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Diversity Management in Deutschland 2011: Ein Benchmark unter ...

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<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-Unternehmen2. <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> als ganzheitliches Konzept<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> muss mehr se<strong>in</strong> als e<strong>in</strong> teures, aber unwirksamesAushängeschild. Erfolgreiches <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>zielt auf e<strong>in</strong>e Änderung der Unternehmenskultur. Dazubedarf es e<strong>in</strong>es ganzheitlichen Ansatzes, um festgefahreneSysteme zu verändern – dies bedeutet, dass man an vorhandenenStrukturen, Prozessen und Denkmustern ansetzenmuss: Sie s<strong>in</strong>d langfristig und nachhaltig zu verändern. In derBeratungspraxis von Synergy Consult haben wir folgende Kriterienals maßgeblich für erfolgreiches <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>erlebt:• Strategisch: <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> leitet sich von der Unternehmensstrategie ab undstärkt sie.• Chefsache: Wesentlich ist die Unterstützung durch die erste Führungsebene – ohneoffizielles und vorgelebtes Engagement geht es nicht.• Zieldef<strong>in</strong>ition: Die Ziele müssen e<strong>in</strong>deutig festgelegt werden und – neben der Übernahmegesellschaftlicher Verantwortung – wirtschaftliche Vorteile be<strong>in</strong>halten.• Horizontal: Sämtliche Dimensionen sollten <strong>in</strong> ihrer gegenseitigen Verzahnung berücksichtigtwerden („Intersektionalität“). Unter Dimensionen verstehen wir <strong>Diversity</strong>-Merkmalewie Gender, Alter, Kultur etc.• Systematische Vorgehensweise: Die Ziele werden nach e<strong>in</strong>er Ist-Analyse für die darausabgeleiteten Handlungsfelder <strong>unter</strong>nehmens- und gegebenenfalls bereichsspezifisch def<strong>in</strong>iert.Daraufh<strong>in</strong> werden Maßnahmen erstellt und umgesetzt.• Paralleles Ansetzen an mehreren Handlungsfeldern: Neben Human Resources s<strong>in</strong>d auchFührung, Organisationsentwicklung, (<strong>in</strong>terne und externe) Kommunikation etc. alsAnsatzpunkte für Veränderungen zu berücksichtigen.• Langfristigkeit: Der Veränderungsprozess wird langfristig angelegt und mit gegebenenfallsanderen Initiativen zur Gestaltung von Unternehmenskultur verzahnt, denn DenkundVerhaltensänderungen werden nicht ad hoc vollzogen.• Nachhaltigkeit: Die Wirkung muss regelmäßig überprüft werden (<strong>Diversity</strong> Controll<strong>in</strong>g),um gegebenenfalls Folgemaßnahmen oder e<strong>in</strong>e Anpassung der vorhandenen Ziele undMaßnahmen vorzunehmen.• Zentrale AnsprechpartnerInnen: Für die konzeptionelle Gestaltung und als TreiberInnens<strong>in</strong>d konkrete Personen und Stellen möglichst nah zur strategischen Ebene zu def<strong>in</strong>ieren.• Dezentrale Verantwortliche: Für die bereichsspezifische Umsetzung tragen die jeweiligenBereichsleiterInnen Verantwortung.• Bottom-up: Die genannten Top-down-Aspekte s<strong>in</strong>d zu ergänzen mit Bottom-up-Aktivitäten,d. h. MitarbeiterInnen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Prozess e<strong>in</strong>zubeziehen.• Ressourcen: Ausreichende Sach- und Personalmittel s<strong>in</strong>d zur Verfügung zu stellen.• Potenzialorientierung: Es werden Potenziale fokussiert und genutzt, anstatt dass lediglichDefizite angegangen werden.Was verstehen wir <strong>unter</strong> Vielfalt? In e<strong>in</strong>schlägigen Richtl<strong>in</strong>ien der Europäischen Union wurdendie sechs Dimensionen Alter, Beh<strong>in</strong>derung, Geschlecht, Kulturzugehörigkeit, Religionund Sexuelle Orientierung def<strong>in</strong>iert. 1 Diese reichen natürlich nicht aus, um die Verschiedenartigkeitvon MitarbeiterInnen zu erfassen. Am Arbeitsplatz spielen weitere Dimensionen wieDauer der Zugehörigkeit, Hierarchieebene, Branche oder Ausbildung e<strong>in</strong>e entscheidendeRolle 2 . Tatsächlich liegt es an jedem Unternehmen selbst, die relevanten Dimensionen fürsich zu identifizieren.1 Die Richtl<strong>in</strong>ie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse 2000/43/EG und die Richtl<strong>in</strong>ie zur Gleichbehandlung<strong>in</strong> Beschäftigung und Beruf 2000/78/EG.2 vgl. für e<strong>in</strong>e ausführliche Darstellung unsere letztjährige Studie: Köppel, P. (2010): <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong><strong>Deutschland</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-Unternehmen. Parsdorf.3


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenLetztendlich geht es darum, MitarbeiterInnen als Persönlichkeiten mit vielen Facetten zu sehenund zu respektieren. E<strong>in</strong>e bewusste Anerkennung und mehr noch Wertschätzung derStärken e<strong>in</strong>es Individuums führen zu größerer Zufriedenheit und motivieren zu mehr E<strong>in</strong>satz.Alle<strong>in</strong> damit nutzt die E<strong>in</strong>beziehung aller MitarbeiterInnen letzten Endes dem Unternehmenauch wirtschaftlich. Weitere Synergieeffekte ließen sich bereits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studie <strong>in</strong> 2008 wiefolgt identifizieren und seitdem immer wieder bestätigen: 3Konfliktreduktionund ZufriedenheitKundenorientierungund MarktzugangZusammenarbeit und<strong>in</strong>ternationaler ErfolgArbeitgeberattraktivitätIntern führt Wertschätzung und e<strong>in</strong> konstruktiver Umgang mit Vielfalt zu Konfliktreduktion underhöhter Mitarbeiterzufriedenheit. Wenn es Unternehmen zudem schaffen, sich extern alsguter und diversity-freundlicher Arbeitgeber zu positionieren, können sie neue Zielgruppenvon BewerberInnen erschließen und damit dem Fachkräftemangel begegnen. Schlüsselpersonenim Kundenkontakt oder <strong>in</strong> der Produktentwicklung, die aus derselben Zielgruppewie die KundInnen stammen (z. B. Frauen, Ältere, MigrantInnen), können neue Märkte im InundAusland öffnen, da sie im Angebot und im Service stärker auf spezifische Bedürfnissee<strong>in</strong>gehen können. In der höchsten Stufe e<strong>in</strong>es erfolgreichen <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>s befruchtensich die verschiedenen Erfahrungsh<strong>in</strong>tergründe, Wissensvorräte und Perspektivender MitarbeiterInnen. Dadurch können kreativere und <strong>in</strong>novative Lösungen gefunden werden.Zudem können Aufgaben, die Verschiedenartigkeit erfordern, adäquater bewältigt werden –z. B. <strong>in</strong>ternationale Projekte.3. Schwerpunkt FrauenförderungDer politische Druck zur Frauenförderung nimmtimmer stärker zu; die Frauenquote steht ganzoben auf der politischen Agenda des Bundesm<strong>in</strong>isteriumsfür Familie, Senioren, Frauen undJugend. Die Frauenquote bzw. die Diskussiondarüber ist aber nur das bekannteste Thema<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es weiten Handlungsbedarfs. Frauenförderungmuss Teil e<strong>in</strong>es ganzheitlichen <strong>Diversity</strong><strong>Management</strong>s se<strong>in</strong>. Dabei geht es nichtum die Behebung von „Frauendefiziten“. Vielmehr soll e<strong>in</strong>e Unternehmenskultur gestaltetwerden, die Potenziale von Männern und Frauen gleichermaßen nutzt. Die gezielte, stärkereE<strong>in</strong>beziehung von Frauen darf Männer nicht verschrecken – denn e<strong>in</strong> Unternehmen brauchtbeide Geschlechter.Um Frauen zu stärken, verwenden wir das Modell „Wollen-Können-Dürfen“ und setzen andiesen drei Stellhebeln gleichzeitig an. Zu häufig wurde <strong>in</strong> der Vergangenheit nur auf e<strong>in</strong>ene<strong>in</strong>zelnen Faktor gesetzt – wie z. B. Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie und Beruf. Dann folgte stetsdie Enttäuschung, dass sich der Anteil von Frauen <strong>in</strong> Führung nicht (signifikant) vergrößert.Beim „Wollen“ anzusetzen heißt zu erkennen, welche Motivation Frauen antreibt – was musssich ändern, damit sie e<strong>in</strong>en Führungsjob anstreben? „Können“ bezieht sich nicht etwa aufmangelnde Qualifikationen der Frau – ganz im Gegenteil, häufig s<strong>in</strong>d Frauen höher qualifi-3 Köppel, P., Sandner, D. (2008): Synergie durch Vielfalt, Gütersloh.4


