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Kultur und Heimatpflege<br />
Kultur und Heimatpflege<br />
• Afghanistan – Eindrücke zweier Soldaten<br />
Der Kulturelle Abend im April<br />
im Archäologischen Museum in<br />
Oldendorf/Luhe ging den über<br />
40 Zuhörern ganz schön unter<br />
die Haut. Fre<strong>der</strong>ik Vestergaard<br />
begann mit einem Bericht über<br />
sein Alltagsleben und seinen Erlebnissen<br />
bei seinem Einsatz in<br />
Afghanistan Ende letzten Jahres.<br />
Während er bei seinem vorangegangenen<br />
Einsatz vor sechs<br />
Jahren auch viel außerhalb des<br />
Camps unterwegs war, hat er<br />
dieses Mal das Gelände nicht<br />
verlassen. Dies liegt an <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten<br />
Aufgabensituation <strong>der</strong><br />
Bundeswehr in Afghanistan.<br />
Momentan bilden sie die Afghanen<br />
nur noch aus, damit sie bald<br />
vollkommen eigenständig in <strong>der</strong><br />
Lage sind, dieses Land stabil und<br />
sicher zu halten. Fre<strong>der</strong>ik Vestergaard<br />
wohnte in seiner Zeit dort<br />
in einem kleinen Wohncontainer,<br />
welcher eigentlich für drei Soldaten<br />
gedacht war. Da jetzt nur<br />
noch etwa 800 Bundeswehrsoldaten<br />
in Afghanistan sind, hatte<br />
er aber das Glück, dieses Reich<br />
für sich alleine beanspruchen zu<br />
können. Allerdings musste er es<br />
dann auch, wenn er vergessen<br />
hatte das Fenster zu schließen,<br />
Fre<strong>der</strong>ik Vestergaard hält auch in<br />
Afghanistan die Heimat hoch.<br />
<strong>nach</strong> einem Sandsturm alleine<br />
reinigen. Ansonsten erzählte er<br />
von <strong>der</strong> täglichen Routine, <strong>der</strong><br />
Hitze, dem ständigen desinfizieren<br />
<strong>der</strong> Hände, damit sich keine<br />
Krankheiten verbreiten, von dem<br />
Verbot Golf zu spielen, weil über<br />
die Campmauern fliegende Golfbälle<br />
den Alarm auslösen etc.<br />
Seine eigentliche Arbeit, dem militärischen<br />
Nachrichtenwesen, hat<br />
er durch humorvolle Anekdoten<br />
entmystifiziert – die Schauermärchen<br />
<strong>der</strong> NSA und Co. konnte er<br />
nicht bestätigen.<br />
Der Vortrag wurde dann von seinem<br />
Kameraden Marc Heiland<br />
weitergeführt, <strong>der</strong> durch seinen<br />
Bericht über sein eigenes Schicksal<br />
auf ein Problem von Kampfeinsätzen<br />
<strong>der</strong> Bundeswehrsoldaten<br />
hinwies: <strong>der</strong> Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung (PTBS). Auch<br />
er war – ähnlich wie Fre<strong>der</strong>ik Vestergaard<br />
– für die Bundeswehr<br />
in verschiedenen Teilen <strong>der</strong> Welt<br />
in verschiedenen Einsätzen tätig.<br />
Doch ihn ließen schließlich<br />
einige seiner Erlebnisse nicht<br />
mehr los. <strong>Immer</strong> wie<strong>der</strong> befand<br />
er sich plötzlich und unerwartet<br />
in Situationen, die er bei diesen<br />
Einsätzen erlebt hat und die ihn<br />
langfristig traumatisiert haben.<br />
In solchen Situationen fühlen<br />
sich die Betroffenen wie<strong>der</strong> in<br />
die gleichen Situationen von damals<br />
zurück versetzt. Sie riechen,<br />
schmecken, sehen und fühlen<br />
all das, was sie auch in <strong>der</strong> damaligen<br />
Situation erlebt haben.<br />
In dem Moment sind sie wie<strong>der</strong><br />
genau dort. Da solche Flashbacks<br />
hauptsächlich auch <strong>nach</strong>ts auftreten,<br />
versuchen betroffene Menschen<br />
nicht mehr zu schlafen,<br />
um diesen Situationen aus dem<br />
Weg zu gehen. Auch dadurch sind<br />
sie nicht mehr in <strong>der</strong> Lage, ihren<br />
Alltag zu bewältigen, sind gereizt<br />
und haben Angst vor die Tür zu<br />
gehen. Ihre Familien zerbrechen,<br />
viele fangen an, übermäßig viel<br />
Alkohol zu trinken.<br />
Fre<strong>der</strong>ik Vestergaard und Marc Heiland im Archäologischen Museum hinter<br />
ihren Mitbringseln und Informationsmaterialien aus und über Afghanistan.<br />
Suizidale Gedanken entstehen.<br />
Marc Heiland war über mehrere<br />
Jahre in <strong>der</strong> geschlossenen Psychiatrie.<br />
Auch heute geht er noch<br />
einmal die Woche zur Therapie,<br />
nimmt sehr starke Psychopharmaka<br />
und hat zwei Therapiehunde.<br />
In ein vollkommen normales<br />
Leben zurückzufinden, ist<br />
für solche Menschen kaum noch<br />
möglich. Doch Marc Heiland ist<br />
glücklicherweise seit kurzer Zeit<br />
ziemlich stabil und aufgrund des<br />
Einsatzweiterverpflichtungsgesetzes<br />
Berufssoldat geworden –<br />
<strong>der</strong> Beruf, so sagt er selbst, ist<br />
eben das einzige was er gut kann<br />
und trotz allem gerne macht. Heute<br />
kämpft er für die Kameraden,<br />
denen es ähnlich geht. Für die<br />
Veteranen, die Deutschland heute<br />
wie<strong>der</strong> hat und zu denen immer<br />
mehr dazu kommen werden.<br />
Sehr ergreifend war für die Zuhörer<br />
auch <strong>der</strong> Bericht über den<br />
Wald <strong>der</strong> Erinnerung in Potsdam.<br />
Hier haben die Familien, Freunde<br />
und Kameraden die Möglichkeit,<br />
individuell und ganz privat<br />
um die mehr als einhun<strong>der</strong>t bei<br />
Einsätzen <strong>der</strong> Bundeswehr ums<br />
Leben gekommenen Soldatinnen<br />
und Soldaten zu trauern und ihnen<br />
zu gedenken.<br />
Auch wenn sich Soldaten heute<br />
aus freien Stücken für diesen<br />
Beruf entscheiden und auf ihre<br />
Einsätze gut vorbereitet werden,<br />
werden sie immer wie<strong>der</strong> auf<br />
Situationen treffen, die für Menschen<br />
kaum zu ertragen sind<br />
o<strong>der</strong> zu ihrem Tod führen können.<br />
Damit müssen wir alle lernen<br />
umzugehen. Und wir können<br />
uns glücklich schätzen, dass es<br />
überhaupt Menschen gibt, die<br />
bereit sind, diese Entbehrungen<br />
und Risiken auf sich zu nehmen.<br />
<strong>Immer</strong>hin gibt es keinen an<strong>der</strong>en<br />
Beruf bei dem die Konsequenz<br />
politischer Entscheidungen so<br />
endgültig sein kann.<br />
Ein sehr interessanter und eindrucksvoller<br />
Vortragsabend wurde<br />
<strong>nach</strong> 3 Stunden durch anerkennenden<br />
Applaus beendet.<br />
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