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M&S Buck - Österreichs Bundesheer

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Themenheft 18Signe <strong>Buck</strong>-PerchthalerÜber die notwtwendigendigeZusammenarbeit vonMilitärärztzten, Militärseelsorseelsorgerernund Militärpsypsychologhologen bei derBetreuung östererreicreichischischerherSoldaten en im AuslandseinsatzEine integrative ArbeitWien 2006


Somit wuchsen auch die Belastungen jener an, diedas Kontingent betreuten. Damals entstand eine ersteIdee zur nun vorliegenden Arbeit, die in der Folgeim Rahmen des dritten Grundausbildungslehrgangesan der Landesverteidigungsakademie als Seminararbeitverwirklicht wurde. In der Zwischenzeit erfuhrich auch von dem für mich revolutionären „Rahmenkonzeptzur Bewältigung psychischer Belastungen beiSoldaten“ der deutschen Bundeswehr, das, angelehntan die diesbezüglichen Anforderungen der NATO,eine enge interprofessionelle Zusammenarbeit vonMilitärseelsorgern, Militärpsychologen und Militärärztendiverser Fachrichtungen vorsieht. Als Militärärztin,die berufsbegleitend eine psychotherapeutischeAusbildung absolviert und gleichzeitig stellvertretendeVorsitzende der Arbeitsgemeinschaft evangelischerSoldaten Oberösterreichs (AGES OÖ) ist, fühle ichmich daher berufen, eine integrative Arbeit über diemeiner Meinung nach längst fällige weitere Optimierungder interprofessionellen Zusammenarbeit alleram soldatischen Menschen arbeitenden Betreuer zuschreiben. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es anhandvon Beispielen anderer Nationen aufzuzeigen, dassinterprofessionelle Zusammenarbeit von Seelsorgern,Psychologen und Ärzten unter weiterer Einbindungvon Peers, die beste Möglichkeit darstellt, Soldatenvor, in und nach einem Auslandseinsatz zu betreuen.Mit der Realisierung des Projektes BH 2010 reagiertÖsterreich unter anderem auf den sicherheitspolitischenWandel unserer Zeit. Daraus resultierendeTeilnahmen an internationalen friedenssicherndenund friedenserhaltenden Missionen im Rahmen derZusammenarbeit innerhalb EU und anderer internationalerMandate lassen eine interprofessionellere Artder psycho-sozialen Truppenbetreuung nötig erscheinen.In diesem Sinne stellt die vorliegende Arbeit eineerste internationale Bestandsaufnahme dar, die denWeg zu einer optimalen „österreichischen Lösung“ebnen soll. Die im Rahmen der Reform BH 2010zu erwartenden Veränderungen der Bedürfnisse derTruppe sollten in die zu erarbeitende Lösung ebensointegriert werden, wie die internationalen Standardsder psycho-sozialen Truppenbetreuung. Die gesteigerteBedeutung der interprofessionellen Zusammenarbeitaller am soldatischen Menschen arbeitenden„sozialen Professionen“ wird auch durch das vonOberstleutnant Mag. Georg Ebner für Österreichgeleitete und international geführte Forschungsprojektam Institut für Human- und Sozialwissenschaftender Landesverteidigungsakademie unterstrichen.Ziel des in Kooperation von vielen relevantenAbteilungen in Österreich, Deutschland und derSchweiz geführten Projektes soll die Verbesserung derArbeit im Bereich der psychosozialen Begleitung undder Familienbetreuung von Soldaten im Auslandseinsatz,gemäß der neuen Anforderungen sein. 1Durch die Zugehörigkeit zum evangelischen Glaubenist die Sicht des Verfassers geprägt, daher wurdedieser Bereich eingehender behandelt, gesellschaftlicheWerte und Entwicklungen werden in einem traditionell-christlichenZusammenhang gesehen, eswurde in Folge von diesen als Grundlage ausgegangen.Als Frau erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dassder besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit wegenauf sprachliche Gleichbehandlung verzichtet wurde,jedoch sind, sofern erforderlich, stets beide Geschlechtergemeint.Dr. Signe <strong>Buck</strong>-Perchthaler, MjrAWien, im Februar 2006Fußnoten1Vgl. Ebner, Georg: Soldatisches Identitätsprofil und psychosozialeImplikationen, Projekt LVAk Wien, Stand 04/2005M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 4 -


1. Das schweizerische Konzeptpsycho-sozialerTruppenbetreuung imAuslandseinsatzIn der Schweiz gab es schon lange vor der erstenEntsendung von Truppen beziehungsweise Truppenteilenin Auslandseinsätze Diskussionen über dieNotwendigkeit des Ausbaues wehrpsychologischerund wehrpsychiatrischer Einrichtungen. Aufgrundzunehmend fehlender Bedrohungsbilder schienen dersogenannte „Wehrwille“ und die „Kampfesbereitschaft“zu sinken. Es wurde daher für mehrVerständnis für die psychische Situation der Truppenangehörigenplädiert. Ein weiterer Ausbau der wehrpsychologischenund sozialmedizinischen Einrichtungenwurde auch als Führungsmittel der Truppenkommandantengefordert. 1 Für die Bewältigung belastenderSituationen sollte speziell geschultes Personalzur Verfügung stehen, denn ein von vorgesetzterStelle initiiertes professionelles Hilfsangebot signalisierteinem Betroffenen auch, dass das Ereignis alsrelevant eingestuft wurde. Überforderungsreaktionenwerden daher nicht als Schwäche gewertet, sondernim Rahmen des Ereignisses als normale Reaktion aufein abnormales Ereignis gesehen. 2 Major Dr. philHubert Annen, Dozent für Militärpsychologie undMilitärpädagogik an der MILAK/ETHZ meinte imRahmen einer Studie über psychische Nothilfe nachbelastenden Ereignissen:„Es wäre demzufolge wünschenswert, wenn Koordination,Zusammenarbeit und damit auch Erfahrungsaustauschunter den diversen auf psychische Nothilfespezialisierten Einsatzteams optimiert würde.“ 3Auch leistet die Schweizer Armee sogenannteAssistenzdienste zum Beispiel im Rahmen derFlüchtlingsbetreuung, des Bevölkerungsschutzes beider Bewältigung von Lawinen- und Hochwasserkatastrophenund im Rahmen von Bewachungen vonBotschaften und Konsulaten. Insbesonders Armeeseelsorgerkommen hier zum Einsatz, handelt es sichdoch häufig um sensible Schnittstellen mit der Zivilbevölkerung.So ist zum Beispiel dem Basler Stadtkommando211 ein Armeeseelsorger zugeteilt. Eigensfür den Bewachungsdienst wurde ein Papier über„die Prävention von psychischen Stressreaktionen“ausgearbeitet, das zum Bestandteil des Bataillonsbefehlswurde. 4Im Hinblick auf den damaligen Entschluss desSchweizer Bundesrates (2000) ein rund 160 Soldatenstarkes Kontingent als Aufbauhilfe in die KrisenregionKosovo zu entsenden, wurde sogar laut überdie Notwendigkeit der Teilprofessionalisierung derArmeeseelsorge nachgedacht. Zusätzlich wurde gefordertdie Erfahrungen der kleinen Schweizer Kontingenteaus Bosnien und Albanien ebenso in ein seelsorgerischesEinsatzkonzept einzubeziehen, wie auchErfahrungen aus anderen Armeen.Seit 1999 befinden sich Angehörige der SchweizerArmee im Auslandseinsatz im Kosovo(SWISSCOY KFOR). Im Einsatzraum befindet sichein Medical Team und zeitweilig ein katholischer oderevangelischer Armeeseelsorger, nicht aber ein Psychologe.In Afghanistan (ISAF) ist der Schweizer Arzt indas deutsche Lazarett in Kabul, in Kunduz oder inFayzabad integriert. In Afghanistan ist kein Armeeseelsorgerim Einsatz, ebenso wenig ein Psychologe.M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 5 -


mäß Behelf 59.30 in der untersten Ebene der psychischenBetreuung die psychische Kameradenhilfevor. 13 Diese liegt gemäß dem genannten Behelf inder Verantwortung des Einheitskommandanten. Aufder nächsten Ebene kommt der sogenannte Peer-Supportzum Einsatz. 14 Peers sind psychologisch geschulteKameraden aus den eigenen Reihen, die belastetenPersonen einzeln oder in Gruppen durch Vermittlungvon theoretischen Inhalten und praktischenÜbungen Hilfe nach dem Konzept des CriticalIncident Stress Management (CISM) zu kommenlassen.Ziel ist es, Betroffene möglichst rasch wieder inihren eigenen Bereich zurück führen zu können. 15Hierbei gelangt in erster Linie das psychischeDebriefing zur Anwendung. 16 Debriefing ist keinpsychotherapeutisches Verfahren, es kann dieses auchnicht ersetzen. Vielmehr handelt es sich um ein Kernverfahrendes CISM bei dem folgende Ziele verfolgtwerden: Beruhigung der Betroffenen, Beschleunigungdes Wiederherstellungs- und Wiedereingliederungsverfahrens,Verringerung der Wahrscheinlichkeitdes Auftretens einer PosttraumatischenBelastungsstörung (PTBS), Darstellung derBewältigbarkeit und Kontrollierbarkeit von außergewöhnlichenBelastungen, „Dampf ablassen“, Verminderungvon Schuldgefühlen, Verstärkung undgegebenenfalls Wiederherstellung des Gruppenzusammenhaltes,Herausfiltern jener, die weiterführendeBehandlung brauchen. 17 Sollte trotz erfolgtenDebriefings eine weiterführende Betreuung vonnötensein, so ist diese durch einen psychologisch geschultenSpezialisten durchzuführen. 18Das Fachzentrum für Katastrophen- u. Wehrpsychiatriebietet zusätzlich eine Website zu „PsychologischenPhänomenen bei/nach Auslandseinsätzen“an: Vom Verhalten bzw. der Vorbereitung zurTrennungszeit über Wiederaufnahme der Kommunikationmit den Kindern bis hin zur Wiederaufnahmevon Intimitäten. Es wird je eine Checkliste fürKommandanten, Soldaten und Partner angeboten. 191.3 Der TruppenarztDer Sanitätsdienst der Schweizer Armee sieht seinevordringliche Aufgabe in der Erhaltung derKampfkraft und der Moral der Truppe in allen Lagen.Es ergeben sich auch, jedoch vornehmlich imInland, Kooperationen mit dem Nationalen NetzwerkPsychologische Nothilfe (NNPN) und mit demKoordinierten Sanitätsdienst (KSD). Das NNPN isteine für den KSD eingesetzte Fachgruppe für psychologischeNothilfe, die bei Unfällen, Katastrophenund Einsätzen Betroffenen und Helfern mit Maßnahmender psychologischen Notfallhilfe zu Hilfekommt. In der Schweiz wurde 2001 die Schweizerischeintegrierte Akademie für Militär- u.Katastrophenmedizin (SAMK) gegründet. Hier werdenunter anderem Kurse für Truppenoffiziere undMilitärärzte in Psychologischer Notfallhilfe angeboten.Für Militärärzte steht auch ein Kurs fürPrehospital Trauma Life Support (PHTLS) zur Verfügung.Dieser Kurs findet ebenfalls an der SAMKstatt und wird von der Armee bezahlt. Der präklinischhilfeleistende Arzt soll mit speziellem Wissen zurVersorgung von traumatologischen Patienten ausgestattetwerden. 20 Dieser Kurs sollte von allen Militärärztenabsolviert werden, die einen Auslandseinsatzbestreiten wollen, der schweizerische Notarztkursist obligat.Der Chief Medical Officer (CMO) SWISSCOYist Fachleiter des Sanitätsdienstes und gleichzeitigZugführer des Medical Teams. Das schweizerischeMedical Team für KFOR besteht in der Regel auszwei Ärzten, einem CMO und einem unterstelltenArzt, sowie drei Krankenschwestern. In derKommandostruktur ist der CMO somit demKompaniekommandanten der SWISSCOY unterstellt,im Fachbereich ist er direkter Berater des NCC.Alle weiteren im Einsatz (Kosovo) befindlichen Ärztesind direkt dem CMO unterstellt. Bei Abwesenheitdes CMO übernimmt ein anderer Arzt die Führungdes Medical Teams, die Chief Nurse übernimmtdie Fachdienstleitung. Schweizer Ärzte, die innerhalbeiner multinationalen Brigade (KFOR, ISAF) in einemFeldspital arbeiten, sind jedoch dem jeweiligenSanitätseinsatzverband und nicht dem CMO unterstellt.1.4 Nachbetreuung,Familienbetreuung,ZusammenarbeitWie bereits erwähnt werden zur Nachbetreuungeinerseits noch während des Einsatzes sogenannteM&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 7 -