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-Unternehmenziert als Männer, abgesehen vielleicht beitechnischen Berufen. „Können“ bezieht sichvielmehr auf die Fähigkeit, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er derzeitmännlich dom<strong>in</strong>ierten Führungswelt mitspielenzu können. „Dürfen“ sagt aus, obman Frauen überhaupt mitspielen lässt – ob<strong>in</strong>terne Prozesse (z. B. Beförderungskriterien),Strukturen (z. B. Infrastruktur zur K<strong>in</strong>derbetreuung)oder Denkmuster (Rollenerwartungenan Frauen und Männer) ihreKarriere zulassen. An allen drei Stellschraubengleichzeitig zu drehen ist, also für e<strong>in</strong>eUnternehmenskultur notwendig, die Frauenebenso wie Männer e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>det.KÖNNENFähigkeitenWOLLENMotivationDÜRFENUnternehmenskulturWie fühlen sich Frauen aktuell <strong>in</strong> Unternehmen? Wir führten dazu im Frühjahr <strong>2011</strong> e<strong>in</strong>enOnl<strong>in</strong>e-Test durch, für den wir 134 Fragebögen auswerteten. 4 Demzufolge können 68 % derUnternehmen als frauenfreundlich e<strong>in</strong>geschätzt werden. Fast alle Unternehmen (90 %)bieten Teilzeit an – allerd<strong>in</strong>gs nur 58 % auch für Führungskräfte. Weitere Angebote s<strong>in</strong>dTelearbeit (72 %), generelle Maßnahmen zur Vere<strong>in</strong>barung von Familie und Beruf (78 %),Frauennetzwerke und Mentor<strong>in</strong>g-Programme (44 %), die Berücksichtigung von K<strong>in</strong>der-Abholzeiten (74 %) sowie die Sorge um K<strong>in</strong>derbetreuung (56 %). 57 % der Befragten wissenum e<strong>in</strong> Bekenntnis der Führungsebene zur Frauenförderung. Allerd<strong>in</strong>gs: nur <strong>in</strong> 34 % derFührungsebenen s<strong>in</strong>d auch Frauen mit mehr als 15 % vertreten. Bezeichnenderweiseversuchen nur magere 29 % der befragten Unternehmen herauszuf<strong>in</strong>den, warum Frauen dieSpitze selten erreichen. Nur knapp 40 % <strong>unter</strong>suchen, ob faktische Benachteiligungen bestehen,z. B. ob sich e<strong>in</strong> Teilzeitwunsch nachteilig auf e<strong>in</strong>e Beförderung auswirkt. Zudemgaben nur 65 % an, dass Männer und Frauen den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit erhalten.Nur 38 % der Unternehmen akzeptieren, dass Väter länger als 8 Wochen <strong>in</strong> Elternzeitgehen. Das bedeutet: es gibt kaum offene Diskrim<strong>in</strong>ierung – aber auch wenig systematischeFrauenförderung. Die zahlreichen Maßnahmen wirken nur oberflächlich und das Rollenverständnisbleibt traditionell. Dies umso mehr, als das Arbeitsklima nicht kritisch bewertet wirdund die Befragten mit dem Arbeitgeber zufrieden zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>en.4 Köppel, P., Leber, N. (<strong>2011</strong>): Wie frauenfreundlich ist Ihr Unternehmen? Auswertung des Onl<strong>in</strong>e-Tests. Onl<strong>in</strong>e:http://www.synergie-durch-vielfalt.de5


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenUnser Ergebnis deckt sich mit anderenStudien: Frauenförderung zeigt sich noch Frauenanteil … <strong>in</strong> %nicht <strong>in</strong> den Chefetagen. Wie e<strong>in</strong>e Studie <strong>in</strong> den Aufsichtsräten der DAX, MDAX,des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung(DIW) ergab, nehmen <strong>unter</strong>11,8SDAX und TecDAX-Unternehmen<strong>in</strong> den Vorständen der DAX, MDAX, SDAXden Vorständen der größten 200 UnternehmenFrauen 2010 nur 3,2 % e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>3,6und TecDAX-Unternehmen<strong>in</strong> den Vorständen der 200 größtenden größten 100 Unternehmen und <strong>in</strong>3,2Unternehmenden DAX 30-Unternehmen sogar nur2,2 %. 5 Auch der Women-on-Board-Index <strong>in</strong> den Vorständen der 100 größten und2,2DAX 30-Unternehmenkommt zu ähnlich niedrigen Zahlen mit3,6 % Frauenanteil <strong>in</strong> Vorständen der DAX, MDAX, SDAX und TecDAX-Unternehmen. Nur <strong>in</strong>die Aufsichtsräte schaffen es immerh<strong>in</strong> 11,84 % – meist über die Arbeitnehmerseite. 6 Auchder Erste Gleichstellungsbericht des Bundesfamilienm<strong>in</strong>isteriums belegt, dass zwar immermehr Frauen erwerbstätig se<strong>in</strong> wollen, sie aber nicht gleichberechtigt am Erwerbsleben teilhaben.Beispielsweise wirken sich entscheidende Übergänge des Lebens wie Familiengründungoder Wiedere<strong>in</strong>stieg für Frauen tendenziell karrierehemmender aus als für Männer. 7Dabei zeigen immer mehr Studien, dass der Anteil an Frauen <strong>in</strong> Führungspositionen im Verhältniszum Unternehmenserfolg steht. McK<strong>in</strong>sey fand heraus, dass Unternehmen mit demhöchsten Anteil an Frauen im Entscheidungsgremium wirtschaftlich erfolgreicher s<strong>in</strong>d als solcheohne – sowohl <strong>in</strong> organisatorischer als auch <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzieller H<strong>in</strong>sicht: 8 H<strong>in</strong>sichtlich Kapitalrendite(11,4 % vs. 10,3 %), Betriebsergebnis (EBIT: 11,1 % vs. 5,8 %) und Aktienkursanstieg(64 % zwischen 2005 und 2007, vs. 47 %) s<strong>in</strong>d Unternehmen mit hohem Frauenanteilim Entscheidungsgremium erfolgreicher als der Sektordurchschnitt.Der Phönix Report <strong>2011</strong> stellte fest, dass Top-<strong>Management</strong>teams, die Diversität <strong>in</strong> Internationalität,Erfahrungs- und Bildungsh<strong>in</strong>tergründen sowie beim Geschlecht aufweisen, höhereProfitabilität erzielen. Ursachen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere Innovationskraft, e<strong>in</strong>e <strong>unter</strong>schiedlichausgeprägte Risikobereitschaft, das proaktive Vorgehen e<strong>in</strong>er Führungsriege, <strong>in</strong>ternationaleVernetzung und Talente sowie e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Kundenorientierung. 94. Die Ergebnisse des <strong>Benchmark</strong> <strong>2011</strong>4.1 MethodikBei unserem <strong>Benchmark</strong> konzentrieren wir uns auf dieDAX 30-Unternehmen, da sie die Situation <strong>in</strong> großen, <strong>in</strong>ternationaltätigen Firmen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> widerspiegelnund Vorbildcharakter besitzen. Wie bei der Vorgängerstudiehaben wir zunächst die eigenen Publikationen derUnternehmen recherchiert und auf Änderungen zumVorjahr überprüft. In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt wurden dieUnternehmen bzw. die betreffende Fachabteilung gebeten,die von uns erhobenen Daten zu kontrollieren.Letzteres erfolgte durch 19 Unternehmen.5 Holst, E., Schimeta, J. (<strong>2011</strong>): 29 von 906: Weiterh<strong>in</strong> kaum Frauen <strong>in</strong> Top-Gremien großer Unternehmen. In:Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: Wochenbericht. 78. Jahrgang, Berl<strong>in</strong>, Nr. 3/<strong>2011</strong>.6 FidAR – Frauen <strong>in</strong> die Aufsichtsräte e.V. (<strong>2011</strong>): Women-on-Board-Index. Transparente und laufendeDokumentation des Anteils von Frauen <strong>in</strong> Führungspositionen der im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX notiertenUnternehmen. Berl<strong>in</strong>.7 Sachverständigenkommission zur Erstellung des Ersten Gleichstellungsberichtes der Bundesregierung (<strong>2011</strong>):Erster Gleichstellungsbericht. Neue Wege – Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf.8 McK<strong>in</strong>sey&Company (2010): Women Matter 2010.9 Accenture (<strong>2011</strong>): Phönix Report <strong>2011</strong>.6


