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Ausgabe 4-2011 - I-g-z.de

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| Sc h w e r p u n k t t h e m a<br />

Thomas Einfeldt<br />

Zahnmedizin raus aus <strong>de</strong>r GKV?<br />

Zum Vorschlag <strong>de</strong>s Freien Verban<strong>de</strong>s, die Zahnmedizin aus<br />

<strong>de</strong>m Leistungskatalog <strong>de</strong>r GKV herauszulösen<br />

Dr. Thomas Einfeldt<br />

Vorstandsmitglied <strong>de</strong>r Zahnärztekammer<br />

Hamburg<br />

„Das sukzessive Herauslösen klar abgegrenzter Bereiche<br />

aus <strong>de</strong>m Leistungskatalog <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />

Krankenversicherung sowie <strong>de</strong>ren Finanzierung über<br />

Prämien ist <strong>de</strong>r beste Weg für eine nachhaltige Entwicklung.“<br />

FVDZ-Chef Sundmacher nimmt eine alte<br />

For<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Freien Verban<strong>de</strong>s erneut auf. Es ist<br />

<strong>de</strong>r Glaube, dass die „Privatisierung“ uns Zahnärzte<br />

aus <strong>de</strong>n Budgetbegrenzungen und <strong>de</strong>n Honorarzwängen<br />

herausbringen könnte. Auf <strong>de</strong>r diesjährigen<br />

Hauptversammlung wird ein Schweizer Ökonom als<br />

Sachverständiger bemüht, <strong>de</strong>r aufzeigt, wie ein Prämienmo<strong>de</strong>ll<br />

dieses Vorhaben finanzieren kann. Fraglich<br />

ist, ob nun ausgerechnet die Schweiz und <strong>de</strong>ren<br />

vergleichsweise teures Gesundheitssystem ein Spar-<br />

Vorbild für Deutschland sein.<br />

Grundsätzlich ist aber zu klären, was die <strong>de</strong>utsche Gesellschaft<br />

will was sie für gerecht und fair hält. Der<br />

<strong>de</strong>utsche Verbraucher möchte eine soli<strong>de</strong> Grundversorgung<br />

seiner Gesundheit (und zwar in allen Teilgebieten)<br />

und hat sich im Bereich <strong>de</strong>r Zahnmedizin<br />

an Zusatzleistungen gewöhnt, ist bereit, dafür sogar<br />

Zusatzversicherungen abzuschließen.<br />

Die IGZ hat stets die Überzeugung bekun<strong>de</strong>t, dass<br />

die Zahnmedizin an das ärztliche System angeglie<strong>de</strong>rt<br />

bleiben muss. Zahn-Medizin und Medizin müssen<br />

verbun<strong>de</strong>n bleiben. „Gesund beginnt im Mund“<br />

hieß ein Slogan <strong>de</strong>r BZÄK, <strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>utlich machen<br />

sollte, wie wichtig die Zahnmedizin für die Allgemeingesundheit<br />

<strong>de</strong>s Patienten ist. Die Verursacher-Frage<br />

o<strong>de</strong>r das „Selber-Schuld-putzt-nicht-Prinzip“ ist<br />

zu simpel und wird - wie beispielsweise im Bereich<br />

<strong>de</strong>r Parodontologie <strong>de</strong>n Ursachen nicht gerecht -, ist<br />

unsozial und führt in die falsche Richtung. Zahnmedizin<br />

ist kein Bereich, <strong>de</strong>n man aus <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />

Krankenversicherung herauslösen sollte. Die Zahnmediziner<br />

haben lange dafür gekämpft, dass KZVen<br />

eingerichtet wur<strong>de</strong>n, die die Versorgung sicher stellen,<br />

und dafür, dass durch die freie Arztwahl alle Vertragszahnärzte<br />

alle gesetzlich Versicherten behan<strong>de</strong>ln<br />

konnten. Das war aber nicht immer so!<br />

In jüngster Zeit war es <strong>de</strong>r BZÄK ein großer Erfolg,<br />

die „Öffnungsklausel“ in <strong>de</strong>r GOZ abzuwehren und<br />

somit „Einkaufsmo<strong>de</strong>lle“ <strong>de</strong>r privaten Krankenversicherungen<br />

