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Anthropology goes public! - Die Maske

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<strong>Die</strong> <strong>Maske</strong> – Zeitschrift für Kultur- und Sozialanthropologie<br />

Aus kulturanthropologischer Perspektive fällt der<br />

räumliche Diskurs auf: die Namen einiger islamischer<br />

Colas knüpfen an die Orientierung der Umma an, indem<br />

sie auf das heilige Zentrum der islamischen Welt<br />

hinweisen.<br />

Der israelische Soziologe Uri Ram (2007) bietet eine<br />

treffende Interpretation des Phänomens „islamischer“<br />

Colas: Er betont die analytische Unterscheidung zwischen<br />

struktureller und symbolischer Ebene. Während<br />

auf struktureller Ebene eine Homogenisierung festzustellen<br />

ist, findet gleichzeitig eine symbolische Heterogenisierung<br />

statt. Dazu sei aber ergänzend angemerkt,<br />

dass auch materielle Homogenisierung („dunkelbraune<br />

Erfrischungsgetränke“) eine symbolische Dimension<br />

besitzt. Imitation symbolisiert also Widerstand und auch<br />

Ebenbürtigkeit. Differenzierung impliziert eine symbolische<br />

Inszenierung von Gleichheit.<br />

In Prozessen des Cola-Kulturtransfers wiederholt sich<br />

das vom amerikanischen Kulturanthropologen Michael<br />

Taussig im kolonialen Kulturkontakt analysierte Prinzip<br />

von Mimesis und Alterität, wo Nachbildungen und<br />

Imitate zu einem wesentlichen Element der Verarbeitung<br />

von Fremdheit werden. Taussig greift dabei auf das<br />

Konzept der „sympathetischen Magie“ zurück: Nachahmung<br />

wird zu einem Mittel der Macht, Kopien werden<br />

instrumentalisiert, um auf den Fremden Einfluss zu<br />

gewinnen. Es würde zu weit führen, einen magischen<br />

Hintergrund für das globale Auftreten antiamerikanischer<br />

Cola-Kopien zu behaupten. Doch in einem<br />

übertragenen Sinn erfasst dieser Vergleich präzise das<br />

Wesen moderner Ökonomie.<br />

Der Cola-Kulturtransfer verstrickt die Welt in ein<br />

semiotisches Netz, ein komplexes System aus Mythen<br />

und Gegenmythen, die einander wechselseitig ausbeuten,<br />

aber trotz aller Heterogenität durch ihre interne<br />

Abhängigkeit eine Einheit bilden, denn Mecca Cola,<br />

Qibla Cola, oder Pepsi Cola wären undenkbar ohne Coca<br />

Cola. Vielmehr ziehen sie Kraft aus ihrem großen<br />

Kontrahenten. �<br />

Bernhard Fuchs, geboren 1966, ist Assistenzprofessor am<br />

Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien.<br />

Forschungsschwerpunkte: Stereotypen, Kulturtransfer,<br />

Migration, Medien.<br />

12<br />

Salon – Globalisierung<br />

Literatur<br />

Amman, Ludwig. Cola und Koran. Das Wagnis einer islamischen<br />

Renaissance. Freiburg im Breisgau 2004<br />

Bandhauer-Schöffmann, Irene. Coca-Cola im Kracherlland. In: Roman<br />

Sandgruber (Hg.): Genuss & Kunst. Innsbruck 1994, 92-101.<br />

Barber, Benjamin. Coca Cola und Heiliger Krieg: Jihad versus<br />

McWorld. Der grundlegende Konflikt unserer Zeit. Bern et al.,<br />

2002. [engl. Original 1996]<br />

Fikentscher, Rüdiger (Hg.). Islam und Coca Cola. Begegnung der<br />

Kulturen nach dem Irak-Krieg. Halle an der Saale 2003<br />

Kuisel, Richard F.. Coca-Cola and the Cold War: The French Face<br />

Americanization, 1948-1953. In: French Historical Studies, Vol. 17,<br />

No. 1 (Spring 1991), 96-116.<br />

Nandy, Ashis. The Philosophy of Coca Cola. 1994<br />

http://vlal.bol.ucla.edu/multiversity/Nandy/Nandy_coke.htm<br />

Nandy, Ashis. Gandhi after Gandhi after Gandhi. In: The Little<br />

Magazine. 2000 http://www.littlemag.com/2000/nandy.htm<br />

Miller, Daniel. Coca Cola: a black sweet drink from Trinidad. In:<br />

Material Cultures, Vol. 1, 4, November1997, 169-188.<br />

Pendergrast, Mark. For God, Country and Coca Cola: The<br />

unauthorized history of the great American soft drink and the<br />

company that makes it. New York. 1993<br />

Ram, Uri. Liquid identities: Mecca Cola versus Coca-Cola. In:<br />

European Journal of Cultural Studies, 10, 2007, 465-484.<br />

Spittler, Gerd. Globale Waren - Lokale Aneignungen. In: Brigitta<br />

Hauser-Schäublin und Ulrich Braukämper (Hg.): Ethnologie der<br />

Globalisierung. Perspektiven kultureller Verflechtungen. Berlin<br />

2002, 15-30.<br />

Taussig, Michael. Mimesis und Alterität. Eine eigenwillige<br />

Geschichte der Sinne. Aus dem Amerikanischen von Regine<br />

Mundel und Christoph Schirmer. Hamburg 1997.<br />

Tweder, Fabian et al.. Vita-Cola & Timms Saurer. Getränkesaison in<br />

der DDR. Berlin 1999

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