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenUnsere zentralen Fragestellungen waren:1 Seit wann und wie stark wird <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong>stitutionalisiert?2 Welche Schwerpunkte werden <strong>in</strong>haltlich gelegt?3 Welche Dimensionen werden besonders gefördert?4 Gibt es Belege für den Erfolg von <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>?5 Wie wird Gender/Frauenförderung derzeit bearbeitet?4.2 Veränderungen September 2010 zu August <strong>2011</strong>In unserem letzten <strong>Benchmark</strong> von September 2010konnten wir bereits feststellen, dass sich <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong><strong>in</strong> deutschen Unternehmen zunehmend ausbreitet.Dieser Trend setzt sich seitdem fort. Als Anhaltspunktefür die Beschäftigung mit <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>nahmen wir die Benennung e<strong>in</strong>er direktenAnsprechperson, die Unterzeichnung der „Charta derVielfalt“ und die Teilnahme am Netzwerk „Synergiedurch Vielfalt“.2010 hatten wir als zentralen Indikator für <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> def<strong>in</strong>iert, dass offiziell e<strong>in</strong>eStelle für <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> geschaffen wurde. Tatsächlich haben seitdem sieben weitereDAX 30-Unternehmen e<strong>in</strong>e Ansprechperson benannt (Adidas, Bayer, BMW, Inf<strong>in</strong>eonTechnologies, MAN, Merck, Munich Re). Waren es im September 2010 also noch 16 Unternehmen,haben nun 23 der DAX 30-Unternehmen e<strong>in</strong>e zentrale Anlaufstelle. Zwei weitereAnlaufstellen s<strong>in</strong>d derzeit noch im Aufbau begriffen (Beiersdorf und ThyssenKrupp). Die benanntenPersonen tragen <strong>in</strong> den Unternehmen sehr <strong>unter</strong>schiedliche Bezeichnungen; derE<strong>in</strong>fachheit halber sollen sie hier <strong>unter</strong> dem Begriff „<strong>Diversity</strong> ManagerIn“ geführt werden. ImFolgenden bezeichnen wir genau diese 23 Unternehmen als „aktiv im <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>“.Dies deckt sich fast komplett mit der Selbste<strong>in</strong>schätzung der Unternehmen, <strong>Diversity</strong><strong>Management</strong> zu betreiben. 10Ebenfalls stetig mehr Unternehmen <strong>unter</strong>zeichnen die „Charta der Vielfalt“: <strong>2011</strong> <strong>unter</strong>schriebendrei weitere DAX 30-Unternehmen diese Selbstverpflichtung, Vielfalt anzuerkennenund zu fördern (K+S, L<strong>in</strong>de, BMW). 22 der DAX 30-Unternehmen haben nun die Charta<strong>unter</strong>zeichnet – gegenüber 19 im Vorjahr.Das Netzwerk „Synergie durch Vielfalt“ dient als Austauschplattform <strong>unter</strong> <strong>Diversity</strong>-PraktikerInnenund sorgt für <strong>unter</strong>nehmensübergreifende Synergieeffekte. Insbesondere Unternehmen,die <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> gerade ausbauen oder weiterentwickeln, nehmen es <strong>in</strong>Anspruch. Die Anzahl der TeilnehmerInnen an dem Netzwerk „Synergie durch Vielfalt“ liegtkonstant bei 12 mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Wechsel.Elf Unternehmen erfüllen alle drei Indikatoren, drei ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen und 16 e<strong>in</strong>en oder zweiIndikatoren. An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir bis zu diesem Punkt der Studie die<strong>Diversity</strong>-Aktivitäten selbst und deren Qualität noch nicht betrachten – dazu kommen wir aufden nächsten Seiten. Insgesamt bestätigen die bisherigen Daten vor allem e<strong>in</strong> wachsendesBewusstse<strong>in</strong> für die Bedeutung von <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> an sich sowie für dieNotwendigkeit, es zentral zu <strong>in</strong>stitutionalisieren, mit offiziellem Commitment nach außen zuzeigen und mit <strong>unter</strong>nehmensübergreifender Vernetzung voranzutreiben.10 Nur L<strong>in</strong>de gibt an, aktiv <strong>in</strong> Sachen <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> zu se<strong>in</strong>, ohne e<strong>in</strong>en konkreten Ansprechpartner zubenennen.7


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenNr. UnternehmenZentrale Ansprechpersonfür <strong>Diversity</strong><strong>Management</strong>Unterzeichnung der‚Charta der Vielfalt‘Teilnahme amNetzwerk ‚Synergiedurch Vielfalt‘2010 <strong>2011</strong> 2010 <strong>2011</strong> 2010 <strong>2011</strong>1 Heidelberg Cement -- k.A. -- ne<strong>in</strong> -- ne<strong>in</strong>2 Fresenius Medical Care k.A. k.A. ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>3 Fresenius Vz k.A. k.A. ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>4 K+S k.A. k.A. ne<strong>in</strong> ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>5 L<strong>in</strong>de* k.A. k.A. ne<strong>in</strong> ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>6 Beiersdorf k.A. <strong>in</strong> Arbeit ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>7 Munich Re* k.A. ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>8 MAN* <strong>in</strong> Arbeit ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>9 Deutsche Lufthansa* ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ja ne<strong>in</strong>10 Merck* k.A. ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong> ja ja11 Adidas* k.A. ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>12 Bayer k.A. ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>13 Inf<strong>in</strong>eon Technologies k.A. ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>14 Daimler* ja ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>15 Deutsche Börse* ja ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>16 Deutsche Telekom ja ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>17 Metro* ja ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>18 SAP* ja ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>19 Volkswagen ja ja ja ja ne<strong>in</strong> ne<strong>in</strong>20 ThyssenKrupp* k.A. <strong>in</strong> Arbeit ja ja ja ja21 BMW* <strong>in</strong> Arbeit ja ne<strong>in</strong> ja ja ja22 Allianz* ja ja ja ja ne<strong>in</strong> ja23 BASF* ja ja ja ja ja ja24 Commerzbank* ja ja ja ja ja ja25 Deutsche Bank ja ja ja ja ja ja26 Deutsche Post* ja ja ja ja ja ja27 E.ON* ja ja ja ja ja ja28 Henkel* ja ja ja ja ja ja29 RWE ja ja ja ja ja ja30 Siemens* ja ja ja ja ja jaInsgesamt mit ja geantwortet 16 23 19 22 12 12* Diese Unternehmen haben unsere Daten geprüft.8


