10.07.2015 Aufrufe

Loesung Bescheid StbG - Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht

Loesung Bescheid StbG - Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht

Loesung Bescheid StbG - Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Übung Öffentliches Recht I SS 2010 Bruno Binder/Margit MayrFall II - Die Staatsbürgerschaft - <strong>Bescheid</strong> 148.006/148.008A. SACHVERHALTTeresa T wurde am 25.05.1976 in Oslo geboren und ist norwegische Staatsbürgerin, die österreichischeStaatsbürgerschaft besaß sie noch nie. Als ausgewiesene Raffinerie-Expertin war dieFachfrau schon seit 1997 immer wieder für ihre Firma, die ÖL-AG, zwei bis drei Monate im Jahr inÖsterreich beruflich tätig. Im Mai 1999 zog Teresa nach Wien, um in der Niederlassung Österreichzu arbeiten. Da die ÖL-AG Teresas Dienstort nach Linz verlegte, bekam sie 2003 von ihrer Firmain Linz eine eigene Dienstwohnung zur Verfügung gestellt. Sie schloss viele Kontakte mit Berufskollegenund hatte schon bald zahlreiche österreichische Freunde. Allerdings plagte Teresa vonZeit zu Zeit Heimweh, und sie besuchte jährlich für ein Monat im Sommer ihre Familie in Norwegen.Bei einer Firmenweihnachtsfeier im Winter 2006 verliebte sich Teresa in ihren ArbeitskollegenMartin aus Freistadt. Obwohl beide viel Arbeit und wenig Zeit hatten, begannen sie eine Beziehungmiteinander. Im Sommer 2006 zog Teresa zu Martin nach Freistadt.Da das tägliche Pendeln zwischen Freistadt und Linz viel Zeit in Anspruch nahm, planten diebeiden schon bald ein gemeinsames Haus in der Nähe von Linz zu bauen. Deshalb fragten Teresaund Martin bei der ÖL-AG Anfang 2008 nach einer Gehaltserhöhung. Als Teresa schon nicht mehran eine Gehaltserhöhung glaubte, bot ihr die ÖL-AG im November 2008 eine Beförderung zurAbteilungsleiterin an. Teresa nahm das Angebot überglücklich an. Immerhin erhöhte sich ihr Jahreseinkommendamit auf € 50.000,-- und Teresas und Martins Traum vom eigenen Haus rückte einStück näher.Da Teresa nun endgültig bei Martin in Österreich bleiben möchte, beantragt sie am 07.07.2009 dieösterreichische Staatsbürgerschaft.Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (<strong>StbG</strong>)BGBl 1985/311 idgF§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet:2. Staatsbürgerschaft: die Staatsbürgerschaftder Republik Österreich (österreichischeStaatsbürgerschaft);3. […]4. Fremder: ohne Unterschied des Geschlechteseine Person, welche die österreichischeStaatsbürgerschaft nicht besitzt.Verleihung§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einemFremden, soweit in diesem Bundesgesetznicht anderes bestimmt ist, nur verliehenwerden, wenn1. er sich seit mindestens zehn Jahrenrechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebietaufgehalten hat und davon zumindestfünf Jahre niedergelassen war;2. […]7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichertist und […]§ 39. (1) Zur Erlassung von <strong>Bescheid</strong>en inAngelegenheiten der Staatsbürgerschaft ist[…] die Landesregierung zuständig.(2) Örtlich zuständig ist jene Landesregierung,in deren Bereich die Person, auf diesich der <strong>Bescheid</strong> bezieht, ihren Hauptwohnsitzhat.


B. BESCHEID123456 I. SachverhaltsfeststellungII. BeweiswürdigungIII. Rechtliche Beurteilung#$!"78SCHRIFTSATZMUSTER „BESCHEID“!!"9!!!" § 10 Abs 1 Z 1 <strong>StbG</strong> verlangt für die Verleihung derösterreichischen Staatsbürgerschaft einen seit mindestenszehn Jahren rechtmäßigen und ununterbrochenAufenthalt im Bundesgebiet.XGZ Stb100/07 2„Aufenthalt“ bedeutet nach dem Wortsinn „sich aufhalten“.Sich „rechtmäßig“ aufhalten meint einen Aufenthaltunter Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung.XIhrem Antrag vom 07.07.2009 auf Verleihung derösterreichischen Staatsbürgerschaft wird stattgegebenund Ihnen wird die österreichische Staatsbürgerschaftverliehen.6Linz, 03.11.2009 4Sie besitzen die norwegische, nicht aber die österreichischeStaatsbürgerschaft und sind daher „Fremder“ imSinne des § 2 Z 4 <strong>StbG</strong>.XAmt der oberösterreichischen Landesregierung 1Gegen diesen <strong>Bescheid</strong> ist kein ordentliches Rechtsmittelzulässig.8Seit November 2008 erzielen Sie bei der ÖL-AG einX


