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Königgrätz 1866 - Österreichs Bundesheer

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Loch/Zacharias: <strong>Königgrätz</strong> <strong>1866</strong>den Bajonettangriff gelernt, sie waren so ausgebildet, ja daraufgedrillt worden. Das „Versagen“ dieser Stoßtaktik führtezur massiven Erschütterung des Selbstbewusstseins sowieder Siegeszuversicht der österreichischen Soldaten. DerEinsatzwert im Angriff gegen die siegreichen preußischenVerbände war vollends geschwunden. So wird auch dasTelegramm Benedeks an den Kaiser vom 1. Juli verständlich,dass die Korps „außerordentlich hergenommen“ seien und„mehrere Tage, um sich zu sammeln“ bräuchten. 42) DennBenedek als erfahrener Truppenführer meinte damit nichtnur die personellen Verluste, sondern den Einsatzwert seinerTruppe insgesamt. Daher kam auch ein sofortiger weitererRückzug, wie er vielmals als angeblich einzige logischeKonsequenz gefordert wurde, nicht in Frage. Denn einsolcher hätte zweifelsohne, und dass wusste Benedek, zurvollständigen Auflösung der österreichischen Nordarmeegeführt. Die Armee brauchte jetzt zwei Dinge: Ruhe, um dieinnere Ordnung wieder herzustellen, und einen Sieg, um dasSelbstvertrauen wiederzugewinnen. Benedeks wesentlicheLeistung musste es jetzt sein, den Einsatzwert der Truppenachhaltig zu erhöhen. 43) Eine Schlacht um jeden Preis zuriskieren lehnte er dennoch ab, denn die Nordarmee wardas einzig verfügbare Verteidigungselement und damitunersetzlich. 44) Sie aber bewusst und in der Absicht zuschlagen, die preußischen Armeen zum Stehen zu bringen,damit das eigene Ausweichen zu ermöglichen und v.a. denTruppen durch einen Sieg neues Selbstvertrauen zu geben,das entsprach sowohl seiner identifizierten wesentlichenLeistung als auch seiner strategischen Leitlinie.Dass Benedek bei <strong>Königgrätz</strong> zweifellos ein größeresGefecht beabsichtigte, wird allein schon dadurch deutlich,dass er nahezu 36 Stunden die Pioniere Feldbefestigungenfür Artillerie und Infanterie anlegen ließ. 45) Wenn Benedekaber <strong>Königgrätz</strong> in voller Absicht herbeiführte, dann wärees doch vermessen, einem solch erfahrenen Truppenführerzu unterstellen, er habe dies ohne zumindest die berechtigteChance auf einen Erfolg getan. Das bedeutet aberim Umkehrschluss, dass Benedek einen Plan hatte unddieser - zumindest in seinen Augen - Aussicht auf Erfolgverhieß. 46) Das dazu zu lösende taktische Problem dürfteaugenscheinlich sein: Die überlegene Feuergeschwindigkeitdes Zündnadelgewehrs gegen die österreichischeStoßtaktik musste neutralisiert werden.Erste Maßnahme war die Einschränkung der Stoßtaktikdurch einen Armeebefehl. 47) Benedek stellte in diesemBefehl ausdrücklich heraus, dass der Angriff mit demBajonett durch massives Artilleriefeuer vorzubereitensei, die Annäherung der Truppe bis auf kürzeste Distanzgedeckt und der eigentliche Angriff nur auf kürzeste Entfernungmit größter Schnelligkeit zu erfolgen habe. Diezweite Maßnahme war die Änderung der Gefechtsart:Statt Angriff wählte er die Verteidigung. In dem er diePreußen angreifen ließ, neutralisierte er mit einem Schlagihren wichtigsten Vorteil: die Feuergeschwindigkeit ihresZündnadelgewehrs. 48)Taktik im Gefecht - Die Absicht BenedeksDen Grundgedanken des österreichischen Plansfinden wir 1914 wieder: in einem sich abzeichnendenZeitfenster eine Feindkräftegruppierung schlagen, umsich danach einer zweiten zuzuwenden - der viel zitierteGrundgedanke des Schlieffenplans. 