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Journal Riga 2011 - Heinrich - Humboldt-Universität zu Berlin

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Die wehrhafte Demokratie – Mechanismen des Selbstschutzes inder VerfassungThema 3Johannes RauchfußDie wehrhafte Demokratie, auch streitbareoder abwehrbereite Demokratie genannt,stellt ein Selbstschutzinstrumentarium derDemokratie dar. Die in einer Demokratie garantiertenFreiheiten sollen nicht da<strong>zu</strong> missbrauchtwerden, genau diese Freiheitenwieder ab<strong>zu</strong>schaffen. Mit dem Hintergrundder Erfahrung in der Weimarer Republik unddes anschließenden Nationalsozialismussollte von der Entstehung des Grundgesetzesan ein solcher Missbrauch für die Zukunftausgeschlossen werden. Durch dieEwigkeitsklausel in Art. 79 Abs. 3 GG ist esverboten, Art. 1 und 20 GG ab<strong>zu</strong>schaffen.Ferner können gem. Art. 9 Abs. 2 GG Vereineund gem. Art. 21 Abs. 2 GG ganze Parteienverboten werden. Auch ermöglicht Art.18 GG die Grundrechtsverwirkung von Individuen.Der Begriff der wehrhaften Demokratietauchte erstmals im Verbotsurteil der KPDauf. Das BVerfG war in diesem langwierigenVerbotsverfahren gezwungen, präzisere Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen<strong>zu</strong> formulieren.Demnach müsse die Partei nicht nur gem.Art. 21 Abs. 2 GG nach ihren Zielen odernach dem Verhalten ihrer Anhänger daraufausgehen, die freiheitlich demokratischeGrundordnung <strong>zu</strong> beeinträchtigen oder <strong>zu</strong>beseitigen, vielmehr müsse noch eine aktivkämpferische Haltung gegenüber der bestehendenOrdnung hin<strong>zu</strong>kommen. Der Begriffder freiheitlich demokratischen Grundordnungfindet sich als Legaldefinition nicht inder Verfassung und wurde somit erstmalsim SRP-Verbotsurteil formuliert. 1Problematisch ist jedoch, ab wann eine Parteidiese aktiv kämpferische Haltung annimmt.Außerdem steht dies in einem Spannungsverhältnis<strong>zu</strong>r Meinungsfreiheit gem.Art. 5 Abs. 1 GG, da die Partei durch ihreSchriften, Reden und Propagandamaterialschon die Tatbestandsvorausset<strong>zu</strong>ngen fürein Parteienverbot erfüllen könnte, sofernsolche Ziele dann überhaupt so offen publiziertwerden.Auch das Verhalten der Anhänger der Partei<strong>zu</strong><strong>zu</strong>rechnen, stellt eine besondere Herausforderungdar. Schließlich lässt sich somitlediglich eine Grundtendenz zeichnen. Dader Einzelne keine Treuepflicht <strong>zu</strong>r Verfassunghat, stellt sich die Frage, inwieweit diepersönliche Einstellung <strong>zu</strong>r Verfassung fürdas Gesamtbild der Partei maßgeblich seinkann. Jedoch gibt Art. 21 Abs. 2 GG dasVerhalten der Anhänger und nicht die persönlicheEinstellung als Tatbestandsmerkmalvor.Eine Partei geht dann auf die Beeinträchtigungbzw. auf die Beseitigung aus,wenn sie bewusst, dauernd und planmäßigeinen Feld<strong>zu</strong>g der Verleumdung und Verhöhnungdieser Werte und der sie verkörpertenOrdnung unternimmt. 2 Worin dieserSchaden in der freiheitlich demokratischenGrundordnung liegen soll, lässt sich nurauf der immateriellen Ebene feststellen,sodass man auch von einem ideologischenHochverrat sprechen kann. 3 Parteien, dienicht durch das Verbotsmonopol des BVerfGverboten wurden, unterliegen im Umkehrschlussdem Parteienprivileg.1 Vgl. BVerfGE 2, 1 [12f.].2 Vgl. BVerfGE 5, 85, Rn. 250.3 Vgl. Meier, KJ 1987, 464 ff.34

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