ÖMZÖsterreichische Militärische ZeitschriftIn dieser OnlineausgabeThorsten Loch/Lars Zacharias<strong>Königgrätz</strong> <strong>1866</strong>Die Operationen zwischen dem 22. Juni und 3. Juli <strong>1866</strong>Bruno Günter HofbauerOperative FührungAktueller Ansatz und Konsequenzen für die AusbildungFriedrich W. KorkischGlobale Strategie: Die Geopolitik der USAAuswirkungen auf Politik und Strategie - von der Western Reserve über den Panamakanal zur Gegenküsteund Energiepolitik (Teil 3)Zusätzlich in der PrintausgabeWalter PoschZwischen Ideologie und Pragmatismus: Grundlinien der iranischen AußenpolitikMartin Senn/Peter Sequard-BaseTechnische und politisch-strategische Aspekte der RaketenabwehrBericht zu einem interdisziplinären Workshop- und KonferenzprojektThomas AhammerDie Weiterentwicklung der Ständig Strukturierten ZusammenarbeitEin kurzer AusblickJosef ErnstAuswirkungen der Transformation der Armee der Tschechischen Republiksowie zahlreiche Berichte zur österreichischen und internationalen VerteidigungspolitikÖMZ-Online 6/2010
<strong>Königgrätz</strong> <strong>1866</strong>Die Operationen zwischen dem 22. Juni und 3. Juli <strong>1866</strong>Thorsten Loch/Lars ZachariasMit der Schlacht von <strong>Königgrätz</strong>, so die bisheute einhellige Wahrnehmung, war dieseit Jahrzehnten offene „Entscheidungüber Deutschland“ 1) gefallen. Die preußischen Armeenschlugen aufgrund der Feuerkraft ihres Zündnadelgewehrsund der hervorragenden Führung GeneralfeldmarschallHelmuth von Moltkes die Truppen der Donaumonarchieunter Feldzeugmeister Ludwig von Benedek. Doch nichtnur die „Sieger“, auch die „Verlierer“ konzentriertensich in ihrer geschichtspolitischen Apologetik auf dieArgumente Waffentechnik und Führungsversagen ihresFeldherrn, den sein oberster Kriegsherr gar als „Trottel“stigmatisierte. 2)Ein zunächst oberflächlicher Blick in den Verlauf derOperationen zeigt jedoch ein durchaus differenziertesBild, das sich nicht in allen Punkten in die oben skizzierteArgumentation einfügen will. Hieraus erwuchs Neugierdeund im Folgenden eine intensive Beschäftigung mit derreinen Operationsgeschichte, die sich sowohl auf dasStudium der einschlägigen Literatur wie auf ausführlicheGeländebegehungen berufen kann. Die hierbei gewonnenenErkenntnisse finden in dieser Zeitschrift in zweigetrennten Beiträgen ihren Niederschlag. Der vorliegendeTeil wendet sich der reinen Darstellung der Operationenzu und deutet resultierende Widersprüche zu gängigenÜberlieferungen an. Der folgende zweite Beitrag widmetsich diesen Widersprüchen und leitet Überlegungen imRahmen einer modern ausgerichteten operationsgeschichtlichenBetrachtung ab.Moderne Operationsgeschichte:Versuch einer AnnäherungDie Beschäftigung mit der Geschichte einzelner Operationenmacht es notwendig, sich mit Taktik, Technik undnicht zuletzt dem militärfachlichen Vokabular der Zeit zubeschäftigen. In Hinblick auf die umgangssprachlich verschwommeneSemantik der Begriffe Taktik und Strategiebemühen wir - uns der ahistorischen Krücke bewusst -eine Führungsvorschrift der Bundeswehr, um eine Foliezu skizzieren, die einen semantisch roten Faden zeichnetund als Gliederungselement dient. 3)Die strategische Ebene umfasst demnach die gesamtePlanung eines Feldzuges oder gar Krieges, die in derRegel durch das höchste militärische Kommando einesStaates mit politischer Zielsetzung ausgeführt wird. Dieoperative Ebene ist die Umsetzung dieser Vorgaben imRahmen eines Feldzuges durch selbstständige Großverbände(Armee, Korps, Division), wohingegen die taktischeEbene die Truppenführung auf dem Gefechtsfeld umfasst,ÖMZ-Online 6/2010die regelmäßig auf Verbandsebene (Brigade, Bataillon,<strong>1866</strong> auch Division und Korps) erfolgt. Diese durchaus„moderne“ Sichtweise ist nicht neu, nur das Vokabularunterliegt steter Veränderung. 4) Es ergibt sich folgendesBild: Der preußische Generalstabschef plante strategischvor Beginn des Feldzuges. Ab Angriffsbeginn führte derGeneralstab den Feldzug operativ nach den vorher festgelegtenstrategischen Leitlinien. Auf dem Schlachtfeldvon <strong>Königgrätz</strong> praktizierten alle militärischen Führertaktische Truppenführung. Sprechen wir also über strategischePlanungen, so müssen die politischen Ziele, dieAbsicht der höchsten militärischen Führungsebene (Generalstab)sowie die militärischen Aufmarschplanungenvor Feldzugsbeginn betrachtet werden. Untersuchen wirdie Operationsführung, so sind die Operationen der Armeenab dem 22. Juni <strong>1866</strong> bis zum Waffenstillstand am26. Juli <strong>1866</strong> im Fokus. Befassen wir uns mit Taktik imGefecht, so liegt das Augenmerk auf der Gefechtsführungder einzelnen Zusammenstöße preußischer und österreichischerTruppen.Strategische PlanungenDie auf die politischen Ziele abgestimmte militärstrategischeLeitlinie war in Preußen zwischen Moltke und Bismarckunumstritten: Es kam darauf an, die österreichischeArmee möglichst schnell und möglichst vollständig zuzerschlagen, um einem befürchteten Eingreifen andererMächte zuvorzukommen. 5) Die Konzentration allerverfügbaren Verbände hierfür hatte absoluten Vorrang.Andererseits war eine Vereinigung der österreichischenKräfte mit den verbündeten süddeutschen Staaten unbedingtzu verhindern. Diese Aufgabe fiel den Truppen aufden so genannten „Nebenkriegsschauplätzen“ zu, derenErfolgsaussichten man von vornherein als nicht allzu gutbeurteilte und sogar eine Aufgabe der Rheinprovinzen inKauf nahm. 6) Auch die Okkupation Sachsens war letztlichnur Mittel zur Verbesserung der Aufmarschbasis gegenÖsterreich. 7)Während also die politische Zielsetzung wie auch diedaraus abgeleitete militärstrategische Leitlinie Preußensoffensiv und auf Machtgewinn ausgerichtet war, verfolgtedie politische Führung <strong>Österreichs</strong> eine eher defensiveGrundhaltung, die auf Machterhalt sowohl in der Monarchieals auch im Deutschen Bund ausgerichtet blieb. 8)Daher war auch die militärstrategische Leitlinie eher defensivausgerichtet. Dies war zudem nicht zuletzt der Tatsachegeschuldet, dass sich die politische wie militärischeFührung nach der preußisch-italienischen Offensiv- undDefensivallianz vom 8. April <strong>1866</strong> 9) in dem strategischen