„Hinreichende Sicherung des Lebensunterhalts“bedeutet für die eigenen Kosten des täglichen Lebensdurch ein entsprechendes und ausreichendes Einkommenohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungenaufkommen zu können.Die für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaftsachlich und örtlich zuständige Behörde istsomit die oberösterreichische Landesregierung.Wenn der Gesetzgeber in einem konkreten Fall ausnahmsweiseeine – aufgrund des Art 130 Abs 2 B-VGzulässige – Ermessensentscheidung anordnet, somüssen sich dafür Hinweise im Gesetzestext – gegebenenfallsim Wege der Auslegung – finden.#$!" !!" !!!" XXXBegründung 7Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfreiaus den aufgenommenen Beweismitteln.XGegen diesen <strong>Bescheid</strong> können Sie binnen sechsWochen ab Zustellung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshofund/oder den Verfassungsgerichtshoferheben.8Nach § 39 Abs 1 <strong>StbG</strong> ist „zur Erlassung von <strong>Bescheid</strong>enin Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft […] dieLandesregierung zuständig“, diese ist daher die fürIhren Antrag sachlich zuständige Behörde.XAls weitere Voraussetzung für die Verleihung derStaatsbürgerschaft fordert § 10 Abs 1 Z 7 <strong>StbG</strong>, dassder Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.XFür die Landesregierung 9Aber Sie sind alleine schon aufgrund Ihres dauerhaftenWohnsitzes und Ihre dauerhafte Erwerbstätigkeit inÖsterreich seit Mai 1999 bereits seit zehn Jahren inÖsterreich niedergelassen.XFrau Teresa T, Raffinerie-Expertin,Linzerstraße 13, 4240 FreistadtÜber Ihren Antrag vom 07.07.2009 auf Verleihung derösterreichischen Staatsbürgerschaft ergeht von deroberösterreichischen Landesregierung als zuständigeBehörde erster und letzter Instanz in Landesverwaltungfolgender S p r u c h :36Von 1997 bis Mai 1999 waren Sie zwei bis drei Monateim Jahr in Österreich beruflich tätig. Seit Mai 1999 wohnenund arbeiten Sie ständig in Österreich.XB e s c h e i d 5


AMT DER OBERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNGKlosterstraße 74020 LinzGZ Stb100/09 Linz, 03.11.2009FrauTeresa TRaffinerie-ExpertinLinzerstraße 134240 FreistadtB E S C H E I DÜber Ihren Antrag vom 07.07.2009 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ergehtvon der oberösterreichischen Landesregierung als zuständige Behörde erster und letzter Instanz inLandesverwaltung folgenderS p r u c h :Ihrem Antrag vom 07.07.2009 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wird stattgegebenund Ihnen wird die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.Rechtsgrundlagen: § 10 Abs 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (<strong>StbG</strong>), BGBl 1985/311 idgF.BegründungI. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest: Sie sind norwegischeStaatsbürgerin. Von 1997 bis Mai 1999 waren Sie zwei bis drei Monate im Jahr in Österreichberuflich tätig. Seit Mai 1999 wohnen und arbeiten Sie ständig in Österreich. Von Mai 1999 bis 2003wohnten Sie in Wien, da Sie dort für die ÖL-AG arbeiteten. 2003 verlegten Sie Ihren Wohnsitz nachLinz, wo Sie seitdem für die ÖL-AG tätig sind. Seitdem haben Sie engen Kontakt zu Berufskollegenund haben zahlreiche österreichische Freunde. Seit Sommer 2006 wohnen Sie mit Martin M in Freistadt,mit dem Sie seit Anfang 2006 liiert sind. Sie verbringen jedes Jahr ein Monat in Norwegen.Seit November 2008 erzielen Sie bei der ÖL-AG ein Jahrseinkommen von € 50.000,--.II. Beweis wurde erhoben durch: PV (Parteienvernehmung), ZV (Zeugenvernehmung) Martin M,norwegischer Staatsbürgerschaftsnachweis, Meldezettel für die Zeit von 1999 bis 2009, Arbeitszeitbestätigung,Lohnzettel, Kontoauszug, Arbeitnehmerveranlagung 2008. Der festgestellte Sachverhaltergab sich widerspruchsfrei aus den aufgenommenen Beweismitteln.III. Gemäß § 10 Abs 1 <strong>StbG</strong> darf einem Fremden nur unter bestimmten Voraussetzungen die österreichischeStaatsbürgerschaft verliehen werden. Der Begriff „Fremder“ ist in § 2 Z 4 <strong>StbG</strong> als Person(ohne Unterschied des Geschlechtes), welche die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt,legaldefiniert. Sie besitzen die norwegische, nicht aber die österreichische Staatsbürgerschaft undsind daher „Fremder“ im Sinne des § 2 Z 4 <strong>StbG</strong>. !


