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Entscheidung der Vergabekammer - Oeffentliche Auftraege

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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010• können Angebote aufgrund ihres unterschiedlichen Inhalts nicht miteinan<strong>der</strong>verglichen werden, um das wirtschaftlichste Angebot i.S.d. § 25 Nr. 3 VOL/A zuermitteln, darf wegen dieses Vergaberechtsverstoßes auf keines <strong>der</strong> Angebote <strong>der</strong>Zuschlag ergehen. Der Auftraggeber hat nach seinem Ermessen zu entscheiden,wie sie weiter verfährt. Sofern die Beschaffungsabsicht fortbesteht, kann <strong>der</strong>Vergaberechtsverstoß nur dadurch beseitigt werden, dass das Vergabeverfahren inden Stand vor Auffor<strong>der</strong>ung zur Angebotsabgabe und Versendung <strong>der</strong>Verdingungsunterlagen zurückzuversetzen ist. Der Auftraggeber muss zwar nichtden Wettbewerb gänzlich neu im Sinne einer Aufhebung und Neuausschreibungeröffnen; er hat aber den bereits beteiligten Bietern gegenüber hinreichend und mitanschließen<strong>der</strong> Gelegenheit zur Einreichung neuer Angebote klar zu stellen, welcheGetränke anzubieten sind (3. VK Bund, B. v. 26.05.2008 - Az.: VK 3 - 59/08)• hat <strong>der</strong> Auftraggeber vergaberechtswidrig gehandelt, indem er im Vorfeld <strong>der</strong>Ausschreibung das Unterlassen einer Losaufteilung nicht dokumentierte und diesin <strong>der</strong> Vorinformation bekanntmachte und hat er darüber hinaus bereits in <strong>der</strong>Vergabebekanntmachung vergaberechtswidrige Zuschlagskriterien angegeben,ist die Vergabebekanntmachung zu wie<strong>der</strong>holen, was eine erneute Ausschreibungerfor<strong>der</strong>t (1. VK Sachsen, B. v. 30.04.2008 - Az.: 1/SVK/020-08)• hat <strong>der</strong> Auftraggeber hat bereits vergaberechtswidrig gehandelt, indem er dieBewertungsmatrix für den Teilnahmewettbewerb in Ansehung <strong>der</strong>Teilnahmeanträge vorgenommen hat und ist darüber hinaus sowohl die Wertungdes Teilnahmewettbewerbs als auch <strong>der</strong> Auswahlentscheidung nach § 16 VOFvergaberechtswidrig und ziehen sich Dokumentationsmängel nach § 18 VOFdurch das gesamte Vergabeverfahren hindurch, kann die Rechtmäßigkeit desVergabeverfahrens aus den o. g. Gründen nur durch die Aufhebung entsprechend §97 Abs. 1 und 2 GWB und unter Beachtung von § 114 GWB als geeignete undzugleich mildeste Maßnahme des Vergabeverfahrens wie<strong>der</strong> hergestellt werdenkann (1. VK Sachsen, B. v. 14.04.2008 - Az.: 1/SVK/013-08)• hat <strong>der</strong> Auftraggeber zunächst vergaberechtswidrig gehandelt, indem er eineRahmenvereinbarung ausgeschrieben hat, was die anwendbareVerdingungsordnung nicht zulässt und hat er zum an<strong>der</strong>en unter Verstoß gegen §18 VOF nicht dokumentiert, aus welchem Grunde gerade 5 Teilnehmer nachAbschluss des Teilnahmewettbewerbs zum weiteren Vergabeverfahren zugelassenwerden sollten und wurde darüber hinaus die Wertung <strong>der</strong> Präsentation, die zumAusschluss <strong>der</strong> Antragstellerin am weiteren Vergabeverfahren führte, nurunzureichend dokumentiert, kann die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens ausden o. g. Gründen nur durch die Aufhebung entsprechend § 97 Abs. 1 und 2GWB und unter Beachtung von § 114 GWB als geeignete und zugleich mildesteMaßnahme des Vergabeverfahrens wie<strong>der</strong> hergestellt werden. Die genanntenVergaberechtsverstöße sind nicht etwa durch eine Verpflichtung des Auftraggeberszur Rückversetzung des Verfahrens auf den Stand nach <strong>der</strong> Vergabebekanntmachungheilbar (1. VK Sachsen, B. v. 25.01.2008 - Az.: 1/SVK/088-07)• selbst wenn grundsätzlich hinsichtlich <strong>der</strong> Aufhebung einer AusschreibungErmessen besteht, ist das Ermessen hier auf Null reduziert. Da die Angebote <strong>der</strong>ASt und <strong>der</strong> Bgl zwingend auszuschließen sind und auch die übrigen Bieter die inPosition 3.6.170 gefor<strong>der</strong>te Ausführungsbeschreibung nicht mit Angebotsabgabevorgelegt und damit unvollständige Angebote abgegeben haben, ist kein Angeboteingegangen, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht. DieAuftragsvergabe an einen an<strong>der</strong>en Bieter ist grundsätzlich invergaberechtskonformer Weise nicht mehr möglich, ohne dass es darauf ankäme,ob die zum Ausschluss <strong>der</strong> Angebote führenden Mängel vergleichbar sind. Eine


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010• die Nichtbefassung mit <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Antragstellerin angebotenen technischen Lösungführt dazu, dass eine "objektive" Prüfung <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen des § 9 Nr. 5 VOB/Aim jetzigen Verfahrensstadium nicht möglich ist. In welcher Weise dieVergabestelle im Rahmen <strong>der</strong> Erarbeitung <strong>der</strong> Leistungsbeschreibung ihr Planungsund<strong>Entscheidung</strong>sermessen ausgeübt hätte, falls sie die Variante des"Nie<strong>der</strong>drucknebelsystems" in Betracht gezogen hätte, ist aus heutiger Sicht nichtmehr zu entscheiden. Die Vergabestelle kann dieses Versäumnis nicht nachträglichbeseitigen, indem sie heute (im laufenden Nachprüfungsverfahren) substantiiertetechnische Gründe hierfür angibt und erklärt, dass sie auch bei damaliger Kenntniszum gleichen Ergebnis gelangt wäre und die Ausschreibung auf das gewähltetechnische Verfahren beschränkt hätte. Denn insoweit kann schon nichtausgeschlossen werden, dass eine solche Aussage nicht <strong>der</strong> im Zeitpunkt <strong>der</strong>Ausschreibungsvorbereitung von äußeren Sachzwängen befreiten<strong>Entscheidung</strong>sposition entspricht, son<strong>der</strong>n dem verständlichen Wunsch geschuldetsein kann, auf eine möglichst zügige Beendigung des Nachprüfungsverfahrenshinzuwirken. Eine von solchen Erwägungen unbeeinflusste Prüfung seitens <strong>der</strong>Vergabestelle, die Lösungsvariante eines "Nie<strong>der</strong>drucknebelsystems" zuzulassen o<strong>der</strong>aus den in § 9 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A genannten Gründen auszuschließen, ist allenfallsim Rahmen einer erneuten Ausschreibung möglich (Thüringer OLG, B. v.26.06.2006 - Az.: 9 Verg 2/06)• bei fehlerhafter Nichtanwendung <strong>der</strong> Ausschreibungsvorschriften für Aufträgeab den Schwellenwerten ist die nationale Ausschreibung aufzuheben und <strong>der</strong>Auftraggeber bei fortbestehen<strong>der</strong> Vergabeabsicht zu verpflichten, eine EU-weiteAusschreibung durchzuführen (VK Arnsberg, B. v. 07.03.2005 - Az.: VK 2/2005)• <strong>der</strong> Vergaberechtsverstoß durch die offenkundig und bewusst fehlerhaft gewählteVergabeart des Verhandlungsverfahrens ist nicht durch einen Wie<strong>der</strong>eintritt in dieAngebotswertung heilbar. Über den entsprechenden hilfsweise gestellten Antrag <strong>der</strong>Antragstellerin hinaus hat die VK diese Vergaberechtsverletzung gem. § 110 Abs. 1GWB auch von Amts wegen zu berücksichtigen. Wegen <strong>der</strong> Schwere des Verstoßesmuss die VK deshalb darauf hinwirken, dass das Vergabeverfahren aufgehobenwird (VK Lüneburg, B. v. 12.10.2004 - Az.: 203-VgK-45/2004)• <strong>der</strong> Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A macht es notwendig, dassVergabeverfahren aufzuheben. Da eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagenerfor<strong>der</strong>lich ist, lässt sich <strong>der</strong> Zuschlag nicht auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> abgegebenenAngebote erteilen. Die Angebotsfrist ist bereits abgelaufen. Es ist Aufgabe <strong>der</strong>Auftraggeber zu entscheiden, auf welche Weise sie die Verdingungsunterlagen än<strong>der</strong>nwollen, um in einer neuen Ausschreibung Vergaberechtsfehler zu vermeiden• die Transparenz des Vergabeverfahrens ist erheblich gestört durch die Divergenzenim Inhalt <strong>der</strong> einzelnen Formen <strong>der</strong> Vergabebekanntmachung sowie <strong>der</strong>Verdingungsunterlagen. Hinsichtlich <strong>der</strong> Eignungskriterien hat <strong>der</strong> Senat nichterklärbare Abweichungen festgestellt, die ungeachtet <strong>der</strong> eindeutigen rechtlichenLösung des Konflikts geeignet sind, potenzielle Bewerber zu verunsichern (OLGNaumburg, B. v. 26.2.2004 - Az.: 1 Verg 17/03)• ist ein Auftraggeber aufgrund von wi<strong>der</strong>sprüchlichen Angaben in denVerdingungsunterlagen nicht in <strong>der</strong> Lage, überhaupt ein zuschlagfähigesHauptangebot zu ermitteln, das die von ihm verbindlich vorgegebeneQualitätsanfor<strong>der</strong>ung durchweg einhält, muss die Ausschreibung aufgehoben werden(VK Lüneburg, B. v. 29.1.2004 - Az.: 203-VgK-40/2003)• das Unterlassen <strong>der</strong> europaweiten Ausschreibung stellt einen Verstoß gegen dieVergabevorschriften dar und hätte zur Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung durch die VK


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010geführt, wenn die Vergabestelle nicht selbst die Ausschreibung aufgehoben hätte (VKMünster, B. v. 24.1.2002 - Az.: VK 24/01)• eine Anordnung, die Ausschreibung wegen <strong>der</strong> unterlassenen europaweitenAusschreibung komplett aufzuheben, hält die VK im Einzelfall nicht fürsachgerecht und auch nicht für rechtlich zulässig (VK Münster, B. v. 4.12.2003 - Az.:VK 21/03)• ein Verstoß gegen § 17 Nr. 6 Abs. 2 VOL/A ist nicht durch eine Verpflichtung desAuftraggebers zur erneuten Angebotswertung unter Berücksichtigung <strong>der</strong>Rechtsauffassung <strong>der</strong> VK heilbar, da dieser Verstoß gegen die Informationspflichtunmittelbar Auswirkungen auf die Angebotskalkulation haben musste. Einenachträgliche Korrektur <strong>der</strong> Angebotskalkulationen und damit <strong>der</strong> Angebotspreise beiallen Bietern ist in einem laufenden Vergabeverfahren nicht möglich. DerAuftraggeber war daher gem. Nr. 1 des Tenors zu verpflichten, mangelsVergleichbarkeit <strong>der</strong> Angebote das streitbefangene Vergabeverfahren aufzuheben (VKLüneburg, B. v. 24.11.2003 - Az.: 203-VgK-29/2003)• wenn die VK eine grundlegende Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen nach denGründen ihrer <strong>Entscheidung</strong> festgestellt hat, ist es im Interesse einer raschenGesamtlösung im allgemeinen geboten, die Aufhebung des Vergabeverfahrensauszusprechen (BayObLG, B. v. 15.7.2002 - Az.: Verg 15/02)• bleibt kein Angebot mehr übrig, auf das <strong>der</strong> Auftraggeber den Zuschlag erteilenkönnte, kann ein Vergabeverfahren nur durch eine Aufhebung beendet werden, welchedie Kammer <strong>der</strong> Auftraggeberin hiermit aufgibt (1. VK Sachsen, B. v. 21.5.2001 -Az.: 1/SVK/32-01)• weist das Leistungsverzeichnung schwerwiegende Mängel (Leitfabrikat ohne denZusatz "o<strong>der</strong> gleichwertiger Art" ), kommt regelmäßig nur die Aufhebung <strong>der</strong>Ausschreibung in Betracht (1. VK Sachsen, B. v. 18.9.2001 - Az.: 1/SVK/83-01, B. v.13.9.2002 - Az.: 1/SVK/080-02)• wegen <strong>der</strong> zentralen Bedeutung <strong>der</strong> Leistungsbeschreibung für ein transparentesVergabeverfahren ist bei Mängeln in <strong>der</strong> Leistungsbeschreibung dasVergabeverfahren aufzuheben (VK Lüneburg, B. v. 12.4.2002 - Az.: 203-VgK-05/2002; ebenso für eine grob unklare Leistungsbeschreibung OLG Naumburg, B. v.16.9.2002 - Az.: 1 Verg 02/02)• enthält die Leistungsbeschreibung ein nicht mehr am Markt erhältlichesFabrikat, ist die Ausschreibung aufzuheben (VK Lüneburg, B. v. 30.10.2003 - Az.:203-VgK-21/2003)• hat eine voreingenommene Person (nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a) VgV) imVergabeverfahren mitgewirkt, kann eine Aufhebung in Betracht kommen (VKRheinland-Pfalz, B. v. 30.4.2002 - Az.: VK 6/02)• fehlt es an einer Grundlage für eine erneute Wertung, ist das Vergabeverfahrenaufzuheben (2. VK Bund, B. v. 23.5.2002 - Az.: VK 2 - 18/02)• liegt ein Angebot aufgrund eines im Vergleich zur Bekanntmachung zu frühenEröffnungstermines dem Verhandlungsleiter bei <strong>der</strong> Öffnung des ersten Angebotsnicht vor und befindet es sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht im Geschäftsbereich <strong>der</strong>Vergabestelle, kann das Angebot nicht mehr vergaberechtskonform am Wettbewerbbeteiligt werden; dies macht die Aufhebung des gesamten Vergabeverfahrensunumgänglich (VK Nordbayern, B. v. 15.4.2002 - Az.: 320.VK-3194-08/02)• die Vergaberechtsverstöße - insbeson<strong>der</strong>e die vergaberechtswidrige Delegationsämtlicher <strong>Entscheidung</strong>sbefugnisse auf einen Dritten und <strong>der</strong> das streitbefangeneVergabeverfahren prägende Verstoß gegen die Dokumentationspflichten - könnennicht durch eine Verpflichtung zur Neuvornahme <strong>der</strong> Angebotswertung beseitigt


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010werden; eine Aufhebung ist notwenig (VK Lüneburg, B. v. 31.5.2002 - Az.: 203-VgK-09/2002; VK Arnsberg, B. v. 28.1.2004 - Az.: VK 1-30/2003)• es kommt nur die Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung in Betracht, da <strong>der</strong>Vergaberechtsverstoß - zu kurze Ausschreibungsfrist - nicht an<strong>der</strong>s behoben werdenkann. Benachteiligt ist nämlich nicht nur <strong>der</strong> Antragsteller, son<strong>der</strong>n auch diejenigenBieter, die die Angebotsunterlagen zwar abgefor<strong>der</strong>t, jedoch kein Angebot abgegebenhaben. Beeinträchtigt sind aber auch alle an<strong>der</strong>en Firmen, die die zu kurzeBearbeitungsfrist nach dem Lesen <strong>der</strong> Veröffentlichung erkannten und aus diesemGrund schon von <strong>der</strong> Abfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Unterlagen absahen und nicht in eine erneuteAngebotsfrist einbezogen werden können (1. VK Sachsen, B. v. 9.12.2002 - Az.:1/SVK/102-02)23.2.2 Aufhebung einer Aufhebungsentscheidung des öffentlichenAuftraggebers23.2.2.1 Grundsatz218621872188Der EuGH hat entschieden (Urteil vom 02.06.2005 - Az.: C-15/04; Urteil vom 18.6.2002 -Az.: C-92/00), dass die <strong>Entscheidung</strong> des öffentlichen Auftraggebers, die Ausschreibungeines Dienstleistungsauftrags zu wi<strong>der</strong>rufen, in einem Nachprüfungsverfahren auf Verstößegegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens o<strong>der</strong> gegen dieeinzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, überprüft und gegebenenfallsaufgehoben werden kann. Der BGH (B. v. 18.2.2003 - Az.: X ZB 43/02) hat ebenfallsfestgestellt, dass eine Aufhebungsentscheidung in einem Nachprüfungsverfahren überprüftwerden kann.Diesem Grundsatz haben sich - auch für Bau- und Lieferaufträge - die meisten Vergabesenateund <strong>Vergabekammer</strong>n angeschlossen. Zu den Einzelheiten vgl. die Kommentierung RZ 1548.Diese Rechtsprechung gilt allgemein für die <strong>Entscheidung</strong> des Auftraggebers, auf dieVergabe eines Auftrags zu verzichten (VK Brandenburg, B. v. 16.6.2003 - Az.: VK 20/03).Zu den Einzelheiten vgl. die Kommentierung RZ 1566.23.2.2.2 Inhalt <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> Aufhebung einer Aufhebung23.2.2.2.1 Kontrahierungszwang2189In ständiger Rechtsprechung hat <strong>der</strong> BGH herausgearbeitet, dass trotz Geltung <strong>der</strong> VOB/A(bzw. <strong>der</strong> VOL/A) <strong>der</strong> Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 26VOB/A bzw. VOL/A besteht, nicht gezwungen werden kann, einen <strong>der</strong> Ausschreibungentsprechenden Auftrag zu erteilen. Es kann viele Gründe geben, die den Ausschreibendenhin<strong>der</strong>n, eine einmal in die Wege geleitete Ausschreibung ordnungsgemäß mit <strong>der</strong> Erteilungdes Zuschlags an einen Bieter zu beenden. Hierzu kann sich ein Ausschreiben<strong>der</strong>insbeson<strong>der</strong>e dann veranlasst sehen, wenn ein Zuschlag auf ein abgegebenes Angebot seinefinanziellen Möglichkeiten übersteigt. Die Möglichkeit, bei einem sachlichen Grund eine


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Ausschreibung vorzeitig zu beenden, ist notwendige Folge davon, dass es ein Zweck desVergaberechts ist, <strong>der</strong> öffentlichen Hand eine die Bindung <strong>der</strong> ihr anvertrauten Mittel und dasGebot sparsamer Wirtschaftsführung beachtende Beschaffung zu angemessenen Preisen zuermöglichen und die Situation <strong>der</strong> öffentlichen Hand in dieser Hinsicht durch eineErweiterung des Bewerberkreises und damit <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong>sgrundlage zu verbessern.Damit wäre die Annahme, es müsse in jedem Fall eines eingeleiteten Vergabeverfahrensein Zuschlag erteilt werden, schlechthin unvereinbar (BGH, B. v. 18.2.2003 - Az.: X ZB43/02; Urteil vom 5.11.2002 - Az.: X ZR 232/00; ebenso OLG Brandenburg, B. v. 02.10.2008- Az.: 12 U 91/08; B. v. 17.12.2007 - Az.: 13 W 79/07; B. v. 19.12.2002 - Az.: Verg W 9/02;OLG Celle, Urteil v. 25.06.2008 - Az.: 14 U 14/08; B. v. 10.01.2008 - Az.: 13 Verg 11/07; B.v. 22.5.2003 - Az.: 13 Verg 9/03; OLG Dresden, B. v. 3.12.2002 - Az.: WVerg 0015/02, B. v.10.7.2003 - Az.: WVerg 0015/02; OLG Düsseldorf, B. v. 14.10.2009 - Az.: VII-Verg 9/09; B.v. 29.04.2009 - Az.: VII-Verg 73/08; B. v. 22.07.2005 - Az.: VII - Verg 37/05; OLGFrankfurt, B. vom 28.06.2005 - Az.: 11 Verg 21/04; OLG München, B. v. 12.07.2005 - Az.:Verg 008/05; OLG Naumburg, B. v. 13.10.2006 - Az.: 1 Verg 7/06; B. v. 13.10.2006 - Az.: 1Verg 6/06; LG Arnsberg, Urteil v. 19.10.2007 - Az.: 8 O 134/07 – fürArchitektenplanungsleistungen unterhalb <strong>der</strong> Schwellenwerte; LG Düsseldorf, Urteil v.29.10.2008 - Az.: 14c O 264/08; LG Essen, Urteil v. 15.11.2007 - Az.: 4 O 168/07; eherzweifelnd BayObLG, B. v. 5.11.2002 - Az.: Verg 22/02; VK Baden-Württemberg, B. v.28.01.2009 - Az.: 1 VK 58/08; B. v. 28.10.2008 - Az.: 1 VK 39/08; B. v. 07.10.2005 - Az.: 1VK 56/05; 1. VK Bund, B. v. 03.09.2009 - Az.: VK 1 – 155/09; 2. VK Bund, B. v.11.12.2008 - Az.: VK 2 – 76/08; B. v. 15.09.2008 - Az.: VK 2 – 91/08; B. v. 24.06.2005 -Az.: VK 2 – 70/05; B. v. 24.06.2004 - Az.: VK 2 – 73/04; 3. VK Bund, B. v. 16.03.2007 -Az.: VK 3 – 13/07; VK Hessen, B. v. 21.04.2005 - Az.: 69 d VK - 09/2005; VK Lüneburg, B.v. 27.01.2005 - Az.: 203-VgK-57/2004; B. v. 30.08.2004 - Az.: 203-VgK-38/2004; VKMünster, B. v. 30.04.2009 - Az.: VK 4/09; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 24.10.2008 - Az.: VgK-35/2008; 1. VK Sachsen, B. v. 18.08.2006 - Az.: 1/SVK/077-06; 2. VK Sachsen-Anhalt, B. v.23.05.2006 - Az.: VK 2-LVwA LSA 17/06; B. v. 23.05.2006 - Az.: VK 2-LVwA LSA 16/06;VK Schleswig-Holstein, B. v. 04.02.2008 - Az.: VK-SH 28/07; B. v. 14.09.2005 - Az.: VK-SH 21/05; VK Südbayern, B. v. 29.01.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-37-11/06; B. v. 15.12.2006 -Az.: 34-11/06; B. v. 23.11.2006 - Az.: 32-10/06; VK Thüringen, B. v. 19.09.2008 - Az.: 250-4003.20-2110/2008-008-SHK).2190Diese Rechtsprechung gilt auch für VOF-Verfahren. Es sind keine rechtlichenGesichtspunkte erkennbar, die eine Anwendung <strong>der</strong> von dieser Rechtsprechung aufgestelltenGrundsätze auf Verhandlungsverfahren für die Vergabe freiberuflicher Dienstleistungenausschließen (OLG Frankfurt, B. v. 16.08.2006 - Az.: 11 Verg 3/06; 1. VK Sachsen, B. v.17.01.2006 - Az.: 1/SVK/151-05; B. v. 31.05.2005 - Az.: 1/SVK/046-05).23.2.2.2.2 Auswirkung auf den Inhalt <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>2191Dieser von <strong>der</strong> Rechtsprechung in den Vor<strong>der</strong>grund gestellte Grundsatz <strong>der</strong>Vertragsfreiheit muss als Grenze <strong>der</strong> Regelungskompetenz <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>n und -senate erkannt werden, nicht aber als Hin<strong>der</strong>nis <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> Rechtmäßigkeit <strong>der</strong>Aufhebung als Vorstufe des Vertragsschlusses. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob aneinem Vergabeverfahren zufällig nur nationale Bieter o<strong>der</strong> auch ausländische Firmenteilgenommen haben, denn sonst wären ausländische Firmen privilegiert gegenüber demnationalen Bieter durch weitergehenden Rechtsschutz - ein sicherlich abwegiges Ergebnis.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010219221932194Es liegt damit auch nicht in <strong>der</strong> Kompetenz <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>, im Rahmen des § 114Abs. 1 GWB zur Beseitigung einer Rechtsverletzung eine Maßnahme zu treffen, die für einenöffentlichen Auftraggeber, <strong>der</strong> trotz Einleitung eines Vergabeverfahrens einen Auftrag nichtmehr erteilen will, einen rechtlichen o<strong>der</strong> tatsächlichen Zwang bedeutete, sich dochvertraglich zu binden (BGH, B. v. 18.2.2003 - Az.: X ZB 43/02; OLG Celle, B. v.10.01.2008 - Az.: 13 Verg 11/07; B. v. 22.5.2003 - Az.: 13 Verg 9/03; VK Schleswig-Holstein, B. v. 04.02.2008 - Az.: VK-SH 28/07; VK Hessen, B. v. 21.04.2005 - Az.: 69 d VK- 09/2005; VK Brandenburg, B. v. 30.08.2004 - Az.: VK 34/04; B. v. 17.08.2004 - Az.: VK23/04; VK Lüneburg, B. v. 27.01.2005 - Az.: 203-VgK-57/2004; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v.24.10.2008 - Az.: VgK-35/2008; 2. VK Bund, B. v. 15.06.2004 - Az.: VK 2 – 40/03).Es kommt also entscheidend darauf an, dass die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> Kammer über dieRechtsfolge bei <strong>der</strong> Rechtwidrigkeit <strong>der</strong> Aufhebung sich in dem Rahmen hält, in dem sie auchsonst berechtigt ist zu entscheiden: alle Maßnahmen anzuordnen, die geeignet sind, das damitnoch laufende Vergabeverfahren in rechtmäßige Bahnen zu führen ohne dem Auftraggeberdie <strong>Entscheidung</strong> über den Zuschlag zu nehmen. Die <strong>Vergabekammer</strong> hat in allen ihren<strong>Entscheidung</strong>en nur auf eine rechtmäßige <strong>Entscheidung</strong>sfindung des Auftraggebershinzuwirken, nicht eine solche zu ersetzen. Das bedeutet, dass sie ihm stets zumindest dieWahl lassen muss, den Auftrag zu erteilen o<strong>der</strong> - ggf. gegen Schadensersatz (namentlichbei Nichtvorliegen <strong>der</strong> Gründe des § 26 VOB und § 26 VOL/A) - von <strong>der</strong> AuftragsvergabeAbstand zu nehmen und sei es nur durch Auslaufenlassen <strong>der</strong> Bindefristen (VK Schleswig-Holstein, B. v. 14.09.2005 - Az.: VK-SH 21/05).Die in <strong>der</strong> Literatur teilweise diskutierte Ermessensreduzierung auf Null ist damit denklogischausgeschlossen (VK Arnsberg, B. v. 23.1.2003 - Az.: VK 2-27/2002).23.2.2.2.3 Kontrahierungszwang in Ausnahmefällen2195Nach Auffassung <strong>der</strong> VK Hamburg (B. v. 14.8.2003 - Az.: VgK FB 3/03) ist die<strong>Vergabekammer</strong> befugt, alle geeignet erscheinenden Maßnahmen zu treffen, um eineRechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung <strong>der</strong> betroffenen Interessen zu verhin<strong>der</strong>n.Sie ist im Einzelfall we<strong>der</strong> daran gehin<strong>der</strong>t, die Aufhebung <strong>der</strong> Aufhebung einerAusschreibung noch die Verpflichtung zur Erteilung des Zuschlags an einen Bieterauszusprechen, wenn es sich dabei um die einzig geeignete Maßnahmen handelt. Diesesehr weit gehende Auffassung wurde vom Hanseatischen OLG (B. v. 21.11.2003 - Az.: 1Verg 3/03) bestätigt: Sieht sich die Vergabestelle an einem Zuschlag nur durch einenrechtlichen Umstand gehin<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> sich später als irrelevant erweist, bestehen gegen einenVerpflichtungsausspruch <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> zur Zuschlagserteilung keinedurchgreifenden Bedenken (VK Baden-Württemberg, B. v. 07.10.2005 - Az.: 1 VK 56/05;VK Münster, B. v. 30.04.2009 - Az.: VK 4/09).23.2.2.2.4 Fortsetzung des Vergabeverfahrens2196Hat die Vergabestelle nach Aufhebung eines Offenen Verfahrens ein Verhandlungsverfahreneingeleitet, dokumentiert sie, dass sie an <strong>der</strong> Vergabeabsicht des Auftrages festhält; dannist auch eine <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> mit <strong>der</strong> Verpflichtung zur Fortsetzungdes Offenen Verfahrens möglich (1. VK Sachsen, B. v. 18.08.2006 - Az.: 1/SVK/077-06;VK Rheinland-Pfalz, B. v. 10.10.2003 - Az.: VK 19/03).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.2.2.2.5 Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Eignungsprüfung2202Als <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> kommt unter den oben beschriebenenVoraussetzungen auch die Aufhebung <strong>der</strong> Aufhebung und die Verpflichtung desAuftraggebers zur Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Eignungsprüfung in Betracht (2. VK Bund, B. v.24.06.2005 - Az.: VK 2 – 70/05).23.2.2.2.6 Maßstab <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> Aufhebung einer Ausschreibung2203Streit herrscht darüber, welcher Maßstab an die Voraussetzungen einer Aufhebunganzulegen ist. Insoweit hat das OLG Dresden diese Frage dem BGH zur <strong>Entscheidung</strong>vorgelegt (OLG Dresden, B. v. 3.12.2002 - Az.: WVerg 0015/02). Der BGH (B. v. 18.2.2003- Az.: X ZB 43/02) hat entschieden, dass Prüfungsmaßstab das Gemeinschaftsrecht unddie zur Umsetzung des Gemeinschaftsrechts erlassenen Vorschriften sind. Zu denEinzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 104 Ziffer RZ 1556.23.2.2.2.7 Weitere Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung2203/1• eine Aufhebung <strong>der</strong> Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung scheidet ebenfalls aus, wenn<strong>der</strong> Vergabewille des Auftraggebers nicht mehr fortbesteht, z.B. weil <strong>der</strong>Auftraggeber jedenfalls bis zum Abschluss des Gebrauchsmuster-Löschungsverfahrens nicht beabsichtigt, den Auftrag zu vergeben. Ist insoweitoffen, wann und mit welchem Gegenstand eine Neuausschreibung stattfinden wirdund kann insbeson<strong>der</strong>e nicht ausgeschlossen werden, dass <strong>der</strong> Auftraggeber – solltedas Gebrauchsmuster Bestand haben – Planen künftig so ausschreiben wird, dassan<strong>der</strong>e Bieter ohne Inanspruchnahme <strong>der</strong> geschützten technischen Lehre den Auftragerfüllen können, würde die Annahme eines fortbestehenden Vergabewillens einenKontrahierungszwang begründen, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> (negativen) Vertragsabschlussfreiheitdes Auftraggebers ersichtlich nicht zu vereinbaren wäre (2. VK Bund, B. v.15.09.2008 - Az.: VK 2 – 91/08)23.2.2.2.8 Literatur2204• Bitterich, Klaus, Einschränkung <strong>der</strong> Abschlussfreiheit öffentlicher Auftraggeber nachEinleitung eines Vergabeverfahrens, NZBau 2006, 757• Burbulla, Rainer, Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung und Vergabenachprüfungsverfahren,ZfBR 2009, 134• Conrad, Sebastian, Der Rechtsschutz gegen die Aufhebung eines Vergabeverfahrensbei Fortfall des Vergabewillens, NZBau 2007, 287• Hübner, Alexan<strong>der</strong>, Effektiver vergaberechtlicher Primärrechtsschutz nach dem„Koppensteiner“-Urteil des EuGH?, NZBau 2005, 438• Kaelble, Hendrik, Anspruch auf Zuschlag und Kontrahierungszwang imVergabeverfahren, ZfBR 2003, 657


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.2.3 Aussetzung2205220622072208Die Rechtsprechung hierzu ist nicht einheitlich.Nach einer Auffassung sehen die Vorschriften <strong>der</strong> §§ 107 bis 115 GWB über das Verfahrenvor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> eine Aussetzung des Verfahrens wegen einerentscheidungserheblichen Vorfrage über das Bestehen o<strong>der</strong> Nichtbestehen einesRechtsverhältnisses, das den Gegenstand eines an<strong>der</strong>en anhängigen Rechtsstreits bildet o<strong>der</strong>von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist (vgl. § 94 VwGO und § 148 ZPO), nicht vor.Das kann nicht als eine planwidrige Lücke des Gesetzes, die im Wege <strong>der</strong> Analogie zu denVorschriften an<strong>der</strong>er Verfahrensgesetze (also zu den § 94 VwGO, § 148 ZPO) geschlossenwerden könnte und müsste, angesehen werden. Vielmehr würde eine solche Analogie demSinn <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Verfahrensvorschriften <strong>der</strong> §§ 107 ff. GWB wi<strong>der</strong>sprechen.Aus allen <strong>der</strong> Beschleunigung dienenden Vorschriften ist zu schließen, dass die<strong>Vergabekammer</strong> über die für ihre Endentscheidung relevanten Vorfragen - inzidenter imRahmen ihres Verfahrens als Vorstufe zu ihrer Vergabenachprüfungsentscheidung - selbstentscheiden muss, auch wenn die Vorfrage <strong>der</strong> Gegenstand eines an<strong>der</strong>en gleichzeitigenVerfahrens ist, in dem über die Vorfrage verbindlich entschieden werden wird. Dass auf dieseWeise zwei Institutionen nebeneinan<strong>der</strong> mit <strong>der</strong>selben Frage befasst sind (die<strong>Vergabekammer</strong> allerdings nur als Vorfrage), ist auch deshalb hinzunehmen, weil die über dieVorfrage inzidenter zu treffende <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> an <strong>der</strong> Bestandskraft undan <strong>der</strong> Bindungswirkung (§ 124 Abs. 1 GWB) ihrer Endentscheidung nicht teilhat (OLGDüsseldorf, B. v. 11.3.2002 - Az.: Verg 43/01; VK Baden-Württemberg, B. v. 16.01.2009 -Az.: 1 VK 65/08; B. v. 30.12.2008 - Az.: 1 VK 51/08; B. v. 13.11.2008 - Az.: 1 VK 41/08;VK Hessen, B. v. 21.04.2008 - Az.: 69 d VK - 15/2008; 1. VK Sachsen, B. v. 29.08.2008 -Az.: 1/SVK/042-08; B. v. 29.08.2008 - Az.: 1/SVK/041-08; VK Schleswig-Holstein, B. v.17.09.2008 - Az.: VK-SH 10/08).Demgegenüber sieht die VK Hannover keine Notwendigkeit, wegen einer eventuellenUnvereinbarkeit des Landesvergabegesetzes Nie<strong>der</strong>sachsen eine anstehende <strong>Entscheidung</strong>bis zu einer <strong>Entscheidung</strong> des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen, weil ein Ausschlussaufgrund des Landesvergabegesetzes nicht zur Anwendung kommt (VK Hannover, B. v.3.9.2003 - Az.: 26045 - VgK - 13/2003); die Kammer geht also anscheinend von <strong>der</strong>Möglichkeit einer Aussetzung aus.23.2.4 Aussetzung und Vorlage an den Europäischen Gerichtshof22092210Die Rechtsprechung hierzu ist nicht völlig einheitlich.Nach einer Auffassung kommt eine Aussetzung und Vorlage an den EuropäischenGerichtshof nicht in Betracht. Gemäß Art. 234 EG ergibt sich eine Verpflichtung zurAnrufung des Gerichtshofes nur für die Gerichte. Die <strong>Vergabekammer</strong>n sind keine Gerichteo<strong>der</strong> gerichtsähnliche Einrichtungen, son<strong>der</strong>n vom Gesetzgeber als unabhängigeverwaltungsinterne Behörden (beson<strong>der</strong>er Art) ausgestaltet worden (2. VK Brandenburg, B. v.29.11.2001 - Az.: 2 VK 44/00; VK Düsseldorf, B. v. 31.10.2007 - Az.: VK - 31/2007 – L; VKHamburg, B. v. 25.07.2007 - Az.: VK BSU-8/07; VK Hessen, B. v. 21.04.2008 - Az.: 69 d


