23.11.2012 Aufrufe

Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft

Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft

Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sich immer mehr Fans identifizieren konnten. Der Laborversuch<br />

ist geglückt, die Kalkulation aufgegangen. Groß und Greis, Wilhelm<br />

und Neuner haben ihren Sport nicht nur populär gemacht.<br />

Sie laufen und schießen sich und ihm auch viel Geld zusammen;<br />

mit jedem Rennen mehr, es können gar nicht genug sein. Angebot<br />

und Nachfrage - so stürmt Biathlon nun in die Charts und in<br />

die freie Marktwirtschaft. Auch in alle Konsequenzen, die sich in<br />

deren "Krise" gerade offenbaren?<br />

Aufstieg und Fall sind auch im Sport nicht mehr unbekannt,<br />

seitdem Fußballer, Handballer und Eishockeyspieler sich nicht<br />

mehr mit einem Lorbeerkranz, Ruhm und Ehre zufrieden geben.<br />

Ergebnisse werden manipuliert oder erkauft. Große Clubs sind<br />

zahlungsunfähig, andere kommen nicht mehr aus dem Börsenkeller.<br />

Mancher Möchte-gern-kann-aber-nicht ist insolvent oder<br />

still verschieden. In Einzelsportarten, weil sich einer allein immer<br />

leichter tut als eine ganze Mannschaft, greift man immer eher<br />

zu Diabolika. Ob Leichtathleten, Gewichtheber oder Radfahrer,<br />

sie kennen zwar die Risiken für ihre Gesundheit - und spielen<br />

doch russisches Roulette. Als heilige der Sieg jedes Mittel, weil er<br />

Ruhm bringt und Ruhm Geld.<br />

Geld stinkt nicht, und freie Marktwirtschaft kennt keine Grenzen?<br />

Irrtum. Es geht um Sport. Und dessen Faszination macht gerade<br />

die Annahme aus, dass es anders zugeht als im täglichen Leben,<br />

dass Gleich und Gleich aufeinander treffen und ehrlich und fair<br />

ihre Kräfte messen. Daran glauben bis heute Millionen Menschen,<br />

und diesen Glauben wollen sie sich auch nicht nehmen lassen.<br />

Darum diskreditiert, wer immer manipuliert oder dopt, nicht nur<br />

seine Gegner und alle Sportkameraden. Nein, es schadet eine<br />

kleine, radikale Minderheit ihrem Sport, ja dem Sport "an sich". Sie<br />

verhöhnt den olympischen Geist - die Teilnahme, nicht der Sieg ist<br />

"alles" - , und sie unterminiert seine Glaubwürdigkeit. Und nun<br />

Biathlon. Herausragende Erfolge der deutschen Mannschaft haben<br />

" Sport ist eine der faszinierendsten Gemeinschaftsleistungen<br />

unserer <strong>Gesellschaft</strong>", so Hessens Innen- und<br />

Sportminister Volker Bouffier - selbst einmal aktiver<br />

Leistungssportler. Natürlich hat sich der ursprüngliche Zeitvertreib<br />

aus Spiel und Vergnügen in Verbindung mit dem vergleichenden<br />

Leistungsgedanken weiterentwickelt. Gesundheitliche,<br />

erzieherische, zwischenmenschliche, charakterbildende und auch<br />

Unterhaltungselemente sorgten- vor allem auch im Jugendbereich<br />

- für wertvolle, kaum zu ersetzende positive Begleiterscheinungen,<br />

prägten Persönlichkeiten und Vorbilder. In unserer<br />

"fortschrittlichen", schnelllebigen, globalen Leistungs-, Konsumund<br />

Computer-<strong>Gesellschaft</strong> pervertiert die einstmals schönste<br />

Nebensache der Welt - offensichtlich fast unbemerkt - zur<br />

reinen Werbe- PR- und Medienshow mit noch gar nicht absehbaren<br />

Folgen und verheerenden Konsequenzen, natürlich und<br />

die abgelaufene Saison bestimmt. Doch zur Bilanz gehört auch,<br />

dass wg. Doping wieder (russische) Sportler aus dem Rennen<br />

genommen wurden. Dass eine ganze Reihe weiterer Fälle noch<br />

unerledigt bei den Verbänden liegt. Und dass sich die Verantwortlichen<br />

über ihre eigenen Regeln, Standards und Sanktionen nicht<br />

einig sind; dass womöglich der eine oder andere sogar selbst mit<br />

seinem persönlichen Fortkommen in erfolgreichem Systemdoping<br />

gefesselt ist und deshalb trickst. Alfons Hörmann, der deutsche<br />

Vizepräsident der Internationalen Biathlon Union (IBU), spricht<br />

bereits von "sportpolitischen Geisterfahrern".<br />

Gewiss wäre Biathlon nicht die erste Sportart, deren Weg aus<br />

den Labors des Marketing über die Labors der Chemie direkt in<br />

den totalen Kommerz führte. Doch fiele auch diese Disziplin, die<br />

über Jahrtausende herkommt und sich heute noch so gern hehr<br />

präsentiert, Drogen anheim und geböten die "sportpolitischen<br />

Geisterfahrer" einer solchen Fehlentwicklung nicht umgehend,<br />

unmissverständlich und konsequent Einhalt, die Folgen wären<br />

verhängnisvoll. Alfons Hörmann weiß das, darum sein Drängen.<br />

Spätestens wenn auch die "Blase" des Sportkommerzes platzte,<br />

stünden notgedrungen staatliche Strafverfolger ins Haus. Drohte<br />

dem organisierten Sport der Verlust autonomer Justiz. Gäbe es<br />

auch für seine Selbstverwaltung bald kein Halten mehr und für<br />

seine Substitution mit öffentlichen Geldern kaum noch eine<br />

Rechtfertigung. Vom Niedergang des olympischen Geistes ganz<br />

zu schweigen. Denn der Sport selbst hätte sein wichtigstes<br />

Alleinstellungsmerkmal preisgegeben: seine Glaubwürdigkeit. Wo<br />

endet, wer die verliert, können gerade Banker und Manager allen<br />

berichten, die es hören wollen.<br />

* * *<br />

Günther von Lojewski war Intendant des Senders Freies Berlin<br />

und langjähriger Vorsitzender der Medienkommission des <strong>Deutsche</strong>n<br />

Sportbundes.<br />

vor allem auch im (mittlerweile finanziell total abhängigen)<br />

Amateur- und Breitensport. <strong>Von</strong> Werten, Moral und Ethikverlusten<br />

ganz zu schweigen.<br />

Kinder und Jugendliche verbringen ihre Freizeit anstatt auf<br />

Sportplätzen oder in Turn- und Schwimmhallen mit Computer,<br />

Sport-Infarkt oder Vom Frust<br />

eines Medienmenschen<br />

<strong>Von</strong> Wolfgang Avenarius<br />

25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!