Rückkehrvorbereitungen angeboten, andererseits bestehtauch die Möglichkeit sich über diesbezüglicheAngebote auf der Website des Fachzentrums fürWehr- und Katastrophenpsychiatrie zu erkundigen.Hier werden Seiten für Kommandanten, Soldatenund Angehörige angeboten.Die Familienbetreuung der Schweizer Armee istebenso auf das schweizerische Milizsystem ausgerichtet:Während der Vorbereitungsphase können interessierteAngehörige einen Angehörigentag wahrnehmen,die Website der Fachgesellschaft für Wehrpsychiatriesteht auch Angehörigen von Auslandseinsatz-Heimkehrernmit vielfältigen Ratschlägen, Angebotenund weiterführenden Links zur Verfügung.Zur interprofessionellen Zusammenarbeit vonSeelsorgern, Psychologen und Ärzten innerhalb derSchweizer Armee berichteten Fachoffizier Urs Aebivon der Dienststelle Chef der Armeeseelsorge, derChef des PPD Oberst Dr. med. Peter Bolliger undder derzeitige CMO Swisscoy Oberstleutnant Dr.med. Peter Florek unisono, dass sie in der schweizerischenArmee keine Kompetenzgrenzen kennenwürden. Es läge an der jeweiligen Fachperson die richtigeDiagnose zu stellen und bei Bedarf andere Fachkräftebeizuziehen. 21 In kritischen Situationen sei esoft eher Zufall an wen ein betroffener Soldat sichzuerst wendet, beziehungsweise wem er zuerst auffällt.Auf Basis der Informationen aus einem erstenGespräch werden triageartig die weiteren Schritte eingeleitetund der Soldat werde gemäß Zuständigkeitweitergeleitet. 22 Sowohl Arzt, als auch Armeeseelsorgerwürden den PPD anfordern können. DerSeelsorger könne den Arzt auch auf ein Problem hinweisen,medizinische Behandlungen und Repatriierungen,wie auch die Behandlung psychiatrischerNotfälle, erfolgten aber nur durch den Arzt. 23Fußnoten1Vgl. o.V. NZZ 18/11/1987 S. 28.2Vgl. Annen, Hubert/Vuilleumier, Claudia: ASMZ 7-8/2002 S. 28.3Vgl. Annen, Hubert/Vuilleumier, Claudia: ASMZ 7-8/2002 S. 30.4Vgl. Stucki, Christoph: Die Armeeseelsorge vor neuen Herausforderungen.ASMZ 5/2000 S. 23-24.5Schweizerische Armee, Behel.f 59.30 d Kriegs- u. Katastrophenpsychiatriegültig ab 10/1999.6Vgl. Annen, Hubert/Vuilleumier, Claudia: ASMZ 7-8/2002 26f.7Vgl. Weiss, David: Feldprediger – Ein Gratwanderer im Diensteder Truppe. Der Fourier 1/1997 S. 16.8ebenda S. 17.9Vgl. Stucki, Christoph: Die Armeeseelsorge vor neuen Herausforderungen.ASMZ 5/2000 S. 2310Vgl. ebenda S. 23 Bild –Text.11Dengg, Oliver: Bedeutung und Einsatz von Coaching in Streitkräften– Eine erste Bestandsaufnahme, Schriftenreihe der LVAk13/2005 S. 13.12URL:www.heer.vbs.admin.ch/internet/heer/de/home/uber/ausbildung/ppd.html Stand: 02/2006.13Schweizerische Armee, Behelf 59.30 d Kriegs- u. Katastrophenpsychiatriegültig ab 10/1999, Ziffer 173-176.14BMLV, Leitfaden für die Gestaltung u. Durchführung des CISM,GZ 32065/10-3.4/02 Stand 02/2000 Nr. 24f.15BMLV Leitfaden f. d. Gestaltung u. Durchführung des CISM,GZ 32065/10-3.4/02 Stand 02/2000 Nr. 24f.16Vgl. Annen, Hubert/Vuilleumier, Claudia: ASMZ 7-8/2002 26f.17BMLV Leitfaden f. d. Gestaltung u. Durchführung des CISM,GZ 32065/10-3.4/02 Stand 02/2000 Nr. 24f.18Schweizerische Armee, Behelf 59.30 d Kriegs- u. Katastrophenpsychiatriegültig ab 10/1999, Anhang 4.19URL: www.puk-west.unich/fzkwp/index.html Stand: 02/2006.20URL: www.vbs-ddps.ch/internet/groupgst/de/home/sanit/wehrmedizin.html Stand 02/200621Schriftliche Befragung: Aebi, Urs, Dienststelle Chef d. Armeeseelsorgeam 18/01/2006.22Schriftliche Befragung Bolliger, Peter, Chef PPD am 28/02/2006.23Schriftliche und mündliche Befragung Florek, Peter dzt. CMOSwisscoy KFOR am 16/01/2006.M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 8 -


2. Das deutsche Konzept derpsycho-sozialenTruppenbetreuung imAuslandseinsatzSoldaten der deutschen Bundeswehr sind seit vielenJahren an internationalen Friedensmissionen beteiligt.Die gewachsene Verantwortung der BundesrepublikDeutschland innerhalb der internationalenStaatengemeinschaft hat zu einer Erweiterung desAufgabenspektrums der Bundeswehr geführt. 1 Nebengeistiger Beweglichkeit, körperlicher Fitness undsicherem Beherrschen handwerklicher Abläufe ist diepsychische Stabilität und Belastbarkeit der Soldatenals wesentliches und bestimmendes Merkmal derEinsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit zu begreifen.Dies gilt für alle Alters- und Dienstgradgruppen. 2Die Teilnahme an Auslandseinsätzen der Bundeswehr,die unter ungewohnten und besonders belastendenBedingungen stattfinden, stellt an das eingesetztePersonal hohe Anforderungen hinsichtlich derpsycho-physischen Belastbarkeit. 3Die bisherigen Einsatzerfahrungen der Bundeswehr(Kambodscha 1992, Somalia 1993-94, Gebietedes ehemaligen Jugoslawien seit 1995), aber auch Einsatzerfahrungenanderer Organisationen (Polizei,Rettung, Feuerwehr, andere Notdienste) zeigen, dassdas eingesetzte Personal, und auch Familienangehörigeund Lebenspartner bei der psychologischen Vorbereitungauf solche Belastungen und bei der psychischenVerarbeitung einsatzbezogener Erlebnisse häufigunterstützende Maßnahmen benötigen, um ernstenund/oder dauerhaften Störungen begegnen zukönnen. Die Unterstützung bei der Stressbewältigungist somit ein Teilbereich der psycho-sozialen Betreuung.Sie ist Aufgab jedes Soldaten und insbesondereAufgabe jedes Vorgesetzten. Überall dort, wo diesnicht ausreicht, handelt es sich um eine medizinischpsychologischeAufgabe, wobei hierbei dem Zusammenwirkenvon Vorgesetzten, Militärseelsorgern undSozialdienst besondere Bedeutung zukommt.Im Jahr 2000 erließ die Deutsche Bundeswehrein Rahmenkonzept zur Bewältigung psychischerBelastungen von Soldaten. Damit hat die Bundeswehrein - im Vergleich zu anderen Nationen - effektivesund breites Angebot an Vorsorge- undBehandlungsmaßnahmen geschaffen, das sichdurchaus sehen lassen kann. 4 Durch die neuen Herausforderungenan die deutsche Bundeswehr habenWehrpsychiater und Truppenpsychologen eine gesteigerteBedeutung erfahren. Neben Befehlshabern,Kommandeuren und Einsatzführern sind Ärzte undSanitätspersonal die naheliegendsten Kooperationspartnerder Militärgeistlichen. Der Umgang mitMilitärgeistlichen im Auslandseinsatz wird von allenhandelnden „Professionisten“ als positiv bewertet. 52.1 Der SeelsorgerLaut Militärseelsorgevertrag zwischen Kirche undStaat kümmern sich Pfarrer verschiedener Konfessionenum das Seelenheil der Ihnen anvertrauten Sol-M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 9 -


daten. 6 Seelsorger begleiten diese bei der Arbeit, vorallem in Belastungssituationen, die fast immer mitGefühlen von Versagen, Hilflosigkeit und Ohnmachteinhergehen können. 7Deutsche Militärgeistliche haben sowohl im Inalsauch im Ausland Zivilstatus und sind somit unabhängigvon militärischer Weisung beziehungsweisestehen außerhalb militärischer Hierarchie, sind aberzugleich in den Dienst der Soldaten integriert. Sietragen eine der Uniform ähnliche Bekleidung alsSchutzanzug mit dem Kreuz auf der Schulter. Siesind somit im Auslandseinsatz dem jeweiligen nationalenBefehlshaber zur Zusammenarbeit zugeordnetund in Fragen der Sicherheit den Vorschriftendes Kontingentes unterworfen. Der Pfarrer gehörtneben dem Psychologen, dem Rechtsberater und demLeiter der Pressearbeit zur sogenannten „Generalstabsgruppe“.Er hat somit auch im weltlichen Sinne „einenguten Draht nach oben“. 8 Das bedeutet, dass einMilitärpfarrer direktes Vorspracherecht beim Brigadekommandeurhat, um als eine Art Anwalt fungierenzu können. Zudem nimmt der Militärgeistliche anden Stabslagen, Ärztelagen und der Runde InnererFührung (Kdr, G1, TrPsych, TrArzt) teil.Meistens genügt aber gutes Zuhören, wobei einPfarrer im Einsatz nicht nur Ansprechpartner fürchristliche Fragen, sondern auch für Alltagsproblemeist. Auch Streitereien innerhalb der Gruppe, oder mitVorgesetzten und vor allem die Angst, die der laufendeEinsatz mit sich bringt werden mit dem Pfarreraufgearbeitet. Er will sich als „laufenderMeckerkasten“ verstanden wissen, denn trotz verbesserterEinsatzbedingungen hält es nicht jeder Soldatim Auslandseinsatz aus. 9Dafür reichen als Einsatz- und Ausbildungsvoraussetzungen,neben den zivilerseits zu erbringendenQualifikationen und Weihen der jeweiligen Kirchen,eigentlich die Bereitschaft, Soldaten in einen Auslandseinsatzzu begleiten. Nichtsdestotrotz sind vieledeutsche Militärgeistliche in Notfallsseelsorge ausgebildet,allgemein wird in der Deutschen Bundeswehrdavon ausgegangen, dass jeder Pfarrer, der sichals Militärgeistlicher meldet, das theologische „Handwerkszeug“mitbringt, um diese Aufgabe zu verrichten.10 Jedoch bieten sowohl das evangelische Kirchenamtfür die Bundeswehr, als auch das katholischeMilitärbischofsamt Fortbildungsmaßnahmen fürMilitärgeistliche an: Unter anderem auch eine Ausbildungin Critical Incident Stress Management(CISM), die den Pfarrer befähigt, nach belastendenEreignissen, Unfällen, Katastrophen oder Gewalteinwirkungzusammen mit den Truppenpsychologenund den sogenannten Peers sachgerechte seelischeErste-Hilfe zu leisten. 11 Der Pfarrer bleibt in diesemVerfahren Seelsorger, der dann auch zu weiterführendenEinzelgesprächen aufgesucht wird. 12Nach zwei Jahren Zugehörigkeit zur Militärseelsorgekommt ein Auslandseinsatz in Frage: Dann erfolgeneinerseits alle weiteren Ausbildungsschrittegemeinsam mit dem zu entsendenden Kontingent,andererseits kommen zusätzliche Vorbereitungstagungenfür Einsatzpfarrer hinzu. Die gemeinsammit dem Kontingent vermittelten Ausbildungsschrittebeinhalten mehrwöchige Lehrgänge auf Truppenübungsplätzen,im Zentrum Innere Führung inKoblenz und zuletzt eine Einweisung im jeweiligenEinsatzland. Durch diese Vorgehensweise werden lautMichaelis und Theis bereits im Vorfeld Beziehungenund Kommunikationsformen mit den in den Einsatzgehenden Soldaten aufgebaut:· „Sie bauen im Vorfeld Beziehungen undKommunikationsformen mit den Soldaten auf.· sie leben von der Präsenz vor Ort mit den Soldatenund Soldatinnen, als Voraussetzung ihrer Tätigkeit.· Sie führen seelsorgerliche Gespräche mit Einzelnenund in Gruppen.· Sie verhelfen zu Deutungen des Geschehenenaus der Sicht des Glaubens als einer hilfreichen Dimensionder Lebensbewältigung.· Sie führen und leiten an zu Gebeten im persönlichenBereich aber auch bei Gottesdiensten undSakramentenspendung.· Sie tragen Leidens- und Belastungssituationenim eigenen Gebet vor Gott und sie vermitteln Soldaten,die zu ihnen kommen und deren Verwundungenund Belastungen ihre eigene Zuständigkeit überfordern(sic!), an Fachleute aus dem medizinischen oderpsychologischen Bereich.“ 13Die vom evangelischen Kirchenamt gemeinsammit katholischen Militärpfarrern abgehaltenen Vorbereitungstagungen,beschäftigen sich insbesonderemit Fragen der ökumenischen Zusammenarbeit undFragen der Notfallsseelsorge. Zusätzlich kommt esM&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 10 -