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010VK - 15/2008; 1. VK Sachsen, B. v. 29.08.2008 - Az.: 1/SVK/042-08; B. v. 29.08.2008 - Az.:1/SVK/041-08; VK Südbayern, B. v. 03.04.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-49-12/08).22112212Außerdem ist in den Vorschriften über das Vergabeverfahren eine Aussetzung desVerfahrens nicht vorgesehen. Insoweit kommt dem Beschleunigungsgebot des § 113 GWBvorrangige Bedeutung zu (1. VK Brandenburg, B. v. 23.07.2007 - Az.: 1 VK 26/07; 3. VKBund, B. v. 26.07.2005 - Az.: VK 3 – 73/05; VK Hessen, B. v. 21.04.2008 - Az.: 69 d VK -15/2008; VK Südbayern, B. v. 03.04.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-49-12/08), ebenso einereventuellen Befriedungswirkung (VK Düsseldorf, B. v. 31.10.2007 - Az.: VK - 31/2007 –L; VK Südbayern, B. v. 03.04.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-49-12/08).Der Europäische Gerichtshof wie<strong>der</strong>um hat - für das österreichische Bundesvergabeamt -entschieden, dass das Bundesvergabeamt (als Nachprüfungsinstanz) im Rahmen einesNachprüfungsverfahrens im Sinne <strong>der</strong> Richtlinie 89/665 tätig wird und einerechtsverbindliche <strong>Entscheidung</strong> zu erlassen hat. Darüber hinaus ist das Bundesvergabeamtbefugt, festzustellen, ob ein behaupteter Rechtsverstoß vorliegt. Es kann nicht ausgeschlossenwerden, dass das Amt bei <strong>der</strong> Ausübung dieser Befugnis es für erfor<strong>der</strong>lich hält, demGerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Wenn <strong>der</strong>artige Fragen, die dasBundesvergabeamt für erfor<strong>der</strong>lich hält, um das Vorliegen eines Rechtsverstoßes feststellenzu können, die Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffen, können sie nicht fürunzulässig erklärt werden. Dagegen kann das Bundesvergabeamt, das nicht unmittelbarbefugt ist, den durch einen Rechtsverstoß geschädigten Personen Schadensersatzzuzuerkennen, dem Gerichtshof keine Vorabentscheidungsfragen vorlegen, die sich auf dieGewährung von Schadensersatz o<strong>der</strong> die Voraussetzungen dafür beziehen (EuGH, Urteil vom19.6.2003 - Rechtssache C-315/01).23.2.5 Sachaufklärung und <strong>Entscheidung</strong>2213Nach § 114 hat die <strong>Vergabekammer</strong> bei einer Rechtsverletzung die geeigneten Maßnahmenzu treffen. Wird z. B. die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Vergabestelle gerügt,so muss die <strong>Vergabekammer</strong> grundsätzlich selbst, um den Ablauf des Vergabeverfahrensnicht unangemessen zu beeinträchtigen, den Beschwerdeführer veranlassen darzulegen, waser vorgetragen hätte, wenn ihm von <strong>der</strong> Vergabestelle Gehör gewährt worden wäre; die<strong>Vergabekammer</strong> muss sodann gegebenenfalls selbst den Sachverhalt im erfor<strong>der</strong>lichenUmfang ermitteln. Für eine Zurückverweisung an die Vergabestelle ist kein Raum(BayObLG, B. v. 1.10.2001 - Az.: Verg 6/01).23.2.6 Prüfung eines Teilnahmeantrages2214<strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> Kammer kann auch sein, nur den Teilnahmeantrag des Antragstellers auf<strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Bekanntmachung enthaltenen Mindestbedingungen einer erneutenWertung zu unterziehen; dies trägt sowohl den Belangen des Vergaberechts (§ 114 Abs. 1einerseits, § 110 Abs. 1 Satz 2 GWB an<strong>der</strong>erseits) als auch den Belangen des Antragstellersund auch des Antragsgegners ausreichend Rechnung (VK Hessen, B. v. 29.5.2002 - Az.: 69 dVK - 15/2002; im Ergebnis ebenso – mit einem instruktiven Fall aus <strong>der</strong> VOF - 3. VKBund, B. v. 13.09.2005 - Az.: VK 3 – 82/05).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.2.7 Einräumung einer neuen Frist zur Stellung einesTeilnahmeantrages2215Sind die Rechte eines Antragstellers durch die Verkürzung <strong>der</strong> Frist zur Stellung desTeilnahmeantrags verletzt worden, ist es notwendig, dem Antragsteller nunmehr dieGelegenheit zu geben, seinen Teilnahmeantrag während <strong>der</strong>jenigen Zeitspanne zuvervollständigen, um die <strong>der</strong> Teilnahmewettbewerb unzulässigerweise verkürzt wurde (2.VK Bund, B. v. 31.5.2002 - Az.: VK 2 - 20/02).23.2.8 Wahl einer an<strong>der</strong>en Vergabeart2216Nach Abwägung aller beteiligten Interessen erscheint eine Fortführung des begonnenenWettbewerbes nunmehr unter Zugrundelegung <strong>der</strong> Regelungen für das NichtoffeneVerfahren (statt des Verhandlungsverfahrens) bei einer nochmaligen Auffor<strong>der</strong>ung zurAngebotsabgabe auf <strong>der</strong> unverän<strong>der</strong>ten Grundlage des den Bietern vorliegendenVertragsentwurfes ausreichend, um die Rechtsverletzung zu beseitigen (VK Düsseldorf, B. v.30.9.2002 - Az.: VK - 26/2002 - L).23.2.9 Ausschluss eines Angebotes22172217/0Aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, dass die Angebote <strong>der</strong> Antragsstellerin unter gewichtigen Mängelnleiden, war <strong>der</strong> Vergabestelle von Amts wegen auch unabhängig vom Antrag nach § 114 Abs.1 Satz 2 GWB aufzugeben, diese vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen (VKDüsseldorf, B. v. 29.06.2004 - Az.: VK – 21/2004-L; VK Magdeburg, B. v. 17.1.2002 - Az.:33-32571/07 VK MD 24/01).Der Auftraggeber ist verpflichtet, ein Angebot vom Vergabeverfahren auszuschließen, wenndie beabsichtigte Zuschlagserteilung die Rechte eines Antragstellers verletzt und eineBeseitigung dieser Rechtsverletzung auf an<strong>der</strong>e Weise nicht in Betracht kommt (2. VKBrandenburg, B. v. 06.02.2007 - Az.: 2 VK 5/07).23.2.10 Erneute Prüfung und Wertung22182219Bei Fehlern im Rahmen <strong>der</strong> Prüfung und Wertung kann eine erneute Prüfung und Wertungunter Beachtung <strong>der</strong> Rechtsauffassung <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> angeordnet werden, z. B. wenneine Ermessensentscheidung <strong>der</strong> Vergabestelle über den Ausschluss wegen einesInsolvenzantrages noch nicht getroffen worden ist (2. VK Bund, B. v. 18.7.2002, Az.: VK 2- 40/02).Auch wegen eines festgestellten Verstoßes gegen das vergaberechtlicheGleichbehandlungsgebot kann es erfor<strong>der</strong>lich sein, die Auftraggeberin zu verpflichten,erneut in die Angebotswertung einzutreten, diese unter Beachtung <strong>der</strong> Rechtsauffassung<strong>der</strong> VK erneut durchzuführen und dabei insbeson<strong>der</strong>e die Eignung zu überprüfen, sodannerneut über Ausschluss o<strong>der</strong> Berücksichtigung <strong>der</strong> Angebote zu entscheiden und Prüfung,Ergebnis und <strong>Entscheidung</strong> in einem den Anfor<strong>der</strong>ungen des § 30 VOL/A genügendenVergabevermerk in <strong>der</strong> Vergabeakte zu dokumentieren. Von einer Aufhebung desstreitbefangenen Vergabeverfahrens konnte die <strong>Vergabekammer</strong> dagegen absehen. Die von


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.2.14 Verweisung an die Zivilgerichte2228Das Vergabenachprüfungsverfahren ist kein ordentliches Gerichtsverfahren. Die<strong>Vergabekammer</strong> entscheidet durch Verwaltungsakt; sie ist kein Gericht im Sinne des § 17GVG. Damit kommt eine Verweisung in ein ordentliches Klageverfahren nicht inBetracht (OLG Celle, B. v. 4.5.2001 - Az.: 13 Verg 5/00). Eine analoge Anwendung des §17a GVG scheidet mangels einer durch die Analogie zu überbrückenden planwidrigenRegelungslücke aus (VK Brandenburg, B. v. 10.2.2003 - Az.: VK 80/02).23.2.15 Verweisung an die Verwaltungsgerichte bzw. Sozialgerichte2229Eine Verweisung des Nachprüfungsantrags an das zuständige Verwaltungsgericht nach §17a GVG kommt nicht in Betracht. Danach können nur Gerichte Rechtsstreitigkeiten an dasGericht des zuständigen Rechtswegs verweisen. Der <strong>Vergabekammer</strong> steht als Teil <strong>der</strong>Verwaltung nicht die Befugnis zu, dem Verwaltungsrechtsweg zuzuordnende Verfahren andie Verwaltungsgerichte zu verweisen. Eine analoge Anwendung des § 17a GVG scheidetmangels einer durch die Analogie zu überbrückenden planwidrigen Regelungslücke aus (VKBaden-Württemberg, B. v. 26.01.2007 - Az.: 1 VK 82/06; VK Brandenburg, B. v. 14.3.2003 -Az.: VK 14/03; im Ergebnis ebenso VG Frankfurt/O<strong>der</strong>, B. v. 20.02.2009 - Az.: 4 L 186/08für den umgekehrten Fall <strong>der</strong> Verweisung von einem Gericht an eine <strong>Vergabekammer</strong>).23.2.16 Abschluss eines Vergleiches23.2.16.1 Rechtsprechung223022312232Vergleichsweise Regelungen in Verfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> sind grundsätzlichzulässig. Dies ergibt sich zum einen aus <strong>der</strong> weit gefassten Regelung des § 114 Abs. 2 Satz 2GWB und aus einem Umkehrschluss aus § 125 GWB.§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB räumt mit seiner Bestimmung einer Erledigung in sonstiger Weiseauch die Möglichkeit ein, dass sich ein Nachprüfungsverfahren aus Gründen, die u. U. nichtdem überprüften Vergabeverfahren entstammen, erledigt. Im Gegenzug schafft dieseRegelung zugleich einen Ausgleich in Form eines Fortsetzungsfeststellungsverfahrens, dasjedem Beteiligten, also auch demjenigen, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Erledigung u. U. nicht aktiv mitgewirkthat, auf geson<strong>der</strong>tem Antrag zur Verfügung steht. Mit dieser Regelung wird sicher gestellt,dass Mängel des Vergabeverfahrens, auch wenn <strong>der</strong> Primärrechtsschutz nicht mehr greift,durch die <strong>Vergabekammer</strong> u. U. auch gegen den Willen dessen, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Erledigung desNachprüfungsverfahrens im übrigen aktiv mit gewirkt hat, fest gestellt werden und dieGrundlage für einen Schadenersatzanspruch bilden können, § 124 GWB.Die Grenze <strong>der</strong>artiger Erledigungen des Nachprüfungsverfahrens markiert § 125 Abs. 2 Nr.3 GWB. Danach liegt ein Missbrauch des Antrags- und Beschwer<strong>der</strong>echts vor, wenn einAntrag in <strong>der</strong> Absicht gestellt wurde, ihn später gegen Geld o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Vorteile zurück zunehmen. Dies setzt jedoch eine nachweisbare Kausalität zwischen Antragstellung undRücknahme aus pekuniären Motiven voraus.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201022332234Liegen diese o<strong>der</strong> ähnliche Ausnahmebedingungen erkennbar jedoch nicht vor, ist es auchvor dem EU-rechtlichen Hintergrund des GWB und seiner gesetzgeberischen Intention nichtzu beanstanden, wenn möglicherweise vorliegende Mängel eines Vergabeverfahrens letztlichungeprüft bleiben, weil sich die Verfahrensbeteiligten vergleichsweise auf die Erledigungdes Primärrechtsschutzverfahrens durch Rücknahme des Antrags geeinigt haben. So istdie vergleichsweise Beilegung einer Rechtsstreitigkeit in allen Verfahrensordnungenverankert (§ 54 Satz 2, § 55 VwVfG, § 106 VwGO, § 794 Nr. 1 ZPO).Dies gilt um so mehr, wenn aufgrund einer eher als extensiv zu bezeichnendenBeiladungspraxis nach § 109 GWB die Gewähr dafür besteht, dass sämtliche Unternehmen,<strong>der</strong>en Interessen durch das Vergabenachprüfungsverfahren bzw. dessen spiegelbildlicheBeendigung durch Vergleich berührt sind, an diesem Vergleich mitwirken o<strong>der</strong> ihn zumindestbilligen können (1. VK Sachsen, B. v. 12.7.2000 - Az.: 1/SVK/52-00).23.2.16.2 Weitere Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung2234/0,9• Vergabeverfahren betreffend die Beschaffung von mobilen Kunden-Betreuer Terminals(VK Münster, B. v. 11.03.2008 – Az.: VK 03/08)23.2.16.3 Literatur2234/2• Rittwage, Ralf, Vergleichsvereinbarungen bei <strong>der</strong> Vergabe öffentlicher Aufträge, NZBau2007, 48423.2.17 Anweisung, von den Vorgaben <strong>der</strong> Ausschreibung nichtabzuweichen2235Die <strong>Vergabekammer</strong> ist befugt, die Vergabestelle anzuweisen, z.B. <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong>Entsorgungspflicht nicht zuzustimmen. Es war sicherzustellen, dass die Vergabestelle sichweiter an die eigenen Vorgaben ihrer Verdingungsunterlagen hält und dasVergabeverfahren in entsprechen<strong>der</strong> Weise beendet. Insoweit trifft die <strong>Vergabekammer</strong>eine Anordnung mit unmittelbarem Bezug zum Vergaberecht. Diese ist geboten, um auf dieRechtmäßigkeit des Verfahrens gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB einzuwirken. Hierbei wardie <strong>Vergabekammer</strong> nicht an den Wortlaut des Antrages gebunden (VK Magdeburg, B. v.24.2.2003 - Az: 33-32571/07 VK 15/02 MD).23.2.18 Untersagungsgebote und Feststellungsmaßnahmen2236Nach § 114 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) richtetsich die Vollstreckung von <strong>Entscheidung</strong>en <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>, auch gegen einenHoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>. Der


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010den ergangenen Verwaltungsakt Rechtsbehelfe eingelegt worden sind. Ein ergangener undnoch nicht bestandskräftig gewordener Verwaltungsakt wird - jedenfalls in den reinenAntragsverfahren - durch Antragsrücknahme wirkungslos. Entsprechendes gilt für denBeschluss <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>, <strong>der</strong> (als Verwaltungsakt) seine Grundlage in demNachprüfungsantrag des Antragstellers hat (OLG Düsseldorf, B. v. 29.4.2003 - Az.: Verg47/02; VK Schleswig-Holstein, B. v. 12.07.2005 - Az.: VK-SH 18/05).223922402241Die sich aus <strong>der</strong> Rücknahme des Nachprüfungsantrags ergebenden Rechtsfolgen sindvon <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> nach dem verfahrensrechtlichen Rechtsgedanken <strong>der</strong> § 92 Abs. 3Satz 1 VwGO, § 269 Abs. 3, 4 ZPO durch Beschluss gemäß § 114 Abs. 3 Satz 1 GWBauszusprechen. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für die Verpflichtung zur Tragung <strong>der</strong> Kosten desNachprüfungsverfahrens und <strong>der</strong> zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigenAufwendungen, § 128 Abs. 1, 4 GWB (VK Brandenburg, B. v. 25.4.2003 - Az.: VK 21/03;VK Schleswig-Holstein, B. v. 21.06.2007 - Az.: VK-SH 12/07; B. v. 12.07.2005 - Az.: VK-SH 18/05). Nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags ist also die Einstellung desVerfahrens auszusprechen (§ 92 Abs. 3 VwGO analog); außerdem sind von Amts wegendie Kosten <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> festzusetzen sowie über die Kostentragung <strong>der</strong>Verfahrensbeteiligten (Kostengrundentscheidung) und die Notwendigkeit <strong>der</strong>Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zu entscheiden (VK Baden-Württemberg, B. v.15.02.2006 - Az.: 1 VK 3/06; VK Düsseldorf, B. v. 02.03.2006 - Az.: VK-06/2006-B; VKHessen, B. v. 29.07.2004 - Az.: 69 d - VK – 82/2003; VK Münster, B. v. 01.03.2006 - Az.:VK 1/06; VK Schleswig-Holstein, B. v. 20.08.2009 - Az.: VK-SH 12/09; B. v. 28.08.2007 -Az.: VK-SH 19/07; B. v. 19.07.2006 - Az.: VK-SH 19/06; B. v. 11.07.2006 - Az.: VK-SH13/06; B. v. 06.06.2006 - Az.: VK-SH 16/06; B. v. 26.04.2006 - Az.: VK-SH 09/06; B. v.26.04.2006 - Az.: VK-SH 08/06; B. v. 12.07.2005 - Az.: VK-SH 18/05; VK Thüringen, B. v.15.10.2008 - Az.: 250-4002.20-4513/2008-013-SM; B. v. 16.06.2008 - Az.: 250-4002.20-1465/2008-012-SLF, B. v. 06.06.2008 - Az.: 250-4002.20-1494/2008-022-EF; B v.25.01.2008 - Az.: 360-4003.20-148/2008-003-EF).Die "Einstellung" des Nachprüfungsverfahrens seitens <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> hat lediglichdeklaratorischen Charakter, ohne dass hierdurch eine Beschwer in <strong>der</strong> Hauptsacheund/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kostenentscheidung entstanden ist (OLG Rostock, B. v. 02.08.2005 - Az.: 17Verg 7/05).Zu den Einzelheiten <strong>der</strong> sich hieraus ergebenden Kostenentscheidung vgl. dieKommentierung zu § 128 GWB.23.2.21 Einstellung des Vollstreckungsverfahrens22422243Erledigt sich ein Vollstreckungsverfahren durch die Rücknahme des Antrages im Sinne von §128 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), so ist es durchBeschluss einzustellen (OLG Naumburg, B. v. 27.04.2005 - Az.: 1 Verg 3/05; VKMagdeburg, B. v. 15.4.2003 - Az.: 33-32571/07 VK 15/02 MD).Dasselbe gilt, wenn es an einem zulässigen Antrag auf Einleitung vonVollstreckungsmaßnahmen fehlt (OLG Naumburg, B. v. 27.04.2005 - Az.: 1 Verg 3/05).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.2.22 <strong>Entscheidung</strong> über den Vorabgestattungsantrag bei Erlasseiner Hauptsacheentscheidung22442245224622472248Die Rechtsprechung ist hierzu nicht einheitlich.Nach einer Auffassung kann, wenn das Nachprüfungsverfahren mit <strong>der</strong>Hauptsacheentscheidung abgeschlossen wird, die <strong>Entscheidung</strong> über denVorabgestattungsantrag entfallen (VK Hessen, B. v. 26.3.2003 - Az.: 69 d - VK - 13/2003).Nach einer an<strong>der</strong>en Meinung ist hinsichtlich des Antrags auf Gestattung des Zuschlags dieErledigung infolge des Erlasses <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> in <strong>der</strong>Hauptsache eingetreten. Gemäß § 115 Abs. 1 GWB kann <strong>der</strong> Zuschlag grundsätzlich mitdem Ablauf <strong>der</strong> Rechtsmittelfrist, also binnen zwei Wochen nach Zustellung <strong>der</strong>Hauptsacheentscheidung, ergehen. Der Antrag auf Zuschlagsgestattung nach § 115 Abs. 2Satz 1 GWB ermöglicht demgegenüber in einem Nachprüfungsverfahren keine schnellereZuschlagsgestattung, da nach <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung auch in diesem Fall <strong>der</strong> Zuschlagerst binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> ergehen kann. MöglicheVerzögerungen hinsichtlich <strong>der</strong> Zuschlagserteilung infolge eines sich eventuellanschließenden Beschwerdeverfahrens sind hypothetischer Natur und nicht zuberücksichtigen. Der Antrag auf Zuschlagsgestattung läuft seit Erlass <strong>der</strong>Hauptsacheentscheidung ins Leere und hat sich damit erledigt (OLG Düsseldorf, B. v.22.09.2005 - Az.: Verg 48/05, Verg 50/05; BayObLG, B. v. 16.07.2004, Az.: Verg 016/04;VK Nordbayern, B. v. 12.04.2007 - Az.: 21.VK - 3194 - 16/07; VK Brandenburg, B. v.21.12.2004 - Az.: VK 64/04; 1. VK Bund, B. v. 11.11.2003 - Az.: VK 1 - 103/03).Dies gilt auch dann, wenn sich die Möglichkeit abzeichnet, dass sich die Sperrwirkung durchEinlegung einer sofortigen Beschwerde verlängert und es zu weiteren Verzögerungen <strong>der</strong>Vergabe kommen wird. Denn im Beschwerdeverfahren hat <strong>der</strong> Auftraggeber dieMöglichkeit, einen Antrag auf Gestattung des Zuschlags nach § 121 GWB zu stellen(OLG Düsseldorf, B. v. 22.09.2005 - Az.: Verg 48/05, Verg 50/05).Nach einer weiteren Meinung ist eine positive <strong>Entscheidung</strong> über den Antrag aufGestattung parallel zu einer <strong>Entscheidung</strong> in <strong>der</strong> Hauptsache möglich (VK Brandenburg,B. v. 16.12.2004 - Az.: VK 70/04; B. v. 24.09.2004 - Az.: VK 47/04).23.2.23 Weiterführung des Vergabeverfahrens nach VOF ab demZeitpunkt <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Bewerber bzw. dem Eingang <strong>der</strong>Teilnahmeanträge22492250Als <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> kommt auch in Betracht, ein Vergabeverfahren nachVOF in den Stand nach Auswahl <strong>der</strong> Bewerber, mit denen Verhandlungsgespräche geführtwerden sollen, zu versetzen (VK Münster, B. v. 30.03.2007 - Az.: VK 04/07; 3. VKSaarland, B. v. 09.03.2007 - Az.: 3 VK 01/2007; VK Schleswig-Holstein, B. v. 11.01.2006 -Az.: VK-SH 28/05; VK Thüringen, B. v. 16.9.2003 - Az.: 216-404.20-046/03-G-S).Als <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> kommt auch in Betracht, ein Vergabeverfahren mit<strong>der</strong> erneuten Prüfung <strong>der</strong> Teilnahmeanträge weiter zu führen (VK Hessen, B. v.24.11.2005 - Az.: 69 d - VK - 47/2005).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.2.24 Weiterführung des Vergabeverfahrens nach VOF ab demZeitpunkt <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> des Preisgerichts2250/1Als geeignete Maßnahme zur Beseitigung <strong>der</strong> Rechtsverletzung (§ 114 Abs. 1 GWB) kommtdie Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers in Betracht, das Vergabeverfahren abdem Zeitpunkt <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> des Preisgerichts zu wie<strong>der</strong>holen und dann ein von demAuftraggeber bekannt gemachtes Verfahren einzuhalten (1. VK Bund, B. v. 03.01.2007 - Az.:VK 1 - 142/06).23.2.25 Zurückversetzung des VOF-Verfahrens in den Stand vor <strong>der</strong>Auffor<strong>der</strong>ung zur Verhandlung2250/2Bei einem Verstoß gegen die Angabe <strong>der</strong> Zuschlagskriterien, Unterkriterien und <strong>der</strong>enGewichtung ist das Vergabeverfahren in das Stadium vor Angebotsabgabezurückzuversetzen (sofern noch eine Beschaffungsabsicht besteht), damit den Bietern eineerneute Abgabe eines Angebotes in Kenntnis <strong>der</strong> Wertungsbedingungen möglich ist (OLGDüsseldorf, B. v. 21.05.2008 - Az.: VII - Verg 19/08; VK Nordbayern, B. v. 01.02.2008 - Az.:21.VK - 3194 - 53/07; ebenso VK Schleswig-Holstein, B. v. 22.04.2008 - Az.: VK-SH 03/08;3. VK Bund, B. v. 26.05.2008 - Az.: VK 3 - 59/08; B. v. 14.04.2008 - Az.: VK 3 - 38/08 – fürden Sektorenbereich; VK Hessen, B. v. 14.01.2008 - Az.: 69 d VK - 57/2007).23.2.26 Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Präsentation im Rahmen desVergabeverfahrens nach VOF2250/32250/4Bei einem Verstoß gegen die Angabe von Unterkriterien ist das Vergabeverfahren in dasStadium vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen, damit den Bietern eine erneute Abgabeeines Angebotes in Kenntnis <strong>der</strong> Wertungsbedingungen möglich ist. Dies kann auch nur fürden Punkt „Präsentation“ gelten. Insoweit ist die Präsentation unter vorherigerBekanntgabe <strong>der</strong> Unterkriterien mit den ausgewählten Bewerbern zu wie<strong>der</strong>holen (OLGMünchen, B. v. 17.01.2008 - Az.: Verg 15/07).Das vollständige Fehlen des Wertungsprozesses durch den Auftraggeber in einementsprechend § 18 VOF zu fertigenden Vergabevermerk stellt eine beson<strong>der</strong>sschwerwiegende Verletzung des Transparenzgrundsatzes dar. DieserDokumentationsmangel kann im Ergebnis nur dazu führen, das Vergabeverfahren abdiesem Zeitpunkt zu wie<strong>der</strong>holen. Dem Auftraggeber wird daher in diesen Fällenaufgegeben, die Präsentationsveranstaltung zu wie<strong>der</strong>holen und die Wertung ausschließlichauf Grundlage <strong>der</strong> verlautbarten Zuschlagskriterien zu treffen und zu dokumentiere (1. VKSachsen, B. v. 10.06.2008 - Az.: 1/SVK/026-08).23.2.27 Rückabwicklung nichtiger Verträge2250/5Sind Verträge entsprechend § 13 Nr. 6 VgV nichtig mit <strong>der</strong> Folge, dass sie zivilrechtlichgrundsätzlich zurückabzuwickeln sind, bedeutet dies jedoch nicht, dass <strong>der</strong>enRückabwicklung im Vergabenachprüfungsverfahren zwingend anzuordnen ist. DerAusspruch <strong>der</strong> Rückabwicklung ist keine geeignete und verhältnismäßige Maßnahme im


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Sinn des § 114 Abs. 1 GWB. Um die festgestellte Vergaberechtsverletzung zu beseitigen undeine Schädigung <strong>der</strong> betroffenen Bieterinteressen zu verhin<strong>der</strong>n, ist die Anordnung <strong>der</strong>Rückabwicklung nicht erfor<strong>der</strong>lich. Vielmehr genügt die Feststellung <strong>der</strong> Nichtigkeit <strong>der</strong>Verträge. Sanktionen, die über die Anordnung <strong>der</strong> Nichtigkeit eines vergaberechtswidrigenund unter Verstoß gegen § 13 VgV zustande gekommenen Vertrags hinausgehen, sieht § 13Satz 6 VgV nicht vor. Gesetzgeber und Verordnungsgeber gehen davon aus, dass sich <strong>der</strong>öffentliche Auftraggeber rechtstreu verhält, die Rechtsfolgen <strong>der</strong> Vertragsnichtigkeiteigenständig beachtet und die erfor<strong>der</strong>lichen Konsequenzen zieht. Anhaltspunkte dafür, dassdie Antragsgegnerin die Nichtigkeit und die daraus resultierenden Rechtsfolgen insbeson<strong>der</strong>edas Fehlen einer Rechtsgrundlage dafür, dass die Antragsgegnerin die beschafftenAltpapiertonnen behalten und benutzen darf - ignorieren könnte, liegen nicht vor. EinenAnspruch auf Rückabwicklung nichtiger Verträge gewährt auch die Vorschrift des § 97Abs. 7 GWB nicht (OLG Karlsruhe, B. v. 12.11.2008 - Az.: 15 Verg 4/08).23.2.28 Verzicht auf Rückabwicklung nichtiger Verträge2251Es kann Fälle geben, bei denen eine Rückabwicklung <strong>der</strong> nichtigen Verträge ausfaktischen Gründen nahezu ausgeschlossen ist (z. B. Schulbuchaufträge nachUnterrichtsbeginn o<strong>der</strong> eine bereits durchgeführte Entsorgung kontaminierter Bodenmassen).Genügt es in solchen Fällen dem rechtlichen Interesse des Antragstellers, im Rahmen vonSchadensersatzansprüchen entschädigt zu werden und zugleich über die Feststellung <strong>der</strong><strong>Entscheidung</strong>en <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> die Grundlage für eine Beteiligung an einemordnungsgemäßen Vergabeverfahren im nächsten Jahr zu erhalten, ist die<strong>Vergabekammer</strong> nicht gehalten, darüber hinausgehende Maßnahmen zu treffen. Zwar wärerechtlich die Rückabwicklung <strong>der</strong> bisherigen Leistungen grundsätzlich möglich, umwenigstens in Teilbereichen eine ordnungsgemäße Vergabe zu ermöglichen, jedoch istpraktisch <strong>der</strong> Zeitablauf zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund könnte es inEinzelfällen unverhältnismäßig sein, den Auftraggeber unter Zurückstellung alleran<strong>der</strong>en öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen dazu anzuhalten, Verträgerückabzuwickeln (VK Hamburg, B. v. 24.07.2007 - Az.: VgK FB 4/07; VK Arnsberg, B. v.27.10.2003 - Az.: VK 2-22/2003; VK Düsseldorf, B. v. 15.08.2003 - Az.: VK - 23/2003 - L).23.2.29 Feststellung <strong>der</strong> Nichtigkeit eines Vertrages außerhalb einesFeststellungsverfahrens2252Eine <strong>Vergabekammer</strong> hat auch - obwohl es sich um eine zivilrechtliche <strong>Entscheidung</strong>handelt - die Nichtigkeit eines Vertrages in einem Nachprüfungsverfahren gemäß den §§107 ff. GWB festzustellen, wenn die Beurteilung dieser zivilrechtlichen Frage untrennbarmit einem geltend gemachten Verstoß gegen Bestimmungen über das Vergabeverfahrenzusammen hängt, auf <strong>der</strong>en Einhaltung die Antragstellerin gemäß § 97 Abs. 7 GWB einenAnspruch hat. Vorsorglich und zur Klarstellung kann die <strong>Vergabekammer</strong> die Nichtigkeitdes Vertrages im Tenor aussprechen (VK Münster, B. v. 4.12.2003 - Az.: VK 21/03; imErgebnis ebenso OLG Düsseldorf, B. v. 16.06.2008 - Az.: VII-Verg 13/08 unter Hinweis aufdie entsprechende Anwendung von § 256 Abs. 2 ZPO; VK Lüneburg, B. v. 20.1.2004 - Az.:203-VgK-38/2003).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.2.30 <strong>Entscheidung</strong> über den Entzug <strong>der</strong> Präqualifikation2253Der Entzug <strong>der</strong> Präqualifikation (§§ 8 Nr. 5 ff. VOB/A bzw. 7 b Nr. 5 ff. VOL/A) kannauch über das konkrete Vergabeverfahren hinaus und damit isoliert Gegenstand einerNachprüfung sein. Der Begriff "Bestimmungen über das Vergabeverfahren" in § 97 Abs. 7GWB ist nicht in dem engen Sinn zu verstehen, dass das Vergabeverfahren erst mit <strong>der</strong>Auffor<strong>der</strong>ung des Auftraggebers zum Wettbewerb für die Vergabe eines bestimmten Auftragsbeginnt. Der Zweck <strong>der</strong> EG-Rechtsmittelrichtlinien, den Unternehmen im Wettbewerb umöffentliche Aufträge einen umfassenden und effektiven Rechtsschutz gegenüberAuftraggebern zu gewähren, würde nicht erreicht, wenn das Präqualifikationsverfahren vomVergabeschutz grundsätzlich ausgeklammert wäre (VK Detmold, B. v. 4.5.2001 - Az.:VK.21-11/01).23.2.31 Verpflichtung zur Ermöglichung <strong>der</strong> Abgabe eines Angebotes225422552255/1Geeignete Maßnahme im Sinne des § 114 Abs. 1 GWB zur Beseitigung einer von einer<strong>Vergabekammer</strong> festgestellten Rechtsverletzung kann auch sein, dem Bieter dieGelegenheit einzuräumen, ein Angebot im Rahmen eines Vergabeverfahrens abzugeben,in dem <strong>der</strong> Bieter zu Unrecht nicht berücksichtigt wurde (3. VK Bund, B. v. 09.01.2008 -Az.: VK 3 - 145/07; VK Sachsen, B. v. 28.10.2008 - Az.: 1/SVK/054-08). Hierbei kann die<strong>Vergabekammer</strong> auch Fristen vorgeben (2. VK Bund, B. v. 19.05.2004 - Az.: VK 2 - 52/04).Geeignete Maßnahme zur Beseitigung einer Rechtsverletzung aufgrund eines festgestelltenVergaberechtsverstoßes kann auch sein, dass <strong>der</strong> Auftraggeber allen Bietern die Abgabeeines neuen Angebotes zu ermöglichen hat (2. VK Bund, B. v. 13.07.2005 - Az.: VK 2 –69/05).Geeignete Maßnahme im Sinne des § 114 Abs. 1 GWB zur Beseitigung einer von einer<strong>Vergabekammer</strong> festgestellten Rechtsverletzung kann auch sein, allen Bietern, die sichbereits an <strong>der</strong> Ausschreibung beteiligt haben, unter Setzung einer Frist die Gelegenheitzu geben, ihre Angebote entsprechend anzupassen (3. VK Bund, B. v. 09.01.2008 - Az.:VK 3 - 145/07).23.2.32 Kompetenz zur Verwerfung einer Tariftreueregelung?2256Eine gesetzliche Pflicht zur Einfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Tariftreueerklärung wird nicht dadurchbeseitigt, dass nach wie vor die Frage <strong>der</strong> Verfassungsmäßigkeit <strong>der</strong> Einfor<strong>der</strong>ung vonTariftreueerklärungen beim Bundesverfassungsgericht aufgrund eines Vorlagebeschlusses desBundesgerichtshofs vom 18.01.2000 betreffend einer entsprechenden Regelung des BerlinerVergabegesetzes nach wie vor anhängig ist. Die <strong>Vergabekammer</strong> ist <strong>der</strong> Auffassung, dassArtikel 100 Abs. 1 GG nicht nur den Gerichten, son<strong>der</strong>n selbstverständlich auch <strong>der</strong>Verwaltung die Kompetenz zur Verwerfung einer angeblich verfassungswidrigenlandesgesetzlichen Regelung entzieht und das Normverwerfungsmonopol ausdrücklichdem Bundesverfassungsgericht zuweist. Daher sind sowohl die öffentlichen Auftraggeberals auch die <strong>Vergabekammer</strong>n an die rechtswirksamen Regelungen einesLandesvergabegesetzes (z.B. des Nie<strong>der</strong>sächsischen Landesvergabegesetzes) gebunden (VKLüneburg, B. v. 18.06.2004 - Az.: 203-VgK-29/2004; ebenso – für das saarländische


