23.11.2012 Aufrufe

Christel Wemheuer und Jürgen Trittin - Pony

Christel Wemheuer und Jürgen Trittin - Pony

Christel Wemheuer und Jürgen Trittin - Pony

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

# 66 | September 2011<br />

readmypony.com | Göttingen | im Herbst<br />

Roman Flügel | Wolfgang Murnberger | Walter Benjamin | Sjón | Jungle Brothers | Bassmusik


www.k-risma.biz<br />

DO<br />

Donnerstag<br />

JUMBO<br />

NIGHT<br />

Jeden Donnerstag gibt es alle Jumbo<br />

Cocktails den ganzen Abend zum halben<br />

Preis. Einfach GROSSARTIG!<br />

Sausalitos - Hospitalstr. 35 - 37073 Göttingen - Telefon: (05 51) 508 48 27<br />

Göttingen | im Herbst<br />

Kleine Texte<br />

4 |<br />

5 |<br />

6 |<br />

7 |<br />

Jungle Brothers Old-School-Nostalgie<br />

Sjón Geister, Feen, Drachen<br />

Papstbesuch Stracke <strong>und</strong> Segen<br />

Zwischen Räumen Diskursive Kunst<br />

Große Texte<br />

8 |<br />

12 |<br />

16 |<br />

Roman Flügel Musikalischer Eigensinn<br />

Wolfgang Murnberger Sein bester Feind<br />

Walter Benjamin Blitzhafte Erkenntnis<br />

Rubriken & Termine<br />

18 | Theater<br />

20 | Bücher<br />

22 | Kino<br />

24 | Digitales<br />

25 | Spiele<br />

26 | Platten<br />

29 | Kolumne<br />

31 |<br />

50 | Stadtplan<br />

51 | Impressum<br />

52 | pony.hof<br />

54 | Sterne<br />

September 2011<br />

www.readmypony.com


Konzert Jungle Brothers<br />

Sie nannten es<br />

HipHouse<br />

Michael Saager<br />

wiedervereinigungen führen selten zu überzeugenden Resultaten.<br />

Häufig braucht sie kein Mensch. Bei den<br />

meisten »Reunions« von Bands ist das so. Da hier<br />

aber wenig auf dem Spiel steht – abgesehen von einer<br />

Prise Nachruhm <strong>und</strong> etwas Geld für die Musiker<br />

sowie, auf Fanseite, ein mehr oder weniger gelungener<br />

Nostalgiehüpfer Richtung Vergangenheit –, darf<br />

man sie ruhig locker abnicken.<br />

»Speaking in Tongues« nennen die Jungle Brothers<br />

ihre Reunion-Tour. Was Sinn macht, denn einst<br />

gehörten Mike Gee, Afrika Baby Bam <strong>und</strong> DJ Sammy<br />

B. zu den »Guten«: Sie machten mit Gleichgesinnten<br />

wie A Tribe Called Quest, Black Sheep <strong>und</strong><br />

De La Soul ziemlich überlegten HipHop, der wenig<br />

bis nichts mit dem Gangster-Bling-Bling-Zeug von<br />

der Westküste gemein hatte. Die Protagonisten der<br />

»Native Tongue Posse« kamen aus New York; man<br />

befasste sich mit den Problemlagen sozial Deprivierter<br />

oder mit der Ausformulierung afroamerikanischen<br />

Selbstbewusstseins im Idiom des Rap.<br />

Gegründet hatten sich die Jungle Brothers bereits<br />

1986. Somit bewegten sie sich, wie alle Old-<br />

School-HipHop-Gruppen erster St<strong>und</strong>e, im Fahrwasser<br />

Afrika Bambaataas. Gleichzeitig wies ihr<br />

4<br />

So<strong>und</strong> über die proto-electroesken Grooves des Urvaters<br />

hinaus. Funk, Soul, Jazz <strong>und</strong> HipHop zu vermischen,<br />

war bald ihr Ding; Ende der 80er kam eine<br />

Prise House dazu: Der legendäre Track »I‘ll House<br />

You« entstand mit Unterstützung des House-Produzenten<br />

Todd Terry. Die Jungle Brothers gelten<br />

als Erfinder von HipHouse.<br />

Diesen Spagat zwischen Dance Culture <strong>und</strong> Hip-<br />

Hop zelebrierten die Jungle Brothers, mittlerweile<br />

ohne Sammy B., auch auf dem späten Album<br />

»V.I.P.« (2002). Hier war es, unter Einflussnahme<br />

von Alex Gifford von den Propellerheads, britischer<br />

Big Beat, der es ihnen angetan hatte. Das<br />

konnte man auch scheiße finden. Zurück zu ihren<br />

Old-School-Wurzeln kehrten sie 2002 mit dem<br />

Longplayer »All That We Do«. Auf ihrer diesjährigen<br />

Tour nun sind sie wieder zu dritt. Neues Material<br />

wird kaum zu hören sein. Alte Hits werden gedroppt<br />

– fürs Bauchgefühl.<br />

Die Jungle Brothers spielen am 4.9. um 20:00<br />

Uhr im Arm (Kassel).<br />

Lesung Sjón<br />

Die Magie der Welt<br />

Tina Fibiger<br />

etwas greift in die Eingeweide <strong>und</strong> grinst. Der Erzähler<br />

mag sich mit diesem dunklen Ich nicht arrangieren.<br />

Doch die diabolische Fratze ist hyperpräsent in dieser<br />

sagenhaften isländischen Welt des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

die der Drehbuchautor, Dichter <strong>und</strong> Songtexter<br />

Sigurjón Birgir Sigurðsson (kurz: Sjón) in seinem<br />

Roman »Das Gleißen der Nacht« durchstreift. Der<br />

Autor blickt in eine Zeit, in der Aberglaube, Dummheit,<br />

christlicher Dogmatismus <strong>und</strong> Gier eine übel<br />

riechende Melange bilden. Sein Protagonist Jónas<br />

Pálmason ist einer dieser neugierig-störrischen<br />

Köpfe mit zahlreichen Talenten: Den Runenk<strong>und</strong>ler,<br />

Zahn- <strong>und</strong> Hornschnitzer treiben Sammelleidenschaft<br />

<strong>und</strong> Erkenntnissuche. Er kennt sich aus<br />

mit der weiblichen Anatomie, mixt wirkungsvolle<br />

medizinische Kräutertinkturen, besänftigt Untote.<br />

Obrigkeit <strong>und</strong> hiesiger Priesterkaste ist er ein Dorn<br />

im Auge – man verbannt ihn auf eine Insel.<br />

Sjón hat Jónas Pálmason einer historischen Figur<br />

nachempf<strong>und</strong>en – dem Forscher <strong>und</strong> Kommentator<br />

der Edda-Sagenchronik Jón Gudm<strong>und</strong>sson Laerdi:<br />

Verurteilt wegen Hexerei bzw. für die Handhabung<br />

eines Weltwissens, für das nicht nur rationale Argumente<br />

zählten, sondern in dem auch Drachen <strong>und</strong><br />

Feen zuhause waren. Auf der Insel nun kommt der<br />

Träumer <strong>und</strong> Fantast in unserer Romanfigur richtig<br />

zum Zuge. Launig experimentiert Jónas Pálmason<br />

voran <strong>und</strong> imaginiert allerlei Phantastisches, während<br />

seine Mitmenschen um Pfründe feilschen oder<br />

unter baskischen Walfängern blutige Gemetzel anrichten.<br />

Da stören widerspenstige Ideen ebenso wie<br />

der Glaube an Zaubersprüche, mit denen dieser Naturgelehrte<br />

so gerne jongliert – <strong>und</strong> die bald auch<br />

den Leser beflügeln. Es ist eine wahrhaft poetische<br />

Welt der Bilder, Klänge <strong>und</strong> Metaphern.<br />

In seinem Nachwort schreibt Sjón, dass er die<br />

Schriften Laerdis mit jener Sorglosigkeit behandelt<br />

habe, die das Spiel des Dichters von der Arbeit<br />

des Wissenschaftlers unterscheiden. Die Visionen<br />

seines Helden lesen sich wie archaische Beschwörungsformeln.<br />

Anarchische Kräfte bannen die dämonischen<br />

Visagen des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts, <strong>und</strong> vielleicht<br />

sogar die unserer Gegenwart.<br />

Sjón liest am 19.9. um 20:00 Uhr im Lit. Zentrum<br />

aus seinem Roman »Das Gleißen der<br />

Nacht« (S. Fischer 2011, 282 Seiten, 18,95 EUR).<br />

Kleine Texte<br />

5


KathoLizismus Der Papst kommt<br />

Das Ereignis ihres<br />

Lebens<br />

Benjamin Laufer<br />

das östlich von Göttingen gelegene Eichsfeld ist nicht<br />

gerade für seine Weltoffenheit bekannt. Die Region<br />

steht für Mettwurst <strong>und</strong> einen ausufernden Katholizismus.<br />

An vielen Ecken dies- <strong>und</strong> jenseits der niedersächsisch-thüringischen<br />

Grenze haben Gläubige<br />

einen Toten aus Holz an ein Kreuz genagelt. In<br />

einer Kapelle im thüringischen Etzelsbach lassen<br />

jedes Jahr 300 Katholiken ihre Pferde segnen, weil<br />

das für sie historisch irgend einen (nicht zwingend<br />

nachvollziehbaren) Sinn ergibt.<br />

Genau in diese Kapelle verschlägt es am 23. September<br />

den Papst persönlich. Ein riesiger Acker<br />

wurde hergerichtet <strong>und</strong> bietet bis zu 100.000 Gläubigen<br />

Platz, seiner Messe beizuwohnen. Sogar die<br />

Autobahn wird auf einer Länge von zehn Kilometern<br />

gesperrt, um als Parkplatz für die Pilgerbusse zu dienen.<br />

Die Menschen vor Ort können sich kaum halten:<br />

Für viele ist der Besuch aus Rom das Ereignis<br />

ihres Lebens. Ist ja auch sonst außer Wanderdisko<br />

nicht viel los im Eichsfeld.<br />

Das ganze kostet ein Heidengeld, unzählige Millionen<br />

fließen in die Baustelle gleich hinter dem<br />

ehemaligen Grenzstreifen. Aber überhaupt nur an<br />

den schnöden Mammon zu denken, kommt für die<br />

6<br />

Christenfreaks einer Sünde gleich. Während die<br />

Massen weltweit zunehmend verarmen, weiß die<br />

katholische Kirche eben immer noch am besten, wofür<br />

sie ihr Geld zum Fenster rausschmeißt.<br />

Auch politisch sind die Eichsfelder auf dem Papstauge<br />

blind. Mindestens. Pius-Brüder? Antisemitismus?<br />

Homophobie? Menschenfeindliche Sexualpolitik?<br />

Kein Thema in Etzelsbach, wenn es um<br />

den Heiligen Vater geht, den sie wirklich so nennen.<br />

Ohne eine Miene zu verziehen. Mit Protesten gegen<br />

den Papst, wie sie in Berlin angekündigt sind, rechnet<br />

hier niemand – auch wenn es von Göttingen aus<br />

erste Vorbereitungen gibt. »Die Eichsfelder werden<br />

schon wissen, wie sie sich gegen Störenfriede zur<br />

Wehr setzen«, sagt einer der Christen. Die Horde,<br />

die mit Mistgabeln bewaffnet die Städter vom Platz<br />

jagt, kann man sich bei diesen Worten förmlich vorstellen.<br />

Hier, mitten im Nichts, ist der Papst gut aufgehoben.<br />

Hier kann er am wenigsten Schaden anrichten<br />

– weil sowieso so vieles kaputt ist.<br />

aussteLLung Zwischen Räumen<br />

Krass neongelb<br />

Tina Lüers<br />

Krass neongelb wirkt der Widerschein des Lichtes<br />

auf der Wand. Es wird von langen, fluoreszierend<br />

leuchtenden Papierbahnen geworfen, die schräg im<br />

Saal auf acht mal viereinhalb Metern von der Decke<br />

hängen. Martin Pfeifle hat für diese Arbeit, die im<br />

Rahmen der aktuellen Ausstellung des Kunstvereins<br />

zu sehen ist, Papier verwendet, auf dem üblicherweise<br />

Dinge stehen wie »Kirmes in Grone« oder »Flugtag<br />

in Uslar«. Er verwendet industrielles Material<br />

in einer Weise, die dessen Wahrnehmung <strong>und</strong> auch<br />

die des Raumes verändern. Er verschränkt Ort <strong>und</strong><br />

Form mit dem Material, konfrontiert mit Interaktion.<br />

Die sieben teilnehmenden Künstler sind zu »Zwischen<br />

Räumen« unverbindlich zusammengefasst.<br />

Albrecht Schäfers Installation mit Abdeckfolie <strong>und</strong><br />

Baustrahlern atmet den Raum durch die sich erhitzende<br />

Luft. Martina Sauter verdoppelt den beinahe<br />

voyeuristischen Blick durch Türen auf Filmszenen.<br />

Lutz Fezer kommentiert sachte Mode, Politik <strong>und</strong><br />

Film per kleiner Eingriffe. Björn Braun zerschneidet<br />

mediale Realitäten <strong>und</strong> setzt sie zu etwas Neu-<br />

Immanentem zusammen. Jana Eske spannt den<br />

Bogen von Alltäglichkeiten zu dem Grauen dahinter,<br />

dazwischen.<br />

Eine halbe Treppe weiter oben gelangt man zwischen<br />

das Gewirr hochaufkragender, ineinander<br />

verschachtelter Fassaden. Katrin Ströbel zeichnet<br />

einander überlagernde Fragmente existierender<br />

Hochhäuser, Fenster, Markisen auf halbtransparente<br />

Folien, die von der Decke hängen. Im Vor- <strong>und</strong><br />

Hintereinander birgt diese Arbeit eigene Räumlichkeiten,<br />

zeigt Durchlässigkeit <strong>und</strong> die Vielschichtigkeit<br />

des urbanen Raumes. Doch sie thematisiert<br />

daneben auch die Ränder <strong>und</strong> Grenzen der Urbanisierung<br />

mittels Fotografien von Orten, die Spuren<br />

temporären menschlichen Aufenthalts zeigen. Matratzen,<br />

Wärmefolie, Bekleidung, Plastik – sie verweisen<br />

auf Obdachlosigkeit, Armut, Ortlosigkeiten.<br />

Die Ausstellung funktioniert durch die unterschiedlichen,<br />

sich zum Teil jedoch erweiternden Arbeiten.<br />

Sie thematisieren neben formalen Aspekten<br />

makrosoziologische, architekturtheoretische <strong>und</strong><br />

medientheoretische Ansätze.<br />

»Zwischen Räumen«, kuratiert vom Kunstverein<br />

Göttingen, ist bis zum 16.10. im Alten Rathaus<br />

zu sehen.<br />

Kleine Texte<br />

7


Technofunk vom Mars<br />

Beats <strong>und</strong> Bässe Der Frankfurter Roman Flügel ist nicht nur ein »alter Hase«, sondern<br />

auch einer der innovativsten Musiker der Clubszene. »Fatty Folders« ist sein<br />

erstes Album für das Hamburger Label Dial.<br />

Michael Saager<br />

eigentLich gehört es sich ja nicht, mit der Tür unterm Arm geradewegs ins Wohnzimmer<br />

zu stolpern, ohne zumindest einmal angeklopft zu haben. Es ist nur<br />

so, dass der Rezensent nach jedem weiteren Hören von »How to Spread Lies«<br />

noch begeisterter ist als zuvor. Bald kriegt er sich vielleicht gar nicht mehr ein.<br />

Und wer schreibt dann den Text? Oder er überfrisst sich am Track – <strong>und</strong> sieht<br />

dann alles ganz anders.<br />

Also ausnahmsweise gleich zur großen Lobhudelei: Dieser Track, der erstmals<br />

Ende 2010 auf einer EP desselben Namens erschienen ist, <strong>und</strong> nun noch<br />

einmal seinen Platz auf der Pole-Position von Roman Flügels Album »Fatty Folders«<br />

gef<strong>und</strong>en hat, sollte sogar bei unter pathologischer Gefühllosigkeit leidenden<br />

Menschen wahre W<strong>und</strong>er wirken, so schön ist er. Als luzider After-Hour-<br />

Tagtraum von erlesener Expressivität <strong>und</strong> moderaten Tripqualitäten begleitet<br />

er die Hörerwartungen empathisch mittels unverschämt wärmender harmonischer<br />

Auflösungen, die bis zum Ende nichts von ihrer Überzeugungskraft<br />

verlieren.<br />

Natürlich sind die behende ineinander greifenden, einander überlagernden<br />

oder abwechselnden <strong>und</strong> stets auf wenige, genau überlegte Tonfolgen beschränkten<br />

melodiegebenden Themen in sehnsuchtsseligem Moll gehalten. Zu<br />

hören sind ein gedämpftes Klavier <strong>und</strong> Glockenspiel, ein tief singender Bass <strong>und</strong><br />

eine Flötenfigur, die sich wie eine kleine bunte Schlange der Sonne entgegenzustrecken<br />

scheint. Und obgleich »How to Spread Lies«, zusammen mit den ruhigeren,<br />

klavierbetonten Stücken »Song with Blue« <strong>und</strong> »PianoPiano«, am stärksten<br />

über jene weltverlorene Deepness verfügt, für die das Hamburger Label Dial<br />

auch geschätzt wird, hat der Track noch eine andere Seite: Eine dominante, tempomachende<br />

Kickdrum <strong>und</strong> weit nach vorne gemischte Hi-Hats sorgen für eine<br />

Clubkompatibilität, die einem beinahe ein bisschen falsch vorkommen könnte.<br />

Immerhin handelt es sich um vergleichsweise »ruppige« Elemente. Gleichwohl<br />

sind es genau diese Kontrastmittel, die den Reiz des Stückes noch erhöhen,<br />

auch weil sie uns in unseren Butterblumenwiesenträumen Beine machen.<br />

Geht’s noch?<br />

Überhaupt gab es Zeiten <strong>und</strong> Szenen, man erinnere sich an Chicago-House-Produktionen<br />

von Boo Williams oder Paul Johnson in den mittleren Neunzigern,<br />

auf denen der starke Kontrast zwischen aggressiv stolpernden oder bouncenden<br />

