Ausgabe 4-2011 - I-g-z.de
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| Sc h w e r p u n k t t h e m a<br />
Eric Banthien<br />
Das Prämienmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s FVDZ<br />
Dr./RO Eric Banthien,<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r IGZ,<br />
Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r KZV Hamburg<br />
Neue Zeiten bringen neue Herausfor<strong>de</strong>rungen und<br />
diese rufen dann auch nach neuen Lösungen. Den<br />
Kopf in <strong>de</strong>n Sand zu stecken hat da noch nie geholfen.<br />
Insofern ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass<br />
<strong>de</strong>r Freie Verband Deutscher Zahnärzte erneut die<br />
Diskussion um die Finanzierung <strong>de</strong>r zahnärztlichen<br />
Versorgung in <strong>de</strong>r gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(im Weiteren GKV genannt) anstößt. Der <strong>de</strong>mographische<br />
Wan<strong>de</strong>l und <strong>de</strong>r medizinische Fortschritt wer<strong>de</strong>n<br />
die Kosten <strong>de</strong>r medizinischen Versorgung in <strong>de</strong>n<br />
nächsten Jahren stark ansteigen lassen und es steht<br />
zu befürchten, dass die Politik dieses wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m<br />
Rücken <strong>de</strong>r Leistungsträger abla<strong>de</strong>n wird.<br />
Um zu erklären, warum dies immer so einfach möglich<br />
ist, muss man zunächst einmal unsere Position<br />
(und die <strong>de</strong>r Ärzte) in unserem Gesundheitssystem<br />
beleuchten. Seit <strong>de</strong>n Bismarckschen Sozialgesetzen,<br />
noch mehr in <strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>r sozialen Marktwirtschaft<br />
hat sich zunächst ganz langsam, aber stetig<br />
zunehmend in unserem Land die Auffassung verfestigt,<br />
dass bestimmte Dinge, die einst ganz natürlich<br />
in <strong>de</strong>n Verantwortungsbereich <strong>de</strong>s Individuums fielen,<br />
nun zu <strong>de</strong>n unveräußerlichen Rechten <strong>de</strong>s Menschen<br />
gehören, und <strong>de</strong>r Staat die Pflicht hat, diese zu<br />
gewährleisten. Dazu gehört, neben einem Leben in<br />
materieller Absicherung (jetzt noch ALG II, aber die<br />
Rufe nach einem bedingungslosen Grun<strong>de</strong>inkommen<br />
wer<strong>de</strong>n immer lauter...), auch eine gute Gesundheit -<br />
wobei immer erst die Versorgungspflicht <strong>de</strong>s Staates<br />
eingefor<strong>de</strong>rt wird, während die Pflicht <strong>de</strong>s Individuums<br />
zur eigenverantwortlichen Vorsorge mehr und<br />
mehr aus <strong>de</strong>m Blick gerät. Die gesun<strong>de</strong> Balance zwischen<br />
„För<strong>de</strong>rn und For<strong>de</strong>rn“ löst sich in <strong>de</strong>r praktischen<br />
Politik schnell auf: Das Verteilen von Wohltaten<br />
ist allemal populärer als das Einfor<strong>de</strong>rn von Pflichten.<br />
Und so schürt die Politik - in einer Art vorauseilen<strong>de</strong>m<br />
und falschem Populismus - die Auffassung,<br />
<strong>de</strong>r Staat habe neben vielen an<strong>de</strong>ren Aufgaben auch<br />
die Pflicht, die Gesundheit <strong>de</strong>r Bürger zu erhalten<br />
o<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rherzustellen. Ärzte und Zahnärzte wer<strong>de</strong>n<br />
insofern nur noch als Erfüllungsgehilfen dieser<br />
staatlichen Aufgaben wahrgenommen. Dass sie diese<br />
Aufgabe mit eigenem unternehmerischen Risiko wahrnehmen,<br />
ja dass sie sogar qualifizierte Arbeitsplätze<br />