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Bauaufträge-Vergabegesetz <strong>Vergabekammer</strong>n des Saarlandes beim Ministerium fürWirtschaft, B. v. 04.08.2004 - Az.: 1 VK 04/2004).2257Zu Tariftreueregelungen vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 97 GWB RZ 584.23.2.33 Einsicht eines Bieters in Verträge eines Auftraggebers mitDritten2258Wegen einer festgestellten Verletzung <strong>der</strong> Rechte eines Antragstellers durch die Aufbürdungeines ungewöhnlichen Wagnisses kann die <strong>Vergabekammer</strong> den Auftraggeberverpflichten, einem Bieter zu Kalkulationszwecken auf Verlangen Einsicht inHerstellungs- und Lieferverträge sowie Wartungs- und Instandhaltungsverträge zugewähren. Dabei kann die Offenlegung sich z.B. auf alle Bestandteile des Herstellungs- unddes Wartungs- und Instandhaltungsvertrages nebst etwaiger Anlagen, Wartungshandbücherund sonstiger technischer Anleitungen erstrecken, die für den künftigen Auftragnehmererfor<strong>der</strong>lich sind (VK Lüneburg, B. v. 18.06.2004 - Az.: 203-VgK-29/2004).23.2.34 Verpflichtung zur isolierten Erstellung einer Dokumentation2259Weist das Vergabeverfahren keine an<strong>der</strong>en Mängel als eine unzureichende Dokumentationauf, kann die <strong>Vergabekammer</strong> den Auftraggeber verpflichten, die Dokumentationsmängelnoch zu beheben (VK Schleswig-Holstein, B. v. 13.12.2004 - Az.: VK-SH-33/04).23.2.35 Verpflichtung zur Vertragskündigung nach Ablauf <strong>der</strong>Vertragslaufzeit2260Eine in den Verdingungsunterlagen enthaltene, eine auf die automatische Verlängerung desVertrages nach Vertragsende zielende Vertragsklausel stellt den Versuch einerUmgehung <strong>der</strong> vergaberechtlich gebotenen Neuausschreibung nach Ablauf <strong>der</strong>Vertragslaufzeit dar, behin<strong>der</strong>t dadurch den Wettbewerb auf unbestimmte Zeit und ist damitgemäß § 97 Abs. 1 GWB und § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A vergaberechtswidrig. Um auf dieRechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hinzuwirken, ist es ausreichend, <strong>der</strong> Vergabestelleaufzugeben, den ausgeschriebenen Vertrag fristgerecht zum Vertragsende gegenüberdem Auftragnehmer zu kündigen, um dadurch sicherzustellen, dass anschließend eine neueöffentliche Ausschreibung erfolgen wird und die unzulässige Vertragsklausel nicht in einenSchaden umschlägt. Eine Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung mit anschließen<strong>der</strong>Neuausschreibung, bei <strong>der</strong> die vergaberechtswidrige Klausel nicht mehr in denVerdingungsunterlagen enthalten wäre, erscheint aus Gründen <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit nichterfor<strong>der</strong>lich (VK Baden-Württemberg, B. v. 16.11.2004 - Az.: 1 VK 69/04).23.2.36 Verpflichtung zur Erstellung einer neuenLeistungsbeschreibung bzw. Überarbeitung einerLeistungsbeschreibung


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201022612261/12261/2Eine geeignete Maßnahme im Sinne des § 114 Abs. 1 GWB kann es auch sein, <strong>der</strong>ausschreibenden Stelle aufzugeben, ein neues Leistungsverzeichnis zu erstellen undhierbei den zulässigen Umfang von Bedarfspositionen einzuhalten. Das Vergabeverfahrenist ab Übersendung <strong>der</strong> Leistungsbeschreibung nebst den Verdingungsunterlagen zuwie<strong>der</strong>holen (1. VK Bund, B. v. 14.07.2005 - Az.: VK 1 - 50/05).Eine geeignete Maßnahme im Sinne des § 114 Abs. 1 GWB kann es auch sein, denAuftraggeber zu verpflichten, gegenüber allen noch am Verhandlungsverfahrenbeteiligten Bietern die in diesem Nachprüfungsverfahren streitigen Positionen desPflichtenheftes im Sinne <strong>der</strong> von ihm tatsächlich gewollten Leistungsmerkmale zukonkretisieren und den Bietern Gelegenheit zu geben, das Pflichtenheft zu diesenLeistungsmerkmalen erneut auszufüllen (VK Bund, B. v. 18.01.2007 – Az.: VK 1 – 148/06).Eine geeignete Maßnahme im Sinne des § 114 Abs. 1 GWB kann es auch sein, denAuftraggeber zu verpflichten, das Verfahren in den Stand vor <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung zurAngebotsabgabe zurückzuversetzen und die bisher am Verfahren beteiligten Anbieter mitüberarbeiteten Verdingungsunterlagen, die dem Gebot <strong>der</strong> produktneutralenAusschreibung entsprechen, erneut zur Angebotsabgabe aufzufor<strong>der</strong>n (VK Nordbayern,B. v. 16.04.2008 - Az.: 21.VK - 3194 – 14/08).23.2.37 Zurückversetzung des Verhandlungsverfahrens in den Standvor einer letzten Verhandlungsrunde2262Die <strong>Vergabekammer</strong> darf nur diejenigen Maßnahmen treffen, die geeignet und erfor<strong>der</strong>lichsind, um den festgestellten Vergaberechtsverstoß zu beseitigen und die Rechtmäßigkeit desVergabeverfahrens zu gewährleisten. Ist <strong>der</strong> einen Bieter beeinträchtigendeVergaberechtsfehler vor <strong>der</strong> abschließenden Wertung <strong>der</strong> Angebote durch dieausschreibende Stelle geschehen, ist das Vergabeverfahren in den Stand vor einerletzten Verhandlungsrunde zurück zu versetzen. Die ausschreibende Stelle hat sicherzustellen, dass alle beteiligten Bieter in diesem Stadium des Verfahrens über alle von <strong>der</strong>ausschreibenden Stelle für maßgeblich gehaltenen Wertungskriterien sowie <strong>der</strong>en Gewichtunginformiert sind und die Möglichkeit haben, ihr Angebot danach auszurichten (1. VK Bund, B.v. 06.07.2005 - Az.: VK 1 - 53/05).23.2.38 Zurückversetzung des Teilnahmewettbewerbs auf denZeitpunkt <strong>der</strong> Bekanntmachung2263<strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> kann auch die Anweisung an den Auftraggeber sein, dasVergabeverfahren zurückzuversetzen und in <strong>der</strong> neuen Bekanntmachung dieBewertungsregeln vollständig mitzuteilen (OLG Düsseldorf, B. v. 06.07.2005 - Az.: VII -Verg 22/05) bzw. in <strong>der</strong> Bekanntmachung des Teilnahmewettbewerbs eine rechtswidrigeTariftreuefor<strong>der</strong>ung zu unterlassen (3. VK Bund, B. v. 15.07.2008 - Az.: VK 3 - 89/08).23.2.39 Aufhebung o<strong>der</strong> Zurückversetzung des Vergabeverfahrens inden Stand nach Vergabebekanntmachung


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102263/12263/1,9Stellt eine Vergabestelle nur einem Bieter wettbewerbs- und preisrelevanteKalkulationsgrundlagen zur Verfügung und macht sie diese an<strong>der</strong>en Bietern nicht auchzugänglich, liegt eine Ungleichbehandlung vor, die mangels vergleichbarer Angebote zurAufhebung des Vergabeverfahrens o<strong>der</strong> zur Zurückversetzung des Vergabeverfahrensin den Stand nach Vergabebekanntmachung führt (VK Sachsen, B. v. 07.12.2006 - Az.:1/SVK/100-06).Liegen inhaltlich unterschiedliche Angebote vor, die auf Än<strong>der</strong>ungen zurückzuführen sindund liegt dies nicht im Verantwortungsbereich <strong>der</strong> Bieter, macht eine solche Situation esunumgänglich, das Vergabeverfahren in den Stand nach <strong>der</strong> erfolgten Bekanntmachung<strong>der</strong> Vergabeabsicht durch die Vergabestelle zurückzuversetzen. Mit dieserZurückversetzung des Vergabeverfahrens wird die Vergabestelle erneut alle die Bieter zurAbgabe eines neuen Angebotes aufzufor<strong>der</strong>n haben, die schon einmal dieVerdingungsunterlagen abgefor<strong>der</strong>t hatten. Ihnen ist die – dabei notwendig zu erläuternde- Möglichkeit zu geben, anhand von eindeutigen Verdingungsunterlagen und Angaben in denLeistungsverzeichnissen <strong>der</strong> Gesamtbaumaßnahme, ein ordnungsgemäßes Angebot abgebenzu können. Die Vergabestelle hat dafür Sorge zu tragen, dass den Bewerbern eineangemessene Frist zur Ausarbeitung ihrer Angebote zur Verfügung steht (VK Thüringen, B.v. 12.03.2008 - Az.: 360-4002.20-414/2008-001-NDH).23.2.40 Aufhebung o<strong>der</strong> Zurückversetzung des Vergabeverfahrens inden Stand vor Abgabe <strong>der</strong> Angebote2263/2Kann nicht ausgeschlossen werden, dass die unterlassene Bekanntgabe <strong>der</strong> Wertigkeit <strong>der</strong>Unterkriterien den Inhalt des Angebots des Antragstellers beeinflusst haben könnte, istes dem Auftraggeber zu untersagen, den Zuschlag auf eines <strong>der</strong> eingegangenen Angebote zuerteilen. Der Auftraggeber wird in eigener Zuständigkeit zu entscheiden haben, ob er dasVergabeverfahren in den Stand vor Abgabe <strong>der</strong> Angebote zurückversetzt o<strong>der</strong> dasVergabeverfahren insgesamt aufhebt (OLG Düsseldorf, B. v. 21.05.2008 - Az.: VII - Verg19/08; B. v. 05.05.2008 - Az.: VII - Verg 5/08; B. v. 09.04.2008 - Az.: VII-Verg 2/08; B. v.27.02.2008 - Az.: VII - Verg 41/07; VK Schleswig-Holstein, B. v. 22.04.2008 - Az.: VK-SH03/08; im Ergebnis ebenso 2. VK Bund, B. v. 29.05.2008 - Az.: VK 2 – 58/08; VK Hessen, B.v. 14.01.2008 - Az.: 69 d VK - 57/2007).23.2.41 Erneute Vornahme des Verhandlungsverfahrens im Anschlussan einen Wettbewerb nach VOF2264<strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> kann – nach einem fehlerhaften Auswahlverfahren - auchsein, die Preisträger eines Wettbewerbs nach VOF - unter Bekanntgabe <strong>der</strong>Zuschlagskriterien, ihrer Rangfolge und Gewichtung - zur Teilnahme amVerhandlungsverfahren erneut aufzufor<strong>der</strong>n, Auftragsgespräche durchzuführen, dieAngebote zu werten und dies zu dokumentieren (VK Südbayern, B. v. 19.05.2005 - Az.:18-04/05).23.2.42 Verpflichtung zur Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong>Angemessenheit <strong>der</strong> Preise


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102265Geeignete Maßnahme im Sinne des § 114 Abs. 1 GWB kann auch sein, <strong>der</strong> Vergabestelleaufzugeben, ein Angebot unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Rechtsauffassung <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> erneut unter Einbeziehung <strong>der</strong> Kalkulation auf die Angemessenheithin zu überprüfen (VK Südbayern, B. v. 10.02.2006 - Az. Z3-3-3194-1-57-12/05).23.2.43 Verpflichtung zur erneuten und vergaberechtsfehlerfreienFestlegung <strong>der</strong> Eignungskriterien2266In bestimmten Fällen kann ein Verstoß gegen das Vergaberecht nur beseitigt werden,indem dem Auftraggeber aufgegeben wird, die Eignungskriterien erneut undvergaberechtsfehlerfrei festzulegen und das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt <strong>der</strong>Bekanntmachung zu wie<strong>der</strong>holen (1. VK Bund, B. v. 30.03.2006 - Az.: VK 1 - 13/06).23.2.44 Untersagung des Zuschlags und Verpflichtung zurvergaberechtskonformen Fortsetzung des Verfahrens2266/22266/3Wenn alle Angebote in bestimmter Hinsicht unvollständig und deshalb von <strong>der</strong> Wertungauszuschließen sind, kann auch ein Bieter, dessen Angebot an einem weiterenAusschlussgrund leidet, verlangen, dass eine Auftragsvergabe in dem eingeleitetenVergabeverfahren unterbleibt. Der Umstand, dass das Angebot des Antragstellers zwingendauszuschließen ist und ihm dementsprechend <strong>der</strong> Auftrag in dem beanstandetenVergabeverfahren ohnehin nicht erteilt werden darf, nimmt dem Antragsteller nicht das sichaus § 97 Abs. 7 GWB ergebende Recht darauf, dass auch die Auftragsvergabe an einen <strong>der</strong>an<strong>der</strong>en Bieter unterbleibt. Denn § 97 Abs. 2 GWB weist das Recht auf Gleichbehandlungund den Anspruch auf Einhaltung <strong>der</strong> sonstigen Bestimmungen über dasVergabeverfahren jedem durch <strong>der</strong>en Missachtung betroffenen Teilnehmer an einemsolchen Verfahren zu. Eine Einschränkung danach, wie das eigene Angebot beschaffen ist,o<strong>der</strong> danach, ob <strong>der</strong> betroffene Bieter seinerseits Bestimmungen über das Vergabeverfahreneingehalten hat, sieht das Gesetz nicht vor. Demnach kann auch ein Bieter, dessen Angebot zuRecht ausgeschlossen wird, dann in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein,wenn alle an<strong>der</strong>en Angebote ebenfalls auszuschließen sind, ein an<strong>der</strong>es Angebot jedoch nichtausgeschlossen wird und den Zuschlag erhalten soll (BGH, B. v. 26.09.2006, Az.: X ZB14/06; OLG Frankfurt, B. v. 07.08.2007 - Az.: 11 Verg 3/07, 4/07; OLG Koblenz, B. v.04.07.2007 - Az.: 1 Verg 3/07; 1. VK Sachsen, B. v. 16.01.2008 - Az.: 1/SVK/084-07; 2. VKBund, B. v. 30.05.2007 - Az.: VK 2 - 39/07; VK Düsseldorf, B. v. 19.04.2007 - Az.: VK -10/2007 – B; 1. VK Bund, B. v. 10.04.2007 - Az.: VK 1 - 20/07).Ob in solchen Fällen eine Möglichkeit zur Aufhebung einer Ausschreibung besteht un<strong>der</strong>griffen werden soll, hat <strong>der</strong> Auftraggeber in eigener Verantwortung zu klären und zubestimmen. Dies ergibt sich aus § 26 Nr. 1 VOL/A bzw. VOB/A, wonach <strong>der</strong> öffentlicheAuftraggeber nicht gezwungen ist, die Ausschreibung aufzuheben, wenn einer <strong>der</strong> dortgenannten Voraussetzungen erfüllt ist. § 26 Nr. 1 VOL/A bzw. VOB/A schreibt somit nur dieSachverhalte fest, in denen <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber, ohne gegen Vergaberecht zuverstoßen, ein eingeleitetes Vergabeverfahren aufheben darf. Ob eine solche Möglichkeitbesteht und ergriffen werden soll, hat <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber in eigener Verantwortungzu klären und zu bestimmen. Derzeit kann in solchen Fällen grundsätzlich nur festgestelltwerden, dass <strong>der</strong> Auftraggeber auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> bisherigenAusschreibungsbedingungen keinem Bieter den Zuschlag erteilen darf. Dieses Verbot


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010stellt die zur Beseitigung des Vergabeverstoßes gebotene Maßnahme dar. Hierdurch wird fürdie erfor<strong>der</strong>liche Rechtmäßigkeit des eingeleiteten Vergabeverfahrens gesorgt und eineRechtsbeeinträchtigung verhin<strong>der</strong>t (BGH, B. v. 26.09.2006, Az.: X ZB 14/06; OLG Koblenz,B. v. 04.07.2007 - Az.: 1 Verg 3/07; OLG Frankfurt, B. v. 29.05.2007 - Az.: 11 Verg. 12/06;2. VK Bund, B. v. 30.05.2007 - Az.: VK 2 - 39/07; VK Düsseldorf, B. v. 19.04.2007 - Az.:VK - 10/2007 – B; 1. VK Bund, B. v. 10.04.2007 - Az.: VK 1 - 20/07). Vgl. dazu auch dieKommentierung zu § 26 VOB/A RZ 5884.2266/3,62266/3,2Eine Untersagung des Zuschlags kommt auch in Betracht, wenn das Vergabeverfahrendurch die zu kurzen Fristen für die Abgabe <strong>der</strong> Angebote und die fehlenden Angabenzur Leistungsbeschreibung von Anfang an fehlerbehaftet ist. Die Anordnung einerAufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung kommt nicht in Betracht. Ob eine solche Möglichkeit bestehtund ergriffen werden soll, hat <strong>der</strong> Auftraggeber in eigener Verantwortung zu klären und zubestimmen. Dies ergibt sich aus § 26 Nr. 1 VOL/A, wonach <strong>der</strong> öffentliche Auftraggebernicht gezwungen ist, die Ausschreibung aufzuheben, wenn eine <strong>der</strong> dort genanntenVoraussetzungen erfüllt ist. § 26 Nr. 1 VOL/A schreibt somit nur die Sachverhalte fest, indenen <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber, ohne gegen Vergaberecht zu verstoßen, ein eingeleitetesVergabeverfahren aufheben darf. Ob eine solche Möglichkeit besteht und ergriffen werdensoll, hat <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber in eigener Verantwortung zu klären und zubestimmen. Das Zuschlagsverbot stellt die zur Beseitigung des Vergabeverstoßes geboteneMaßnahme dar. Hierdurch wird für die erfor<strong>der</strong>liche Rechtmäßigkeit des eingeleitetenVergabeverfahrens gesorgt und eine Rechtsbeeinträchtigung verhin<strong>der</strong>t (2. VK Bund, B.v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 123/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 120/07, B. v. 15.11.2007 -Az.: VK 2 - 117/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 114/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 -108/07, B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 105/07; B. v. 15.11.2007 - Az.: VK 2 - 102/07).Ist die Auswahl <strong>der</strong> Zuschlagskriterien durch den Auftraggeber fehlerhaft erfolgt, ist dieErteilung des Zuschlags zu untersagen. Die <strong>Vergabekammer</strong> kann insoweit auch z.B. überden auf eine Aufhebung des Ausschlusses des Angebots des Antragstellers und Einbeziehungdes Angebots in die Wertung gerichteten Antrags hinausgehen. Sie ist entsprechend § 114Abs. 1 Satz 2 GWB nicht an die Fassung <strong>der</strong> Anträge gebunden. Das Vergabeverfahren istab Übersendung <strong>der</strong> Verdingungsunterlagen einschließlich einer Bekanntgabezulässiger Zuschlagskriterien in <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung zur Abgabe eines Angebots zuwie<strong>der</strong>holen (VK Südbayern, B. v. 26.03.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-03-01/09).23.2.45 Verpflichtung zu kurzfristigen Beschaffungen zurÜberbrückung <strong>der</strong> Laufzeit eines Nachprüfungsverfahrens bzw. einerneuen Ausschreibung2266/4Das Zuschlagsverbot ist ein zentrales Element des transparenten, auch Bieterschützenden Vergabeverfahrens. Nur dadurch kann <strong>der</strong> primäre Rechtsschutz gesichertwerden. Die Beseitigung des Zuschlagsverbotes ist an enge Voraussetzungen und eineInteressenabwägung gebunden, bei <strong>der</strong> <strong>der</strong> Auftraggeber dartun muss, dass dasAllgemeininteresse am raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen <strong>der</strong>Verzögerung überwiegen. Die Notwendigkeit wird als Allgemeininteresse anerkannt, für dieöffentliche Sicherheit z.B. BSE-Tests durchführen zu müssen. Auch besteht nach Ablaufdes letzten Rahmenvertrages ein vertragsloser Zustand und <strong>der</strong> Auftraggeber hat glaubhaftversichert, dass die Vorräte zu Ende gehen, also neue Testkits beschafft werden müssen. Einesachgerechte Abwägung <strong>der</strong> bei<strong>der</strong>seitigen Interessen kann zwar nicht die Aufhebung des


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010gesetzlichen Zuschlagsverbotes, d.h. den Abschluss des ausgeschriebenen Rahmenvertragesrechtfertigen. Die Aufhebung würde eine sofortige Beschaffung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Testkitsfür die Erfüllung <strong>der</strong> gesetzlichen Aufgaben des Auftraggebers auch nicht ermöglichen, weildiese Freigabe erst 14 Tage nach Erlass <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> wirksam wird, § 115 Abs. 2 Satz 1GWB. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich <strong>der</strong> Auftraggeber für einenZeitraum von jeweils einem Monat auf dem Markt mit <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Menge anTestkits versorgt (2. VK Brandenburg, B. v. 01.02.2007 - Az.: 2 VK 56/06).23.2.46 Berichtigungsbeschluss2266/4,992/5,922266/4,90Gegenstand einer rechtsmittelfähigen <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> kann auch dieBerichtigung eines vorhergehenden Beschlusses von Amts wegen in analoger Anwendungdes § 319 Abs. 1 ZPO, § 118 Abs. 1 VwGO sein (1. VK Bund, B. v. 04.10.2007 - Az.: VK 1 –104/07).Än<strong>der</strong>ungen am Rubrum <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong>, insbeson<strong>der</strong>e eine Vervollständigung <strong>der</strong>Bezeichnung <strong>der</strong> Parteien o<strong>der</strong> Verfahrensbeteiligten sowie eine Richtigstellung <strong>der</strong>Vertretungsverhältnisse zählen typischerweise zu den einer Berichtigung wegen offenbarerUnrichtigkeit nach den §§ 118 VwGO, 319 ZPO zugänglichen Fehlern (OLG Düsseldorf, B.v. 17.03.2009 - Az.: VII-Verg 1/09).Ein Berichtigungsbeschluss eröffnet einem Antragsteller keine neueBeschwerdemöglichkeit gegen den berichtigten Beschluss. Vielmehr wirkt dieBerichtigung in unmittelbarer o<strong>der</strong> entsprechen<strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> §§ 118 VwGO, 319ZPO auf den Erlass o<strong>der</strong> die Verkündung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> zurück, so dass dieberichtigte <strong>Entscheidung</strong> als erlassen o<strong>der</strong> verkündet gilt. Eine an<strong>der</strong>e rechtlicheBeurteilung ist nur veranlasst, sofern sich erst aus <strong>der</strong> berichtigten Fassung <strong>der</strong><strong>Entscheidung</strong> die Beschwer <strong>der</strong> Partei o<strong>der</strong> des Verfahrensbeteiligten ergibt. Ein sogelagerter Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn z.B. die von <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>vorgenommene Berichtigung die Ablehnung des Nachprüfungsantrags und die Identität <strong>der</strong>Verfahrensbeteiligten unangetastet gelassen hat und wenn lediglich dieVertretungsverhältnisse des Antragsgegners berichtigt worden sind. Bei dieser Sachlage kannaus Anlass <strong>der</strong> Berichtigung im Rechtsmittelweg nicht die <strong>Entscheidung</strong> in <strong>der</strong> Hauptsacheerneut zur Überprüfung gestellt werden. In solchen Fällen bleibt <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Berichtigungbetroffene Verfahrensbeteiligte hiernach darauf beschränkt, durch sofortige Beschwerde eineunzulässige Berichtigung zu bekämpfen (OLG Düsseldorf, B. v. 17.03.2009 - Az.: VII-Verg1/09).23.2.47 <strong>Entscheidung</strong> über die Gewährung von Prozesskostenhilfe23.2.47.1 Zuständigkeit <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>2266/4,10Über die Gewährung von Prozesskostenhilfe hat die <strong>Vergabekammer</strong> zu entscheiden.Dies ergibt sich aus einer sachgerechten Auslegung des § 127 Abs. 1 Satz 2 ZPO (inVerbindung mit § 166 VwGO). Nach § 127 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat das jeweils angerufeneGericht über einen Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden. Aus § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPOergibt sich, dass Prozesskostenhilfe nur für die jeweilige Instanz bewilligt werden kann. Das


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010bedeutet letztlich, dass nur das angerufene Gericht originär Prozesskostenhilfe für das vor ihmanhängige (o<strong>der</strong> noch anhängig zu machende) Verfahren bewilligen kann; an<strong>der</strong>e Gerichtekönnen nicht originär, son<strong>der</strong>n nur auf Rechtsmittel über Prozesskostenhilfe entscheiden.Bereits diese Überlegung schließt es aus, dass <strong>der</strong> Vergabesenat originär über die Gewährungvon Prozesskostenhilfe für das Nachprüfungsverfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> zuentscheiden hat. Das Wort „Gericht“ steht dem nicht entgegen. Wird beispielsweiseProzesskostenhilfe für ein Verwaltungsverfahren o<strong>der</strong> ein Wi<strong>der</strong>spruchsverfahrenbegehrt, obwohl die dafür maßgeblichen Vorschriften die Bewilligung vonProzesskostenhilfe nicht vorsehen, hat die betreffende Behörde zu entscheiden, undnicht etwa die <strong>Entscheidung</strong> nach § 168 VwGO i.V.m § 127 Abs. 1 S. 2 ZPO demVerwaltungsgericht zu überlassen. <strong>Entscheidung</strong>en <strong>der</strong> Verwaltungsgerichte überProzesskostenhilfe erfassen das vorgelagerte Verwaltungsverfahren (einschließlich desWi<strong>der</strong>spruchsverfahrens) nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg NVwZ-RR 1995, 303). DasWort „Gericht“ steht deswegen im Gesetz, weil es danach nur für Verfahren vor einem„Gericht“ Prozesskostenhilfe gibt, hat aber keine weitergehende Bedeutung (OLG Düsseldorf,B. v. 28.05.2008 - Az.: VII - Verg 31/08).23.2.47.2 Möglichkeit <strong>der</strong> Gewährung von Prozesskostenhilfe2266/4,11Für einen bei <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> anhängigen Nachprüfungsantrag kannProzesskostenhilfe bewilligt werden. Zwar sieht das GWB dies nicht ausdrücklich vor,dies ergibt sich aber aus den für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen Grundsätzen.Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 3 Abs. 1 i.V.m.Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung <strong>der</strong> Situation von Bemittelten undUnbemittelten bei <strong>der</strong> Verwirklichung des Rechtsschutzes. Zwar wird außerhalb desgerichtlichen Rechtsschutzes diesem Grundsatz im Allgemeinen durch die Gewährungvon Beratungshilfe Rechnung getragen. Das ist jedoch für einVergabenachprüfungsverfahren nicht ausreichend. Der Gesetzgeber hat dasVergabenachprüfungsverfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> als „Prozess“ ausgestaltet. Zwar istdie <strong>Vergabekammer</strong> verfassungsrechtlich kein Gericht, son<strong>der</strong>n eine Behörde, das Verfahrenist jedoch praktisch ein gerichtliches Verfahren. Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>entscheiden unabhängig. Das Verfahren wird auf einen Antrag hin eingeleitet, die<strong>Vergabekammer</strong> entscheidet darüber nach Gewährung rechtlichen Gehörs - im Allgemeinennach mündlicher Verhandlung - bindend. Es findet im Unterliegensfall eine Kostenerstattungstatt. Bereits die Gesetzesbegründung zum Vergaberechtsän<strong>der</strong>ungsgesetz (BT-Drs. 13/9340)hatte zum jetzigen § 104 Abs. 2 GWB von einem „Rechtsweg“ gesprochen. DerBundesgerichtshof hat aus diesem Grunde in gewissem Umfange die entsprechendeAnwendung von Grundsätzen des Verwaltungsgerichtsprozesses befürwortet. Für diesesgerichtsähnlich ausgestaltete Verfahren passen die Vorschriften über Beratungshilfe nicht(OLG Düsseldorf, B. v. 17.11.2008 - Az.: VII-Verg 53/08; B. v. 28.05.2008 - Az.: VII - Verg31/08).23.2.47.3 Verfahrens- und <strong>Entscheidung</strong>shinweise2266/4,12Allerdings wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur ausnahmsweise in Betrachtkommen. Unternehmen, die nicht in <strong>der</strong> Lage sind, das Vergabenachprüfungsverfahren zufinanzieren, sind im Allgemeinen aus finanziellen Gründen leistungsunfähig; an<strong>der</strong>s kann esbei Aufträgen im sozialen Bereich sein (OLG Düsseldorf, B. v. 28.05.2008 - Az.: VII - Verg31/08).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102266/4,132266/4,142266/4,15Über die Prozesskostenhilfe ist nach Anhörung <strong>der</strong> Gegenseite zu entscheiden (§ 118 Abs. 1ZPO). Da die Vorschriften <strong>der</strong> ZPO über die Prozesskostenhilfe nur entsprechendanzuwenden sind, dürfte auch eine Anhörung beizuladen<strong>der</strong> Personen notwendig sein. DieUnterlagen des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissedürfen allerdings nur mit seiner Zustimmung <strong>der</strong> Gegenseite zugänglich gemacht werden, vgl.§ 117 Abs. 2 S. 2 ZPO, vgl. auch § 127 Abs. 1 S. 3 ZPO (OLG Düsseldorf, B. v. 28.05.2008 -Az.: VII - Verg 31/08).Einer juristischen Person kann Prozesskostenhilfe nur nach Maßgabe des § 116 S. 1 Nr. 2ZPO bewilligt werden. Bei <strong>der</strong> Frage, ob die Unterlassung <strong>der</strong> Rechtsverfolgung allgemeinenInteressen zuwi<strong>der</strong>laufen würde, ist auch den Zielsetzungen desVergabenachprüfungsverfahrens nach dem GWB und <strong>der</strong> RechtsmittelrichtlinieRechnung zu tragen (OLG Düsseldorf, B. v. 28.05.2008 - Az.: VII - Verg 31/08).Es ist nicht Sache des Prozesskostenhilfeverfahrens, komplexe Rechts- und Tatfragen zuklären; dies ist einem Hauptsacheverfahren vorbehalten (OLG Düsseldorf, B. v. 28.05.2008 -Az.: VII - Verg 31/08).23.2.48 Weitere Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung2266/5• verpflichtet sich die Vergabestelle dazu, das Vergabeverfahren aufzuheben, in denVerfahrensstand vor Auffor<strong>der</strong>ung zur Abgabe eines Angebotes an die ausgewähltenErwerber zurückzuversetzen und das Verfahren zu wie<strong>der</strong>holen, sind die Feststellung <strong>der</strong>Erledigung des Nachprüfungsverfahrens, die Einstellung des Nachprüfungsverfahrens unddie entsprechenden Verpflichtungen <strong>der</strong> Vergabestelle im Tenor auszusprechen (VKThüringen, B. v. 26.01.2009 - Az.: 250-4004.20-7106/2008-034-J)• zur Beseitigung <strong>der</strong> Rechtsverletzung und zur Gewährleistung <strong>der</strong> Gleichbehandlung allerBieter hat <strong>der</strong> Auftraggeber allen Bietern, die sich am Verhandlungsverfahren durchAbgabe eines Angebots beteiligt haben, die Berechnungsgrundlagen für die Ermittlungdes in die Wertung einfließenden Angebotspreises mitzuteilen und anschließend denBietern unter Wahrung einer hierfür angemessenen Frist die erneute Abgabe einesPreisangebots zu ermöglichen (VK Bund, B. v. 18.01.2007 – Az.: VK 1 – 148/06)23.3 Keine Bindung an die Anträge (§ 114 Abs. 1 Satz 2)23.3.1 Grundsatz2267Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB ist die <strong>Vergabekammer</strong> nicht an die Anträge gebunden undwirkt auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hin. Stellt die<strong>Vergabekammer</strong> daher an<strong>der</strong>e als die von <strong>der</strong> Antragstellerin ausdrücklich gerügtenRechtsverletzungen fest, kann sie diese Verstöße prüfen und ihrer <strong>Entscheidung</strong> zugrundelegen. Ziel Ihrer <strong>Entscheidung</strong> ist in jedem Fall die Einwirkung auf die Rechtmäßigkeit desVergabeverfahrens (BSG, B. v. 22.04.2009 - Az.: B 3 KR 2/09 D; VK Saarland, B. v.23.01.2006 - Az.: 1 VK 06/2005; VK Südbayern, B. v. 28.5.2002 - Az.: 15-04/02).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102268Die Vorschrift ermächtigt die <strong>Vergabekammer</strong> jedoch zu keiner allgemeinenRechtmäßigkeitskontrolle (VK Südbayern, B. v. 07.11.2005 - Az. Z3-3-3194-1-40-09/05).23.3.2 Prüfung nur solcher Verstöße, die den Antragsteller insubjektiven Rechten verletzen22692270Auch wenn man eine umfassende Kontrollmöglichkeit bejaht, ermächtigt sie die<strong>Vergabekammer</strong> nur dazu, vom Antragsteller zur Begründung seines Nachprüfungsantragesnicht herangezogene, ihn aber gleichwohl belastende Rechtsverstöße <strong>der</strong>Kammerentscheidung zugrunde zu legen; es muss sich dabei also um Rechtsverstöße handeln,die den Antragsteller - auch wenn er sie unter Umständen nicht gesehen hat - in seinenRechten verletzt haben (OLG Stuttgart, B. v. 28.11.2002 - Az.: 2 Verg 14/02). Eine darüberhinausgehende Auslegung des § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB wäre mit dem auf den Schutzsubjektiver Rechte ausgerichteten Charakter des Nachprüfungsverfahrens im Ergebnis nichtvereinbar (OLG Dresden, B. v. 06.04.2004 - Az.: WVerg 1/04; B. v. 29.5.2001 - Az.: WVerg0003/01; VK Südbayern, B. v. 07.11.2005 - Az. Z3-3-3194-1-40-09/05; VK Hessen, B. v.25.08.2004 - Az.: 69 d - VK – 52/2004; 2. VK Bund, B. v. 24.6.2003 - Az.: VK 2 - 46/03).Die Einbeziehung nicht wertungsfähiger Konkurrenzangebote in eine Vergabeentscheidungist stets geeignet, subjektive Bieterrechte zu verletzen, sofern das Nachprüfungsverfahrenüberhaupt zulässig betrieben wird (OLG Dresden, B. v. 8.11.2002 - Az.: WVerg 0019/02).23.3.3 Prüfung nur solcher Verstöße, die nicht präkludiert sind22712272Verstöße, mit denen <strong>der</strong> Antragsteller präkludiert wäre, weil er sie trotz Kenntnis o<strong>der</strong>Kennenmüssens nach Maßgabe von § 107 Abs. 3 GWB nicht rechtzeitig gerügt hat, könnenvon <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> nicht aufgegriffen werden. Die Rügeobliegenheit liefe leer, wenndie <strong>Vergabekammer</strong> zugunsten des Antragstellers Rechtsverletzungen aufgriffe, die dieserselbst "sehenden Auges" (im Sinne <strong>der</strong> vorgenannten Vorschrift) zugelassen und gerade nichtzum Anlass einer Beanstandung genommen hat (OLG Dresden, B. v. 06.04.2004 - Az.:WVerg 1/04, B. v. 8.11.2002 - Az.: WVerg 0019/02; 2. VK Bund, B. v. 24.6.2003 - Az.: VK2 - 46/03).Vgl. hierzu im Einzelnen die Kommentierung zu § 114 GWB RZ 2273.23.3.4 Prüfung von Verstößen bei einem unzulässigenNachprüfungsantrag22732274Umstritten ist die Frage, inwieweit die <strong>Vergabekammer</strong> bei einem unzulässigenNachprüfungsantrag auf das Vergabeverfahren einwirken kann, wenn sieVergaberechtsverstöße in <strong>der</strong> Sache für gegeben hält.Nach einer Auffassung kann die <strong>Vergabekammer</strong> allein auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Existenz einesBeschwerdeantrages unabhängig von dessen Zulässigkeit und Begründetheit überprüfen,ob sie Maßnahmen zur Wie<strong>der</strong>herstellung o<strong>der</strong> Sicherung <strong>der</strong> Rechtmäßigkeit desVergabeverfahrens für erfor<strong>der</strong>lich hält. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Wortlaut


