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30.7. – 7.8.1 1 *Bewerbungsschluss 11. 5 .11 - kunstleben.info

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prosa<br />

georg klein<br />

Georg Klein<br />

wurde 1953 in Augsburg geboren und wuchs dort<br />

auf. Nach fünfzehn Jahren Berlin lebt er heute<br />

mit seiner Frau, der Schriftstellerin Katrin de<br />

Vries, und zwei Söhnen in Ostfriesland. Er<br />

schreibt vor allem erzählende Prosa. Zuletzt<br />

erschienen „Roman unserer Kindheit“ (Roman)<br />

und „Die Logik der Süße“ (Erzählungen), beide<br />

Rowohlt 2010.<br />

Auszeichnungen<br />

Brüder-Grimm-Preis, Ingeborg-Bachmann-Preis,<br />

Preis der Leipziger Buchmesse<br />

Mehr über Georg Klein unter<br />

www.devries-klein.de<br />

Das Tier das Zukunft hat<br />

Ernsthaftes Erzählen scheint im Vergangenen geborgen;<br />

das einstmals oder unlängst Gewesene gilt<br />

als der selbstverständliche Ort, als die zwingende<br />

Verlaufsgegenwart möglicher Geschichten. Die<br />

Fülle der Bilder, die wir aus kollektivem Wissen<br />

oder persönlicher Erinnerung heraufbeschwören<br />

können, hat vordergründig keinen Konkurrenten<br />

zu fürchten. Der Gedanke, dass alles Zurückliegende<br />

ausnahmslos Zukunft war, wirkt dagegen<br />

fast anstößig. Plötzlich sind Schicksal und Chaos<br />

im Spiel: als gnadenloses Verhängnis, als aberwitziger<br />

Zufall, als unverdientes Glück, gar als<br />

Geschenk des Himmels. Erzählerische Verfahren,<br />

die entschieden auf Erwartung und Versprechen<br />

Verschwörung und Sehnsucht setzen und mit<br />

Vorahnung, höchster Ungewissenheit, jäher Gelegenheit<br />

oder unvorhersehbarem Umschlag<br />

operieren, versprechen den Lesenden lustvolle<br />

Spannung und werden im schönsten Fall Quell<br />

einer Erlösungserfahrung, wie sie ein kausal geregelter<br />

Ablauf, das Feld des Erwartbaren und der<br />

Konsens des Bescheidwissens nicht bieten können.<br />

Warum sollen wir das Spiel mit der Zukunft<br />

den trivialen Genres überlassen?<br />

Bewerbungsunterlagen<br />

Als Bewerbung genügt eine Prosa-Probe, zwei<br />

bis zwölf Seiten lang, die in irgendeiner Weise,<br />

in Bild, Handlung, Stimmung oder Reflexion, an<br />

die menschliche Zukunftsfähigkeit rührt. Der<br />

Text muss nicht abgeschlossen sein. Angaben zur<br />

Person und zur bisherigen schriftstellerischen<br />

Arbeit sind nicht erforderlich.<br />

Teilnahmevoraussetzungen<br />

Die Bereitschaft zum sofortigen Verfassen kurzer<br />

Prosa-Texte und die Fähigkeit, faire Kritik zu<br />

üben und auszuhalten, werden vorausgesetzt.<br />

Wir bitten Sie zu beachten: Die Zahl der Teilnehmer<br />

ist auf 12 Personen begrenzt.<br />

„Warum sollen<br />

wir das Spiel mit<br />

der Zukunft den<br />

trivialen Genres<br />

überlassen?“<br />

Jetzt bald bin ich, ist Marc berühmt. Marc fürchtet sich, ich fürchte<br />

mich. Aber die Angst wird mir im Augenblick vergehen, wenn man<br />

mich hochsummt in das Wirkliche. Mit dem Hydrauliklift wird Marc<br />

hinauf ins Fernsehen gefahren werden. Marc wird als dritter, als<br />

wichtigster Kandidat ins Licht der Liveshow schweben.<br />

Hier unten, auf der Unterbühne, im Kümmerschein der Sicherheitsbeleuchtung,<br />

erwartet eine Handvoll Zuarbeiter die letzte Runde<br />

der Sendung. An einem Tischchen spielen ein Schnauzbart von der<br />

Feuerwehr und ein Sanitäter in Rotkreuzkluft Karten. Bei diesen<br />

Notfallhelfern ist Marc lange, vorhin noch, gesessen; aber dann<br />

haben mich die beiden zum Lift, zur Roten Couch geführt. Jetzt<br />

stehen in Marcs Nähe bloSS noch zwei Techniker. Einer macht die<br />

Mechanik. Zweimal hat er die kleine Plattform mit der Couch, die<br />

jeder kennt, schon nach oben steigen lassen. Der andere, dem der<br />

Haltebügel des Kopfhörers die Glatze teilt, beobachtet zwei<br />

Monitore und wird in Bälde das Signal für meine, für Marcs Auffahrt<br />

geben.<br />

Aus der Erzählung DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN, in: DIE LOGIK DER SÜSSE,<br />

Rowohlt: Reinbek 2010<br />

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