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FOCUS<br />
INTERVIEW MIT IGNAZIO CASSIS, PRÄSIDENT CURAVIVA SCHWEIZ UND NATIONALRAT<br />
«Die neuen Vorschriften werden zu Recht<br />
als KMU-freundlich bewertet»<br />
Curaviva-Präsident Ignazio Cassis beurteilt das neue Rechnungslegungsrecht für Soziale Institutionen<br />
und Verbände positiv, da es mehr Transparenz und somit mehr Vertrauen schaffe. Das neue<br />
Rechnungslegungsrecht ist rechtsformneutral, stellt also nur auf die Grösse eines Unternehmens<br />
ab, und schafft daher Vergleichbarkeit zwischen ähnlichen Institutionen mit unterschiedlicher<br />
Rechtsform.<br />
> Interview: Stefan Sutter und Bernhard Schneider<br />
Der erläuternde Bericht des Bundes zur neuen<br />
Rechnungslegung setzt sich mit den Auswirkungen<br />
der neuen Rechnungslegung auf Bund, Kantone,<br />
Gemeinden und die Wirtschaft auseinander, nicht<br />
aber auf die Sozialen Institutionen, obwohl diese<br />
infolge der rechtsformneutralen Ausgestaltung der<br />
Vorschriften ebenfalls betroffen sind. Sind die Sozialen<br />
Institutionen im politischen Prozess vergessen<br />
gegangen?<br />
Ignazio Cassis: Die Sozialen Institutionen sind<br />
nicht vergessen worden. Das Ziel des Bundesrats<br />
war es aber, wie er formuliert, eine «einheitliche<br />
Regelung für alle Rechtsformen des Privatrechts im<br />
OR» zu schaffen (Botschaft vom 21. Dezember 2007,<br />
Ziffer 1.3.5.1). Es ging nie darum, alle spezialrechtlichen<br />
Bestimmungen zum Rechnungslegungsrecht<br />
zu überarbeiten. Jedoch ging es darum, eine<br />
Grundlage zu schaffen, auf der die spezialrechtlichen<br />
Bestimmungen aufbauen bzw. auf die sie<br />
verweisen können. Im Parlament und in den<br />
Rechtskommissionen war man sich einig, dass<br />
weiterhin spezialrechtliche Bestimmungen zulässig<br />
sein werden.<br />
«Es ging darum, eine Grundlage zu<br />
schaffen, auf der die spezialrechtlichen<br />
Bestimmungen aufbauen.»<br />
Seit der Verabschiedung des neuen Rechnungslegungsrechts<br />
durch das Parlament werden immer<br />
wieder im Rahmen von Revisionen die Bestimmungen<br />
zum Rechnungslegungsrecht in Verordnungen<br />
angepasst. Dies ist jedoch primär eine Aufgabe der<br />
entsprechenden Fachämter, beispielsweise im Departement<br />
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation<br />
(UVEK) oder im Eidgenössischen Departement<br />
des Innern (EDI). Diese Auf gabe hätte<br />
– allein schon aufgrund des Umfangs oder des<br />
notwendigen, sehr spezifischen Fachwissens –<br />
nicht im Rahmen des Rechnungslegungsrechts<br />
des Obligationenrechts geschehen können. Auch<br />
in der Wirtschaft und in den Kantonen werden die<br />
notwendigen Anpassungen Schritt für Schritt vorgenommen.<br />
Ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Justiz, Florian<br />
Zihler, hat in einem Vortrag ein für mich sehr treffende<br />
Bild gebraucht: er hat das neue Rechnungslegungsrecht<br />
mit einem Basislager in den Bergen<br />
verglichen. Man hat eine saubere und sichere Ausgangslage<br />
– das neue Rechnungslegungsrecht –,<br />
von dem aus nun die verschiedenen Bergspitzen,<br />
d.h. die verschiedenen Bereiche der Rechnungslegung<br />
(Energie, Soziales, Landwirtschaft, Gesundheit,<br />
Versicherungen, Banken etc.), erreicht bzw.<br />
reguliert werden können.<br />
Es lassen sich zudem nun präzisere Lösungen finden,<br />
da die Bestimmungen des neuen Rechnungslegungsrechts<br />
definitiv sind und damit auch<br />
Rechtssicherheit besteht.<br />
Dennoch besteht bei den Sozialen Institutionen<br />
eine Besonderheit: Sie werden entweder nach den<br />
Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes<br />
(KVG) oder der Interkantonalen Vereinbarung für<br />
Soziale Einrichtungen (IVSE) finanziert. Hätte man<br />
diesbezüglich nicht gleichzeitig für einheitliche<br />
Bestimmungen sorgen müssen?<br />
Das KVG kennt Spitäler und Pflegeheime als Leistungserbringer.<br />
Diese sind zugelassen, wenn sie<br />
insbesondere im Rahmen einer kantonalen Planung<br />
auf die Spital- bzw. Pflegeheimliste kommen.<br />
4 <strong>PUBLIC</strong> <strong>PRIVATE</strong> <strong>CONCEPTS</strong> I Mai 2014