10.07.2015 Aufrufe

Männer-Gewalt gegen Frauen: gesellschaftlich, grenzenlos ...

Männer-Gewalt gegen Frauen: gesellschaftlich, grenzenlos ...

Männer-Gewalt gegen Frauen: gesellschaftlich, grenzenlos ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

OLYMPE 12/00OLYMPE 12/00mer noch nicht von ihren gewalttätigen <strong>Männer</strong>n getrennt haben, obwohl es dieseHilfemöglichkeiten gibt. Durch die <strong>Frauen</strong>hausarbeit tritt weniger die massenhafte<strong>Gewalt</strong>tätigkeit von <strong>Männer</strong>n in den Vordergrund als vielmehr die individuelle Notder <strong>Frauen</strong> und Kinder, die mit all ihren Stärken und Schwächen sichtbar werden.Die <strong>Männer</strong>, die diese Not verursacht haben, bleiben weitgehend im Dunkeln, ebensodie kulturellen Werte und geschlechtsspezifischen Ordnungen, die zur jeweiligenMisshandlungssituation beigetragen haben. Der Hinweis auf dieses Dilemma istnicht als Kritik an der <strong>Frauen</strong>hausarbeit gemeint, sondern verweist auf den weiterhinhohen sozialen, juristischen und politischen Handlungsbedarf und darauf, dass<strong>Frauen</strong>häuser unverzichtbar, aber allein keineswegs ausreichend sind im Kampf <strong>gegen</strong><strong>Gewalt</strong> an <strong>Frauen</strong> und Mädchen. Das macht die kommunalen Interventionsprogrammeunter Beteiligung von <strong>Frauen</strong>häusern, Beratungsstellen, <strong>Männer</strong>gruppen<strong>gegen</strong> <strong>Männer</strong>gewalt, Gleichstellungsstellen, Polizei, Justiz, Sozialbehörden u.ä.,wie sie in der BRD zunächst in Berlin (BIG) und Kiel (KIK) entstanden sind und invielen Kommunen in Form von Runden Tischen aufgegriffen werden, so wichtig.Die Aufgabe von Feministinnen in diesen Programmen sehe ich darin, sich auf derBasis von Kenntnissen über die örtliche Situation dafür einzusetzen, dass der Schutzder <strong>Frauen</strong> und ihrer Kinder an vorderster Stelle steht. Das halte ich für wichtiger,wenn wir den Kampf <strong>gegen</strong> <strong>Gewalt</strong> an <strong>Frauen</strong> und Mädchen ernst nehmen, als jedes- salopp gesagt - politische Reinheitsgebot. Ein isoliertes <strong>Frauen</strong>haus oder Beratungsprojektist zwangsläufig in seiner Schutzfunktion weniger effektiv als lokalvernetzte Projekte.Sichtbar gewordene GrenzenDie grossen Erfolge der <strong>Frauen</strong>hausbewegung, die in bedeutendem Umfang <strong>Frauen</strong>hausarbeitermöglicht hat, haben gleichzeitig praktische Grenzen dieser Arbeit aufverschiedenen Ebenen deutlicher werden lassen (Brückner 1996): Die erste Ebenebetrifft eine gewisse Schieflage bezogen auf die vergleichsweise geringeDurchsetzung gewaltreduzierender frauenpolitischer Forderungen einerseits und dieeindrucksvolle Schaffung von praktischen Hilfeeinrichtungen im Sozialbereichandererseits. Die «von <strong>Frauen</strong> für <strong>Frauen</strong>» erkämpften Einrichtungen haben überwiegendunterstützenden, betreuenden und beratenden Charakter und nicht primärpolitisch verändernden. Dennoch darf nicht verkannt werden, dass diese Einrichtungenselbst einen politischen Erfolg der <strong>Frauen</strong>bewegung darstellen und die sozialeLandschaft massgeblich beeinflusst und auch verändert haben. Ich sehe in den<strong>Frauen</strong>projekten sowohl die Hoffnung auf mehr <strong>gesellschaftlich</strong>e Gerechtigkeit für<strong>Frauen</strong>, indem ihre Belange ernst genommen werden, als auch die Chance für individuelleEntwicklungsprozesse, und zwar jenseits der Tatsache, dass <strong>Frauen</strong>häuserauch