zur Diskussion einsatzpraktischer Fragen und zumErfahrungstransfer durch Einsatzvorgänger.Im Einsatzgebiet ergibt sich mit dem in jedemKontingent vorhandenen Truppenpsychologen eineenge Zusammenarbeit. Die Wahrung des individuellenprofessionellen Profils gelingt hierbei. Inoffiziellwerden Psychologe und Seelsorger als „Zelle Seele“zusammengefasst. Dadurch ergibt sich zum Beispielfür den Einsatz ISAF nicht nur eine Unterbringungim gleichen Gebäude, sondern sogar im gleichenStockwerk. Im Einzelfall ist es dem Pfarrermöglich einem Soldaten ein Gespräch mit einemPsychologen oder Arzt zu empfehlen. In der DeutschenBundeswehr wird davon ausgegangen, dassaufgrund des bereits eingangs erwähnten Zivilstatusdes Pfarrers, die Zugangsschwelle zum ihm niedrigerals zum Beispiel zum Psychologen ist. Dieser zeichnetsich als Offizier bei den Soldaten durch ein anderesImage aus. Hierzu sei auch erwähnt, dass dasBeichtgeheimnis als unverbrüchlich gilt. Eine Entbindungvon der Schweigeverpflichtung des Beichtgeheimnisseskann nur durch einen betroffenen Soldatenselbst erfolgen. Ein Pfarrer verfügt über einumfassendes Zeugnisverweigerungsrecht.2.2 Der PsychologeTruppenpsychologen sind seit Somalia Bestandteileines jeden Auslandseinsatzkontingentes.Inzwischen wurden sie unter anderem auch auf Brigade-und Divisionsebene eingebunden. Andere Psychologennehmen die Funktionen des Truppenpsychologenals Zweitfunktion wahr, sind in dieFamilienbetreuung eingebunden, arbeiten mit bei dervorbereitenden Ausbildung von Soldaten oder insogenannten Einsatznachbereitungsseminaren. Psychologensind Berater, Ausbilder und Ansprechpartnerfür alle Fragen des Stressmanagements.Oft stehen sie, zusammen mit ausgebildeten Peers,Soldaten und/oder deren Familien nach belastendenEreignissen zur Betreuung zur Verfügung. 14 Truppenpsychologensind zusammen mit Truppenärzten dieersten fachlichen Ansprechpartner beim Umgang mitbesonderen psychischen Belastungen. Dies erfordertneben der beruflichen Qualifikation eine Zusatzausbildung.Für Truppenpsychologen erfolgt diese Ausbildunginnerhalb der Zuständigkeit des PsychologischenDienstes der Bundeswehr (PsychDstBw), istjedoch gemäß Rahmenkonzept bereichsübergreifendzu standardisieren. 15 Durch die Zusatzausbildungwird gewährleistet, dass die ausgebildeten Psychologensowohl präventiv, als auch im Rahmen von akutenInterventionen tätig werden können. Grundsätzlichdurchlaufen alle Professionen, also Truppenpsychologen,Truppenärzte, Fachärzte, ärztliche undpsychologische Psychotherapeuten die gleiche Ausbildung.Alle angesprochenen Fachkräfte werden inTechniken der Stressbewältigung eingewiesen, je nachBedarf werden sie auch noch gemäß ihrer Funktionim Kriseninterventionsteam (KIT) ausgebildet. 162.3 Der TruppenarztTruppenärzte sind die Hausärzte der Soldaten.Somit sind sie enge Vertraute und ersteAnsprechpartner von Soldaten in Krisensituationen.Psychologisch wird auch den Ärzten in Auslandseinsätzeneiniges abverlangt: Einerseits die medizinischeUnterstützung der eigenen Soldaten, andererseits jenach Einsatzart auch die medizinische Hilfe für Einheimischevor Ort. Mediziner sind dann häufig einemungewohnten Massenandrang ernstlich krankerMenschen ausgesetzt, der in diesem Ausmaß imHeimatland selten vorkommt. Die „weiße Wehr“versteht sich als Dienstleistungsunternehmen für dieanderen kämpfenden Verbände. 17Truppenärzte stehen aufgrund ihrer Nähe zur vonihnen betreuten Truppe in der besonderen Verantwortung,zu erkennen, wann gezielte diagnostischeund therapeutische Maßnahmen einzuleiten sind.Daher führen auch die Truppenärzte der deutschenBundeswehr im Rahmen der Einsatzrückkehreruntersuchungbei allen Soldaten eine Einsatzrückkehrerbefragungdurch, zur Ermittlung einer erstenRisikoeinschätzung der möglichen erfolgtenpsycho-soziale Belastung. 18 Während des Einsatzeswerden Truppenärzte durch Vorgesetzte betroffenerSoldaten über ungewöhnliche Ereignisse unterrichtet.Sie verschaffen sich in weiterer Folge einen Überblicküber die psychische Verfassung dieser Soldatenoder gegebenenfalls dieser Einheiten. In aller Regelerfolgt dies in enger Zusammenarbeit mit denTruppenpsychologen. Bei Bedarf werden in Zusammenarbeitmit den verantwortlichen militärischenFührern Maßnahmen zur Unterstützung derBelastungsbewältigung durchgeführt. 19 Wie schon dieM&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 11 -


(Abb. 1)Truppenpsychologen sind auch die Truppenärzte zusätzlichzu ihren medizinischen Qualifikationen inMethoden der Stressbewältigung und für den Einsatzin einem KIT ausgebildet.Allgemein kann zur Ausbildung von Bundeswehrärztenfolgendes gesagt werden: Da die DeutscheBundeswehr in ihren Auslandseinsätzen im Rahmenmultinationaler Verbände agiert, führt sie gemäßNATO-Standards eine Role 3-Versorgung in Formvon Feldspitälern durch (KFOR, ISAF). Innerhalbdieser sind Ärzte aller Fachrichtungen inklusive Fachärztenfür Allgemeinmedizin vertreten, wobei jederArzt eine notärztliche Qualifikation aufweisen muss.Role 3 wird auf den jeweiligen Einsatz zugeschnittenund beinhaltet jedenfalls: Spezielle Chirurgie (Neuro-Maxillo-FacialeChirurgie, Verbrennungen usw.),spezielle Diagnostik (CT, Arthroskopie, spezielleLabordiagnostik usw.), Spezialabteilungen mitBettenkapazität (Interne, Neurologie, Intensivstation,Ophthalmologie). 202.4 Nachbetreuung,Familienbetreuung,ZusammenarbeitDie Rückkehr der Soldaten nach Beendigung einesAuslandseinsatzes ist häufig mit psychischen Belastungenverbunden: Einerseits ergeben sich Belastungendurch die Umstellung des beruflichen undprivaten Rhythmus, andererseits können auch vorausgegangeneStressoren aus dem geleisteten Einsatznoch relevant sein. Die Vorbereitung auf die Rückkehrfindet noch im Einsatzgebiet statt, durch Abhaltungsogenannter Rückkehrergespräche. Nach einerausgedehnten Erholungsphase ist wie bereits erwähnteine truppenärztliche Untersuchung mit Explorationnach typischen Belastungsreaktionen vorgesehen.Bei Verdacht auf Fortdauern solcherBelastungsreaktionen werden weiterführendeDiagnostiken und Maßnahmen eingeleitet.Sechs bis acht Wochen nach der Rückkehr führenM&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 12 -


igen unter Hinzuziehung erforderlicher FachkräfteHilfestellungen in allen Fragen des täglichen Lebenszu geben. Im Rahmen ihrer Drehscheibenfunktionträgt die Betreuungsorganisation also dazu bei die unmittelbarenAuswirkungen der Trennung zu mildern.Somit wird ein wichtiger Beitrag zur Verminderungund zum Abbau von Stress geleistet. 23Die interprofessionelle Zusammenarbeit vonMilitärseelsorgern, Militärpsychologen und Militärärztenbei der Betreuung deutscher Soldaten im Auslandseinsatzfußt auf dem „Rahmenkonzept zur Bewältigungpsychischer Belastungen von Soldaten“ (Führungsstabder Streitkräfte i. d. dzt. gültigen Fassungaus 2004), dem „Medizinisch-Psychologischen Stresskonzeptder Bundeswehr (Erlass vom Dez. 2004) und(Abb. 3)den „Leitlinien der Arbeitsgruppe psycho-sozialerUnterstützung (AGPSU) für die Zusammenarbeitim Psychosozialen Netzwerk“ und gilt für alle vierTeilstreitkräfte.Dazu Oberstarzt Dr. med. Karl-Heinz Biesoldund Oberstarzt Dr. med. Hans-Heiner Hahne imRahmen einer Fachtagung in der PsychosomatischenFachklinik Bad Pyrmont:„Auf der Basis jahrzehntelanger Erfahrung andererArmeen in Kriegs- und humanitären Einsätzen, inVerbindung mit eigenen Erfahrungen und Untersuchungen,wurde in der Bundeswehr ein Rahmenkonzeptzur Prävention und Behandlung einsatzbedingterpsychischer Belastungen entwickelt, das inseinen Einzelheiten (drei Phasen – drei Ebenen) erläutertwird.“ 24M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 14 -


