Altacher Dorfgespr
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4. Vorarlberger Integrationskonferenz<br />
Landhaus Bregenz 28. Jänner 2010<br />
<strong>Altacher</strong> <strong>Dorfgespr</strong>äche über Integration<br />
Intention: MigrantInnen stärker ins Dorfleben integrieren<br />
Laufende Unterstützung durch okay.zusammen leben<br />
2007 Grundsatzbeschluss für Integrationsprojekt durch Gemeindevertretung: einstimmig.<br />
Politische Zuständigkeit für Integration fixiert: Sozial‐ und Integrationsausschuss<br />
Die Gemeindevertretung beschließt die Einrichtung einer Projektgruppe, die ein Konzept<br />
für die Integration von MigrantInnen erarbeiten soll. Diese Projektgruppe setzt sich<br />
zusammen aus VertreterInnen der MigrantInnen, der Mehrheitsbevölkerung, der<br />
politischen Fraktionen, der Schulen, der Kindergärten, der Jugend und der Pfarre.<br />
Projektleitung: Vorsitzende des Sozialausschusses,<br />
Projektsteuerung: ausgezeichneter Moderator (Markus Rusch)<br />
Bildung der Projektgruppe, bestehend aus circa 20 Personen<br />
Erarbeitung Konzept (Leitbild): Jänner bis Juni 2007<br />
o Bestandsaufnahme: Statistik + bestehende Angebote<br />
o Leitsätze für die Integration<br />
o Ziele der Integration<br />
o Maßnahmen<br />
o Immer wieder Feedback und Anregungen durch Dr. Eva Grabherr/okay.zusammen<br />
leben<br />
Vorstellung des Leitbildes in der Gemeindevertretung (zu finden auf www.altach.at)<br />
Einstimmige Annahme und Auftrag zur Umsetzung<br />
Kommunikation des Leitbildes an die Bevölkerung / Dialog mit der Bevölkerung<br />
<strong>Altacher</strong> <strong>Dorfgespr</strong>äche über Integration<br />
Vorbereitung der <strong>Dorfgespr</strong>äche mit intensiver Begleitung durch okay.zusammen leben und mit<br />
viel ehrenamtlicher Arbeit durch die Projektgruppe und durch zusätzliche MigrantInnen.<br />
Gemeinsam erarbeitetes Motto:<br />
Ich lebe in Altach, du lebst in Altach, reden wir miteinander!<br />
I leab z’Altach, du leabscht z’Altach – redamr mitnand!<br />
Ben Altach’da yaşıorum, sen Altach’da yaşıyorsun– birbirimizle konuşalım!<br />
Konzept Integration Altach 4. Integrationskonferenz Vorarlberg 28.Jan2010<br />
1
Ja živim u Altach‐u, ti živiš u Altach‐u – daj da pričamo!<br />
Vorüberlegungen:<br />
Sensibles Thema keine Gräben aufreißen<br />
Gute Moderatorin (Frau Suna Yamaner – gewaltfreie Kommunikation)<br />
Viele Gespräche im Dorf führen<br />
MigrantInnen für das Thema gewinnen Vorgespräche<br />
Bei den <strong>Dorfgespr</strong>ächen Impulse setzen, damit Diskussion entsteht<br />
Ziele der <strong>Dorfgespr</strong>äche:<br />
<strong>Altacher</strong>Innen für das Thema sensibilisieren<br />
Integration im Dorf zum Thema machen breite Diskussion<br />
Betroffene einbinden<br />
auf Augenhöhe diskutieren<br />
auch kritische Menschen (ausländerfeindlich, integrationsfeindlich…) erreichen<br />
Bewerbung:<br />
Raum:<br />
Plakate – „i leab z’Altach…“ in vier Sprachen, Infos nur deutsch<br />
Folder – „i leab z’Altach…“ in vier Sprachen, Text nur deutsch<br />
Gemeindeblatt<br />
Postwurf (Folder)<br />
Menschen persönlich einladen – sehr wichtig!<br />
öffentlich: Aula der Volksschule<br />
gemütlich: Kaffeehausbestuhlung; Getränke; Stehtischchen für danach<br />
Drei <strong>Dorfgespr</strong>äche: April, Juni, September 2009<br />
Jeweils ein Input: Pantomime, Improtheater, selbst gekochte Speisen; damit Diskussion<br />
in Gang kommt<br />
Aufbau von Vertrauen<br />
persönliche Situationen und Erlebnisse schildern, miteinander über Befindlichkeiten,<br />
Gefühle reden<br />
