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PDF / 3,5 MB - Alfred Herrhausen Gesellschaft

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6Hinsicht Vorbild ist. Das gilt insbesonderefür die Güte seiner Produkte, für die ökologischenBemühungen, aber auch für das sozialeNetz, die Presse- und Meinungsfreiheitund das breite Informationsangebot.Als wenig vorbildlich gelten dagegen dasdeutsche Bildungssystem, die Integrationskonzepteund das soziale Klima in der <strong>Gesellschaft</strong>.Während 67 Prozent die Qualitätdeutscher Produkte für vorbildlich halten,62 Prozent die sozialen Sicherungssystemeund 52 Prozent die deutschen Bemühungenum den Schutz der Umwelt, stufen nur 21Prozent das deutsche Bildungssystem alsvorbildlich ein, 15 Prozent das Zusammenlebenvon Deutschen und Ausländern, 11 Prozentdas soziale Klima, den Umgang derMenschen miteinander.Hier setzt auch die Hauptkritik der Deutschenan sich selbst an. 70 Prozent empfindendie deutsche <strong>Gesellschaft</strong> als zu materialistisch,zwei Drittel als Ellbogengesellschaft,in der sich Egoismus und Rücksichtslosigkeitdurchsetzen. Die Kehrseite der sozialisiertenSolidarität, welche die Mehrheitin Gestalt des Sozialstaates als internationalvorbildlich lobt, ist die Unzufriedenheit überdie unzureichende individuelle Solidarität.Unbehagen weckt auch die zunehmende sozialeDifferenzierung. Die überwältigendeMehrheit der Bevölkerung konstatiert eineWie beliebt sind wir?„Glauben Sie, dass die Deutschen in der Weltbeliebt oder unbeliebt sind?“ (Prozent) 1)504030201004539393844341) Differenz zu 100 %: Unentschieden, keine Angaben. Basis: Bundesrepublik Deutschland,Bevölkerung ab 16 Jahre. Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach/F.A.Z.-Grafik swa.465130 29Unbeliebt1991 1997 2001 2002 2005 2009Unsere besten Jahre„Wann ging es den Menschen in Deutschlandam besten?“ (Prozent) 1)1950er Jahre1960er Jahre1970er Jahre1980er Jahre1990er JahreSeit 20003412Beliebt1618562123Die Bürger halten dasLand in vielem für vorbildlich –aber für zu materialistisch.So sehen die Deutschen sich selbst„Diese Punkte treffen auf Deutschland zu.“(Prozent, in Klammern: Wert für das Jahr 2002) 1)Schöne Landschaft/NaturQualität, GenauigkeitTüchtige, leistungsorientierteMenschenLebendigeskulturelles LebenIntensive Beschäftigungmit der VergangenheitPolitisch stabilBringt die europäischeVereinigung voranSelbstbewusst im Umgangmit anderen LändernWirtschaftsstandortmit ZukunftWeltoffen, aufgeschlossenDynamisch,anpassungsfähigRobuste, starke WirtschaftReformfreudigNiedrige Steuern/Abgaben5 (2)1) Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre.Quelle: Institut für Demoskopie Allensbach96 (95)90 (87)81 (75)73 (65)69 (66)64 (57)62 (62)59 (48)56 (49)53 (47)44 (38)39 (30)32 (29)F.A.Z.-Grafik swa.wachsende Kluft zwischen wohlhabenderenund ärmeren Bevölkerungsschichten; Trendanalysender Einkommensentwicklung belegen,dass die wirtschaftliche Leistungskraftder oberen 20 Prozent in den letzten 15 Jahrenweit überdurchschnittlich zugenommenhat – eine Entwicklung, die eine natürlicheBegleiterscheinung der jahrzehntelangenFriedens- und Wohlstandsperiode ist. Dieoberen Sozialschichten können zunehmendauf Vermögenseinkünfte und Erbschaftenbauen und koppeln sich von der Entwicklungder Erwerbseinkommen ab. Dies könntein einem Land, in dem Gleichheitsideenoft eine große Anziehungskraft entfalten, zugesellschaftlichen Konflikten führen.Soziale Gerechtigkeit hat in der politischenAgenda der deutschen Bevölkerung einenhohen Stellenwert. Interessanterweise misstsie jedoch der Chancengerechtigkeit einendeutlich höheren Stellenwert zu als demZiel, die sozialen Unterschiede zu begrenzen.Der Sozialstaat entschärft das Konfliktpotentialder sozialen Differenzierung. ObDeutschland dauerhaft größere soziale Unterschiedeakzeptiert, hängt jedoch vor allemdavon ab, ob die Durchlässigkeit der <strong>Gesellschaft</strong>gesichert ist und die unteren undmittleren Schichten die Chance sehen,durch Leistung aufzusteigen. Diese Chancenwerden zurzeit nicht nur von den unterenSozialschichten, sondern von der Mehrheitder gesamten Bevölkerung als unbefriedigendbewertet.Auch die weitere wirtschaftliche Entwicklungwird darüber entscheiden, wie sich dersoziale Friede und die Neigung zu Verteilungskämpfenentwickeln. Und hier, bei derEinschätzung ihrer Zukunftsperspektiven,ist die deutsche <strong>Gesellschaft</strong> mehr als skeptisch.Die besten Jahre Deutschlands warenaus der Sicht vieler vor allem die siebzigerJahre, teilweise die sechziger und achtzigerJahre, also die Jahrzehnte, in denen daswestdeutsche Empfinden vom Wirtschaftswunderund kontinuierlich wachsenden Verteilungsspielräumengeprägt war. Die Mehrheitfürchtet, Deutschland könne seinen Zenitüberschritten haben. Auf Sicht von zehnJahren rechnen die meisten mit einem sinkendenWohlstand, Schnitten in das sozialeNetz wie in die betrieblichen Sozialleistungen,mit wachsender Arbeitslosigkeit undzunehmenden sozialen Konflikten. Die großeMehrheit der Bevölkerung weiß, dasssich andere Weltregionen weitaus dynamischerentwickeln als Europa und dass diesdie Standortentscheidungen auch deutscherUnternehmen beeinflusst.Trotzdem ist das Selbstvertrauen, diese Herausforderungzu bestehen, in den letztenJahren gewachsen. Hatten in der Phase derWachstumsschwäche in der ersten Hälftedieses Jahrzehnts noch weite Teile der BevölkerungZweifel, ob Deutschland im härterwerdenden Standortwettbewerb bestehenkann, halten heute 78 Prozent Deutschlandfür einen guten Standort; die Mehrheitgeht auch davon aus, dass Deutschland alsWirtschaftsstandort Zukunft hat. Der Rückgangder Arbeitslosigkeit nach 2005 undder für die Bevölkerung bislang weit überwiegendglimpfliche Verlauf der Wirtschaftskrisenähren die Hoffnung, dass esgelingt, die Position des Landes noch einigeZeit zu verteidigen. Für ein Land, das fürchtet,die besten Zeiten hinter sich zu haben,wird die Verteidigung des Status quo zu einemerstrebenswerten Ziel.Renate Köcher ist Geschäftsführerin desInstituts für Demoskopie Allensbach.

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