zur Verfügung stellen und somit nicht unwesentlich<br />
zur Gesamtwirtschaft beitragen, wird hierbei völlig<br />
ignoriert. Mit dieser Tätigkeit ein Einkommen zu erzielen<br />
gilt im Gegenteil fast schon als anrüchig. Das<br />
Einkommen interessiert nur insoweit, als man es als<br />
ungerechtfertigt hoch <strong>de</strong>nunzieren kann. „Das muss<br />
ja wohl reichen“ ist ständig <strong>de</strong>r Tenor, mit <strong>de</strong>m man<br />
protestieren<strong>de</strong> Heilberufler <strong>de</strong>r Geldgier bezichtigt.<br />
Wo an<strong>de</strong>re Wirtschaftszweige regelmäßig für steigen<strong>de</strong><br />
Umsätze gelobt wer<strong>de</strong>n, und steigen<strong>de</strong> Geschäftszahlen<br />
zuverlässig positive Indikatoren sind, da tauchen<br />
diese im öffentlichen Diskurs über das Gesundheitssystem<br />
stets nur als steigen<strong>de</strong> Kosten und somit als<br />
Belastung für die Gesellschaft auf. Und die Schuldigen<br />
an je<strong>de</strong>r Kostensteigerung sind zuverlässig die<br />
Heilberufler, <strong>de</strong>ren Tun es durch kostendämpfen<strong>de</strong><br />
Maßnahmen Einhalt zu gebieten gilt!<br />
Warum habe ich diese <strong>de</strong>primieren<strong>de</strong> Bestandsaufnahme<br />
vorangestellt? Weil wir uns bei unseren Vorschlägen<br />
zur Reform <strong>de</strong>s Gesundheitswesens immer<br />
auch dieser unserer Position bewusst sein müssen.<br />
Sie legt unserer Phantasie gewisse Fesseln an, weil alles,<br />
was wir vorschlagen immer beson<strong>de</strong>rs misstrauisch<br />
beäugt wird. Und da stehen wir nun, sehen <strong>de</strong>n<br />
wachsen<strong>de</strong>n Bedarf an zahnmedizinischer Behandlung<br />
heraufdräuen, und müssen über einen Ausweg<br />
selbst nach<strong>de</strong>nken. Einen Ausweg, <strong>de</strong>r das GKV-System<br />
vor <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Belastung schützt, ohne die<br />
(Zahn)Ärzte wie<strong>de</strong>r zu Zahlern zu machen. Die IGZ<br />
hat damit schon vor langer Zeit begonnen und Lösungen<br />
angeboten, die zum Abschluss dieser Erörterung<br />
erneut vorgebracht wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Grundi<strong>de</strong>e, die Gesundheitsversorgung über eine<br />
Prämie, statt über einen prozentualen Beitrag zu versichern,<br />
ist auch <strong>de</strong>r IGZ nicht fremd. Tatsächlich hat<br />
die IGZ als ein Mittel gegen die Unterfinanzierung <strong>de</strong>s<br />
Gesundheitswesens schon früher wie<strong>de</strong>rholt eine versicherungstechnisch<br />
sauber gerechnete Prämie vorgeschlagen.<br />
Diese Prämie wür<strong>de</strong> allerdings die Beitragslast<br />
insgesamt erhöhen: Wenn damit wirklich alle<br />
Leistungen bezahlt wer<strong>de</strong>n sollen, muss mehr Geld<br />
ins System. Das ist eher unrealistisch, und somit sind<br />
wir bei <strong>de</strong>r zweiten Übereinstimmung zwischen IGZ<br />
und Freiem Verband. Auch die IGZ hat immer wie<strong>de</strong>r<br />
gefor<strong>de</strong>rt, dass <strong>de</strong>r Leistungskatalog <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Krankenkassen durchforstet wer<strong>de</strong>n muss. Er<br />
muss auf <strong>de</strong>n Umfang reduziert wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n zu bezahlen<br />
die GKV in <strong>de</strong>r Lage ist.<br />
Der Unterschied besteht darin, dass die IGZ nie dafür<br />
war und auch nicht sein wird, die Zahnmedizin<br />
14 | IGZ DIe Al t e r n A t I v e nr. 4/<strong>2011</strong>