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Gruß Ausgabe 123 - Großheppacher Schwesternschaft

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Ich leih dir mein Ohr! Unser diakonischer Impuls für 2013/2014Jesus, Maria und Marta (Lk 10,38-42)Pfarrer Dr. Hans-Michael Wünsch„Als sie aber weiterzogen, kam er in ein Dorf.Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahmihn auf. Und sie hatte eine Schwester, die hießMaria; die setzte sich dem Herrn zu Füßenund hörte seiner Rede zu. Marta aber machtesich viel zu schaffen, ihm zu dienen. Und sietrat hinzu und sprach: Herr, fragst du nichtdanach, dass mich meine Schwester lässtallein dienen? Sage ihr doch, dass sie mirhelfen soll!Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr:Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe.Eins aber ist not. Maria hat das gute Teilerwählt; das soll nicht von ihr genommenwerden.“Mir ist neulich aufgefallen, dass man dieGeschichte von Jesus und Marta und Mariaauch anders lesen kann, als sie meistens verstandenwird. Normalerweise liest sich dasja so, dass Jesus da „predigt“ und Maria das28 | <strong>Großheppacher</strong> <strong>Schwesternschaft</strong>„Wort“ empfängt. Aber am Anfang steht da,Marta nahm nur „ihn“ auf. Obwohl doch „sie“weiterzogen, kam nur „er“ in das Dorf. Also ister allein. Und Maria setzte sich zu ihm. Vielleichtja schwingt Jesus da gar keine großenReden. Vielleicht findet er bei Maria ja nurein offenes Ohr und redet sich alles Möglichevon der Seele, froh, dass ihm endlich einmaljemand richtig zuhört! Vielleicht ja war ihmgar nicht nach „Wir haben einen wichtigenGast im Haus. Jetzt müssen wir dem malauftischen, damit er erkennt, wie wichtig eruns ist“. Und wenn es da nach Marta gegangenwäre, dann hätte er gar niemand mehrgehabt, der sich zu ihm gesetzt und ihm zugehörthätte.Aber Maria hat ihm ihr Ohr geliehen. Hatihn nicht unterbrochen. Hat nicht ungeduldigseine Sätze zu Ende gesprochen, ist nichtgleich mit einem „ja, aber“ eingefallen. Hatgewartet. Hat auch die Pausen zwischen denGedanken ausgehalten. Und er hat bemerkt,dass sie sich das zu Herzen gehen lässt, waser ihr da sagte. Dass sie also auch emotionalda war und sie das bewegt hat, was er rausließ. Schon zweimal hat er seinen Jüngerndavon erzählt, was ihn erwartet in Jerusalem.Ohne große Reaktion. Die da draußen vor demDorf auf seine Rückkehr warteten, die konntendamit nicht umgehen. Noch nicht. Aber hier,bei Maria, hat er ein offenes Ohr gefunden.Ich leih dir mein Ohr, hat sie ihm deutlichgemacht. Ich habe Zeit für dich. Ich bin bereit,teilzuhaben, was dich bewegt. Ich will, soweitmir das möglich ist, deine Gedanken, deineSorgen, deine Hoffnungen mit dir teilen. Teilmir mit, was dir wichtig ist. Teil dich mir mit.Ich leih dir mein Ohr.Heißt auch: Ich werde mich nicht über dichlustig machen. Ich werde dich nicht bloßstellen.Ich werde das, was du mir sagst, nichtgegen dich verwenden, anderen nicht weitersagen.Ich will dein Vertrauen nicht missbrauchen.Du kannst mir deine Schwäche zeigenohne Angst, dass das bei mir ein Gefühl vonÜberlegenheit hervorruft. Ohne dass mich dasdazu provoziert, dir eine reinzuwürgen.„Ich leih dir mein Ohr!“ Das heißt schonauch: „Ich will dir mit Liebe begegnen.“Das soll unser diakonischer Impuls hier imHaus sein in diesem Schuljahr. Ein diakonischerImpuls ist mehr als ein bloßer moralischerAppell. Mehr als ein bloßes „schönlieb sein“!Denn er lebt ja nicht aus sich selbst, sondernist aus dem Geist geboren, der ihn hervorgebrachthat. Er lebt ja aus der Gewissheit,dass da einer ist, der uns genau zuhört.„Siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, dasdu, HERR, nicht schon wüsstest. Du verstehstmeine Gedanken von ferne.“ Und Jesus leitetdas Vaterunser ein mit den Worten: „EuerVater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet“(Mt 6,5). Was wir nun nicht so verstehenmüssen, dass er schon gar nicht mehr hinhörenwürde. Im Gegenteil: Er kennt uns so gut,geht so intensiv auf uns ein, ist uns so liebevollzugewandt, dass er uns zuvorkommenwill. Beschenkend. Uns abnehmend, was unsbelastet, noch ehe wir mühsam nach Wortendafür suchen müssen. Aus dieser Ermutigungheraus können wir uns auch einander zuwenden.Ich leih dir mein Ohr! Das kann dannauch heißen: Ich kann dir zuhören, weil unsbeiden noch einer zuhört. Dir und mir. Deshalbkönnen wir uns trauen, etwas mehr wie Mariazu sein. Sie hat das bessere Teil erwählt.Pfr. Dr. Hans-Michael Wünsch(Auszug aus einer Predigt zumSchuljahresanfang)„Dieser Religionsunterricht sollte nicht fragen, woher die jungen Menschen kommen. Er sollangeboten werden für alle – als Brot für die Fremden, die noch nie oder kaum von dieser Sprachegehört haben, und als Vergewisserung für die, denen sie schon Heimat ist.“ (193)<strong>Großheppacher</strong> <strong>Schwesternschaft</strong> | 29

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