2. § 10 Abs 1 Z 1 <strong>StbG</strong> verlangt für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft einenseit mindestens zehn Jahren rechtmäßigen und ununterbrochen Aufenthalt im Bundesgebiet.„Aufenthalt“ bedeutet nach dem Wortsinn „sich aufhalten“. Sich „rechtmäßig“ aufhalten meinteinen Aufenthalt unter Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung. Ein „ununterbrochenerAufenthalt im Bundesgebiet“ ist nach dem Wortsinn ein Aufenthalt ohne Unterbrechung. Nach demZweck dieser Bestimmung führen „Aufenthalte“ außerhalb Österreichs zu Urlaubs- oder Besuchszweckenaber nicht zu einer Unterbrechung des Aufenthalts im Bundesgebiet.Als norwegische Staatsbürgerin sind Sie EWR-Bürgerin und dürfen sich daher in Österreich aufhalten,wenn Sie in Österreich als Arbeitnehmerin beschäftigt sind. Dies ist seit 1997 der Fall. Von1997 bis 1999 waren Sie nur sporadisch in Österreich beruflich tätig. Seit Mai 1999 sind Sie ständigfür die ÖL-AG in Österreich (Wien und Linz) tätig. Seit Mai 1999 wohnen Sie auch ständig inÖsterreich (Wien und Linz). Allerdings verbrachten Sie jährlich ein Monat pro Jahr in Norwegen.Da Sie weniger als ein Fünftel der letzten zehn Jahre außerhalb Österreichs verbrachten, schadenIhre jährlichen einmonatigen Reisen nach Norwegen nicht. Sie halten sich somit bereits mehr alszehn Jahre (Mai 1999 bis November 2009) rechtmäßig und ununterbrochen in Österreich auf.3. § 10 Abs 1 Z 1 <strong>StbG</strong> verlangt weiter, dass der Fremde von den zehn Jahren seines rechtmäßigenund ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet zumindest fünf Jahre niedergelassenwar.„Niederlassung“ bedeutet nach dem Wortsinn sesshaft zu sein. Nach dem Zweck dieser Bestimmungist der Aufenthalt in Österreich zur Begründung eines dauerhaften Wohnsitzes, der Begründungdes Lebensmittelpunkts oder für eine dauerhafte Erwerbstätigkeit gemeint.Nicht nur, dass Sie seit Mai 1999 in Österreich wohnen und arbeiten, haben Sie seit 2003 engen Kontaktzu Berufskollegen und zahlreiche österreichische Freunde. Sie sind seit Anfang 2006 mit Martin Mliiert und leben seit Sommer 2006 mit Ihm gemeinsam in Freistadt. Auch wenn Ihre Lebensgemeinschaftmit Martin M erst seit drei Jahren besteht, haben Sie durch die engen Kontakte zu Berufskollegenund österreichischen Freunden bereits seit 2003, also seit sechs Jahren, Ihren Lebensmittelpunktin Oberösterreich. Aber Sie sind alleine schon aufgrund Ihres dauerhaften Wohnsitzes und Ihre dauerhafteErwerbstätigkeit in Österreich seit Mai 1999 bereits seit zehn Jahren in Österreich niedergelassen.Sie sind somit die gesamten zehn Jahre Ihres Aufenthalts im Bundesgebiet auch in Österreichniedergelassen.4. Als weitere Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft fordert § 10 Abs 1 Z 7<strong>StbG</strong>, dass der Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.„Lebensunterhalt“ sind die Ausgaben, die durch das eigene tägliche Leben (die laufenden beruflichenund privaten Tätigkeiten) immer wieder anfallen. „Hinreichende Sicherung des Lebensunterhalts“bedeutet für die eigenen Kosten des täglichen Lebens durch ein entsprechendes undausreichendes Einkommen ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen aufkommen zukönnen. "