Beats <strong>und</strong> betont roher Percussion auf der einen Seite <strong>und</strong> filigranen Melodien<br />

auf der anderen erfreulichste analoge Konvention war. Man muss diesen<br />

Zeiten nicht nachweinen, zumal es noch heute Techno- <strong>und</strong> Houseproduzenten<br />

8 Große Texte<br />

gibt – Shed aus dem Berliner Hardwax-Umfeld ist so jemand –, die hochenergetische<br />

Clubhymnen schmieden, indem sie, die Vergangenheit im Blick, fordernde<br />

Dancefloorskelette mit überraschenden Melodiebögen souverän zu verbinden<br />

wissen. Roman Flügel ist ebenfalls sehr gut darin.<br />

Wäre der alte Szenehase nicht seit 17 Jahren dabei, hätte er »Fatty Folders«<br />

so vermutlich nicht aufnehmen können. Wie die meisten der Bienenfleißigen<br />

im Geschäft cluborientierter Elektronik ist Flügel ein Mann diverser Projekte<br />

<strong>und</strong> schillernder Pseudonyme. Klar, wer viele musikalische Kinder großzieht,<br />

Roman Flügel: »Fatty<br />

Folders« (Dial /<br />

Kompakt)<br />

9


aucht viele Namen – was fremden Ohren die Identifikation bisweilen schwer<br />

wahrzunehmender Differenzen etwas erleichtert. Eight Miles High, Ro 70, Soylent<br />

Green <strong>und</strong> Roman IV sind vier Pseudonyme des 40jährigen, gebürtigen<br />

Darmstädters; die ersten beiden repräsentieren seine ruhigere Seite. Diese Sachen,<br />

nur weil sie einem nicht zwingend in die Beine fahren, experimentell zu<br />

nennen, wäre aber falsch. Mehr als eine Verlegenheitsworthülse für feldfremde<br />

Beschreibungsdrückeberger ist dieses Wort ohnehin selten gewesen.<br />

Gemeinsam mit Heiko M/S/O, Ata <strong>und</strong> Jörn Elling Wuttke war Flügel Mitbetreiber<br />

der Offenbacher Plattenlabels Playhouse <strong>und</strong> Klang Elektronik. Zwei Labels<br />

mit beachtlichem Ruf innerhalb der House- <strong>und</strong> Technoszene, bis man sich<br />

vor ein paar Jahren finanziell verhoben hat. Seither passiert dort kaum noch etwas,<br />

das der Rede wert wäre. Wuttke <strong>und</strong> Flügel arbeiten auch als Musiker zusammen.<br />

Weitaus berühmter als mit ihrem famosen »Abstract Folk«-House-<br />

Projekt Sensorama <strong>und</strong> dem knackigen Oldschool-Techno-Tandem Acid Jesus<br />

wurden sie mit Alter Ego. Unter diesem Namen schickten sie manisch-hysterische<br />

Sauf- <strong>und</strong> Drogenhymnen (»Rocker«, »Betty Ford«, »Geht’s noch«)<br />

mit stompy Beats <strong>und</strong> platzenden Bässen Richtung Großraum-Rave. Für den<br />

in Frankfurt lebenden Roman Flügel hatten viele der bespielten Orte keinen<br />

»Soul«. Noch weiter verbiegen wollte er sich nicht. Deshalb liegt der aggressivalberne<br />

Maximal-Electro-House Alter Egos derweil auf Eis.<br />

Überzeugende Brüche<br />

Es ist diese, hier lediglich angerissene, epische Musikervita, die sich in den<br />

Tracks von »Fatty Folders« nuanciert bricht wie in einem großen, aus zahlreichen<br />

Mosaiken zusammengesetzten Spiegel. Dass hier kein monochromes Autoren-Techno-House-Album<br />

»aus einem Guss« entstanden ist, wie man es sonst<br />

von Dial-Longplayern gewohnt ist, schadet dem Label so wenig wie den Hörern.<br />

Was nicht zuletzt mit Flügels außerordentlicher Musikalität, seiner spielerischen<br />

Phantasie <strong>und</strong> einer stupenden Vorliebe für die Inszenierung überzeugender<br />

Brüche zu tun hat.<br />

Roman Flügel ist neben DJ Koze einer der abwechslungsreichsten Entertainer<br />

des gegenwärtigen Clubgeschehens. Seine Stücke haben nicht nur Soul,<br />

sondern auch wahnsinnig viel Funk: Es rappelt, zappelt, knallt <strong>und</strong> platscht<br />

vielerorts schön »ungerade«, sozusagen gegen den Strich. Schließt man beim<br />

Anhören des Tracks »Improviser« die Augen, scheint jeder Gedanke an einen<br />

Maschinenpark <strong>und</strong> den obligatorischen Computer wie weggeblasen: Handgemacht<br />

klingende Claps <strong>und</strong> Schnipser, Rasselpercussion <strong>und</strong> ein Bass, der Geschichten<br />

in Aliensprache zu erzählen scheint, gemahnen an modernen Technofunk,<br />

gespielt von einer Band vom Mars. In punkto Spielfreude erinnert das<br />

Stück an fast vergessene »Red-Planet«-Stücke des Detroiter Undergro<strong>und</strong>-Resistance-Erfinders<br />

»Mad« Mike Banks.<br />

Es steckt viel Freigeistigkeit in sämtlichen Stücken dieser großen Platte <strong>und</strong><br />

nie zu viel des düsteren Ernstes: So »befreit« Flügel sein rollendes Zeitgeistmonster<br />

»Rude Awakening« mithilfe einer darüber getröpfelten dissonanten<br />

Antimelodie von seiner industriell anmutenden Berghain-Bedrohlichkeit. Einmal<br />

mehr sind auf »Fatty Folders« Fremdes <strong>und</strong> Eigenes eins geworden. Es ist<br />

das reine Glück.<br />

10 Große Texte


Gegen den guten<br />

Geschmack<br />

ns-KammerspieL Jude oder Nazi? Wolfgang Murnbergers kontrovers diskutierter Film<br />

»Mein bester Feind« erzählt nur scheinbar eine einfache Geschichte. Ein Gespräch<br />

mit dem österreichischen Regisseur.<br />

Ulrich Kriest<br />

wien 1938. Eine jüdische Kunsthändlerfamilie besitzt etwas, das die Nazis gut gebrauchen<br />

können, um bei den Italienern schön Wetter zu machen. Es handelt<br />

sich um eine Originalzeichnung von Michelangelo, von der allerdings auch ein<br />

paar Kopien kursieren. Neben diesen Zeichnungen wechselt auch eine SS-Uniform<br />

ihren Besitzer, während im Hintergr<strong>und</strong> die europäischen Juden ermordet<br />

werden. So viel zum Inhalt in aller Kürze.<br />

Auf der Berlinale gab es Filmkritiker, die »Mein bester Feind« geschmacklos<br />

fanden. Andere fanden ihn zu harmlos. Wieder andere meinten, ein weiterer NS-<br />

Kostümfilm mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle sei kaum wünschenswert.<br />

Wolfgang Murnberger (»Der Knochenmann«) selbst hatte moralische Bedenken,<br />

einen – wenn auch schrägen – Buddy-Film vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Holocausts<br />

zu drehen. Dabei darf man »Mein bester Feind« durchaus ausgezeichnet<br />

finden. Nicht zuletzt, weil er einem das intellektuelle Vergnügen meta-perspektivischen<br />

Schauens erlaubt: Der Blick reicht dann tief hinab in das Räderwerk<br />

einer subtil vertrackten Komödie.<br />

pony: Bei »Mein bester Feind« resultiert die Spannung weniger aus dem<br />

Plot als vielmehr aus der Frage, wie weit der Film wohl gehen wird. Oder<br />

um Lars von Trier in Cannes zu »zitieren«: Wie komme ich hier wieder<br />

raus? Es werden komplexe Konstellationen geschaffen, die sich an Genre-Erwartungen<br />

reiben. Und man genießt, wie intelligent der Film diese<br />

Probleme löst, um die Handlung voranzutreiben.<br />

Wolfgang Murnberger: Woran denken Sie konkret?<br />

Zum Beispiel trägt ein Jude die SS-Uniform <strong>und</strong> behauptet, er sei ein<br />

12 Große Texte<br />

Nazi. Ein Nazi trägt die KZ-Kleidung <strong>und</strong> sagt, er sei der Nazi. Dann<br />

taucht die Geliebte des Nazis auf, die früher einmal die Geliebte des Juden<br />

war. Sie entscheidet sich spontan für ihre alte Liebe zum Juden,<br />

weil ihre Beziehung zum Nazi strategischer Natur war. Was aber zu diesem<br />

Zeitpunkt Ihres Films, der ja auch von Opportunismus <strong>und</strong> Karrierismus<br />

handelt, alles andere als selbstverständlich ist.<br />

Solche Szenen sind auch für mich die Höhepunkte des Films. Sie waren es bereits<br />

im Drehbuch. Ich habe von Anfang an gewusst, dass dieser Film ein Kammerspiel<br />

sein würde. Es sind eben diese feineren Momente, in denen es um<br />

Kammerspiel, um gutes Schauspiel geht, die mich besonders interessiert haben.<br />

Wie sind Sie zu dem Projekt gekommen?<br />

Als ich Paul Hengges Buch »Wie es Victor Kaufmann gelang, Adolf Hitler doch<br />

noch zu überleben« gelesen hatte, dachte ich: Das geht nicht, irgendwie. Ich<br />

habe das nicht verstanden, denn es hieß ja: Das Buch erinnere stark an Ernst<br />

Lubitschs Film »Sein oder nicht sein«. Dabei hat gerade mal eine Szene mit<br />

Lubitsch zu tun.<br />

War denn ursprünglich eine Slapstick-Komödie geplant?<br />

Ich bin sehr spät zum Projekt dazugekommen. Das Buch ist in Deutschland<br />

lange von Produktion zu Produktion gewandert. Es gab Probleme mit der Finanzierung,<br />

weil der Film ein Zwitter sein würde: keine Komödie, kein Drama.<br />

Die Slapstick-Momente habe ich dann reduziert, weil ich etwas anderes erzählen<br />

wollte. Natürlich ist das Ganze auch ein Märchen, aber ich habe immer gesagt:<br />

Jede einzelne Szene dieses Films hätte in der Wirklichkeit passieren können.<br />

In seiner Gesamtheit, mit all den Aufs <strong>und</strong> Abs <strong>und</strong> all den Brüchen, handelt<br />

es sich allerdings offensichtlich um eine Konstruktion. »Mein bester Feind« war<br />

von Anfang an ein viel feineres Gespinst als »Der Knochenmann«. Obwohl alles<br />

da ist: die Dramatik, der Humor <strong>und</strong>, na klar, die Schrecken des Holocausts.<br />

War das reizvoll oder problematisch?<br />

Problematisch. Während der ganzen Geschichte hatte ich Angst vor den Reaktionen<br />

jüdischer Zuschauer. Dass man den Holocaust in einen nebulösen Hintergr<strong>und</strong><br />

stellt, um dann vor diesem Nebel eine Verwechslungskomödie zu inszenieren.<br />

Oder einen Buddy-Film mit einem Nazi <strong>und</strong> einem Juden.<br />

Aber eigentlich sind diese Debatten doch längst alle geführt: Darf man<br />

ein KZ inszenieren? Darf man über Hitler lachen?<br />

Ich habe für mich entschieden, dass ich diesen Film drehen darf, weil das<br />

Drehbuch von einem jüdischen Autor geschrieben wurde.<br />

Der Autor als Alibi?<br />

Mir hat es zumindest am Anfang geholfen. »Inglourious Basterds« war sicher<br />

einfacher zu realisieren – so als Hau-drauf-Italo-Western mit allerlei Geschichtsverdrehungen.<br />

Ich dagegen bin ja sehr nahe am Realismus.<br />

Wobei der von Georg Friedrich gespielte Nazi Rudi für einen Verbrecher<br />

etwas zu beschränkt ist, oder?<br />

Ich persönlich glaube, dass die meisten zu blöd waren, um »echte« Verbrecher<br />

zu sein. Aber gerade die vielen Mitläufer, die die SS-Uniform angezogen haben,<br />

um Karriere zu machen, darf man nicht einfach abtun. Sie wussten, dass sie<br />

sich damit auf eine böse Seite stellen. Aber was genau sie dort erwarten würde,<br />

war vielen vermutlich nicht klar.<br />

Zumal Rudi selbst auch Täter <strong>und</strong> Opfer ist. Was die Moral der Figur<br />

13


ins Spiel bringt: Der muss sich seine Schuld später immer wieder schön<br />

reden.<br />

Genau das hat mich an dieser Figur interessiert. Der Autor selbst hatte Rudi<br />

viel böser angelegt. Auch mein eigener Vater war ja ein Nazi. Er war zwar nicht<br />

bei der SS oder der SA, aber bei der Wehrmacht.<br />

Die SS-Uniform fungiert abstrakt als Code. Man trägt nicht nur Uniform,<br />

weil man eine bestimmte politische oder moralische Haltung hat. Ebenso<br />

muss man eine bestimmte Haltung zeigen, weil man diese Uniform<br />

trägt. Man ist nicht unbedingt böse, muss aber signalisieren können,<br />

dass man aktuell das Spiel des Bösen spielt. Moritz Bleibtreus Filmfigur<br />

muss diese Haltung im Selbstversuch <strong>und</strong> in Echtzeit entwickeln.<br />

Learning by doing.<br />

Nicht zu vergessen, die Verführung, die von der Uniform ausgeht. Eine meiner<br />

liebsten Szenen im Film ist die, wo sich Moritz Bleibtreu zum ersten Mal<br />

mit der SS-Uniform im Spiegel sieht <strong>und</strong> plötzlich findet, dass die Uniform gar<br />

nicht so schlecht ausschaut am Körper. Moritz spielt diese etwas gewagte Szene<br />

ganz großartig.<br />

Ihr Film ist auch ein Memento mori: von der strukturellen Anlage ein<br />

Märchen, das in der letzten Einstellung, dem vermeintlichen Triumph<br />

der Überlebenden, durchaus Züge von Unversöhnlichkeit trägt.<br />

Was Georg Friedrich am Schluss sagt, spiegelt für mich die Einstellung eines<br />

Großteils der österreichischen Gesellschaft zu dieser Geschichte wider:<br />

»Brauchst nicht glauben, dass ich nicht weiß, was ein schlechtes Gewissen ist!«<br />

Und dann sagt der Nazi zum Juden: »Ich hab schwere Zeiten gehabt.« In diesem<br />

Augenblick ist Georg Friedrich auch mein Vater.<br />

Ein anderer Film taucht in den Berlinale-Kritiken zu »Mein bester<br />

Feind« immer wieder auf: Tarantinos »Inglourious Basterds«. Um diesen<br />

Film wurden seitens der Filmkritik ganz erstaunliche Theorien gebastelt,<br />

so, als handle es sich um einen Akt jüdischer Selbstermächtigung<br />

zur Rache im Kino. Was ich eher geschmacklos finde, zumal<br />

angesichts der Qualität des Films, die mir fragwürdig erscheint.<br />

Mich w<strong>und</strong>ert der Vergleich auch. Weil ich finde, dass Tarantino Trash ist,<br />

<strong>und</strong> mein Film eher das Gegenteil. Ich wurde in Wien zu einem darüber Vortrag<br />

eingeladen, wie man die Gräuel der Nazis im Film darstellen kann. Da ging<br />

es um Filme wie »Inglourious Basterds« oder »Zug des Lebens«. Da meinte ein<br />

Zuschauer in der Diskussion, ein Fehler meines Films sei, dass es keine Toten<br />

gäbe. Ist das heute ein Qualitätsmerkmal eines Films, wie viele Tote es gibt? Bei<br />

Tarantino bleibt ja kaum einer am Leben.<br />

Wie reagieren Sie auf die Kritik an Ihrem Film?<br />

Meine ursprüngliche Angst hat sich geradezu in ihr Gegenteil verkehrt. Als<br />

der Film auf der Berlinale lief, bekam ich viel Zuspruch von anwesenden jüdischen<br />

Kulturschaffenden: Es sei ein w<strong>und</strong>erbarer Film geworden, der die Intention<br />

von Paul Hengge einlöse, die Juden eben nicht nur als abgemagerte Gestalten<br />

hinter Stacheldraht zu zeigen. Dass das für die funktioniert hat, hat mich<br />

irrsinnig gefreut. Und dann kamen die Alt-68er-Kritiker daher <strong>und</strong> sagten mir,<br />

dass das ein »No Go!« sei. Gegen den guten Geschmack <strong>und</strong> dann auch noch so<br />

harmlos. »Mein bester Feind« sei schon vom Ansatz her nicht politisch korrekt.<br />

Tja, es sei denn, ich hätte 500 Leute umgebracht. So wie Tarantino.<br />

14 Große Texte<br />

Wolfgang Murnberger<br />

»Mein bester<br />

Feind«; Regie: Wolfgang<br />

Murnberger;<br />

mit Moritz Bleibtreu,<br />

Georg Friedrich,<br />

Udo Samel;<br />

Österreich, Luxemburg<br />

2011; 95 Minuten;<br />

ab 1.9. im Kino


Mit der Axt der Vernunft<br />

durch Paris<br />

flanieren<br />

phiLosophie »Das Passagen-Werk« von Walter Benjamin gehört zu den vielzitierten,<br />

jedoch kaum gelesenen Klassikern kritischen Denkens. Joachim Ottes »Passagen,<br />

Kristalle« trifft eine verdienstvolle Auswahl aus Benjamins schwer zugänglichem<br />

Monumentalwerk.<br />

Jan Langehein<br />

dem Namen nach ist Walter Benjamin wohl einer der bekanntesten deutschen<br />

Intellektuellen der Zwischenkriegszeit. Im kollektiven Gedächtnis verankert<br />

ist vor allem sein Tod im spanischen Grenzort Portbou, wo er im Herbst 1940<br />

auf der Flucht vor den Nazis in Gefangenschaft geriet <strong>und</strong> sich aus Angst vor<br />

der Gestapo das Leben nahm. Das philosophische Werk, das Benjamin hinterließ,<br />

ist dagegen kaum noch präsent. Texte wie »Das Kunstwerk im Zeitalter seiner<br />

technischen Reproduzierbarkeit« teilen das Schicksal von Blochs »Prinzip<br />

Hoffnung« oder Horkheimers <strong>und</strong> Adornos »Dialektik der Aufklärung«: dem<br />