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010des § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB, aber auch aus <strong>der</strong> Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift.Der ursprüngliche Regierungsentwurf zum Vergaberechtsän<strong>der</strong>ungsgesetz sah sogar eineunbeschränkte Prüfungsaufgabe und -kompetenz für die <strong>Vergabekammer</strong> vor. ImGesetzgebungsverfahren wurde die vorgenannte Norm von einer zwingenden Vorschrift ineine Kann-Bestimmung umgewandelt. Der Gesetzgeber wollte aber an einer über dieerhobenen Verfahrensrügen hinausgehenden Rechtskontrolle durch die VK festhalten (VKHalle, B. v. 16.8.2001 - Az.: VK - Hal 14/01; OLG Naumburg, B. v. 12.6.2001 - Az.: 1 Verg3/01).22752276Nach <strong>der</strong> Gegenmeinung setzt ein Eingreifen nach § 114 GWB voraus, dass es sich umeinen zulässigen Nachprüfungsantrag handelt. Die strengen Anfor<strong>der</strong>ungen, die das Gesetzfür die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags vorsieht (insbeson<strong>der</strong>e Antragsbefugnis,Rügeobliegenheit) würden praktisch sinnentleert, wenn auch unzulässige Anträge im Ergebniszum Erfolg führen könnten. Die Dokumente zum Gesetzgebungsverfahren sind insoweitebenfalls eindeutig (2. VK Bund, B. v. 10.7.2002 - Az.: VK 2 - 34/02; OLG Thüringen, B. v.30.5.2002 - Az.: 6 Verg 3/02; OLG Düsseldorf, B. v. 26.7.2002 - Az.: Verg 22/02; VK desLandes Rheinland-Pfalz, B. v. 9.10.2002 - Az.: VK 24/02; VK Brandenburg, B. v. 28.1.2003 -Az.: VK 71/02; VK Münster, B. v. 02.07.2004 - Az.: VK 13/04).Das OLG Thüringen wollte deshalb diese Rechtsfrage dem BGH vorlegen (OLG Thüringen,B. v. 30.5.2002 - Az.: 6 Verg 3/02).23.3.5 Berücksichtigung an<strong>der</strong>er bestandskräftiger vergaberechtlicher<strong>Entscheidung</strong>en2277Bestandskräftige <strong>Entscheidung</strong>en sind ungeachtet <strong>der</strong> Frage zu berücksichtigen, ob dieAntragstellerin den insoweit das Ergebnis tragenden Vergabeverstoß ihrerseits gegenüber <strong>der</strong>Vergabestelle rechtzeitig gerügt hatte. Der Gesichtspunkt des subjektiven Rechtsschutzes imVergabenachprüfungsrecht würde überspannt, wenn man ein zulässiges Vorgehen einesAntragstellers davon abhängig machen würde, dass die zunächst mit ihrem Angebot besserplatzierte Beigeladene zu 2) aufgrund einer dagegen gerichteten Beanstandung gerade desAntragstellers - und nicht aus sonstigen, an<strong>der</strong>weit festgestellten Gründen - aus <strong>der</strong> Wertungausscheidet (OLG Dresden, B. v. 8.11.2002 - Az.: WVerg 0019/02).23.3.6 Berücksichtigung des Hilfsantrags bei <strong>der</strong> Beurteilung desHauptantrages2277/1Da die <strong>Vergabekammer</strong> gemäß § 114 Abs. 1 S. 2 GWB an die Anträge nicht gebunden ist,son<strong>der</strong>n auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirkenkann, ist sie nicht etwa gehalten, den Hilfsvortrag bei <strong>der</strong> Beurteilung des Hauptantragesaußer Betracht zu lassen. Dies gilt erst recht in einem Fall, in dem sich beispielsweise diemit dem Hilfsvorbringen zu Recht beanstandete Vermengung von Eignungs- undZuschlagskriterien auf die Angebote ausgewirkt haben. Die bloße Nichtberücksichtigung<strong>der</strong> eignungsbezogenen Zuschlagskriterien im Rahmen einer neuen Wertung würde daher dasWettbewerbsergebnis verzerren, während eine erneute Wertung dieser Kriterien im Sinne desHauptvorbringens die Rechtswidrigkeit dieser Zuschlagskriterien ignorierte und damitihrerseits mit dem Vergaberecht nicht zu vereinbaren wäre. Zum an<strong>der</strong>en sind in einemsolchen Fall <strong>der</strong> Haupt- und <strong>der</strong> Hilfsvortrag im Rahmen <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Funktionalität


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010nicht vollständig voneinan<strong>der</strong> zu trennen. Ordnete die <strong>Vergabekammer</strong> auf den Hauptantraghin lediglich an, dass die Angebote erneut gewertet werden müssten und dabei die nicht in <strong>der</strong>gebotenen Weise bekannt gegebenen Gesichtspunkte außer Betracht zu bleiben hätten, sowäre <strong>der</strong> Auftraggeber möglicherweise genötigt, auf <strong>der</strong> Grundlage einer solchermaßengleichsam zum Torso geratenden Wertung den Zuschlag auf ein Angebot zu erteilen, dasihrem tatsächlichen Beschaffungsinteresse nicht gerecht wird. Mit dem Sinn des verletztenTransparenzgebots, die Voraussetzung für einen Bieterwettbewerb auf einheitlicherGrundlage um die Erbringung <strong>der</strong> vom Auftraggeber gemäß seinem Bedarf ausgeschriebenenLeistung zu schaffen und auf diese Weise ein wirtschaftliches Ergebnis <strong>der</strong> Ausschreibung zuför<strong>der</strong>n, wäre dies nicht vereinbar. Die Vergabefehler erfor<strong>der</strong>n daher in einem solchen Falleine Wie<strong>der</strong>holung des Vergabeverfahrens spätestens ab <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung zurAngebotsabgabe. Einer sich anschließenden neuerlichen Wertung werden neue Angebotezugrunde liegen, die den von dem Auftraggeber vollständig anzugebenden Zuschlagskriterien– und einer ggf. geän<strong>der</strong>ten Leistungsbeschreibung – angepasst sind und möglicherweise inwesentlichen Aspekten von den <strong>der</strong>zeit vorliegenden Angeboten abweichen. Einer näherenAuseinan<strong>der</strong>setzung mit den bisherigen Angeboten bedarf es daher nicht. Der Hauptantragkann daher keinen Erfolg haben (2. VK Bund, B. v. 30.04.2008 - Az.: VK 2 – 43/08).23.3.7 Bindung an die Anträge im Beschwerdeverfahren?2278Zur vergleichbaren Problematik <strong>der</strong> Bindung an die Anträge im Beschwerdeverfahren vgl. dieKommentierung zu § 123 GWB RZ 2669.23.4 Keine Aufhebung eines Zuschlages (§ 114 Abs. 2 Satz 1)23.4.1 Grundsatz2279Ein bereits erteilter Zuschlag kann mittels eines Vergabenachprüfungsverfahrens nichtaufgehoben werden (vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 104 GWB RZ 1538 – auchhinsichtlich <strong>der</strong> Frage, ob diese Aussage angesichts <strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH nochaufrecht erhalten werden kann).23.4.2 Wirksamer Zuschlag2280§ 114 Abs. 2 Satz 1 setzt einen wirksamen Zuschlag voraus. Entscheidend ist nicht <strong>der</strong>formelle Zuschlag; das Vergabeverfahren wird erst durch einen zivilrechtlich wirksamenVertrag beendet (OLG Naumburg, B. v. 30.5.2002 - Az.: 1 Verg 14/01).23.4.2.1 Begriff des Zuschlags22812282Der Begriff des Zuschlags im Sinne von § 114 Abs. 2 GWB wird in <strong>der</strong> Rechtsprechungunterschiedlich verstanden.Nach einer Auffassung stellt <strong>der</strong> in den Verdingungsordnungen verwendete Begriff desZuschlags nichts an<strong>der</strong>es als die Annahmeerklärung im allgemeinen bürgerlichen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Vertragsrecht (§§ 146 ff. BGB) dar (OLG Naumburg, B. v. 16.10.2007 - Az.: 1 Verg 6/07;VK Schleswig-Holstein, B. v. 14.05.2008 - Az.: VK-SH 06/08; B. v. 28.01.2008 - Az.: VK-SH 27/07; VK Berlin, B. v. 09.11.2004 - Az.: VK - B 1 – 59/04). Wie sonst auch kommt <strong>der</strong>Vertrag zustande, wenn auf ein Angebot eines Bieters rechtzeitig, also innerhalb <strong>der</strong>Zuschlagsfrist und ohne Abän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zuschlag erteilt wird (OLG Naumburg, B. v.16.10.2007 - Az.: 1 Verg 6/07; OLG Thüringen, B. v. 29.5.2002 - Az.: 6 Verg 2/02; OLGDüsseldorf, B. v. 14.3.2001 - Az.: Verg 30/00; VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.01.2008 -Az.: VK-SH 27/07; VK Rheinland-Pfalz, B. v. 12.05.2005 - Az.: VK 17/05). Demnach wird<strong>der</strong> rechtliche Vorgang <strong>der</strong> Angebotsannahme im Vergaberecht lediglich mit demAusdruck des "Zuschlags" bezeichnet (OLG Naumburg, B. v. 16.10.2007 - Az.: 1 Verg6/07; OLG Düsseldorf, B. v. 14.3.2001 - Az.: Verg 30/00; VK Schleswig-Holstein, B. v.14.05.2008 - Az.: VK-SH 06/08; B. v. 28.01.2008 - Az.: VK-SH 27/07; im Ergebnis ebensoVK Baden-Württemberg, B. v. 26.10.2007 - Az.: 1 VK 40/07).2282/1228322842285Aus den zivilrechtlichen Grundsätzen folgt nichts an<strong>der</strong>es: Gegenstand und Inhalt einesVertrages müssen <strong>der</strong>art bestimmt sein, dass die Annahme eines Vertragsangebotes durch eineinfaches „Ja“ erfolgen kann (VK Schleswig-Holstein, B. v. 28.01.2008 - Az.: VK-SH27/07; VK Südbayern, B. v. 16.07.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-28-06/07).Nach einer an<strong>der</strong>en Auffassung (VK Bremen, B. v. 16.7.2003 - Az.: VK 12/03) ist <strong>der</strong>Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mit dem des Zuschlages gleichzusetzen, da <strong>der</strong>Vertragsschluss nur dann mit dem Zuschlag zusammenfällt, wenn auf ein abgegebenesAngebot rechtzeitig und ohne Abän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zuschlag erteilt wird. Auch aus § 28 Ziffer 2Abs. 2 VOB/A wird deutlich, dass nach <strong>der</strong> Systematik des Vergaberechts <strong>der</strong> VOB/A <strong>der</strong>Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht identisch ist mit dem des Zuschlages.Die Unterscheidung zwischen "Zuschlag" und "Vertragsschluss" wird in § 114 Abs. 2GWB nicht aufgegriffen, vielmehr stellt diese Vorschrift ausschließlich auf den "Zuschlag"ab, so dass es nach dem Wortlaut und <strong>der</strong> Systematik des Gesetzes auf das Zustandekommeneines Vertrages nicht ankommt, son<strong>der</strong>n lediglich darauf, ob <strong>der</strong> Zuschlag (im Sinne einerunbedingten Annahme o<strong>der</strong> auch im Sinne eines erneuten Angebots) erteilt wurde (VKSchleswig-Holstein, B. v. 10.02.2005 - VK-SH 02/05). Für eine Interpretation o<strong>der</strong> eineteleologische Reduktion des § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB in dem Sinne, dass es entgegendem Wortlaut dieser Vorschrift nicht auf den Zeitpunkt des "Zuschlages", son<strong>der</strong>n auf dendes "Vertragsschlusses" ankommt, besteht keine Veranlassung. Es ist insoweit nämlichnicht zu übersehen, dass auch ein Zuschlag, <strong>der</strong> nicht als Annahme, son<strong>der</strong>n als neuer Antragzu werten ist, für den Auftraggeber gem. § 145 BGB bereits Bindungswirkung entfaltet und<strong>der</strong> Abschluss des Vertrages nicht mehr in seiner Rechtssphäre, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Rechtssphäredesjenigen, <strong>der</strong> den Antrag annehmen kann, liegt. Die Einwirkungsmöglichkeit desAuftraggebers ist dann nicht mehr gegeben, wenn <strong>der</strong> Zuschlag dem Auftragnehmerzugegangen ist, da <strong>der</strong> Auftraggeber bis zu dem Zeitpunkt, an dem <strong>der</strong> Auftragnehmer denZuschlag noch annehmen kann, an den Zuschlag gebunden ist.Eine Interpretation o<strong>der</strong> eine teleologische Reduktion des § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB in demSinne, dass es auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ankomme, würde zu <strong>der</strong> vomGesetzgeber nicht gewollten Konsequenz führen, dass im Falle <strong>der</strong> Einleitung einesVergabenachprüfungsverfahrens <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber zivilrechtlich an sein Angebotgebunden wäre und dieses (zivilrechtlich) vom Auftragnehmer angenommen werden kann,mit <strong>der</strong> Folge, dass in diesem Verhältnis ein wirksamer Vertragsschluss erfolgt ist. Sollte <strong>der</strong>Mitbewerber mit seinem Vorbringen im Vergabenachprüfungsverfahren aber erfolgreich sein,so wäre dieser geschlossene Vertrag nicht unwirksam (die Nichtigkeitsfolge des § 13 VgV


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010tritt nur ein, wenn ein Vertrag innerhalb <strong>der</strong> dort geregelten Frist von 14 Kalen<strong>der</strong>tagengeschlossen wird und das Zuschlagsverbot nach § 115 Abs. 1 GWB betrifft eben nicht dieAnnahmeerklärung durch den Auftragnehmer), und <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber wäre dannmöglicherweise in <strong>der</strong> Situation, denselben Auftrag nochmals an einen an<strong>der</strong>en Bieter erteilenzu müssen. Dies kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein (VK Bremen, B. v. 16.7.2003 -Az.: VK 12/03).22862287Ähnlich argumentiert das OLG Dresden für die VOF. Dem VOF-Verfahren ist <strong>der</strong> Begriffdes Zuschlags fremd. Ein solches Vergabeverfahren wird gemäß § 16 VOF allein durch dieErteilung eines Auftrags beendet, dessen Zustandekommen nach allgemeinem Zivilrecht zubeurteilen ist (OLG Dresden, B. v. 21.10.2005 - Az.: WVerg 0005/05; B. v. 11.04.2005 - Az.:WVerg 05/05; B. v. 11.7.2000 - Az.: WVerg 5/00; 1. VK Saarland, B. v. 20.02.2008 - Az.: 1VK 07/2007; 1. VK Sachsen, B. v. 19.08.2005 - Az.: 1/SVK/096-05).Der Zuschlag als Annahmeerklärung ist nicht auf den Fall reduziert, in dem mitVertragsschluss ein förmliches Vergabeverfahren abgeschlossen wird; er erfasst auch denFall, in dem ein öffentlicher Auftraggeber einen bestehenden Bedarf extern im Vertragswegeohne vorherige Durchführung eines Vergabeverfahrens deckt (VK Schleswig-Holstein, B. v.10.02.2005 - VK-SH 02/05; 1. VK Bund, B. v. 13.7.2001 - Az.: 1 - 19/01).23.4.2.2 Inhalt des Zuschlags23.4.2.2.1 Grundsatz2288Wird <strong>der</strong> Zuschlag innerhalb <strong>der</strong> Zuschlags- und Bindefrist ohne Än<strong>der</strong>ungen erteilt, ist <strong>der</strong>Vertrag mit Zugang <strong>der</strong> Zuschlagserklärung beim Bieter geschlossen.23.4.2.2.2 Erweiterungen, Einschränkungen usw.228922902291Eine Annahme des Angebots unter Erweiterungen, Einschränkungen und sonstigenÄn<strong>der</strong>ungen gilt nach § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung, verbunden mit einem neuenAntrag (OLG Naumburg, B. v. 16.10.2007 - Az.: 1 Verg 6/07; OLG Thüringen, B. v.30.10.2006 - Az.: 9 Verg 4/06). Dieser Antrag des Auftraggebers auf Abschluss einesabgeän<strong>der</strong>ten Vertrages bedarf zu seiner Wirksamkeit deshalb noch einerAnnahmeerklärung des Bieters, die dem Auftraggeber auch noch zugehen muss (OLGNaumburg, B. v. 16.10.2007 - Az.: 1 Verg 6/07; 1. VK Sachsen, B. v. 12.6.2003 - Az.:1/SVK/054-03).Vgl. beispielsweise zu <strong>der</strong> typischen Fallkonstellation des Zuschlags nach Ablauf <strong>der</strong>Zuschlags- und Bindefrist die Kommentierung zu § 19 VOB/A bzw. § 19 VOL/A.Nimmt <strong>der</strong> Auftraggeber in seinem Zuschlagsschreiben Bezug auf schriftliche Protokolle zuAngebotsverhandlungen nach § 24 VOB/A bzw. VOL/A, handelt es sich hierbei nicht umErweiterungen bzw. Än<strong>der</strong>ungen. Vielmehr kann bei <strong>der</strong> Zuschlagserteilung nach § 28VOB/A bzw. VOL/A dann sowohl auf das Angebot als auch das schriftlich festgehalteneVerhandlungsergebnis Bezug genommen werden, wodurch auch diese Vertragsbestandteilwerden (VK Südbayern, B. v. 30.5.2001 - Az.: 11-04/01).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102292Ob die Annahmeerklärung Än<strong>der</strong>ungen bzw. eine von § 150 Abs. 2 BGB erfassteAbweichung enthält, ist durch Auslegung nach Maßgabe <strong>der</strong> §§ 133, 157 BGB nach Treuund Glauben und unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Verkehrssitte zu ermitteln. Obunbeschränkte o<strong>der</strong> beschränkte Annahme vorliegt, hängt somit vom Einzelfall ab.Hinsichtlich des inhaltlichen Ausmaßes <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungen ist <strong>der</strong> Anwendungsbereich des §150 Abs. 2 BGB nur dann eröffnet, wenn die Neuregelungen wesentliche Vertragsbestandteilezum Gegenstand haben, beispielsweise die Bitte um Zustimmung zu einerSkontogewährung, die erstmalige Bestimmung einer Ausführungsfrist o<strong>der</strong> gar dieÄn<strong>der</strong>ung einzelner Leistungen (VK Rheinland-Pfalz, B. v. 12.05.2005 - Az.: VK 17/05).23.4.2.3 Form des Zuschlags23.4.2.3.1 VOB22932293/1Die VOB setzt in § 28 Nr. 2 VOB/A keine bestimmte Form - z. B. die Schriftform - voraus.Der Zuschlag kann also auch mündlich erteilt werden (1. VK Sachsen, B. v. 4.8.2003 -Az.: 1/SVK/084-03). Möglich ist auch die Übersendung eines Telefaxes (BGH, B. v. 9.2.2004- Az.: X ZB 44/03; OLG Düsseldorf, B. v. 23.05.2007 - Az.: VII - Verg 14/07; 2. VK Bund,B. v. 13.06.2007 - Az.: VK 2 - 48/07). Der Umstand, dass <strong>der</strong> Auftraggeber dieOriginalvorlage des Fax-Schreibens später noch einmal dem Auftragnehmer überbringenlässt, entwertet das Fax-Schreiben nicht zur bloßen Ankündigung <strong>der</strong> beabsichtigtenAngebotsannahme, Dieser Vorgang ist nicht an<strong>der</strong>s zu beurteilen als die Übersendung einesbestimmenden Anwaltsschriftsatzes per Fax, <strong>der</strong> mit Zugang beim Adressaten sofort wirksamwird, wenn das Original alsbald nachfolgt (Hanseatisches OLG Bremen, B. v. 18.8.2003 -Az.: Verg 6/2003; 2. VK Bund, B. v. 24.04.2007 - Az.: VK 2 – 21/07).Die im Wirtschafts- und Rechtsverkehr allgemein übliche Nutzung von Faxgeräten und diehohe Zuverlässigkeit bei <strong>der</strong> Übermittlung von Telefaxnachrichten rechtfertigt es, demSendeprotokoll des Absen<strong>der</strong>s ein wi<strong>der</strong>legbares Indiz zukommen zu lassen (2. VKBund, B. v. 13.06.2007 - Az.: VK 2 - 48/07).23.4.2.3.2 VOL22942294/1Im Gegensatz zur VOB/A verpflichtet die VOL/A in § 28 Nr. 1 Abs. 1 den Auftraggeber, denZuschlag schriftlich zu erteilen. Wird ausnahmsweise <strong>der</strong> Zuschlag nicht schriftlich erteilt, soist er umgehend schriftlich zu bestätigen.Die Vorschrift dürfte zwar oberhalb <strong>der</strong> Schwellenwerte Gesetzescharakter haben, dochstellt sie kein zwingendes gesetzliches Schriftformerfor<strong>der</strong>nis i.S.d. § 126 Abs. 1 BGBauf. Vielmehr handelt es sich, wie § 28 Nr. 1 Abs. 1 S. 2 VOL/A deutlich macht, um eineSollvorschrift, die Abweichungen von <strong>der</strong> Schriftform zulässt und dann lediglich eineschriftliche Bestätigung verlangt. Anwendbar ist deshalb nicht § 126 BGB, son<strong>der</strong>n § 127 S.2 BGB. Die Erteilung des Zuschlags per Fax ist daher auch bei Anwendbarkeit des § 28Nr. 1 Abs. 1 VOL/A zulässig (2. VK Bund, B. v. 24.04.2007 - Az.: VK 2 – 21/07; imErgebnis ebenso VK Münster, B. v. 26.10.2007 - Az.: VK 25/07).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.4.2.4 Zugang <strong>der</strong> Zuschlagserklärung23.4.2.4.1 Allgemeines22952296Bei <strong>der</strong> Zuschlagserklärung handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung,die zu ihrer Wirksamkeit nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB dem betreffenden Bieter innerhalb<strong>der</strong> Zuschlagsfrist zugehen muss (BGH, B. v. 9.2.2004 - Az.: X ZB 44/03; OLG Thüringen,B. v. 29.5.2002 - Az.: 6 Verg 2/02, B. v. 7.10.2003 - Az.: 6 Verg 6/03; VK Berlin, B. v.09.11.2004 - Az.: VK - B 1 – 59/04; 1. VK Sachsen, B. v. 4.6.2002 - Az.: 1/SVK/048-02; VKHalle, B. v. 13.3.2001 - Az.: VK Hal 23/99).Vertretungsregelungen bei <strong>der</strong> Abgabe von Angeboten gelten auch für die Frage <strong>der</strong>Wirksamkeit des Zugangs <strong>der</strong> Zuschlagserklärung (OLG Thüringen, B. v. 7.10.2003 - Az.: 6Verg 6/03).23.4.2.4.2 Bedeutung einer Empfangsbestätigung2297Bei einer vom Auftraggeber verlangten Empfangsbestätigung des Zuschlags handelt es sichnicht um ein Wirksamkeitskriterium, son<strong>der</strong>n um eine Beweisurkunde über denerteilten Zuschlag, wenn <strong>der</strong> Vertrag nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen bereitsdurch den Zugang <strong>der</strong> Annahmeerklärung des Auftraggebers zustande gekommen ist(Hanseatisches OLG Bremen, B. v. 18.8.2003 - Az.: Verg 6/2003).23.4.2.5 Weitere Anfor<strong>der</strong>ungen an einen wirksamen Zuschlag23.4.2.5.1 Grundsatz2298Fehlt es dem Zuschlagsschreiben an jedwe<strong>der</strong> Bestimmtheit des Zuschlags- undVertragsgegenstandes sowie des Vertragspreises, so ist kein wirksamer Vertrag zustandegekommen. Außerdem muss das Zuschlagsschreiben von einer Person mit einerentsprechenden Vertretungsmacht unterzeichnet sein (OLG Düsseldorf, B. v. 14.3.2001 -Az.: Verg 30/00; 2. VK Bund, B. v. 23.11.2000 - Az.: VK 2 - 36/00).23.4.2.5.2 Fehlende Regelung <strong>der</strong> Vergütung bei einem Architekten- bzw.Bauingenieurvertrag bei Vertragsschluss2299An<strong>der</strong>s als beim bei Kauf- o<strong>der</strong> Lieferungsverträgen, wo das Zustandekommen einesVertrages mit <strong>der</strong> Einigung über den frei verhandelbaren Preis steht und fällt, muss die Frage<strong>der</strong> Vergütung we<strong>der</strong> im Stadium <strong>der</strong> Vertragsanbahnung angesprochen noch beiVertragsschluss ausdrücklich geregelt werden. Das hat seinen Grund darin, dass dort, wodie Vergütung sich aus <strong>der</strong> HOAI bestimmt, mit dieser eine gesetzlich fixierteHonorarordnung zur Verfügung steht, die das Spektrum <strong>der</strong> zu erbringenden Leistung sowiedie Höhe <strong>der</strong> Vergütung bis ins Einzelne regelt. Haben die Vertragspartner keine individuelleVereinbarung im Sinne von § 4 Abs. 1 HOAI getroffen, gelten gem. § 4 Abs. 4 HOAI dieMindestsätze als vereinbart (OLG Thüringen, B. v. 7.10.2003 - Az.: 6 Verg 6/03).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.4.2.6 Unwirksamkeit eines Zuschlages nach § 138 BGB2300Gemäß § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtigund damit unwirksam.23.4.2.6.1 Verstoß gegen die guten Sitten2301Eine Sittenwidrigkeit ergibt sich nicht daraus, dass die Vergabestelle den Zuschlag erteilthat, obwohl ihr bekannt war, dass <strong>der</strong> Antragsteller zu diesem Zeitpunkt bereits einenNachprüfungsantrag bei <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> gestellt hatte. Fraglich erscheint bereits, obdieses Verhalten <strong>der</strong> Vergabestelle gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt.Dagegen spricht insbeson<strong>der</strong>e, dass nach <strong>der</strong> eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 115Abs. 1 GWB das Zuschlagsverbot erst mit <strong>der</strong> Zustellung des Nachprüfungsantrages eintritt.Vor dieser Zustellung kann die Vergabestelle den Zuschlag grundsätzlich wirksam erteilen,insbeson<strong>der</strong>e begründet die Kenntnis von <strong>der</strong> Einreichung des Nachprüfungsantrages keinZuschlagsverbot (1. VK Bund, B. v. 27.9.2002 - Az.: VK 1 - 63/02).23.4.2.6.2 Kollusives Zusammenwirken23022302/12303Einer Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB steht entgegen, wenn ein -unterstelltes - sittenwidriges Verhalten nur <strong>der</strong> Vergabestelle vorgeworfen werden kann. Diesittenwidrige Vorgehensweise nur einer Vertragspartei reicht zur Annahme <strong>der</strong>Nichtigkeit eines Vertrages nicht aus (OLG Brandenburg, B. v. 29.1.2002 - Az.: Verg W8/01; OLG Celle, B. v. 25.08.2005 - Az.: 13 Verg 8/05; OLG Hamburg, B. v. 25.01.2007 -Az.: 1 Verg 5/06; LG München, Urteil v. 20.12.2005 - Az.: 33 O 16465/05; VK Arnsberg, B.v. 28.10.2008 - Az.: VK 24/08; B. v. 22.10.2004 - Az.: VK 2-20/2004; 1. VK Bund, B. v.27.9.2002 - Az.: VK 1 - 63/02; 2. VK Bund, B. v. 22.12.2004 - Az.: VK 2 – 157/04; B. v.13.10.2004 - Az.: VK 2 - 184/04; 3. VK Bund, B. v. 11.09.2009 - Az.: VK 3 - 157/09; B. v.30.09.2004 - Az.: VK 3 - 116/04; VK Hessen, B. v. 27.2.2003 - Az.: 69 d VK - 70/2002; VKMünster, B. v. 26.09.2007 - Az.: VK 17/07).§ 138 ist bei Verletzung von Interessen <strong>der</strong> Allgemeinheit o<strong>der</strong> Drittbetroffener nur dannanwendbar, wenn <strong>der</strong> subjektive Tatbestand bei allen Beteiligten vorliegt, die dieTatsachen, welche die Sittenwidrigkeit begründen, also kennen o<strong>der</strong> sich ihrer Kenntnis grobfahrlässig verschließen (OLG Düsseldorf, B. v. 18.06.2008 - Az.: VII - Verg 23/08; B. v.30.04.2008 - Az.: VII - Verg 23/08; 1. VK Bund, B. v. 05.02.2009 - Az.: VK 1 - 186/08). Einim Rahmen des § 138 BGB schädliches grob fahrlässiges Sich-Verschließen gegenüber <strong>der</strong>Erlangung <strong>der</strong> Kenntnis setzt ein Handeln voraus, bei dem die erfor<strong>der</strong>liche Sorgfalt nachden gesamten Umständen in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist und bei demdasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchtenmüssen (VK Düsseldorf, B. v. 20.11.2006 - Az.: VK – 46/2006 – L; VK Münster, B. v.26.09.2007 - Az.: VK 17/07).Es kann sein, dass ein ohne Ausschreibung und Durchführung eines förmlichenVergabeverfahrens vergaberechtswidrig geschlossener Vertrag auch sittenwidrig imSinn des § 138 BGB sein kann. Das setzt jedoch voraus, dass <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber inbewusster Missachtung des Vergaberechts handelt, also entwe<strong>der</strong> weiß, dass <strong>der</strong> betreffende


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Auftrag dem nach den §§ 97 ff. zu überprüfenden Vergaberecht unterfällt o<strong>der</strong> sich einersolchen Kenntnis mutwillig verschließt, auch kollusiv mit dem Auftragnehmerzusammenarbeitet (OLG Hamburg, B. v. 25.01.2007 - Az.: 1 Verg 5/06; OLG Celle, B. v.25.08.2005 - Az.: 13 Verg 8/05). Zum Tatbestand <strong>der</strong> Sittenwidrigkeit gehört zusätzlich einUmstand, <strong>der</strong> dem Vertrag ein sittlich verwerfliches Gepräge gibt, z.B. einVertragsabschluss in bei<strong>der</strong>seitiger Kenntnis von dessen Unwirtschaftlichkeit, die durch einenWettbewerb offenkundig werden könnte (VK Düsseldorf, B. v. 20.11.2006 - Az.: VK –46/2006 – L).230423052305/1Von einem kollusiven Zusammenwirken kann man ausgehen, wenn eine Vergabestellenicht begründet darlegen kann, warum sie von <strong>der</strong> Durchführung des Vergabeverfahrensabgesehen hat, obwohl sie diese Frage offensichtlich gestellt hat. An das kollusiveZusammenwirken dürfen keine allzu hohen Anfor<strong>der</strong>ungen gestellt werden. Allein diegemeinsamen wirtschaftlichen Interessen und Verflechtungen eines öffentlichenAuftraggebers mit einem Bieter legen dies nahe. Hier weiter gehende Nachweise zu for<strong>der</strong>n,dürfte die Möglichkeiten <strong>der</strong> meisten Bieter bei weitem übersteigen. Bei einem anwaltlichberatenen Auftraggeber darf die Sachkenntnis zur Frage <strong>der</strong> prinzipiellen Notwendigkeit vonAusschreibungen nach dem Vergaberecht vorausgesetzt werden. Dies zeigt auch diedurchgehende Anpassung <strong>der</strong> Vertragsentwürfe an den jeweiligen Stand <strong>der</strong> Rechtsprechungund die sorgfältige Vermeidung aller Dokumentationen zu dieser Frage. Ein Irrtum kanndaher ausgeschlossen werden (VK Arnsberg, B. v. 17.06.2004 - Az.: VK 2 - 06/2004).Die Vermutung liegt nahe, dass namentlich durch eine Aufspaltung <strong>der</strong>Beschaffungsvorgänge in einer Weise zum Nachteil eines Bieters o<strong>der</strong> potenziellen Beters<strong>der</strong> Antragstellerin zusammengewirkt wird, die als kollusiv beurteilt zu werden verdient. Hatz.B. ein Auftraggeber mit einem Unternehmen einen Beschaffungsvertrag geschlossen, <strong>der</strong>unter den Schwellenwerten liegt und hat ein an<strong>der</strong>er Auftraggeber, <strong>der</strong> mit dem erstenAuftraggeber zusammenarbeitet, mit dem gleichen Unternehmen ebenfalls einenBeschaffungsvertrag geschlossen, <strong>der</strong> unter den Schwellenwerten liegt und benötigt <strong>der</strong>zweite Auftraggeber den Beschaffungsgegenstand nicht in Gänze, son<strong>der</strong>n leitet ihn an denersten Auftraggeber weiter und hat das Unternehmen bei dem geson<strong>der</strong>ten Angebot„mitgespielt“ und die Kalkulation an das von dem ersten Auftraggeber angestrebteAuftragsvolumen angepasst, liegt ein Fall <strong>der</strong> kollusiven Zusammenarbeit vor (OLGDüsseldorf, B. v. 25.01.2005 - Az.: VII - Verg 93/04).Von <strong>der</strong> Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes ist auch auszugehen, wenn dieVertragsparteien kollusiv zusammenwirken, um das Vergaberechtsregime zu umgehen. DieNichtigkeit des ohne ein Vergabeverfahren erteilten Auftrages ist im Ergebnis dortanzunehmen, wo <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung desVergaberechts handelt, er also entwe<strong>der</strong> weiß, dass <strong>der</strong> betreffende Auftrag demKartellvergaberecht unterfällt, o<strong>der</strong> er sich einer solchen Kenntnis mutwillig verschließt,und er überdies kollusiv mit dem Auftragnehmer zusammenwirkt. Eine solcheKonstellation ist z.B. dann anzunehmen, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber trotz vorauszusetzen<strong>der</strong>Kenntnis sich nicht mit <strong>der</strong> neuesten Vergaberechtsprechung etwa des EuGHauseinan<strong>der</strong>setzt und <strong>der</strong> Vertragspartner ein in öffentlichen Aufträgen erfahrenesUnternehmen ist (VK Münster, B. v. 26.09.2007 - Az.: VK 17/07).23.4.2.7 Unwirksamkeit eines Zuschlages nach § 134 BGB