Die tragenden Säulen des medizinisch-psychologischenStresskonzeptes sind also das Drei-Phasen-Modell und das Drei-Ebenen-Konzept. (Abb. 1) 25Das Drei-Phasen-Modell regelt die Maßnahmenin den verschiedenen Stadien (=Phasen) des Einsatzes:Einsatzvorbereitung, Einsatzdurchführung, Einsatznachbereitung.Das Drei-Ebenen-Konzept umfasst die Stufen(=Ebenen) der Hilfen bei psychischen Belastungenim Einsatz entsprechend der Behandlungsgrundsätze,je nach Ausmaß und Notwendigkeit. (Abb. 2) 26In Anlehnung an die medizinische Einteilung gemäßNATO in Roles, wurde auch die psycho-sozialeHilfe in der Bundeswehr eingeteilt: Ebene 1 ist dieSelbst- und Kameradenhilfe, die Unterstützungdurch Vorgesetzte und/oder durch ausgebildete Kameraden(Peers). Ebene 2 wird je nach zu erwartenderBelastung durch den Truppenarzt, Truppenpsychologen,den Militärpfarrer und/oder den Sozialdienstan die Soldaten herangetragen. In Ebene 3 kannes erforderlich sein, Soldaten durch Fachkräfte derBundeswehrkrankenhäuser (Fachärzte für Psychiatrie,Neurologie und ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten)betreuen zu lassen. Besonderes Augenmerkwird auf die Installation von Kriseninterventionsteams(KIT) zur Bewältigung vonCritical Incidents (CI) gelegt. 27 Ein KIT wird in derRegel von besonders qualifizierten Ärzten oder Psychologenmit Ausbildung in Stressmanagementverfahrenund psychodiagnostischer Erfahrung geleitet.Die erforderlichen Maßnahmen zurKoordinierung des Sanitäts- und des PsychologischenDienstes werden auf fachlicher Ebene durch die Arbeitsgemeinschaftpsychosoziale Unterstützung(AGPSU) geplant. 28 Die Arbeitsgruppe wird über alleEinsätze informiert. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppearbeiten Angehörige des Sanitätsdienstes, des PsychologischenDienstes, der Militärseelsorge und desSozialdienstes in einem Psychosozialen Netzwerk innerhalbeiner engen und vertrauensvollen Zusammenarbeitmit der militärischen Führung vor Ort zusammen.Das Netzwerk arbeitet hauptsächlich aufStandortebene. Netzwerkarbeit ist Arbeit in einer offenennicht-hierarchisch strukturierten Gruppe, in deralle Netzwerkangehörigen grundsätzlich gleichberechtigtsind.Ebenso wird sorgfältiges Augenmerk auf die Ausbildungder Peers gelegt. Die Ausbildung dauert zweiWochen und ist innerhalb der Bundeswehr standardisiert.Alle Militärgeistlichen, eine Reihe Mitarbeiterdes Sozialdienstes und durch ihre Persönlichkeitbesonders geeignete Soldaten absolvieren diese Ausbildung.Ziel ist es, CISM gemäß den derzeit gültigenWHO-Standards anzubieten. (Abb. 3) 29Fußnoten1Vgl. Medizinisch-psychologisches Stresskonzept d. Bundeswehr,Fü San I1-Az 42-13-40/PSZ III 6-Az 66-01-10, 12/2004, S. 4.2BMVg - Fü S I 3 Rahmenkonzept z. Bewältigung psych. Belastungenv. Soldaten 1. Änderung mit 1. Ergänzung 03/2004.3Vgl. MedPsychStressKonBw, Fü San I1-Az 42-13-40/PSZ III 6-Az 66-01-10, 12/2004, S. 4.4Vgl. Beckmann, Ulrike: Helfende Gespräche, Y. 10/2003 S. 69.5Vgl. Michaelis, Peter/Theis, Walter: Dienst unter d. Soldaten –Militärseelsorge, Truppenpraxis/Wehrausbildung 7-8/1999 S.509.6Vgl. Schauer, Hartmut: Feldpost für das Herz – Seelischer Trostdurch d. Pfarrer Armee-Logistik 7/2003 S. 8.7Vgl. Michaelis, Peter/Theis, Walter: Dienst unter d. Soldaten –Militärseelsorge Truppenpraxis/Wehrausbildung 7-8/99 S. 506.8Vgl. Georgi, Alexander: Grüß Gott in Kabul, Y. 4/2003 S. 111.9Vgl. Georgi, Alexander: Grüß Gott in Kabul, Y. 4/2003 S. 111.10Schriftliche Befragung: Michaelis, Peter zuständiger stv. ev. Militärdekanf. Auslandseinsätze, am 13/02/200611Leitfaden f. d. Gestaltung u. Durchführung des CISM, GZ 32065/10-3.4/02 Stand 02/2000 Nr. 6, 16.12Vgl. Michaelis, Peter/Theis, Walter: Dienst unter d. Soldaten –Militärseelsorge, Truppenpraxis/Wehrausbildung 7-8/1999 S.508.13Michaelis, Peter/Theis, Walter: Dienst unter d. Soldaten – Militärseelsorge,Truppenpraxis/Wehrausbildung 7-8/1999 S. 506.14Vgl. Beckmann, Ulrike: Helfende Gespräche, Y. 10/2003 S. 69.15Vgl. Medizinisch-psychologisches Stresskonzept d. Bundeswehr,Fü San I1-Az 42-13-40/PSZ III 6-Az 66-01-10, 12/2004, S.12.16Vgl. ebenda17Vgl. Clement, Rolf: Weiße Wehrübung, loyal 4/1992 S. 36-3718Vgl. Leitlinien d. AGPSU f. d. Zusammenarbeit im „PsychosozialenNetzwerk“ S. 319Vgl. Medizinisch-psychologisches Stresskonzept d. Bundeswehr,Fü San I1-Az 42-13-40/PSZ III 6-Az 66-01-10, 12/2004, S. 8.20Vgl. Treu, Thomas: NATO u. San-Dienst Lehrbehelf SanSchuleÖBH 2006 S. 6-10.21BMVg - Fü S I 3 Rahmenkonzept z. Bewältigung psych. Belastungenv. Soldaten 1. Änderung mit 1. Ergänzung 03/2004. S.11.22Vgl. Beckmann, Ulrike: Helfende Gespräche, Y. 10/2003 S. 6923BMVg – Bundesmin. d. Verteidigung, Fü S I 3 Rahmenkonzeptz. Bewältigung psych. Belastungen v. Soldaten 1. Änderung(2004)M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 15 -


24Vgl. Hahne, Hans-Heiner/Biesold, Karl-Heinz: Fachseminar PostraumatischeBelastungsstörung Bad Pyrmont 2001 – SchriftenS. 35ff.25Vgl. Hahne, Hans-Heiner/Biesold, Karl-Heinz: Fachseminar PostraumatischeBelastungsstörung Bad Pyrmont 2001 – SchriftenS. 35ff.26ebenda27Leitfaden f. d. Gestaltung u. Durchführung des CISM, GZ 32065/10-3.4/02 Stand 02/2000 Nr. 6f.28Leitlinien der AGPSU für die Zusammenarbeit im Psychosoz.Netzwerk S. 129Vgl. Hahne, Hans-Heiner/Biesold, Karl-Heinz: Fachseminar PostraumatischeBelastungsstörung Bad Pyrmont 2001 – SchriftenS. 35ff.M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 16 -


leitung für alle geistlichen Belange und unter die zuständigenmilitärischen Kommandostellen für alleanderen Angelegenheiten. 4 Derzeit – Stand 2005 -gibt es acht Planstellen: Militärsuperintendentur(fachliche Leitung, BMLV Wien), Zentralstelle/BMLV (Wien), Streitkräfteführungskommando (Salzburg), Streitkräfteführungskommando (AußenstelleGraz), Militärkommanden Burgenland (Eisenstadt),Kärnten (Klagenfurt), Niederösterreich (St.Pölten), Oberösterreich (Hörsching). 5 Aktive hauptamtlicheMilitärseelsorger des ÖBH sind in die militärischeHierarchie eingegliedert, jedoch wie zumBeispiel auch andere Spezialfunktionen (z. B. Ärzte,Techniker) mit eigenen Aufschlagfarben: violett fürden Seelsorgedienst, Rockgraddienstabzeichen mitKreuz.Die Aufgaben des Militärseelsorgers im Einsatzwerden in der jeweiligen Geschäftsordnung des Bataillonsbzw. im jeweiligen Einsatzkalender geregelt.Zusätzlich zu den einsatzspezifischen Regelungengelten natürlich auch alle anderen Bestimmungen,die im Friedensbetrieb in Österreich wirksam sind.Hier ist der wichtigste Erlass der sog. Richtlinienerlass(Evang. Militärseelsorge; Richtlinien–Neufassung2005, GZ S90595/4-Präs/2005 v. 13. April 2005.In: VBl. 45/2005). In diesem Erlass werden die Aufgabendes Militärseelsorgers geregelt. Eine Aufgabestellt der sogenannte Lebenskundliche Unterricht(LKU) dar. Dieser ist Teil der Ausbildung der Soldatenund fußt auf den Grundlagen christlichen Glaubens.Der LKU ist nach Konfessionen getrennt undwährend der Dienstzeit im gesamten ÖBH durchzuführen.Er ist gesondert für Rekruten und Chargen,Unteroffiziere und Offiziere abzuhalten. Diesbedeutet, dass der LKU auch bei Auslandseinsätzenstattzufinden hätte. 6In Zypern wurden vor allem zuerst die Soldatendes Austrian Contingent (AUSCON), sowie dieSoldaten des Slovenian Contingent (SLOVCON)besucht. Weiters war der Militärseelsorger auch fürdie Angehörigen des Hungarian Contingent(HUNCON) zuständig. Zu den sonntäglichen Gottesdienstenerschienen auch einheimische Christen ausder Umgebung von Famagusta. Die Militärseelsorgewar geprägt von Besuchen des Militärseelsorgers beiden Soldaten auf „der Linie“, wie auch im Krankenrevierim Camp Duke Leopold (CDL). Hier galt derBesuch den dort aufgenommenen stationären Patienten,den Ärzten und dem Sanitätspersonal. Somitergab sich bei „Problemfällen“, sowie im Hinblickauf Repatriierungen von Soldaten, auch eine engeZusammenarbeit zwischen dem Militärseelsorgerund den Ärzten.Für Seelsorger im KFOR-Einsatz geltenwiederum vor allem die Richtlinien der entsprechendenVerlautbarungsblätter für die evangelische beziehungsweisekatholische Militärseelsorge. 7 u. 8 Zusätzlichzu diesen Aufgaben betreut der Militärseelsorgereine Gospelgruppe, Bibelabende, Ökumenische(KFOR) Pfarrerkonvente, Pfarrcaritas, Kirchenbau(AUCON 2) und Wallfahrten. Kontakte zu und Unterstützungvon katholischen Pfarren im Kosovo undPfarraushilfen beim German Contingent (GECON)sind ebenfalls in den Einsatzaufgaben enthalten. Immilitärischen Bereich nimmt der Pfarrer an denStabsbesprechungen teil, hält militärische Gedenkfeiern,regelt die Kooperation und Koordination derMilitärseelsorge der Task Force-DULJE, nimmtBetreuungsaufgaben wahr und wirkt bei CIMIC –Projekten mit. Zusätzlich ist er für diepsychohygienischen Unterstützung mitverantwortlich.9Gemäß einer Rückkehrer-Befragung die 2000 vonBernhard Gruber im Rahmen seiner Diplomarbeitinitiiert und vom Heerespsychologischen Dienst(HPD) durchgeführt wurde, erwartet sich die Mehrheitder Soldaten im Auslandseinsatz einen Seelsorgerder für sie ein Kamerad ist. Als zweitwichtigsteFunktion des Seelsorgers wurde die des „Helfers inder Not“ gesehen, vor allem wird Hilfe bei Problemlösungenmit Familie, Lebenspartnern und bei dienstlichenProblemen erwartet. Somit ist das Führenpersönlicher Gespräche die wichtigste Aufgabe einesMilitärseelsorgers. 10 An diesem Punkt sei daher nochauf die Mitgehende Seelsorge, das Konzept der EvangelischenMilitärseelsorge in Österreich verwiesen:„Der Militärpfarrer kommt zu den Soldaten...“. Dasgilt auch für Auslandseinsätze des <strong>Bundesheer</strong>es. 113.2 Der PsychologeZum Truppenpsychologen bemerkt GeneralleutnantFriedrich Riechmann, Befehlshaber des Einsatzführungskommandos:„Der Truppenpsychologe im Einsatz und um denM&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 19 -