Titel nach in aller Intellektuellen M<strong>und</strong>e, ist die Zahl ihrer Leser doch mehr als<br />

überschaubar.<br />

Die Gründe dafür sind sicher nicht nur in Benjamins äußerst verdichtetem<br />

Stil zu suchen; auch seine Philosophie sperrt sich gegen alle Schubladen: Benjamin<br />

folgt keiner Tradition, ohne ihr zugleich zu widersprechen; er hat kein eigenes<br />

System entworfen, dem sich seine Thesen subsumieren ließen; <strong>und</strong> er<br />

entwickelt die abstraktesten, philosophischen Überlegungen aus scheinbar banalen<br />

Beobachtungen eines Alltags, der sich noch dazu den Erfahrungen seiner<br />

heutigen Leser entzieht. Benjamins Denken befremdete Kommunisten wie<br />

Bildungsbürger gleichermaßen, weil es den Dialektischen Materialismus nach<br />

Marx mit der bürgerlichen Tradition der Aufklärung ebenso verband wie mit<br />

der messianischen Hoffnung des Judentums. Und seine Analyse, wonach die<br />

Hochkultur im Zeitalter der Massenproduktion dem Untergang geweiht sei,<br />

sperrt sich bis heute gegen jedes bürgerliche Lamento, weil Benjamin den Verlust<br />

des Authentischen nicht bejammert, sondern begrüßt – als Voraussetzung<br />

einer proletarischen Revolution, die ihm, dem Bürger, als einziger Ausweg aus<br />

der kommenden Barbarei erschien.<br />

Obwohl Benjamin als Meister der kurzen Form fast ausschließlich Thesen,<br />

Aufsätze <strong>und</strong> Essays verfasste, <strong>und</strong> seine berühmtesten Schriften wie »Das<br />

16 Große Texte<br />

Walter Benjamin:<br />

»Passagen, Kristalle«<br />

(Corso 2011, 159<br />

Seiten, 24,90 EUR)<br />

Kunstwerk« oder die »Berliner Kindheit um 1900« keine h<strong>und</strong>ert Seiten lang<br />

sind, ist sein Hauptwerk dennoch ein Monstrum: Das sogenannte »Passagenwerk«<br />

– eine nie vollendete Sammlung von Aphorismen, die selbst als Fragment<br />

zwei Bände mit zusammen 1400 Seiten umfasst. Der Titel bezieht sich auf die<br />

Passagen von Paris, die im späten 19. Jahrh<strong>und</strong>ert den Geist des Hochkapitalismus<br />

verkörperten wie heute die Shoppingmalls den Geist der Postmoderne.<br />

In den späten Zwanziger- <strong>und</strong> dann nochmal, als Exilant, in den späten Dreißigerjahren<br />

spazierte Benjamin durch diese Passagen <strong>und</strong> beobachtete Kaufleute,<br />

Obdachlose <strong>und</strong> Flaneure. Seine Beobachtungen hielt er fest in Form philosophischer<br />

Aphorismen, die in der Gesamtschau nicht weniger sein sollten als<br />

eine Reflexion des kapitalistischen Ganzen. In diesem Anspruch sind die »Passagen«<br />

vergleichbar mit dem »Kapital« von Marx – beide sind ein Versuch, das<br />

Wesen der bürgerlichen Gesellschaft als Unwesen begreifbar zu machen. Während<br />

Marx jedoch einen gewaltigen Bogen schlägt, um die Erscheinungen des<br />

Alltags aus den Prinzipien der Warenproduktion herzuleiten, geht Benjamin den<br />

umgekehrten Weg: Er beobachtet den Alltag <strong>und</strong> reißt seine Beobachtungen in<br />

einen Zusammenhang, die das Wesen der Gesellschaft hinter scheinbar zufälligen<br />

Begebenheiten erkenntlich machen sollen.<br />

Fortschritt als Weg in die Katastrophe<br />

Der bei Corso erschienene Band »Passagen, Kristalle« ist ein ebenso verdienstvolles<br />

wie gefährliches Unterfangen. Gefährlich ist es, weil ein gerade mal 150<br />

Seiten langer Auszug aus dem »Passagenwerk« dessen aufs Ganze gehenden<br />

Anspruch niemals gerecht werden kann. Verdienstvoll ist es dennoch, denn zwischen<br />

den »Kristallen«, die Joachim Otte als Herausgeber auswählte, finden<br />

sich wahre Juwelen – einige der Aphorismen enthalten in wenigen Sätze mehr<br />

Gedanken als so manche Monographie eines heutigen Mode-Soziologen. Mit<br />

der Ordnung nach Überschriften wie »Das Interieur«, »Müßiggang« oder »Reklame<br />

& Mode« macht Otte erkennbar, was Benjamin meint, wenn er »mit der<br />

geschliffenen Axt der Vernunft« vordringt, um dort Erkenntnis zu erlangen, wo<br />

»bisher nur der Wahnsinn wuchert«, sprich: das Unbewusste vorherrscht <strong>und</strong><br />

offen ist für die Barbarei.<br />

Selten sind Benjamins rätsehalft literarische Miniaturen länger als eine Seite,<br />

<strong>und</strong> manchmal reicht schon ein Satz, um philosophische Abgründe aufzureißen:<br />

»Solange es noch einen Bettler gibt, solange gibt es noch Mythos«, schreibt er,<br />

<strong>und</strong> stellt so den Zusammenhang her zwischen der Unfähigkeit des Kapitalismus,<br />

die Armut zu überwinden, <strong>und</strong> dem Scheitern der Aufklärung am Mythos.<br />

Doch anders als Brecht macht Benjamin daraus kein marxistisches Lehrstück;<br />

als Dialektiker löst er den Widerspruch nicht auf: Solange der Kapitalismus Armut<br />

produziert, gilt ihm der Sieg der Vernunft als Illusion, denn der Mythos<br />

der Moderne ist nichts anderes als der Glaube in die Rationalität des Kapitals.<br />

So hübsch <strong>und</strong> bibliophil »Passagen, Kristalle« also auch daherkommen mag –<br />

dass Denken, das der Band erschließbar macht, ist das Gegenteil einer Erbauungs-Philosophie.<br />

Denn für Benjamin ist Fortschritt letztlich der Weg in eine Katastrophe,<br />

aus der es, nach dem Scheitern der Revolution, keinen Ausweg mehr<br />

geben kann.<br />

»In den<br />

Gebieten, mit<br />

denen wir es zu<br />

tun haben,<br />

gibt es<br />

Erkenntnis nur<br />

blitzhaft.<br />

Der Text ist der<br />

langnachrollende<br />

Donner«<br />

Walter Benjamin<br />

17


die Kommende spieLzeit des Jungen theaters<br />

Aufbrüche in die Unruhe<br />

Tina Fibiger<br />

die Aufforderung gilt für die Theatermacher ebenso<br />

wie für ihr Publikum. Mit dem Leitmotiv »Verändert<br />

euch!« startet das Junge Theater in eine Spielzeit,<br />

die Aufbrüche reklamiert <strong>und</strong> Ideen formuliert, die<br />

den Status quo mit all seinen Blockaden <strong>und</strong> Behinderungen<br />

aufkündigen. Mit der dramatischen Fassung<br />

von Fatih Akins Film »Gegen die Wand« inszeniert<br />

Intendant Andreas Döring zum Saisonauftakt<br />

am 15. September das Szenario einer Rebellion gegen<br />

jene kulturellen Zwänge, innerhalb derer sich<br />

Sehnsüchte mörderisch zuspitzen können. Dea Lohers<br />

Stück »Fremdes Haus« reflektiert die Erinnerungswelt<br />

einer Auswandererfamilie aus Mazedonien<br />

sowie die Spätfolgen eines Bürgerkrieges: Nichts<br />

davon lässt sich einfach verdrängen.<br />

Als echten Glücksgriff für das Spielzeitmotto betrachtet<br />

Döring Kleists Drama »Michael Kohlhaas«<br />

– mit seiner Geschichte einer Rache an einem korrupten<br />

System, das keine Widersprüche duldet, obgleich<br />

das staatlich verordnete Regelwerk dringend<br />

einer Vielzahl von Korrekturen bedarf. Fragen zur<br />

Meinungsfreiheit im virtuellen Raum berührt das<br />

Jugendstück »Frank (<strong>und</strong> frei)« von Brian Drader,<br />

während Lars Von Triers Schauspiel »Der Boss vom<br />

Ganzen« die Täuschungsmanöver eines Konzernchefs<br />

in eine komödiantische Revolte münden lässt.<br />

Im Kinderstück »Anton – das Mäusemusical«<br />

muss sich eine Mäusefamilie gegen den Weihnachtswunsch<br />

eines Kindes zur Wehr setzen, das<br />

unbedingt eine Katze haben will. Aussichtslos dagegen<br />

mutet der Widerstand des leukämiekranken Donald<br />

in Anthony McCartens Romandramatisierung<br />

»Superhero« an. Das Stück habe ihn bereits beim<br />

Lesen stark berührt, erzählt Döring. Mehr noch:<br />

Dass es einem glatt die Schuhe ausziehe, so tief sei<br />

hier die Verbeugung vor dem Leben im Moment des<br />

Sterbens. In der Szenenfolge »Doing« verwandelt<br />

sich ein neoliberaler Karrierist in einen widerspenstigen<br />

Konsumverweigerer. Fluchtmanöver im Drogenkonsum<br />

sondiert das Theaterprojekt »Ecstasy«.<br />

Ebenfalls auf dem neuen JT-Spielplan steht<br />

Henrik Ibsens »Peer Gynt« – als Geschichte einer<br />

18 Theater<br />

Lebens- <strong>und</strong> Traumvision. Den Brüdern Grimm<br />

widmet das Junge Theater im Jubiläumsjahr der<br />

Göttinger Universität eine dramatische Anamnese<br />

unter dem Motto »Vom Märchenschreiber zum<br />

Verfassungskämpfer«. Auch den Protest der Göttinger<br />

Sieben verbindet Döring mit dem Exkurs zur<br />

Göttinger Wissenschaftsgeschichte in der Diskussion<br />

um einen gesellschaftlichen Status quo, seine<br />

Rechtsnormen <strong>und</strong> den legitimen Boykott. »Wir<br />

wollten weg vom klassischen Dramaturgentheater.«<br />

So erklärt der Intendant die Suche nach bewegenden<br />

Stücken, die sich als konkrete Nahaufnahmen<br />

des Lebensalltags verstehen <strong>und</strong> nicht als systemische<br />

Diskurse, die sodann in eine sinnliche Form gepresst<br />

werden.<br />

Zum Kleistjahr 2011 ist eine gemeinsame Exkursion<br />

mit dem Deutschen Theater am Todestag des<br />

Dichters im November geplant. Eine weitere Kooperation<br />

kündigt Döring mit einem Opernprojekt für<br />

Jugendliche an, das anlässlich der Internationalen<br />

Händelfestspiele im Mai 2012 Premiere haben wird.<br />

Mit knapp 40.000 Zuschauern konnte das JT in der<br />

vergangenen Spielzeit seine Zuschauerzahlen um<br />

16 Prozent steigern. Und mit Dürrenmatts »Physikern«<br />

<strong>und</strong> der Komödie »Frau Müller muss Weg«<br />

stehen neben Goethes »Clavigo« auch zwei der erfolgreichsten<br />

Produktionen nach dem Saisonstart<br />

erneut auf dem Spielplan.<br />

deutsches theater<br />

Telefon: 4 96 911 | www.dt-goettingen.de<br />

10.9. 14.00 Theaterfest zur Spielzeiteröffnung<br />

19.9. 18.00 Lebenszeit: F.Schubert <strong>und</strong> A.Brendel<br />

24.9. 19.45 West Side Story<br />

27.9. 19.45 Hypertonietag 2011<br />

28.9. 19.45 West Side Story<br />

30.9. 19.45 West Side Story<br />

Junges theater<br />

Telefon: 4 95 015 | www.junges-theater.de<br />

15.9. 20.00 Gegen die Wand<br />

17.9. 20.00 Fremdes Haus<br />

20.9. 20.00 Gegen die Wand<br />

22.9. 20.00 Fremdes Haus<br />

23.9. 20.00 Gegen die Wand<br />

24.9. 20.00 Kohlhaas, ein Rebell<br />

25.9. 18.00 Frank (<strong>und</strong> frei)<br />

27.9. 20.00 Kohlhaas, ein Rebell<br />

28.9. 20.00 Fremdes Haus<br />

29.9. 20.00 Clavigo<br />

30.9. 20.00 Gegen die Wand<br />

Literarisches zentrum<br />

Telefon: 4 95 68 23 | www.lit-zentrum-goe.de<br />

6.9. 19.00 Lutz van Dijk – Aus den Townships von<br />

Südafrika<br />

8.9. 16.00 Melanie Gerland – Offene Arme<br />

14.9. 20.00 Elazar Benyoetz – In Zweifelhaft<br />

19.9. 20.00 Sjón – Es werde Licht<br />

23.9. 20.00 Günter Grass – »Die Zeit« Mein<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

27.9. 16.00 Franz Hohler – Es war einmal ein Dachs<br />

thop<br />

Telefon: 39 70 77 | www.thop.uni-goettingen.de<br />

Öl: 7./ 9./ 10./ 13./ 14./ 16./ 20./ 21./ 23. <strong>und</strong> 24.9. jeweils<br />

um 20.15 Uhr<br />

Poetry-Slam: 25.9. um 20.15<br />

Theaterprogramm 19


LiteraturKritiK James Wood<br />

Die Kunst des<br />

Erzählens<br />

Rowohlt 2011 | 240 Seiten | 19,95 EUR<br />

20 Bücher<br />

roman Hisham Matar<br />

Geschichte eines<br />

Verschwindens<br />

Luchterhand 2011 | 190 Seiten | 19,90 EUR<br />

Michael Saager<br />

Kerstin Cornils<br />

James Wood hat einen erstaunlichen Ruf. Viele Schrift- eigentLich hätte Hisham Matars Roman »Geschichte eisteller<br />

schätzen ihn, nicht wenige fürchten ihn. Sein nes Verschwindens« das Zeug, das Buch der Stun-<br />

Ton ist stets höflich-britisch; umso härter trifft seide zu werden. Seitdem Rebellen in Misrata, Benne<br />

kompromisslose Kritik, die sich wenig schert um gasi <strong>und</strong> Tripolis gegen ihren clownesken Diktator<br />

den Klüngel im Literaturbetrieb. 1965 in Durham ge- kämpfen <strong>und</strong> allabendlich für dramatische Fernsehboren,<br />

war Wood bereits mit 27 Jahren Chefkritiker bilder sorgen, dürstet die Welt nach Informationen<br />

des Londoner »Guardian«. Inzwischen arbeitet er über Libyen. Der 1970 geborene Autor steht mitten<br />

beim »New Yorker« <strong>und</strong> unterrichtet »Angewandte im Strudel der libyschen Geschichte – unfreiwillig<br />

Literaturkritik« an der Harvard University in Stan- allerdings. Sein Vater, ein politischer Dissident, wurford.<br />

Sein im englischsprachigen Raum vielbeachde 1990 aus dem ägyptischen Exil entführt <strong>und</strong> ist<br />

tetes Buch »How Fiction Works« (2008), in dem im Abu-Salim-Gefängnis verschollen.<br />

Wood angenehm jargonfrei erklärt, was einen gu- Kein W<strong>und</strong>er mithin, dass Matars Prosa immer<br />

ten Roman von einem schlechteren unterscheidet, wieder Verluste <strong>und</strong> Leerstellen umkreist. So wie be-<br />

ist nun auch hierzulande erschienen. Das ist schön, reits im 2006 erschienenen Debüt wird aus der Pers-<br />

da es ein kluges <strong>und</strong> inspirierendes <strong>und</strong>, nicht zupektive eines Jungen erzählt – eines Jungen im Exil,<br />

letzt, ein durchaus streitbares Buch ist. Vergleich- der sich auf die Ereignisse in seiner Familie keinen<br />

bares von deutschsprachigen Autoren sucht man Reim machen kann. Wie sollte er auch? Die Erwach-<br />

vergeblich.<br />

senen kennen die Logik der Diktatur zu gut, als dass<br />

»Die Kunst des Erzählens« heißt Woods Buch auf sie ihren Sohn in die Spielregeln ihres bespitzelten<br />

Deutsch <strong>und</strong> es entfacht, in diesem Punkt Stephen Lebens einweihen könnten. Dass Nuris Mutter mit<br />

Kings autobiographischer Schreibschule »On Wri- der ständigen Abwesenheit ihres Mannes psychisch<br />

ting« vergleichbar, einen hübschen Sog. Sofern man komplett überfordert ist, schließlich gar stirbt, macht<br />

literaturhistorische Detailarbeit <strong>und</strong> präzise Reflexi- das Gestrüpp unlösbarer Fragen für den Kleinen nur<br />

onen über Figuren, Dialog, Stil <strong>und</strong> Ton schätzt <strong>und</strong> noch <strong>und</strong>urchdringlicher. Ein eindrucksvoller Stoff.<br />

überdies Autoren mag, die sich ihrer Sache leiden- Doch Matar meistert ihn weniger souverän als in<br />

schaftlich verschrieben haben: Wenn Wood die »er- seinem verstörenden Erstling. Oft wuchert die Gelebte<br />

Rede« untersucht – ein episches Erzählverfahschichte des Kindes ins Märchenhafte. Sicherlich,<br />

ren, bei dem sich die Stimmen von Autor, Erzähler dass mit der treuen Dienerin Naima <strong>und</strong> der atem-<br />

<strong>und</strong> Figur mehr oder weniger gekonnt überlagern –, beraubenden Mona immer neue Mutterfiguren<br />

gerät er richtiggehend ins Schwärmen: »Was für eine in Nuris Leben auftauchen, ist Bestandteil seines<br />

großartige Passage!« Selbstverständlich schmeißt ödipalen Kampfes mit einem Vater, der im Wind-<br />

