JAHRESBERICHT 2011 - FRÖBEL - Kompetenz für Kinder
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VOrStanDSberICht über DaS POlItISChe UMFelD<br />
Dieses betreuungsgeld wird von vielen experten als „anti-Kita-Kurs“ heftig kritisiert,<br />
weil damit ein Familienmodell „konserviert“ und nicht konsequent aus der Pers-<br />
pektive des Kindes gedacht werde. auch der Vorstand des Fröbel e.V. hält das<br />
betreuungsgeld <strong>für</strong> einen bildungspolitischen Irrweg. Der ehemalige bundes-<br />
finanzminister Steinbrück hat das Betreuungsgeld überspitzt als „integrationspo-<br />
litisch“ verfehlt bezeichnet, weil „gerade die <strong>Kinder</strong> mit Migrationshintergrund,<br />
die an den angeboten von Kitas teilhaben sollten, ihnen fernbleiben (werden)“;<br />
er hat es als „frauenpolitisch“ verfehlt bezeichnet, „weil die Frauen davon ab-<br />
gehalten werden, einem Job nachzugehen“, und er hat es als „eine bildungs-<br />
politische Katastrophe“ bezeichnet, weil „es das Ziel der Gesellschaft (unter-<br />
gräbt), allen <strong>Kinder</strong>n so früh wie möglich Sprach- und Sozialkompetenz zu ver-<br />
mitteln“.<br />
Deutlicher kann man wohl nicht Stellung beziehen. Und ich meine, dass es alle-<br />
mal vernünftiger ist, die geplanten zwei Milliarden euro betreuungsgeld in den<br />
ausbau der professionellen <strong>Kinder</strong>tagesbetreuung zu stecken, denn genau da<br />
fehlt das Geld!<br />
Einschnitte bei Finanzierung vs. Qualität und Zukunft<br />
Ungeklärt ist ferner das Dauerproblem der mittelfristig auskömmlichen Finanzie-<br />
rung des laufenden betriebs von <strong>Kinder</strong>gärten. es gibt Städte, landkreise und<br />
Kommunen, die gegenwärtig unter dem Druck stehen, ihre Finanzhaushalte zu<br />
sanieren, gleichzeitig aber von Gesetzes wegen leistungen im betreuungs-<br />
und bildungsbereich ausbauen zu müssen. eine Schere, die in einigen Kommu-<br />
nen zu schmerzhaften einschnitten bei der öffentlichen Finanzierung der <strong>Kinder</strong>-<br />
betreuung führt. Gesetzlich vorgeschriebene Grundleistungen werden auf ein<br />
Minimum reduziert, und das dadurch eingesparte Geld wird <strong>für</strong> andere, tages-<br />
aktuelle aufgaben verplant. Fragen nach Qualitätsentwicklung und Personal-<br />
sicherung im Kitabereich werden erst gar nicht gestellt. Investitionen oder gar<br />
Innovation in der <strong>Kinder</strong>betreuung bleiben auf der Strecke. Und das Wissen der<br />
Kommunen darum, dass jede schon früh unterbliebene Förderung von <strong>Kinder</strong>n<br />
zu erheblichen Folgekosten, etwa bei den später gebotenen hilfen zur erziehung,<br />
führt, <strong>für</strong> die die Kommune dann wieder die Kosten tragen muss, wird anschei-<br />
nend ausgeblendet.<br />
Mehr Standards – weniger Bürokratie<br />
auch wird unterschätzt, dass bildungsinvestitionen <strong>für</strong> eine Kommune wichtige<br />
Zukunftsinvestitionen sind. Sie nützen unmittelbar den bürgern der Kommune,<br />
seien es <strong>Kinder</strong> oder eltern, aber auch ortsansässigen Firmen, die im blick auf die<br />
Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf den flexiblen Einsatz ihrer Mitarbeiterin-<br />
nen und Mitarbeiter angewiesen sind.<br />
angesichts dieser Problemstellung wirkt es nur auf den ersten blick vermessen,<br />
auf dringend gebotene entwicklungen im Kitabereich hinzuweisen: Schon<br />
wegen europa halten wir es bei Fröbel <strong>für</strong> unerlässlich, eine stärkere und sich an<br />
OeCD-Standards messende Qualitätsentwicklung in <strong>Kinder</strong>gärten und Krippen<br />
einzuführen. Das schließt insbesondere die anpassung der betreuungsschlüssel<br />
auf europäisches niveau, aber auch eine zunehmende akademisierung des<br />
erzieherberufs ein. überall wird frühkindlicher bildung das Wort geredet – dass<br />
damit inhaltlich wesentlich mehr als allgemeine betreuungsarbeit verbunden ist,<br />
wird leicht übersehen. hier ist die angst der kommunalen haushälter vor steigen-<br />
den Personalkosten deutlich zu spüren. aber nur durch die Steigerung der attrak-<br />
tivität des berufs der erzieherinnen und erzieher besteht überhaupt die Chance,<br />
gut ausgebildetes und motiviertes Personal <strong>für</strong> bestehende und zusätzliche<br />
<strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen einzuwerben und dauerhaft zu halten.<br />
auch ein weniger an bürokratie bei der anerkennung von ausgebildeten erzie-<br />
herinnen und erziehern aus eU- und Drittstaaten bietet einen konkreten Weg zur<br />
besseren ausschöpfung von Personalressourcen. eltern wünschen sich immer<br />
öfter (und entschiedener) ein interkulturelles und bilinguales bildungsangebots<br />
im <strong>Kinder</strong>garten. ein vereinfachtes anerkennungsverfahren würde den einsatz<br />
dringend benötigter fremdsprachiger Muttersprachlerinnen und Muttersprach-<br />
ler erleichtern und die lage in den <strong>Kinder</strong>tagesstätten entspannen.<br />
In den kommenden Monaten wird nun darüber zu befinden sein, ob das 2008<br />
beschlossene <strong>Kinder</strong>förderungsgesetz tatsächlich als „Meilenstein <strong>für</strong> mehr Ver-<br />
einbarkeit von Familie und beruf, <strong>für</strong> mehr bildung <strong>für</strong> alle <strong>Kinder</strong>“ (!) akzeptiert<br />
werden kann, oder ob die Idee von bildungsgerechtigkeit schon im <strong>Kinder</strong>garten<br />
in der Gemengelage von vorgetragenem akutem Geldmangel und überschul-<br />
dung untergeht. Der Fröbel e.V. ist jedenfalls bereit und willens, an der umfas-<br />
senden qualitätsorientierten ausgestaltung der Zukunft der <strong>Kinder</strong>tageseinrich-<br />
tungen mitzuwirken.<br />
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