Leser - Golf Dornseif
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Funkverbindung Nauen (bei Berlin) – Lome – Duala nutzen. Eine ergänzende Funkwelle zwischen<br />
Windhuk (DSWA) und Kamerun stand nur unter günstigen atmosphärischen Voraussetzungen<br />
(unzuverlässig) zur Verfügung.<br />
Lokalnachrichten aus dem Landesinneren der Kolonie Kamerun erreichten die Redaktion telefonisch,<br />
falls nicht heftige Gewitter und Wirbelstürme die Leitungen störten. Der Inhalt des Blatts umfasste<br />
politische Nachrichten, Kommentare zu wirtschaftlichen Problemen und Rubriken mit Neuigkeiten aus<br />
anderen Kolonien. Man erfuhr etwas über den Verlauf von Expeditionen in die gefährliche Wildnis,<br />
Klatsch aus der alten Heimat, Personalien der ankommenden und abreisenden Schiffspassagiere,<br />
Gerichtsprozesse, amtliche Verlautbarungen usw.<br />
Mühsam blieb die zuverlässige und regelmäßige Zustellung der Zeitung an die <strong>Leser</strong> im<br />
Landesinneren. Die Nordbahn verlief nur über 151 Kilometer Schiene, die Mittellandbahn endete nach<br />
173 Kilometer Strecke. Von den Endstationen mussten also sämtliche Postsachen sowie die<br />
Zeitungen mit Boten weiter befördert werden, über Flüsse und Sumpfland sowie andere Hindernisse<br />
(abgesehen von Raubtieren!). Abgelegene Siedler bekamen ihre Post mit wochenlanger Verzögerung,<br />
günstig positionierte Empfänger wurden noch am gleichen Tag bedient.<br />
Die Auflage der Presse stieg von anfangs 500 auf mehr als 2.000 Exemplare. Mitten in der Blütezeit<br />
unterbrach der Erste Weltkrieg die weitere Entwicklung. Redakteur Waizmann wollte sich sofort<br />
freiwillig zu der Schutztruppe melden, wurde jedoch vom Gouverneur dringend gebeten die<br />
kriegswichtige Presse--Tätigkeit fortzusetzen. Nachdem alle bisherigen Nachrichtenquellen vom<br />
Gegner abgeschnitten worden waren, gelang Anfang September 1914 die Herstellung einer zuverlässigen<br />
Verbindung über Seekabel mit Monrovia, sodass laufend Europa-Nachrichten beschafft<br />
werden konnten. Waizmann erkrankte im August ernsthaft, sodass Franz an seine Stelle trat und<br />
redigierte.<br />
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Die Übermacht der Franzosen und Briten wurde schließlich den Presseleuten wie vielen anderen<br />
Deutschen zum Verhängnis. Waizmann und Franz gerieten in französische Gefangenschaft, landeten<br />
im Lager Dahomey und später in einem Camp nahe Casablanca (Marokko). Sie gewannen erst nach<br />
fünf Jahren ihre Freiheit zurück auf dem Umweg über die Inhaftierung bei Brest in Frankreich. Franz<br />
kehrte als Buchbinder heim nach Swakopmund und starb 1928 während einer Schiffsreise. Waizmann<br />
gründete 1925 in München eine Druckerei.<br />
Nach der Räumung Dualas führte die Schutztruppe ihre Verteidigung des Hinterlandes von Kamerun<br />
bis 1916 erfolgreich fort und setzte sich zuletzt geordnet mit zahllosen getreuen Häuptlingen und<br />
Eingeborenen in die spanische Nachbarkolonie Muni ab, zu der auch die Insel Fernando Poo gehörte.<br />
Spanien war ein neutraler Staat, deutschfreundlich orientiert und bot eine ideale Zufluchtsstätte.<br />
In der Stadt Santa Isabel auf jener Insel lebten die Deutschen Linke und Timler als Pflanzer. Sie<br />
entschlossen sich, mit Hilfe spanischer Freunde ein Nachrichtenblatt für die Männer der Schutztruppe<br />
während des Rückzugs heraus zu bringen, SIEGESPOST genannt. Dank der neutralen Kolonie Muni