Einsatz herum ist alles andere als humanistischerLuxus oder übertriebene Vorsorge“ 12Wie bereits erwähnt stellten der humanitäre EinsatzATHUM/ALBA und der Einsatz bei AUCON/KFOR die ersten Einsätze der Heerespsychologie ineinem österreichischen Auslandseinsatz dar.Bevor ich weiter auf die Anforderungen an Psychologenin Auslandseinsätzen eingehe, möchte ichein paar notwendige Begriffe kurz abklären:Stress 13 – belastendes Erlebnis, dass im Zusammenhangmit anderen Faktoren oder alleine einekörperliche, psychische oder psychosomatischeKrankheit zur Folge hat. Für den Bereich der militärischenPsychologie sind alle Formen von Stress bedeutend.Kumulativer Stress 14 – resultiert aus spezifischenBelastungen, die zu oft, zu lange und zu intensiv aufeine Person einwirken.“Traumatischer Stress 15 – tritt als Folge von außergewöhnlichen,äußerst belastenden, überraschendauftretenden und lebensbedrohlichen Ereignissen(sog. Critical Incidents) auf.Post-traumatischer Stress 16 – es handelt sich umtraumatischen Stress, der nicht direkt nach dem Ereignissondern zeitlich versetzt auftritt.Posttraumatische Belastungsstörung 17 (PTBS) –Nicht alle Belastungsreaktionen klingen nach derakuten Phase wieder ab. Es kommt zur protrahiertenReaktion auf das Ereignis nach Monaten, sogarJahren. Symptome für post-traumatischen Stress/Belastungsstörung sind häufig: ständiges Wiedererlebendes Traumas sog. Flashbacks, Übererregbarkeit,Rückzug von der Außenwelt.Combat Stress (CSR) 18 – Synonyma: Soldiersheart (Da Costa 1871!), Kriegszitterer, Shell Shock;CSR ist eine akute Stressreaktion, die auf demGefechtsfeld unter folgenden Erscheinungsformenbeobachtet werden kann: Distanzierung undDerealisierung, Angst, Schuldgefühle, Verletzlichkeit,Gefühl die Kontrolle zu verlieren, Gefühl derDesorientiertheit.Critical Incident (CI) 19 – ist ein aufgrund einesUnglücksfalles, einer Katastrophe oder eines militärischenEinsatzes unerwartet eintretendes, außergewöhnlichesEreignis, dessen Wirkung außerhalb derüblichen menschlichen Erfahrung liegt und das beibetroffenen Individuen Belastungsreaktionen verursacht,die nicht mit gewohnten Methoden bewältigtwerden können.Primär Betroffene 20 – Personengruppe, die unmittelbarund direkt vom Ereignis betroffen war.Sekundär Betroffene 21 – Personengruppe, die dasEreignis unmittelbar miterlebt hat, oder als Helfermit den Auswirkungen konfrontiert wurd.Tertiär Betroffene 22 – waren nicht persönlich anwesend,sind aber zumeist Angehörige von primäroder sekundär Betroffenen.Critical Incident Stress Management (CISM) 23 –ist ein integriertes, mehrstufiges System vonInterventionsmöglichkeiten und -techniken nach/voreinem CI, in Form von Kombination präventiverund nachsorgender Maßnahmen.Debriefing 24 – dient in erster Linie der psychologischenBetreuung der sekundär Betroffenen, aberauch primär und tertiär Betroffene können debrieftwerden. Stellt das Kernverfahren des CISM dar undist kein psychotherapeutisches Verfahren.Defusing 25 – Kurzform des Debriefings für starkBetroffene „Sekundäre“, innerhalb der ersten 12 Stunden.Peers 26 – übersetzt „Gleiche“ sind nach den Regelnder international Critical Incident StressFoundation ausgewählte und speziell geschulteKaderangehörige. Nach einem CI sollen hauptsächlichverbandseigene Peers eingesetzt werden.Die österreichischen Einsätze ISAF und KFORwaren von Beginn mit Truppenpsychologen besetzt.Ausbildungsvoraussetzungen für Truppenpsychologensind: abgeschlossenes Psychologiestudium,Curriculum zum klinischen- undGesundheitspsychologen. Bei Einführung dieses Systemsin die Einsätze ergaben sich unter anderem folgendeProbleme: Die vor Ort eingesetzten Psychologenwaren oft beim <strong>Bundesheer</strong> angestellte Zivilbedienstete(z.B. aus dem Bereich des Heeresspitals)oder Milizsoldaten, die im Ausland ihren Auslandseinsatzpräsenzdienstableisteten, daraus ergaben sichoftmals Nachteile: Diese Psychologen konnten nichtzum Dienst in das Ausland einberufen bzw. entsandtwerden, sondern mussten sich freiwillig dazu bereiterklären. Ein Aufenthalt von sechs Monaten (dienormale Dauer eines Auslandseinsatzes) im AuslandM&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 20 -


edeutete aber einen sehr langen Ausfall an der zivilenoder militärischen Heimatdienstelle, beziehungsweiseauch im beruflichen Umfeld des Betreffenden.Daher mussten Zwischenlösungen für die Ablösegefunden werden.Ihre wesentliche Aufgabe bestand in einerBindegliedfunktion zwischen der Mannschaft unddem Kontingentskommandanten. Es lag und liegtin dessen Ermessen, die vorgeschlagenen Maßnahmenzu ergreifen oder nicht. Die psychologische Betreuungsteht und fällt somit mit dem Verständnisdes eingesetzten Kommandanten. 27Hierzu sei noch kurz über die derzeitige psychologischeAusbildung von Führungspersonal im ÖBHberichtet: Die psychologische Ausbildung im Rahmendes Fachhochschul-Studienganges für MilitärischeFührung an der Theresianischen Militärakademieist in zwei Teile geteilt. Allgemeine Militärpsychologiewird innerhalb von 15 Stunden vermittelt,30 weitere Stunden sieht der Lehrplan für diePsychologie des Einsatzes vor: Die Vorlesung überAllgemeine Militärpsychologie beschäftigt sich mitden Grundsätzen der Militärpsychologie, der sogenanntenFührungspsychologie und den Tätigkeitenund der Gliederung des HeerespsychologischenDienstes (HPD). Im Rahmen der Psychologie desEinsatzes werden folgende Inhalte vermittelt:Betreuungspsychologie und Militärischer Einsatz. Esfolgt eine abschließende Prüfung.3.3 Der TruppenarztIn fast alle österreichischen Auslandseinsätze wurdenMilitärärzte, einerseits zur Versorgung des eigenenKaders, andererseits zur Versorgung der Bevölkerungbeziehungsweise zur medizinischen Betreuungvon militärischen Angehörigen aus anderen eingesetztenNationen, entsandt. Beobachtermissionenwerden häufig ohne österreichisches Sanitätselementgeführt. Der Arzt im Auslandseinsatz hat aus dengenannten Gründen eine besondere Verantwortunggegenüber den eigenen Kameraden, zivilen UN-Angestellten,civil workers im Camp, Soldaten andererNationen und zuletzt auch gegenüber der Zivilbevölkerungjenes Landes in dem der Einsatz stattfindet.28 Grundsätzlich gilt auch im Auslandseinsatz dieösterreichische Rechtsordnung mit den nationalenmedizinischen Berufsgruppengesetzen (Ärztegesetz,Gesundheits- u. Krankenpflegegesetz, Sanitätergesetz...).Zusätzlich gelten im Auslandseinsatz nochdie mit dem jeweiligen Gastland oder anderen Nationenausgehandelten Rules of Engagement (ROE),Status of Forces Aggreement (SOFA) und Memorandumof Understanding (MOU), TechnicalAggreement (TA). Laut österreichischem Sanitätskonzept,wie auch gemäß UN-Charta steht einemSoldaten im Einsatz das gleiche Behandlungsergebniswie im Heimatland zu. Der Arzt im Auslandseinsatzist im Auftrag des Kommandanten auch Gutachterfür die Dienstfähigkeit der Patienten. Im Rahmendieser Tätigkeit ist die Weitergabe von Patientendateninnerhalb der gesetzlichen Bestimmungen notwendigund erlaubt. Ansonsten besteht für das gesamtemedizinische Personal, ebenso wie für das psychologischeund das seelsorgerliche Personal Schweigepflicht.29Alle drei „Arten“ von Militärärzten - Berufsoffizieredes militärmedizinischen Dienstes, Milizärzteund zivile Ärzte, die aufgrund freiwilliger Meldunggemäß KSE-BVG entsandt werden - müssenein abgeschlossenes Medizinstudium und das iuspracticandi (das Recht selbstständig zu praktizieren)aufweisen. Alle Ärzte sollten ein gültiges Notarztdiplomvorweisen können. OdmmD müssen auchdie Allgemeine Basisausbildung kurz (ABA kurz) unddie Militärmedizinische Basisausbildung absolvierthaben. Die Englischen Fremdsprachenkenntnisse desBataillonsarztes sollten im Bereich „C“ eingestuftsein.Der derzeitige Bataillonsarzt & KommandantSanitätszug & Leiter der Truppenordination(OrgPlan-Bezeichnung) AUCON/KFOR gibt folgendeunabdingliche Aufgabengebiete an: Erste Hilfebei Erkrankung und/oder Unfall der Angehörigender Task Force Dulje, ambulante und stationäre Versorgung(Role 1), Weiterführung zu fachärztlicherBetreuung im deutschen Feldlazarett, MEDEVAC-Bereitschaft für NAW-Ausfahrten innerhalb der TaskForce Dulje, Dienstbetrieb im Camp, Nachschub,wöchentlicher SITREP; Aufgaben nach Maßgabepersoneller Ressourcen: Sanitätsdienstliche Betreuunggeplanter EOD-Einsätze, Schießübungen, Organisationvon Fortbildungen von Sanitätspersonal undTruppe; hinzu kommen noch alle koordinierendenAufgaben im Einsatzgebiet: mit militärärztlichenVertretern anderer Nationen, mit ärztlichen Vertreterndes Gastlandes, mit Vertretern von NGOs, so-M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 21 -


außerchristlicher Seelsorge und Psychologie. Ebensodenkt Militärdekan Mag. Erich Hitz zur Frage„Militärseelsorger oder Psychologe“ folgendes:„...es ergibt sich unter Umständen auch eine Überschneidungmit anderen helfenden Berufen, was jedochkein Hindernis für die Legitimität desÜbernehmens neuer Tätigkeitsbereiche der Seelsorgesein kann und keine Konkurrenz darstellen soll.“ 35Im Leitfaden für die Gestaltung und Durchführungdes CISM des BMLV ist sogar vorgesehen, dassMilitärseelsorger Peer-Funktion übernehmen können,sofern sie die Ausbildung zum Peer gemäß denBestimmungen der International Critical IncidentStress Foundation absolviert haben. Im Rahmen einesCritical Incident Stress Management-Einsatzessind Militärseelsorger verpflichtend heranzuziehen,wenn von den Betroffenen ein Bedürfnis nach religiösemBeistand geäußert wird. 36Auch ärztlicherseits wird die Notwendigkeit zurinterdisziplinären Zusammenarbeit gesehen:„Der Mediziner ist nicht nur „Behandelnder“, sondernauch gemeinsam mit dem Psychologen - je nachEinsatz ist ein Psychologe vor Ort- und dem GeistlichenAnsprechpartner für viele persönliche Anliegender Soldaten. Hinzu kommt, dass manche Erkrankungenpsychosomatisch ausgelebt werden. Dies mussvom Arzt durch begleitende Gespräche und/oder Behandlunggemanagt werden. In Grenzfällen sollenLösungsvorschläge für den Patienten durch Zusammenarbeitvon Arzt, Psychologen, Seelsorger und Kommandantenermittelt werden.“ 37Der militärische Kommandant fungiert innerhalbder hochsensiblen Thematik der interprofessionellenZusammenarbeit derzeit als einzige Schnittstelle: Einerechtzeitige Verbindung zum psychologischen Fachpersonalhilft viele Folgeerscheinungen von Krisenrechtzeitig zu verhindern. Daher ist die Forderungnach einem truppenpsychologischen Modell, wie esviele andere Armeen bereits haben durchaus sinnvoll.Die Verbindung zum Seelsorgepersonal muss ebenfallsdurch den Einheitskommandanten hergestellt werden,da der Glaube vielen Soldaten Trost und Hoffnungspendet. Zugleich scheint die Zugangsschwellezur Seelsorge niedriger als zu anderen Betreuungsartenzu sein. Der Verbindung vom Kommandantenzum Truppenarzt ist besondere Bedeutung beizumessen,da der Kommandant im Rahmen seinerFürsorgepflicht die bestmögliche Betreuung für seineUntergebenen sicherzustellen hat 38 .Da wohl viele der Beteiligten im Auslandseinsatz– Kommandanten, Seelsorger, Psychologen und Ärztedie Zeichen der Zeit und den Handlungsbedarf erkannthaben, existiert zum Beispiel für den EinsatzAUCON/KFOR seit einigen Rotationen die sogenannteHumanfaktorenrunde, manchmal auch alsExpertenrunde bezeichnet. Einmal wöchentlich treffenhier Bataillonskommandant, Pfarrer, Psychologeund Rechtsberater zusammen um vor allem überdie vorherrschende Grundstimmung der Truppe und/oder über soziale und rechtliche Belange zu sprechen.Psychologe und Pfarrer können sich hier eine gewisse„Arbeitsaufteilung“ vereinbaren: Etwa wer dieseWoche die stationären Fälle im Krankenrevier oderim Deutschen Feldlazarett (DFLAZ) besucht, oderwer Gespräche in den Betreuungseinrichtungen führt.Notwendige Repatriierungen können hier zwischenArzt und Psychologen besprochen werden.Wie der derzeitige Truppenpsychologe AUCON/KFOR jedoch in einem brieflichen Statement festhielt,existieren nur wenige Regelungen zur interprofessionellenZusammenarbeit, wohl aber individuelle„gentlemen’s agreements“:„Der Soldat entscheidet in den meisten Fällen selbst,ob er sich mit seinen Problemen an den Arzt, Seelsorgeroder Psychologen wendet. Liegt ein gröberes Problemvor, gibt es die Möglichkeit zur interdisziplinärenZusammenarbeit.“ 39Ein derart sensibles Thema, wie die psycho-sozialeTruppenbetreuung in Auslandseinsätzen bedarfaber bei aller Wahrung individueller Interessen sowohlseitens der Betroffenen als auch seitens der eingesetztenKräfte normativer Regelungen, die eineoptimale Versorgung unserer Soldaten gewährleisten.Fußnoten1Vgl. Gruber, Bernhard, Militärseelsorge b. Auslandseinsätzen d.ÖBH, TherMilak, 2000 S. 8f.2Vgl. Tötzl,Franz-Dieter: Die Notwendigkeit psychologischer Betreuungwährend eines militärischen Einsatzes, TherMilak, 2000S. 40f.3Michaelis, Peter/Theis, Walter: Dienst unter d. Soldaten – Militärseelsorge,Truppenpraxis/Wehrausbildung 7-8/1999 505-510, 5064Vgl. Gruber, Bernhard: Militärseelsorge b. Auslandseinsätzen d.ÖBH, TherMilak 2000 S. 8f.5Vgl.Trauner, Karl-Reinhart (u.a): Die Mitgehende Seelsorge: DasKonzept der Evangelischen Militärseelsorge in Österreich,M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 23 -


