PUBLIC PRIVATE CONCEPTS
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FOCUS<br />
><br />
von Unternehmen und Institutionen. Wie beurteilen<br />
Sie diesen Aspekt in Bezug auf das Fundraising<br />
Sozialer Institutionen?<br />
Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan eines<br />
Vereins oder einer Stiftung (Vereinsvorstand,<br />
Stiftungsrat) beschliesst freiwillig, ob stille Willkürreserven<br />
gebildet werden oder nicht (z.B. durch<br />
übermässige, betriebswirtschaftlich nicht notwendige<br />
Abschreibungen). Es ist richtig, dass stille<br />
Willkürreserven die Vergleichbarkeit von Jahresrechnungen<br />
beinträchtigen können.<br />
Aus diesem Grund erstellen Soziale Institutionen<br />
– CURAVIVA Schweiz plant dies ab 2015 – oftmals<br />
einen Jahresabschluss nach Swiss GAAP FER, also<br />
nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung.<br />
Dieser beinhaltet keine stillen Willkürreserven.<br />
«Es wäre politisch unmöglich gewesen,<br />
die Möglichkeit zur Bildung von stillen<br />
Willkürreserven aus dem neuen Rechnungslegungsrecht<br />
zu streichen.»<br />
Stiftungen, die der Pflicht zur ordentlichen Revision<br />
der Jahresrechnung unterliegen, müssen einen<br />
solchen Abschluss nach anerkanntem Standard<br />
zur Rechnungslegung erstellen (Art. 962 Abs. 1 Ziff.<br />
3 OR). Zudem können 20% der Vereinsmitglieder<br />
einen solchen Abschluss verlangen (Art. 962 Abs. 2<br />
Ziff. 2 OR). Wie genau stille Willkürreserven das<br />
Fundraising beeinflussen könnten, kann ich Ihnen<br />
abschliessend nicht sagen. Fakt ist, dass Stiftungen<br />
und Vereine allfällige negative Folgen selber<br />
beeinflussen können, indem sie z.B. bewusst auf<br />
die Bildung von stillen Willkürreserven verzichten.<br />
Eine nach einheitlichen Kriterien erstellte, transparente<br />
Rechnungslegung dient auch als internes<br />
Führungsinstrument. Wie beurteilen Sie die<br />
Möglichkeit, stille Reserven zu bilden, unter diesem<br />
Gesichtswinkel?<br />
Das beste Führungsinstrument im Bereich der Rechnungslegung<br />
ist sicher eine Jahresrechnung nach<br />
einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung<br />
(z.B. Swiss GAAP FER), die zudem durch eine unabhängige<br />
und staatlich zugelassene Revisionsstelle<br />
ordentlich revidiert wird, wie es bei CURAVIVA<br />
Schweiz geschieht.<br />
Jedoch bietet auch die Jahresrechnung des neuen<br />
Rechnungslegungsrechts gemäss den Art. 959 ff.<br />
OR ein gutes Führungsinstrument. Das oberste<br />
Leitungs- oder Verwaltungsorgan einer Stiftung<br />
oder eines Vereins hat zudem stets die Möglichkeit,<br />
sich über die gebildeten und die aufgelösten stillen<br />
Willkürreserven ein klares Bild zu verschaffen.<br />
Etwas möchte ich abschliessend zu den stillen<br />
Willkürreserven noch erwähnten: Es wäre politisch<br />
unmöglich gewesen, die Möglichkeit zur Bildung<br />
von stillen Willkürreserven aus dem neuen Rechnungslegungsrecht<br />
zu streichen. Dem Parlament<br />
war der Grundsatz der möglichst weitgehenden<br />
Steuerneutralität des neuen Rechnungslegungsrechts<br />
zu wichtig. Zudem war die Mehrheit auch der<br />
Ansicht, dass stille Willkürreserven im Hinblick auf<br />
schlechte wirtschaftliche Zeiten notwendig seien.<br />
Wirkt sich die neue Rechnungslegung auch auf die<br />
Verantwortlichkeit der Mitglieder strategischer<br />
Gremien wie Stiftungsräte und Vereinsvorstände aus?<br />
Bereits nach geltendem Recht war die Buchführung<br />
und Rechnungslegung eine zentrale Aufgabe<br />
des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans<br />
einer Stiftung oder eines Vereins. Daran ändert<br />
sich mit dem neuen Rechnungslegungsrecht nichts.<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht schafft jedoch<br />
mehr Rechtssicherheit für das Leitungs- oder Verwaltungsorgan,<br />
da – im Gegensatz zu den veralteten<br />
und rudimentären Bestimmungen des alten<br />
Rechnungslegungsrechts – nun klar ist, wann eine<br />
«Milchbüchlein-Rechnung» und wann eine Jahresrechnung<br />
(Bilanz, Erfolgsrechnung, Anhang; doppelte<br />
Buchhaltung) zu erstellen ist. Bei der Jahresrechnung<br />
ist zudem klar erkennbar, wie diese zu<br />
erstellen ist (Art. 959 ff. OR).<br />
«Es wird mehr Transparenz und somit<br />
mehr Vertrauen geschaffen.»<br />
Was bedeutet die neue Rechnungslegung für die<br />
Corporate Governance der Sozialen Institutionen?<br />
Das neue Rechnungslegungsrecht geht in die richtige<br />
Richtung und stärkt die Corporate Governance<br />
im wichtigen Bereich des Rechnungslegungsrechts<br />
bzw. der finanziellen Berichterstattung. Obschon<br />
viele Vereine und einige Stiftungen nur eine<br />
«Milchbüchlein-Rechnung» erstellen müssen (Art.<br />
957 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 OR), sind nun die meisten<br />
wirtschaftlich bedeutenden Vereine und Stiftungen<br />
(wie CURAVIVA Schweiz) verpflichtet, eine moderne<br />
Jahresrechnung zu erstellen (bestehend aus<br />
Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang zur Jahresrechnung).<br />
Diese bildet dann die Grundlage zur finanziellen<br />
Führung des Vereins und der Stiftung.<br />
Es wird mehr Transparenz und somit mehr Vertrauen<br />
geschaffen.<br />
6 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014