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-Unternehmen4.3 Institutionelle Verankerung von <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>Zunächst stellten wir fest, dass es <strong>in</strong> 15 Unternehmenmehr als e<strong>in</strong>e/n zentrale/n Ansprechpartner/<strong>in</strong> alsHauptmerkmal e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>stitutionalisierten <strong>Diversity</strong><strong>Management</strong>s gibt. Diese 15 Unternehmen haben denKreis der Verantwortlichen für <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>um weitere Personen erweitert.So werden z.B. die Teams um den/die <strong>Diversity</strong> ManagerInvergrößert (z.B. BASF, Adidas). Oder es werdenweitere dezentrale Stellen benannt, um e<strong>in</strong>e <strong>unter</strong>nehmensübergreifendeAbdeckung zu ermöglichen –z. B. lokale HR-Verantwortliche und <strong>Diversity</strong>-Beauftragte, die meist zusätzlich zu ihrer regulärenAufgabe <strong>Diversity</strong> betreuen.Councils dienen der Beratung, Vernetzung und strategischen Richtungsgebung – sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>der Praxis auf ganz <strong>unter</strong>schiedlichen Ebenen angesiedelt: vom Vorstand bis h<strong>in</strong> zu lokalenHR-Managern. Wir f<strong>in</strong>den sie <strong>in</strong> sechs Unternehmen (Allianz, BASF, Bayer, Daimler,Deutsche Bank, Siemens). In ebenfalls sechs Unternehmen gibt es Paten/ Schirmherren/Mentoren im Vorstand (Allianz, BASF, Commerzbank, Daimler, E.ON, SAP).Die Ansiedlung des/r <strong>Diversity</strong> Managers/<strong>in</strong> erfolgt auf verschiedenen Ebenen; <strong>in</strong>zwischen ister bereits zehnmal direkt <strong>unter</strong> dem Vorstand und fünfmal <strong>unter</strong> der Personalleitung e<strong>in</strong>gegliedert.Dies zeigt ebenfalls die wachsende Bedeutung von <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>: Je höherder/die Verantwortliche angesiedelt ist, desto mehr Ressourcen stehen ihm/ihr zur Verfügung,desto mehr Unterstützung erfährt er/sie, desto nachhaltiger ist se<strong>in</strong>e/ihre Wirkung.Meistens ist der/die <strong>Diversity</strong> ManagerIn dem HR-Bereich zugehörig. Ausnahmefälle s<strong>in</strong>dCorporate Social Responsibility (Deutsche Börse, MAN, Metro) bzw. Komb<strong>in</strong>ationen mitHealth (SAP) oder Change (Deutsche Lufthansa).In ihrer Gesamtheit stützen diese Angaben das Bild, dass <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> ausgebautwird: sowohl Kapazitäten als auch <strong>in</strong>stitutionelle Verbreitung nehmen im Unternehmen zu.9


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-Unternehmen<strong>Diversity</strong> ManagerInnen <strong>in</strong> den DAX 30-Unternehmen <strong>2011</strong>DAX 30-UnternehmenPosition/Bezeichnung des/der<strong>Diversity</strong> Managers/<strong>in</strong>?Seitwann?Teamgröße?An wen berichtet der/die <strong>Diversity</strong> ManagerIn?1 AdidasVice President HR Global Operations, HR &<strong>Diversity</strong>2 Allianz Group <strong>Diversity</strong> Officer 20063 BASFVice President und Leiter des Globalen <strong>Diversity</strong>& Inclusion Teams4 Bayer Global Head of <strong>Diversity</strong> & Inclusion <strong>2011</strong> k.A.2010 3 Chief Human Resources Officer2 national,2 global2008 14 Vorstandsvorsitzender5 Beiersdorf im Aufbau k.A. k.A. k.A.Global <strong>Diversity</strong> Sponsor und Chief HR OfficerLeiter<strong>in</strong> der Abteilung „Executive <strong>Management</strong>“ im Bereich„Corporate Human Resources & Organization“6 BMW <strong>Diversity</strong> Beauftragte 2009 k.A. k.A.7 CommerzbankLeiter<strong>in</strong> <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>, Group HumanResources2001 4 Bereichsleitung „Policies & Rewards“ <strong>in</strong> Human Resources8 Daimler Director Global <strong>Diversity</strong> Office 2005 8 Bereichsleiter <strong>in</strong> HR9 Deutsche Bank Global Head of <strong>Diversity</strong> 1999 9 Global Head of Talent & Development10 Deutsche Börse Head of Corporate Responsibility 2009 0 Vorstandsvorsitzender bzw. CFO mit Personalverantwortung11 DeutscheLufthansa12 Deutsche Post13 Deutsche Telekom14 E.ON15Fresenius MedicalCareLeiter<strong>in</strong> Change <strong>Management</strong> und <strong>Diversity</strong> 2001 3 Bereichsleiter „Konzern-Personalpolitik“Vice President Corporate Culture und Leiter<strong>in</strong>des Bereichs <strong>Diversity</strong>Leiter<strong>in</strong> Group <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> / Chief<strong>Diversity</strong> OfficerVice President <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> / Leiter<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>200612 national& globalPersonalvorstand2004 14 Personalvorstandk.A. k.A. k.A. k.A.2007 1,5 (zentral) Senior Vice President Group Human Resources


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenDAX 30-UnternehmenPosition/Bezeichnung der/des<strong>Diversity</strong> Managers/In?Seitwann?Teamgröße?An wen berichtet der/die <strong>Diversity</strong> ManagerIn?16 Fresenius Vz k.A. k.A. k.A. k.A.17 HeidelbergCement k.A. k.A. k.A. k.A.18 Henkel19 Inf<strong>in</strong>eonTechnologiesHead of Global <strong>Diversity</strong> & Inclusion <strong>Management</strong>20073 national,16 globalDirector <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>Deutschland</strong> k.A. k.A. k.A.Head of Human Resources20 K+S k.A. k.A. k.A. k.A.21 L<strong>in</strong>de k.A. k.A. k.A. k.A.22 MANbei Personalvorstand und CR-Manager<strong>in</strong> bzw.bei CR-Excellence Teamk.A. k.A. Personalvorstand23 Merck Chief <strong>Diversity</strong> Officer <strong>2011</strong> wechselnd Geschäftsleitungsmitglied Personal24 Metro Head of <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> 2006 k.A. Head of Corporate Social Development25 Munich Reke<strong>in</strong>e separate Funktion; Koord<strong>in</strong>ation überCorporate HR-- 0 k.A.26 RWE <strong>Diversity</strong> Officer 2006 5 Personalvorstand27 SAP Global Head of <strong>Diversity</strong> 2003 6Head of Change <strong>Management</strong> and Organizational Development28 Siemens Chief <strong>Diversity</strong> Officer 2008 k.A. Vorstandsvorsitzender29 ThyssenKrupp im Aufbau -- im Aufbau im Aufbau30 Volkswagen Leiter<strong>in</strong> der Frauenförderung k.A. k.A. k.A.2


