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Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen

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keiten vollzieht sich nach ANDERSON (1982; 2001)<br />

in einem dreistufigen Prozess:<br />

• kognitive Phase: Vermittlung <strong>der</strong> deklarativen<br />

Wissensbasis (Schritt <strong>für</strong> Schritt handeln, wissensbasiert)<br />

• assoziative Phase: Prozeduralisierung/ Kompilierung<br />

(Verkettung einzelner Handlungsschritte,<br />

regelbasiert)<br />

• autonome Phase: Automatisierung/ Tuning<br />

(automatisierte Ausführung, Generalisierung,<br />

Differenzierung, fertigkeitsbasiert)<br />

Jede dieser Phasen ist an spezifische instruktionale<br />

Bedingungen geknüpft und erfor<strong>der</strong>t unterschiedliche<br />

Aktivitäten auf Seiten des Lerners. Während zu<br />

Beginn des Lernprozesses <strong>der</strong> Erwerb neuen Wissens<br />

im Vor<strong>der</strong>grund steht, bedingt die Übertragung<br />

dieses Wissens in Prozeduren, <strong>der</strong>en Automatisierung<br />

sowie <strong>der</strong> Transfer in praxistaugliche Kompetenzen<br />

im weiteren Verlauf die Übung und Anwendung<br />

des Wissens bei zunehmen<strong>der</strong> Realitätsnähe<br />

(ökologische Validität). Dieser Prozess ist extrem<br />

zeitintensiv und, wie einschlägige Unfallstatistiken<br />

implizieren (Fahranfänger weisen danach die<br />

höchste Unfallrate auf), mit dem Erwerb des Führerscheins<br />

noch lange nicht abgeschlossen (STA-<br />

TISTISCHES BUNDESAMT, 2006). Insbeson<strong>der</strong>e<br />

in komplexen Fahr- und Verkehrsituationen scheinen<br />

Fahranfänger schnell an ihre Kapazitätsgrenzen<br />

zu stoßen (vgl. Kap. 1). Die <strong>für</strong> die hinreichende<br />

Automatisierung fahraufgabenrelevanter Kompetenzen<br />

erfor<strong>der</strong>liche Praxis unter ökologisch validen<br />

Bedingungen (3. Stufe des Fertigkeitserwerbs) ist<br />

jedoch im Rahmen <strong>der</strong> herkömmlichen Fahrausbildung<br />

nur schwer zu gewährleisten. Dies betrifft insbeson<strong>der</strong>e<br />

den Aufbau von Notfallreaktionen in Bezug<br />

auf beson<strong>der</strong>s kritische Fahr- und Verkehrssituationen,<br />

die im täglichen Straßenverkehr nur selten<br />

auftreten o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en explizite Thematisierung<br />

ein zu großes Risiko darstellt. Aufgrund <strong>der</strong> mit<br />

ihnen verbundenen Darstellungs- und Interaktionsmöglichkeiten<br />

erscheint <strong>der</strong> Einsatz neuer Lerntechnologien<br />

zur Kompensation dieser Defizite hierbei<br />

vielversprechend (höhere ökologische Validität). Allerdings<br />

ist neben den spezifischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an Lernaktivitäten je nach Stufe des Kompetenzerwerbs<br />

zudem zu berücksichtigen, dass fahraufgabenrelevante<br />

Fertigkeiten je nach Fahraufgabenebene<br />

in unterschiedlichem Maße auf explizierbarem<br />

Wissen basieren und unterschiedlich stark automatisierbar<br />

sind:<br />

• Navigationsaufgaben sind in <strong>der</strong> Regel an eine<br />

bewußte Informationsverarbeitung geknüpft<br />

und daher nur schwer automatisierbar (allerdings<br />

auch nur in geringem Maße sicherheitsrelevant)<br />

13<br />

• Führungsaufgaben bedingen sowohl bewußte<br />

als auch unbewußte Informationsverarbeitung<br />

und sind teilweise an den Aufbau von Regelwissen<br />

geknüpft (d.h. den Abruf eines Repertoires<br />

an Verhaltensmustern aufgrund situativer Gegebenheiten).<br />

Dieses ist bis zu einem gewissen<br />

Grad automatisierbar (und hochgradig sicherheitsrelevant)<br />

• Stabilisierungsaufgaben basieren auf reflexartigen<br />

(automatischen) Reiz-Reaktions-<br />

Mechanismen und sind hochgradig automatisierbar<br />

(und hochgradig sicherheitsrelevant)<br />

Kompetenzen zur Bewältigung von Fahraufgaben<br />

auf <strong>der</strong> Stabilisierungsebene (resp. die dort dominierenden<br />

perzeptuell-motorischen Fertigkeiten)<br />

werden demnach eher durch Übung und Erfahrung<br />

vermittelt (Learning by doing), während Kompetenzen<br />

zur Bewältigung von Führungs- und Navigationsaufgaben<br />

(resp. die hierbei dominierenden<br />

kognitiv-mentalen Fertigkeiten) in stärkerem Maße<br />

auf einer explizit vermittelten o<strong>der</strong> durch Exploration<br />

gewonnenen Wissensbasis aufbauen und erst<br />

anschließend über Übung und Erfahrung in eine<br />

prozedurale Form übertragen werden. Dementsprechend<br />

unterscheiden sich auch die Fehler, die je<br />

nach Fahraufgabenebene auftreten und auf den<br />

Ebenen „Stabilisierung“ und „Führung“ zu Unfällen<br />

führen können. Fehlhandlungen ergeben sich nach<br />

HACKER (1978) aufgrund<br />

• fehlen<strong>der</strong> Information,<br />

• fehlen<strong>der</strong> Nutzung vorhandener Information,<br />

• falscher Nutzung vorhandener Information.<br />

Je nach Fahraufgabenebene sind Fehler eher als<br />

Informations- o<strong>der</strong> Handlungsdefizit charakterisierbar.<br />

Wie Bild 2 zeigt, basieren Fehler auf <strong>der</strong> Stabilisierungsebene<br />

auf <strong>der</strong> falschen Nutzung vor-<br />

Informationsdefizit<br />

fehlende Information<br />

fehlende Nutzung<br />

<strong>der</strong> Information<br />

falsche Nutzung<br />

<strong>der</strong> Information<br />

Handlungsdefizit<br />

Navigationsebene Führungsebene Stabilisierungsebene<br />

Bild 2: Ursachen von Fehlhandlungen in Abhängigkeit<br />

<strong>der</strong> Fahraufgabenebene (nach WILTSCHKO, 2004, S.37)

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