Wood mit Lob dieser Güte nicht um sich; er reserschatten politischer Heldenhaftigkeit die Liebe alviert<br />

es für Gustav Flaubert, Henry James, James ler Frauen für sich allein haben will. Doch die vie-<br />

Joyce oder Anton Tschechow. Er hat wenig übrig für len Schönheiten lenken ab, treiben das Elend der<br />

den »hysterischen Realismus« eines Thomas Pyn- kleinen Familie ins Unpolitische. Am Ende ist man<br />

chon, Don DeLillo oder David Foster Wallace: Wal- der frisch gepressten Säfte, der »stahlblauen Fläche<br />

laces »nicht-individualisierte erlebte Rede«, die mit des Genfer Sees« <strong>und</strong> der ägyptischen Luxushotels<br />

parodistischen Mitteln mit der Sprache eines medi- fast ein wenig überdrüssig. Das preziöse Ambiente<br />

al zugedröhnten amerikanischen Alltags eins zu wer- verwandelt einen Roman, der wie ein Messer hätte<br />

den sucht, langweilt ihn. Auch deshalb gilt Wood schneiden können, in einen gediegenen Thriller mit<br />

manchem als eher altbackener Kritiker.<br />

James-Bond-Flair.<br />

roman Leif Randt<br />

Schimmernder Dunst<br />

über CobyCounty<br />

Berlin 2011 | 240 Seiten | 18,90 EUR<br />

Moritz Scheper<br />

in der Schulzeit mag er es anders gesehen haben,<br />

aber in seiner Unverwechselbarkeit ist Leif Randt<br />

der perfekte Name – für Schriftsteller. Gerade in Klagenfurt<br />

ausgezeichnet schickt sich der Heidelberger<br />

Schreibschüler mit »Schimmernder Dunst über CobyCounty«<br />

an, den Rahm mit dem ganz großen Löffel<br />

abzuschöpfen. Sein dezidiert minimales, wohltemperiertes<br />

Sprachvermögen, mit dem er Sätzen eine sanfte<br />

Anmut gibt, ohne sie zu verschwurbeln, erlaubt die<br />

Prognose: Das wird ein Großer! Was aber auch bedeutet,<br />

Randts Roman über die fiktive Hedonisten-Oase<br />

CobyCounty ist der ganz große Wurf noch nicht.<br />

In diesem Ort, der einer irdischen Version des<br />

Paradieses recht nahe zu kommen scheint, tanzen<br />

Kreativ-Wirtschaftler aller Herren Länder im maritimen<br />

Klima, bunte Drinks in den Händen, barfuß im<br />

Sand. Man plauscht eloquent über die »Unmöglichkeit<br />

aufrichtiger Erotik« oder über gefühlige Töne in<br />

der allerneusten Literatur. Das hat seine Momente,<br />

bleibt aber auf Romandistanz erstaunlich ereignisarm.<br />

Zwar gibt es im Buch Explosionen, Liebschaften<br />

<strong>und</strong> Naturkatastrophen, doch werden diese Ereignisse<br />

nivelliert durch die Pose, die der Erzähler zu<br />

ihnen einnimmt: Der smarte Literaturagent Wim Endersson<br />

folgt der vom frühen Christian Kracht <strong>und</strong><br />

dessen Popliteratur-Entourage vorgegebenen Typologie<br />

bis zur ätzenden Blasiertheit reflektierter Figuren;<br />

<strong>und</strong> so konvergieren in »Schimmernder Dunst<br />

über CobyCounty« sämtliche Fluchtlinien im absoluten<br />

Nullpunkt einer vollständig leeren Oberfläche.<br />

Natürlich ist Randt raffiniert genug, seinen Erzähler<br />

nicht eng am Autorenselbst zu entwerfen – dafür<br />

sorgt schon der virtuelle Raum CobyCountys. Hier<br />

soll sich eine hohle Pose selbst als solche desavouieren.<br />

Jedoch: Gehobene Langeweile gehoben-langweilig<br />

abzubilden, mag im Grau der Theorie seine Plausibilität<br />

haben, in der Praxis trägt es nicht durch den<br />

Text. Das erledigt dann ersatzweise die Sprache, die<br />

Randt gekonnt in funkelnden Satzketten aufzureihen<br />

versteht. Etwas mehr Mut zur distinkten Themenwahl,<br />

<strong>und</strong> wir prognostizieren schon sehr bald den<br />

Dichterkranz auf Randts bisher vollem Haar.


how i ended this summer von Alexei Popogrebsky aB 1.9. ÜBer uns das aLL von Jan Schomburg<br />

aB 15.9.<br />

Katz <strong>und</strong> Maus im ewigen Eis Nuancen von Bedeutung<br />

Andreas Busche<br />

wer freiwillig einen Job am Nordpolarkreis annimmt,<br />

ist entweder nicht ganz dicht oder er hat<br />

was auf dem Kerbholz. Für den wortkargen Sergei<br />

gilt zweifellos Ersteres. Er arbeitet seit Jahren auf<br />

einer entlegenen Wetterstation im arktischen Meer,<br />

kontrolliert den Grad der Radioaktivität dieser kargen<br />

Gegend. Hin <strong>und</strong> wieder schreibt er eine SMS<br />

an seine Frau. Der junge Pavel sitzt die meiste Zeit<br />

in der Gegend herum, hört Musik oder spielt einen<br />

Ego-Shooter. Mit Sergei zu reden, ist kein Vergnügen:<br />

Meist bekommt der »Praktikant« blöde Sprüche<br />

zu hören, oder es setzt Hiebe. Pavel hatte sich<br />

seine dreimonatige Forschungsreise wirklich etwas<br />

abenteuerlicher vorgestellt: Während Sergei zum<br />

Fischen rausfährt, bewacht er das Funkgerät. Zum<br />

Glück ist das Ende des Sommers in Sicht. Ein Schiff<br />

soll die beiden in einer Woche abholen.<br />

Alexei Popogrebskys dritter Spielfilm »How I Ended<br />

This Summer« ist eine lakonische Studie über<br />

Einsamkeit. Drei Monate verbrachte das Drehteam<br />

auf einer verlassenen Wetterstation. Die Bilder sehen<br />

spektakulär aus, zeigen ewiges Eis, endlose Horizonte<br />

<strong>und</strong> atemberaubende Gletscher. Dass die beiden<br />

Protagonisten in dieser Kulisse nicht verschwinden,<br />

verdankt der Film seinem Hang zu subtiler Komik am<br />

Rande des Lagerkollers. Gleichwohl könnte »How I<br />

Ended This Summer« fast in kleinteiligen Arbeitsroutinen<br />

<strong>und</strong> dem meditativen Fluss der Tagesabläufe<br />

erstarren. Es kommt dann aber noch anders: Pavel<br />

erhält über Funk eine Nachricht von Sergeis Familie,<br />

die er Sergei aus Feigheit verschweigt. Zunächst<br />

ist er damit beschäftigt, seinen Kollegen vom Funksprechgerät<br />

fernzuhalten. Als er ihm die Nachricht<br />

schließlich doch übermittelt, dreht Sergei durch. Die<br />

Arbeitskollegen liefern sich eine Jagd im ewigen Eis.<br />

Popogrebsky treibt seine Geschichte mit stoischer<br />

Gelassenheit auf die Spitze, ohne dass »How I Ended<br />

This Summer« darüber seinen lakonischen Ton verliert.<br />

Die Einstellungen bleiben ruhig <strong>und</strong> dokumentarisch.<br />

Nur einmal, als Pavel vor einem Eisbären fliehen<br />

muss, wird der Schnitt etwas hektischer. Doch so wie<br />

Popogrebsky diese ungeschickte Flucht inszeniert,<br />

muss man sofort an Aki Kaurismäki denken, bei dem<br />

Drama <strong>und</strong> Komödie ähnlich dicht beieinander liegen.<br />

Das Katz-<strong>und</strong>-Maus-Spiel zwischen Sergei <strong>und</strong> Pavel<br />

nimmt fast schon sportive Züge an – beinahe so, als<br />

würden sich die Männer schlicht die Zeit vertreiben.<br />

Eisbären können das unmöglich verstehen.<br />

Russland 2009 | 124 Min. | Grigory Dobrygin | Sergei Puskepalis u. a.<br />

zuletzt anhand der unterschiedlichen Lesarten, die<br />

der Film offeriert. Und um die Hitchcock-Analogie<br />

noch ein wenig weiter zu strapazieren: Ȇber uns das<br />

All« wäre <strong>und</strong>enkbar ohne seine faszinierende, blonde<br />

Hauptdarstellerin Sandra Hüller. Mit ihrer Präsenz, ihren<br />

Blicken <strong>und</strong> allerkleinsten Gesten füllt sie die Leinwand<br />

aus wie sonst kaum eine andere im deutschen<br />

Gegenwartskino. Ihr Spiel erschafft eine Figur jenseits<br />

aller Klischees. Der Boden wird ihr jäh unter den Füßen<br />

weggerissen; <strong>und</strong> auch wenn es bedeutet, die Realität<br />

ein Stück weit zu leugnen, stellt sie sich einem<br />

Neuanfang, so schmerzhaft er auch sein mag.<br />

In der kompakten Komposition von Ȇber uns das<br />

All« ist jedes Bild von elementarer Bedeutung, jede<br />

Nuance eines Stimmungsumschwungs präzise platziert.<br />

Der Perspektivenwechsel in der Mitte des Films<br />

erweitert den klassischen Suspense-Thriller des Anfangs<br />

um eine psychologische Tiefe, die für ein Erstlingswerk<br />

außerordentlich ist. Nicht nur unter den<br />

aktuellen deutschen Produktionen ragt Schomburgs<br />

Arbeit weit hervor: »Über uns das All« ist selbst im internationalen<br />

Vergleich einer der bemerkenswertesten<br />

Filmbeiträge des Kinojahres 2011.<br />

D 2011 | 88 Min. | Sandra Hüller | Georg Friedrich | Felix<br />

Knopp u. a.<br />

22 Kino Kino<br />

23<br />

Carsten Happe<br />

wann kennt man einen Menschen wirklich? Wann sind<br />

seine Geheimnisse keine dunklen Schatten mehr?<br />

Wann wächst eine Beziehung derart fest zusammen,<br />

dass sie nichts <strong>und</strong> niemand ins Wanken bringen könnte?<br />

Martha Sabel glaubt, diese seltene Art von Glück gef<strong>und</strong>en<br />

zu haben. Die Ehe der jungen Lehrerin mit Paul,<br />

einem angehenden Mediziner, verläuft augenscheinlich<br />

überaus harmonisch. Seine Doktorarbeit sei zudem<br />

ein Meilenstein auf ihrem Gebiet, so Pauls Professor.<br />

Ein Jobangebot aus Marseille ermöglicht den<br />

ersehnten Karrieresprung, birgt aber auch die latente<br />

Gefahr der Veränderung. Paul fährt voraus, während<br />

Martha den Umzug regelt. Bis die Nachricht von Pauls<br />

Selbstmord alles einstürzen lässt, was Marthas Leben<br />

bislang zusammenhielt. Die Doktorarbeit – ein Plagiat,<br />

so ein Professor – hat ihren »Verfasser« nie zuvor gesehen.<br />

Pauls gesamtes Leben: eine einzige Lüge.<br />

»Aus dem Reich der Toten« lautete seinerzeit der<br />

Untertitel von »Vertigo«. Auch wenn es vermessen<br />

scheint, Jan Schomburgs Debütfilm in einem Atemzug<br />

mit Alfred Hitchcocks Meisterwerk zu nennen,<br />

birgt »Über uns das All« doch einige Momente, deren<br />

gedankliche Größe <strong>und</strong> Abgründigkeit ihn in die<br />

Umlaufbahn dieses Klassikers katapultieren – nicht


internet-angLizismen <strong>und</strong> orthographie<br />

Der Krake, die Krake<br />

Henning Lisson<br />

der Blog oder das Blog, die Mail oder das Mail, die<br />

App oder das App? Die korrekten Geschlechter einiger<br />

Netzhauptwörter wollen immer mal wieder<br />

nicht so recht zur gewohnten Sprechweise passen.<br />

Ich verstehe das. Eine über viele Jahre angeeignete<br />

(sprachliche) Routine steht plötzlich in Frage.<br />

Das ist ähnlich der Scrollrichtung meines neuen Betriebssystems.<br />

Wenn ich auf dem Trackpad meines<br />

Notebooks den Bildschirminhalt verschieben will,<br />

muss ich nicht wie früher in entgegengesetzter Richtung<br />

zum Inhalt schieben, sondern parallel dazu.<br />

Das ist viel logischer, entspricht es doch der Physik<br />

der realen Welt. Seitdem die ersten Steuerungsgeräte<br />

das Licht der Welt erblickten, wurde uns jedoch<br />

die entgegengesetzte Richtung vorgeschrieben.<br />

Ich habe mir das im Fall des Mausrades so erklärt:<br />

Ich schiebe schreibmaschinenmäßig das Blatt unter<br />

dem Rad wie unter einer Walze durch. Nun die<br />

Kehrtwende. Man könnte vermuten, es dauere eine<br />

Weile, bis man sich mit einer so gr<strong>und</strong>legenden motorischen<br />

Richtungsänderung vertraut machen würde.<br />

Pustekuchen – schon nach der ersten Woche war<br />

die neue Scrollrichtung automatisiert! Wohl auch,<br />

weil sie leichter nachzuvollziehen ist.<br />

Mit Sprache kann es ähnlich sein. Bei begleitenden<br />

Artikeln zu so manchem Hauptwort ist das etwa<br />

der Fall. Ich habe sehr viele Jahre fälschlicherweise<br />

den weiblichen Artikel für das achtarmige, glitschige<br />

Meerestier Krake benutzt. Richtig heißt es ja: der<br />

Krake. Für mich hört sich das immer noch holprig<br />

an, auch wenn ich längst tapfer den richtigen Artikel<br />

benutze. Gut, allzu oft rede ich nicht über Kraken.<br />

Was damit zu tun haben könnte, dass ich kein<br />

Meeresbiologe bin.<br />

In digitalen Sphären tritt das Phänomen der falschen<br />

oder zumindest ungewohnten Artikel immer<br />

häufiger auf. Wie gesagt: Heißt es nun das Mail oder<br />

die Mail, sagt man die App oder das App oder ist die<br />

korrekte Sprech- <strong>und</strong> Schreibweise das Blog oder<br />

der Blog? Lange muss man sich mit dieser Fragestellung<br />

eigentlich nicht aufhalten, schließlich kann<br />

das Netz bzw. www.duden.de Licht ins Dunkel bringen,<br />

oder? Die orthographische Bibel gibt verlässlich<br />

Auskunft über korrekte Schreibweisen. In wenigen<br />

Fällen lässt er, der Duden, jedoch mehrere Schreibarten<br />

zu. So zum Beispiel bei dem Wort Blog. Die offizielle<br />

Schreibweise ist das Blog, erlaubt ist allerdings<br />

auch der Blog. Da hat sich der »Sprech« der<br />

Straße als zweite Möglichkeit bis in den Duden geschlichen.<br />

Vom sprachlichen Tellerwäscher zum<br />

Millionär – sehr amerikanisch.<br />

Warum es korrekt das Blog heißt, ist schnell erklärt.<br />

Blog ist eine zusammengesetzte Kurzform von<br />

Web Log, was für Nicht-Anglizisten soviel heißt wie<br />

Netz-Tagebuch oder Netz-Logbuch. Das Tagebuch,<br />

also das Blog, soweit alles klar. Zumindest fast, denn<br />

einige wenige Digital Fugitives behaupten tatsächlich,<br />

Blog hätte etwas mit Schreibblock zu tun <strong>und</strong><br />

rechtfertigen deshalb »der« als begleitenden Artikel.<br />

Genau deshalb, so wurde ich neulich aufgeklärt,<br />

benutzen vornehmlich die Netz-Old-Schooler den<br />

Artikel »das«. Sie wissen eben um den Ursprung des<br />

Wortes <strong>und</strong> können nicht anders. Im Fall der relativ<br />

neuen Wortschöpfung App, einer Kurzform von Applikation<br />

(Anwendung), sollte der Fall klar sein: Anwendung<br />

ist weiblich. Vater Duden sagt jedoch folgendes:<br />

»die App; der App, die Apps oder das, auch:<br />

der App; des Apps, die Apps«. Huch, denkt man da<br />

– <strong>und</strong> gibt auf. Und was sagt Monsieur Duden zu E-<br />

Mail? Das dürfte ja einfach sein, ist es doch ein komplett<br />

eingedeutschtes Wort, oder? »Die E-Mail; der<br />

E-Mail, die E-Mails, auch, besonders süddeutsch,<br />

österreichisch, schweizerisch: das E-Mail; des E-<br />

Mails, die E-Mails«.<br />

Einfacher wird hier gar nichts! Blog war dagegen<br />

ein Pappenstiel. Freiheit ist ein <strong>und</strong>ankbares Miststück<br />

<strong>und</strong> stellt dich vor lästige Entscheidungen.<br />

Ich habe mich entschieden: DIE Mail, DIE App, DAS<br />

Blog <strong>und</strong> – ach was soll’s – DIE Krake.<br />

Legend of zeLda: ocarina of time 3d Action Adventure<br />

Eine Fre<strong>und</strong>schaft fürs Leben<br />

Florian Brauer<br />

manchmaL ist ja die Coverversion besser als das Original.<br />

Es fällt einem dann schwer, das zuzugeben,<br />

vor allem, wenn man das Original so sehr liebt. Aber<br />

es gibt eben Parameter, an denen lässt sich immer<br />

noch was schrauben. Für viele war »The Legend of<br />

Zelda: Ocarina of Time« für das N64 von 1998 eigentlich<br />

schon ein perfektes Spiel. Diesen Titel als<br />

Remake für Nintendos neues 3DS zu bringen ist sicherlich<br />

einer wirtschaftlichen Überlegung geschuldet.<br />

Denn die ersten Wochen nach Release des 3DS<br />

liefen nicht so, wie man sich das vorgestellt hatte.<br />

Das Software-Angebot war sehr übersichtlich, der<br />

eShop noch nicht online, <strong>und</strong> anscheinend war<br />

auch der Preis des 3DS zu hoch. Die aktuelle Kurskorrektur<br />

<strong>und</strong> Preissenkung um fast 30 Prozent weisen<br />

darauf hin. Ein sicherer Seller musste her. Ob<br />

aber das Remake eines Klassikers das ist, was die<br />

Konsumenten zum Kauf eines 3DS bewegt? Wie<br />

dem auch sei, der fast fünfzehn Jahre alte Verkaufsschlager<br />

»Ocarina of Time« hat die Frischzellenkur<br />

hervorragend vertragen <strong>und</strong> dem Handheld ein<br />

wahres Schwergewicht zur Seite gestellt. Außerdem<br />

kommt die 3D-Version von »Ocarina of Time« rechtzeitig<br />

zum 25jährigen Jubiläum der »Zelda«-Serie.<br />

Zur neuen Version muss man vorausschicken,<br />

dass an der Story des Spiels praktisch nichts verändert<br />

wurde. Gameplay, So<strong>und</strong> <strong>und</strong> Grafik allerdings<br />

