur noch durch die leistungsspezifischen<br />
Bezeichnungen unterscheiden<br />
sollen, hat CURAVIVA bereits im Verlauf<br />
des Jahres 2011 Anstrengungen zur Harmonisierung<br />
der Kontenpläne unternommen.<br />
Der Bereich Gesundheit, Stationäre Pflege,<br />
wird auch durch andere Verbände<br />
besetzt, beispielsweise H+, die Spitäler<br />
der Schweiz, weshalb auch auf diese<br />
Rücksicht genommen werden muss. Im<br />
Bereich Soziale Einrichtungen verfügt<br />
die SODK (Sozialdirektorenkonferenz)<br />
über den Kontenrahmen. Sowohl die<br />
Verbände als auch politische Gremien<br />
wie die SODK funktionieren meist langsamer<br />
als die Privatwirtschaft. Es gilt also<br />
noch abzuwarten, bis eine auf einheitlicher<br />
Basis verabschiedete Grundlage<br />
zur Überarbeitung der Kontenrahmen<br />
im Sinne der neuen Rechnungslegung<br />
erfolgen kann.<br />
Um die Überbrückung bis dahin den Betrieben<br />
beider Bereiche, Gesundheit und<br />
Soziales, zu erleichtern, hat CURAVIVA<br />
Schweiz rechtzeitig auf Ende 2013 einen<br />
6. Teil «Überführungsrichtlinien<br />
zwischen CURAVIVA Konten rahmen zur<br />
Darstellung des neuen Rechnungslegungsrechtes»<br />
erarbeitet. Dieser steht<br />
den lizenznehmenden Mitgliedern auf<br />
der Plattform Betriebswirtschaftliche<br />
Instrumente zum Download zur Verfügung.<br />
Mit seinen Lizenzangeboten bietet der Geschäftsbereich Dienstleistun<br />
gen von CURAVIVA Schweiz den Mitgliederinstitutionen<br />
aller drei Fachbereiche die Möglichkeit, per Mausklick zu den<br />
neusten Unterlagen und Dateien zu gelangen.<br />
Den Lizenznehmern stehen in einem passwortgeschützten<br />
Bereich zwei Lizenzangebote zur Verfügung. Detaillierte<br />
Informationen zu den BW-Lizenzpaketen sind unter<br />
www.curaviva.ch/Dienstleistungen/Betriebswirtschaftliche <br />
Instrumente/Lizenzpakete BW-Instrumente zu finden.<br />
Die im April 2014 im Verlag von CURAVIVA Schweiz erschienene<br />
Publikation «Rechnungswesen für Heime und Institutionen»<br />
bietet einen Streifzug durch die wichtigsten Werkzeuge und<br />
Themen im Rechnungswesen für Soziale Einrichtungen aus<br />
den Bereichen KVG und IVSE und kann auf www.curaviva.ch<br />
unter Verlag/Publikationen bestellt werden.<br />
Geschäftsbereich Dienstleistungen/Verlag<br />
<strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014<br />
15
CURAVIVA SCHWEIZ · Zieglerstrasse 53 · 3000 Bern 14 · Telefon +41 (0)31 385 33 33 · info@curaviva.ch · www.curaviva.ch