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102306Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig,sofern sich aus dem Gesetz nichts an<strong>der</strong>es ergibt. Gesetzliche Verbote ergeben sich aus denverschiedensten Vorschriften.23.4.2.7.1 Grundsatz23072307/1In <strong>der</strong> Literatur wird die Ansicht vertreten, die in den § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 GWBnormierte Pflicht zur Beachtung <strong>der</strong> vergaberechtlichen Bestimmungen stelle ein gesetzlichesVerbot dar mit <strong>der</strong> Folge, dass je<strong>der</strong> Vertrag, den <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber ohne das ansich gebotene Vergabeverfahren abschließe, gemäß § 134 BGB nichtig sei. Dem folgt dieRechtsprechung nicht. Der Gesetzgeber hat in § 115 Abs. 1 GWB das gesetzliche Verbot<strong>der</strong> Zuschlagserteilung an die Voraussetzung geknüpft, dass wegen desBeschaffungsvorhabens ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und dem öffentlichenAuftraggeber <strong>der</strong> Nachprüfungsantrag zugestellt worden ist. Nach dem Willen desGesetzgebers löst folglich die Missachtung <strong>der</strong> Vergaberegeln als solche noch keinZuschlagsverbot aus. Das Zuschlagsverbot entsteht vielmehr erst mit <strong>der</strong> Zustellungeines Nachprüfungsantrags an den öffentlichen Auftraggeber und es gilt überdiesunabhängig davon, ob das Verfahren zur Auftragsvergabe vergaberechtlich zu beanstanden isto<strong>der</strong> nicht. Diese gesetzgeberische <strong>Entscheidung</strong> ist zu respektieren. Sie schließt es ausanzunehmen, alleine die Nichtbeachtung des Vergaberechts verbiete eine Zuschlagserteilungund hin<strong>der</strong>e den Auftraggeber an einer rechtswirksamen Beauftragung. Dabei ist es ohneBedeutung, ob <strong>der</strong> öffentliche Auftraggeber nur einzelne Vergabebestimmungen nichtbeachtet o<strong>der</strong> er von <strong>der</strong> Durchführung des gebotenen Vergabeverfahrens gänzlichabsieht. Denn we<strong>der</strong> § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 GWB noch § 115 Abs. 1 GWB treffen einediesbezügliche Unterscheidung.Vergaberechtsverstöße führen also nicht zur Nichtigkeit, es sei denn, diese Sanktion istwie in § 13 Satz 6 VgV ausdrücklich angeordnet (OLG Hamburg, B. v. 25.01.2007 - Az.: 1Verg 5/06).23.4.2.7.2 Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung2308• bei einem Verstoß gegen § 41 Abs. 1 Satz 2 GWB ist <strong>der</strong> Zuschlag unwirksam (VKArnsberg, B. v. 29.5.2002 - Az.: VK 2-11/2002)• eine Nichtigkeit ergibt sich nicht aus handels- und gesellschaftsrechtlichenGesichtspunkten, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Pflicht zur Firmenwahrheit (1. VK Bund, B. v.27.9.2002 - Az.: VK 1 - 63/02)23.4.2.7.3 Son<strong>der</strong>fall: § 115 Abs. 1, § 118 Abs. 32309Grundsätzlich bedingen zwar Verstöße gegen Vergabevorschriften nicht gemäß § 134 BGBdie Nichtigkeit des Zuschlags. Eine gesetzliche Ausnahme bilden jedoch § 115 Abs. 1, §118 Abs. 3 GWB. Hiernach führt die Missachtung eines gerichtlichen Zuschlagsverbots zurNichtigkeit des damit abgeschlossenen zivilrechtlichen Vertrags nach § 134 BGB (OLGFrankfurt, B. v. 07.09.2004 - Az.: 11 Verg 11/04 und 12/04). Aus Gründen eines effektivenRechtsschutzes sind dem die Fälle gleichzusetzen, in denen die Vergabestelle unter


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Missachtung <strong>der</strong> zur Beseitigung <strong>der</strong> Rechtsverletzung des Bieters angeordneten Maßnahmen<strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> den Zuschlag erteilt. Insoweit steht die Erteilung des Zuschlags unter <strong>der</strong>Voraussetzung, dass die Vergabestelle zunächst den von <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> angeordnetenMaßnahmen nachkommt (BayObLG, B. v. 1.10.2001 - Az.: Verg 6/01; OLG Düsseldorf, B.v. 14.2.2001 - Az.: Verg 13/00 - für § 115 Abs. 1).2310Das OLG Naumburg (B. v. 16.1.2003 - Az.: 1 Verg 10/02) schränkt diese Rechtsprechungein. Danach normiert die Vorschrift des § 118 Abs. 1 GWB kein eigenständigesgesetzliches Verbot. Ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ist die Vorschrift des § 115Abs. 1 GWB. Durch § 118 Abs. 1 Satz 1 und 3 GWB soll dieses gesetzliche Verbot <strong>der</strong>Zuschlagerteilung unter bestimmten Voraussetzungen zeitlich verlängert werden. DieVerbotswirkung des § 118 Abs. 1 GWB ist mithin stets abhängig vom Vorliegen einesvorherigen Zuschlagverbotes nach § 115 Abs. 1 GWB, d. h. von einer Zustellung desNachprüfungsantrages durch die <strong>Vergabekammer</strong>, obwohl diese Tatbestandsvoraussetzungdem Wortlaut des § 118 Abs. 1 GWB expressis verbis nicht entnommen werden kann.23.4.2.7.4 Nichtigkeit wegen <strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH zur Verpflichtung<strong>der</strong> Beendigung eines vergaberechtswidrigen Zustands2310/1Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. die Kommentierung RZ1541) obliegt es dem Mitgliedstaat bei fortwährenden Vergaberechtsverstößen, innerhalb<strong>der</strong> ihm gesetzten Frist den Vertrag zu kündigen o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e geeignete Maßnahme zuergreifen, um das Fortdauern <strong>der</strong> Vertragsverletzung zu beenden. Diese Erwägung hatjedoch nicht zu <strong>der</strong> Aussage geführt, dass <strong>der</strong> Vertrag nichtig ist. Diese Rechtsprechungenthält ebenfalls keine Aussagen zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung vonVorschriften des nationalen Vergabe- und/o<strong>der</strong> Zivilrechts. Sie kann deshalb nichtherangezogen werden, um die nationale Vorschrift aus § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB entgegenihrem Wortlaut so auszulegen, dass Verträge, die unter Verletzung von Vorschriften <strong>der</strong>reglementierten Vergabe zustande gekommen seien, von <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> aufgehobenwerden könnten bzw. als nichtig zu gelten haben. Es besteht ein Unterschied zwischen demrechtlichen Verhältnis eines Mitgliedstaates zur Gemeinschaft und <strong>der</strong> Rechtsstellung einesBürgers/Unternehmens innerhalb <strong>der</strong> Rechtsordnung dieses Mitgliedstaates. Zu den Rechteneines Konkurrenten bzw. dessen Rechtsschutzmöglichkeiten verhält sich die <strong>Entscheidung</strong>des EuGH nicht (VK Düsseldorf, B. v. 12.03.2008 - Az.: VK - 03/2008 – B).23.4.2.7.5 Nichtigkeit eines Vertrages nach § 134 BGB, Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag wegen einer öffentlichen För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altlastensanierung2310/2Zwar hat <strong>der</strong> Bundesgerichtshof im Ergebnis ausgesprochen, dass <strong>der</strong> unter Verstoß gegendas Durchführungsverbot aus Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG Vertrag geschlossene Vertragnichtig ist, wobei nach Auffassung des Gerichtshofes diese Rechtsfolge wohl nicht nur imRahmen einer eingeleiteten Notifizierung, son<strong>der</strong>n auch ohne Einleitung eintreten soll. Eineunvereinbare Beihilfe im Sinne Art. 87 EG Vertrag wird den Erwerbern eines Grundstücksjedoch nicht gewährt, wenn eine öffentliche För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altlastensanierung erfolgt istund diese Sanierung nicht erfolgte, um ein an sich nutzbares Grundstück einerhöherwertigen Nutzung unter Begünstigung des Nutzungswilligen zuzuführen, son<strong>der</strong>num Gesundheitsgefährdungen abzustellen und damit überhaupt irgendeine Nutzung zuermöglichen. Auf einen bestimmten Gewerbezweig o<strong>der</strong> Erwerber hat diese Sanierung nichtabgestellt. Auch eine Regelung zur Freistellung von Mehraufwendungen für Altlasten ist


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010nicht als Beihilfe zu qualifizieren, wenn sie das von den Erwerbern aufzubringendeInvestitionsvolumen nicht verringert, son<strong>der</strong>n lediglich bewirkt, dass Mängel des Grundstücksdieses Volumen nicht erhöhen (VK Düsseldorf, B. v. 12.03.2008 - Az.: VK - 03/2008 – B).23.4.2.7.6 Nichtigkeit eines Vertrages nach § 134 BGB, Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EG-Vertrag wegen eines zu niedrigen Kaufpreises2310/3Nach <strong>der</strong> „Mitteilung <strong>der</strong> Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufenvon Bauten o<strong>der</strong> Grundstücken durch die öffentliche Hand“ (97/C 209/03) ist als wichtigesElement das „bedingungsfreie Bietverfahren“ anzusehen, das z.B. dann durchgeführtwird, wenn die Kommune auf zwei Foren des Internet und auf Grundstücksmessen dasGrundstück bedingungsfrei anbietet und es durch einen Makler vermarkten lässt. Damit kanndie Verkaufsabsicht allen potentiellen Käufern zur Kenntnis gelangen. Ergeben sich auchaus den sonstigen erkennbaren Umstände keine Anhaltspunkte dafür, dass weitere und/o<strong>der</strong>wirtschaftlich bessere Angebote überhaupt erhalten bzw. ausgeschlagen worden sind, umdann die Veräußerung selektiv und wettbewerbsverzerrend vorzunehmen, ist <strong>der</strong> inVerhandlungen erzielte Kaufpreis und weitere Vertragsinhalt (Fälligkeitsregelung) deshalb alsmarktgerecht anzusehen, so dass es nach den Mitteilungen <strong>der</strong> Kommission nichterfor<strong>der</strong>lich ist, zusätzlich eine sachverständige Bewertung des Grundstückesdurchzuführen. Weist jedoch ein entsprechendes Gutachten den erzielten Kaufpreis alsmarktgerecht aus, wobei es nachvollziehbar erscheint, dass bei schadstoffbelastetenGrundstücken selbst nach einer Sanierung keine genaue gutachterliche Aussage getroffenwerden kann, welcher Kaufpreis erzielbar sein wird, weil es <strong>der</strong> Lebenswahrscheinlichkeitentspricht, dass je<strong>der</strong> Kaufinteressent diese Risikobehaftung eines Grundstückes anführenwird, insbeson<strong>der</strong>e, wenn eine <strong>der</strong>art langwierige Sanierung und „Brachliegen“ stattgefundenhaben, fehlt auch insoweit je<strong>der</strong> Anhaltspunkt, dass ein Verkauf erkennbar unter demerzielbaren Marktwert stattgefunden hat (VK Düsseldorf, B. v. 12.03.2008 - Az.: VK -03/2008 – B).23.4.2.8 Son<strong>der</strong>fall: Unwirksamkeit eines Zuschlages nach § 13 VgV2311Ein Zuschlag bzw. ein Vertrag können auch nichtig sein, wenn die Informationspflicht nach §13 VgV nicht beachtet worden ist. Die näheren Einzelheiten ergeben sich aus <strong>der</strong>Kommentierung zu § 13 VgV.23.4.2.9 Unwirksamkeit wegen Nichteinhaltung von kommunalenFormvorschriften23.4.2.9.1 Grundsatz2312Bei Verträgen mit "klassischen" öffentlichen Auftraggebern, also insbeson<strong>der</strong>e Gemeindenund Gemeindeverbänden, ist für die Frage, ob ein Vertrag rechtswirksam geschlossen wordenist, entscheidend, ob die kommunalrechtlichen Formvorschriften eingehalten wordensind. "Politische <strong>Entscheidung</strong>en" in solchen Angelegenheiten ermächtigen in aller Regelnur die jeweilige Verwaltung, Verträge rechtswirksam abzuschließen; sie können dieseFormvorschriften jedoch nur in Ausnahmefällen ersetzen (OLG Stuttgart, Urteil vom


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201015.2.2000 - Az.: 10 U 118/99; OLG Dresden, B. v. 21.7.2000 - Az.: WVerg 0005/00; 1. VKSachsen, B. v. 19.08.2005 - Az.: 1/SVK/096-05; 1. VK Brandenburg, B. v. 19.9.2001 - Az.: 1VK 85/01).2313Das Vergabeverfahren nach VOF wird durch Auftragsvergabe im Sinne von § 16 VOF, d. h.durch Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages beendet. Die <strong>Entscheidung</strong> einerGemeindevertretung beschränkt sich auf die Auswahl des Bewerbers, mit dem <strong>der</strong>Vertrag nach § 16 VOF abgeschlossen werden soll (1. VK Brandenburg, B. v. 17.7.2001 -Az.: 2 VK 56/01, B. v. 19.9.2001 - Az.: 1 VK 85/01).23.4.2.9.2 Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung2314• ein Grundstücksgeschäft mit einem erheblichen Auftragsvolumen und <strong>der</strong>eRealisierung von grundlegenden baulichen Entwicklungen an zentraler Stelle<strong>der</strong> Gemeinde gehört nicht zu den laufenden Geschäften einer Verwaltung. Einsolches Geschäft kommt nicht mit mehr o<strong>der</strong> weniger regelmäßiger Wie<strong>der</strong>kehr vorund ist auch nach Größe, Umfang <strong>der</strong> Verwaltungstätigkeit und Finanzkraft <strong>der</strong>Gemeinde nicht von sachlich geringer Bedeutung (VK Münster, B. v. 25.06.2009 -Az.: VK 7/09)• zwar ist § 64 GO NW für sich genommen keine Vergabevorschrift. Über § 114Abs. 2 GWB ist aber zu prüfen, ob ein Vertrag aufgrund an<strong>der</strong>er Vorschriften,wie beispielsweise §§ 134, 138 BGB o<strong>der</strong> § 126 BGB usw. unwirksam sein könnte,wobei es sich dabei nicht unbedingt und ausschließlich um Vorschriften aus demBereich des Vergaberechts handeln muss. Auch Verstöße, die nicht mit demVergaberecht an sich zusammenhängen, unterliegen gegebenenfalls <strong>der</strong> Nachprüfungeiner <strong>Vergabekammer</strong>, wenn davon Fragen des Rechtsschutzes betroffen sind.Mittelbar ist dies bei § 64 GO NW vorliegend <strong>der</strong> Fall. Die Zurückweisung desAntrages gemäß § 114 Abs. 2 S. 1 GWB als nicht statthaft, kann nur erfolgen,wenn zuvor über die Wirksamkeit des im Streit stehenden Vertrages entschiedenwird (VK Münster, B. v. 25.06.2009 - Az.: VK 7/09)• ein Werkvertrag mit einem Landkreis in Rheinland-Pfalz bedarf zwar nach <strong>der</strong>Landkreisordnung grundsätzlich <strong>der</strong> Schriftform. Jedoch kann ein Vertrag trotzNichteinhaltung <strong>der</strong> Schriftform gleichwohl wirksam sein, wenn <strong>der</strong> bezweckteSchutz <strong>der</strong> Formvorschrift deshalb bedeutungslos geworden ist, weil das für dieWillensbildung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zuständige Organ <strong>der</strong>Gebietskörperschaft (hier: Kreistag bzw. Vergabeausschuss) den Zuschlag bereitsbeschlossen hat (OLG Koblenz, Urteil vom 14.1.2003 - Az: 3 U 1685/01).23.4.2.10 Bedingter Zuschlag2314/1Ein bedingter Zuschlag z.B. dahingehend, dass bei einem einheitlichen Bauvorhaben, das inLosen ausgeschrieben ist, <strong>der</strong> Auftraggeber berechtigt ist, die Zuschlagserteilung eines Losesunter die aufschiebende Bedingung <strong>der</strong> Zuschlagserteilung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Lose zu stellen,überträgt dem Bieter ein ungewöhnliches Wagnis und ist daher unzulässig (3. VK Bund,B. v. 28.01.2008 - Az.: VK 3 - 154/07; B. v. 24.01.2008 - Az.: VK 3 - 151/07). Zu denEinzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 9 VOB/A RZ 4173/1.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.4.3 Hinweis2315Soweit es um Fragen des Zuschlags geht, sind ergänzend zu § 114 GWB die Regelungen <strong>der</strong>§§ 19 VOB/A bzw. VOL/A, <strong>der</strong> §§ 28 VOB/A und VOL/A und des § 16 VOF zu beachten;vgl. insoweit die jeweilige Kommentierung.23.4.4 Möglichkeit <strong>der</strong> Aufhebung <strong>der</strong> Aufhebung2316Aus § 114 Abs. 2 Satz 1 lässt sich nur ableiten, dass die <strong>Vergabekammer</strong> lediglich einenbereits erteilten Zuschlag nicht aufheben kann. Die Aufhebung einer Aufhebung ist dadurchaber unter Berücksichtigung <strong>der</strong> richtlinienkonformen Auslegung des § 114 GWB nichtausgeschlossen (BGH, B. v. 18.2.2003 - Az.: X ZB 43/02; B. v. 08.03.2007 - Az.: 21.VK -3194 - 05/07; VK Lüneburg, B. v. 27.01.2005 - Az.: 203-VgK-57/2004; VK Brandenburg, B.v. 30.7.2002 - Az.: VK 38/02); vgl. zur Aufhebung <strong>der</strong> Aufhebung RZ 2186.23.5 Feststellungsverfahren (§ 114 Abs. 2 Satz 2)2316/1§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB sieht ein Feststellungsverfahren in Fällen vor, in denen zwischenEingang des Nachprüfungsantrages bei <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> und dessen Zustellung bei<strong>der</strong> Vergabestelle <strong>der</strong> Zuschlag erteilt wurde. Dagegen ist ein solcher Antrag nicht zulässig,wenn die Vergabestelle den Zuschlag vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erteilt hat(2. VK Sachsen-Anhalt, B. v. 15.01.2008 - Az.: VK 2 LVwA LSA – 28/07).23.5.1 Sinn und Zweck23172318Die in § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ermöglichte Überleitung von einem Nachprüfungsverfahrenin ein Verfahren zur Feststellung einer Rechtsverletzung bezweckt grundsätzlich, die in demerstgenannten Verfahren bereits erarbeiteten Ergebnisse zu erhalten und so einenochmalige zivilgerichtliche Überprüfung <strong>der</strong>selben Sach- und Rechtslage zu vermeiden(OLG Düsseldorf, B. v. 28.04.2004 - Az.: VII - Verg 8/04; 2. VK Bund, B. v. 02.09.2005 -Az.: VK 2 – 57/05; B. v. 08.06.2005 - Az.: VK 2 - 48/05; VK Münster, B. v. 22.09.2009 -Az.: VK 13/09; VK Schleswig-Holstein, B. v. 04.02.2008 - Az.: VK-SH 28/07; B. v.02.02.2005 - Az.: VK-SH 01/05; VK Südbayern, B. v. 17.08.2004 - Az.: 20-04/04; VKMagdeburg, B. v. 22.2.2001 - Az.: 33-32571/07 VK 15/00 MD). Außerdem soll einAntragsteller nicht um den Ertrag <strong>der</strong> Früchte seiner bisherigen Verfahrensführunggebracht werden, wenn sich das Nachprüfungsverfahren durch Beendigung desVergabeverfahrens erledigt hat (OLG Düsseldorf, B. v. 04.05.2009 - Az.: VII-Verg 68/08; B.v. 28.04.2004 - Az.: VII - Verg 8/04; 2. VK Bund, B. v. 28.02.2006 - Az.: VK 2 - 154/04; VKSchleswig-Holstein, B. v. 04.02.2008 - Az.: VK-SH 28/07; VK Südbayern, B. v. 23.11.2004 -Az.: 45-06/04; B. v. 17.08.2004 - Az.: 20-04/04).Die in § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB eröffnete Möglichkeit eines Feststellungsantrages stellt unterdem Gesichtspunkt des Primärrechtsschutzes eine Ausnahmevorschrift dar. Sie soll, wie dieRechtsprechung zur entsprechenden Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO formuliert,gewährleisten, dass eine Partei nicht ohne Not um die Früchte des bisherigen Prozessesgebracht werden darf, insbeson<strong>der</strong>e dann nicht, wenn das Verfahren unter entsprechendem


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Aufwand einen bestimmten Stand erreicht hat (VK Schleswig-Holstein, B. v. 04.02.2008 -Az.: VK-SH 28/07; VK Südbayern, B. v. 8.2.2002 - Az.: 41-11/01).23.5.2 Voraussetzungen23.5.2.1 Feststellungsinteresse23192320Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist ein Feststellungsinteresse notwendig (OLGCelle, B. v. 08.12.2005 - Az.: 13 Verg 2/05; OLG Düsseldorf; B. v. 04.05.2009 - Az.: VII-Verg 68/08; OLG Koblenz, B. v. 04.02.2009 - Az.: 1 Verg 4/08; Saarländisches OLG, B. v.06.04.2005 - Az.: 1 Verg 1/05; OLG Thüringen, B. v. 30.03.2009 - Az.: 9 Verg 12/08; 1. VKBrandenburg, B. v. 18.01.2007 - Az.: 1 VK 41/06; B. v. 09.09.2005 - Az.: VK 33/05; 1. VKBund, B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 135/08; B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 126/08; 2. VKBund, B. v. 21.05.2008 - Az.: VK 2 – 40/08; B. v. 14.02.2007 - Az.: VK 2 - 158/06; B. v.02.09.2005 - Az.: VK 2 – 57/05; B. v. 29.12.2004 - Az.: VK 2 – 136/03; B. v. 13.10.2004 -Az.: VK 2 - 151/04; B. v. 16.08.2004 - Az.: VK 2 – 06/04; B. v. 02.07.2004 - Az.: VK 2 –28/04; B. v. 16.02.2004 - Az.: VK 2 – 22/04; 3. VK Bund, B. v. 18.02.2009 - Az.: VK 3 -158/08; VK Lüneburg, B. v. 30.06.2008 - Az.: VgK-07/2008; B. v. 17.10.2006 - Az.: VgK-25/2006; B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-43/2005; B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-41/2005; VKMünster, B. v. 22.09.2009 - Az.: VK 13/09; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 21.08.2009 - Az.: VgK-43/2009; B. v. 21.08.2009 - Az.: VgK-42/2009; VK Nordbayern, B. v. 27.06.2008 - Az.:21.VK - 3194 - 10/08; 1. VK Sachsen, B. v. 17.01.2007 - Az.: 1/SVK/002-05; VK Südbayern,B. v. 05.03.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-01-01/07; VK Thüringen, B. v. 23.09.2005 - Az.: 360-4002.20-007/05-NDH). Dies ergibt sich bereits aus den allgemeinen prozessualenGrundsätzen, nach denen die Inanspruchnahme eines Gerichts bzw. <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> nichtzulässig ist, wenn kein berechtigtes Interesse vorliegt. Zur Bestimmung eines solchenFeststellungsinteresses kann auf die Grundsätze an<strong>der</strong>er Verfahrensordnungen, insbeson<strong>der</strong>ezur Fortsetzungsfeststellungsklage nach <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtsordnung zurückgegriffenwerden (VK Hessen, B. v. 31.7.2002 - Az.: 69 d VK - 14/2002).Ein solches Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes nach vernünftigenErwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher,wirtschaftlicher o<strong>der</strong> auch ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet seinmuss, die Rechtsposition <strong>der</strong> Antragstellerin in einem <strong>der</strong> genannten Bereiche zu verbessernund eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen o<strong>der</strong> wenigstens zu mil<strong>der</strong>n (OLGCelle, B. v. 08.12.2005 - Az.: 13 Verg 2/05; OLG Düsseldorf, B. v. 04.05.2009 - Az.: VII-Verg 68/08; B. v. 23.03.2005 - Az.: VII - Verg 77/04; B. v. 02.03.2005 - Az.: VII - Verg70/04; OLG Thüringen, B. v. 30.03.2009 - Az.: 9 Verg 12/08; 1. VK Brandenburg, B. v.18.01.2007 - Az.: 1 VK 41/06; B. v. 09.09.2005 - Az.: VK 33/05; 2. VK Bund, B. v.21.05.2008 - Az.: VK 2 – 40/08; B. v. 14.02.2007 - Az.: VK 2 - 158/06; B. v. 28.02.2006 -Az.: VK 2 - 154/04; B. v. 02.09.2005 - Az.: VK 2 – 57/05; B. v. 29.12.2004 - Az.: VK 2 –136/03; B. v. 16.08.2004 - Az.: VK 2 – 06/04; B. v. 02.07.2004 - Az.: VK 2 – 28/04; B. v.16.02.2004 - Az.: VK 2 – 22/04; 3. VK Bund, B. v. 18.02.2009 - Az.: VK 3 - 158/08; VKDüsseldorf, B. v. 23.05.2008 - Az.: VK - 7/2008 – L; VK Lüneburg, B. v. 30.06.2008 - Az.:VgK-07/2008; B. v. 26.06.2007 - Az.: VgK-29/2007; B. v. 17.10.2006 - Az.: VgK-25/2006;B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-43/2005; B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-41/2005; VK Münster, B.v. 22.09.2009 - Az.: VK 13/09; B. v. 24.1.2002 - Az.: VK 24/01; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v.21.08.2009 - Az.: VgK-43/2009; B. v. 21.08.2009 - Az.: VgK-42/2009; VK Nordbayern, B. v.27.06.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 10/08; 1. VK Sachsen, B. v. 17.01.2007 - Az.: 1/SVK/002-


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201005; VK Südbayern, B. v. 05.03.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-01-01/07; B. v. 23.11.2004 - Az.:45-06/04).2321Ein solches Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn die Feststellung zur Vorbereitungeines Schadensersatzanspruchs dient (OLG Düsseldorf, B. v. 04.05.2009 - Az.: VII-Verg68/08; B. v. 02.10.2008 – Az.: VII – Verg 25/08; B. v. 22.06.2006 - Az.: VII - Verg 2/06; B.v. 02.03.2005 - Az.: VII - Verg 84/04; OLG Koblenz, B. v. 04.02.2009 - Az.: 1 Verg 4/08;Saarländisches OLG, B. v. 05.07.2006 - Az.: 1 Verg 6/05; OLG Thüringen, B. v. 30.03.2009 -Az.: 9 Verg 12/08; LSG Nordrhein-Westfalen, B. v. 08.10.2009 - Az.: L 21 KR 39/09 SFB; 1.VK Bund, B. v. 31.08.2009 - Az.: VK 1 - 152/09; B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 135/08; B.v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 126/08; B. v. 11.06.2008 - Az.: VK 1 – 63/08; 2. VK Bund, B. v.15.09.2008 - Az.: VK 2 – 91/08; B. v. 21.05.2008 - Az.: VK 2 – 40/08; B. v. 14.02.2007 -Az.: VK 2 - 158/06; 3. VK Bund, B. v. 18.02.2009 - Az.: VK 3 - 158/08; VK Münster, B. v.22.09.2009 - Az.: VK 13/09; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 21.08.2009 - Az.: VgK-43/2009; B. v.21.08.2009 - Az.: VgK-42/2009; VK Nordbayern, B. v. 27.06.2008 - Az.: 21.VK - 3194 -10/08; VK Südbayern, B. v. 05.03.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-01-01/07), ein solcher Prozessmit hinreichen<strong>der</strong> Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint(OLG Celle, B. v. 08.12.2005 - Az.: 13 Verg 2/05; OLG Düsseldorf, B. v. 19.10.2005 - Az.:VII - Verg 38/05; B. v. 23.03.2005 - Az.: VII - Verg 77/04; B. v. 02.03.2005 - Az.: VII - Verg70/04; OLG Koblenz, B. v. 04.02.2009 - Az.: 1 Verg 4/08; OLG Thüringen, B. v. 30.03.2009- Az.: 9 Verg 12/08; 1. VK Brandenburg, B. v. 18.01.2007 - Az.: 1 VK 41/06; B. v.09.09.2005 - Az.: VK 33/05; VK Bremen, B. v. 16.7.2003 - Az.: VK 12/03; 1. VK Bund, B.v. 17.05.2005 - Az.: VK 1 – 26/05; B. v. 09.05.2005 - Az.: VK 2 – 20/05; 2. VK Bund, B. v.08.06.2006 - Az.: VK 2 - 114/05; B. v. 28.02.2006 - Az.: VK 2 - 154/04; B. v. 02.09.2005 -Az.: VK 2 – 57/05; B. v. 29.12.2004 - Az.: VK 2 – 136/03; B. v. 13.10.2004 - Az.: VK 2 -151/04; 3. VK Bund, B. v. 18.02.2009 - Az.: VK 3 - 158/08; VK Lüneburg, B. v. 30.06.2008 -Az.: VgK-07/2008; B. v. 17.10.2006 - Az.: VgK-25/2006; B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-43/2005; B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-41/2005; VK Nordbayern, B. v. 27.06.2008 - Az.:21.VK - 3194 - 10/08; 1. VK Sachsen, B. v. 17.01.2007 - Az.: 1/SVK/002-05; VK Südbayern,B. v. 23.11.2004 - Az.: 45-06/04; VK Thüringen, B. v. 23.09.2005 - Az.: 360-4002.20-007/05-NDH), eine hinreichende konkrete Wie<strong>der</strong>holungsgefahr besteht (OLGDüsseldorf, B. v. 04.05.2009 - Az.: VII-Verg 68/08; B. v. 22.06.2006 - Az.: VII - Verg 2/06;B. v. 23.03.2005 - Az.: VII - Verg 77/04; B. v. 02.03.2005 - Az.: VII - Verg 70/04;Saarländisches OLG, B. v. 05.07.2006 - Az.: 1 Verg 6/05; 1. VK Brandenburg, B. v.09.09.2005 - Az.: VK 33/05; 1. VK Bund, B. v. 19.11.2008 - Az.: VK 1 - 135/08; B. v.19.11.2008 - Az.: VK 1 - 126/08; 2. VK Bund, B. v. 21.05.2008 - Az.: VK 2 – 40/08; B. v.14.02.2007 - Az.: VK 2 - 158/06; B. v. 28.02.2006 - Az.: VK 2 - 154/04; B. v. 02.09.2005 -Az.: VK 2 – 57/05; B. v. 29.12.2004 - Az.: VK 2 – 136/03; B. v. 13.10.2004 - Az.: VK 2 -151/04VK Düsseldorf, B. v. 23.05.2008 - Az.: VK - 7/2008 – L; B. v. 12.09.2006 - Az.: VK -37/2006 - L; VK Lüneburg, B. v. 30.06.2008 - Az.: VgK-07/2008; B. v. 17.10.2006 - Az.:VgK-25/2006; VK Münster, B. v. 22.09.2009 - Az.: VK 13/09; VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v.21.08.2009 - Az.: VgK-43/2009; B. v. 21.08.2009 - Az.: VgK-42/2009; VK Nordbayern, B. v.27.06.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 10/08; 1. VK Sachsen, B. v. 17.01.2007 - Az.: 1/SVK/002-05; VK Südbayern, B. v. 05.03.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-01-01/07), die Feststellung als"Genugtuung" bzw. Rehabilitation erfor<strong>der</strong>lich ist, weil <strong>der</strong> angegriffenen <strong>Entscheidung</strong>ein diskriminieren<strong>der</strong> Charakter zukommt und sich aus ihr eine Beeinträchtigung desPersönlichkeitsrechts des Betroffenen ergibt (1. VK Brandenburg, B. v. 09.09.2005 - Az.: VK33/05; 2. VK Bund, B. v. 21.05.2008 - Az.: VK 2 – 40/08; B. v. 14.02.2007 - Az.: VK 2 -158/06; VK Hessen, B. v. 31.7.2002 - Az.: 69 d VK - 14/2002) o<strong>der</strong> durch die Feststellung<strong>der</strong> Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens eine "Schadensbegrenzung" im Hinblick auf