sind an heutige Handheld-Standards angepasst<br />

worden; vor allem die 3D-Funktion scheint wie geschaffen<br />

für dieses Spiel. Zwar wird man in unübersichtlichen<br />

Situationen das stereoskopische Bild<br />

wohl doch manchmal ausschalten, aber bei Flügen<br />

durch Schluchten, dem Ritt über die weiten Ebenen<br />

Hyrules <strong>und</strong> in den Filmsequenzen bietet die 3D-Ansicht<br />

ein Plus an optischem Genuss.<br />

Im Spiel geht es immer noch um Link, den Helden<br />

mit grüner Kapuze <strong>und</strong> Schild <strong>und</strong> Schwert, der einem<br />

im Laufe des Spiels so sehr ans Herz wächst,<br />

wie nur wenige Videospielcharaktere, mit denen<br />

man genau so viele Höhen <strong>und</strong> Tiefen durchlebt<br />

hat. Link muss die Welt retten <strong>und</strong> die Teile eines<br />

magischen Artefakts zusammenbringen, bevor diese<br />

dem Oberbösewicht in die Hände fallen, <strong>und</strong> die<br />

Nintendo | Nintendo 3DS<br />

heile Welt für immer in Chaos <strong>und</strong> Finsternis versinkt.<br />

Dieses Abenteuer, das so unscheinbar in Links<br />

Baumhaus beginnt, entwickelt nach einigen St<strong>und</strong>en<br />

Spielzeit einen Sog, dem man sich nur schwer<br />

entziehen kann.<br />

Neben der Hauptquest gibt es natürlich auch jede<br />

Menge Sidequests, in denen man sich problemlos<br />

st<strong>und</strong>enlang verlieren kann – durch diese entfaltet<br />

die Welt langsam ihre Tiefe. Die Kunst bei guten<br />

Adventures <strong>und</strong> Rollenspielen ist es dann, den<br />

Spieler bei der Stange zu halten <strong>und</strong> ein ausgewogenes<br />

Verhältnis von Herausforderung, Belohnung<br />

<strong>und</strong> Entspannung zu erzeugen. Und in dieser Disziplin<br />

ist man bei Nintendo natürlich Meister: Gerade<br />

in Serien wie »Legend of Zelda« oder »Metroid«<br />

hat man lange Jahre an dieser Mischung gefeilt. Das<br />

Prinzip der quasi offenen Welt ist klar: Die grenzenlose<br />

Freiheit <strong>und</strong> die ausschweifenden Level werden<br />

durch eine eher lineare Struktur zusammengehalten,<br />

in der man an Punkt A den Fisch gefangen haben<br />

muss, damit Ereignis B getriggert werden kann.<br />

Das ist aber in Ordnung so, denn alles andere würde<br />

den Spielfluss extrem hemmen. Die Aufgaben<br />

<strong>und</strong> Rätsel sind zwar meistens flüssig zu absolvieren,<br />

doch ein gelegentlicher Blick ins Walkthrough<br />

kann Zeit <strong>und</strong> Nerven sparen.<br />

Das Genre des Action Adventures wird in »Ocarina<br />

3D« alles andere als neu erf<strong>und</strong>en – trotzdem ist es<br />

eines der wichtigsten Spiele von Nintendo überhaupt<br />

<strong>und</strong> in der überarbeiteten Version noch besser.<br />

24 Digitales Spiele 25


Die Platten am Anfang ihrer Alben integriert. Diesmal fiel die Wahl auf ein<br />

Vier Farben Bass<br />

der ausklingende Sommer bringt vier<br />

Farben Bass – <strong>und</strong> das ist nur ein Mini-<br />

Ausschnitt eines exzellenten Jahres.<br />

Zomby, der Produzent, der seine Identität<br />

nicht preisgeben möchte, hat Dubstep mit geprägt.<br />

Ein Happy-Hardcore-Album hat er veröffentlicht,<br />

<strong>und</strong> klang dabei immer frisch <strong>und</strong> selbst<br />

anbauend. Für »Dedication« ist er zum Indie 4 AD<br />

gewechselt, zu einer Firma also, die bereits Lieblingen<br />

wie den Cocteau Twins <strong>und</strong> den Pixies ein Zuhause<br />

bot. »Dedication« ist eine Überraschung:<br />

hochkonzentrierte Bassforschermusik für Zuhause.<br />

Jede Tonspur ist entschieden gesetzt, jeder Fiep<br />

feinjustiert. Was dabei an jugendlichem Vorpreschen<br />

verloren gehen mag, wird durch Dramaturgie<br />

ersetzt: Hochspannung, ein Album für die<br />

Endlosschleife.<br />

Mehr »street« dagegen klingt »Room(s)«, das<br />

neue Album von Machinedrum. Was für eine<br />

Überraschung es doch war: Hinter dem zärtlichverträumten<br />

Post-Step des Hotflush-Acts Sepalcure<br />

verbirgt sich Travis Stewart. Der New Yorker hat<br />

sich mit räumlich ausbalancierter Electronica seit<br />

mehr als zehn Jahren einen Namen machen können.<br />

Jetzt kehrt er zurück unter seinem gewohnten<br />

Pseudonym Machinedrum <strong>und</strong> sorgt mit dem Album<br />

»Room(s)« auf Planet Mu schon wieder für Irritationen:<br />

mit seriell gecutteten, in der Tonhöhe beschleunigten<br />

Wirbelstürmen.<br />

Wobei betont werden muss, dass es noch krasser<br />

geht: Mit DJ Diamonds »Flight Muzik«<br />

(Planet Mu) veröffentlicht zum ersten Mal ein<br />

europäisches Indie-Label aus dem Hardcore-Continuum-Kontext<br />

ein Juke-Solo-Album. Neben dem<br />

mächtigen Kick ist es die Zeitorganisation, die diese<br />

Musik so glitzern <strong>und</strong> gegenwärtig erscheinen lässt.<br />

Mit dem Time Stretch, dem Zerdehnen der Zeit, hatte<br />

Drum ‚n‘ Bass vor etwa fünfzehn Jahren in das<br />

Zeitempfinden beim Anhören elektronischer Musik<br />

eingegriffen. Wer zum ersten Mal Tracks von<br />

Goldie hörte, diesem stilprägenden Terminator aus<br />

dem Jahr 1992, dem offenbarte sich die akustische<br />

R<strong>und</strong>umperspektive eines konkreten Moments. Der<br />

24-jährige Karlis Griffin von der West Side Chicagos<br />

hält diesen Blick fürs Genre Juke auf ganzer Track-<br />

Länge, nicht zuletzt auf dem nach seiner Produzenten-Clique<br />

benannten Longplayer »Flight Muzik«.<br />

Es ist tatsächlich möglich, sich unter diese Musik<br />

zu schmeißen. Was im Film bereits vor gut zehn<br />

Jahren möglich war – als sich Keanu Reeves unter<br />

den Kugeln der Matrix-Agenten wegduckte. Reingehen,<br />

von oben drauf blicken, Musik als zeitbasiertes<br />

Medium sofort begreifen, ohne dass Zeit überhaupt<br />

Thema wäre. Erstaunlich.<br />

Das Album mit dem Popappeal ist schließlich<br />

das selbstbetitelte Debüt des Londoners Aaron Jerome,<br />

der lange ein Geheimnis um das Pseudonym<br />

SBTRKT gemacht hat. Seine gleichnamige Stücke-<br />

Sammlung auf dem Younk-Turks-Label zeigt: Er hat<br />

einen Sinn für den jüngeren, zerbeulten Instrumental-HipHop,<br />

die Champagner-Eleganz des 2-Step <strong>und</strong><br />

überhaupt die ganze Subwoofer-Historie. Seine Slow-<br />

Motion-Hymne »Wildfire« schleicht durch 808s <strong>und</strong><br />

dezente Subbässe <strong>und</strong> legt sich wie eine Schmusekatze<br />

auf den Sommer. Nur einer von vielen Hits, die<br />

durch ihre Mitsingqualitäten niemals cheesy wirken,<br />

sondern immer den Enthusiasmus des Do-it-yourself<br />

beibehalten: Ab in die Disco! Christoph Braun<br />

the rapture In the Grace of Your Love<br />

DFA | Cooperative Music | Universal<br />

vieLLeicht kann man »Sail Away«, den ersten<br />

Song auf dem neuen Album von The<br />

Rapture, mit »Lisztomania« von<br />

Phoenix vergleichen: Denn so wie der<br />

Opener auf der gleichnamigen Platte unserer französischen<br />

Lieblingspopband ist auch »Sail Away«<br />

der kaum zu überbietende, superhymnische Auftakt<br />

eines freilich auch auf Gesamtlänge verdammt hymnischen<br />

Albums. Ein weiteres Mal wird hier überzeugend<br />

demonstriert, wie viel Dancepopplatten<br />

modernen Möglichkeiten der Kompression zu verdanken<br />

haben – so satt brummen <strong>und</strong> rollen die<br />

(synthetischen) Bässe <strong>und</strong> Bassmelodien. Das gerade<br />

gespielte Schlagzeug treibt einen geradewegs auf<br />

den Dancefloor, <strong>und</strong> Sänger <strong>und</strong> Gitarrist Luke Jenner<br />

gibt einem als wahnsinnig verliebter, todunglücklicher,<br />

aufgekratzt aus Haut <strong>und</strong> Herz fahrender<br />

Sänger & Entertainer einer virtuellen Disco den<br />

Rest. Also gerade genug.<br />

Die Entwicklung ihres Labels DFA legte den Gestaltwandel<br />

von The Rapture von einer nervös zuckenden<br />

Neo-Postpunkband zur (Retro-)Discopopband<br />

durchaus nahe. Die Frage, ob das Album des New<br />

Yorker Trios – Bassist Matt Safer ist fort – ein weiteres<br />

Beispiel ist für die grassierende »Retromanie«,<br />

darf man ohne Umschweife bejahen. Gleichwohl<br />

taugt diese Beobachtung – wie übrigens bei<br />

allen Bands, die herausragend sind – kaum als Vorwurf.<br />

Denn es ist ja so, dass zwingende Ideen, w<strong>und</strong>erschöne<br />

Hooks, verschwenderisch verabreichte<br />

Dosen von Energie immer schon genug sind – fürs<br />

Publikum, für sich, für die Welt der Musik. Ist die ästhetische<br />

Qualität hoch <strong>und</strong> doll genug, schrumpft<br />

der Diskussionsbedarf gegen null. Das Spektakel genügt<br />

sich selbst, weil es jedes Motiv <strong>und</strong> jede Konsequenz<br />

beseitigt. Es ist die Feier des Augenblicks.<br />

Doch Augenblicke sind schnell vorüber. Genau wie<br />

dieses Album. Michael Saager<br />

devon sprouLe I Love You, Go Easy<br />

Tin Angel Records | Indigo<br />

vergLeichBar mit der frühen Joni Mitchell<br />

oder auch mit Joanna Newsom, repräsentiert<br />

jedes Album von Devon Sproule<br />

einen Lebensabschnitt. Zeichneten<br />

ihre »Upstate Songs« (2003) jenen<br />

New-York-Exkurs der Ökodorf-Sozialisierten aus<br />

Virginia in leiser Folk-Blues-Manier nach, so beschrieb<br />

»Keep Your Silver Shined«(2007) auf mitreißend<br />

swingende Weise ihre Hochzeit mit Paul Curreri<br />

<strong>und</strong> »Don‘t Hurry for Heaven« (2009) gewitzt<br />

den Alltag eines heimatverb<strong>und</strong>enen Songwriter-<br />

Pärchens, das vorwiegend in Europa unterwegs ist.<br />

Auch der mit Klarinette, Querflöte <strong>und</strong> Posaune facettenreich<br />