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-Unternehmen4.4 <strong>Diversity</strong>-SchwerpunkteFür unseren <strong>Benchmark</strong> fragten wir die Unternehmen,welche <strong>Diversity</strong>-Schwerpunkte sie derzeit setzen. DieAntworten verdeutlichen, dass sie ihre Schwerpunkteweitgehend <strong>in</strong>dividuell nach ihrem jeweiligen Bedarfausrichten. Sie beziehen sich nur vage auf externdef<strong>in</strong>ierte Dimensionen wie die EU-Dimensionen Alter,Beh<strong>in</strong>derung, Geschlecht, Kulturzugehörigkeit, Religionund Sexuelle Orientierung.Fast alle Unternehmen beschäftigen sich mit mehreren Dimensionen. Dies deutet auf e<strong>in</strong>ehorizontale Ausrichtung h<strong>in</strong> und entspricht e<strong>in</strong>em ganzheitlichen <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>-Ansatz.Explizit ganzheitlich/holistisch nennen ihren Ansatz die Deutsche Bank, Henkel, Lufthansa,Telekom und SAP. Nur L<strong>in</strong>de und Volkswagen setzen auf e<strong>in</strong>en alle<strong>in</strong>igen Schwerpunkt,nämlich auf Gender.Unser <strong>Benchmark</strong> zeigt: <strong>2011</strong> nehmen alle 26 Unternehmen, die vielleicht nur e<strong>in</strong>e <strong>Diversity</strong>-Maßnahme m<strong>in</strong>imal umsetzen, Frauen <strong>in</strong> den Fokus. Aufschlussreich ist dabei die Bezeichnungder Dimension. E<strong>in</strong>ige bezeichnen sie schlicht mit „Frauen“. Andere verwenden dieBegriffe „Gender“ „Geschlecht“ oder „Gender <strong>Diversity</strong>“, „Familie/Beruf“ oder auch „Chancengleichheit“.Die Begrifflichkeit kann auf e<strong>in</strong>en Lernprozess bzw. auf e<strong>in</strong>en ganzheitlichenAnsatz deuten: der Begriff „Gender“ bezieht sich sowohl auf Frauen als auch auf Männer.Obwohl die Bandbreite zu fördernder Personen dementsprechend vor Ort manchmal weiter,manchmal enger gefasst wird, zielen alle Unternehmen (auch) auf die Förderung vonFrauen. Vor allem der politische Druck zeigt <strong>in</strong> dieser Frage also e<strong>in</strong>e klare Wirkung: ausnahmslosalle Unternehmen fühlen sich verpflichtet, den Frauenanteil zu erhöhen – entweder<strong>in</strong> der Belegschaft allgeme<strong>in</strong> oder explizit <strong>in</strong> Führungspositionen.Die zweitwichtigste Dimension ist Alter bzw. „Age“, „Age <strong>Diversity</strong>“, „Generationen“, „Seniorität“,„Ältere Mitarbeiter“, „<strong>unter</strong>schiedliche Altersgruppen“, „Zusammenarbeit der Generationen“,„Demographie“. 22 Unternehmen beschäftigen sich mit dieser Dimension.An dritter Stelle <strong>in</strong> der Prioritätenliste f<strong>in</strong>det sich Kulturzugehörigkeit. Wir fassen dar<strong>unter</strong> alleAngaben wie „Herkunft“, „Culture“, „Ethnicity“, „Interkulturalität, „Internationalität“, „<strong>in</strong>ternationaleTeams“, „kulturelle Vielfalt“, „Kulturen, Nationalität/Herkunft“, „National <strong>Diversity</strong>“ „Migration“,„Nationalität/kultureller H<strong>in</strong>tergrund“, „Nationality“, „verschiedene Nationalitäten undkulturelle H<strong>in</strong>tergründe“ und „Cross Culture“. 21 Unternehmen nennen diese Dimension alsSchwerpunktthema.Relativ wenig Beachtung f<strong>in</strong>det die Dimension Beh<strong>in</strong>derung („Beh<strong>in</strong>derte“, „Schwerbeh<strong>in</strong>derteMitarbeiter“). <strong>2011</strong> fördern acht Unternehmen explizit Beh<strong>in</strong>derte. Auch die DimensionSexuelle Orientierung von MitarbeiterInnen wird bisher selten thematisiert. <strong>2011</strong> gebensechs Unternehmen „Sexuelle Orientierung“ bzw. „LGBT“ (Lesbian, Gay, Bisexual undTransgender) als Schwerpunkt an. Nicht so sehr verschiedene Herkunftskulturen als vielmehre<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same, identitätsstiftende Zielkultur sche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>ige Unternehmen im Blickzu haben, die als Tätigkeitsfeld „Unternehmenskultur“, „(Unternehmens)Kultur“ oder„Inclusive Culture“ angeben; explizit bekennen sich fünf Unternehmen dazu. So gut wie ke<strong>in</strong>eBeachtung f<strong>in</strong>det der Schwerpunkt Religion („Religion/Weltanschauung“ bzw. „Weltanschauungen“).Dies überrascht aufgrund der aktuellen medialen und politischen Diskussion.Vielleicht wird diese Dimension auch <strong>unter</strong> „Kultur“ subsumiert. <strong>2011</strong> gaben jedenfalls nurzwei Unternehmen diesen Schwerpunkt an – nämlich SAP und Inf<strong>in</strong>eon Technologies.12


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenFür <strong>2011</strong> ergibt sich also folgende Rangfolge der Dimensionen:Rang <strong>2011</strong> Dimension Anzahl der Unternehmen1 Geschlecht 262 Alter 223 Kulturzugehörigkeit 214 Beh<strong>in</strong>derung 85 Sexuelle Orientierung 66 Unternehmenskultur 57 Religion 2Zum Vergleich: Bereits 2006 befragten wir deutsche und <strong>in</strong>ternationale Groß<strong>unter</strong>nehmen,um die Relevanz der verschiedenen Dimensionen herauszuf<strong>in</strong>den. Es ergab sich folgendeRangfolge (Unternehmenskultur wurde nicht abgefragt) 11 , deren Tendenz sich bis heutefortsetzt:Rang 2006Dimension1 Geschlecht + Alter3 Kulturzugehörigkeit + Beh<strong>in</strong>derung5 Religion6 Sexuelle OrientierungSonstige Schwerpunkte unseres <strong>Benchmark</strong> <strong>2011</strong> deuten wiederum auf <strong>unter</strong>nehmensspezifischeDifferenzierungen h<strong>in</strong>; z. B. werden Begriffe wie „Fähigkeiten“, „Talent Pools“,„customer diversity“, „Work-Life-Balance“ oder „Gesundheitsmanagement“ genannt. DieseSchwerpunkte verweisen auf die Förderung <strong>in</strong>terner Talente oder der Leistungsfähigkeit oderauch auf e<strong>in</strong>e gezielte Kundenb<strong>in</strong>dung.4.5 Belege für die Auswirkungen von <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>E<strong>in</strong>e Frage unseres <strong>Benchmark</strong>s galt konkreten Ergebnissen:Welche Auswirkungen haben all die <strong>Diversity</strong>-Aktivitäten? Gibt es messbare Erfolge? Die Antwortenfallen verhalten aus: 12 Unternehmen machen dazu garke<strong>in</strong>e Angaben; L<strong>in</strong>de und Munich Re verne<strong>in</strong>en dieFrage. Andere Unternehmen sehen Erfolge meist (nur)<strong>in</strong> Bezug auf Frauenförderung, obwohl die Frage alle<strong>Diversity</strong>-Maßnahmen e<strong>in</strong>bezieht. So verweisen dreiUnternehmen auf e<strong>in</strong>e Erhöhung des Frauenanteils:E.ON konnte <strong>2011</strong> se<strong>in</strong>en Frauenanteil <strong>in</strong> Top-Führungspositionen auf 12 % steigern, Henkelerhöhte den Anteil von Frauen <strong>in</strong> Führungspositionen von 24,5 % im Jahre 2006 auf rund29 % Ende 2010.Symptomatisch für die meisten Unternehmen könnte die Aussage der Deutschen Börse se<strong>in</strong>:„Wir s<strong>in</strong>d von der hohen Leistungsfähigkeit diverser Teams überzeugt – quantitativ belegenkönnen wir dies jedoch nicht“. Nur Daimler gibt an, den Mehrwert diverser Teams zu <strong>unter</strong>suchen.Im konkreten Fall sche<strong>in</strong>t sich der Erfolg von <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> also (noch)nicht so offensichtlich darzustellen, wie ihn externe Studien bereits herausgefunden haben11 Köppel, P., Yan, J., Lüdicke, J. (2007): Cultural <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> h<strong>in</strong>kt h<strong>in</strong>terher.Gütersloh.13