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010zukünftige Vergabeentscheidungen an<strong>der</strong>er Auftraggeber erzielt werden soll (2. VKBund, B. v. 08.06.2006 - Az.: VK 2 - 114/05).23222322/12322/2Ein Schadensersatzanspruch kommt nicht nur dann in Betracht, wenn dem übergangenenBieter bei einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens <strong>der</strong> Zuschlag zwingend zu erteilengewesen wäre. Dies ist nur Voraussetzung für die Zuerkennung des positivenSchadensersatzinteresses eines Bieters, nicht aber für den Ersatz des Vertrauensschadens.Für diesen genügt das Bestehen einer „echten Zuschlagschance“ im Sinn von § 126 S. 1GWB (OLG Düsseldorf, B. v. 08.03.2005 - Az.: VII - Verg 40/04; VK Brandenburg, B. v.30.08.2004 - Az.: VK 34/04).Die <strong>Vergabekammer</strong> ist im Rahmen <strong>der</strong> Nachprüfung <strong>der</strong> Aufhebung einesVergabeverfahrens bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses des Unternehmens auf dessenAntrag auch zur Feststellung <strong>der</strong> durch eine Aufhebung eingetretenen Rechtsverletzungbefugt, sofern eine Anordnung <strong>der</strong> Rückgängigmachung <strong>der</strong> Aufhebung des Verfahrensnicht in Betracht kommt, wenn sich herausstellt, dass trotz des Vergabeverstoßesaufgrund des dem Auftraggeber zustehenden <strong>Entscheidung</strong>sspielraums eine auf dieFortsetzung des aufgehobenen Verfahrens gerichtete Anordnung nicht ergehen kann.Dies ist dann <strong>der</strong> Fall, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 26 Nr. 1 VOB/A bzw. VOL/A,jedoch ein sonstiger sachlich gerechtfertigter Aufhebungsgrund vorliegt und es sichnicht um eine Scheinaufhebung des Verfahrens o<strong>der</strong> eine Aufhebung mit dem Zweck<strong>der</strong> Diskriminierung eines einzelnen Bieters handelt. Da die Anordnung <strong>der</strong> Aufhebung<strong>der</strong> Aufhebung einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatautonomie darstellt, ist dieseMaßnahme nur ausnahmsweise gerechtfertigt. Das entsprechende Feststellungsinteresse desAntragstellers resultiert aus <strong>der</strong> Bindungswirkung <strong>der</strong> getroffenen Feststellung füreinen späteren Schadensersatzprozess (VK Düsseldorf, B. v. 28.09.2007 - Az.: VK -27/2007 – B).An<strong>der</strong>er Auffassung ist insoweit die VK Schleswig-Holstein. Nimmt ein Bieter erst dieAufhebung selbst zum Anlass, überhaupt das Nachprüfungsverfahren einzuleiten, hatsich demnach nicht das Nachprüfungsverfahren durch die angegriffene Aufhebungerledigt. Der Bieter kann sich infolgedessen nicht auf ein gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 GWBohnehin nur ausnahmsweise anerkanntes Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Dies istauch insofern sachgerecht, als <strong>der</strong> Bieter noch auf gar keine „Früchte“ zurückgreifenkann, das Verfahren gerade noch nicht unter entsprechendem Aufwand einen bestimmtenStand erreicht hat. Mit dem Gedanken <strong>der</strong> Prozessökonomie nicht vereinbar wäre es,gleich zwei bzw. drei Nachprüfungsinstanzen - nämlich vorliegend die <strong>Vergabekammer</strong>und ggfs. den Vergabesenat sowie das für einen etwaigen Schadensersatzanspruch zuständigeZivilgericht - mit dem Begehren des Bieters zu beschäftigen, da die erkennende Kammernaturgemäß über den hinter dem Feststellungsantrag stehenden begehrten Schadensersatz garnicht entscheiden kann. Dem Bieter wird auch kein Rechtsschutz abgeschnitten. Diebeantragte Feststellung kann ohne Weiteres im Schadensersatzprozess inzident getroffenwerden. So ist dies gerade <strong>der</strong> einfachere Weg zur Erreichung des Rechtsschutzziels, <strong>der</strong> eineangesichts <strong>der</strong> endgültigen Aufgabe <strong>der</strong> Vergabeabsicht unnötige Anrufung <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> vermeidet. Zudem ist <strong>der</strong> Rechtsschutz durch die Zivilgerichte im Vergleichzu dem durch die <strong>Vergabekammer</strong> gewährten insbeson<strong>der</strong>e deshalb nicht geringer , weil einAusspruch, den Auftraggeber zu einer bestimmten Handlung im Vergabeverfahren zuzwingen, wegen <strong>der</strong> endgültigen Aufgabe <strong>der</strong> Vergabeabsicht ohnehin ausscheidet (VKSchleswig-Holstein, B. v. 04.02.2008 - Az.: VK-SH 28/07).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010232323242325Nicht ausreichend ist hingegen, wenn mit dem Feststellungsantrag allein eine <strong>Entscheidung</strong>in <strong>der</strong> Sache angestrebt wird, damit die <strong>Vergabekammer</strong> eine - für den Antragstellergünstige - Kostenentscheidung trifft. Der Umstand, dass bei Erledigung desNachprüfungsverfahrens vor einer Sachentscheidung <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> es für dieKostenentscheidung auf die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags nicht ankommt, kannkein eigenes Feststellungsinteresse begründen. Nachprüfungsverfahren dienen allein demPrimärrechtsschutz und <strong>der</strong> Verhin<strong>der</strong>ung eines dem Bieter infolge rechtswidrigerVergabe entstehenden Schadens. Die Kostenregelung in § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB inVerbindung mit § 13 Verwaltungskostengesetz, nach <strong>der</strong> Kostenschuldner desNachprüfungsverfahrens <strong>der</strong>jenige ist, <strong>der</strong> durch Stellung eines Nachprüfungsantrags dasVerfahren in Gang gesetzt hat, führt nicht zu einem Ausschluss effektiven Rechtsschutzes imNachprüfverfahren (1. VK Brandenburg, B. v. 09.09.2005 - Az.: VK 33/05; 2. VK Bund, B.v. 21.05.2008 - Az.: VK 2 – 40/08; B. v. 14.02.2007 - Az.: VK 2 - 158/06; B. v. 02.09.2005 -Az.: VK 2 – 57/05; B. v. 29.12.2004 - Az.: VK 2 – 136/03; B. v. 16.02.2004 - Az.: VK 2 –22/04; 1. VK Sachsen, B. v. 17.01.2007 - Az.: 1/SVK/002-05; im Ergebnis ebenso OLGDüsseldorf, B. v. 23.03.2005 - Az.: VII - Verg 77/04; B. v. 02.03.2005 - Az.: VII - Verg70/04). Es wi<strong>der</strong>spräche auch den Grundsätzen <strong>der</strong> Prozessökonomie, den in <strong>der</strong>Hauptsache erledigten Rechtsstreit allein im Hinblick auf die Verfahrenskosten einesAntragstellers noch einer eingehenden sachlichen und rechtlichen Prüfung zu unterziehen,obwohl <strong>der</strong> Antragsgegner den gerügten Vergabefehler beseitigt hat. Im Übrigen würde dieBejahung eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Hinblick auf die Kostenfolge dieRechtsprechung des BGH bezüglich <strong>der</strong> Nichtbeachtlichkeit <strong>der</strong> Erfolgsaussichten einesNachprüfungsantrags bei nachfolgen<strong>der</strong> Erledigung leer laufen lassen (2. VK Bund, B. v.21.05.2008 - Az.: VK 2 – 40/08).An<strong>der</strong>er Auffassung ist insoweit die VK Lüneburg. Das anzuerkennende wirtschaftlicheInteresse eines Antragstellers ergibt sich aus <strong>der</strong> Tatsache, dass <strong>der</strong> Antragsteller durch dieErledigung des Nachprüfungsverfahrens aufgrund des Regelungsgehalts des § 128 GWB und<strong>der</strong> dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seine eigenenRechtsanwaltskosten selbst tragen muss, wenn er keinen Fortsetzungsfeststellungsbeschluss<strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> herbeiführt. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom09.12.2003 (Az. X ZB 14/03) grundsätzlich entschieden, dass im Falle einerVerfahrensbeendigung ohne <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> zur Sache <strong>der</strong> Antragstellerdie für die Tätigkeit <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> entstandenen Kosten zu tragen hat und eineErstattung <strong>der</strong> außergerichtlichen Kosten <strong>der</strong> Beteiligung nicht stattfindet. Auf dieErfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags komme es für die Kostenentscheidung nicht an.Etwas an<strong>der</strong>es ergibt sich auch nicht aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat die Kostenabweichend von § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG <strong>der</strong> Beteiligtezu tragen, <strong>der</strong> im Verfahren unterliegt. Ein solcher Tatbestand liegt nach Auffassung desBundesgerichtshofs im Falle <strong>der</strong> Erledigung des Nachprüfungsverfahrens ohne <strong>Entscheidung</strong><strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> aber nicht vor. Ein Antragsteller kann diese für ihn negativeKostenfolge des § 128 GWB daher nur im Wege eines stattgebendenFortsetzungsfeststellungsbeschlusses abwenden (VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 21.08.2009 -Az.: VgK-43/2009; B. v. 21.08.2009 - Az.: VgK-42/2009; VK Lüneburg, B. v. 26.06.2007 -Az.: VgK-29/2007; B. v. 17.10.2006 - Az.: VgK-25/2006; B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-43/2005; B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-41/2005; im Ergebnis ebenso VK Düsseldorf, B. v.23.05.2008 - Az.: VK - 7/2008 – L; VK Münster, B. v. 22.09.2009 - Az.: VK 13/09; VKSüdbayern, B. v. 05.03.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-01-01/07).Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch, wenn die Feststellung nur <strong>der</strong> Klärung abstrakterRechtsfragen - wie <strong>der</strong> zivilrechtlichen Wirksamkeit eines Vertrages - dienen soll und


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010mit ihr die Position desjenigen, <strong>der</strong> die Feststellung begehrt, nicht verbessert werden kann(OLG Düsseldorf, B. v. 04.05.2009 - Az.: VII-Verg 68/08; B. v. 23.03.2005 - Az.: VII - Verg77/04; B. v. 02.03.2005 - Az.: VII - Verg 70/04; 2. VK Bund, B. v. 29.12.2004 - Az.: VK 2 –136/03).23.5.2.2 Zulässiger Nachprüfungsantrag23262327Für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrages ist Voraussetzung, dass <strong>der</strong>Nachprüfungsantrag überhaupt zulässig war, denn einem Antragsteller soll kein Vorteildaraus erwachsen, dass ein von vornherein unzulässiger Antrag gegenstandslos geworden ist(OLG Koblenz, B. v. 04.02.2009 - Az.: 1 Verg 4/08; OLG Naumburg, B. v. 17.05.2006 - Az.:1 Verg 3/06; BayObLG, B. v. 1.7.2003 - Az.: Verg 3/03; VK Nordbayern, B. v. 27.06.2008 -Az.: 21.VK - 3194 - 10/08; 2. VK Bund, B. v. 09.05.2005 - Az.: VK 2 – 20/05; B. v.08.06.2005 - Az.: VK 2 - 48/05; VK Hessen, B. v. 30.03.2009 - Az.: 69 d VK - 66/2008; VKSchleswig-Holstein, B. v. 02.02.2005 - Az.: VK-SH 01/05; VK Baden-Württemberg, B. v.03.05.2004 - Az.: 1 VK 14/04; 2. VK Brandenburg, B. v. 20.12.2001 - Az.: 2 VK 108/01).Dies bedeutet, dass für den erledigten Nachprüfungsantrag auch die Antragsbefugnis imSinne von § 107 Abs. 2 GWB vorgelegen haben muss und die gemäß § 107 Abs. 3 GWBbestehende Rügeobliegenheit erfüllt worden sein (OLG Frankfurt, B. v. 02.11.2004 - Az.: 11Verg. 16/04).23.5.2.3 Begründeter Nachprüfungsantrag23282328/1Grundvoraussetzung für die Feststellung <strong>der</strong> Rechtsverletzung ist weiterhin, dass einAntragsteller mit seinem ursprünglich gestellten Nachprüfungsantrag Erfolg gehabthätte. Denn die Rechtswidrigkeitsfeststellung stellt die Fortsetzung des Primärrechtschutzesdar. Hätte <strong>der</strong> Nachprüfungsantrag bzw. die sofortige Beschwerde als unbegründetzurückgewiesen werden müssen, kann <strong>der</strong> Antragsteller nicht in seinen Rechten nach § 97Abs. 7 GWB verletzt worden sein (BayObLG, B. v. 08.12.2004 - Az.: Verg 019/04; VKNordbayern, B. v. 27.06.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 10/08; 1. VK Saarland, B. v. 01.10.2007- Az.: 1 VK 02/2007).Die für die <strong>Entscheidung</strong> über Schadensersatzansprüche zuständigen ordentlichen Gerichtesind an die eine Rechtsverletzung bestandskräftig feststellende <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong>Vergabenachprüfungsinstanzen gebunden (§ 124 Abs. 1 GWB). Dagegen ist imVergabenachprüfungsverfahren kein Raum für eine Prüfung <strong>der</strong> Erfolgsaussichteneines Schadensersatzbegehrens. Abgesehen von einer dem Grunde nach eintretendenBindungswirkung an die Vergabenachprüfungsentscheidung obliegt die diesbezüglichePrüfung dem mit einer Schadensersatzklage befassten ordentlichen Gericht (OLGDüsseldorf, B. v. 02.10.2008 – Az.: VII – Verg 25/08).23.5.2.4 Keine Einleitung eines Feststellungsverfahrens allein mit dem Zielvon Schadenersatzansprüchen2329Wenn ein Antragsteller bereits mit <strong>der</strong> Stellung des Nachprüfungsantrags kein Interessemehr an einer Zuschlagserteilung auf sein Angebot hat, kann er auch keinen zulässigen


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Fortsetzungsfeststellungsantrag stellen; er ist auf Schadenersatzansprüche beschränkt, dieim Zivilrechtsweg zu verfolgen sind (2. VK Bund, B. v. 08.06.2005 - Az.: VK 2 - 48/05).2329/1Für die Feststellung des Bestehens einer Schadenersatzpflicht des Antragsgegners istwe<strong>der</strong> die <strong>Vergabekammer</strong> noch <strong>der</strong> Vergabesenat zuständig; dies ist Sache <strong>der</strong>Zivilgerichte. Ein entsprechen<strong>der</strong> Antrag ist deshalb unzulässig (OLG Naumburg, B. v.16.10.2007 - Az.: 1 Verg 6/07).23.5.2.5 Keine Einleitung eines Feststellungsverfahrens nachVertragsschluss233023312332§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB sieht - soweit eine Beendigung des Vergabeverfahrens durchZuschlagserteilung inmitten steht - die Feststellung einer Rechtsverletzung nur in Fällen vor,in denen <strong>der</strong> Nachprüfungsantrag vor wirksamer Erteilung des Auftrags angebracht worden istund während des Nachprüfungsverfahrens <strong>der</strong> Zuschlag erfolgt (BayObLG, B. v.2.8.2001 - Az.: Verg 8/01). Zweck <strong>der</strong> von § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ermöglichtenÜberleitung in ein Feststellungsverfahren ist es, in einem Nachprüfungsverfahren bereitserarbeitete Ergebnisse zu erhalten und so eine nochmalige gerichtliche Überprüfung <strong>der</strong>selbenSach- und Rechtsfragen zu vermeiden. Dagegen ist es nicht Aufgabe desNachprüfungsverfahrens, außerhalb des Primärrechtsschutzes auch überSchadenersatzansprüche eines am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmens zu befinden(BayObLG, B. v. 19.12.2000 - Az.: Verg 7/00; VK Schleswig-Holstein, B. v. 02.02.2005 -Az.: VK-SH 01/05).Ein Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ist also dann unzulässig, wenn einVergabeverfahren zum Zeitpunkt des Einreichens des Antrags durch bereits erfolgtewirksame Erteilung eines Auftrags beendet wurde (Saarländisches OLG, B. v. 06.04.2005 -Az.: 1 Verg 1/05; OLG Naumburg, B. v. 30.5.2002 - Az.: 1 Verg 14/01). Dies gilt auch füreine wirksame Auftragserteilung außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens (VKSchleswig-Holstein, B. v. 02.02.2005 - Az.: VK-SH 01/05; VK Baden-Württemberg, B. v.26.3.2002 - Az.: 1 VK 7/02).Im Fall <strong>der</strong> Aufhebung einer Ausschreibung ist ein Feststellungsantrag aber auch dannzulässig, wenn die Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung vor <strong>der</strong> Anrufung <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> erfolgt (OLG Düsseldorf, B. v. 27.07.2005 - Az.: VII - Verg 108/04; VKSüdbayern, B. v. 17.08.2004 - Az.: 20-04/04). In solchen Fällen ermöglicht § 114 Abs. 2 S. 2GWB den Beteiligten den Antrag auf Feststellung einer Rechtsverletzung. Dies giltunabhängig davon, ob ein Aufhebungsgrund nach § 26 VOL/A bzw. VOB/A gegeben isto<strong>der</strong> nicht (OLG Düsseldorf, B. v. 27.07.2005 - Az.: VII - Verg 108/04).23.5.2.6 Beginn des Nachprüfungsverfahrens2333Wann das Nachprüfungsverfahren beginnt, ist im GWB (und auch an an<strong>der</strong>er Stelle) nichtgeregelt. Es wird in <strong>der</strong> Literatur insoweit die Auffassung vertreten, dass dasNachprüfungsverfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> nicht mit Antragstellung, son<strong>der</strong>n erst dannbeginnt, wenn die <strong>Vergabekammer</strong> eine nach außen wirkende Tätigkeit aufnimmt, dieauf die Prüfung <strong>der</strong> Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass <strong>der</strong> durchVerwaltungsakt zu treffenden <strong>Entscheidung</strong> gerichtet ist. Demgegenüber stellt dieRechtsprechung (1. VK des Bundes, B. v. 17.11.1999 - Az.: VK 1 - 17/99; OLG Düsseldorf,


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010B. v. 13.4.1999 - Az.: Verg 1/99; OLG Frankfurt, B. v. 13.7.2009 - Az.: 11 Verg 1/09) auf dieRechtshängigkeit des Antrages ab, wobei <strong>der</strong> Zeitpunkt <strong>der</strong> Rechtshängigkeit aus <strong>der</strong>VwGO entnommen wird, wonach Rechtshängigkeit schon im Zeitpunkt des Einganges <strong>der</strong>Klageschrift bei Gericht und nicht erst (wie im Zivilprozess) mit Zustellung <strong>der</strong> Klage anden Beklagten eintritt. Dieser Rechtsauffassung schließt sich die Kammer an, da es zu einernicht zu vertretenden Rechtsunsicherheit führen würde, wollte man bei <strong>der</strong> Ermittlung <strong>der</strong>Frage, wann das Nachprüfungsverfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> beginnt, tatsächlich daraufabstellen, wann die VK eine nach außen wirkende Tätigkeit aufnimmt (VK Bremen, B. v.16.7.2003 - Az.: VK 12/03).23.5.2.7 Erledigung des Nachprüfungsverfahrens2333/123342334/1Nur in den Fällen, in denen sich das Nachprüfungsverfahren bereits erledigt hat, ist die<strong>Vergabekammer</strong> o<strong>der</strong> Vergabesenat befugt, isoliert festzustellen, ob eineRechtsverletzung vorgelegen hat. Ist ein Vergabeverfahren noch nicht abgeschlossen, kanndie bloße Feststellung einer Rechtsverletzung nicht geeignet sein, die beanstandeteRechtsverletzung zu beseitigen (VK Schleswig-Holstein, B. v. 17.09.2008 - Az.: VK-SH10/08).Bei Erledigung <strong>der</strong> Hauptsache ist die Einstellung des Verfahrens auszusprechen (§ 92Abs. 3 VwGO analog); außerdem sind von Amts wegen die Kosten <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>festzusetzen sowie über die Kostentragung <strong>der</strong> Verfahrensbeteiligten(Kostengrundentscheidung) und grundsätzlich über die Notwendigkeit <strong>der</strong> Hinzuziehungeines Bevollmächtigten zu entscheiden (VK Arnsberg, B. v. 10.11.2008 - Az.: VK 22/08; B.v. 12.02.2008 - Az.: VK 44/07; VK Saarland, B. v. 20.08.2007 - Az.: 1 VK 01/2007; VKHessen, B. v. 02.06.2004 - Az.: 69 d VK – 69/2002; VK Thüringen, B. v. 04.03.2009 - Az.:250-4003.20-5545/2008-032-GRZ).Für die Feststellung <strong>der</strong> Erledigung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrenskommt es auf die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit desNachprüfungsantrages nicht an (OLG Naumburg, B. v. 23.04.2009 - Az.: 1 Verg 5/08).23.5.2.7.1 Erledigung durch Zuschlag2335Unter den Begriff des Zuschlags im Sinne von § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB fällt je<strong>der</strong>Vertragsschluss, mit dem ein öffentlicher Auftrag vergeben wird, auch wenn dies unterVerstoß gegen eine Vergabebestimmung wie <strong>der</strong> Ausschreibungspflicht geschieht. DerZuschlag als Annahmeerklärung ist nicht auf den Fall reduziert, in dem mit Vertragsschlussein förmliches Vergabeverfahren abgeschlossen wird; er erfasst auch den Fall, in dem einöffentlicher Auftraggeber einen bestehenden Bedarf extern im Vertragswege ohne vorherigeDurchführung eines Vergabeverfahrens deckt (1. VK Bund, B. v. 13.7.2001 - Az.: 1 - 19/01).23.5.2.7.2 Erledigung durch Aufhebung2336Der Auftraggeber kann das Ausschreibungsverfahren auch noch während einesVergabenachprüfungsverfahrens aufheben. Diese Kompetenz ist Ausfluss seiner (vergabe-)verfahrensrechtlichen Dispositionsbefugnis: Zivilrechtlich betrachtet stellt dieAusschreibung nämlich eine Auffor<strong>der</strong>ung zur Angebotsabgabe dar, die keine Bindung und


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010keinen Kontrahierungszwang für die Vergabestelle in dem Sinne begründet, auf eines <strong>der</strong>eingehenden Angebote einen Zuschlag erteilen und damit einen Vertrag abschließen zumüssen. Ebenso wenig besteht auf Seiten <strong>der</strong> Bieter ein Anspruch darauf, dass dieVergabestelle das Verfahren mit einem Zuschlag abschließt. An dieser zu Grundeliegenden zivilrechtlichen Konstellation än<strong>der</strong>t § 26 VOB/A nichts. Die Frage, ob dieAufhebung durch einen <strong>der</strong> in § 26 VOB/A normierten Gründe gedeckt ist, erhält lediglichBedeutung für mögliche Ansprüche auf Ersatz des Vertrauensschadens (1. VK Saarland, B. v.01.10.2007 - Az.: 1 VK 02/2007). Wenden sich die Bieter nicht gegen die Aufhebung o<strong>der</strong>wird die Wirksamkeit <strong>der</strong> Aufhebung in einem Nachprüfungsverfahren bestätigt, hat sich dasAusschreibungsverfahren erledigt (VK Südbayern, B. v. 05.03.2007 - Az.: Z3-3-3194-1-01-01/07).233723382339Hat ein Unternehmen mit dem Ziel <strong>der</strong> Erlangung primären Vergaberechtsschutzes dieAufhebung des ausgeschriebenen Vergabeverfahrens zum Gegenstand einer Nachprüfunggemacht, ist die <strong>Vergabekammer</strong> bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses desUnternehmens auf dessen Antrag auch zur Feststellung <strong>der</strong> durch die Aufhebungeingetretenen Rechtsverletzung befugt, wenn sich herausstellt, dass trotz desVergabeverstoßes aufgrund des dem Auftraggeber zustehenden<strong>Entscheidung</strong>sspielraums eine auf die Fortsetzung des aufgehobenen Vergabeverfahrensgerichtete Anordnung nicht ergehen kann (OLG Düsseldorf, B. v. 23.03.2005 - Az.: VII -Verg 76/04; B. v. 08.03.2005 - Az.: VII - Verg 40/04). Für eine solche Befugnis sprechenzudem Gründe <strong>der</strong> Prozessökonomie, denn mit <strong>der</strong> Kernfrage <strong>der</strong> Rechtmäßigkeit <strong>der</strong>angefochtenen Aufhebung werden die <strong>Vergabekammer</strong> o<strong>der</strong> das Beschwerdegereichtzuständigkeitshalber bereits im Rahmen <strong>der</strong> Gewährung primären Vergaberechtsschutzesbefasst (OLG Düsseldorf, B. v. 23.03.2005 - Az.: VII - Verg 76/04).In einem solchen Fall muss <strong>der</strong> Antragsteller seinen Antrag vom Primärrechtsschutz auf denSekundärrechtsschutz umstellen. Unterlässt dies ein Antragsteller, hat dies zur Folge, dassmangels Antrags die <strong>Vergabekammer</strong> den Nachprüfungsantrag nur noch zurückweisenkann, weil er sich „in sonstiger Weise“ erledigt hat (1. VK Saarland, B. v. 01.10.2007 - Az.: 1VK 02/2007).Eine vergaberechtswidrige Aufhebung hat zwar grundsätzlich keineErledigungswirkung, jedoch stellt eine gleichwohl erfolgte, wirksame Abstandnahme vomVergabeverfahren eine Erledigung „in sonstiger Weise“ dar (OLG Düsseldorf, B. v.16.02.2005 - Az.: VII - Verg 72/04; 1. VK Saarland, B. v. 01.10.2007 - Az.: 1 VK 02/2007).Dies folgt aus § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB, <strong>der</strong> besagt, dass, für den Fall, dass sich dasNachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung o<strong>der</strong> durchEinstellung des Vergabeverfahrens o<strong>der</strong> in sonstiger Weise erledigt hat, die <strong>Vergabekammer</strong>auf Antrag eines Beteiligten feststellt, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat; mit an<strong>der</strong>enWorten: Auch dann, wenn das Vergabeverfahren nicht durch Erteilung des Zuschlages,son<strong>der</strong>n durch Aufhebung, Einstellung o<strong>der</strong> in sonstiger Weise schon abgeschlossen ist,macht das Vergabenachprüfungsverfahren, das dem Primärrechtsschutz des einzelnenAntragstellers dient, keinen Sinn mehr. Zwar ist die Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung beieinem Vergaberechtsverstoß an sich wie<strong>der</strong> rückgängig zu machen, gleichwohl kann aber eineAnordnung an den öffentlichen Auftraggeber, mit dem Ausschreibungsverfahrenfortzufahren, ausgeschlossen sein. Dies ist beispielsweise <strong>der</strong> Fall, wenn <strong>der</strong> öffentlicheAuftraggeber den ausgeschriebenen Auftrag endgültig nicht vergeben will o<strong>der</strong> nichtkann und deshalb die Aufhebung <strong>der</strong> Ausschreibung veranlasst (1. VK Saarland, B. v.01.10.2007 - Az.: 1 VK 02/2007).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.5.2.7.3 Erledigung durch Einstellung eines Vergabeverfahrens2340Zwar führt die Einstellung des Vergabeverfahrens nicht schon aufgrund § 114 Abs. 2 Satz 2GWB zwingend auch zur Erledigung des anhängigen Nachprüfungsverfahrens, son<strong>der</strong>nes ist jeweils anhand <strong>der</strong> Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob sich das anhängigeNachprüfungsverfahren erledigt hat. Denn neben <strong>der</strong> Fortführung desNachprüfungsverfahrens im Wege eines Fortsetzungsfeststellungsantrags nach § 114 Abs. 2Satz 2 GWB - bei entsprechen<strong>der</strong> Umstellung des Antrags - kann auch noch in Fortführungdes anhängigen Nachprüfungsverfahrens die Rechtmäßigkeit <strong>der</strong> Einstellung desVergabeverfahrens überprüft werden (1. VK Bund, B. v. 23.12.2003 - Az.: VK 1 - 119/03).23.5.2.7.4 Erledigung durch übereinstimmende Erklärung von Antragsteller undAntragsgegner234123422343Erklären <strong>der</strong> Antragsteller und <strong>der</strong> Antragsgegner das Verfahren für erledigt, dann ist die<strong>Vergabekammer</strong> daran gebunden. Denn beide verzichten dann mit <strong>der</strong> Erledigungserklärungauf die Sachentscheidung. Ein solcher Verzicht gehört zur Dispositionsbefugnis <strong>der</strong>Beteiligten, die dem für die <strong>Vergabekammer</strong> geltenden Untersuchungsgrundsatzvorgeschaltet ist. Eine Überprüfung, ob eine Erledigung tatsächlich eingetreten ist, scheidetdaher aus (VK Arnsberg, B. v. 12.02.2008 - Az.: VK 44/07; VK Saarland, B. v. 20.08.2007 -Az.: 1 VK 01/2007; VK Schleswig-Holstein, B. v. 07.03.2007 – Az.: VK-SH 03/07; VKHamburg, B. v. 19.9.2003 - Az.: VgK FB 5/03). Eine einseitige Erledigungserklärunghingegen führt nicht ohne weiteres zum Fortfall des Streitgegenstandes, so dass die<strong>Vergabekammer</strong> zu prüfen hat, ob tatsächlich eine Erledigung eingetreten ist (2. VKBund, B. v. 14.02.2007 - Az.: VK 2 - 158/06).Die weiteren Verfahrensbeteiligten im Sinne von § 109 müssen Erledigungserklärungenwe<strong>der</strong> zustimmen noch können sie wi<strong>der</strong>sprechen, da sie allein durch die Beendigung desVerfahrens nicht materiell beschwert sind (VK Hessen, B. v. 10.3.2003 - Az.: 69 d VK -06/2003). Allenfalls kommt es daher für sie in Betracht, gegen die neu eingetretenentatsächlichen Umstände, die <strong>der</strong> Erledigung zugrunde liegen, eigenständig vorzugehen, wennsie sich dadurch beschwert fühlen (VK Südbayern, B. v. 30.1.2001 - Az.: 09-05/00).Da sich das Nachprüfungsverfahren dadurch gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 in sonstiger Weiseerledigt hat, ist es einzustellen und nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden(VK Schleswig-Holstein, B. v. 07.03.2007 – Az.: VK-SH 03/07; VK Baden-Württemberg, B.v. 12.04.2006 - Az.: 1 VK 12/06; VK Südbayern, B. v. 28.1.2003 - Az.: 52-11/02).23.5.2.7.5 Erledigung durch eine auf § 115 Abs. 3 GWB beruhende<strong>Entscheidung</strong>?2344Die Erledigung eines Nachprüfungsantrages ist nicht bereits mit einem Beschluss <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> eingetreten, <strong>der</strong> auf § 115 Abs. 3 GWB beruht. Die entsprechendeAnordnung hat zwar dazu geführt, dass <strong>der</strong> Antragsteller (vorerst) nicht damit rechnenmusste, dass <strong>der</strong> Auftraggeber die Arbeiten für einen längeren Zeitraum freihändig vergebenwürde. Sie ist indessen nicht geeignet, das Rechtsschutzbedürfnis für einen nachfolgendenNachprüfungsantrag entfallen zu lassen. Denn die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> istvorläufiger Natur. Es ist nicht auszuschließen, dass die <strong>Vergabekammer</strong> den


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Nachprüfungsantrag im offenen Verfahren im Ergebnis dennoch zurückweisen und ihreEilanordnung gemäß § 115 Abs. 3 wie<strong>der</strong> aufheben würde (OLG Celle, B. v. 29.8.2003 - Az.:13 Verg 15/03).23.5.2.7.6 Erledigung durch Beseitigung des gerügten Rechtsverstoßes durch denAuftraggeber234523462347Die Rechtsprechung ist insoweit nicht einheitlich.Nach einer Auffassung hat sich das Nachprüfungsverfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> erledigt,wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Wertung z.B. einesNebenangebots eines Beigeladenen im Raum steht und <strong>der</strong> Auftraggeber den gerügtenRechtsverstoß beseitigt. Dann ist die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens bereits aufan<strong>der</strong>e Weise als durch <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> wie<strong>der</strong> hergestellt, so dass vor <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> das primäre Rechtsschutzziel nicht mehr erreicht werden kann(BayObLG, B. v. 20.09.2004 - Az.: Verg 021/04).Nach an<strong>der</strong>er Meinung wird dadurch, dass sich <strong>der</strong> Auftraggeber dem Antrag desAntragstellers anschließt, also nunmehr im Ergebnis den Zuschlag z.B. auf das Angebot desAntragstellers erteilen will, keine Erledigung des Verfahrens wie etwa bei einer Rücknahmedes Nachprüfungsantrages erreicht. Die Kammer bleibt durch den bestehendenNachprüfungsantrag zur <strong>Entscheidung</strong> befugt. Das Sachentscheidungsinteresse desAntragstellers ist zwar in <strong>der</strong> Hauptsache hinfällig geworden, aber <strong>der</strong> Beigeladene hatweiterhin das Interesse an <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> in <strong>der</strong> Hauptsache, denn er soll denAuftrag nunmehr nicht erhalten (VK Hannover, B. v. 17.11.2004 - Az.: 26045 - VgK11/2004).23.5.2.7.7 Erledigung in sonstiger Weise23482348/12349Eine Erledigung in sonstiger Weise liegt – ebenso wie bei den gesetzlich ausdrücklichgenannten Fällen – dann vor, wenn das Nachprüfungsverfahren gegenstandslos wird. Dieskommt vor allem bei einer Nachbesserung des Vergabeverfahrens durch dieVergabestelle vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens in Betracht, durch die demAntragsteller seine Beschwer genommen wird (VK Nie<strong>der</strong>sachsen, B. v. 21.08.2009 - Az.:VgK-43/2009; B. v. 21.08.2009 - Az.: VgK-42/2009; VK Lüneburg, B. v. 26.06.2007 - Az.:VgK-29/2007; B. v. 17.10.2006 - Az.: VgK-25/2006; B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-43/2005;B. v. 05.01.2006 - Az.: VgK-41/2005).Eine Erledigung ist auch dann eingetreten, wenn <strong>der</strong> Antragsteller seinenNachprüfungsantrag teilweise zurücknimmt und hinsichtlich des verbleibenden Teils <strong>der</strong>Auftraggeber den Antragsteller klaglos stellt (VK Schleswig-Holstein, B. v. 17.07.2007 -Az.: VK-SH 05/07).Als eine Erledigung im Sinne <strong>der</strong> Vorschrift des § 114 Abs. 2 ist es nicht anzusehen, wennein Bieter, <strong>der</strong> im Nachprüfungsverfahren ursprünglich die Erteilung des Zuschlages auf seinAngebot begehrt hat, nach ihm von <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> gewährter Akteneinsicht in dieUnterlagen <strong>der</strong> Vergabestelle dieses Begehren wegen fehlen<strong>der</strong> Erfolgsaussicht aufgibt(OLG Naumburg, B. v. 4.9.2001 - Az.: 1 Verg 8/01).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102349/1Eine Erledigung kann - unabhängig davon, ob <strong>der</strong> Zuschlag auf ein Angebot wirksam o<strong>der</strong>nach § 13 S. 6 VgV nichtig ist - jedenfalls dadurch eintreten, dass die ausgeschriebenenArbeiten inzwischen weitgehend abgeschlossen sind. Der Bedarf des Auftraggebers, <strong>der</strong>mit <strong>der</strong> Ausschreibung gedeckt werden sollte, besteht daher nicht mehr fort (2. VK Bund, B.v. 24.07.2007 - Az.: VK 2 - 69/07).23.5.2.7.8 Weitere Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung2350• die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages als unbegründet stellt keinen Fall <strong>der</strong>wirksamen Beendigung des Nachprüfungsverfahrens im Sinne von § 114 Abs. 2 GWBdar (1. VK Brandenburg, B. v. 16.05.2007 - Az.: 1 VK 13/07)• <strong>der</strong> Hilfsantrag des Antragstellers hat sich in sonstiger Weise erledigt, indem <strong>der</strong>Auftraggeber die <strong>Entscheidung</strong> aktenkundig gemacht hat, ein förmlichesVergabeverfahren durchführen zu wollen „Erledigung durch Heilung“ – (VKDüsseldorf, B. v. 12.09.2006 - Az.: VK - 37/2006 – L)23.5.2.7.9 Erledigung während eines laufenden Nachprüfungsverfahrens2351Nach § 114 Abs. 2 GWB stellt die <strong>Vergabekammer</strong> auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eineRechtsverletzung vorgelegen hat, wenn sich das Nachprüfungsverfahren u.a. durch Erteilungdes Zuschlags o<strong>der</strong> durch eine entsprechende Erklärung des Antragstellers erledigt hat.Entsprechend dem Wortlaut dieser Vorschrift muss die Erledigung während eineslaufenden Nachprüfungsverfahrens eintreten, das Verfahren also bereits begonnenhaben (2. VK Brandenburg, B. v. 10.06.2005 - Az.: VK 18/05; VK Schleswig-Holstein, B. v.31.05.2005 - Az.: VK-SH 09/05).23.5.2.7.10 Zeitpunkt <strong>der</strong> Erledigung2351/1Für das Vorliegen eines Feststellungsinteresses ist nicht etwa auf den Zeitpunkt abzustellen,in dem <strong>der</strong> Nachprüfungsantrag gestellt wurde. Vielmehr müssen im Zeitpunkt <strong>der</strong><strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> sämtliche Sachentscheidungsvoraussetzungenvorliegen. Auch wenn im Zeitpunkt <strong>der</strong> Einreichung des Nachprüfungsantrags demAntragsteller noch ein Schaden gedroht haben sollte, vermag dies daher nach <strong>der</strong> Abhilfedurch den Auftraggeber ein Feststellungsinteresse nicht zu begründen (2. VK Bund, B. v.21.05.2008 - Az.: VK 2 – 40/08).23.5.2.8 Unzulässigkeit eines Antrages auf Feststellung, dass dieDurchführung des Verhandlungsverfahrens rechtmäßig war2352Ein Antrag, festzustellen, dass die Durchführung des Verhandlungsverfahrensrechtmäßig war, ist unzulässig, weil ein solcher Antrag we<strong>der</strong> gemäß §§ 107 ff., 114 GWBvorgesehen ist, noch im Hinblick auf § 125 GWB als zulässig angesehen werden kann.Diesem Antrag kann auch keine eigenständige Bedeutung zugemessen werden, daausschließlich <strong>der</strong> - in diesem Antrag enthaltene - Abweisungsantrag maßgeblich ist (VK


