Selbsttest - Endlich Leben Netzwerk
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Seekamp_<strong>Endlich</strong> leben_12_2-Vers.09_korrigiert_Seekamp, <strong>Endlich</strong> leben 13.12.11 16:26 Seite 122<br />
122 persönlich erzählt<br />
Die schwierigeren Aspekte von Schritt 5<br />
Es fiel manchen von uns schwer, unsere stolze Fassade<br />
abzulegen und uns selbst endlich ungeschminkt<br />
als Schuldige zu sehen. Warum ist das so? Es gibt<br />
sicherlich mehrere Gründe:<br />
• Unsere Selbstachtung möchte nicht, dass der „gute<br />
Ruf“ leidet. Schritt 5 kann insofern auch eine demütigende<br />
Erfahrung sein.<br />
• Schließlich sind wir gefordert, völlig ehrlich zu sein<br />
und uns in unserer Schwachheit zu zeigen. Damit<br />
fühlen wir uns verletzbar.<br />
• Wir können andern nicht mehr länger etwas vormachen.<br />
Dadurch, dass wir unsere Maske verlieren, fühlen<br />
wir uns schutzloser.<br />
Wir fürchten uns davor, dass die unverhüllte Wahrheit<br />
belastende Folgen für unser weiteres <strong>Leben</strong> hat:<br />
• Andere könnten uns ablehnen oder verurteilen,<br />
• sie könnten uns nicht mehr lieben,<br />
• sie könnten uns nicht mehr vertrauen.<br />
• Mit Schritt 5 stellen wir uns diesen Ängsten und<br />
überwinden sie.<br />
Ich konnte mir selbst nicht vergeben<br />
Ich bin durch einen Bekannten, einen Drogensüchtigen,<br />
der immer in diese Gruppen gegangen ist, eingeladen<br />
worden. Er hat mich so lange genervt, bis ich<br />
selbst dabei war. Ich war am ersten Abend eigentlich<br />
nicht zurechnungsfähig, aber ich kriegte mit: Die Leiter<br />
standen zu ihren Schwächen – und das hat mich<br />
beeindruckt. Auch die gesamte Atmosphäre hat mir<br />
Mut gegeben, einen letzten Versuch mit Jesus zu<br />
wagen.<br />
Vorher hatte ich Erfahrungen in Selbsthilfearbeiten<br />
(AA-Gruppen, Häuser usw.) und z. T. bei christlichen<br />
Therapien und Psychiatrien (mehrere Monate<br />
in verschiedenen Institutionen) gemacht. Vielleicht<br />
musste ich im Rückblick erst nochmal richtig abstürzen,<br />
um völlig kapitulieren zu können. Die Therapien<br />
haben mir nicht helfen können, weil ich zu sehr in die<br />
Vergangenheit und Lügen verwickelt war, dass es mir<br />
nicht möglich war, zu meiner Vergangenheit zu stehen.<br />
Ich habe dort nicht die Hilfe bekommen, die ich<br />
gebraucht hätte. All diese Therapieprogramme<br />
haben mir zwar viel beigebracht und doch …<br />
Wegen Heroinmissbrauch landete ich auf der<br />
Intensivstation. Dort wurde die Entscheidung von<br />
meinem <strong>Endlich</strong>-<strong>Leben</strong>-Gruppenabend in meinem<br />
Herzen fest. Ich erkannte den Ernst der Lage und<br />
begann einen Entzug mit der Hilfe von Jesus. Ich habe<br />
viel gebetet und viele spürbare Antworten erlebt<br />
Zuletzt: Der Begriff „unverhüllt“<br />
Es geht um eine offene, ehrliche und genaue Darstellung<br />
unseres heutigen guten Verhaltens oder Fehlverhaltens,<br />
also in den Dimensionen<br />
• konkrete Taten,<br />
• schräge Gedanken (die noch nicht Taten wurden),<br />
• selbstzerstörerische Gefühle,<br />
• irregeführte Wünsche und Sehnsüchte.<br />
Indem wir uns zu diesen Taten, Gedanken, Gefühlen<br />
und Sehnsüchten bekennen und uns darin nicht mehr<br />
allein als Opfer böser Umstände sehen (ja, einige von<br />
uns waren schuldlose Opfer von Gewalt!), übernehmen<br />
wir neu die Verantwortung für unser Verhalten<br />
als erwachsene Person heute.<br />
Damit hören wir auf, die Dinge der Vergangenheit<br />
und der Gegenwart zu beschönigen oder mit Hilfe<br />
von Halbwahrheiten zu verharmlosen! Wir stellen uns<br />
damit unserer Geschichte, durch die wir geworden<br />
sind, was wir heute sind. Wir bringen alles vor Gott,<br />
das erlittene Böse, das Gute, aber auch unsere Schuld.<br />
Das Mittragen der Gruppe und die Gebete anderer<br />
Menschen sind in dieser Phase eine Quelle für die<br />
Erfahrung von Liebe, Annahme und Vergebung.<br />
(z. B. Vergebung erfahren). In einer christlichen Entzugsinstitution<br />
machte ich einen dreiwöchigen Entzug<br />
unter fachlicher Aufsicht. Jemand aus der <strong>Endlich</strong>-<strong>Leben</strong>-Gruppe<br />
hat mir geholfen und mich begleitet,<br />
dass ich dort ankam.<br />
Ab dann besuchte ich jede Woche die <strong>Endlich</strong>-<br />
<strong>Leben</strong>-Gruppe, fand dort Leute, die an mich<br />
geglaubt haben. Nach einem halben Jahr schon<br />
bekam ich Verantwortung in Gruppenleitung.<br />
Hinzu kam, dass ich ess–brechsüchtig und magersüchtig<br />
war. Die Diagnose der Klinik: Polytoxikomanin<br />
mit Borderline-Syndrom. Deshalb war ich nicht<br />
fähig, zu mir zu stehen. Ich konnte niemandem ins<br />
Gesicht schauen, musste mich immer neu betäuben,<br />
um überhaupt vor mir zu bestehen. In der <strong>Endlich</strong>-<br />
<strong>Leben</strong>-Gruppe erlebte ich in sehr tiefer Weise Vergebung.<br />
Dadurch konnte ich neu mit mir anfangen.<br />
Ein weiteres Schlüsselerlebnis: Ich hatte immer<br />
das Gefühl, meine Probleme sind so blöd, ich bin so<br />
banal. Ich habe mich so geschämt, dazu zu stehen,<br />
dass ich so blöd bin. In der Gruppe habe ich zum<br />
ersten Mal gecheckt, dass ich nicht die Einzige bin.<br />
Besonders der Glaube, dass Gott das, was er an<br />
mir getan hat, auch anderen schenken kann, schenkt<br />
mir viel Hoffnung für scheinbar hoffnungslose Menschen<br />
in unsereren Gruppen. Ich sage mir seitdem:<br />
„Siehst du, meine Exzesse haben doch zu was Gutem<br />
gedient.“