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-Unternehmen(s.o. <strong>unter</strong> Punkt 2). Wir empfehlen jedem Unternehmen, die Änderungen durch <strong>Diversity</strong><strong>Management</strong> vor Ort zu überprüfen, um konkrete Auswirkungen erkennen zu können.4.6 Stand des Frauenanteils <strong>in</strong> den DAX-30 UnternehmenDas Thema Frauenförderung ist präsent – vermutlichwegen des externen Drucks und der Erkenntnis, diepolitisch-gesellschaftlichen Erwartungen derzeit nichtzu erfüllen. Auch unser <strong>Benchmark</strong> bestätigt die Studien,dass Frauen <strong>in</strong> Vorständen und Aufsichtsräten<strong>unter</strong>repräsentiert s<strong>in</strong>d. Die e<strong>in</strong>zigen Vorstandsdamens<strong>in</strong>d Brigitte Ederer und Barbara Kux (Siemens), Reg<strong>in</strong>eStachelhaus (E.ON), Margret Suckale (BASF) sowieChrist<strong>in</strong>e Hohmann-Dennhardt (Daimler). AngelikaDammann (SAP) war nur kurzzeitig im Vorstand. E<strong>in</strong> Lichtblick: Bei der Deutschen Telekomwerden Claudia Nemat und Marion Schick sowie voraussichtlich e<strong>in</strong>e dritte Dame aufoberster Ebene e<strong>in</strong>ziehen. In 26 Aufsichtsräten ist dagegen m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Frau vertreten.Die Liste wird angeführt von der Deutschen Bank mit sieben Frauen (35 %), gefolgt vonsechs (30 %) bei der Deutschen Post und fünf (25 %) bei der Commerzbank.Andere Belege für e<strong>in</strong> erfolgreiches Engagement zu Gender stellen externe Auszeichnungenund Rat<strong>in</strong>gs dar: 13 DAX 30-Unternehmen s<strong>in</strong>d im Genderdax geführt; E.ON und die DeutscheLufthansa s<strong>in</strong>d dieser Informationsplattform für hochqualifizierte Frauen kürzlich beigetreten.14 der Unternehmen s<strong>in</strong>d (teilweise) zertifiziert; am häufigsten von audit berufundfamiliefür e<strong>in</strong>e familienbewusste Personalpolitik sowie von TOTAL E-QUALITY <strong>Deutschland</strong>e. V. für Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf.4.7 Instrumente der FrauenförderungWie versuchen die e<strong>in</strong>zelnen Unternehmen, die Repräsentanzvon Frauen zu erhöhen? E<strong>in</strong>deutig für e<strong>in</strong>eFrauenquote spricht sich bekanntermaßen die DeutscheTelekom aus. Ihr Ziel ist es, bis 2015 30 % der oberenund mittleren Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.Bei Bayer soll bis 2015 der Frauenanteil <strong>in</strong> Führungspositionen<strong>in</strong> Richtung 30 % entwickelt werden.Die Deutsche Börse setzt sich konkrete Ziele für denAufsichtsrat und Vorstand (bis 2015 m<strong>in</strong>destens dreiFrauen respektive e<strong>in</strong>e Frau), im oberen und mittleren <strong>Management</strong> sollen 20 %, im <strong>unter</strong>en<strong>Management</strong> 30 % Frauen vertreten se<strong>in</strong>. Merck möchte den Anteil der weiblichen Führungskräftebis zum Jahr 2016 auf 25 bis 30 % steigern. Bei SAP soll bis 2017 der Frauenanteilauf allen Führungsebenen 25 % betragen – SAP sieht aber bereits Schwierigkeitendadurch, dass <strong>in</strong> den besonders erforderlichen Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaftund Technik (MINT) Absolvent<strong>in</strong>nen <strong>unter</strong>repräsentiert s<strong>in</strong>d. Auf ähnlicheSchwierigkeiten verweist die BMW Group. Sie setzt sich dementsprechend je nach Bereichverschiedene Ziele: Im außertariflichen Bereich sollen bis 2020 15 % bis 17 % Frauen se<strong>in</strong>;der Frauenanteil bei allen Mitarbeitern soll bis 2020 bei 13 % bis 15 % liegen. Für weiblichenFührungsnachwuchs wird BMW-<strong>in</strong>tern gesorgt, <strong>in</strong>dem auch Zielkorridore für Entwicklungsprogrammeund Ausbildung def<strong>in</strong>iert werden. E.ON, Commerzbank, Daimler setzen sichebenfalls Ziele, jedoch z. T. nach Bereich differenziert und nicht öffentlich. MAN und HeidelbergCementsprechen davon, Anteile <strong>in</strong> der Führungsriege zu erreichen, die denen der Gesamtbelegschaftentsprechen. Insgesamt setzen sich also elf Unternehmen konkrete Ziele,ohne aber den Begriff „Frauenquote“ zu benutzen. Andere diskutieren das Thema derzeitnoch.14


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenFrauen <strong>in</strong> den DAX 30-Unternehmen <strong>2011</strong>DAX 30-UnternehmenGenderdaxVorstand:Frauenanteil<strong>in</strong> %Aufsichtsrat:Frauenanteil<strong>in</strong> %Ziele zu Frauen <strong>in</strong> Führung1 Adidas ne<strong>in</strong> 0 16 konkrete Maßnahmen <strong>in</strong> Arbeit; Teilnahme an öffentlicher Diskussion2 Allianz ja 0 8 k.A.3 BASF ne<strong>in</strong> 13 8 ne<strong>in</strong>4 Bayer ne<strong>in</strong> 0 10 bis 2015: <strong>in</strong> Richtung 30%5 Beiersdorf ne<strong>in</strong> 0 33 k.A.6 BMW ja 0 107 Commerzbank ja 0 25bis 2020:außertariflicher Bereich: 15-17%Belegschaft <strong>in</strong>sgesamt: 13-15%Graduate Programm: 20-30%technische duale Berufsausbildung mit Fachhochschulreife (DBFH): 20-25% technischeAuszubildende:15-20%bis 2015: deutliche Erhöhung des Frauenanteils <strong>in</strong> Führungspositionen; ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitlicheBesetzungsquote, sondern u. a. mehr Frauen <strong>in</strong> Auswahlprogrammen8 Daimler ja 14 10 Ziele seit längerem basierend auf freiwilliger Selbstverpflichtung9 Deutsche Bank ja 0 35 ne<strong>in</strong>10 Deutsche Börse ne<strong>in</strong> 0 5,5bis 2012:Aufsichtsrat: m<strong>in</strong>destens 1 Frau auf Anteilseignerseitebis 2015:Aufsichtsrat: m<strong>in</strong>destens 3 Frauen auf AnteilseignerseiteVorstand: m<strong>in</strong>destens 1 Frauoberes und mittleres <strong>Management</strong>: 20%<strong>unter</strong>es <strong>Management</strong>: 30%11 Deutsche Lufthansa ja 0 15 Diskussion noch nicht abgeschlossen12 Deutsche Post ne<strong>in</strong> 0 30 ne<strong>in</strong>13 Deutsche Telekom ja 0 20obere und mittlere Führungspositionen bis 2015: 30%Zielwerte z.B. bei Neue<strong>in</strong>stellungen von Hochschulabsolventen, Auswahlprozessen,Talentpools und Führungskräfte-Entwicklungsprogrammen