von Heimat und Bräuchen erzählen<br />
Abschluss feiern am Buffet der mitgebrachten Speisen aus verschiedensten Ländern<br />
Aufbruchstimmung, die wir nützten, um die Anwesenden zur Weiterarbeit am Thema<br />
einzuladen; Termin für Folgetreffen (Arbeitssitzung)<br />
Konzept Integration Altach 4. Integrationskonferenz Vorarlberg 28.Jan2010<br />
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Anzahl und Zusammensetzung der TeilnehmerInnen:<br />
Je 70 – 100 TeilnehmerInnen<br />
12 – 80 Jahre alt, die meisten über 40; leichter Überhang an Frauen; insgesamt eher<br />
gebildete / gut ausgebildete Menschen; MigrantInnen in der Minderzahl (knapp 1/4), doch<br />
über 10 verschiedene Herkunftsländer.<br />
Arbeitssitzung: wie geht’s weiter? November 2009 15 TeilnehmerInnen<br />
mit TeilnehmerInnen an den <strong>Dorfgespr</strong>ächen, die an Weiterarbeit interessiert waren.<br />
Gut moderiert (Markus Rusch)<br />
Ergebnisse:<br />
<strong>Dorfgespr</strong>äche sollen weitergeführt werden; Vorgabe bestimmter Themen<br />
Integrationsbeirat soll gegründet werden, der sich weiterhin um Umsetzung von<br />
Integrationsmaßnahmen kümmert.<br />
Interkulturelles Fest<br />
Meine Eindrücke von den <strong>Dorfgespr</strong>ächen<br />
+ Positiv überrascht über die vielen TeilnehmerInnen<br />
– ich hatte auf noch mehr MigrantInnen gehofft.<br />
+ Gute Gesprächskultur – keine Kränkungen / Beleidigungen<br />
– wenige kritische Beiträge; Angst Probleme anzusprechen? Empathie?<br />
– „Problemkinder“ (z.B. türkischstämmige Jugendliche) fehlten<br />
+ Vertrauen aufgebaut, Empathie, Betroffenheit<br />
+ MigrantInnen schätzten die Aufmerksamkeit / Anerkennung<br />
+ verschiedene Kulturen an den Tischen Kontakte, Gespräche an den Tischen und<br />
Stehtischchen<br />
+ Aufbruchstimmung<br />
Folgende Punkte habe ich als sehr positiv erlebt; das hat meines Erachtens wesentlich zum<br />
Gelingen der <strong>Dorfgespr</strong>äche beigetragen:<br />
die fachliche und einfühlsame Begleitung durch Moderatorin Suna Yamaner und Dr. Eva<br />
Grabherr samt okay.zusammen leben; ein Dank auch ans Land Vorarlberg, das eine<br />
solche Institution möglich macht.<br />
<strong>Dorfgespr</strong>äche nur möglich, weil Gemeinde – politisch wie Amt – hinter dem Projekt<br />
steht und wir jede Unterstützung hatten.<br />
viel ehrenamtlicher Einsatz von vielen Menschen – Potenzial, das uns zum Teil auch<br />
weiterhin zur Verfügung steht.<br />
Konzept Integration Altach 4. Integrationskonferenz Vorarlberg 28.Jan2010<br />
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Wirkungsmessung:<br />
Fragebogen Wirkungsmessung: von okay.zusammen leben erstellt und ausgewertet<br />
70 Fragebögen ausgesandt – 27 retourniert 26% Rücklaufquote<br />
Auswirkungen<br />
1. Begegnungen<br />
Die Befragten berichten,<br />
dass sie jetzt mehr und vor allem andere Leute aus dem Dorf kennen als zuvor.<br />
dass sich das in der Nachbarschaft auswirkt, aber auch im Dorf: Es wird berichtet, dass sich<br />
Leute grüßen, die sich vorher nicht gekannt haben, dass es im ADEG zum “small‐talk” kommt<br />
mit Leuten, die man vorher nicht gekannt hat, dass in diesem ADEG‐Geschäft überhaupt viel<br />
über die <strong>Dorfgespr</strong>äche geredet wurde.<br />
eine konkrete Einladung zum Kaffee zwischen “Ur‐<strong>Altacher</strong>innen” und türkischen <strong>Altacher</strong>innen<br />
Kochabend zwischen zugewanderten und “einheimischen” Frauen, konkret aus den<br />
<strong>Dorfgespr</strong>ächen heraus.<br />
2. Berührung, Empathie, Differenzieren<br />