arrangierte Folk-Jazz des neuen Werks,<br />

das in Sproules Geburtsstadt Toronto mit Sandro<br />

Perri (Constellation Records) als Produzenten <strong>und</strong><br />

dem Postrock-Trio The Silt als Backingband aufgenommen<br />

wurde, lebt vom optimistischen Tenor ihrer<br />

Poesie. Selbst wenn es um todkranke Fre<strong>und</strong>innen<br />

<strong>und</strong> Grenzen partnerschaftlicher Empathie<br />

geht, findet die 29-Jährige den richtigen, da nie sentimentalen<br />

Ton.<br />

Bei einer so versierten Künstlerin ist es natürlich<br />

spannend zu sehen, welche Fremdkompositionen<br />

sie in die dramaturgisch durchdachte Liederfolge<br />

32 Jahre altes Lied der Free-Folk-Schwestern The<br />

Roches (»Runs in the Family«), das sich zwischen<br />

»Monk/Monkey«, einer »Knapp-vor-dreißig«-Reflexion<br />

im Lullabye-Stil, <strong>und</strong> dem an Crazy Horse erinnernden<br />

»The Warning Ball« ebenso gut einfügt<br />

wie »Body‘s in Trouble« der kanadischen Postpunk-<br />

Ikone Mary Maragret O‘Hara hinter Devons zärtlichem<br />

Nachruf an die beste Fre<strong>und</strong>in (»The Faulty<br />

Body«). Der beschwichtigende <strong>und</strong> gleichsam aufmunternde<br />

Albumtitel ist bei dieser tollen Songkollektion<br />

Programm! Markus von Schwerin<br />

fire! (with Jim o’rourKe) Unreleased?<br />

Rune Grammophon | Cargo<br />

der Ausflug nach Tokio hat Fire! wirklich<br />

gut getan. Beim Debüt »You Liked Me<br />

Five Minutes Ago« (2009) fiel das norwegische<br />

Supertrio noch in seine Bestandteile<br />

auseinander: etwas The-Thing-Power,<br />

eine Prise Wildbirds-&-Peacedrums-Exzentrik <strong>und</strong><br />

ein paar Tape-Experimente, die sich energetisch von<br />

hinten an alten Blues <strong>und</strong> Captain Beefheart heranmachten.<br />

Jetzt hat man Jim O’Rourke in seiner Wahlheimat<br />

aufgesucht – <strong>und</strong> der alte Kämpe, um den es<br />

nach seinem Ausstieg bei Sonic Youth <strong>und</strong> der Umsiedlung<br />

nach Tokio etwas still geworden war, ist<br />

hier als Musiker <strong>und</strong> Produzent mit von der Partie.<br />

Großartig das Beharren der Rhythmusgruppe,<br />

bestehend Johan Berthling (Bass) <strong>und</strong> Andreas<br />

Werlin (Schlagzeug), wenn Gustafsson seltener<br />

als gewohnt die One Man Army am Saxophon gibt,<br />

wenn O’Rourke den altmodischen Synthesizer oder<br />

die M<strong>und</strong>harmonika auspackt oder die Gitarre traktiert.<br />

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: »Unreleased?«<br />

bietet eher Kraut-Rock-Abfahrten <strong>und</strong><br />

Drones als Free Jazz. Wer noch The Gun Club in deren<br />

Coltrane-Phase live erlebt hat, dürfte sich hier<br />

sehr heimisch fühlen. Und die Idee mit dem »Unreleased?«<br />

nimmt ja auch hübsch ironisch den gegenwärtigen<br />

Hang zur Nostalgie aufs Korn: Heutzutage<br />

wird ja wirklich alles auf die eine oder andere Weise<br />

(wieder-) veröffentlicht. Gleichwohl gab es tatsächlich<br />

Zeiten, da fragten erschöpfte, euphorisierte Zuhörer<br />

die Band nach dem Konzert: »Are you both<br />

still unreleased!?« – als Ausdruck eingestandener<br />

Komplizenschaft. Großes Album! Ulrich Kriest<br />

26 Platten Platten 27


Kerstin Cornils<br />

am Tag, als Amy Winehouse starb, heiratete mein<br />

Bruder eine Chinesin. Die Hochzeitsgäste klickten<br />

die Nachricht auf ihren Smartphones schnell wieder<br />

weg. Vor allem die vom Jetlag geplagten Asiaten<br />

fragten sich, wer die zerzauste Sängerin mit dem<br />

hochtoupierten Haar überhaupt sein sollte. Statt<br />

der Farbe Schwarz zu huldigen, bew<strong>und</strong>erten wir<br />

das blutrote Kleid der Braut, tranken Schnaps aus<br />

dem Reich der Mitte <strong>und</strong> aßen Quallensalat. Immerhin<br />

steckten wir mitten im Juli. Und es war Sommer.<br />

Doch die Schwärze nagte an mir. Ich wollte in<br />

Camden das Haus von Amy Winehouse suchen. Zu<br />

Fuß gehen ist mein Gemüse, deshalb verzichtete ich<br />

auf die U-Bahn <strong>und</strong> schlängelte mich 87 Minuten<br />

lang durch die staubige Hitze der Großstadt. Vorbei<br />

an den rätselhaften Baukratern bei King’s Cross, aus<br />

deren Schlünden der Schlaf der Vernunft bestimmt<br />

bald Monster gebären wird. Vorbei an Restaurants<br />

mit Schnörkeln aus vergilbter äthiopischer Schrift.<br />

Vorbei an Wohnblocks, vor denen Kinder mit Kapuzen<br />

hockten. Am Camden Square dämmerte ein<br />

uniformierter Aufpasser auf glühendem Asphalt<br />

seinem Delirium entgegen. Dutzende Fans, besänftigt<br />

von Bierflaschen, kühlten ihre Tränen in einem<br />

nahegelegenen Park. Neben einem Meer aus Plastikblumen<br />

drückten zwei kolumbianische Touristinnen<br />

ihre rot geschminkten Lippen auf ein Stück<br />

Pappe: To a very special lady with a voice like street<br />

velvet. Manche der Briefe trieften vor christlichem<br />

Abschiedsschmerz, manche waren mit Davidsternen<br />

verziert. Am längsten blieb mir das an einen<br />

Baum geklebte Gedicht einer Burka-Trägerin im Gedächtnis.<br />

»Burka is my Back to Black«, wurde dort<br />

behauptet. Die unbekannte Muslimin versprach<br />

ihrem jüdischen Idol die gewürzten Innereien aller<br />

Kamele Arabiens. Und sie bat darum, ihr »Apfel<br />

Amy« möge sie erlösen.<br />

Am nächsten Tag fuhr ich nach Edgware, wo der<br />

Apfel der Burka-Trägerin seine letzte Ruhe gef<strong>und</strong>en<br />

www.fehmi-baumbach.de<br />

Feuer in der Vorstadt<br />

hat. London endet hier oben im Norden schwungvoll<br />

in einer Pferdekoppel. In der brennenden Mittagshitze<br />

war der Friedhof von Edgwarebury menschenleer.<br />

Das Grab der Sängerin fand ich nicht,<br />

wohl aber die Grabsteine von Samuel Berger <strong>und</strong><br />

Rachel Goldstein – wer auch immer die beiden gewesen<br />

sind. Ein Hirschkäfer, der dritte in meinem<br />

Leben, kletterte über ein Rosenblatt. Anschließend<br />

bestellte ich in einem jüdischen Restaurant einen<br />

Kebab. Der Kellner sprach mich auf meine Lektüre<br />

an. Ob er selbst schon einmal Ishiguro gelesen<br />

habe, fragte ich ihn. Er schmunzelte: »Keineswegs.<br />

Aber noch nie hat ein Gast mit einem Buch mein Restaurant<br />

betreten!« Hirschkäfer, keine Bücher. Magie<br />

der Vorstädte.<br />

Fünf Tage später ist es vorbei mit der Magie.<br />

Als die Polizei den 29-jährigen Drogendealer Mark<br />

Duggan erschießt, werden in Tottenham, Peckham,<br />

Croyden, Clapham <strong>und</strong> anderswo Geschäfte<br />

geplündert <strong>und</strong> Häuser niedergebrannt. Ein<br />

Kampf zwischen Arm <strong>und</strong> Reich? Die Grenzen verschwimmen.<br />

Viele Opfer sind Einwanderer mit bescheidenen<br />

Läden, die nicht in Chelsea oder Richmond,<br />

sondern in den ärmsten Vierteln der Stadt<br />

wohnen. Die Täter benutzen Blackberrys, um ihre<br />

Jagd auf Konsumgüter effizienter zu machen. Am<br />

8. August 2011 sieht die Mare Street in Hackney<br />

mit ihren vietnamesischen Restaurants ein bisschen<br />

wie Tripolis aus. Erst vor kurzem hat die Zeitschrift<br />

»Literaturen« sie als hippen Ort mit »vierh<strong>und</strong>ert<br />

Parallelgesellschaften« gefeiert – als einen<br />

Ort, an dem multikulturelles Zusammenleben kein<br />

Schimpfwort, sondern eine Selbstverständlichkeit<br />

sei. Eine Fre<strong>und</strong>in aus München verriegelt bei jeder<br />

Fahrt durch die Londoner Vorstädte ihr Auto. Aber<br />

sie hat keine Ahnung von den Burka-Mädchen, die<br />

Amy Winehouse lieben. Und wahrscheinlich hat sie<br />

auch noch nie einen Hirschkäfer auf einem Rosenblatt<br />

gesehen.<br />

Kolumne<br />

29


Must of the Month<br />

Was Zwischen Räumen<br />

(Ausstellung)<br />

Wann bis 16.10.<br />

Wo Altes Rathaus<br />

September 2011


Kalenderwoche 35.1 & 2<br />

FR<br />

2.9.<br />

SA<br />

3.9.<br />

SO<br />

4.9.<br />

FR<br />

2.9.<br />

SA<br />

3.9.<br />

SO<br />

4.9.<br />

FR<br />

2.9.<br />

SA<br />

3.9.<br />

SO<br />

4.9.<br />

FR<br />

2.9.<br />

SA<br />

3.9.<br />

SO<br />

4.9.<br />

Apex Capo Diva Lounge Eins B<br />

Peter Funk<br />

20:15 (Konzert)<br />

Oh wie schön ist<br />

Panama<br />

16:00 (Theater)<br />

tba<br />

23:00<br />

tba<br />

23:00<br />

Paulaner-Tag<br />

18:00<br />

Frühstücksbuffet<br />

& B<strong>und</strong>esliga Live<br />

10.00 | 15:30<br />

Frühstücksbuffet<br />

& Tatort-Abend<br />

10.00 | 20:15<br />

Georgia Club<br />

HipHop & Funk-Classics<br />

23:00<br />

Astronaughty<br />

23:00<br />

Exil Freihafen Irish Pub Diverses<br />

Headbanger’s<br />

Ballroom<br />

22:00<br />

The Spirit of<br />

Outpost<br />

22:00<br />

Breakbeat Universe<br />

23:00<br />

80er- & NDW-<br />

Party<br />

23:00<br />

Maß-Tag<br />

15:00<br />

Innenhof-Theater<br />

18:00<br />

Düstere Str.<br />

Innenhof-Theater<br />

18:00<br />

Düstere Str.<br />

Monster-Frühstück<br />

10:00<br />

Gromo Café<br />

JT-Keller Musa Nörgelbuff Pools<br />

Weekender<br />

Britpop & Madchester<br />

23:00<br />

La Boum<br />

Eighties mit Toto<br />

23:00<br />

6 Millionen<br />

Dollar Club<br />

80’s Fusion<br />

by DJane Viper M<br />

21:00<br />

Nuzzlefunk<br />

by Elnite<br />

21:00<br />

Power-Dance<br />

DJ Martin<br />

21:00<br />

Weststadtfest<br />

15:00<br />

Traumatanz<br />

22:00<br />

Gypsi Juice<br />

Balkan Beatz & Oriental<br />

22:00<br />

Tangente Thanner’s<br />

Hot Spot<br />

23:00<br />

Venus sucht Mars<br />

22:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

13:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

14:00<br />

Friday Rhymes<br />

21:00<br />

Breakfast & Friends<br />

10:00<br />

Summer Tales<br />

10:00<br />

T-Keller (T)<br />

Café Kabale (K)<br />

Breakfast-Club<br />

10:00 (K)<br />

Maria Callas – Meisterklasse<br />

Innenhof-Theat.-Festival 2.-4.9.<br />

die Boxer aus der Meisterklasse schlugen sich zu<br />

Kleistermasse. Genau: Boxer machen das wenigstens<br />

gegenseitig. Maria Callas musste vor allem mit<br />

sich selbst kämpfen. Bei ihr, der Primadonna assoluta,<br />

war es der Druck <strong>und</strong> der nervige Jetset, die<br />

sie verstummen ließen. Für eine Sopranistin sicher<br />

fast noch schlimmer als ein Eimer Kleistermasse<br />

zu werden. Das Stück »Maria Callas – Meisterklasse«<br />

widmet sich der 1977 verstorbenen Musikerin.<br />

Beim Innenhof-Theater-Festival (Düstere Str.), in<br />

der Scheune, monologisiert.<br />

Weststadtfest<br />

Musa 3.9. | 15:00<br />

das Weststadtfest mag dieses Jahr zum 13. Mal<br />

stattfinden, aber ein schlechtes Omen ist das<br />

nicht: Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahren<br />

garantiert ein verregneter Sommer einen sommerlichen<br />

September – <strong>und</strong> was soll dann noch<br />

schiefgehen? Dank Hüpfburg, Rollenrutsche <strong>und</strong><br />

Kletterwand für die Kleinen <strong>und</strong> Open-Air-Konzerten<br />

für die Großen ist für alles gesorgt. Auf der<br />

Bühne geben sich Rap-, Funk-, Pop- <strong>und</strong> Reggae-<br />

Formationen das Mikro in die Hand – auf dass es<br />

ein heißer Herbst(-Tag) werde.<br />

pony.express 33


Kalenderwoche 36.1<br />

MO<br />

5.9.<br />

DI<br />

6.9.<br />

MI<br />

7.9.<br />

DO<br />

8.9.<br />

FR<br />

9.9.<br />

SA<br />

10.9.<br />

SO<br />

11.9.<br />

MO<br />

5.9.<br />

DI<br />

6.9.<br />

MI<br />

7.9.<br />

DO<br />

8.9.<br />

FR<br />

9.9.<br />

SA<br />

10.9.<br />

SO<br />

11.9.<br />

Apex Capo Diva Lounge Eins B<br />

Click Click Decker<br />

& Petula<br />

20:30 (Konzert)<br />

Lisbon Story<br />

20:15 (Film)<br />

Jamaica hot<br />

Reloaded<br />

22:00<br />

I like good music<br />

22:00<br />

Kinnky Club<br />

23:00<br />

Breakbeat universe<br />

Drum & Bass<br />

23:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Whiskey-Probier-Tag<br />

20:00<br />

Paulaner-Tag<br />

18:00<br />

Frühstücksbuffet<br />

& B<strong>und</strong>esliga Live<br />

10.00 | 15:30<br />

Frühstücksbuffet<br />

& Tatort-Abend<br />

10.00 | 20:15<br />

Cover The World<br />

23:00<br />

Ein Kessel Buntes<br />

Schlager meest Pop<br />

23:00<br />

Exil Freihafen Irish Pub Diverses<br />

Wild’n Weiz’n<br />

22:00<br />

Rock Jukebox<br />

22:00<br />

Nacht der Schatten<br />

Dark Rock & EBM<br />

22:00<br />

The Spirit of<br />

Outpost<br />

22:00<br />

Party-Rausch<br />

23:00<br />

Black Wazabi<br />

23:00<br />

Irish Night<br />

15:00<br />

Student’s Night<br />

15:00<br />

Pitcher-Tag<br />

15:00<br />

Hefe-Tag<br />

15:00<br />

Loungeroom<br />

Lizzards<br />

22:00 (Konzert)<br />

Loungeroom<br />

Lizzards<br />

22:00 (Konzert)<br />

Maßtag<br />

15:00<br />

Slugs<br />

22:00<br />

JuzI<br />

Lutz van Dijk<br />

19:00<br />

Lit. Zentrum<br />

Nacht der Studenten<br />

22:00<br />

Alpenmax<br />

Melanie Gerland<br />

16:00<br />

Thalia<br />

<strong>Jürgen</strong> Ufer (live)<br />

21:00<br />

Café Schroeder<br />

Monster-Frühstück<br />

10:00<br />

Gromo Café<br />

Click Click Decker<br />

Apex 7.9. | 20:30<br />

wenn der Hamburger Kevin Hamann nicht bei Bratze<br />

elektronisch bratzt, heißt er Click Click Decker, lässt<br />

die Clubs links liegen <strong>und</strong> tummelt sich in Bars <strong>und</strong><br />

Veranstaltungscafés. Stets dabei die Gitarre, ansprechende<br />

Melodien <strong>und</strong> interessante Texte: »Da hinten<br />

geht der richtige Zeitpunkt / dort drüben fährt die letzte<br />

Chance«. Oder: »Ein Lächeln nur auf Halde / ein Bedürfnis,<br />

dass du kennst / lass mal sein, hab’s längst<br />

vergessen / auch du leuchtest, wenn du brennst«. Ach<br />

ja – die Liebe <strong>und</strong> was sie alles nicht ist.<br />

Le Havre<br />

Lumière ab 8.9. | 20:00<br />

wenn ein Film ob seiner »Herzenswärme« <strong>und</strong><br />

»Güte« beim Publikum irre gut ankommt, spricht<br />

das nicht zwingend für den Film. Aber wer weiß –<br />

vielleicht sind Kritikerherzen nicht ganz so leicht<br />

zu erwärmen wie die Herzen normalsterblicher Zuschauer.<br />

In Cannes jedenfalls feierte man Aki Kaurismäkis<br />

»Le Havre« für eben solche Eigenschaften.<br />

Ein bisschen kitschig klingt’s ja schon: Gute Seelen<br />

tun alles, damit ein afrikanischer Immigrant seine<br />

Mama in London besuchen kann. Oder mit Franz<br />

Beckenbauer: »Ja, ist denn schon Weihnachten!?«<br />

pony.express 35


Kalenderwoche 36.2<br />

MO<br />

5.9.<br />

DI<br />

6.9.<br />

MI<br />

7.9.<br />

DO<br />

8.9.<br />

FR<br />

9.9.<br />

SA<br />

10.9.<br />

SO<br />

11.9.<br />

MO<br />

5.9.<br />

DI<br />

6.9.<br />

MI<br />

7.9.<br />

DO<br />

8.9.<br />

FR<br />

9.9.<br />

SA<br />

10.9.<br />

SO<br />

11.9.<br />

JT-Keller Musa Nörgelbuff Pools<br />

Vollmond-Party<br />

extremtanzbar<br />

23:00<br />

Cry Baby Club<br />

DJ Bionique<br />

23:00<br />

6 Millionen<br />

Dollar Club<br />

Dollar-Lounge<br />

21:00<br />

Jäger & Sammler<br />

Astra-Special<br />

21:00<br />

Sekt and the City<br />

21:00<br />

Bick Bash’s<br />

Beat Bomb<br />

21:00<br />

Break the Funk<br />

by Slicktec<br />

21:00<br />

Salsa-Kneipe<br />

21:30<br />

Rock gegen Rheuma<br />

DJ Albi<br />

21:00<br />

Tango-Salon<br />

20:00<br />

NB-Houseband<br />

Funk,Soul & Jazz<br />

21:30 (Konzert)<br />

Salsa en Sotano<br />

Dj Raul<br />

22:00<br />

Deep in the Groove<br />

Jam-Session<br />

21:00<br />

Sayur Mayur<br />

21:30 (Konzert)<br />

Winnetous erben<br />

21:00 (Konzert)<br />

Tangente Thanner’s<br />

Wishes<br />

Gedeck -Nacht<br />

23:00<br />

Zartbitter-Party<br />

23:00<br />

Strictly 90’s<br />

Eurodance & Pop<br />

23:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Warsteiner-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Kölsch-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Weizen-Tag<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Jever-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

13:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

13:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

14:00<br />

Kallelujah<br />

10:00<br />

Tannenzäpfle-<br />

Dienstag<br />

10:00<br />

Starlights & Musik<br />

21:00<br />

Manic Thursday<br />

10:00<br />

Friday Rhymes<br />

21:00<br />

Breakfast & Friends<br />

10:00<br />

Amy Schmidt<br />

& Orion Walsh<br />

20:00 (Konzert)<br />

T-Keller (T)<br />

Café Kabale (K)<br />

Spax-Tag<br />

18:00 (K)<br />

Frauenkneipe<br />

Ladies Only!<br />

21:30 (K)<br />

Krušovice-Tag<br />

18:00 (K)<br />

Breakfast-Club<br />

10:00 (K)<br />

Theaterfest<br />

Deutsches Theater 10.9. | 14:00<br />

oB man sich als Schauspieler unbedingt ein Speed-<br />

Dating mit den Besuchern eines Theaterfestes geben<br />

möchte? Na, immerhin kann man hinterher entscheiden,<br />

ob man die im R<strong>und</strong>lauf kennengelernten Personen<br />

wirklich wiedersehen möchte – oder ist das dann<br />

nur gespielt? Ein Konstrukt zwischen Wirklichkeit<br />

<strong>und</strong> Wahrheit. Wie das Theater eben auch. Oder das<br />

Leben. Ist ja schließlich auch nur ein Spiel – <strong>und</strong> wir<br />

sind die Kandidaten. Kinder können jedenfalls beim<br />

Theaterfest über die Bühne fliegen. In echt.<br />

EINE GRÜNE LANDRÄTIN IST MÖGLICH!<br />

Wahlkampfreden:<br />

<strong>Christel</strong> <strong>Wemheuer</strong> <strong>und</strong> <strong>Jürgen</strong> <strong>Trittin</strong><br />

Musik: THE HIPPOCRITZ<br />

Göttingen Wochenmarktplatz am 8. September um 18h<br />

<strong>Christel</strong> <strong>Wemheuer</strong> als Landrätin<br />

<strong>Jürgen</strong> Ufer<br />

Café Schroeder 10.9. | 21:00<br />

mit »Die Dinge im Fluss« meint er wahrscheinlich<br />

nicht die alten Fahrräder, leeren Farbeimer <strong>und</strong> anderen<br />

Unrat, der auf dem Gr<strong>und</strong> eines Flusses nach<br />

<strong>und</strong> nach verrottet. <strong>Jürgen</strong> Ufer hat eine eigene Vision.<br />

Zehn Jahre lang konnte er sie als Gitarrist bei<br />

Eaten by Sheiks nicht vermitteln, ist er doch mindestens<br />

ein Song-Poet. Und mit dem Lyrischen haben<br />

es die Hamburger ja manchmal nicht so. Jetzt ist<br />

er wieder im Fluss, langsame Wellen um ihn herum,<br />

mit sich <strong>und</strong> der Welt in Einklang.<br />

MITWIRKUNG WWW.GRUENE-GOETTINGEN.DE<br />

pony.express 37


Kalenderwoche 37.1<br />

MO<br />

12.9.<br />

DI<br />

13.9.<br />

MI<br />

14.9.<br />

DO<br />

15.9.<br />

FR<br />

16.9.<br />

SA<br />

17.9.<br />

SO<br />

18.9.<br />

MO<br />

12.9.<br />

DI<br />

13.9.<br />

MI<br />

14.9.<br />

DO<br />

15.9.<br />

FR<br />

16.9.<br />

SA<br />

17.9.<br />

SO<br />

18.9.<br />

Apex Capo Diva Lounge Eins B<br />

Perry Robinson Trio<br />

20:30 (Konzert)<br />

Sophier Scholl<br />

20:15 (Theater)<br />

Archie Clapp<br />

20:15 (Kabarett)<br />

Sabine Wiegand<br />

20:15 (Kabarett)<br />

Herr Faust will<br />

alles wissen<br />

16:00 (Theater)<br />

Jamaica hot<br />

Reloaded<br />

22:00<br />

Funk House<br />

Session<br />

22:00<br />

Wordcup Junkies<br />

HipHop<br />

23:00<br />

African Culture<br />

Club-Night<br />

23:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Whiskey-Probier-Tag<br />