zu verhin<strong>de</strong>rn. Die Zahnmedizin aus <strong>de</strong>m<br />

medizinischen Versicherungssystem herauszulösen,<br />

mit einer „Pflicht zur Versicherung“ zu versehen und<br />

durch einkommensunabhängige Prämien zu finanzieren,<br />

die steuerfinanzierte Sozialausgleiche benötigen,<br />

ist ein großes Wagnis. Welche Signale gingen von so<br />

einem Vorhaben aus?<br />

1. Zahnmedizin ist nicht so wichtig wie Augenheilkun<strong>de</strong>,<br />

HNO, Chirurgie o<strong>de</strong>r Orthopädie.<br />

2. Zahnmedizin wird zum Anhängsel <strong>de</strong>r Medizin.<br />

Statt Zahnärzten können auch Dentisten die nötigen<br />

Dienstleistungen erbringen und ihr „Handwerk“<br />

auf Fachhochschulniveau erlernen. Ernsthafte<br />

Erkrankungen <strong>de</strong>r Mundhöhle wer<strong>de</strong>n von<br />

MKG-Chirurgen und HNO-Ärzten behan<strong>de</strong>lt.<br />

3. Zahnmedizin ließe sich künftig so versichern wie<br />

eine Auto-Kasko-Versicherung. Statt um die Gesundheit<br />

von Patienten ginge es um die Behebung<br />

von Scha<strong>de</strong>nsfällen - ein Schub in Richtung Vergewerblichung<br />

<strong>de</strong>s Berufsstan<strong>de</strong>s.<br />

4. Wenn es steuerfinanzierte Sozialausgleiche für<br />

die Prämien geben soll, dann holen wir mit <strong>de</strong>m<br />

Finanzminister einen Finanzier an <strong>de</strong>n Verhandlungstisch,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Punktwert in <strong>de</strong>r GOZ seit 1988<br />

nicht erhöht hat.<br />

Die IGZ hat vor etlichen Jahren erfolgreich die Festzuschüsse<br />

in die gesundheitspolitische Diskussion<br />

eingebracht. Im ZE-Bereich haben sie sich sinnvoll<br />

ausgewirkt und die Budgetierung been<strong>de</strong>t. Zuzahlungen<br />

existieren im Kons-Bereich für Füllungen und<br />

entsprechen schon fast <strong>de</strong>n Festzuschüssen. Festzuschüsse<br />

könnte es auch im Bereich PAR, Kfbr und<br />

Endo geben.<br />

Es ist unklug, die Zahnmedizin von <strong>de</strong>r Medizin abzukoppeln.<br />

Im Gegenteil, es muss <strong>de</strong>utlich wer<strong>de</strong>n,<br />

dass zahnmedizinische Leistungen eine Grundlage für<br />

Gesundheit sind. Der Anteil <strong>de</strong>r Zahnmedizin an <strong>de</strong>n<br />

GKV-<strong>Ausgabe</strong>n ist in <strong>de</strong>n letzten Jahren gesunken, obwohl<br />

ihre Be<strong>de</strong>utung gestiegen ist. Eigentlich müssten<br />

wir mehr aus <strong>de</strong>m GKV-Topf bekommen, weil gera<strong>de</strong><br />

im Beratungsbereich und in <strong>de</strong>r Prävention viel mehr<br />

geleistet wird – zu alten Honoraren.<br />

Ob wir eine Bürgerversicherung bekommen, wie die<br />

SPD und Grünen sie for<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r eine einkommensunabhängige<br />

Kopf-Pauschale/Prämie mit steuerfinanzierten<br />

Sozialausgleich – das wer<strong>de</strong>n wir sehen,<br />

aber es wäre falsch, sich freiwillig von <strong>de</strong>m Finanzierungssystem<br />

<strong>de</strong>r Ärzte abzukoppeln.<br />

16 | IGZ DIe Al t e r n A t I v e nr. 4/<strong>2011</strong>

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