Ausgabe März 2010 | Nr. 40 - Die Betreuungsvereine der ...
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AWO<br />
Jugend<br />
6<br />
AWO Rheinland<br />
Stadt und Land<br />
1/<strong>2010</strong><br />
Immer wie<strong>der</strong> empfohlen<br />
Koblenz. Ab und zu sind es die Erinnerungen an eigene<br />
Ferienfreizeiterlebnisse mit <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt, die<br />
Mütter und Väter dazu bewegen, sich nach dem Kin<strong>der</strong>und<br />
Jugendreisenprogramm des AWO Bezirksjugendwerks<br />
zu erkundigen: „Als Kind wurde ich früher immer<br />
mit <strong>der</strong> AWO in die Ferienkur nach Österreich geschickt.<br />
Das ist schon mindestens 20 Jahre her. Jetzt ist unsere<br />
Tochter in dem Alter, wo sie nicht mehr mit uns in den<br />
Urlaub fahren will. Aber sicher machen Sie das heute gar<br />
nicht mehr . . .?“ Das Jugendwerk macht es aber immer<br />
noch, doch ist seither vieles an<strong>der</strong>s geworden.<br />
Von den ehemals etwa 25 AWO-Kin<strong>der</strong>kuren pro Jahr<br />
befindet sich heute nur noch eine einzige im Programm.<br />
Nach wie vor tragen Zuschüsse von Krankenkassen und<br />
Jugendämtern zur Finanzierung <strong>der</strong> Erholungsmaßnahme<br />
bei, aber diese fließen heute vergleichsweise sparsamer.<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche werden nicht mehr „in<br />
die Maßnahme“ geschickt. Als urlaubserfahrene Reiselustige<br />
wählen sie ihre Ferienreise selbst aus. <strong>Die</strong> erste<br />
Anlaufstelle dafür ist nicht mehr die regionale AWO-Entsendestelle,<br />
son<strong>der</strong>n das Internet. Unter den Programmen<br />
hun<strong>der</strong>ter kommerzieller und nicht kommerzieller<br />
Veranstalter wird je<strong>der</strong> das Angebot finden, von dem er<br />
sich den meisten Ferienspaß verspricht.<br />
Ferienspaß zu organisieren ist nur ein Motiv für das<br />
Jugendwerk-Freizeitenprogramm. Das Hauptanliegen<br />
des Jugendwerks ist es, verantwortungsvolle Ferienbetreuung<br />
in attraktiven europäischen Urlaubsregionen<br />
Wie die Jugend tickt<br />
Diskussion mit Zuhörern (von rechts): AWO Kreisvorsitzen<strong>der</strong><br />
Joachim Jösch, Forums-Sprecher Uli Schmidt und Sozialforscher<br />
Ingo Leven. Foto: Herbert A. Ebert<br />
Westerwaldkreis. „Wie tickt die Jugend im Westerwald?“<br />
<strong>Die</strong>ser Frage ging das Forum „Soziale Gerechtigkeit“<br />
gemeinsam mit dem AWO Kreisverband Westerwald<br />
in einer Veranstaltung im Jugend und Kulturzentrum<br />
„Zweite Heimat“ in Höhr-Grenzhausen nach. Lei<strong>der</strong><br />
folgten nur wenige Jugendliche <strong>der</strong> Einladung.<br />
Im Mittelpunkt des Abends standen zwei Jugendstudien,<br />
und zwar „Jung sein im Westerwald“, eine Untersuchung,<br />
die vor einiger Zeit vom Kreisverband in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> Universität in Koblenz veröffentlicht<br />
wurde, und die aktuelle Shell-Jugendstudie. <strong>Die</strong> geringe<br />
Resonanz bestätigte den Veranstaltern gleich zu<br />
anzubieten. Und dieses Konzept bewährt sich seit mehr<br />
als 20 Jahren. Für Jugendliche ab 13 Jahren sind Reiseziele<br />
die Län<strong>der</strong> Europas o<strong>der</strong> die Heimat vor Ort (siehe<br />
Übersicht). Zur Kanutour auf <strong>der</strong> Lahn dürfen Kin<strong>der</strong><br />
auch ihren Vater mitbringen. <strong>Die</strong> Teilnahme an Wochenendfahrten<br />