4. ConclusioAufgrund der neuen Herausforderungen, die fürdas <strong>Bundesheer</strong> 2010 im Rahmen einer EU-Beteiligungim Sinne der „Petersberg-Aufgaben“ geplantsind, kommen auf österreichische Soldaten in Auslandseinsätzenauch andere, gesteigerte Anforderungenzu. Dies bezieht sich auf alle auslandseinsatzspezifischenBereiche: Es ist davon auszugehen, dasseine vermehrte EU-Präsenz in anderen Einsätzen alsden bisherigen Peace-keeping-Einsätzen auch zu einemerhöhten Gefahrenpotential führen wird. Umdie gemäß BH 2010 geforderte flexible Sanitätsversorgungim In- und Ausland bei geplanten vierBrigaden erfüllen zu können, bedarf es auch einesdeutlich erhöhten Personalaufwandes in allen betreuendenBereichen. Da auch klassische Peace-keeping-Einsätze wie UNDOF weiterhin bestehen bleibensollen, wird die Miliz nach wie vor gebraucht, dennohne Miliz-Sanitätspersonal lässt sich zurzeit die geforderteAuslandsfähigkeit einer Feldambulanz nichterreichen, da speziell Fachpersonal fehlt, das aber innaher Zukunft in der erforderlichen Personenanzahldurch Berufsmilitärärzte allein nicht abgedeckt werdenkann. Die Aufstockung des Personalstandes, diedurch Schaffung neuer und lukrativerer Verträge geplantist, kann aber nicht von heute auf morgen erfolgen.Oberstarzt Dr. Strickner, Präsident derÖsterreichischen Gesellschaft für Wehrmedizin undWehrpharmazie glaubt, dass diese Fachspezifikationenfrühestens 2014/15 mit Berufsmilitärpersonen aufgefülltsein könnten. 1Es scheint also, als ob bereits intensiv an den quantitativenPersonalproblemen gearbeitet wird. Erst dieZeit wird zeigen, wie gut und endgültig die jetzigenLösungsansätze sind.Bei einer durch die BHRK geplanten und fürBerufsmilitärpersonen verpflichtenden Auslandsverwendungvon sechs Monaten, zu welcher manmindestens alle 30 Monate herangezogen werdenkann, muss aber auch an eine Adaptation des psychosozialenBegleitkonzeptes gedacht werden. Hierfürseien folgende Gründe angeführt: Kampfeinsätze imRahmen der Petersberg-Aufgaben der EU werden miteiner Peace-Keeping-Mission nicht vergleichbar sein. 2Es wird aufgrund geänderter Aufgabenstellung miteiner erhöhten Anzahl von primär, sekundär und tertiärBetroffenen zu rechnen sein. Ein paar Gedankenzur Auslandseinsatzverpflichtung von Berufsmilitärpersonen:Bis zum heutigen Tag wurden Auslandseinsätzedes ÖBH auch mit einer starken Milizkomponenteabgedeckt. Die verfassungsmäßige Freiwilligkeitschloss auch Berufskader mit ein. Das heißtaber auch, dass all jene Berufsmilitärpersonen, diewährend ihrer aktiven Dienstzeit trotz lukrativerVerdienstmöglichkeiten nie in den Auslandseinsatzgingen hierfür ihre Gründe hatten. Nachdem es zudiesem Thema bisher meines Wissens nach noch keineBefragung gibt, seien hier nur ein paar Vermutungenzu den persönlichen Beweggründen angestellt:· Die Familiensituation ließ es nicht zu.· Der Soldat selbst traute sich die Strapazen einesAuslandseinsatzes aus körperlichen oder psychischenGründen nicht zu.· Angst vor Verwundung, vor Erkrankung oderTod ...Ein integratives Betreuungskonzept, das einepsycho-soziale Begleitung der Vorbereitungs-, derEinsatz- und der Nachbereitungsphase abdeckt, wäremöglicherweise sogar schon vor den geplanten verpflichtendenNeuerungen in der Lage, die Anzahl derfreiwilligen Meldungen des Berufskaders zu erhöhen.Einsätze mit einem höheren Gefährdungspotentialwerden auch mehr Critical Incidents liefern, sodassauch „gefestigte Psychen“ all die psycho-sozialenBewältigungsstrategien brauchen könnten, die einsolch breit gefächertes Angebot bieten würde.Wir professionalisieren das Österreichische<strong>Bundesheer</strong> mit einer noch nie da gewesenen Inten-M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 25 -


sität, und sollten dabei nicht außer Acht lassen, auchdas Betreuungssystem an die neuen Herausforderungenanzupassen.Dies verlangt ein breitgefächertes Angebot anpsycho-sozialen Einrichtungen mit einer Bandbreitevom niedrigschwelligen bis zum hochspezialisiertenAngebot. Das österreichische <strong>Bundesheer</strong> braucht einintegratives Konzept, das einen breiten Ansatz bietet,denn in Österreich ist der Glaube ebenso verwurzelt,wie auch die ärztliche und psychologischePsychotherapie in diesem Land ihren Ursprung hat.Mit interprofessionellen Überschneidungen mussaufgrund der Thematik wohl gerechnet werden, dieskann und soll durchaus als Verstärkung der gemeinsamenKräfte genutzt werden. Nichtsdestotrotz sindauf einer Sachebene natürlich klare Professionsgrenzenzu definieren.Durch die in heutigen Einsätzen häufig üblichePraxis multinationale Verbände zu bilden, muss dasdringend notwendige österreichische Betreuungskonzeptauch international kompatibel sein. Ein solchesintegratives und international kompatibles Konzeptfügt sich optimal in das Reformkonzept ein,das bereits mit einem Transformationsprozess begonnenhat. Ich sehe diese Seminararbeit daher als Beitragzu diesem laufenden Prozess.Jede Profession hat ihren Stellenwert und ihrenPlatz in diesem System in dem es letztlich nur umdas eine geht: Interprofessionelle Zusammenarbeit zurBetreuung von Soldaten im In- und Ausland zurErhaltung und gegebenenfalls Wiederherstellung derEinsatzbereitschaft. In diesem Sinne:Alle zusammen für einen!Fußnoten1Vgl. Strickner, Manfred: Der Jahresbrief d. Präsidenten d. österr.Gesellschaft f. Wehrmedizin u. Wehrpharmazie, Jänner 20062An dieser Stelle sei an alle österreichische Soldaten gedacht, diebis zum heutigen Tage in einer sogenannten Friedensmissionfielen oder verwundet wurden! Sie sind nicht vergessen!M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 26 -


5. Widmung und DanksagungIch widme diese Arbeit meinem 2003 verstorbenen Vater Wolfgang <strong>Buck</strong>, der im letzten Weltkrieg keineseelische Unterstützung erfahren hat.Ich danke meiner Familie, ohne deren Geduld, Beratung und Mithilfe diese Arbeit nicht zustande gekommenwäre.Ich danke allen Angehörigen der schweizerischen Armee, der Deutschen Bundeswehr und desösterreichischen <strong>Bundesheer</strong>es, die mir bei der Verwirklichung dieser Arbeit geholfen haben.Ich danke dem Betreuer dieser Arbeit Militärsenior DDr. Karl-Reinhart Trauner für seine fach- undsachkenntliche Beratung.Ich danke Gott für die Kraft die er mir gibt.M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 27 -


6. Literatur undAbbildungsnachweis6.1 Weiterführende LiteraturBMLV,Curriculum Peer Refresher, pst00376.psdBMLV Dienstbehelf für das <strong>Bundesheer</strong>, Kritisches Ereignis GZ 32 063/36-3.4/00 07/2000Mitchell Jeffrey.T. Everly, George.S. (1993): Critical Incident Stress Debriefing (CISD), Chevron Publ.Ellicot CityMitchell Jeffrey.T. Everly, George.S (1998) Critical Incident Stress Management: A New Era in CrisisIntervention (invited response to Avery and Orner, ISTSS News Fall 1998)Hausmann, Clemens: Handbuch Notfallpsychologie und Traumabewältigung, Verlag FacultasMitchell J.T. Everly, George: Handbuch Einsatznachsorge Handbuch Einsatznachsorge, Verlag Stumpfund KossendeyLasogga, F. Gasch, B.: Notfallpsychologie, Verlag Stumpf und KossendeyDie Abbildung am Deckblatt wurde von Kpl Achatz Jäger-Waldau entworfen6.2 AbbildungsnachweisAlle verwendeten Grafiken stammen aus: Hahne, Hans-Heiner/Biesold, Karl-Heinz: Fachseminar PostraumatischeBelastungsstörung Bad Pyrmont 2001 – Schriften S. 35ff.M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 28 -


ANHANGMilitärseelsorge undMilitärpsychologieMöglichkeiten des Miteinandersund gegenseitige AbgrenzungEin Thesenpapier derEvangelischen MilitärseelsorgeEvang. Militärsuperintendentur, ZL.: 0064-2610/87/06 v. Wien,. 18. Jänner 2006 1Einleitende Thesen· Grundlage der christlichen Seelsorge ist eineumfassende Betrachtungsweise des Menschen alsGeschöpf, Gegenüber und Ebenbild Gottes.· Christliche Seelsorge handelt, indem sieGrundkenntnisse der Psychologie und Psychotherapieanwendet, soweit ihre anthropologischen Grundansätzeund Grundentscheidungen dem christlichenMenschenbild entsprechen; abzulehnen sind neugnostische,astrologische oder esoterische Heilslehren.· Die christliche Seelsorge hilft und begleitet denMenschen mit Methoden der empirischen Wissenschaftenund bietet Antwort auf Fragen nach demSinn und der Bedeutung menschlicher Existenz.· In der christlichen Seelsorge steht der ganzeMensch, mit den Tiefenstrukturen seiner Persönlichkeitgenauso wie mit seinem Sozialverhalten und seinemGlaubensleben mit allen Glaubensfragen, imBlickfeld.· Sie bietet Sichtweisen, Seinsweisen und Verhaltensweisenan, die die empirischen Erkenntnisseüber die Bedeutung der Selbstverwirklichung (Ich-Stärkung) ernst nehmen und sie umzusetzen versuchen.· Sie leistet emotionale Solidarität und unterstütztden Ratsuchenden bei seiner Suche nach Antwortenin nicht direktiver Weise. Sie lässt sich nichtin Koalitionen gegen Dritte hineinziehen und hatkeine überprüfenden, ordnenden Aufgaben im Rahmendes militärischen Systems.· Darüber hinaus bietet sie sinnstiftende DenkundGlaubenzugänge und Glaubensmodelle an, dieSicherheit und Geborgenheit über alle Selbsterkennt-M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 29 -


