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20 <strong>UniDAZ</strong> 02/2012 STUDIUM<br />
STUDIUM<br />
02/2012 <strong>UniDAZ</strong> 21<br />
SEBASTIAN RATH<br />
PHARM. BIOLOGIE MÜNCHEN<br />
Ich heiße Sebastian Rath und bin 28 Jahre alt. Ich habe in Berlin<br />
Pharmazie studiert und promoviere seit 2009 an <strong>der</strong> Ludwig Maximilians<br />
Universität in München am Lehrstuhl für Pharmazeutische<br />
Biologie von Frau Prof. Angelika M. Vollmar.<br />
In meinem Promotionsstudium betreue ich im 1.Semester das Praktikum<br />
Anorganische Chemie und im 6. Semester das Seminar zur<br />
pharmazeutischen Beratung in <strong>der</strong> Offizin.<br />
Das Thema meiner Doktorarbeit lautet „Bewertung und Charakterisierung<br />
<strong>der</strong> antiangiogenen Wirkung von neuartigen zytotoxischen<br />
Substanzen mit mikrobiellem Ursprung.“<br />
Als Testsystem verwende ich Blutgefäßzellen, sogenannte Endothelzellen,<br />
die für den Prozess <strong>der</strong> Blutgefäßneubildung verantwortlich<br />
sind. Als Methoden benutze ich unter an<strong>der</strong>em beson<strong>der</strong>e Zellkultursysteme,<br />
die Zelldifferenzierung erlauben, verschiedenste Mikroskopieverfahren,<br />
Flow Cytometry zur Messung von Zellzyklus<br />
und Zelltod, Proteinanalytik (Western Blot) und mRNA-Analytik<br />
(RT-PCR).<br />
Doktoranden<br />
stellen sich vor<br />
WAS MACHT<br />
MEIN ASSI?<br />
Das beson<strong>der</strong>e Prinzip <strong>der</strong> Arbeit ist, dass zytotoxische Substanzen,<br />
die zum Beispiel das Zellskelett o<strong>der</strong> Protonenpumpen hemmen, in<br />
so geringen Konzentrationen eingesetzt werden, dass sie nicht mehr<br />
ganz so zytotoxisch wirken, aber dennoch die Blutgefäßneubildung<br />
(Angiogenese) hemmen, z.B. im Kontext von Krebs, wo Angiogenese<br />
für das Fortschreiten <strong>der</strong> Krankheit von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung<br />
ist.<br />
Daher werden die Substanzen ebenfalls in vivo in Tumormodellen<br />
untersucht, wobei die Blutgefäßdichte im Tumor und das Tumorwachstum<br />
gemessen werden.<br />
Ich hoffe mit meiner Dissertation im Herbst 2012 fertig zu sein.<br />
Berufsziel: in einem pharmazeutischen o<strong>der</strong> biotechnologischen<br />
Unternehmen zu arbeiten.<br />
Lustigstes Erlebnis im Labor: Es gibt viele lustige Erlebnisse während<br />
<strong>der</strong> Promotion, die zum Beispiel aus <strong>der</strong> internationalen Zusammensetzung<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiter entstehen, was definitiv eine Bereicherung<br />
darstellt.<br />
VORSCHLÄGE FÜR DIE RUBRIK „WAS MACHT MEIN ASSI?“ GERNE AN REDAKTION@UNIDAZ.DE<br />
UNIDAZ BEI FACEBOOK UND IM INTERNET<br />
Auf unidaz.de und unserer Facebook-Seite (www.facebook.com/<strong>UniDAZ</strong>) informieren<br />
wir Sie auch zwischen den Heften über Neuigkeiten und Interessantes rund um das<br />
Pharmaziestudium, das Praktische Jahr und den Berufsstart.<br />
STANDPUNKT<br />
MEHR SELBST<br />
BEWUSSTSEIN!<br />
Medizinstudenten sind ab dem ersten<br />
Studientag Halbgötter in weiß<br />
– Pharmaziestudenten lassen sich noch im<br />
achten Semester von Assistenten herumschubsen,<br />
die kaum älter sind als sie selbst.“<br />
Wie treffend diese pointierte Aussage von<br />
Prof. Christa Habrich ist, die sie während<br />
meines Studiums im Seminar „Geschichte<br />
<strong>der</strong> Pharmazie“ traf, wurde mir kürzlich<br />
wie<strong>der</strong> bewusst.<br />
Nachdem die Apotheker nach acht Jahren<br />
ohne Honorarerhöhung mit einem Aufschlag<br />
von 25 Cent abgespeist wurden, begann<br />
ein wüten<strong>der</strong> Proteststurm – im Internet,<br />
oft genug unter Pseudonym. Und die<br />
Standesvertretungen, Kammern und Verbände<br />
begannen zu diskutieren, ob man<br />
eventuell vielleicht demonstrieren o<strong>der</strong><br />
streiken solle. O<strong>der</strong> ob man dadurch nicht<br />
vielleicht die Kunden verärgere? Zwar gab es<br />
am Ende „Warnstreiks“, doch wie man auch<br />
reagieren könnte, zeigte sich kurz darauf, als<br />
die Ärzte mit einer ebenso mickrigen Honorarerhöhung<br />
(allerdings nach umso saftigeren<br />
Erhöhungen in den letzten Jahren)<br />
konfrontiert wurden. Da brauchte es keine<br />