49) Benedek wussteum die Entfernung der 2. Armee. In seiner Beurteilungder Lage hatte er richtig erkannt, dass jeder Versuch einesweiteren offensiven Vorgehens nicht Erfolg versprechendsein würde. Weiterhin berücksichtigte er die Tatsache,dass die österreichische Artillerie sich in allen bisherigenGefechten der preußischen sowohl geschütztechnisch alsauch einsatztaktisch überlegen gezeigt hatte. Er ließ dieInfanterie nur zur Deckung der Artillerie aufmarschieren.Die angreifenden Preußen sollten vor den eigenen Stellungenmit überlegener artilleristischer Feuerkraft abgenutztund dann mit einer kampfstarken Reserve im Gegenangriffzerschlagen werden. 50) Benedek zeigt sich als umsichtigerund kühl kalkulierender militärischer Führer.Das von Benedek gewählte Gelände 51) lag zwar westlichder Elbe, bot jedoch vorzügliche taktische Verteidigungsmöglichkeiten.Besonders der rechte Flügel wiesmit den Höhen von Chlum beginnend über Horenowesbis an die Elbe geradezu festungsähnlichen Charakter auf.Etwas schwächer hingegen war die linke Flügelstellungim Raum Problus-Prim. Die hier abfallenden Höhen erlaubtenUmgehungsmöglichkeiten in Rücken und Flanke.Das Gelände im Zentrum ist weitgehend offen und vomFlusslauf der Bistritz her leicht ansteigend, was v.a. denEinsatz der Artillerie und der Kavallerie begünstigt.Im Zentrum, zu beiden Seiten der von <strong>Königgrätz</strong>nach Sadowa führenden Chaussee, standen dasIII. Korps (Ernst) und X. Korps (Gablenz), unterstütztdurch die Masse der Artillerie. Den rechten Flügel, mitFront nach Norden, bildeten das IV. Korps (Festetics),rechts daneben das II. Korps (Thun), dahinter die 1.leichte Kavalleriedivision. Am linken Flügel standen dassächsische Korps (Albert) und die unterstellten Reste desVIII. Korps, gedeckt durch die 2. leichte Kavallerie-Division.Dahinter hielt er als Reserve das I. Korps (Gondrecourt)und VI. Korps (Ramming) sowie die drei Reservekavalleriedivisionensamt der Armeegeschützreservebereit. 52) Eberhard Kaulbach erkannte dies 53) und schreibtBenedek Scharfblick zu, wenn er dessen Idee des Gefechtsallein aus der Wahl des Raumes und der Dislozierung derKräfte inklusive der Stärke der Reserve skizziert. 54) DieNiederung der Bistritz diente ihm als Sicherungslinie; dasdahinter ansteigende Gelände nach Lipa und Chlum alsVorfeld seiner eigenen Verteidigungslinie, in welchemer die Vorteile des Verteidigers auszuspielen hoffte. Hierzählte sowohl seine bessere Artillerie aus überhöhtenStellungen als auch die überlegene Gefechtsentfernungdes Lorenzgewehrs. Benedek setzte nichts anderes als dasum, was Moltke ein Jahr zuvor publizierte: 55) die Überlegenheitdes Feuers über den Bajonettstoß. Denn damitlag der Vorteil beim schießenden Verteidiger, solange derAngreifer im Bajonettangriff den vom Feind beherrschtenFeuerraum durchqueren musste. Übrigens eine Erkenntnis,die auch das preußische Infanteriereglement schon 1861beschrieb 56) und vor der Moltke warnte. Benedek sahvoraus, dass der Angriff der 1. Armee im Zuge der Bistritzzum Erliegen kommen würde, da das Zündnadelgewehraufgrund der beschränkten eigenen Reichweite einerseitsund der österreichischen Artillerie wie auch der größerenÖMZ-Online 6/2010

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