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Hessen, B. v. 21.3.2003 - Az.: 69 d VK - 11/2003, B. v. 29.11.2001 - Az.: 69 d VK -42/2001).23.5.2.9 Unzulässigkeit eines Antrages auf Feststellung einer eventuellenVertragsnichtigkeit2353Ein Antrag, festzustellen, dass „die Zuschlagserteilung ebenso nichtig ist wie ein daraufhinetwa abgeschlossener Bauwerksvertrag“, ist als Fortsetzungsfeststellungsantrag unzulässig.Gemäß §§ 114 Abs. 2 Satz 2, 123 Satz 3, 4 GWB stellt die <strong>Vergabekammer</strong>/<strong>der</strong>Vergabesenat, wenn sich das Nachprüfungsverfahren durch die Erteilung des Zuschlagserledigt hat, auf Antrag fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. Nur diese Feststellungist zu treffen, und zwar mit <strong>der</strong> Angabe, durch welches Verhalten des Auftraggebers <strong>der</strong>Antragsteller in seinen Rechten verletzt wurde. Die Feststellung umfasst indes nicht die sichaus dem Vergaberechtsfehler ergebenden Rechtsfolgen. Deshalb ist ein Antrag,festzustellen, dass die durch die Vergabestelle ausgesprochene Zuschlagserteilungnichtig war, nicht statthaft (OLG Celle, B. v. 08.12.2005 - Az.: 13 Verg 2/05).23.5.2.10 Unzulässigkeit eines Antrages auf Feststellung einer bereitserfolgten Beauftragung2354Ein Antrag auf Feststellung einer bereits erfolgten Beauftragung ist imvergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren unstatthaft. Es ist nicht unmittelbar auf einEingreifen <strong>der</strong> Nachprüfungsinstanz in ein schon und noch laufendes Vergabeverfahren, alsoauf Primärrechtsschutz gerichtet, son<strong>der</strong>n lediglich auf eine Feststellung. Feststellungsanträgesind jedoch nur eingeschränkt unter den Voraussetzungen des § 114 Abs. 2 GWB zulässig,also bei wirksamer Beendigung des Vergabeverfahrens während des laufendenNachprüfungsverfahrens. Hier wird dem gegenüber von Anfang an nur Feststellung begehrt.Hinzu kommt, dass die begehrte Feststellung sich nicht auf die Feststellung einerVerletzung von vergaberechtlichen Vorschriften bezieht, wie es § 107 Abs. 2 GWBverlangt, son<strong>der</strong>n auf die Klärung einer Rechtsfrage aus dem Bereich des zivilrechtlichenVertragsrechts. Zu einer solchen Feststellung sind die Nachprüfungsinstanzen nach §§ 104Abs. 2, 114 Abs. 1 und Abs. 2 GWB nicht befugt. Hierfür ist allein <strong>der</strong> Rechtsweg zurordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben (OLG Naumburg, B. v. 18.07.2006 - Az.: 1 Verg4/06).23.5.2.11 Zeitliche Befristung?2355Zu <strong>der</strong> Frage, ob <strong>der</strong> Feststellungsantrag einer zeitlichen Befristung unterliegt, vgl. imEinzelnen RZ 2701.23.5.3 Inhalt des Feststellungsantrags23.5.3.1 Vorliegen einer Rechtsverletzung


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102356Die <strong>Entscheidung</strong> im Nachprüfungsverfahren dreht sich allein um den Punkt <strong>der</strong>Rechtsverletzung. Daher kann eine Feststellung, dass dem Antragsteller <strong>der</strong> Zuschlag zuerteilen gewesen wäre, nicht im Feststellungsverfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> entschiedenwerden, son<strong>der</strong>n muss von dem Antragsteller als Anspruchsvoraussetzung im Zivilprozessnachgewiesen werden (VK Südbayern, B. v. 8.2.2002 - Az.: 41-11/01).23.5.3.2 Beispiele aus <strong>der</strong> Rechtsprechung2357• unterlassene Mitteilung nach § 13 VgV (2. VK Brandenburg, B. v. 10.06.2005 - Az.:VK 18/05)• unterlassene Bekanntmachung <strong>der</strong> Wertungskriterien nach § 9a VOL/A (VK Münster,B. v. 21.12.2001 - Az.: VK 22/01)23.5.4 Zwischenentscheidung über die Erledigung infolgeZuschlagserteilung bei einem Antrag auf Primärrechtsschutz2358Eine Zwischenentscheidung <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> in einem Nachprüfungsverfahren, das aufPrimärrechtsschutz gerichtet ist, dass sich das Vergabeüberprüfungsverfahren - soweit aufdie Gewährung von Primärrechtschutz gerichtet - infolge Zuschlagserteilung erledigt hat (§114 Abs. 2 GWB) ist im Gesetz ausdrücklich nicht vorgesehen. Gleichwohl ist eine solcheZwischenentscheidung bei Streit <strong>der</strong> Beteiligten über die Wirksamkeit eines erteiltenZuschlags aus verfahrensökonomischen Gründen zulässig und sachdienlich, weil damitdas regelmäßig eilbedürftige Primärrechtsschutzverfahren einer schnellen Klärung zugeführtwerden kann und die <strong>Vergabekammer</strong> sodann, ohne unter dem Zeitdruck <strong>der</strong> Frist des § 113Abs. 1 GWB zu stehen, über den Antrag eines Beteiligten entscheiden kann, ob eineRechtsverletzung vorgelegen hat (OLG Thüringen, B. v. 9.9.2002 - Az.: 6 Verg 4/02, B. v.16.7.2003 - Az.: 6 Verg 3/03; VK Thüringen, B. v. 09.01.2006 - Az.: 360-4002.20-063/05-EF-S; VK Rheinland-Pfalz, B. v. 12.05.2005 - Az.: VK 17/05; VK Baden-Württemberg, B. v.24.03.2004 - Az.: 1 VK 14/04; VK Südbayern, B. v. 13.3.2003 - Az.: 05-02/03).23.5.5 Sonstige Feststellungsanträge2359Die Rechtsprechung erkennt über den Wortlaut des § 114 Abs. 2 in Zusammenhang mit § 115auch die Statthaftigkeit eines Feststellungsantrages an, <strong>der</strong> darauf gerichtet ist, dass keinZuschlagsverbot besteht; zu den Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 115.23.5.6 Bindungswirkung23.5.6.1 Grundsatz2360Eine Sachentscheidung über den Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 GWB entfaltet nach §124 Abs. 1 GWB Bindungswirkung in einem späteren Zivilprozess über


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Schadensersatzansprüche, die damit bereits dem Grunde nach feststehen (OLG Thüringen,B. v. 19.10.2000 - Az.: 6 Verg 3/00).23.5.6.2 Zulässigkeit zweier <strong>Entscheidung</strong>sträger2361Eine Aufteilung <strong>der</strong> Befugnis nach Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c) <strong>der</strong> Richtlinie 89/665(Feststellung eines Vergabeverstoßes und Zuerkennung von Schadenersatz) auf mehrerezuständige Instanzen (<strong>Vergabekammer</strong>/Vergabesenat sowie Zivilgerichte) verstößt nichtgegen die Vorschriften dieser Richtlinie, da Art. 2 Abs. 2 <strong>der</strong> Richtlinie die Mitgliedstaatenausdrücklich ermächtigt, die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Befugnisse getrenntmehreren Instanzen zu übertragen, die für das Nachprüfungsverfahren unter verschiedenenGesichtspunkten zuständig sind (EuGH, Urteil vom 19.6.2003 - Rechtssache C-315/01).23.5.7 Literatur• Antweiler, Clemens, Erledigung des Nachprüfungsverfahrens i. S. von § 114 II 2 GWB,NZBau 2005, 3523.5.8 Ablehnungsfiktion des § 116 Abs. 2 im Feststellungsverfahren (§114 Abs. 2 Satz 3)2362Im Fortsetzungsfeststellungsverfahren ist nach § 114 Abs. 2 Satz 3 GWB dieBeschleunigungsvorgabe des § 113 Abs. 1 GWB außer Kraft gesetzt und mithin auch diezu ihrer Durchsetzung geschaffene gesetzliche Fiktion <strong>der</strong> Antragsablehnung (OLGNaumburg, B. v. 4.9.2001 - Az.: 1 Verg 8/01).23.5.9 Feststellung eines Verstoßes gegen den EG-Vertrag beiFeststellungsverfahren vor dem EuGH2363Es ist im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens Sache des EuropäischenGerichtshofes, festzustellen, ob die beanstandete Vertragsverletzung vorliegt o<strong>der</strong> nicht,selbst wenn <strong>der</strong> betreffende Mitgliedstaat sie nicht mehr bestreitet. An<strong>der</strong>nfalls könnendie Mitgliedstaaten dadurch, dass sie die Vertragsverletzung einräumen und die sichmöglicherweise daraus ergebende Haftung anerkennen, ein beim Gerichtshof anhängigesVertragsverletzungsverfahren je<strong>der</strong>zeit beenden, ohne dass das Vorliegen <strong>der</strong>Vertragsverletzung und <strong>der</strong> Grund für ihre Haftung jemals gerichtlich festgestellt werdenkann (EuGH, Urteil vom 03.03.2005 - Az.: C-414/03).23.5.10 Fortbestehen eines Verstoßes gegen das Ausschreibungsrechtbei Feststellungsverfahren vor dem EuGH


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.5.10.1 Rechtsprechung23642364/1Wenngleich <strong>der</strong> Gerichtshof im Bereich <strong>der</strong> Vergabe öffentlicher Aufträge entschieden hat,dass bei Ablauf <strong>der</strong> in <strong>der</strong> mit Gründen versehenen Stellungnahme <strong>der</strong> Kommission gesetztenFrist ein Verstoß dann nicht mehr besteht, wenn alle Wirkungen <strong>der</strong> fraglichenAusschreibung zu diesem Zeitpunkt schon erschöpft sind, ergibt sich jedoch ebenfalls aus<strong>der</strong> Rechtsprechung, dass ein Verstoß zu diesem Zeitpunkt fortbesteht, wenn die unterVerletzung <strong>der</strong> Gemeinschaftsbestimmungen über öffentliche Aufträge geschlossenenVerträge weiter fortwirken. Sind z.B. Müllentsorgungsverträge zum Zeitpunkt des Ablaufs<strong>der</strong> in <strong>der</strong> mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht abgeschlossen, besteht<strong>der</strong> vermeintliche Verstoß zu diesem Zeitpunkt noch fort und wird erst zum Zeitpunkt desAblaufs dieser Verträge beendet (EuGH, Urteil vom 18.07.2007 - Az.: C-503/04; Urteil vom09.09.2004 - Az.: C-125/03).Allerdings folgt aus <strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH nicht, dass ein wirksamgeschlossener Vertrag im Vergabenachprüfungsverfahren unbeachtlich wäre. Der EuGHhat ausgeführt, es bestehe eine primärrechtliche Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüberden Europäischen Gemeinschaften, die Folgen von Rechtsverstößen gegenGemeinschaftsrecht zu beseitigen. Dass Art. 2 Abs. 6 UA 2 <strong>der</strong> Rechtsmittelrichtlinie denMitgliedstaaten erlaubt, die Wirkungen geschlossener Verträge aufrechtzuerhalten, än<strong>der</strong>t anjener primärrechtlichen Verpflichtung nichts. Dies bedeutet, dass - wie es Art. 2 Abs. 6 <strong>der</strong>Rechtsmittelrichtlinie und § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB vorsehen - <strong>der</strong> Vertragvergaberechtlich als wirksam anzusehen ist und sich ein übergangener Bieter auf dasvergaberechtswidrige Zustandekommen des Vertrages nicht mit dem Ziel <strong>der</strong>Aufhebung/Beendigung des Vertrages berufen kann, eine Verpflichtung zur Aufhebungdes Vertrages mithin allein primärrechtlich gegenüber <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaftbestehen kann (OLG Düsseldorf, B. v. 30.04.2009 - Az.: VII-Verg 50/08).23.5.10.2 Literatur2365• Heuvels, Klaus, Fortwirken<strong>der</strong> Richtlinienverstoß nach De-facto-Vergaben, NZBau 2005,3223.5.11 Subjektiver Anspruch auf Einleitung einesVertragsverletzungsverfahrens2365/1Nach ständiger Rechtsprechung ist die in Art. 230 Abs. 4 EG genannte Voraussetzung, dasseine natürliche o<strong>der</strong> juristische Person von <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Klage angefochtenen<strong>Entscheidung</strong> unmittelbar betroffen sein muss, nur dann erfüllt, wenn die beanstandeteMaßnahme <strong>der</strong> Gemeinschaft sich auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbarauswirkt und ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerleiErmessensspielraum lässt, ihr Erlass vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus<strong>der</strong> Gemeinschaftsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandtwerden (EuGH, Urteil vom 03.04.2009 - Az.: C-387/08 P).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.20102365/22365/3Zu Sinn und Zweck <strong>der</strong> Richtlinie 89/665 ist festzustellen, dass aus dem Wortlaut ihres Art. 3hervorgeht, dass zum einen das dort vorgesehene Verfahren ausschließlich dieKommission, den betreffenden Mitgliedstaat und die betreffende Vergabebehörde diesesMitgliedstaats betrifft und zum an<strong>der</strong>en die in Art. 3 Abs. 2 <strong>der</strong> Richtlinie vorgeseheneMitteilung den betreffenden Mitgliedstaat gemäß Absatz 3 dieses Artikels verpflichtet,innerhalb von 21 Kalen<strong>der</strong>tagen nach ihrem Eingang <strong>der</strong> Kommission eine Mitteilung zuübermitteln. Der Umstand, dass die Richtlinie 89/665 dazu beiträgt, die Rechte <strong>der</strong>Unternehmen durchzuführen, stellt nicht die Tatsache in Frage, dass das vomGemeinschaftsgesetzgeber in Art. 3 <strong>der</strong> Richtlinie vorgesehene Verfahren ausschließlich dieKommission, den Mitgliedstaat und die betreffende Vergabebehörde dieses Mitgliedstaatsbetrifft (EuGH, Urteil vom 03.04.2009 - Az.: C-387/08 P).Was das Vorbringen betrifft, dass eine Mitteilung <strong>der</strong> Kommission für die BundesrepublikDeutschland eine Pflicht zu einer rein automatischen Durchführung begründet hätte, ohnedass sie von den Möglichkeiten von Art. 3 Abs. 3 <strong>der</strong> Richtlinie 89/665 hätte Gebrauchmachen können, so geht aus dem Wortlaut von Art. 3 <strong>der</strong> Richtlinie 89/665 keineswegshervor, dass ein Mitgliedstaat bei <strong>der</strong> Reaktion auf eine Mitteilung <strong>der</strong> Kommission, in<strong>der</strong> diese die Gründe anführt, aus denen sie einen klaren und eindeutigen Verstoß alsgegeben ansieht, kein Ermessen hat. Vielmehr sieht Art. 3 Abs. 3 Buchst. b <strong>der</strong> Richtlinie89/665 ausdrücklich vor, dass <strong>der</strong> betreffende Mitgliedstaat <strong>der</strong> Kommission eineBegründung dafür übermitteln kann, weshalb <strong>der</strong> Verstoß nicht beseitigt wurde.Folglich verfügen die Mitgliedstaaten im Rahmen des Verfahrens nach Art. 3 <strong>der</strong>Richtlinie 89/665 über ein gewisses Ermessen, so dass Rechtsmittelführer nicht als vondem Gemeinschaftsrechtsakt, hinsichtlich dessen sie <strong>der</strong> Kommission Untätigkeitvorwerfen, im Sinne <strong>der</strong> in Randnr. 20 des vorliegenden Beschlusses angeführtenRechtsprechung unmittelbar betroffen angesehen werden können. Deshalb begründet dieMitteilung nach Art. 3 Abs. 2 <strong>der</strong> Richtlinie 89/665 keine Pflicht zu einer rein automatischenDurchführung durch den betreffenden Mitgliedstaat, son<strong>der</strong>n lässt diesem einAuswahlermessen in Bezug auf das weitere Vorgehen (EuGH, Urteil vom 03.04.2009 - Az.:C-387/08 P).23.6 <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> durch Verwaltungsakt (§114 Abs. 3 Satz 1)23662367Die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> erfolgt durch Verwaltungsakt. Dementsprechendknüpfen sich bestimmte Regelungen an das für Verwaltungsakte geltende Recht.So ist z.B. <strong>der</strong> verfahrensabschließende Verwaltungsakt (= die <strong>Entscheidung</strong>) auch nachEintritt seiner Unanfechtbarkeit (Bestandskraft) von <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> nochabän<strong>der</strong>bar. Dies ergibt sich vorbehaltlich <strong>der</strong> speziellen Vorschriften in §§ 107 ff. GWB ausdem (allgemeinen) Verwaltungsverfahrensrecht, also dem jeweiligen Bundes- bzw.Landesverwaltungsgesetz (OLG Schleswig-Holstein, B. v. 02.08.2004 - Az.: 6 Verg 15/03).23.6.1 Wi<strong>der</strong>ruf <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>2368Der Wi<strong>der</strong>ruf einer <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> (als Verwaltungsakt) erfolgtgrundsätzlich entsprechend § 49 VwVfG, wobei diese Vorschrift danach differenziert, ob essich um einen begünstigenden (Abs. 2) o<strong>der</strong> einen belastenden (Abs. 1) Verwaltungsakt


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010handelt. Hat <strong>der</strong> von <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> ursprünglich erlassene Beschluss sowohlbegünstigenden (gegenüber <strong>der</strong> Antragstellerin) als auch belastenden (gegenüber <strong>der</strong>Auftraggeberin) Charakter, ist dieser Fall im VwVfG nicht geregelt, da dieses Gesetz vonzweiseitigen Verwaltungsakten ausgeht, während das Verfahren nach dem 4. Abschnitt desGWB durchweg als dreiseitiges Verfahren (Antragsteller, Auftraggeber, <strong>Vergabekammer</strong>)ausgestaltet ist.2369Für den Wi<strong>der</strong>ruf eines begünstigenden Verwaltungsakts gilt aber, dass bestimmteVoraussetzungen vorliegen müssen, wohingegen <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>ruf eines belastendenVerwaltungsaktes nach behördlichem Ermessen nahezu unbegrenzt möglich ist. Entsprechendden obigen Überlegungen kann davon ausgegangen werden, dass ein Wi<strong>der</strong>ruf nach <strong>der</strong>(strengeren) Alternative des § 49 Abs. 2 VwVfG auch den Anfor<strong>der</strong>ungen an den Wi<strong>der</strong>rufeines belastenden Verwaltungsaktes gem. § 49 Abs. 1 VwVfG genügt (1. VK Sachsen, B. v.14.3.2002 - Az.: 1/SVK/119-01w).23.6.2 Verweisung eines Nachprüfungsantrages an die zuständige<strong>Vergabekammer</strong>2369/123702370/12370/2Die Frage einer zuständigkeitsbedingten Verweisung zwischen den <strong>Vergabekammer</strong>n desBundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> ist gesetzlich nicht geregelt (LSG Nordrhein-Westfalen, B. v.28.04.2009 - Az.: L 21 KR 40/09 SFB).Die Möglichkeit und Pflicht, den Nachprüfungsantrag zu verweisen, ergibt sich aus einemallgemeinen Rechtsgedanken, <strong>der</strong> in den § 83 VwGO, § 17a Abs. 2 GVG ausgedrückt ist,auch wenn das Nachprüfungsverfahren ein Verwaltungs- und kein Gerichtsverfahren ist.Wegen <strong>der</strong> Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens, das Elemente einesGerichtsverfahrens besitzt, ist es angezeigt, die bezeichneten Verfahrensvorschriften auf dasNachprüfungsverfahren anzuwenden. Da die Bestimmungen des § 17a Abs. 2 GVG nach § 83VwGO auch für das Vorgehen bei örtlicher Unzuständigkeit gelten, hat die <strong>Vergabekammer</strong>die Unzulässigkeit ihrer Anrufung nach Anhörung <strong>der</strong> Beteiligten von Amts wegenauszusprechen und die Sache an die zuständige <strong>Vergabekammer</strong> zu verweisen (VK Münster,B. v. 9.8.2001 - Az.: VK 19/01; im Ergebnis ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, B. v.28.04.2009 - Az.: L 21 KR 40/09 SFB; VK Baden-Württemberg, B. v. 19.12.2008 - Az.: 1VK 67/08; 1. VK Bund, B. v. 09.05.2007 - Az.: VK 1 - 26/07; VK Sachsen, B. v. 19.12.2008- Az.: 1/SVK/064-08; B. v. 19.12.2008 – Az.: 1/SVK/061-08). Außerdem entspricht dieRegelung des § 17 a Abs. 2 GVG einem allgemeinen Rechtsgedanken (VK Lüneburg, B.v. 20.09.2004 - Az.: 203-VgK-46/2004; VK Sachsen, B. v. 19.12.2008 - Az.: 1/SVK/064-08;B. v. 19.12.2008 – Az.: 1/SVK/061-08; im Ergebnis ebenso 1. VK Bund, B. v. 09.05.2007 -Az.: VK 1 - 26/07).Der Verweisungsbeschluss einer an<strong>der</strong>en <strong>Vergabekammer</strong> hat für die <strong>Vergabekammer</strong>, andie verwiesen wird, gemäß einer analogen Anwendung von § 17a Abs. 2 Satz 3 GVGBindungswirkung (1. VK Bund, B. v. 09.05.2007 - Az.: VK 1 - 26/07; 3. VK Bund, B. v.26.03.2009 - Az.: VK 3 – 43/09; B. v. 20.03.2009 - Az.: VK 3 - 40/09; B. v. 20.03.2009 – Az.VK 3 – 34/09; B. v. 20.03.2009 – Az.: VK 3 – 22/09; B. v. 16.03.2009 - Az.: VK 3 - 37/09;B. v. 29.01.2009 - Az.: VK 3 – 200/08; B. v. 29.01.2009 - Az.: VK 3 – 197/08).Eine entsprechende Anwendung <strong>der</strong> §§ 83 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)i.V.m. 17a Abs. 2 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), wonach <strong>der</strong> Beschluss für dasGericht, an das <strong>der</strong> Rechtsstreit verwiesen wird, bindend ist, ist geboten. Gleiches ergibt


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010sich, wenn man - mit Blick auf die zumindest inzident begründete sachliche und örtlicheZuständigkeit des erkennenden Senats als späteres Beschwerdegericht (§§ 116 ff. GWB) - §98 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog anwendet. Den genannten Vorschriften liegtübereinstimmend die Erwägung zugrunde, dass aus verfahrensökonomischen Gesichtspunktenheraus die Verzögerung eines Rechtsstreits durch ein aufwändiges Zwischenverfahrenhinsichtlich <strong>der</strong> anfänglichen örtlichen Zuständigkeit vermieden werden soll. Diese Regelmuss im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens, das entscheidend von <strong>der</strong>Beschleunigungsmaxime bestimmt ist (§ 113 GWB), erst recht gelten. Es wäre mit diesemVerfahrensgrundsatz schlechthin unvereinbar, wenn anstelle einer möglichst zeitnah zutreffenden Sachentscheidung zunächst in einem zeitaufwändigen Zwischenverfahren -womöglich erst im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens - die Frage <strong>der</strong> örtlichen bzw.sachlichen Zuständigkeit <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> geklärt werden müsste. FürAusnahmefälle kann eine Beschwerdemöglichkeit angenommen werden, wenn einemVerweisungsbeschluss jede Rechtsgrundlage gefehlt o<strong>der</strong> ein solcher Beschluss auf <strong>der</strong>Verletzung rechtlichen Gehörs beruht hat (LSG Nordrhein-Westfalen, B. v. 28.04.2009 - Az.:L 21 KR 40/09 SFB).23.6.3 Auswirkungen <strong>der</strong> Rücknahme eines Nachprüfungsantragesnach einer <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>23712371/12371/2Durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags wird ein Beschluss <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> insgesamt wirkungslos. Da die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> durchVerwaltungsakt ergeht (§ 114 Abs. 3 Satz 1 GWB), ist es gerechtfertigt, bei Zweifeln undRegelungslücken auf die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes unddessen Rechtsgrundsätze über die Behandlung von VerwaItungsakten zurückzugreifen.Danach können Anträge auf Erlass eines Verwaltungsaktes, soweit nichts an<strong>der</strong>es geregelt ist,noch bis zum Abschluss des Verfahrens zurückgenommen werden, das heißt bis zum Eintritt<strong>der</strong> Unanfechtbarkeit <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong>, und zwar selbst dann, wenn in <strong>der</strong> Zwischenzeitgegen den ergangenen Verwaltungsakt Rechtsbehelfe eingelegt worden sind. Ein ergangenerund noch nicht bestandskräftig gewordener Verwaltungsakt wird jedenfalls in den reinenAntragsverfahren durch Antragsrücknahme wirkungslos. Entsprechendes gilt für denBeschluss <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>, <strong>der</strong> (als Verwaltungsakt) seine Grundlage in demNachprüfungsantrag des Antragstellers hat (OLG Düsseldorf, B. v. 9.12.2002 - Az.: Verg35/02).Zu dem gleichen Ergebnis gelangt die VK Münster über eine analoge Anwendung von § 269Abs. 3 ZPO. Wird <strong>der</strong> Antrag bzw. im Sinne von § 269 Abs. 3 ZPO die Klagezurückgenommen, so ist <strong>der</strong> Rechtsstreit nicht mehr anhängig; ein bereits ergangenes,noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichenAufhebung bedarf, und zwar auch noch in <strong>der</strong> Berufungs- o<strong>der</strong> Beschwerdeinstanz. Überträgtman diese Vorschriften auf die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> und das<strong>Vergabekammer</strong>verfahren, so ist durch die Rücknahme des Antrages auf Nachprüfungdurch den Antragsteller, was auch noch in <strong>der</strong> Beschwerdeinstanz erfolgen kann, <strong>der</strong>Rechtsstreit nicht mehr anhängig und <strong>der</strong> bereits bekanntgegebene Beschluss <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> wird damit - entgegen § 43 Abs. 2 VwVfG - wirkungslos (VK Münster,B. v. 26.10.2007 - Az.: VK 25/07).Sieht man das <strong>Vergabekammer</strong>verfahren als ein mit dem Verfahren vor denOberlandesgerichten zusammenhängendes Nachprüfungsverfahren und damit als eingerichtsähnlich konzipiertes Verfahren an, so muss man unter entsprechen<strong>der</strong>


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO die Rücknahme des Antrages (Klage) – und zwarunabhängig, ob dies vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> o<strong>der</strong> dem Oberlandesgericht erfolgt - alsBeseitigung <strong>der</strong> Rechtshängigkeit ansehen, und zwar mit <strong>der</strong> Konsequenz, dass bereitsergangene, noch nicht bestandskräftige (rechtskräftige) <strong>Vergabekammer</strong>beschlüsse (Urteile)wirkungslos werden. Da ausdrücklich die Rechtshängigkeit rückwirkend entfällt, entfälltauch das durch die Zustellung des Antrags ausgelöste Zuschlagsverbot aus § 115 Abs. 1GWB. In diesen Fällen hat dann die prozessuale Einstellung des Beschwerdeverfahrens nurnoch deklaratorische Bedeutung. Denn die Rechtshängigkeit des Prozessverhältnisses istbereits durch § 269 Abs. 3 ZPO kraft Gesetzes beendet worden (VK Münster, B. v.26.10.2007 - Az.: VK 25/07).2371/32371/42371/5Wird das Verfahren durch Antragsrücknahme erledigt, so kann die Vergabestelle also sofortden Zuschlag erteilen (VK Münster, B. v. 26.10.2007 - Az.: VK 25/07).Nach einer an<strong>der</strong>en Auffassung bleibt dann, wenn die <strong>Vergabekammer</strong> einenNachprüfungsantrag zurückgewiesen und dem Antragsteller die Verfahrenskosten -gegebenenfalls einschließlich <strong>der</strong> außergerichtlichen Kosten des Auftraggebers – auferlegthat, diese Kostenentscheidung unberührt, wenn <strong>der</strong> Antragsteller seinNachprüfungsbegehren im darauf folgenden Beschwer<strong>der</strong>echtszug zurücknimmt (OLGDresden, B. v. 16.11.2006 - Az.: WVerg 15/06; in diese Richtung ebenfalls OLG Karlsruhe,B. v. 11.07.2008 - Az.: 15 Verg 5/08).Zu einem an<strong>der</strong>en Ergebnis kommt die VK Münster für den Fall einer Rücknahme erstnach Erlass des <strong>Vergabekammer</strong>beschlusses. Die <strong>Vergabekammer</strong>beschlüsse sind nach §114 Abs. 3 GWB Verwaltungsakte, so dass die Wirksamkeit sich nach VwVfG richtet.Gemäß § 9 VwVfG ist mit Erlass des Verwaltungsaktes das Verwaltungsverfahrenabgeschlossen. Da das Verwaltungsverfahren beendet ist, fehlt für eine nach Erlass desVA ausgesprochene Antragsrücknahme das Verfahrensverhältnis, in dem sich dieRücknahme noch auswirken konnte. Eine <strong>der</strong> Vorschrift des § 269 ZPO entsprechendeRegelung fehlt im Verwaltungsverfahren und die Erklärung eines Verwaltungsaktes alsgegenstandslos ist jedenfalls in mehrpoligen <strong>Entscheidung</strong>en, bei denen auch dieInteressen Dritter berührt werden, nicht unproblematisch möglich. Ausgehend vondiesen Grundsätzen kann die Antragsrücknahme nach Erlass somit nicht mehrberücksichtigt werden. Damit existiert aber eine behördliche <strong>Entscheidung</strong> in <strong>der</strong> Sache, diez.B. das Begehren <strong>der</strong> Antragstellerin als unbegründet zurückweist. Folglich hat <strong>der</strong> imVerfahren unterliegende Beteiligte gemäß § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB die zurzweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen <strong>der</strong> Antragsgegner,wozu auch die Aufwendungen <strong>der</strong> Beigeladenen gehören können, zu tragen. Nach Erlasseiner Sachentscheidung kann ein Antragsteller die für ihn ungünstigen Folgen aus einemKammerbeschluss nur dann rückgängig machen, indem er sofortige Beschwerde einlegt (VKMünster, B. v. 09.09.2009 - Az.: VK 7/09K).23.6.4 Rechtsschutz gegen die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>2372Der Rechtsschutz gegen die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> erfolgt nach § 116 GWB.Diese Vorschrift stellt eine Son<strong>der</strong>regelung gegenüber den Vorschriften <strong>der</strong>Verwaltungsgerichtsordnung dar, die im Regelfall für den Rechtsschutz gegenVerwaltungsakte anzuwenden sind.