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenDAX 30-UnternehmenGenderdaxVorstand:Frauenanteil<strong>in</strong> %Aufsichtsrat:Frauenanteil<strong>in</strong> %Ziele zu Frauen <strong>in</strong> Führung14 E.ON ja 17 15 Anteil mehr als verdoppeln15 Fresenius Medical Care ne<strong>in</strong> 0 0 k.A.16 Fresenius Vz ne<strong>in</strong> 0 0 k.A.17 HeidelbergCement ne<strong>in</strong> 0 018 Henkel ne<strong>in</strong> 0 25 ne<strong>in</strong>19 Inf<strong>in</strong>eon Technologies ne<strong>in</strong> 0 17 k.A.20 K+S ne<strong>in</strong> 0 6 k.A.21 L<strong>in</strong>de ne<strong>in</strong> 0 8 ne<strong>in</strong>22 MAN ja 0 623 Merck ne<strong>in</strong> 0 25 bis 2016: 25-30%24 Metro ne<strong>in</strong> 0 15 k.A.25 Munich Re ne<strong>in</strong> 0 20 ne<strong>in</strong>26 RWE ja 0 15 k.A.27 SAP ja 0 6 bis 2017: 25%28 Siemens ja 20 25 ne<strong>in</strong>29 ThyssenKrupp ne<strong>in</strong> 0 15 wird derzeit def<strong>in</strong>iert30 Volkswagen ja 0 10 k.A.anteilige Besetzung von Führungspositionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verhältnis der Geschlechter,das die Mitarbeiterstruktur repräsentativ abbildetangemessene Berücksichtigung von Frauen, basierend auf ihrem Anteil <strong>in</strong> der Gesamtbelegschaft2


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenEs ist davon auszugehen, dass sich bis Oktober <strong>2011</strong> auch die bisher zurückhaltenden Unternehmenkonkreter zu Zielen für Frauen <strong>in</strong> Führung äußern. Dann nehmen die DAX 30-Unternehmen offiziell Stellung zu der Ankündigung der Familienm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong>, bis 2013 denFrauenanteil <strong>in</strong> Vorständen und Aufsichtsräten verdreifachen zu wollen.E<strong>in</strong>e Quote ist eher e<strong>in</strong> Ergebnis denn e<strong>in</strong>e eigene Maßnahme. Aussagekräftiger s<strong>in</strong>d dieAktivitäten selbst, mit denen Frauen für e<strong>in</strong> Unternehmen und <strong>in</strong>sbesondere für die Führunggewonnen werden sollen. Dies s<strong>in</strong>d die häufigsten Maßnahmen, die uns von den DAX 30-Unternehmen genannt worden s<strong>in</strong>d:AktivitätAnzahl UnternehmenMentor<strong>in</strong>g 16Netzwerke 13Vere<strong>in</strong>barkeitsangebot 13Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g/Coach<strong>in</strong>g 12- davon frauenspezifisch 8- davon für Männer und Frauen 4Anpassung von Rekrutierungs- und Beförderungsprozessen 11Arbeitsflexibilisierung 8Girls’ Day 5Diese Rangordnung gibt allerd<strong>in</strong>gs nur Tendenzen wieder, da sich die Angebote der Unternehmen<strong>in</strong> Qualität und Tiefe stark <strong>unter</strong>scheiden. Vor allen D<strong>in</strong>gen muss auf denbegrenzten Rahmen dieser Untersuchung h<strong>in</strong>gewiesen werden: Viele Unternehmen bietenso zahlreiche Maßnahmen an, dass sie <strong>in</strong> unserem Fragebogen gar nicht alle benennenkonnten.Exkurs: Beschreibung der FrauenprogrammeMentor<strong>in</strong>gBeim Mentor<strong>in</strong>g begleitet e<strong>in</strong>e erfahrene Führungskraft e<strong>in</strong>e Nachwuchsführungskraftüber e<strong>in</strong>en gewissen Zeitraum h<strong>in</strong>weg, um H<strong>in</strong>weise und Hilfestellungen für die weitereKarriere zu geben. Umgekehrt gibt der/die Mentee der Führungskraft E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> ihre Arbeits-und gegebenenfalls Lebenssituation. Im Rahmen von Frauenförderung wendetsich Mentor<strong>in</strong>g an weibliche Mentees; der Mentor kann männlich oder weiblich se<strong>in</strong>. Esgibt sowohl <strong>in</strong>house-Programme als auch Cross Mentor<strong>in</strong>g, an dem Unternehmen Mentorenund Mentees austauschen.NetzwerkeNetzwerke werden für viele <strong>Diversity</strong>-Dimensionen genutzt; hier s<strong>in</strong>d meist Netzwerkevon Frauen für Frauen geme<strong>in</strong>t. Ziel ist, Erfahrungen auszutauschen, Karrierefragen zudiskutieren und sich gegebenenfalls im Unternehmen als Gruppe zu positionieren, umdadurch Ziele von Frauen geme<strong>in</strong>sam zu verfolgen. Manchmal spezialisieren sich dieNetzwerke für z. B. Senior <strong>Management</strong> Frauen oder für spezielle Berufsgruppen wieIngenieur<strong>in</strong>nen. Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d Netzwerke für Eltern oder Väter zu nennen, welchedie Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie und Beruf fördern. Die Netzwerke bilden sich häufig selbstund werden manchmal von Unternehmensseite <strong>unter</strong>stützt (z. B. über Budget, Intranetetc.).17


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenVere<strong>in</strong>barkeitsangeboteUnter Vere<strong>in</strong>barkeitsangebote fallen Betriebsk<strong>in</strong>dergärten, K<strong>in</strong>derbetreuungsplätze,Ferienaktivitäten, Zuschüsse für K<strong>in</strong>derbetreuung, Beratung und Notfall<strong>unter</strong>stützung fürK<strong>in</strong>der oder ältere Angehörige, Unterstützung bei der Rückkehr aus der Elternzeit, Eltern-K<strong>in</strong>d-Büro u. ä.Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeitEng verknüpft mit Vere<strong>in</strong>barkeitsangeboten ist e<strong>in</strong>e örtliche und zeitliche Flexibilisierung:Teilzeit, Gleitzeit, Job Shar<strong>in</strong>g, Home Office und zuweilen Sabbaticals fallen hier<strong>unter</strong>.Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Coach<strong>in</strong>gTra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Coach<strong>in</strong>g speziell für Frauen zielen darauf ab, Frauen bei der Karriereplanungzu <strong>unter</strong>stützen und gegebenenfalls Führungskompetenzen zu vermitteln. S<strong>in</strong>nvolls<strong>in</strong>d darüber h<strong>in</strong>aus Schulungen für alle Führungskräfte (männlich und weiblich), um fürGenderthemen zu sensibilisieren.Girls’DayAm Girls’Day kommen Mädchen <strong>in</strong>s Unternehmen und lernen Ausbildungsberufe undStudiengänge <strong>in</strong> Technik, IT, Handwerk und Naturwissenschaften kennen.Beispielhaft s<strong>in</strong>d die Angebote der Commerzbank, die sehr umfassend ausgerichtet s<strong>in</strong>d undsowohl Männer als auch Frauen e<strong>in</strong>beziehen; u. a.: Mentor<strong>in</strong>g, Bank<strong>in</strong>ternes, <strong>in</strong>ternationalesFrauennetzwerk Courage, Workshops für Mitarbeiter<strong>in</strong>nen zur persönlichen Weiterentwicklung,Karrieretage, <strong>Diversity</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g für Führungskräfte, Frauenquote <strong>in</strong> Potenzialpools,‚Keep <strong>in</strong> touch’-Programm, um Karriere<strong>unter</strong>brechungen während der Elternzeit zu verh<strong>in</strong>dern,K<strong>in</strong>derbetreuung (Krippe, K<strong>in</strong>dergarten, Schülerhort, Ausnahmebetreuung, Ferienspiele,Beratung für K<strong>in</strong>derbetreuung vor Ort, Zuschüsse zu den K<strong>in</strong>derbetreuungskosten).Die Angebote der BMW Group verweisen explizit darauf, dass gerade <strong>in</strong> „klassischen Männerberufen“der ger<strong>in</strong>ge Frauenanteil nicht (nur) hausgemacht ist, sondern (auch) auf gesellschaftlichenUnterschieden beruht. Die MINT-Fachgebiete stoßen bei Mädchen nach wie vorauf weit ger<strong>in</strong>geres Interesse als bei Jungen. BMW fördert deswegen auch externe Programmeund beteiligt sich an der Initiative SchuleWirtschaft, an Schnupperpraktika undTechnik-Camps und am Girls’ Day. Auch Daimler, E.ON und MAN verweisen explizit aufexterne Programme – vor allem auf den Girls’ Day.„Frauenprogramme“ dom<strong>in</strong>ieren bisher die Instrumentenpalette. Doch werden auch Initiativenergriffen, um die Unternehmenskultur selbst zu verändern. Dazu gehören vor allem elfmalgenannte Anpassungen bei Rekrutierung und Beförderung. So sorgt Daimler für transparenteBesetzungen; die Deutsche Börse sieht e<strong>in</strong>e strukturierte Nachfolgeplanung für dasTop-<strong>Management</strong> vor. Auch andere Unternehmen versuchen, <strong>in</strong> der NachwuchsförderungFrauen gezielter e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den. Allerd<strong>in</strong>gs berichtet nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Unternehmen davon, denStatus quo zu analysieren: Metro befragt regelmäßig 1000 weibliche Führungskräfte zuAspekten wie Arbeitgeberattraktivität, Entwicklung, Förderung sowie Vere<strong>in</strong>barkeit von Berufund Familie.Insgesamt ergibt sich der E<strong>in</strong>druck, dass e<strong>in</strong>er recht unübersichtlichen Vielzahl an Aktivitätenzur Frauenförderung e<strong>in</strong>e recht übersichtliche Anzahl an Frauen <strong>in</strong> Führungspositionen gegenübersteht.Die Ursachen für den niedrigen Frauenanteil s<strong>in</strong>d wohl tief <strong>in</strong> Unternehmenskulturenverankert und können nicht mit punktuellen Maßnahmen alle<strong>in</strong> gelöst werden.18