Seit November 2008 erzielen Sie ein Jahreseinkommen von € 50.000,--. Da dieses Einkommenweit über einem Durchschnittsverdienst liegt, sind damit durchschnittliche Kosten des Lebensunterhaltes– es gibt keine Anhaltspunkt, dass Ihre Lebensunterhaltskosten überdurchschnittlich hochsind - jedenfalls gesichert.5. Aufgrund des Gesetzmäßigkeitsgebots der Bundesverfassung (Art 18 Abs 1 B-VG) ist von einergebundenen Entscheidung (= Rechtsentscheidung) als Regelfall des verwaltungsbehördlichenGesetzesvollzugs auszugehen (der Verwaltung soll beim Gesetzesvollzug kein eigener Spielraumfür die nach dem Gesetz zu treffenden Anordnungen zukommen).Wenn der Gesetzgeber in einem konkreten Fall ausnahmsweise eine – aufgrund des Art 130Abs 2 B-VG zulässige – Ermessensentscheidung anordnet, so müssen sich dafür Hinweise imGesetzestext – gegebenenfalls im Wege der Auslegung – finden. Ein derartiger Hinweis auf eineErmessensentscheidung ist im Text des § 10 Abs 1 <strong>StbG</strong> (mit dem Wort „darf“) vorhanden.Allerdings will der Gesetzgeber einer Behörde durch die Verwendung des Wortes „darf“ oder„kann“ häufig bloß eine Kompetenz einräumen, die Behörde zu einem bestimmten Verhalten ermächtigen(„Kompetenz-Darf“), uzw insbesondere dann, wenn – wie in § 10 Abs 1 <strong>StbG</strong> – dasBehördenverhalten sehr eingehend geregelt und der Behörde dadurch jeder Spielraum genommenist. „Nur“ wenn alle genannten Voraussetzungen erfüllt sind, „darf“ die Behörde eine Bewilligungerteilen, der Behörde kommt bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft kein Ermessen zu. Siemuss (im Sinne einer gebundenen Entscheidung) die Staatsbürgerschaft verleihen, wenn Teresaalle Voraussetzungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes erfüllt.Da Sie alle kumulativ zu erfüllenden Tatbestandsmerkmale erfüllt haben, hatte Ihnen die Behördedie Staatsbürgerschaft im Sinne einer Rechtsentscheidung zu verleihen.5. Nach § 39 Abs 1 <strong>StbG</strong> ist „zur Erlassung von <strong>Bescheid</strong>en in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft[…] die Landesregierung zuständig“, diese ist daher die für Ihren Antrag sachlich zuständigeBehörde. Örtlich zuständig ist nach § 39 Abs 2 <strong>StbG</strong> „jene Landesregierung, in deren Bereich diePerson, auf die sich der <strong>Bescheid</strong> bezieht, ihren Hauptwohnsitz hat.“ Sie sind „die Person, auf diesich der <strong>Bescheid</strong> bezieht“ und haben Ihren Hauptwohnsitz in Freistadt, Oberösterreich. Die für dieVerleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sachlich und örtlich zuständige Behörde istsomit die oberösterreichische Landesregierung.RechtsmittelbelehrungGegen diesen <strong>Bescheid</strong> ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.Hinweis gemäß § 61a AVGGegen diesen <strong>Bescheid</strong> können Sie binnen sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an denVerwaltungsgerichtshof und/oder den Verfassungsgerichtshof erheben. Diese Beschwerden bedürfender Unterschrift eines Rechtsanwalts und sind mit € 220,-- zu vergebühren.Für die Landesregierung(Helmut Huber) #

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!