20:00<br />

Paulaner-Tag<br />

18:00<br />

Frühstücksbuffet<br />

& B<strong>und</strong>esliga Live<br />

10.00 | 15:30<br />

Frühstücksbuffet<br />

& Tatort-Abend<br />

10.00 | 20:15<br />

King Kong Kicks<br />

IndiePop & Beauty Electro<br />

23:00<br />

Kill your Idols<br />

90er<br />

23:00<br />

Exil Freihafen Irish Pub Diverses<br />

Wild’n Weiz’n<br />

22:00<br />

Boogie’n’Blues<br />

Küche<br />

22:00<br />

Rocknacht<br />

22:00<br />

The Spirit of<br />

Outpost<br />

22:00<br />

Sabor Latino<br />

23:00<br />

Kill your Idols<br />

90er<br />

23:00<br />

Irish Night<br />

15:00<br />

Student’s Night<br />

15:00<br />

Pitcher-Tag<br />

15:00<br />

Hefe-Tag<br />

15:00<br />

Cliff Miller<br />

22:00 (Konzert)<br />

Cliff Miller<br />

22:00 (Konzert)<br />

Maß-Tag<br />

15:00<br />

Elazar Benyoetz<br />

20:00<br />

Lit. Zentrum<br />

Eröffnung<br />

18:00<br />

Die Kantine<br />

Balboa Burnout u.a.<br />

21:30<br />

JuzI<br />

Monster-Frühstück<br />

10:00<br />

Gromo Café<br />

Amy Schmidt & Orion Walsh<br />

pools 11.9. | 20:00<br />

amy Schmidt kommt aus Nebraska <strong>und</strong> das ist vor allem<br />

bekannt für seine riesigen Maisfelder. Wo Orion<br />

Walsh herkommt, wissen wir nicht. Nur dass er seit<br />

vielen Jahren Teil der amerikanischen Indie-Szene<br />

ist <strong>und</strong> einer seiner Songs über den TV-Quatsch<br />

»Americas Next Topmodel« Berühmtheit erlangt<br />

hat. Trotzdem schrieben beide tofte Musik <strong>und</strong> seien<br />

live ein echtes Erlebnis, hat man uns versichert.<br />

Im Keller des Pools treten sie gemeinsam den Beweis<br />

an.<br />

Sophie Scholl<br />

Apex 15.9. | 20:15<br />

aLs der Hausmeister der Münchner Universität Sophie<br />

Scholl <strong>und</strong> ihren Bruder Hans am 18. Februar<br />

1943 bei der Gestapo anzeigt, haben die beiden zusammen<br />

mit Christoph Probst, einem weiteren Mitglied<br />

der Weißen Rose, gerade 1700 Exemplare ihres<br />

sechsten Flugblatts verteilt. Es enthielt den Aufruf,<br />

das nationalsozialistische Regime zu stürzen <strong>und</strong> ein<br />

neues geistiges Europa zu begründen. Vier Tage später<br />

wurden sie hingerichtet. Die mutige Sophie Scholl<br />

ist Gegenstand des neuen Stücks von Stille H<strong>und</strong>e.<br />

pony.express 39


Kalenderwoche 37.2<br />

MO<br />

12.9.<br />

DI<br />

13.9.<br />

MI<br />

14.9.<br />

DO<br />

15.9.<br />

FR<br />

16.9.<br />

SA<br />

17.9.<br />

SO<br />

18.9.<br />

MO<br />

12.9.<br />

DI<br />

13.9.<br />

MI<br />

14.9.<br />

DO<br />

15.9.<br />

FR<br />

16.9.<br />

SA<br />

17.9.<br />

SO<br />

18.9.<br />

JT-Keller Musa Nörgelbuff Pools<br />

geschlossen<br />

Jukebox Explosion<br />

Indie, Electroclash & Bastard<br />

23:00<br />

6 Millionen<br />

Dollar Club<br />

Dollar-Lounge<br />

21:00<br />

Jäger & Sammler<br />

Astra-Special<br />

21:00<br />

Sekt and the City<br />

21:00<br />

Grand Slam<br />

21:00<br />

Beatgrade<br />

by Ed Scientific<br />

21:00<br />

Salsa-Kneipe<br />

21:30<br />

R.S.O.<br />

CD-Release Konzert<br />

21:20<br />

Tango-Salon<br />

20:00<br />

Querbeat<br />

Bandsession<br />

21:30<br />

Salsa en Sotano<br />

Salsa & Latin-Party<br />

22:00<br />

Birgit von Lübke<br />

20:30 (Konzert)<br />

The Age of So<strong>und</strong><br />

& Niila<br />

21:30 (Konzert)<br />

Soulfood<br />

22:00<br />

Tangente Thanner’s<br />

Wishes<br />

Gedeck -Nacht<br />

23:00<br />

Ballroom-Blitz-<br />

Party<br />

23:00<br />

Gaynight<br />

23:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Warsteiner-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Kölsch-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Weizen-Tag<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Jever-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

13:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

13:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

14:00<br />

Kallelujah<br />

10:00<br />

Tannenzäpfle-<br />

Dienstag<br />

10:00<br />

Starlights & Musik<br />

21:00<br />

Manic Thursday<br />

10:00<br />

Friday Rhymes<br />

21:00<br />

Breakfast & Friends<br />

10:00<br />

Summer Tales<br />

10:00<br />

T-Keller (T)<br />

Café Kabale (K)<br />

Spax-Tag<br />

18:00 (K)<br />

Nothington<br />

21:00 (Konzert) (T)<br />

Krušovice-Tag<br />

18:00 (K)<br />

Breakfast-Club<br />

10:00 (K)<br />

Balboa Burnout u. a.<br />

JuzI 16.9. | 21:30<br />

Konzerte im JuzI sind selten was für schwache Nerven<br />

beziehungsweise empfindliche Trommelfelle, <strong>und</strong><br />

ein Gig von Balboa Burnout bildet da keine Ausnahme.<br />

Zu ihren Musikrichtungen zählt die Band neben<br />

Punk <strong>und</strong> Hardcore zwar auch offiziell auch<br />

Italo-Pop – aber wer mal in den Burnout-Longplayer<br />

»OKHC« reingehört hat oder weiß, dass die Jungs<br />

zuhause gerne die Ramones, Rage Against the Machine<br />

oder Leatherface hören, der kann sich schon<br />

denken, wo die Schwerpunkte liegen. Mit am Start<br />

sind Düsenjäger <strong>und</strong> die Shotcombo.<br />

schmidt s<br />

Katzen<br />

www.schmidtskatzen.de<br />

R.S.O.<br />

Musa 16.9. | 21:20<br />

texte gegen den Kapitalismus im Allgemeinen oder<br />

gegen seine Begleiter Neofaschismus, Krieg, Sexismus,<br />

Polizei- <strong>und</strong> Überwachungsstaat werden immer<br />

gern gehört. Und die gesellschaftsverändernde<br />

Kraft von Musik kann ja auch gar nicht hoch genug<br />

geschätzt werden. Wenn sie dann noch Spaß macht,<br />

so wie der Schurken-Ska vom Rogue Steady Orchestra,<br />

umso besser. Und wie erfreulich wäre es erst,<br />

wenn der vielversprechende Titel des neuen Albums,<br />

»Liveticker zum Aufstand«, mehr als ein CD-<br />

Titel wäre.<br />

unterwegs<br />

Improtheater<br />

Sa, 23.09.2011<br />

20:30 Uhr, Nörgelbuff<br />

pony.express 41


Kalenderwoche 38.1<br />

MO<br />

19.9.<br />

DI<br />

20.9.<br />

MI<br />

21.9.<br />

DO<br />

22.9.<br />

FR<br />

23.9.<br />

SA<br />

24.9.<br />

SO<br />

25.9.<br />

MO<br />

19.9.<br />

DI<br />

20.9.<br />

MI<br />

21.9.<br />

DO<br />

22.9.<br />

FR<br />

23.9.<br />

SA<br />

24.9.<br />

SO<br />

25.9.<br />

Apex Capo Diva Lounge Eins B<br />

Pelle Carlberg<br />

20:30 (Konzert)<br />

Jazz Session<br />

20:30 (Konzert)<br />

Christian Hirdes<br />

20:15 (Kabarett)<br />

Jamaica hot<br />

Reloaded<br />

22:00<br />

I like good music<br />

22:00<br />

Elektronic<br />

Earthquake<br />

23:00<br />

Funkoholia<br />

HipHop, Funk & Soul<br />

23:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Whiskey-Probier-Tag<br />

20:00<br />

Paulaner-Tag<br />

18:00<br />

Klub Karracho<br />

23:00<br />

Frühstücksbuffet<br />

& Tatort-Abend<br />

10.00 | 20:15<br />

I Love 00s<br />

23:00<br />

Mikroclubbing<br />

& Plattentechtonik<br />

23:00<br />

Exil Freihafen Irish Pub Diverses<br />

Wild’n Weiz’n<br />

22:00<br />

Jonas & The Massive<br />

Attraction<br />

20:00 (Konzert)<br />

Klangwelt<br />

DJ Take One<br />

22:00<br />

The Spirit of<br />

Outpost<br />

22:00<br />

Urban Legends<br />

23:00<br />

Mikroclubbing<br />

& Plattentechtonik<br />

23:00<br />

Irish Night<br />

15:00<br />

Student’s Night<br />

15:00<br />

Pitcher-Tag<br />

15:00<br />

Hefe-Tag<br />

15:00<br />

Thomas Merritt<br />

22:00 (Konzert)<br />

Thomas Merritt<br />

22:00 (Konzert)<br />

Maß-Tag<br />

15:00<br />

Sjón<br />

20:00<br />

Lit. Zentrum<br />

Nacht der Studenten<br />

22:00<br />

Alpenmax<br />

Günter Grass<br />

20:00<br />

Lit. Zentrum<br />

Sausa-Ritmo<br />

20:00<br />

Sausalitos<br />

Monster-Frühstück<br />

10:00<br />

Gromo Café<br />

Age of So<strong>und</strong> & Niila<br />

Nörgelbuff 16.9. | 21:30<br />

ein Bandname wie The Age of So<strong>und</strong> mag ja durchaus<br />

nach Bombast-Rock klingen, nach Pink-Floyd-<br />

Cover- oder Marillion-Revival-Band; aber wer derartiges<br />

erwartet von ihrem Auftritt im Nörgelbuff, der<br />

wird enttäuscht sein. Tatsächlich handelt es sich um<br />

vier Leute aus Hamburg, die Anleihen von den Beatles<br />

mit schwer britischem Gitarrengeschrammel à<br />

la Oasis kombinieren <strong>und</strong> damit seit sechs Jahren<br />

Erfolge feiern. Etwas mehr auf der poppigen Seite<br />

sind Niila – schon wegen der Orgel, die sie zum Einsatz<br />

bringen.<br />

Figurines<br />

Schlachthof (KS) 16.9. | 21:00<br />

hohe, leicht leiernde Mädchen-die-Jungs-Stimme.<br />

Melodien aus Zucker mit Sahnehaube drauf. Beats<br />

<strong>und</strong> Grooves zum Auf-<strong>und</strong>-ab-Hüpfen im Spätsommerlicht.<br />

Dazu frisch verliebt die Patschhändchen<br />

gehalten. Und ergriffen mehrstimmig vorgetragene<br />

Weisen mitsingen. Klingt kacke? Voll »Emo«? Ja,<br />

klar, aber so geht’s zu in Indiehausen, da, wo Arcade<br />

Fire <strong>und</strong> The Drums wohnen. Oder die niedlichen<br />

Figurines! Die kommen aus Dänemark, sind derweil<br />

nur noch zu dritt <strong>und</strong> haben gerade – Juchhuh! – die<br />

Beach Boys entdeckt.<br />

pony.express 43


Kalenderwoche 38.2<br />

MO<br />

19.9.<br />

DI<br />

20.9.<br />

MI<br />

21.9.<br />

DO<br />

22.9.<br />

FR<br />

23.9.<br />

SA<br />

24.9.<br />

SO<br />

25.9.<br />

MO<br />

19.9.<br />

DI<br />

20.9.<br />

MI<br />

21.9.<br />

DO<br />

22.9.<br />

FR<br />

23.9.<br />

SA<br />

24.9.<br />

SO<br />

25.9.<br />

JT-Keller Musa Nörgelbuff Pools<br />

Voodoo Bee<br />

Dancehall & Reggae<br />

23:00<br />

Black Shampoo<br />

Funk, Soul & Vintage<br />

23:00<br />

6 Millionen<br />

Dollar Club<br />

Dollar-Lounge<br />

21:00<br />

Jäger & Sammler<br />

Astra-Special<br />

21:00<br />

Sekt and the City<br />

21:00<br />

Beatgrade<br />

by Ed Scientific<br />

21:00<br />

Shut the Funk up<br />

by funky g-had<br />

21:00<br />

Salsa-Kneipe<br />

21:30<br />

Rock gegen Rheuma<br />

DJ Albi<br />

21:00<br />

Premium<br />

Rock-Festival<br />

20:00<br />

Tango-Salon<br />

20:00<br />

NB-Houseband<br />

Funk,Soul & Jazz<br />

21:30 (Konzert)<br />

Salsa en Sotano<br />

Salsa & Latin-Party<br />

22:00<br />

Schmidt’s Katzen<br />

Impro-Theater<br />

20:30 (Theater)<br />

Die Blockflöte des<br />

Todes<br />

21:30 (Konzert)<br />

Ukulelen-Spielkreis<br />

& Aquaserge<br />

15:00 / 20:00 (Konzert)<br />

Tangente Thanner’s<br />

Wishes<br />

Gedeck -Nacht<br />

23:00<br />

Hard aber Herzlich<br />

Indie & Alternative<br />

23:00<br />

Just 00s<br />

23:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Warsteiner-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Kölsch-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Weizen-Tag<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Jever-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

13:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

13:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

14:00<br />

Kallelujah<br />

10:00<br />

Tannenzäpfle-<br />

Dienstag<br />

10:00<br />

Starlights & Musik<br />

21:00<br />

Manic Thursday<br />

10:00<br />

Friday Rhymes<br />

21:00<br />

Breakfast & Friends<br />

10:00<br />

Summer Tales<br />

10:00<br />

T-Keller (T)<br />

Café Kabale (K)<br />

Spax-Tag<br />

18:00 (K)<br />

Frauenkneipe<br />

Ladies Only!<br />

21:30 (K)<br />

Krušovice-Tag<br />

18:00 (K)<br />

Breakfast-Club<br />

10:00 (K)<br />

Voodoo Bee<br />

JT-Keller 23.9. | 23:00<br />

achtung, Kalauer: Die neue Partyreihe Voodoo Bee<br />

will ihre Gäste angesichts eines ausgefallenen Sommers<br />

mit ausgefallener Musik entschädigen. Die beiden<br />

DJs So<strong>und</strong>Tree <strong>und</strong> WillieBounce basteln einen<br />

Klang, dessen Rückgrat aus Reggae <strong>und</strong> Dancehall<br />

besteht, aber aufgepoppt wird von Soca <strong>und</strong> neuen<br />

afrikanischen So<strong>und</strong>s. Klingt sommerlich <strong>und</strong> sympathisch<br />

– letzteres auch, weil man nicht alle Tage<br />

auf Reggae-Veranstalter trifft, die den schwulenfeindlichen<br />

Aspekten ihrer Szene so klar eine Absage<br />

erteilen wie die Voodoo-Bee-Leute.<br />

Schmidt’s Katzen<br />

Nörgelbuff 23.9. | 20:30<br />

im Schlaraffenland fliegen einem die gerade richtig<br />

angebratenen Tauben in den M<strong>und</strong> <strong>und</strong> die Würstchen<br />

hängen in dicken Bündeln vom Baum – direkt<br />

neben Lollis, Eis, das nie schmilzt, <strong>und</strong> Himbeerjoghurt.<br />

Die Improgruppe Schmidt’s Katzen ist so eine<br />

Art Improtheaterschlaraffenland. Sie lassen sie sich<br />

auf Zuruf alles aus dem M<strong>und</strong> fliegen <strong>und</strong> von dort<br />