nis hinaus geben können.· Christliche Seelsorge führt den Menschen ausder Vereinzelung zur Gemeinschaft mit anderenMenschen und mit Gott.· Christliche Seelsorge erkennt den Menschenals homo religiosus, d.h. sie nimmt sein natürlichesFragen nach umfassendem Leben und Sinn, seineSehnsucht nach Überschreitung der wissenschaftlichenGrenzen in Richtung der Transzendenz wahrund ernst, und zieht ihre Schlüsse für das eigeneHandeln daraus.· Sie stärkt und unterstützt den Menschen inseiner Sinnsuche, indem sie ihm über akute zwischenmenschlicheKonfliktregelungen hinaus die bleibendeund tragende Perspektive der Transzendenz eröffnet.· Speziell die Soldatenseelsorge hilft, die soldatischenTugenden auf der Basis eines christlichenWeltbildes zu stärken. Dies geschieht sowohl in Formdes regelmäßigen lebenskundlichen und des militär-/berufsethischen Unterrichtes, im seelsorgerlichenGespräch mit dem Menschen in seinem besonderenDienst und im gottesdienstlichen Handeln.· Seelsorge bietet als Hilfestellung in Krisensituationen„rites de passage“, überlebenswichtigeRiten bei der Grenzüberschreitung im eigenen Lebensweg,an, die kompatibel sind, d.h. für jedenMenschen der westlichen Kultur erkennbar und nachvollziehbarsind.Aufgaben einerSeelsorgeDie Seelsorge ist im Selbstverständnis der kirchlichenArbeit wie auch der Militärseelsorge eine ihrerwesentlichen Aufgaben; sie ist auch im Richtlinienerlassder Evangelischen Militärseelsorge als eine ihrerHauptaufgaben festgelegt. Sie definiert sich durchfolgende Aspekte:1. Was ist Seelsorge?Nach biblischem Verständnis meint Seele sovielwie Leben. Seelsorge ist Lebenshilfe, die das Lebendes Menschen in all seinen Beziehungen heilen undfördern will. Als wesentlich sinngebende Beziehungsieht sie dabei die Gottesbeziehung des Menschen.In diesem Sinn ist christliche Seelsorge so alt wie dieKirche selbst. Sie galt und gilt als ihr zentrales Thema.Dabei hat sie im Zuge des Humanismus und derReformation eine Entwicklung erfahren, indem sieden Menschen als ein sich persönlich entwickelndesIndividuum mit einem eigenen Gewissen verstärktwahrnahm. In der Folge hat sie sich zunehmend dieErkenntnisse der empirischen Wissenschaften va. derMedizin und Psychologie zu nutze gemacht.Seelsorge vollzieht sich in einem vielschichtigenBeziehungsfeld:· Sie ermöglicht eine Antwort auf das menschlicheSuchen nach Rat und Hilfe: in Einsamkeit,Sinnlosigkeit, Angst und Schuld, in mitmenschlichenKonflikten, vor schwerwiegenden Entscheidungen.· Sie gewährt dem Menschen Zuwendung, Zuhörenund Zuspruch in der Atmosphäre des Vertrauens(und nicht der Kontrolle).· Sie bietet Hilfe zu neuer Gemeinschaft (Kameradschaft),zu vertiefter Sinnerfahrung und zurÜberwindung von Schuld, soweit dies möglich ist.· In einem hierarchisch gegliedertem Systembedeutet Seelsorge Mediation.2. Bibel und SeelsorgeDie Seelsorge ist ein Hauptthema der Bibel. Nachdem Zeugnis der Bibel hat seelsorgerliches Tun vonMenschen an Menschen seine Begründung und Vollmachtdarin, dass Gott sich dem Menschen zugewandtund ihn trotz seiner Entfremdung angenommenhat.Aufgrund biblischer Aussagen wendet sich geradedie Militärseelsorge dem Soldaten in der besonderenVerantwortung seines Dienstes für die Menschen undvor Gott zu.Eine strikte Ablehnung von Psychologie und Psychotherapieim Bereich von kirchlicher Seelsorge vertrittJ. E. ADAMS. Seelsorge ist nach seinem Verständnisbiblische Lebensberatung, die er „nuthetische Seelsorge“(nouthsia = Ermahnung) nennt. BiblischeVerhaltensanweisungen werden in direktiver Weiseweitergegeben. Antworten auf Probleme des Ratsuchendengibt der Seelsorger, der mit göttlicherAutorität versehen ist. (siehe REBELL a.a.O., S.185ff.)M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 30 -


In diesem Zusammenhang sei aber diekergymatische Seelsorgekonzeption von H. ASSMUS-SEN und E. THURNEYSEN erwähnt, deren Ziel es ist,den Menschen auf „seine eigenen Füße vor Gott“ zustellen. (siehe REBELL, a.a.O., S.175)3. Wo geschieht Seelsorge?Seelsorge, christlich verstanden, ereignet sich dort,wo Menschen in ihrem Alltag vor einem anderen ihreNot ausbreiten, Zuspruch erfahren und Hilfe zu neuerGemeinschaft mit den Menschen und Gott finden .Gerade dort kann und wird sie sich ereignen, wo einbesonderes Vertrauensverhältnis besteht und Verschwiegenheitgarantiert wird. Seelsorge geschiehtdaher meist im Schutz der persönlichen Einzelseelsorge.Eine besondere Form der Seelsorge ist dabei dieBeichte. Hier geht es um Bewältigung von Schuld:Der Beichthörende spricht dem Beichtenden die Vergebungseiner Schuld im Namen und im AuftragGottes zu.Seelsorge vollzieht sich jedoch auch an Gruppen.Gerade diese Art der Seelsorge, die sich in besonderemMaß der modernen Methoden der Gesprächsführungbedient, kann eine wichtige vorbeugendeFunktion haben. Sie kann seelische Schäden verhütenund die innere Widerstandskraft schon vor Auftretenvon Konflikten stärken.Seelsorge geschieht aber auch im Gottesdienst undin anderen liturgischen Feiern, wo im gemeinsamenErleben die Nähe Gottes als tröstende und stärkendeKraft erfahren wird. Hier erfährt das religiöse Ritualeine verstärkte Bedeutung.4. Wie geschieht Seelsorge?Voraussetzung für christliche Seelsorge ist die bedingungsloseAnnahme des ratsuchenden, fragendenMenschen. Im seelsorgerlichen Gespräch kann dieZuwendung und empathische Haltung des Seelsorgerserfahren werden. Sie nimmt den verunsicherten,oft verzweifelten und noch öfter schuldbewusstenRatsuchenden an. Der Seelsorger macht sich mitihm auf den Weg. Zum Verstehen der Probleme undzur Analyse tritt, und das ist das besondere an derchristlichen Seelsorge, die Vergebung hinzu.Die von außen zugesagte Vergebungsmöglichkeit,begründet durch den biblischen Auftrag, bietet einenbedeutenden Unterscheidungsgrund gegenüberaußerchristlicher Seelsorge und Psychologie. Mit derdadurch begründeten neuen Lebensmöglichkeit kannauch das Heilwerden erfahren werden. Die Begegnungder Ratsuchenden mit dem Seelsorger befreitsomit aus der belastenden und oft durch Schuld oderSchuldgefühle begründeten Einsamkeit.Seelsorge will begleiten und heilen, nicht belehrenund überreden. Sie begleitet den Ratsuchendenund hilft ihm, seine Entscheidungen selbst zu finden.Hier findet sich ein Schwerpunkt der modernenprotestantischen Seelsorge, die sich von einerberatenden Seelsorge zu einer begleitenden entwickelthat. Dementsprechend deutet sie auf dem Hintergrundder Welterfahrung wie auch der GotteserfahrungVerhaltensweisen, die Ängste, Sorgen, Problemeund Nöte und die damit verbundenen Lebensschwierigkeitenerzeugt und begründet haben. DerSeelsorger lässt neben der Wirksamkeit des menschlichenGeistes auch der Wirksamkeit des GeistesGottes Raum. Damit eröffnet sie neben den Möglichkeitender zwischenmenschlichen Konfliktlösungdem Menschen den von ihm gesuchten Raum derTranszendenz.5. Exkurs in die PastoralpsychologieDie Pastoralpsychologie „ist ein Forschungszweigder Theologie, der pastorale Tätigkeiten psychologischuntersucht“ (GENNRICH, a.a.O., S.124). Anstattvon „Theologie“ wäre hier besser von „PraktischerTheologie“ zu sprechen.Sie untersucht nicht nur Sachinhalte als theoretisch-anthropologischeGrundlagendisziplin, sondernentwickelt konkrete seelsorgerlich relevanteHandlungsmodelle. Sie entstand in den 20er Jahrendes 20. Jahrhunderts in Amerika. A. T. BOISEN entwickelteein „Clinical Pastoral Training“. Ausbildungsstättenentstanden. C. ROGERS mit seinemgesprächstherapeutischen Ansatz wurde zum psychologischenHauptgewährsmann dieser neuen Seelsorgebewegung.Seine therapeutischen Variablen entsprachendem christlichen Bemühen um Wahrhaftigkeit,Liebe und Annahme.Praktische Erfahrungen im Betätigungsfeld (Krankenhaus,Klinik, Gefängnis, Erziehungs- undFamilienberatungsstelle, ...) wurden mit Gesprächsprotokollenaufgezeichnet und in Gruppen unterM&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 31 -


Anleitung eines Supervisors analysiert. Ziel war nichtnur Verbesserung der Seelsorgepraxis, sondern auchAnleitung zur differenzierten Selbstwahrnehmung,Arbeit an der Teamfähigkeit, Bereitschaft zur Selbstkritikund Reifung in der emotionalen Entwicklung.In den 60er Jahren wurde diese pastoralpsychologischeBewegung v.a. durch H.-C. PIPER undD. STOLLBERG bekannt gemacht. 2 Seitdem hat diePastoralpsychologie in jedem Theologiestudium imFach Praktische Theologie einen festen Platz gefunden.Vor allem im Rahmen der spezifiziertenseelsorgerlichen Ausbildung im klinischen, telefonischen,polizeilichen und militärseelsorgerlichen Bereichwird mit den Erkenntnissen und Methoden derPastoralpsychologie gearbeitet.Jeder Seelsorger erfährt im Rahmen seiner theoretischenund praktischen Ausbildung zum Seelsorgerim Fach Praktische Theologie mit pastoralpsychologischorientierter Seelsorge und Psychotherapieeine Ausbildung.Seelsorge undPsychologie wie Psychotherapiesindzwei Kreise, die sichüberschneiden.Nach dem pastoralpsychologischenParadigmasollen siesich auch überschneiden,wobei aufdie Grenzen zwischenden Disziplinendeutlich achtgegebenwird. Geradedie Methoden derNotfallseelsorge,nach denen inKrisensitautaionenauch die (Evangelische)Militärseelsorgearbeitet, greifenauf die Erkenntnisseder Psychologie und Psychotherapie zurück.Der Seelsorger kann gerade mit psychologisch therapeutischemWissen Sensibilität entwickeln, denMenschen in seiner Wirklichkeit zu sehen und zuerfassen, hinzusehen und hinzuhören. Es ist ja nurmöglich, einem Menschen zu helfen, wenn man „vonihm her“ denkt, sich auf sein Bezugssystem einlässtund emotional mitschwingt, wenn man bei dem, waser sagt, auch die Zwischentöne mitbekommt, wennman dafür ein Gespür hat, welche Problematik sichunter der Oberfläche verbirgt – sozusagen tiefer sieht(vgl. Röm. 15,17: „Nehmet einander an wie Christuseuch angenommen hat“).Eine solche Sensibilität können nicht nur ausgebildetePsychologen und Psychotherapeuten für sichbeanspruchen, sie ist prinzipiell von jedem erreichbar,der sich für Mensch interessiertem besonderennatürlich für den Pfarrer, der christliche Seelsorge ausübt.Was allerdings von jedem pastoralpsychologischarbeitenden Seelsorger verlangt werden muss, ist dies:in schweren Fällen, in denen eine tiefe psychiatrischeProblematik vorliegt, nicht allein mit herkömmlichenSeelsorgerlichen Mitteln „herumzudoktern“,sondern einen Fachmann heranzuziehen (z.B.Selbstmordversuch, massive Gewaltanwendung, ...).Möglichkeiten und Grenzen einer Seelsorge bei einer Krise 3Zusammengefasst kann man feststellen:Pastoralpsychologisch orientierte Seelsorge istganzheitliche Seelsorge, die den Menschen nicht nurin seinem religiösen Sein erfasst, sondern auch in seinempsychologischen und sozialen Sein. Neben derEntfaltung und Reifung des Glaubenslebens ist dieM&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 32 -