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-Unternehmen5. AusblickWas braucht es nun, um langfristig und nachhaltig vonVielfalt zu profitieren? Gutgeme<strong>in</strong>te, aber vorschnelleAktivitäten s<strong>in</strong>d selten langfristig erfolgreich. Wir s<strong>in</strong>düberzeugt, dass stattdessen e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Zusammen-und Umsetzung gezielter, aufe<strong>in</strong>ander abgestimmterMaßnahmen am ehesten Wirkung zeigt. Deswegenempfehlen wir detaillierte Audits, um e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelleStrategie für jedes e<strong>in</strong>zelne Unternehmen ausarbeitenzu können. Dabei wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt der Statusquo analysiert und e<strong>in</strong> Lagebericht erstellt. Im zweitenSchritt sollte e<strong>in</strong> Bus<strong>in</strong>ess Case verfasst und <strong>unter</strong>sucht werden, wie die Effektivität desUnternehmens gesteigert werden kann. Im dritten Schritt werden e<strong>in</strong> strategisches Konzeptund Maßnahmen ausgearbeitet, wie die Ziele erreicht werden können. Im vierten Schrittwerden die Maßnahmen umgesetzt und kontrolliert. Insbesondere dieser letzte Schritt desControll<strong>in</strong>gs wurde <strong>in</strong> der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt. Er ist aber entscheidend,um auch ex post den Bus<strong>in</strong>ess Case zu belegen und um nachjustieren zu können, solltenMaßnahmen nicht greifen.Natürlich gibt es bereits bewährte Maßnahmen, die <strong>in</strong> <strong>unter</strong>schiedlichen Unternehmen erfolgversprechends<strong>in</strong>d. Beispielsweise wird Mentor<strong>in</strong>g immer wieder als wirksames Mittelgenannt – nicht nur zur Frauenförderung. Wir plädieren dafür, sich über solch bewährte, aberauch über <strong>in</strong>novative Maßnahmen auszutauschen und sie gegebenenfalls an das eigeneUnternehmen anzupassen, sie zu verbessern und zu erweitern.Unser <strong>Benchmark</strong> <strong>2011</strong> zeigt, dass <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> den letzten Monaten diskutiert,se<strong>in</strong>e Bedeutung immer mehr erkannt und es von mehr und mehr Unternehmen umgesetztwird. Es handelt sich allem Ansche<strong>in</strong> nach nicht nur um e<strong>in</strong>e Modewelle. Zahlreiche Indizienweisen <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit auf e<strong>in</strong> wachsendes Bewusstse<strong>in</strong> um die Bedeutung von <strong>Diversity</strong>.Dementsprechend sche<strong>in</strong>en die meisten Unternehmen ihre Konzepte s<strong>in</strong>nvollerweise<strong>unter</strong>nehmensspezifisch zu entwerfen und <strong>in</strong>dividuell relevante Dimensionen zu fördern.Wichtigstes <strong>Diversity</strong>-Thema ist derzeit Frauenförderung. Dabei konzentrieren sich bisherviele Unternehmen sehr stark auf punktuelle Maßnahmen, gehen aber noch nicht <strong>in</strong> die Tiefe– und vernachlässigen zuweilen, dass die Männer dazugehören. Die Unternehmenskulturanzupassen sollte der nächste Schritt se<strong>in</strong>. Insgesamt zeigt unser <strong>Benchmark</strong> der DAX 30-Unternehmen aber, dass die meisten Unternehmen auf dem richtigen Weg s<strong>in</strong>d.19


<strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>2011</strong>: E<strong>in</strong> <strong>Benchmark</strong> <strong>unter</strong> den DAX 30-UnternehmenAutor<strong>in</strong>Dr. Petra Köppel ist Volkswirt<strong>in</strong> und promoviert <strong>in</strong> Personalund Organisation. Nach Stationen als Projektmanager<strong>in</strong>bei der Bertelsmann Stiftung sowie im HumanResources <strong>Management</strong> von deutschen Groß<strong>unter</strong>nehmenund <strong>in</strong> der Wissenschaft gründete sie 2009Synergy Consult. Neben der Publikation zahlreicherFachwerke lehrt sie als Gastdozent<strong>in</strong> an der ChulalongkornUniversity <strong>in</strong> Bangkok und spricht regelmäßig aufKonferenzen.Synergy Consult bietet Beratung zu Unternehmenskultur und <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong>. Dabeiliegt das Hauptaugenmerk darauf, Synergien zu schaffen, das heißt Prozesse optimal zugestalten und den Führungskräften die notwendigen Kompetenzen für ihr Tun <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zunehmendglobalisierten Welt an die Hand zu geben. Zum Portfolio von Synergy Consult gehörenbeispielsweise: <strong>Diversity</strong> Audits Projektmanagement zur E<strong>in</strong>führung von <strong>Diversity</strong> <strong>Management</strong> Erarbeitung des Bus<strong>in</strong>ess Case Entwicklung von Key Performance Indicators und Fortschrittskontrollen Konkrete Maßnahmen wie Mentor<strong>in</strong>gprogramme, Awareness-Workshops, Netzwerkaufbauetc. Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs zu <strong>Diversity</strong> und <strong>in</strong>terkultureller Führung Cultural Due Diligencewww.synergyconsult.deDarüber h<strong>in</strong>aus leitet Dr. Petra Köppel das Netzwerk „Synergie durch Vielfalt“, e<strong>in</strong>e Plattformfür <strong>Diversity</strong>-Verantwortliche <strong>in</strong> Unternehmen zum Austausch über Best Practices und Herausforderungen.In regelmäßigen Synergiewerkstätten werden geme<strong>in</strong>sam konkrete Lösungenerarbeitet.www.synergie-durch-vielfalt.deDiese Studie ist mit tatkräftiger Unterstützung von Nicole Leber und Hilde Naurath aus demSynergy Consult-Team entstanden.20

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