Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
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In diesen Tagen wurde in den Medien wieder jongliert<br />
mit zehnstelligen Summen, die sich das IOC als Einnahmen<br />
aus seinem Marketingprogramm für die Olympiade<br />
bis 2012 erhofft. Viele denken, das IOC schwimme trotz<br />
weltweiter Finanzkrise im Geld. Nur wenige wissen, wie sich<br />
die Gelder verteilen. Lediglich acht Prozent seiner Marketing-Erlöse<br />
beansprucht das IOC für eigene verwaltungstechnische<br />
Aufgaben. Die restlichen 92 Prozent fließen in<br />
den Weltsport mit seinen 205 NOKs, den Internationalen<br />
Fachverbänden, den vom IOC anerkannten Organisationen<br />
und Organisationskomitees <strong>Olympische</strong>r Spiele. Allein das<br />
<strong>Olympische</strong> Entwicklungshilfe-Programm Olympic Solidarity<br />
verfügt im Zeitraum 2009 bis 2012 über 311 Millionen<br />
Dollar. Das sind 22 Prozent mehr als in der zurückliegenden<br />
Olympiade 2005-2008.<br />
Was vom IOC ursprünglich als bescheidener Solidaritätsbeitrag<br />
für den Sport in Entwicklungsländern gedacht war, hat<br />
sich längst zum Erfolgsgeheimnis für die Universalität der<br />
<strong>Olympische</strong>n Spiele entwickelt. Die Rekordzahl von 87<br />
Nationen holte 2008 in Peking olympische Medaillen. 81<br />
von Olympic Solidarity mit einem Stipendium direkt unterstützte<br />
Sportlerinnen und Sportler standen auf dem Treppchen<br />
und gewannen 19 Gold-, 33 Silber- und 29 Bronzemedaillen.<br />
16 Millionen Dollar investierte Olympic Solidarity<br />
allein in das "Stipendiumprogramm Peking 2008", das zwei<br />
Jahre und acht Monate vor den <strong>Olympische</strong>n Spielen in<br />
China gestartet wurde. Es ermöglichte über tausend Sportlerinnen<br />
und Sportlern aus finanziell weniger gut ausgestatteten<br />
NOKs auf allen fünf Kontinenten, sich gezielt in Top-<br />
Leistungszentren auf die Pekinger Spiele vorzubereiten.<br />
591 IOC-Stipendiaten (389 Männer, 202 Frauen) aus 150<br />
Nationen konnten sich tatsächlich für Peking qualifizieren.<br />
Die Olympiateams von 40 NOKs bestanden zu mehr als 50<br />
Prozent aus Stipendiaten. Fünf NOKs (Dschibuti, Lesotho,<br />
Palästina, Timor-Leste, Nauru) hatten ausschließlich Stipendiaten<br />
im Team. Mit Hilfe von Olympic Solidarity gewannen<br />
mehrere Länder ihre ersten olympischen Medaillen überhaupt.<br />
Afghanistan durch Rohullah Nikpai im Taekwondo,<br />
Tadschikistan durch Rasul Bokiev im Judo und Togo durch<br />
Benjamin Boukpeti im Kanu. Der Schütze Abhinav Bindra<br />
holte das erste Einzel-Gold für Indien nach einem von<br />
Olympic Solidarity finanzierten zweijährigen Trainingsaufenthalt<br />
in den USA. Die Schwimmerin Kirsty Coventry aus<br />
Zimbabwe bestätigte ihren Olympiasieg von Athen und<br />
gewann nach Weltrekord über 200 m Brust noch weitere<br />
drei Silbermedaillen. Die ersten Goldmedaillen für ihr Land<br />
gewannen jeweils im Turnen Filip Ude (Kroatien) und Anton<br />
Fakin (Uzbekistan), Sara Isakovic (Slowenien) im Schwimmen<br />
und Nino Salukvadze (Georgien) im Schießen. 13 weitere<br />
Athleten holten für ihr Land die ersten Medaillen in<br />
bestimmten Sportarten: Alina Dumitru (Rumänien) mit<br />
6<br />
Judo-Gold, Anh Hoang (Vietnam) mit Gewichtheben-Silber,<br />
Natalia Silva Falavigna (Brasilien) mit Taekwondo-Bronze.<br />
Die Aufzählung aller Beispiele für erfolgreiche Entwicklungshilfe<br />
würde hier den Rahmen sprengen. Nur ein prominentes<br />
Beispiel sei noch erwähnt. 2003 bat Jamaika um finanzielle<br />
Unterstützung für ein Leichtathletik-Talent mit angeblich<br />
großem Potenzial. Der Junge sprintete von Jahr zu Jahr<br />
schneller, wurde Junioren-Weltmeister über 200 m und<br />
erhielt 2006 als logische Folge ein Stipendium von Olympic<br />
Solidarity. Seit Peking ist er ein Super-Star: Usain Bolt.<br />
Die Idee, die <strong>Olympische</strong> Bewegung mit einem Entwicklungshilfe-Programm<br />
auf breitere Füße zu stellen, stammt -<br />
wie könnte es anders sein - von einem französischen Landsmann<br />
des Baron de<br />
Coubertin. Auf der 58.<br />
Session des IOC 1960 in<br />
Rom machte Graf Jean<br />
de Beaumont den Vorschlag,<br />
die sportliche<br />
Entwicklungshilfe für die<br />
im Zuge der weltweiten<br />
Entkolonisierung entstehenden<br />
neuen Länder in<br />
Afrika und Asien durch<br />
ein Komitee zu steuern.<br />
So entstand das Committee<br />
for International<br />
Olympic Aid (CIOA).<br />
Daraus entstand 1968<br />
ein offizielles IOC-Komitee<br />
gleichen Namens und<br />
ab 1971 das Committee<br />
for Olympic Solidarity.<br />
Seinen Sitz hatte das<br />
Komitee bis 1979 beim italienischen NOK in Rom, seit 1980<br />
beim IOC in Lausanne unter dem Vorsitz (1982-2001) des<br />
damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch. Die<br />
"<strong>Olympische</strong> Familie" befand sich auf Wachstumskurs. Zwischen<br />
1960 und 1970 wurden mehr als 50 neue NOKs<br />
gegründet. Die meisten von ihnen waren finanziell absolut<br />
unzureichend ausgestattet. An eine gezielte Sportentwicklung<br />
in diesen Ländern war nicht zu denken. Deshalb formulierte<br />
die Weltvereinigung der NOKs (ANOC) bereits auf ihrer Gründungsversammlung<br />
1979 in Puerto Rico den Antrag an das<br />
IOC, zukünftig zwanzig Prozent seiner TV-Einnahmen als<br />
NOK-Sporthilfe bereitzustellen. Dies führte zur Gründung der<br />
bis heute bestehenden IOC Commission Olympic Solidarity<br />
durch den damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch<br />
und ANOC-Präsident Mario Vazquez Raña beim <strong>Olympische</strong>n<br />
Kongress 1981 in Baden-Baden.