der kollektiven und der individuellen Entlastung dienen und damit den Miss-12 stand, den sie abschaffen wollen, vielleicht auch mit erhalten.Die zweite Ebene umfasst die unerwarteten Schwierigkeiten in der Zusammenarbeitunter <strong>Frauen</strong>. In die ursprünglichen Leitvorstellungen der <strong>Frauen</strong>häuser waren alleWünsche der <strong>Frauen</strong>bewegung nach einem besseren Leben eingeflossen: Selbstorganisationohne Leitung und Hierarchie, Hilfe auf der Basis von Freiwilligkeit undgemeinsamer Betroffenheit, Plena aller <strong>Frauen</strong> als zentrale Entscheidungsinstanz.Eine solidarische und egalitäre Haltung, selbsttätiges Engagement und eigenverantwortlicheÜbernahme anstehender Aufgaben wurden bei allen <strong>Frauen</strong> als vorhandenvorausgesetzt, und verhaltensregulierende, verbindliche Organisationsstrukturenschienen entsprechend überflüssig.Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Ideale die Gründerinnen und Projektfrauenüberforderten und zudem den Bewohnerinnen eher fremd waren und daherkaum aufrechterhalten werden konnten. Nichtnur durch die steigende Verberuflichung,sondern auch durch wachsende Bewusstheit der Differenzen unter<strong>Frauen</strong> wurde recht schnell deutlich, dass sich in den <strong>Frauen</strong>häusern - mehr oderweniger sichtbar - Anbieterinnen und Abnehmerinnen von <strong>Frauen</strong>arbeit <strong>gegen</strong>überstehen,während die Idee fraglos gegebener, gemeinsamer Interessen und einerArbeit unter Gleichen noch lange aufrechterhalten wurde. <strong>Frauen</strong>zusammenhängewecken in hohem Masse Ansprüche und Sehnsüchte, die eine explosive Mischungbilden können, da sie höchstens in Ansätzen erfüllbar sind. Ihnen wohnt ein Versprecheninne, das <strong>gegen</strong>über Bewohnerinnen ebenso gilt wie <strong>gegen</strong>über Mitarbeiterinnen:sich verstanden zu fühlen, an- und aufgenommen zu werden, sich weiterentwickelnzu können, in einer solidarischen Gemeinschaft aufgehoben zu sein.Andererseits haben <strong>Frauen</strong> inzwischen Erfahrungen mit der zerstörerischen Qualitätvieler Konflikte in <strong>Frauen</strong>zusammenhängen gemacht, denen nicht selten etwasArchaisches, Grenzenloses anhaftet (Flaake 1993).Blickpunkt <strong>Frauen</strong>hausarbeit und <strong>Frauen</strong>hausstrukturenThema: <strong>Frauen</strong>bildFür die Gründerinnengeneration war klar, dass misshandelte <strong>Frauen</strong> ganz normale<strong>Frauen</strong> sind und misshandelnde <strong>Männer</strong> diejenigen, die ein gravierendes Verhaltensproblemhaben. Daher gingen sie davon aus, dass misshandelte <strong>Frauen</strong> in derBewegung mitarbeiten können und sollen. Heute gibt es eine starke Beschäftigungmit der Traumatisierung misshandelter <strong>Frauen</strong> und deren Beratungsbedürftigkeit.Das feministische Bild von <strong>Gewalt</strong> betroffener <strong>Frauen</strong> hat sich grundlegend geändert.Ich vermute, dass ein nicht unbeträchtlicher Grund dieses Wechsels im Wandel der<strong>Frauen</strong>hausbewegung von einer politischen zu einer professionellen liegt; d.h., dassdas jeweils eigene Interesse beachtet werden muss: politische Mitstreiterinnen zufinden oder therapienahe und damit hoch qualifizierte, zeitintensive Hilfeformen zubegründen. Damit ist noch nichts über die Richtigkeit der einen oder der anderenSichtweise gesagt, lediglich über die Notwendigkeit, sich der eigenen Motivebewusst zu sein, um Fehlschlüsse zu vermeiden. 13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!