nach Paris und London steht zudem jüngeren<br />
und reiferen Erwachsenen offen. Daneben bietet das<br />
Jugendwerk eine Fülle von Tagesveranstaltungen an;<br />
das Dschungel-Abenteuer für Kin<strong>der</strong>gruppen, Geocaching<br />
für Anfänger, Familien-Kletterspaß, Rheinsteigwan<strong>der</strong>ungen<br />
und eine Fahrt ins ehemalige KZ Struthof<br />
sind nur einige Beispiele (siehe Übersicht).<br />
Ähnliche Veranstaltungen sind in den Programmen<br />
kommerzieller Jugendreiseunternehmen zu finden,<br />
doch eine vergleichbare Hotelfreizeit in Calella muss<br />
dann um 200 Euro teurer bezahlt werden. Bei den Freizeiten<br />
des Jugendwerks <strong>der</strong> AWO wissen Eltern und<br />
Jugendliche, dass <strong>der</strong> Preis in Ordnung und eine gute<br />
Betreuung gewährleistet ist. <strong>Die</strong> zuverlässige Betreuung<br />
durch Teams von vier bis acht gut ausgebildeten und<br />
sympathischen Betreuerinnen und Betreuern ist für viele<br />
Jugendliche und ihre Eltern ein Hauptgrund, die Ferienreise<br />
bei dem AWO-Jugendwerk zu buchen. Viele <strong>der</strong><br />
heute aktiven Betreuungskräfte haben zu ihrem ehrenamtlichen<br />
Engagement gefunden, weil sie das Jugendwerk<br />
als Teilnehmende in Ferienfreizeiten kennen- und<br />
schätzen gelernt haben.<br />
Wolfgang Künzer<br />
Beginn eine wichtige Erkenntnis aus den Studien:<br />
Jugendliche erwarten offenbar auch weiterhin sehr<br />
wenig von <strong>der</strong> Politik und ihren Institutionen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
von den Parteien. Kreisvorsitzen<strong>der</strong> Joachim<br />
Jösch und Ingo Leven, Abteilungsleiter beim Sozialforschungsinstitut<br />
TNS Infratest, und einer <strong>der</strong> Autoren <strong>der</strong><br />
Shell-Jugendstudie, fanden bei ihren Vorträgen die<br />
ungeteilte Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Zuhörer. Dass sich die<br />
Erwartungen und Einstellungen junger Menschen auf<br />
dem Land nicht wesentlich von denen in den Städten<br />
unterscheiden, machte Sozialforscher Leven anschließend<br />
deutlich. In <strong>der</strong> Shell-Studie zeigt sich demnach,<br />
dass die klassische gegensätzliche Werteorientierung <strong>der</strong><br />
1980er-Jahre einer „neuen Synthese“ gewichen ist, mit<br />
<strong>der</strong> traditionelle Werte wie Familie, Fleiß und Ehrgeiz<br />
mit neuen Werten wie individueller Kreativität und sozialem<br />
Engagement verknüpft werden. Geradezu skandalös<br />
nannte es Leven, dass trotz des hohen Stellenwertes<br />
von Bildung bei Jugendlichen die Bildungsprobleme<br />
und ihre Auswirkungen auf die soziale Biographie<br />
Jugendlicher seiner Auffassung nach noch immer nicht<br />
„gesamtgesellschaftlich diskutiert“ werden und weiterhin<br />
ungelöst bleiben. <strong>Die</strong> Gesellschaft müsse Jugendliche<br />
deutlich stärker als bisher in Entscheidungsprozesse<br />
einbeziehen und jungen Menschen dabei auch „die<br />
Bestimmung <strong>der</strong> Inhalte überlassen“. <strong>Die</strong>s gelte vor<br />
allem für Schulen, meinte Leven, <strong>der</strong> die Erwachsenen<br />
dazu aufrief, in <strong>der</strong> Diskussion über Jugend und Jugendliche<br />
endlich „ihre Deutungshoheit abzugeben“. Eine<br />
For<strong>der</strong>ung, für die er in <strong>der</strong> anschließenden Diskussion<br />
den Beifall vieler Zuhörer fand.