o Das offene Reden über sich und wie es einem geht – wie es ist, die Heimat zu verlassen und<br />
sich neu einrichten zu müssen, wie Ausgrenzungen im Alltag passieren – hat viele berührt und<br />
hat auch in den Gesprächen selbst Wirkung gezeigt.<br />
o Es gibt einige Rückmeldungen, dass Leute kamen und die Gelegenheit nutzen wollten, einmal<br />
zu sagen, was sie stört und was sich zu verändern habe und was sie von Migranten verlangen<br />
möchten. Das fiel ihnen im Eindruck dieser Erzählungen gar nicht mehr so leicht, weil sie<br />
berührt waren davon. [Dr. Eva Grabherr: Es hat also keine strenge Moderatorin/”Lehrerin”<br />
gesagt, wie man sich zu benehmen hat und was man darf und was man nicht darf, sondern<br />
das Fließen von Empathie hat eine Verhaltensveränderung bewirkt.]<br />
o Einige schreiben , dass diese Berührung und die <strong>Dorfgespr</strong>äche generell bei ihnen ausgelöst<br />
hat, dass sie stärker differenzieren. Es gibt bei den Türken “solche und solche”, nicht alle<br />
Migranten sind Türken, es gibt bei den Einheimischen “solche und solche”.<br />
3. Mehr Diskussion, mehr Beschäftigung mit dem Thema, neue Handlungsoptionen im<br />
Umgang mit Migranten/”fremden Kulturen”<br />
Einige Befragte beschreiben sich nun als sensibler für die Fragestellung, genauer hinhörend,<br />
auch stärker wahrnehmend als früher, was schon alles gemacht wird: in Altach und in<br />
Vorarlberg. Sie schreiben, dass sie auch in den Familien und im Bekanntenkreis öfters und<br />
mehr darüber diskutieren als zuvor. Einige Rückmeldungen gibt es auch, dass sie jetzt mehr<br />
differenzieren als früher. (Siehe oben.)<br />
Eine interessante Rückmeldung war, dass die Befragte entdeckt hat, dass sie<br />
Handlungsmöglichkeiten hat, wenn ihr etwas fremd ist: “Sie könnte ja nachfragen.” Auf die<br />
Idee wäre sie davor nicht gekommen.<br />
4. Wirkungsvermutungen bzw. Vermutungen des “Nicht Wirkens”:<br />
Konzept Integration Altach 4. Integrationskonferenz Vorarlberg 28.Jan2010<br />
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Es gab ein paar Rückmeldungen in der Art, dass man auch die erreichen müsste, die nicht zu<br />
den <strong>Dorfgespr</strong>ächen kamen; dass diese zu erreichen, doch wichtiger wäre als die, die eh<br />
kommen. Und es gab vereinzelt Rückmeldungen, dass in den <strong>Dorfgespr</strong>ächen eh die saßen,<br />
die mit Integration kein Problem hätten. Das bezog sich auf die Einheimischen und die<br />
Migranten. Es seien nicht die Migranten da gewesen, die Integration überhaupt zu einem<br />
Problem machten.<br />
5 Beobachtung:<br />
Es gab einige klare Beschreibungen, wie die Dramaturgie der 3 Abende erlebt wurde:<br />
1. Abend: Steif, niemand wollte so richtig reden, man hat sich nicht getraut, es wurde viel<br />
Süßholz geraspelt etc.<br />
2. Abend: Schon viel offener, offenes Gespräch, man konnte sich Vieles offen sagen.<br />
3. Abend: Schon fast vertraut und gemütlich<br />
Faszinierend, weil es einem natürlichen Prozess des Kennenlernens entspricht und wir damit<br />
wirklich einen Rahmen schaffen konnten, dass es zu einem solchen Prozess im Dorf kam.<br />
Die <strong>Dorfgespr</strong>äche waren ein erster Schritt, weitere werden folgen.<br />
Fazit einer Teilnehmerin: „Wenn wir uns bemühen, in Altach mit unterschiedlichen Kulturen gut<br />
zusammenzuleben, dann haben wir mehr Aussicht auf Erfolg, als wenn wir versuchen, DIE<br />
Ausländerfrage lösen.“<br />
Konzept Integration Altach 4. Integrationskonferenz Vorarlberg 28.Jan2010<br />
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