Entfaltung der Persönlichkeit und die harmonischeBeziehung des Ratsuchenden im Blickfels des pastoralpsychologischagierenden Seelsorgers.Ganzheitliche Seelsorge, in welcher Psychologieintegriert ist als unverzichtbares diagnostisches Instrumentariumund auch als Hilfe bei derNeustrukturierung der Persönlichkeit und der sozialenBeziehungen, ist evangeliumsgemäße Seelsorge.Die neutestamentliche Briefliteratur zeigt immerwieder, wie die durch Christus bewirkte Erneuerungauch die gesamte psychische Struktur und sein Sozialverhaltendurchdringt (vgl. Eph. 4,22–32).6. Seelsorge und PsychologieSeelsorge und Psychologie sind nach ihremMenschenverständnis und Denkrahmen durchausverschieden, aber sie handeln an demselben Menschen.Dementsprechend arbeiten sie mit oft gleichenMethoden, wenn auch unterschiedlichen Perspektiven.So kann auch der psychologisch Gebildetein den biblischen Erzählungen menschliche Grundwahrheitenerkennen, in denen der Theologe bzw.christliche Seelsorger menschliche Erfahrungen derTranszendenz erkennt, die wiederum der Psychologeals nicht empirisch nachweisbare Wahrheiten eherablehnen wird.Die Generalsynode der VELKD 4 hat zum Verhältnisvon Seelsorge und Psychotherapie 1970 vermerkt:„Seelsorge und Psychotherapie sind eigenständigeBereiche im Dienst am Menschen. Sie könneneinander nicht ersetzen, wohl aber sich gegenseitigergänzen. Kenntnisse bestimmter Methoden undTechniken, besonders der Gesprächsführung undBeratung sind für eine verantwortliche und sich selbstkontrollierende Seelsorge heute notwendig. Sie dürfenaber nicht die unmittelbare Zuwendung zumMenschen überwuchern.“ (Evangelischer Erwachsenkatechismus,a.a.O., S.1184)7. Kompetenzen eines protestantischenMilitärseelsorgersDer Militärpfarrer ist ausgebildeter Theologe.Neben der wissenschaftlich-fachtheologischen Ausbildungim Bereich der Exegese, der historischenForschung und der Systematik ist dem Gebiet derPraktischen Theologie breiter Raum gewidmet (Pädagogik,Pastoralpsycholgie ...). Die empirisch-soziologischenFachthemata sind ihm also bekannt undvertraut. Die Evangelische Kirche bestätigt, beauftragtund sendet (Amtseinführung) ihn als Träger desgeistlichen Amtes in das ÖBH, um dort seinenDienst als Militärpfarrer (Spezialpfarramt) auszuüben.Er ist in das militärische System voll integriert(Uniform, Dienstrang) und gemäß seines Auftrages– entsprechend dem Richtlinienerlass für die EvangelischeMilitärseelsorge – Begleiter und Gegenüberdes Soldaten in allen Rängen und Funktionen, wasihm zur gleichen Zeit auch einen gewissen Freiraumin seelsorgerlicher Hinsicht sichert.Diese Positionierung ist notwendig, um den erlassmäßigfestgelegten Auftrag erfüllen zu können,innerhalb dessen die Seelsorge am Soldaten einenentscheidenden Teil ausmacht.Ergänzung vonPsychologie undSeelsorge:Aufgrund der angeführten Erklärungsansätze undAufgabenbereiche der Seelsorge und in Hinblick aufdie von ihr in Anspruch genommenen psychologischenErkenntnisse, ist es schwer möglich, beide Tätigkeitsbereichegrundsätzlich voneinander zu trennen.Wohl aber lassen sich verschiedene Aufgabenbereicheumgrenzen. Als wesentlich unterscheidendmüssen jedoch ihre Perspektiven gesehen werden.Die Seelsorge verwendet die psychologische Disziplin,und grenzt sich gleichzeitig als christliche Seelsorgeklar von der allgemeinen Psychologie ab. Sieverwendet, gerade wenn sie nach den Grundsätzender Notfallseelsorge handelt, ihre Methoden, zumTeil auch ihre Erkenntnisse, um ihre Hauptaufgabenbereichewie Helfen, Begleiten, Heilen, Erörtern vonGlaubensfragen, Weltsicht (Gotteserkenntnis) undEinstellungen des Menschen und Hinführung zurGemeinschaft, ... zu vermitteln.Die Psychologie innerhalb ihrer empirisch-wissenschaftlichenDisziplin hat ein breit gefächertes Spektrumempirischer Forschung als Hintergrund undGrundlage. Der Seelsorger kann und sollte sich dieserbedienen, wenn eine psychologische Grund-M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 33 -


erfahrung und Grundausausbildung (Pastoralpsychologie)gewährleistet ist.Die Methodik der Psychologie ist das Gespräch,die Beobachtung, die Testung u.v.m. Aufgrund vonBeweisparametern und Belegbarkeiten aus der Feldforschungwird die Psychologie als Zugang zumMenschen in seinen Nöten, Sorgen und Problemenim Rahmen der Seelsorge einen geachteten Stellenwerteinnehmen, im Besonderen bei pathogenen Erscheinungen.Sie hat als spezielle fachkundige Hilfestellungeine wichtige Stellung im Dienst am Menschwahrzunehmen. Das Phänomen Mensch in einerpathogenen Krise soll in seiner Vielfalt und Einzigartigkeitbeobachtet, befragt und getestet werden, undwenn nötig der professionellen ärztliche Hilfe übergebenwerden.Deswegen sollten die beiden unterschiedlichen,wissenschaftlichen Zugänge der christlichen Seelsorgeund der Psychologie in dem einem Arbeits- undAufgabenbereich der Sorge um das menschliche Lebenim ganz individuellen Sinne nicht vollkommenabgegrenzt werden, sondern beide, sowohl die Seelsorgeals auch die Psychologie, in ihrer Vielfalt sichgegenseitig austauschen und ergänzen.In diesem Sinn sei zu bemerken, dass Seelsorgeund Psychologie sicherlich in ihren wesentlichen Einstellungund Grundhaltungen ein teilweise gemeinsames,sich überschneidendes Arbeitsfeld haben.Beide können durch ein respektvolles vertrauensvolles,gleichwertiges Miteinander bzw. durch fachspezifischeAbgrenzung eine Bereichung zum Wohledes Menschen in Krise und Entwicklung sein.Genannte und weiterführendeLiteratur:Katechismuskommision der VELKD (Hg): Evangelischer Erwachsenkatechismus,München 1977 3 .Deutsche Bibelgesellschaft (Hg.), Bibel nach Martin Luther mitWortkonkordanz, Stuttgart 2000.BASTIAN, H.-D.: Seelsorge in Extremsituationen, in Kirche unter denSoldaten I/1995, S.50–71.CLAUS, G. (Hg.): Wörterbuch der Psychologie, Köln 1986 4 .DORSCH, Fr.: Psychologisches Wörterbuch, Bern, Stuttgart, Toronto1987 11 .FAUST, V.: „Psychiatrie“, Ein Lehrbuch für Klinik, Praxis und Beratung,Stuttgart, Jena, New York 1995.FABER, H. / SCHOOT, E. van der: Praktikum der seelsorgerlichen Gesprächs,Göttingen 1980 6 .GENNRICH, A. Religionsspychologie und Pastoralspycologie, Eine Verhältnisbestimmung,in ARPS 13 (1978), S.123–135.KONECNY, E.: Psychologie, Wien 1985.MICHAELIS, P.: Für Ruhe in der Seele sorgen. Evangelische Militärpfarrerim Auslandseinsatz der Bundeswehr, Leipzig 2003.Müller-Lange, J. (Hg.), Handbuch Notfallseelsorge, Edewecht-Wien2001.PUZICHA, Kl. J. / HANSEN, D. / WEBER, W. W. (Hg.), Psychologie fürEinsatz und Notfall. Internationale truppenpsychologische Erfahrungenmit Auslandseinsätzen, Unglücksfällen, Katastrophen,Bonn 2001.REBELL, W.: Psychologisches Grundwissen für Theologen, Ein Handbuch,München 1992 2 .THILO, H-J.: Beratende Seelsorge, Göttingen 1986 3 .TREICHLER, M.: Ratgeber Psychotherapie, Wege zur Bewältigung vonKrisen und Krankheiten, Stuttgart 1997.ZIMBARDO, Ph. G.: Psychologie, Augsburg 1992 5 .Fußnoten1Sprachliche Gleichbehandlung: Die in diesem Bericht verwendetenpersonenbezogenen Ausdrücke betreffen, soweit dies inhaltlichin Betracht kommt, Frauen und Männer gleichermaßen.2Vgl. auch Faber und van der Schoot (a.a.O.).3Veränderte Abbildung aus Puzicha / Hansen / Weber, a.a.O.,S.216.4VELKD = Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands.M&S 18: Zusammenarbeit von Militärärzten, Militärseelsorgern und Militärpsychologen - Seite 34 -


M&S – Militär & SeelsorgeSeit einigen Jahren beschäftigen sich Sondernummern des EvangelischenRundbriefes immer wieder mit aktuellen militärethischen Fragestellungen.Im Zuge der Intensivierung dieses Arbeitsfeldes und seiner Zuweisungzum Amt des Militärseniors – als Teil der Gesamtarbeit der Militärsuperintendentur– werden diese Sondernummer seit 2005 als Zeitschrift„M&S– Militär & Seelsorge“ verselbständigt. Die Evang. Militärseelsorgehat damit eine Tradition aufgenommen, die bereits unterArmeepfarrer MilDekan Dr. Werner Peyerl mit seiner Publikationsreihe„Diakonia“ einen Anfang genommen hat.M&S sind „Themenhefte“, sie bieten also nicht wie der Rundbrief eineThemenvielfalt, sondern beschäftigen sich mit einem einzelnen Themenbereich.Pro Jahr erscheinen rund zwei bis drei solcher Themenhefte.Die bislang erschienenen Sondernummern fließen dabei nachund nach in die Reihe von M&S ein.Die Zeitschrift ist einerseits Information für das Militärseelsorgepersonal und Unterlage für Unterrichte, andererseits aber auch zur Verteilung bei Kommandantenoder anderen Interessentengedacht.


M&S – Militär & Seelsorgevorhandene und geplanteThemenhefteM&S 1:Johannes Dopplinger, Begründung und Problematik einer Militärseelsorge, Wien2005M&S 2: Die Herausforderung der Gewalt, Wien 2005M&S 3:Peter Steiner/Karl-Reinhart Trauner (Hg.), Humanitäres Völkerrecht und seineWurzeln, Wien 2005M&S 4: Claudia Reichl-Ham, Die Militärseelsorge in Geschichte und Gegenwart, Wien 2005M&S 5: Karl-Reinhart Trauner, Theologisches Plädoyer für eine Militärseelsorge beiAuslandsverbänden mit geringer Krisenintensität, Wien 2001 = EvRBr SNr. 1/01M&S 6: Silvia Revesz, Macht und Machtmissbrauch, Wien 2002M&S 7:M&S 8:M&S 9:M&S 10:M&S 11:Karl-Reinhart Trauner/Reinhard Marak/Michael Mader, Militärischer Einsatz undRecht, Wien 2002= EvRBr SNr. 2/02Herbert Rainer Pelikan, Fundamentalism. Extreme Tendencies in modernChristianity, Islam and Judaism, Wien 2003= EvRBr SNr. 1/03Karl Schwarz/Karl-Reinhart Trauner, Das „evangelische“ Wien, Wien 2003= EvRBrSNr. 2/03Paul G. Nitsche, Evangelischer Lebenskundlicher Unterricht im Österreichischen<strong>Bundesheer</strong>, Wien 2005Karl-Reinhart Trauner, Über den Umgang mit Menschen. Gutes Benehmen wiedergefragt, Wien 2004= EvRBr SNr. 2/04M&S 12: Sabine Taupe, Frühes Christentum und Heer, Wien 2005M&S 13: Militärseelsorge – Kirche und Staat, Wien 2005M&S 14: Relativität der Werte?! Zum Selbstverständnis des Offiziers, Wien 2005M&S 15: Leben und Tod – und danach, Wien 2006M&S 16:M&S 17:M&S 18:M&S 19:M&S 20:Herbert Rainer Pelikan, Oskar Sakrausky (Hg.), Wohin treibt die EU ohne christlicheWerte?, Wien 2006 (2 Tle.)Entwicklungslinien einer berufsethischen Bildung, Wien 2006 – in VorbereitungSigne <strong>Buck</strong>-Perchthaler, Über die notwendige Zusammenarbeit von Militärärzten,Militärseelsorgern und Militärpsychologen bei der Betreuung österreichischer Soldatenim Auslandseinsatz. Eine integrative Arbeit, Wien 2006 – in VorbereitungTreu bis in den Tod?!, Wien 2006 – in VorbereitungGunther Spath/Karl-Reinhart Trauner, In einer multireligiösen Gesellschaftmiteinander umgehen, Wien 2006Bei Interesse wenden Sie sich bitte an:Evang. MilitärseniorEvang. Militärsuperintendentur, AG Stiftgasse, Stiftgasse 2a, A-1070 Wien,Tel.: 01/5200/52301; 3.VE: xx9v; e-mail: evmilsenior@bmlv.gv.at


M&S: Themenheft t 18Signe <strong>Buck</strong>-Perchthaler,Über die notwtwendigendige e Zusammenarbeit von Militärärztzten,Militärseelsorseelsorgerern und Militärpsypsychologhologen

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