Kommunikation - Grüner Kreis
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Kommunikation - Grüner Kreis
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Psychohygiene<br />
voraussetzung für erfolgreiche kommunikation<br />
Um den Begriff „Psychohygiene“ mit Inhalt<br />
zu füllen, möchte ich vorerst zu einem Gedankenspiel<br />
einladen: Wir befinden uns auf<br />
dem Marienhof, einer der beiden größten Einrichtungen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“. Hier gibt es<br />
sozusagen drei „Häuser“ in einem, das heißt,<br />
jede/r der maximal 63 KlientInnen wird einer<br />
von drei Gruppen mit jeweils eigenem Team<br />
und eigener Leitung zugeteilt. Nehmen wir an,<br />
die einzelnen Teams würden nun nebeneinander<br />
arbeiten, ohne voneinander zu wissen.<br />
Innerhalb der Teams wüssten die TrägerInnen<br />
der Arbeitstherapie und die PsychotherapeutInnen<br />
nichts voneinander. Die Regeln und<br />
Strukturen würden sich getrennt voneinander<br />
in verschiedene Richtungen entwickeln und<br />
wie in anderen Einrichtungen gearbeitet wird,<br />
wüsste ohnedies niemand mehr. Es gäbe keine<br />
Abstimmungen bei Dienstplänen und Urlauben.<br />
Ein Austausch über KlientInnen und<br />
Gruppendynamik fände nicht statt … Diese<br />
Fantasien ließen sich noch beliebig erweitern.<br />
Klar wird aber bereits schon jetzt: Es gäbe keine<br />
Struktur, keinen Austausch, keine Effizienz in<br />
der Arbeit, Unsicherheit, Unklarheit und sehr<br />
viel unnötigen Stress. Bei KlientInnen würde<br />
dabei ein wesentliches Agens in der Suchttherapie,<br />
nämlich das Erleben von Struktur, Klarheit<br />
und Grenzen wegfallen. Bei MitarbeiterInnen<br />
würde ein solcher Zustand früher oder später<br />
zum Burnout mit emotionaler Erschöpfung,<br />
Distanzierung von anderen Menschen und<br />
ihren Problemen, Leistungsunzufriedenheit<br />
und reduzierter Leistungsfähigkeit führen.<br />
Psychohygiene ist daher Burnout-Prophylaxe<br />
und notwendig für das Gelingen von Therapien,<br />
wobei ein Ansetzen auf verschiedenen Ebenen<br />
– Person, Team, Institution und natürlich KlientIn<br />
– die besten Erfolge verspricht (vgl. Sonneck<br />
G., Fengler J. (2000): Burnout-Syndrom.<br />
In: Stumm G., Pritz A. (Hg): Wörterbuch der<br />
Psychotherapie. Wien, Springer, S. 104-105).<br />
Ist auf jeder dieser Ebenen ein Austausch möglich<br />
und ein <strong>Kommunikation</strong>snetz vorhanden,<br />
das seinerseits die Ebenen verbindet, ist die<br />
Grundvoraussetzung für Kompetenzverteilung<br />
mit klaren Grenzen, Informationsaustausch<br />
und damit effizientes Arbeiten gegeben.<br />
Je größer die Einrichtung, desto eher funktioniert<br />
<strong>Kommunikation</strong> dann, wenn sie gewissermaßen<br />
„institutionalisiert“ ist. Konkret<br />
sieht das zum Beispiel am Marienhof so aus:<br />
KlientInnen und MitarbeiterInnen tauschen<br />
sich – abgesehen von den Therapiegruppen<br />
– in den so genannten Wohngruppen aus. Hier<br />
geht es um Organisation und gedeihliches<br />
Zusammenleben. Die alle paar Monate stattfindenden<br />
Großgruppen aller KlientInnen,<br />
MitarbeiterInnen und dem psychotherapeutischen<br />
Leiter nehmen eine Mittelstellung<br />
zwischen Informations-, Organisations- und<br />
Therapiegruppe ein.<br />
KlientInnen sowie psycho- und arbeitstherapeutische<br />
MitarbeiterInnen jeder Gruppe<br />
als kleinster Organisationseinheit halten<br />
wöchentlich eine Gruppenbesprechung ab,<br />
in der KlientInnen und Gruppendynamik,<br />
aber auch Organisation und Arbeitsaufteilung<br />
besprochen beziehungsweise entschieden<br />
werden. Parallel dazu wird gruppenübergreifend<br />
in einer wöchentlichen Teambesprechung<br />
der Diensthabenden aller drei Gruppen<br />
Haltung und Umgang mit Konzept, Regeln<br />
und Strukturen diskutiert sowie notwendige<br />
gruppenübergreifende Organisation besprochen,<br />
was erfahrungsgemäß für Klarheit<br />
bei KlientInnen und Diensthabenden sorgt.<br />
Eine ähnliche Funktion haben auf der nächst<br />
höheren Ebene die wöchentlichen Teamsitzungen<br />
der Diensthabenden aller Einrichtungen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ beziehungsweise<br />
die „Großteams“, in denen alle paar Monate<br />
alle Angestellten des Vereins zur Diskussion<br />
grünerkreiskommunikation.kooperation.konflikt |<br />
aktueller oder richtungsweisender Fragen<br />
zusammen treffen.<br />
Die <strong>Kommunikation</strong> mit dem medizinischen<br />
Team findet auf dem Marienhof ebenfalls wöchentlich<br />
statt und dient in erster Linie dem<br />
Informationsaustausch. Der tägliche Austausch<br />
über aktuelle Ereignisse und wesentliche<br />
Informationen erfolgt – soweit möglich –<br />
mündlich, jedenfalls aber in Form schriftlicher<br />
Dienstberichte und Dokumentationen.<br />
Neben der KlientInnen- und Teamebene, auf<br />
die sich die bisherigen Ausführungen bezogen<br />
haben, kommt aber natürlich der Psychohygiene<br />
des/ der einzelnen Mitarbeiters/in große<br />
Bedeutung zu, will man Energie und Handlungsfähigkeit<br />
im beruflichen Alltag gewährleisten.<br />
Hier dienen verpflichtende Einzel- und<br />
Gruppensupervisionen sowie Intravisionen<br />
der Reflexion des eigenen Handelns, aber auch<br />
der Konfliktlösung und der Teamfindung.<br />
Nicht zuletzt möchte ich noch die zweimal pro<br />
Jahr stattfindenden Outdoor Aktionen erwähnen.<br />
Hier sind wir einfach nur Menschen mit<br />
einem Vornamen, die mit den Trainern Gernot<br />
und Markus spielerisch Aufgaben lösen und<br />
einander als Team nahe kommen. Und gerade<br />
hier wird uns immer deutlich, wie bereichernd<br />
Psychohygiene sein kann, aber wie schwer es<br />
auch ist, ihr im oft stressigen Arbeitsalltag<br />
ausreichend Platz einzuräumen.<br />
teXt UnD fotos:<br />
Dr. angeLika ScheFZig,<br />
PersonenZentrIerte<br />
PsychotheraPeUtIn,<br />
LeItUnGsteaM<br />
MarIenhof<br />
winter 2009