über die Bühne springen, rennen, stolpern, was das<br />

Publikumsherz sich wünscht. Zusätzlich teilen sie<br />

aus, dass die Schwarte kracht, äh, lacht.<br />

pony.express 45


Kalenderwoche 39.1<br />

MO<br />

26.9.<br />

DI<br />

27.9.<br />

MI<br />

28.9.<br />

DO<br />

29.9.<br />

FR<br />

30.9.<br />

SA<br />

1.10.<br />

SO<br />

2.10.<br />

MO<br />

26.9.<br />

DI<br />

27.9.<br />

MI<br />

28.9.<br />

DO<br />

29.9.<br />

FR<br />

30.9.<br />

SA<br />

1.10.<br />

SO<br />

2.10.<br />

Apex Capo Diva Lounge Eins B<br />

Ruse Royal<br />

20:30 (Konzert)<br />

Sway’n Swing<br />

20:15 (Konzert)<br />

Sophie Scholl<br />

20:15 (Theater)<br />

Jamaica hot<br />

Reloaded<br />

22:00<br />

I like good music<br />

22:00<br />

Beat Therapy<br />

Electro & Minimal<br />

23:00<br />

Classic-<br />

& Vokal house<br />

23:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Lounge<br />

10:00<br />

Whiskey-Probier-Tag<br />

20:00<br />

Paulaner-Tag<br />

18:00<br />

Frühstücksbuffet<br />

& B<strong>und</strong>esliga Live<br />

10.00 | 15:30<br />

Frühstücksbuffet<br />

& Tatort-Abend<br />

10.00 | 20:15<br />

Endless Nights<br />

23:00<br />

Interessengem.<br />

Elektr. Tanzmusik<br />

23:00<br />

Exil Freihafen Irish Pub Diverses<br />

Wild’n Weiz’n<br />

22:00<br />

Rock Jukebox<br />

22:00<br />

Ohrenfeindt<br />

20:00 (Konzert)<br />

The Spirit of<br />

Outpost<br />

22:00<br />

Meuterei<br />

im Freihafen<br />

23:00<br />

Famous<br />

Gay, Lesbian & Friends<br />

23:00<br />

Irish Night<br />

15:00<br />

Student’s Night<br />

15:00<br />

Pitcher Tag<br />

15:00<br />

Hefe-Tag<br />

15:00<br />

Bobby Brady<br />

22:00 (Konzert)<br />

Bobby Brady<br />

22:00 (Konzert)<br />

Maß-Tag<br />

15:00<br />

Franz Hohler<br />

16:00<br />

Lit. Zentrum<br />

Nacht der Studenten<br />

22:00<br />

Alpenmax<br />

Glasses<br />

22:00<br />

JuzI<br />

Monster-Frühstück<br />

10:00<br />

Gromo Café<br />

Sommerfest<br />

Salamanca 24.9. | 15:00<br />

1492 hat Christoph Columbus in Salamanca spanische<br />

Kardinäle <strong>und</strong> Professoren von seinen Theorien<br />

bezüglich Erdumfang <strong>und</strong> Seeweg nach Indien überzeugt.<br />

Heute ist die Stadt im Westen Spaniens für ihr<br />

porentiefreines Hochspanisch bekannt <strong>und</strong> die Region<br />

drumherum geprägt von Landflucht. Dem Salamanca<br />

in Göttingen dürfte das reichlich egal sein, schließlich<br />

steht das Sommerfest auf dem Programm. Neben viel<br />

Musik, Gegrilltem (auch vegan) soll der späte Abend<br />

den Gästen einige Überraschungen bieten.<br />

Mikroclubbing & Plattentechtonik<br />

EinsB & Freihafen 24.9. | 23:00<br />

was soll man noch sagen zu Mikroklubbing <strong>und</strong> Plattentechtonik?<br />

Beides längst eingeführte Partyformate<br />

am Göttinger Nachthimmel – <strong>und</strong> wenn die<br />

Electronica von Mikroclubbing mit Kimliong, Feliciour<br />

& Co. auf eine House- <strong>und</strong> Technomischung<br />

treffen, wie sie die Plattentechnoniker um Tapir <strong>und</strong><br />

Lyserk in petto haben, dann ist durchgängige Tanzbarkeit<br />

garantiert. Das ist man alles schon gewohnt,<br />

aber wie gewohnt ist es gut. Die Teller drehen sich<br />

ab 23 Uhr – bis irgendwann keiner mehr kann.<br />

pony.express 47


Kalenderwoche 39.2<br />

MO<br />

26.9.<br />

DI<br />

27.9.<br />

MI<br />

28.9.<br />

DO<br />

29.9.<br />

FR<br />

30.9.<br />

SA<br />

1.10.<br />

SO<br />

2.10.<br />

MO<br />

26.9.<br />

DI<br />

27.9.<br />

MI<br />

28.9.<br />

DO<br />

29.9.<br />

FR<br />

30.9.<br />

SA<br />

1.10.<br />

SO<br />

2.10.<br />

JT-Keller Musa Nörgelbuff Pools<br />

Blockparty<br />

DJ Slicktec & Kid Cut<br />

23:00<br />

Weekender<br />

Britpop & Madchester<br />

23:00<br />

6 Millionen<br />

Dollar Club<br />

Dollar-Lounge<br />

21:00<br />

Jäger & Sammler<br />

Astra-Special<br />

21:00<br />

Sekt and the City<br />

21:00<br />

80’s Fusion<br />

by DJane Viper M<br />

21:00<br />

tbc<br />

21:00<br />

Snooz’n Groove<br />

21:00<br />

Salsa-Kneipe<br />

21:30<br />

30+ Party<br />

DJ Ringo ft. DJ Roy<br />

21:00<br />

Tango-Salon<br />

20:00<br />

Spielst<strong>und</strong>e<br />

Open-Stage unplugged<br />

21:30<br />

Salsa en Sotano<br />

Salsa & Latin-Party<br />

22:00<br />

Kein Schinkenbrot<br />

20:30<br />

Patricia Vonne<br />

21:30 (Konzert)<br />

Tangente Thanner’s<br />

Wishes<br />

Gedeck -Nacht<br />

23:00<br />

Ärzte vs. Hosen<br />

Party<br />

23:00<br />

tbc<br />

23:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Warsteiner-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Kölsch-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Weizen-Tag<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

Jever-St<strong>und</strong>e<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

13:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

14:00<br />

Tag & Nachtschänke<br />

14:00<br />

Kallelujah<br />

10:00<br />

Tannenzäpfle-<br />

Dienstag<br />

10:00<br />

Starlights & Musik<br />

21:00<br />

Manic Thursday<br />

10:00<br />

Friday Rhymes<br />

21:00<br />

Breakfast & Friends<br />

10:00<br />

Summer Tales<br />

10:00<br />

T-Keller (T)<br />

Café Kabale (K)<br />

Spax-Tag<br />

18:00 (K)<br />

We Fade to Grey<br />

21:00 (Konzert) (T)<br />

Krušovice-Tag<br />

18:00 (K)<br />

Breakfast-Club<br />

10:00 (K)<br />

We Fade to Grey<br />

T-Keller 27.9. | 21:00<br />

hysterie rules! Immer noch <strong>und</strong> immer wieder. Seit<br />

wann eigentlich? Seit den frühen 80ern? Mal wieder<br />

einen Blick in Simon Reynolds vorzügliche Postpunk-Bibel<br />

»Rip It Up And Start Again« werfen.<br />

Postpunk, die hohe Zeit schräg aus sich selbst heraus<br />

fahrenden Gesangs. Unser DIY-Trio Fade To<br />

Grey hat den Hysterie-Faden jedenfalls aufgenommen<br />

<strong>und</strong> zusätzlich straight unter Strom gesetzt.<br />

Schlanker, durchtrainierter DC-Post-Hardcore auf<br />

Speed. Fett <strong>und</strong> satt <strong>und</strong> langweilig werden wir früh<br />

genug sein.<br />

Block Party mit Kid Cut<br />

JT-Keller 30.9. | 23:00<br />

mit DJ Kid Cut lässt diesmal ein echter Veteran die<br />

Plattenteller bei der Block Party kreisen. Schon mit<br />

16 Jahren stieg er ein ins Geschäft, weshalb er mit 30<br />

bereits fast sein halbes Leben hinter dem Mischpult<br />

verbracht hat. Kein W<strong>und</strong>er also, dass er nicht mehr<br />

nur in Hannover <strong>und</strong> Umgebung unterwegs ist, sondern<br />

aus ganz Deutschland <strong>und</strong> dem deutschsprachigen<br />

Ausland angefragt wird. Eine Menge Erfahrung<br />

also, von der sich das Funk-, Soul- <strong>und</strong><br />

HipHop-Publikum im JT-Keller einen Eindruck machen<br />

kann.<br />

pony.express 49


pony.Stadtmagazin<br />

Herausgeber<br />

pony.medien<br />

Tim Kießling<br />

Hospitalstraße 35 / 37073 Göttingen<br />

Kontakt<br />

Tel.: +49 (0) 551 - 99 51 430<br />

info@readmypony.com<br />

Geschäftsführung<br />

Tim Kießling<br />

Chefredaktion<br />

Michael Saager (V.i.S.d.P.)<br />

saager@readmypony.com<br />

Redaktion<br />

Kerstin Cornils<br />

Jan Langehein<br />

Henning Lisson<br />

Tina Lüers<br />

Mitarbeit<br />

Florian Brauer, Christoph Braun, Andreas Busche,<br />

Tina Fibiger, Carsten Happe, Ella Jaspers, Ulrich<br />

Kriest, Benjamin Laufer, Moritz Scheper, Markus von<br />

Schwerin<br />

Fotos | Illustration<br />

Fehmi Baumbach, Clemenz Eulig, Cristin Ingvarsson,<br />

Graziella Rossi, Fugu Film, Liebe Gott, Neue Visionen<br />

Film, Pandora film, Realfiction, Warner Music<br />

Cover<br />

© Soulsville / Roman Flügel<br />

Gestaltung<br />

Ronald Weller – www.ronaldweller.de<br />

Anzeigen<br />

Michaela Bang, Frank Stietenroth<br />

Druck<br />

Grafische Werkstatt von 1980 GmbH<br />

Die Meinungen in den veröffentlichten Texten geben nicht<br />

unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.


oh weh! Es gibt (angeblich) nichts Neues mehr unter<br />

der Sonne. Dafür scheint die Strahlkraft des Alten ungebrochen.<br />

Ja, mehr noch: Gegenwart <strong>und</strong> – schluck –<br />

sogar die Zukunft wurden von der Vergangenheit eingeholt<br />

<strong>und</strong> von ihr einverleibt. Wie man die Zwei, die<br />

nun eben nicht mehr gar so richtig vorhanden sind,<br />

stattdessen nennen soll, weiß keiner so genau. Aber<br />

das Phänomen, um das es geht, hat selbstverständlich<br />

einen Namen: Man nennt es »Retromanie«. Es<br />

grassiert virengleich zwar nicht erst seit gestern, dafür<br />

aber am fürchterlichsten in der Popmusik. Und<br />

seit der beliebte Musikjournalist Simon Reynolds<br />

ein Buch namens »Retromania« drüber geschrieben<br />

hat, geht’s im Popfeuilleton diskursiv richtig ab. Einer<br />

mit Definitionsmacht muss halt den Anfang machen.<br />

Die Frage ist freilich, wann Geschichte zu nerven<br />

anfängt: Wohl kaum, wenn sie nur mal nebenbei zitiert<br />

wird. Und erst recht nicht, wenn Vergangenheiten<br />

miteinander kombiniert werden, wodurch dann<br />

Neues entsteht. Doch was ist, wenn die Vergangenheit<br />

sozusagen Eins-zu-Eins, wie von den Fleet Foxes,<br />

imitiert wird? Ist sie dann neu erf<strong>und</strong>en worden<br />

<strong>und</strong> also gar nicht mehr alt? Geht das überhaupt? Und<br />

was würde passieren, wenn die Fleet Foxes in die Vergangenheit<br />

reisten, um als unbekannte Vorgruppe<br />

vor den (frühen) Beach Boys aufzutreten? Gäbe es<br />

die Fleet Foxes dann in unserer Gegenwart vielleicht<br />

gar nicht mehr, weil die Beach Boys keinen Gr<strong>und</strong> gehabt<br />

haben würden, jene Musik zu erfinden, die die<br />

Fleet Foxes heute zitieren? Gäbe es Simon Reynolds’<br />

Buch? Und die vielen erquickenden Diskussionen im<br />

Popfeuilleton? Denken Sie da mal drüber nach! Und<br />

wenn sie eine Antwort gef<strong>und</strong>en haben, die ihnen<br />

partout nicht schmeckt, beschweren Sie sich beim<br />

Papst: Denn Seine Heiligkeit weiß erstens auf alles<br />

eine Antwort. Und zweitens ist der alte Mann<br />

nicht zuletzt an Ihrem Ärger schuld – als Stellvertreter<br />

Christi auf Erden. Aber ja. Also, auf ins Eichsfeld<br />

im September. Die da unten freuen sich über jeden<br />

Besuch. Wird die Veranstaltung zu langweilig,<br />

beißen Sie beherzt in eine Stracke. Oder, um es mit<br />

dem Satiremagazin »Titanic« zu sagen, in »Deutsche<br />

Wurst – alles andere ist Käse«.<br />

Hier angelangt, fragt sich der leicht überarbeitete<br />

<strong>und</strong> wohl inzwischen selbst ein wenig manische Autor<br />

dieser Zeilen, wieso Gott ihn so viel Stuss hat schreiben<br />

lassen. Und so wenig über die aufregenden<br />

Geschehnisse in Göttingen. Oder die niederschmetternden.<br />

Man hält’s ja echt nicht aus, wenn man am Betontrümmerhaufen<br />

vorbei radelt, der vor nicht allzu langer<br />

Zeit das Kino Stern war. Da kommen jetzt schicke,<br />

teure Wohnungen hin. Chapeau, Scheißwelt! Dafür aber<br />

geht’s weiter mit dem Apex, das nun in den Händen eines<br />

neuen Vereins ist, nachdem die alte Gruppierung in<br />

Insolvenz gehen musste. Einer, der niemals gehen wird,<br />

heißt, Sie haben es längst erraten, Lemmy Kilmister<br />

von Motörhead. Der Mann ist unverwüstlich (eine<br />

»Bank« kann man ja nicht mehr sagen). Wir schließen<br />

aus erbauungstechnischen Gründen mit einem seiner<br />

hübschen Wortwechsel: Alexander Gorkow von der<br />

»SZ« fragte den 66-jährigen Drogenexperten: »Warum<br />

hat es sechzehn Jahre gedauert, bis von Motörhead<br />

mal ein ruhiges Stück zu hören gewesen ist?« Kilmister:<br />

»Warum hast du so lange gebraucht, um mir diese verdammte<br />

Frage zu stellen, wenn sie dich so brennend interessiert,<br />

du Klugscheißer?« Amen.<br />

52 pony.hof pony.hof<br />

53


54 Sterne<br />

Sterne im September<br />

Ella Jaspers<br />

Wassermann 21.1. – 19.2.<br />

Scheust Nähe <strong>und</strong> schöne Gesellschaft nicht. Über<br />

das Rollfeld streichen, streicheln. Pickst die Rosinen<br />

heraus <strong>und</strong> bestreust sie noch mit Zucker, harte<br />

Krümel werden ebenfalls gepickt. Deren Glasur<br />

zerspringt unter den Strahlen der Sonne.<br />

Fische 20.2. – 20.3.<br />

Letzter Hänger zwischen Kühltruhe <strong>und</strong> Süßigkeitenregal.<br />

Unablässig bewacht bewandelt. Nicht genug<br />

angebandelt, sich verloren, selbst verloren. Dickes<br />

Glas schützt vor der Welt da draußen.<br />

Widder 21.3. – 20.4.<br />

Dick <strong>und</strong> schick, nicht viel drin <strong>und</strong> doch das schöne<br />

Shanghai mit seinen hohen, unendlichen, bunten<br />

Fenstern lächelt <strong>und</strong> versinkt zwischen deinen<br />

Worten. Einige Kristalle zerschlagen, Sahne wird<br />

weicher Schaum, flüssig.<br />

Stier 21.4. – 20.5.<br />

Das schöne Leben wagen, den Teufel nicht fürchten<br />

wollen, nicht dürfen. Die weiße <strong>und</strong> die düstere Seite<br />

greifen einander unter die Arme, verknoten aufs<br />

Schönste sich im Tanz. Keinen Tag beklagen.<br />

Zwillinge 21.05. – 21.06.<br />

Seidenfeine Zärtlichkeit überspannt dich. Dein Herbeiwünschen<br />

die größte Bejahung der eigenen Wünsche.<br />

Und doch, die Eigenständigkeit <strong>und</strong> Freiheit,<br />

die Sicherheit ist da, du kannst es ganz allein.<br />

Krebs 22.06. – 22.07.<br />

Mandelkugeln rollen den Weg herunter vor deine<br />

Füße. Die Ecke bleibt dieselbe, die Grenzen in ihren<br />

Linien. Bittersüße Verschränkung in vollen Farben.<br />

Die große Seite so gut <strong>und</strong> tiefgehend <strong>und</strong> schön.<br />

Löwe 23.7. – 23.8.<br />

Deine Zeilen sind leer, die Knöpfe sprengen die<br />

Punkte auf dem blauen Gr<strong>und</strong> auseinander. Säumig,<br />

schön, ungewohnt. Trotzdem: ein fahrlässiges<br />

Ende. Gare Terminus in einer zweisprachigen Stadt.<br />

Jungfrau 24.8. – 23.9.<br />

Das Gold auf deinem lila Gr<strong>und</strong>, daneben dunkelstes<br />

Blau. Dazwischen diese endlosen Arme, aufgereckten<br />

Gelenke <strong>und</strong> Biegsamkeiten. Verbogenheit <strong>und</strong><br />

doch eine stimmige Angelegenheit.<br />

Waage 24.9. – 23.10.<br />

Zimt in deine Tage pudern, die gröberen Späne liegen<br />

dick auf dem hellen Gr<strong>und</strong>. Dein Stolpern darüber<br />

ist ein glückliches Lachen. Das Leichte fließt<br />

wie ein lichter Strom durch deine Tage, Krautsuppe<br />

schwimmt weg.<br />

Skorpion 24.10. – 22.11.<br />

Der Gartenlandschaft grobe Schollen ebnen. Die<br />

Zwischenräume auffüllen, keine Lücken lassen, alles<br />

plattwalzen. Schummrigen Schutt abwälzen. Im<br />

Buch unter Neustart alles killern.<br />

Schütze 23.11. – 21.12.<br />

Fröhliches Ausheben von neuen Begegnungen,<br />

nichts nachtragen, angewiesen <strong>und</strong> guten Herzens<br />

sein. Kleinstes Kind <strong>und</strong> größtes Verstehen in einem<br />

bieten, manches auffangen <strong>und</strong> einfach mal hoch in<br />

die Luft werfen.<br />

Steinbock 22.12. – 20.1.<br />

Suppe mit getrockneten Steinpilzen essen. Alles reintun<br />

<strong>und</strong> nichts falsch machen. Unter dem Löffel tropft<br />

es heiß auf dich herunter, die Dusche leckt. An den<br />

Rändern wischst du das Graue <strong>und</strong> den Schweiß weg.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!