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unnental immer gefragter», erzählt Otz.<br />
Die Hirten und Älplerfeste 1805 und 1808<br />
am Fusse der Ruine Unspunnen lockten so<br />
viele Engländer an, dass Interlaken zeitweise<br />
einer englischen Kolonie glich. In Ermangelung<br />
an Hotels mieteten sich die<br />
Besucher in den Häusern der Bauern,<br />
Handwerker und Pfarrer ein, die ihr eigenes<br />
Nachtlager oft auf den Heuboden verlegten.<br />
Schon seit 1491 diente das «Hotel<br />
Interlaken» als Klosterherberge, später als<br />
Quartier namhafter Gäste wie Lord Byron<br />
oder Felix Mendelssohn Bartholdy. 1806<br />
eröffnete Grossrat Johann Seiler den ersten<br />
Gasthof; 1860 wurden bereits 13 Pensionen<br />
gezählt. «Ausserhalb von Interlaken<br />
gab es in dieser Zeit kaum Ü<strong>bern</strong>achtungsmöglichkeiten.<br />
Unsere Region erfreute<br />
sich auch deshalb zunehmender<br />
Beliebtheit, weil sich unsere Vorfahren geschickt<br />
auf die Bedürfnisse der Touristen<br />
einstellten», betont Stefan Otz. Die verkehrsgünstige<br />
Lage – bequeme Kutschenfahrten<br />
auf den neu erstellten Strassen, ab<br />
1835 Dampfschifffahrten auf dem Thunersee,<br />
ab 1839 auf dem Brienzersee sowie<br />
ab 1872 und 1912 Zugfahrten mit der Bödeli<br />
und der Jungfraubahn – lockte jetzt<br />
nicht mehr nur Abenteuer, sondern auch<br />
Vergnügungsreisende in die Region Interlaken.<br />
Der konjunkturelle Aufschwung<br />
durch den Tourismus brachte hohe Steuereinnahmen<br />
mit sich, die gern in Eisenbahnprojekte<br />
investiert wurden: Allein zwischen<br />
1872 und 1916 konnten im Berner<br />
Oberland 25 neue Bahnstrecken gebaut<br />
werden.<br />
Treue Gäste<br />
Auch heute kommen britische Touristen<br />
wegen der herrlichen Natur und der atem<br />
FaCTS & FIGURES<br />
beraubenden Bergwelt in die Region Interlaken.<br />
«Manche unserer Hotels beherbergen<br />
seit Jahrzehnten englische<br />
Stammgäste, oft ganze Grossfamilien», so<br />
Stefan Otz. «Unsere Bestrebungen für<br />
nachhaltigen Tourismus und sanfte Mobilität<br />
– zum Beispiel durch den Einsatz von<br />
Elektroautos – finden bei den Engländern<br />
grossen Anklang. Viele schätzen unsere<br />
‹Hüttenromantik› mit traditionellen Speisen<br />
wie Fondue oder Raclette, unseren Christchindlimärit<br />
oder den winterlichen Maskenumzug<br />
‹Harderpotschete›. Tradition und<br />
Brauchtum können Sie bei uns täglich erleben<br />
– und zwar nicht nur im Freilichtmuseum<br />
Ballenberg.» Das schon im 19. Jahrhundert<br />
so beliebte Unspunnenfest fand<br />
unter anderem 1999 und 2006 ein beein<br />
Der Engländer Thomas Cook erfand 1855 den organisierten Tourismus für<br />
die Mittelklasse mit preisgünstigen Gruppenreisen von England auf den Kontinent.<br />
Die geschäftstüchtigen Oberländer stellten sich umgehend auf ihre britischen<br />
Gäste ein: Plötzlich gab es Roast Beef in den Restaurants, neue sanitäre<br />
Einrichtungen, immer mehr Hotels, Tennisplätze und sogar englische Kirchen. Die<br />
Engländer brachten mit Curling, Skifahren und Schlitteln auch den Wintersport in<br />
die Region Interlaken. Der erste moderne Skislalom wurde 1922 vom englischen<br />
Hotelier Sir Henry Lunn in Mürren ausgerichtet, der ausserdem Gründer des<br />
«English Public School Alpine Ski Clubs» in London und des «Kandahar Ski Clubs»<br />
in Mürren sowie innovativer Organisator britischer Bildungsreisen war. Heute<br />
bietet Jungfrau Tours ein Package für eine Teilstrecke auf der geschichtsträchtigen<br />
ViaCook an: eine Tour vom Berner Oberland/Interlaken in die Innerschweiz.<br />
Schon 1805 Zog daS unSpunnenfeSt bei interLaken engLiSche touriSten in<br />
Scharen an.<br />
« Tradition und Brauchtum<br />
kann man bei<br />
uns auch heute täglich<br />
erleben.»<br />
druckendes Revival vor Tausenden von<br />
Zuschauern. Engländer, die nach Interlaken<br />
reisen, gelten als treue Gäste. «Sie<br />
bleiben pro Aufenthalt durchschnittlich länger<br />
als beispielsweise Gäste aus Asien»,<br />
stellt Stefan Otz fest. Allein im Jahr 2010<br />
verbuchten Interlaken, Matten und Unterseen<br />
84 549 Hotellogiernächte britischer<br />
Touristen – Ü<strong>bern</strong>achtungen in Ferienwohnungen,<br />
Hostels und auf Campingplätzen<br />
nicht miteingerechnet. «Auch heute noch<br />
kann man in unserer Region auf traditionelle<br />
Weise reisen: Mit der Kutsche durch<br />
Interlaken, mit nostalgischen Dampfeisenbahnen<br />
auf die Schynige Platte und aufs<br />
Brienzer Rothorn oder per Dampfschiff<br />
über den Thuner und den Brienzersee. Die<br />
Jungfraubahnen feiern in diesem Jahr übrigens<br />
ihr 100JahrJubiläum und haben<br />
mehrere Ausbauprojekte lanciert. Im Februar<br />
wird zum Beispiel die neue Ankunftshalle<br />
auf dem Jungfraujoch eröffnet, und<br />
im April folgt die Inbetriebnahme eines Erlebnisrundganges,<br />
auf dem die Besucher<br />
in nur einer Stunde den Bau der Jungfraubahnen<br />
und die Entwicklung des<br />
Schweizer Fremdenverkehrs entdecken<br />
können.» Auch auf den Spuren von Thomas<br />
Cook kann man noch heute wandeln.<br />
«Wer vor 150 Jahren die Sehenswürdigkeiten<br />
der Region besuchen wollte, musste<br />
holperige Kutschenfahrten und erschöpfende<br />
Fussmärsche auf sich<br />
nehmen. Eine Reise auf der ‹ViaCook› heute<br />
ist wesentlich komfortabler – aber trotzdem<br />
immer noch ein unvergessliches Erlebnis»,<br />
schmunzelt Stefan Otz. «Nicht nur<br />
für unsere englischen Gäste.»<br />
Informationen<br />
www.interlaken.ch<br />
www.jungfraubahn.ch<br />
www.jungfrautours.ch