24 Stunden, bis von flächendeckenden<br />
Ärztestreiks die Rede war, die eine außerordentliche<br />
Delegiertenversammlung nur<br />
fünf Tage später beschloss.<br />
Nun ist es ja durchaus sympathisch, wenn<br />
man im Auftreten etwas zurückhalten<strong>der</strong><br />
ist, oft kommt man damit auch weiter als<br />
mit Arroganz o<strong>der</strong> Großspurigkeit. Aber<br />
dieses höfliche und entgegenkommende<br />
Auftreten muss mit einem gesunden Selbstbewusstsein<br />
in <strong>der</strong> Sache einhergehen. Und<br />
lei<strong>der</strong> habe ich den Eindruck, dass dieses<br />
Selbstbewusstsein vielen Pharmazeuten –<br />
Apothekern wie Studenten – fehlt.<br />
Dabei gibt es überhaupt keinen Grund, nicht<br />
stolz zu sein, Pharmazie zu studieren! Es ist<br />
ein überaus anspruchsvoller Studiengang,<br />
sowohl inhaltlich und intellektuell, als auch<br />
was den Zeitaufwand betrifft. Die meisten<br />
Pharmaziestudierenden dürften schon auf<br />
<strong>der</strong> Schule nicht gerade Loser gewesen sein,<br />
sonst hätten sie nie den Numerus Clausus<br />
überwunden.<br />
Vielleicht hat das mangelnde Vertrauen in<br />
die eigenen Fähigkeiten mit einem eigentümlichen<br />
Phänomen zu tun, dass mir sowohl<br />
während meines Studiums wie meiner<br />
Promotion aufgefallen ist: Erschreckend viele<br />
Professoren und auch Doktoranden scheinen<br />
<strong>der</strong> – mehr o<strong>der</strong> weniger offen geäußerten<br />
– Meinung zu sein, dass es eigentlich<br />
unter ihrer Würde ist, „nur“ Apotheker auszubilden<br />
anstatt die wissenschaftliche Elite<br />
von morgen. Als ob all das wertvolle Wissen<br />
später in <strong>der</strong> Apotheke nicht wirklich gebraucht<br />
würde.<br />
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Es<br />
ist richtig und wichtig, dass die Pharmazie<br />
als eigenständiger Wissenschaftszweig<br />
besteht und dass hier akademische Erfolge<br />
und Höchstleistungen erbracht werden!<br />
Aber was sagt es über das Selbstverständnis<br />
dieser Wissenschaft aus, wenn ein nicht<br />
unerheblicher Teil <strong>der</strong> Lehrenden die Arbeit,<br />
die später ungefähr 80% <strong>der</strong> Absolventen<br />
aufnehmen werden, geringschätzt?<br />
Welchen Eindruck vom Wert ihrer zukünftigen<br />
Tätigkeit wird den Studenten vermittelt?<br />
Wie soll <strong>der</strong> Beruf des Apothekers vom<br />
Image des „Schubladenziehers“ wegkommen,<br />
das er allzu oft hat, wenn die (zukünftigen)<br />
Apotheker ihre Tätigkeit selbst nicht<br />
wirklich schätzen? Es schockiert mich, wenn<br />
in Umfragen – auch wenn diese selten repräsentativ<br />
sind – ungefähr drei Viertel <strong>der</strong><br />
Pharmaziestudierenden angeben, später<br />
nicht in <strong>der</strong> Apotheke arbeiten zu wollen.<br />
Dem Berufsstand und seinen Standesorganisationen<br />
sollte das Anlass zu tiefer Sorge<br />
sein.<br />
Wie soll die Apothekerschaft gegenüber <strong>der</strong><br />
Gesellschaft, <strong>der</strong> Politik und nicht zuletzt<br />
den Krankenkassen ihren – nicht nur pekuniären<br />
– Wert deutlich machen, wenn <strong>der</strong><br />
Berufsstand selbst von diesem Wert nicht<br />
überzeugt ist?<br />
Auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen<br />
Apothekerverbandes hat Dominique Jordan,<br />
<strong>der</strong> Präsident des Schweizerischen<br />
Apothekerverbands PharmaSuisse, gesagt:<br />
„Ich bin stolz, Apotheker zu sein.“ Ich kann<br />
mich an keine ähnliche Äußerung eines offiziellen<br />
Vertreters <strong>der</strong> deutschen Apotheker<br />
erinnern. Dabei würde ich mir wünschen,<br />
dass wir alle – Apothekerinnen und Apotheker,<br />
Berufspolitiker und Funktionäre<br />
und nicht zuletzt Professoren, Pharmaziestudierenden<br />
und PhiPs – uns eine Scheibe<br />
von dieser Haltung abschneiden und stolz<br />
sind auf unseren wun<strong>der</strong>schönen Beruf!<br />
Von Dr. Benjamin Wessinger, Apotheker,<br />
Redakteur <strong>der</strong> <strong>UniDAZ</strong> und Chefredakteur<br />
<strong>der</strong> Deutschen Apotheker Zeitung<br />
Sie sind völlig an<strong>der</strong>er Meinung? Auf unidaz.de können Sie dem Autor mal so richtig die Meinung sagen!<br />
Und auch alle an<strong>der</strong>en Artikel dieser <strong>UniDAZ</strong> kommentieren.