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.6.5 Vollstreckung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> (§ 114Abs. 3 Satz 2)23.6.5.1 Allgemeines23732374237523762377Im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens kann die <strong>Vergabekammer</strong> auch dieDurchführung eines Vollstreckungsverfahrens anordnen und nötigenfalls auch mit demEinsatz von Zwangsmitteln die Durchsetzung bestandskräftiger <strong>Entscheidung</strong>enbetreiben (VK Thüringen, B. v. 19.07.2004 - Az.: 360-4003.20-003/03-ABG-V).Nach § 114 Abs. 3 Satz 2 GWB richtet sich die Vollstreckung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>.Dies gilt auch für die Vollstreckung gegen einen Hoheitsträger (VK Münster, B. v.6.12.2001 - Az.: VK 1/01-8/01 Vs; VK Magdeburg, B. v. 3.2.2003 - Az: 33-32571/07 VK05/02 MD (V)).Die <strong>Vergabekammer</strong> kann in ihrer <strong>Entscheidung</strong> auch Zwangsgel<strong>der</strong> androhen (OLGNaumburg, B. v. 13.10.2006 - Az.: 1 Verg 7/06; B. v. 13.10.2006 - Az.: 1 Verg 6/06 – für dieBefugnis eines Vergabesenats - (instruktive Fälle); 1. VK Sachsen, B. v. 2.8.2001 - Az.:1/SVK/70-01).Der Katalog möglicher Zwangsmittel umfasst (in Sachsen-Anhalt) we<strong>der</strong>Untersagungsgebote noch Feststellungsmaßnahmen. Damit können diese im Wege <strong>der</strong>Verwaltungsvollstreckung nicht geltend gemacht werden (VK Magdeburg, B. v. 3.2.2003- Az: 33-32571/07 VK 05/02 MD (V)).23.6.5.2 Voraussetzungen <strong>der</strong> Vollstreckung2377/1Die Voraussetzungen <strong>der</strong> Vollstreckung richten sich nach denVerwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> (OLG Düsseldorf, B. v.30.04.2008 – Az.: VII – Verg 57/07).23.6.5.2.1 Wirksamer Verwaltungsakt2377/22377/3Es kann offen bleiben, ob insoweit die Regelung des § 44 VwVfG o<strong>der</strong> die Grundsätzeüber die Nichtigkeit von Urteilen anzuwenden sind. Liegt <strong>der</strong> allein möglicheRechtsmangel möglicherweise in <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> in einer Sache, für die die<strong>Vergabekammer</strong> z.B. im Hinblick auf § 51 SGG, § 130a Abs. 8 SGB V nicht zuständig war,ist er nicht <strong>der</strong>art offensichtlich, dass dies zur Nichtigkeit führen könnte, wie sich bereitsaus den gegensätzlichen <strong>Entscheidung</strong>en des Senats und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ergibt (OLG Düsseldorf, B. v. 16.06.2008 - Az.: VII-Verg 7/08; B. v.30.04.2008 - Az.: VII-Verg 4/08; B. v. 30.04.2008 - Az.: VII-Verg 3/08; B. v. 30.04.2008 –Az.: VII – Verg 57/07).Gegebenfalls kann ein Verwaltungsakt unwirksam werden. Dabei bedarf auch hier keiner<strong>Entscheidung</strong>, ob dafür die Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts o<strong>der</strong> die des


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010Prozessrechts anzuwenden sind. Ein Verstoß ist jedoch auch dann noch möglich,nachdem <strong>der</strong> Auftraggeber das Vergabeverfahren aufgehoben hat. Es bestehtgrundsätzlich die Möglichkeit, dass <strong>der</strong> Auftraggeber Aufträge vergibt, ohne dass z.B. die voneiner <strong>Vergabekammer</strong> gerügten Vergaberechtsverstöße zuvor abgestellt werden. Die<strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> verliert auch nicht allein dadurch ihre Wirkung, dass dieVergabestelle formal das Vergabeverfahren aufhebt, aber in <strong>der</strong> Sache doch fortsetzt. Auf dievon <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> ausgesprochene Unterlassungsverpflichtungdürften vielmehr zur Vermeidung von Umgehungen die von <strong>der</strong> Rechtsprechung inWettbewerbssachen entwickelte Kerntheorie Anwendung finden; danach führt eineÄn<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sachlage in unwesentlichen Punkten noch nicht aus demUnterlassungstitel hinaus (OLG Düsseldorf, B. v. 16.06.2008 - Az.: VII-Verg 7/08; B. v.30.04.2008 - Az.: VII-Verg 4/08; B. v. 30.04.2008 - Az.: VII-Verg 3/08; B. v. 30.04.2008 –Az.: VII – Verg 57/07).23.6.5.2.2 Fortdauer des Zuschlagsverbots2377/4Die Fortdauer des Zuschlagsverbots nach § 118 Abs. 3 GWB knüpft formell alleindaran, dass die <strong>Vergabekammer</strong> ein solches ausgesprochen hat. Ob die <strong>Vergabekammer</strong>für die <strong>Entscheidung</strong> über den Nachprüfungsantrag in <strong>der</strong> Sache überhaupt zuständig war o<strong>der</strong>nicht, spielt dabei keine Rolle. Dementsprechend ist für die eng damit zusammenhängendeFrage des Eintritts eines Zuschlagsverbots nach § 115 Abs. 1 GWB und die Zulässigkeit einesAntrages auf Verlängerung <strong>der</strong> aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde nach § 118 Abs. 1S. 3 GWB (was in <strong>der</strong> Sache vielfach eine Verlängerung des Zuschlagsverbots des § 115 Abs.1 GWB bedeutet) allein formal daran angeknüpft, dass die <strong>Vergabekammer</strong> denNachprüfungsantrag zugestellt und über ihn entschieden hat. Auch hier gilt, dass eineAnknüpfung daran, ob die <strong>Vergabekammer</strong> überhaupt für die <strong>Entscheidung</strong> über denNachprüfungsantrag zuständig war, zu unzumutbaren Rechtsunklarheiten führen würde, z.B.bei Fallgestaltungen, in denen die Abgrenzung von Dienstleistungskonzession undDienstleistungsauftrag o<strong>der</strong> die Frage streitig ist, ob <strong>der</strong> Auftragswert den Schwellenwerterreicht (OLG Düsseldorf, B. v. 16.06.2008 - Az.: VII-Verg 7/08; B. v. 30.04.2008 - Az.: VII-Verg 4/08; B. v. 30.04.2008 - Az.: VII-Verg 3/08; B. v. 30.04.2008 – Az.: VII – Verg 57/07).23.6.5.2.3 Rechtsschutzbedürfnis bei zwei Vollstreckungstiteln2377/5Liegen zwei Titel vor, kann dem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungaus einem <strong>der</strong> beiden Titel nicht mit <strong>der</strong> Begründung abgesprochen werden, er könne ausdem jeweils an<strong>der</strong>en vollstrecken (OLG Düsseldorf, B. v. 16.06.2008 - Az.: VII-Verg 7/08;B. v. 30.04.2008 - Az.: VII-Verg 4/08; B. v. 30.04.2008 - Az.: VII-Verg 3/08; B. v.30.04.2008 – Az.: VII – Verg 57/07).23.6.5.2.4 Gefahr einer Hinwegsetzung über eine <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong>2377/6Ob die Gefahr bestand o<strong>der</strong> noch besteht, dass sich ein Auftraggeber rechtswidrig überden Beschluss <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> hinwegsetzt, kann dahingestellt bleiben. Eine <strong>der</strong>artigeGefahr ist nämlich nicht Voraussetzung für die Androhung eines Zwangsmittels (OLGDüsseldorf, B. v. 16.06.2008 - Az.: VII-Verg 7/08; B. v. 30.04.2008 - Az.: VII-Verg 4/08; B.v. 30.04.2008 - Az.: VII-Verg 3/08; B. v. 30.04.2008 – Az.: VII – Verg 57/07).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023.6.5.3 Vollstreckung nur auf Antrag23782379Die Vorschrift des § 114 Abs. 3 Satz 2 GWB verweist insoweit auf dieVerwaltungsvollstreckungsgesetze <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, wonach eine Vollstreckungantragsunabhängig erfolgt (vgl. für das Land Sachsen-Anhalt § 53 Abs. 1 SOG LSA).Gegen diese Auslegung sprechen jedoch systematische Erwägungen: DasNachprüfungsverfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> ist gerichtsähnlich ausgestaltet. DasNachprüfungsverfahren bezweckt wie das verwaltungsgerichtlichte Verfahren (vgl. § 113Abs. 1 und 5 <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) primär die Gewährung subjektivenRechtsschutzes für die Betroffenen. Auch die Vollstreckung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong>en <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong>n dient dem Schutz <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Unternehmen am Auftrag. Von daherunterscheidet sich die Ausgangslage grundsätzlich gegenüber <strong>der</strong> Vollstreckung gewöhnlicherVerwaltungsakte, die zumeist in erster Linie im öffentlichen Interesse erfolgt.Diese Überlegungen sprechen dafür, dass entsprechend <strong>der</strong> verwaltungsprozessualenRegelungen <strong>der</strong> §§ 170, 172 VwGO auch die Vollstreckung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong>en von<strong>Vergabekammer</strong>n nur auf Antrag eingeleitet werden kann, auch wenn dies im Wortlautdes § 114 Abs. 3 Satz 2 GWB keinen Ausdruck gefunden hat (OLG Naumburg, B. v.27.04.2005 - Az.: 1 Verg 3/05; VK Magdeburg, B. v. 3.2.2003 - Az.: 33-32571/07 VK 05/02MD (V)).23.6.5.4 Verwirkung <strong>der</strong> Vollstreckung2380Unternimmt ein Antragsteller mindestens sieben Wochen, nachdem er von <strong>der</strong> Vergabestelleüber den bevorstehenden Abschluss des Vertrages mit einer Mitbewerberin in Kenntnisgesetzt wird, nichts zur Durchsetzung seines vermeintlichen Rechts, kann die Vergabestellenach Treu und Glauben daraus schließen, er werde dahingehend nichts mehr unternehmen.Es ist nicht vertretbar, dass <strong>der</strong> Antragsteller einen so erheblichen Zeitraum verstreichen lässt,um mit <strong>der</strong> Einreichung des Vollstreckungsantrages seine vermeintlichen Rechte gegenüber<strong>der</strong> Vergabestelle durchzusetzen (VK Magdeburg, B. v. 3.2.2003 - Az.: 33-32571/07 VK05/02 MD (V)).23.6.6 Antrag auf Verlängerung <strong>der</strong> aufschiebenden Wirkung einerBeschwerde nach dem Vollstreckungsrecht2381Im Streitfall ist - weil Gegenstand <strong>der</strong> Vollstreckung im Sinne von § 114 Abs. 3 Satz 2 GWBdie <strong>Entscheidung</strong> einer nordrhein-westfälischen <strong>Vergabekammer</strong> ist - dementsprechend dasVerwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NW)anzuwenden. § 8 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Ausführung <strong>der</strong>Verwaltungsgerichtsordnung (AGVWGO NW) bestimmt, dass Rechtsbehelfe, die sich gegenMaßnahmen <strong>der</strong> Vollstreckungsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen in <strong>der</strong>Verwaltungsvollstreckung richten, keine aufschiebende Wirkung haben. Die Vorschrift ordnetin Satz 2 zugleich die analoge Geltung des § 80 Abs. 5 VwGO an. Das bedeutet, dass gegen<strong>der</strong>artige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen um vorläufigen Rechtsschutz nachgesuchtwerden kann mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen dieVollstreckungsmaßnahme anzuordnen (OLG Düsseldorf, B. v. 08.11.2004 - Az.: VII – Verg


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201075/04; B. v. 25.7.2002 - Az.: Verg 33/02; ebenso OLG Naumburg, B. v. 17.03.2005 - Az.: 1Verg 3/05 für Sachsen-Anhalt).23822383Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen ist begründet,wenn das Interesse an <strong>der</strong> Vollziehung <strong>der</strong> rechtskräftigen <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> nicht das Interesse des Antragsgegners, die Vollziehung bis zur<strong>Entscheidung</strong> über seine Beschwerde auszusetzen, überwiegt. Entscheidend hierfür sinddie Erfolgsaussichten des von dem Antragsgegner gegen die Zwangsgeldandrohungeingelegten Rechtsmittels. Insoweit ist eine summarische Prüfung <strong>der</strong> Sach- und Rechtslagegeboten (OLG Düsseldorf, B. v. 08.11.2004 - Az.: VII – Verg 75/04).Das nach dem Gesetz als vorrangig bewertete öffentliche Interesse an <strong>der</strong> sofortigenDurchsetzbarkeit einer bestandskräftigen <strong>Entscheidung</strong> tritt jedoch ausnahmsweise gegenüberdem Interesse des Rechtsmittelführers an <strong>der</strong> Gewährung effektiven Rechtsschutzes gegeneine Vollstreckungsmaßnahme auch dann zurück, wenn die sofortige Vollziehung für denRechtsmittelführer eine unbillige, nicht durch das überwiegende öffentliche Interesse an<strong>der</strong> sofortigen Durchsetzung gebotene Härte zur Folge hätte (OLG Naumburg, B. v.17.03.2005 - Az.: 1 Verg 3/05).23.6.7 Unterschriftserfor<strong>der</strong>nis (§ 114 Abs. 3 Satz 3)23.6.7.1 Grundsatz2384Aus § 61 GWB, <strong>der</strong> gemäß § 114 Abs. 3 Satz 3 GWB im Vergabenachprüfungsverfahrenentsprechend anzuwenden ist, lässt sich nichts für die Frage des Unterschriftserfor<strong>der</strong>nissesentnehmen.23.6.7.2 Unterschrift des/<strong>der</strong> Vorsitzenden2385Die Wirksamkeit <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>entscheidung hängt von <strong>der</strong> Unterschrift ihresVorsitzenden ab. Nur diese Sichtweise bietet auch für die Abgrenzung zu bloßen Entwürfenein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit (BayObLG, B. v. 6.2.2004 - Az.: Verg 24/03).23.6.7.3 Unterschrift des ehrenamtlichen Beisitzers2386Es fehlt eine bundesgesetzliche Regelung, wonach <strong>der</strong> ehrenamtliche Beisitzer Beschlüsse<strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>, die unter seiner Mitwirkung gefasst wurden, zu unterzeichnen hat. Aus §113 Abs. 1 Satz 1 GWB folgt nur, dass die <strong>Entscheidung</strong>en <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> inschriftlicher Form ergehen. Aus <strong>der</strong> Vorschrift lässt sich aber nicht herleiten, dass unterEinschluss des ehrenamtlichen Beisitzers alle drei Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> (§ 105Abs. 2 Satz 1 GWB) den von ihr gefassten Beschluss unterschreiben müssen. Die Unterschriftdes ehrenamtlichen Beisitzers <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> ist nicht so bedeutsam, dass sie auch ohneeine dies anordnende Regelung, also gleichsam von <strong>der</strong> Sache her vorgegeben neben denUnterschriften <strong>der</strong> hauptamtlichen Mitglie<strong>der</strong> notwendig erscheinen könnte. Ob <strong>der</strong>schriftliche Beschluss <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> auch von dem ehrenamtlichen Beisitzerunterschrieben werden muss, ist danach eine Frage, die dem Bereich <strong>der</strong> Organisation


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010<strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> zugeordnet werden kann (BGH, Urteil vom 12.6.2001 - Az.: X ZB10/01; BayObLG, B. v. 1.10.2001 - Az.: Verg 6/01, B. v. 6.2.2004 - Az.: Verg 24/03).23.6.8 Zustellung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> (§ 114 Abs. 3Satz 3)23.6.8.1 Allgemeines2387Gemäß § 114 Abs. 3 Satz 3, § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB gelten für die Zustellung desBeschlusses <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> die Bestimmungen des Verwaltungszustellungsgesetzes.Danach ist die Zustellung die förmliche und beurkundete Übergabe eines Schriftstücks zumZweck <strong>der</strong> Bekanntgabe eines Verwaltungsakts o<strong>der</strong> einer an<strong>der</strong>en behördlichen o<strong>der</strong>gerichtlichen <strong>Entscheidung</strong>, z.B. durch Einlegung in den Briefkasten (OLG Düsseldorf, B. v.18.07.2007 - Az.: VII - Verg 18/07). Sie ist eine hoheitliche Rechtshandlung, nicht einebloße tatsächliche Handlung und setzt daher den Zustellungswillen <strong>der</strong> veranlassendenBehörde voraus. Wird nur ein Entwurf vorab übermittelt, liegt darin keine Zustellung(BayObLG, B. v. 10.10.2000 - Az.: Verg 5/00).23.6.8.2 Zustellung per Fax?2387/023882389215/1,2Zwar kann eine Zustellung gemäß § 114 Abs. 3 GWB i. V. m. § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB, § 1Abs. 1 NVwZG i. V. m. § 5 Abs. 4 VwZG auch per Telefax erfolgen. Es muss dannallerdings eindeutig sein, dass die Übermittlung per Telefax zum Zwecke <strong>der</strong> Zustellungerfolgt (BGH, B. v. 10.11.2009 - Az.: X ZB 8/09). Ist es bei einer <strong>Vergabekammer</strong> üblich,dass nach Übersendung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> an die Verfahrensbeteiligten eine förmlicheZustellung folgt, kommt <strong>der</strong> für den Fristbeginn erfor<strong>der</strong>liche Zustellungswille erst mit <strong>der</strong>förmlichen Zustellung zum Ausdruck (OLG Celle, B. v. 17.07.2009 - Az.: 13 Verg 3/09).Die Übersendung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> per Telefax gilt außerdem nur dann als wirksameZustellung <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong>, wenn zugleich das vorgesehene Empfangsbekenntnis demTelefax beigefügt ist (Hanseatisches OLG in Bremen, B. v. 18.8.2003 - Az.: Verg 7/2003).Weist die <strong>Vergabekammer</strong> in einem Begleitschreiben an einen Rechtsanwalt zur Übersendung<strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>entscheidung mittels Telefax ausdrücklich darauf hin, dass dasOriginal des Beschlusses auf dem Postwege gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wird,liegt danach kein elektronischer, son<strong>der</strong>n ein schriftlicher Verwaltungsakt vor. Daentsprechend <strong>der</strong> in dem Schreiben geäußerten Absicht eine spätere Zustellung desangefochtenen Beschlusses gegen Empfangsbekenntnis erfolgt, dient die Übermittlung perTelefax lediglich <strong>der</strong> faktischen Vorabinformation. Sie soll und kann die förmlicheZustellung nicht ersetzen, da § 5 Abs. 2 VwZG die Möglichkeit einer formlosen Zustellungan einen Rechtsanwalt ohne Unterzeichnung eines Empfangbekenntnisses nicht vorsieht(Thüringer OLG, B. v. 29.08.2008 - Az.: 9 Verg 5/08; OLG Düsseldorf, B. v. 12.01.2006 -Az.: VII - Verg 86/05).Ist <strong>der</strong> Beschlussabschrift, die per Telefax übersandt wurde, zwar ein Anschreiben, nichtaber das nach § 5 Abs. 4 VwZG erfor<strong>der</strong>liche Empfangsbekenntnis beigefügt (§ 5 Abs. 4VwZG: "... kann auch auf an<strong>der</strong>e Weise ... gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.")


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010und betrifft die Bitte um sofortige Bestätigung nur den Eingang des Telefax und nichtdie Rücksendung eines Empfangsbekenntnisses, kann es sich bei <strong>der</strong> gewünschten"sofortigen" Bestätigung daher nur um den Erhalt des Schreibens als solchen gehen.Enthält nicht zuletzt das Telefax den ausdrücklichen Zusatz "Wegen <strong>der</strong> Eilbedürftigkeiterfolgt <strong>der</strong> Versand vorab per Telefax", wobei das Wort "vorab" fett gedruckt undunterstrichen ist, macht dies nach dem objektiven Empfängerhorizont nur dann Sinn,wenn <strong>der</strong> Übermittlung per Fax noch etwas nachfolgen sollte. Dies wie<strong>der</strong>um kannersichtlich nur die formelle Zustellung sein. Bestätigt wird diese Sicht dadurch, dass dieVorgehensweise <strong>der</strong> üblichen Handhabung bei <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> entspricht und sämtlichenBeteiligten aus dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren bekannt war (BGH, B. v.10.11.2009 - Az.: X ZB 8/09).2389/0,92389/2Stellt eine Behörde sowohl per Telefax als auch anschließend auf dem Postwege zu, so istihr Verhalten nicht eindeutig und klar. Der Empfänger kann dann regelmäßig nichterkennen, welche Versendungsart auch vom Zustellungswillen <strong>der</strong> Behörde getragen ist.Diese Unklarheit geht zu Lasten <strong>der</strong> Behörde. Insbeson<strong>der</strong>e dann, wenn <strong>der</strong> Empfängernoch nicht einmal zum Adressatenkreis des § 5 Abs. 4 VwZG gehört, ist bei nachträglicherZustellung auf dem Postweg trotz <strong>der</strong> Formulierung des auch schon per Telefax zugestelltenBegleitschreibens davon auszugehen, dass die Übersendung per Telefax nur <strong>der</strong>Vorabinformation diente (Thüringer OLG, B. v. 29.08.2008 - Az.: 9 Verg 5/08).§ 174 Abs. 2 ZPO sieht zwar auch die Zustellung durch Telekopie vor; dies gilt jedoch nurim Hinblick auf den in § 174 Abs. 1 ZPO genannten Personenkreis, zu dem einBeschwerdeführer, <strong>der</strong> im Verfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> nicht anwaltlichvertreten ist, nicht gehört. Eine wirksame Zustellung nach § 174 Abs. 2 ZPO setzt zudemvoraus, dass <strong>der</strong> Adressat empfangsbereit ist (OLG Saarland, B. v. 07.05.2008 - Az.: 1 Verg5/07).23.6.8.3 Zustellung gegen Empfangsbekenntnis2389/3Entscheidet sich die Behörde für die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 5 Abs. 4VwZG, so ist die Zustellung erst dann als bewirkt anzusehen, wenn <strong>der</strong>Zustellungsadressat das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willenentgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durchUnterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet. Dies muss nicht unmittelbaram Tag des Eingangs des Schriftstücks beim Zustellungsadressaten geschehen (OLGKarlsruhe, B. v. 13.06.2008 - Az.: 15 Verg 3/08).23.6.9 Son<strong>der</strong>fall: Wie<strong>der</strong>einsetzung in den vorigen Stand23.6.9.1 Frist des § 107 als Ausschlussfrist2390Auch im Verfahren vor <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> hat die Rechtsprechung im Ergebnis das Institut<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einsetzung in den vorigen Stand angewendet (vgl. auch die Kommentierung zu §116 GWB RZ Ziffer 25.5).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201023912392Eine Wie<strong>der</strong>einsetzung in den vorigen Stand ist bei Ausschlussfristen nur möglich, wennsie ausnahmsweise ausdrücklich durch eine Rechtsvorschrift zugelassen ist. Ob eine Fristeine Ausschlussfrist in diesem Sinne ist, ist Auslegungsfrage, die vor allem nach dem Zweck<strong>der</strong> Regelung zu beantworten ist. Um eine Ausschlussfrist handelt es sich immer dann, wenn<strong>der</strong> Sinn <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung mit <strong>der</strong> Fristbeachtung steht und fällt (VK Nordbayern,B. v. 18.8.2000 - Az.: 320.VK-3194-18/00). Dies wird man für die Rügefrist des § 107 GWBangesichts des im Vergabenachprüfungsverfahren herrschenden Beschleunigungsgrundsatzesbejahen können.Eine Wie<strong>der</strong>einsetzung in den vorigen Stand hängt damit davon ab, ob insoweit dieVoraussetzungen des § 32 VwVfG erfüllt sind, die Rügefrist also eine gesetzliche Fristgemäß § 32 Abs. 1 VwVfG ist. Die Rechtsprechung hat dies bisher offen gelassen, da im<strong>Entscheidung</strong>sfall die Voraussetzungen des § 32 VwVfG nicht erfüllt waren (1. VK Sachsen,B. v. 5.3.2002 - Az.: 1/SVK/009-02).23.6.9.2 Keine Frist für einen Nachprüfungsantrag2393Der Antrag auf Wie<strong>der</strong>einsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet, da <strong>der</strong> Antrag aufEinleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht fristgebunden ist. Nach § 32 Abs.1 VwVfG ist auf Antrag Wie<strong>der</strong>einsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemandohne Verschulden verhin<strong>der</strong>t war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Im Gegensatz zurRügeverpflichtung hat <strong>der</strong> Gesetzgeber für den Antrag an die <strong>Vergabekammer</strong> an keineFrist geknüpft. So sieht <strong>der</strong> Wortlaut des § 108 Abs. 1 GWB gerade keine Frist für die Fragedes Einganges des Antrages bei <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> vor. Hiervon zu trennen ist dieVerpflichtung <strong>der</strong> unverzüglichen Begründung eines bereits anhängigen Antrages. DieAntragstellerin konnte mangels Existenz einer Einreichungsfrist für den Antrag eine solchenicht versäumen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 1 VwVfG sind nichterfüllt (1. VK Sachsen, B. v. 4.8.2003 - Az.: 1/SVK/096-03).23.7 Rechtskraft <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong>23.7.1 Grundsatz2394Der Beschluss einer <strong>Vergabekammer</strong> entfaltet materielle Rechtskraft, so dasszurückgewiesene Rügen in späteren Vergabenachprüfungsverfahren <strong>der</strong>selben Beteiligten umdieselbe Vergabe grundsätzlich nicht mehr zu beachten sind (OLG Celle, B. v. 5.9.2003 - Az.:13 Verg 19/03).23.7.2 Vereinbarkeit <strong>der</strong> Rechtskraftwirkung mit europäischem bzw.deutschem Recht2395Der Feststellung einer materiellen Rechtskraftwirkung steht we<strong>der</strong> Europäisches nochdeutsches Recht entgegen. We<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG noch aus §110 GWB ist das Gebot herzuleiten, in je<strong>der</strong> Phase eines Verfahrens jedes Vorbringendeshalb zu berücksichtigen, weil es ursprünglich von Amts wegen verfolgt werden musste. Esist mit den Grundsätzen eines geregelten Gerichtsverfahrens nicht zu vereinbaren, dass bereits


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010erledigte und beschiedene Begehren im späteren Verfahrensstand erneut und ohne neueArgumente aufgegriffen werden. Es entspricht vielmehr <strong>der</strong> Natur gerichtlicherVerfahren, dass diese über einzelne Verfahrensabschnitte endgültige <strong>Entscheidung</strong>entreffen. An<strong>der</strong>es könnte allenfalls gelten, wenn Gründe für die Wie<strong>der</strong>aufnahme desVerfahrens (§ 580 ZPO) vorlägen. Es mag sein, dass dann die §§ 110, 114, 123 GWB eineerneute Befassung mit den Rügen eines Antragstellers erfor<strong>der</strong>n (OLG Celle, B. v. 5.9.2003 -Az.: 13 Verg 19/03).23.7.3 Rechtskraftwirkung bei identischem Streitgegenstand23962396/1239723982398/1Die <strong>Vergabekammer</strong> ist auf Grund <strong>der</strong> Bindungswirkung eines Beschlusses an einererneuten <strong>Entscheidung</strong> über den Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens eines<strong>der</strong> Beteiligten jenes vorangegangenen Nachprüfungsverfahrens gehin<strong>der</strong>t, wenn sich <strong>der</strong>nunmehr gestellte Antrag inhaltlich ausschließlich auf tatsächliche Feststellungen undrechtliche Wertungen <strong>der</strong> Kammer im vorangegangenen Verfahren und nicht auf eindavon abweichendes Verhalten des Auftraggebers bezieht. In letzterem Falle wäre dieMöglichkeit <strong>der</strong> Zulässigkeit eines Antrages auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrensdurch einen Beteiligten eines bereits vorausgegangenen Nachprüfungsverfahrensgrundsätzlich gegeben.Der Streitgegenstand wird durch den Antrag und den mit ihm zur Beurteilung gestelltenLebenssachverhalt gebildet. Grenzt man den Streitgegenstand eng ab und geht man vonunterschiedlichen Streitgegenständen aus, sobald eine Wertung wie<strong>der</strong>holt worden ist,und zwar unabhängig davon, ob sich für den Antragsteller durch die neue Wertung eineÄn<strong>der</strong>ung ergeben hat, ist eine – und sei es nur teilweise - Identität <strong>der</strong> Streitgegenständezu verneinen (2. VK Bund, B. v. 06.06.2008 - Az.: VK 2 – 46/08).Die Bindungswirkung eines solchen Beschlusses, welcher als Verwaltungsakt zu erlassen ist,§ 114 Abs. 3 Satz 1 GWB, erstreckt sich grundsätzlich nur auf den Tenor <strong>der</strong><strong>Entscheidung</strong>, <strong>der</strong> jedoch auch aus den <strong>Entscheidung</strong>sgründen heraus auszulegen ist.Hierbei spielt es keine Rolle, wenn <strong>der</strong> Antragsteller im neuen Verfahren in demvorangegangen Verfahren selbst nicht als Antragsteller auftritt. Als ordnungsgemäßBeigeladener war er ebenfalls Beteiligter dieses Verfahrens (VK Halle, B. v. 20.3.2003 - Az.:VK Hal 07/03).Eine irgendwie geartete Rechtskraftwirkung einer ohne Beteiligung eines Antragstellersergangenen <strong>Entscheidung</strong> kommt nicht in Betracht. Auch <strong>der</strong> Rechtsschutz imVergabeverfahren wirkt nur inter partes (KG Berlin, B. v. 13.03.2008 - Az.: 2 VERG18/07).23.7.4 Rechtskraftwirkung bei Erledigung desNachprüfungsverfahrens2399Die Vorschriften über das Nachprüfungsverfahren und das Verwaltungsverfahrensgesetzenthalten keine ausdrückliche Regelung darüber, ob eine Rüge in einem vorhergehendenNachprüfungsverfahren Teil des Streitgegenstands in einem nachfolgenden Verfahrenist und auf Grund <strong>der</strong> Erledigung des ersten Verfahrens generell nicht mehr in einem


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.2010neuen Verfahren aufgegriffen werden darf. Deshalb ist analog auf die Vorschriften übereinen Verwaltungs- und Zivilprozess bzw. <strong>der</strong>en Auslegung zurückzugreifen. Bei einemZivilprozess, <strong>der</strong> sich durch übereinstimmende Erklärungen erledigt hat, kann keine innereRechtskraft in <strong>der</strong> Hauptsachefrage entstehen. Aus diesem Grund ist ein neuer Prozess überdenselben Streitgegenstand <strong>der</strong> Hauptsache grundsätzlich je<strong>der</strong>zeit zulässig. Es ist keinGrund, insbeson<strong>der</strong>e keine an<strong>der</strong>sartige Interessenlage, ersichtlich, wonach diese Grundsätzenicht auch auf das Nachprüfungsverfahren übertragen werden können. Das heißt, dieErledigung eines Nachprüfungsverfahrens hin<strong>der</strong>t die Beteiligten grundsätzlich nichtdaran, den Streitgegenstand und somit auch die Rügen in einem neuen Verfahrenwie<strong>der</strong> aufzugreifen (VK Hessen, B. v. 1.9.2003 - Az.: 69 d VK - 44/2003).23.7.5 Rechtskraftwirkung einer Kostenentscheidung24002401Auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse können bestandskräftig werden und in Rechtskrafterwachsen. Die Bestands- o<strong>der</strong> Rechtskraft reicht aber nur soweit, als über geltend gemachteAufwendungen entschieden wurde, diese also entwe<strong>der</strong> zugesprochen o<strong>der</strong> aberkannt wurden.Rechtskraftfähig sind nur die einzelnen Posten, nicht <strong>der</strong> Gesamtbetrag. Bisher nichtangemeldete Kosten werden von <strong>der</strong> Rechtskraftwirkung nicht erfasst; insoweit ist dieprinzipielle Zulässigkeit <strong>der</strong> Nachfestsetzung allgemein anerkannt. Allerdings wird man einenRechtsanwalt als an seine ursprüngliche Berechnung gebunden anzusehen haben, wenn erdie Gebührenhöhe in Ausübung seines Ermessens bestimmt hat. Ungeachtet eingetretenerUnanfechtbarkeit des Kostenfestsetzungsbeschlusses findet eine Än<strong>der</strong>ungsfestsetzung fernerdann statt, wenn <strong>der</strong> für die Gebührenberechnung des Rechtsanwalts zugrunde gelegteStreitwert vom Gericht nachträglich abweichend festgesetzt wird (BayObLG, B. v. 6.2.2004 -Az.: 25/03).Hat die <strong>Vergabekammer</strong> bei den Ausführungen zur Gebührenhöhe in den Gründen <strong>der</strong>Nachprüfungsentscheidung nur inzidenter eine Prüfung des Geschäftswertsvorgenommen, nehmen <strong>der</strong>artige Ausführungen, welche die eigentliche <strong>Entscheidung</strong>lediglich vorbereiten und begründen, an <strong>der</strong> Bestandskraft <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> nicht teil.Aus diesem Grund kann auch eine nur teilweise erfolgte Anfechtung des Beschlusses <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> nicht dazu führen, dass die Ausführungen <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> zumGeschäftswert in Teilrechtskraft erwachsen (BayObLG, B. v. 23.03.2004 - Az.: Verg 22/03).23.7.6 relative Rechtskraftwirkung2402Hat die <strong>Vergabekammer</strong> den Auftraggeber mit dem (nur) von dem Antragstellerangefochtenen Beschluss – und zwar ausdrücklich im Ausspruch - angewiesen, das Angeboteines Beigeladenen von <strong>der</strong> Wertung auszuschließen und ist diese <strong>Entscheidung</strong>bestandskräftig, da sie von dem Beigeladenen nicht angegriffen wurde, ist dasBeschwerdegericht aus prozessualen Gründen daran gehin<strong>der</strong>t, die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong><strong>Vergabekammer</strong> in diesem Punkt wie<strong>der</strong> aufzugreifen. Die sofortige Beschwerde desAntragstellers stellt keineswegs ohne Weiteres die gesamte <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong>erneut zur Disposition. Der Ausspruch <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> ist teilbar.Soweit die <strong>Vergabekammer</strong> darin den Ausschluss des Angebots des Beigeladenen verfügt hat,bleibt diese (Teil-) <strong>Entscheidung</strong> für das Beschwerdeverfahren gültig, weil sie von dem dazuallein berufenen Beigeladenen nicht angefochten worden ist (OLG Düsseldorf, B. v.27.04.2005 - Az.: VII - Verg 10/05).


Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 24.01.201024032403/1Die relative Rechtskraftwirkung bedeutet daher, dass <strong>Entscheidung</strong>en nur gegenüberdenjenigen Beteiligten Rechtskraftwirkung entfalten, die an den jeweiligenVergabenachprüfungsverfahren beteiligt waren (OLG Düsseldorf, B. v. 22.09.2005 - Az.:Verg 48/05, Verg 50/05).Hinsichtlich <strong>der</strong> Kostenentscheidung ist das Rechtsmittelgericht jedoch nicht gehin<strong>der</strong>t,im Rechtsmittelverfahren die Kostenentscheidung <strong>der</strong> <strong>Vergabekammer</strong> insgesamt zuüberprüfen und gegebenenfalls abzuän<strong>der</strong>n, auch soweit sie einen amRechtsmittelverfahren nicht mehr Beteiligten betrifft (OLG Düsseldorf, B. v. 26.11.2007 -Az.: VII – Verg 53/05).23.8 Berichtigung des Rubrums <strong>der</strong> <strong>Entscheidung</strong> nach § 42VwVfG2404Die Ermessensvorschrift des § 42 VwVfG knüpft einen Anspruch auf Berichtigung einesVerwaltungsaktes an das Vorliegen eines Schreibfehlers, eines Rechenfehlers o<strong>der</strong> einerähnlichen offenbaren Unrichtigkeit. Bei dem Beschluss einer <strong>Vergabekammer</strong> handelt essich um einen Verwaltungsakt, da nach § 114 Abs. 3 Satz 1 GWB die <strong>Entscheidung</strong> <strong>der</strong> VKdurch Verwaltungsakt ergeht (1. VK Sachsen, B. v. 5.8.2003 - Az.: 1/SVK/092-03b).23.9 Literatur2405• Fett, Bernhard, Die Hauptsacheentscheidung durch die VK, NZBau 2005, Heft 3, S.141

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