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SILOG News - Siemens Mobility

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Inhalt<br />

Ausgabe 01/2012<br />

<strong>SILOG</strong> <strong>News</strong><br />

Automation für Post, Kurier-, Express- und Paket-Service<br />

www.siemens.com/mobility<br />

02 Jörg Ernst übernimmt<br />

Neuer Leiter von Infrastructure<br />

Logistics<br />

04 Sortierlösungen im Zentrum<br />

Jedes Sortierzentrum ist anders<br />

06 Faszinierende Technologie<br />

Mustererkennung ist mehr als<br />

Adresslesen<br />

08 Ideen schützen<br />

Patente demonstrieren Innovationskraft<br />

<strong>Siemens</strong> Paket-Entladesystem verdreifacht den Durchsatz am Tor<br />

Effizientes Paket-Entladen<br />

beginnt mit Variomove<br />

So groß und sperrig Pakete sind, so aufwändig und anstrengend war bisher ihre<br />

Entladung. Die Technologie des Variomove von <strong>Siemens</strong>, die kein Gegenstück auf<br />

dem Markt findet, setzt der Mühe ein Ende. Dafür hat <strong>Siemens</strong> Infrastructure Logistics<br />

den Innovationspreis der Logistik erhalten.<br />

Keine Frage, die Situation an den Entlade-<br />

Stellen der Distributionszentren werden<br />

angesichts erhöhter Paketströme immer<br />

häufiger zum Flaschenhals der Logistik. Wie<br />

es möglich ist, den Durchsatz an den Toren<br />

zu erhöhen, ohne mehr Personal und<br />

größere Kraftaufwände, zeigt die Innova-<br />

tion aus dem Hause <strong>Siemens</strong>. Der Inno-<br />

vations-Award für Transport und Logistik<br />

ging deshalb wie selbstverständlich an die<br />

Nürnberger und Konstanzer Ingenieure,<br />

die den mechanischen Hilfsgesellen namens<br />

Variomove mit verschiedenen Automationselementen<br />

entwickelten und zur<br />

Variomove für die effiziente LKW-Entladung<br />

Produktreife führten. Verliehen wurde der<br />

Preis auf der vergangenen Post Expo vom<br />

angesehenen Magazin Postal Technology<br />

International. Torsten Tanz fasst den verblüffenden<br />

Effekt der neuartigen Entlade-<br />

Lösung aus Nürnberg und Konstanz so<br />

zusammen: „Damit können Paketunternehmen<br />

eine Menge an Zeit, Aufwand<br />

und Kosten sparen. Schließlich müssen sie<br />

ihre Distributionszentren nicht umbauen,<br />

ihre Entladestationen nicht modifizieren<br />

und auch nicht ihr Transportkonzept ändern.“<br />

>> Seite 3<br />

<strong>News</strong>letter <strong>SILOG</strong> <strong>News</strong> 1


Editorial<br />

Jörg Ernst, Leiter Business Unit Infrastructure<br />

Logistics der <strong>Siemens</strong> AG<br />

Innovativ und vorwärtsweisend …<br />

… sind unsere Lösungen. In meiner<br />

langjährigen Tätigkeit für <strong>Siemens</strong><br />

hörte ich das immer wieder von<br />

Kunden – ob in den USA oder auf<br />

dem europäischen Kontinent. Ein<br />

schönes Lob, das uns zugleich Ansporn<br />

ist. Schließlich ist es keine<br />

Selbstverständlichkeit, dass Ideen<br />

in einem Unternehmen auf fruchtbaren<br />

Boden fallen. Noch weniger<br />

sicher ist es, dass es eine Idee bis zur<br />

Marktreife schafft. Geistesblitz und<br />

Beobachtungsgabe sind wichtige<br />

Voraussetzungen für Innovationen<br />

und Patente (S. 8). Doch genauso bedarf<br />

es engagierter Entwickler und<br />

Ingenieure, die sich der Umsetzung<br />

einer Idee bis ins Detail widmen.<br />

Und selbst wenn die Technik stimmt,<br />

ist der Weg noch nicht zu Ende. Denn<br />

erst wenn ein intelligentes Konzept<br />

wie die LKW-Entlade-Lösung (S.1)<br />

oder eine High-Tech-Komponente wie<br />

die Mustererkennung (S. 6) in einer<br />

kundenspezifischen Lösung zusammenfließen,<br />

haben Kreativität und<br />

Technik ihre Wirksamkeit bewiesen.<br />

Erst wenn unsere <strong>Siemens</strong>-Berater<br />

das beste Sortierkonzept für ein Land<br />

erarbeitet haben (S. 4), ist die reelle<br />

Leistungskraft einer Idee bewiesen.<br />

In diesem vernetzten Prozess, der auf<br />

den Ideen und den Erfahrungen vieler<br />

baut, arbeite ich gerne als neuer IL-<br />

Leiter!<br />

Ihr Jörg Ernst<br />

Wechsel im Management der <strong>Siemens</strong> Infrastructure Logistics<br />

Dr. Stefan Keh übergibt<br />

den Stab an Jörg Ernst<br />

Jörg Ernst ist neuer CEO der Infrastructure Logisics (IL). Gänzlich neu ist das Thema<br />

Postlogistik für den 45-jährigen nicht, da er bis 2001 Qualitätsleiter bei IL in Konstanz<br />

war. Und darum empfindet er den Wechsel von Nürnberg nach Kostanz durchaus<br />

als ein „nach Hause kommen“. Dr. Stefan Keh, der sieben Jahre lang an der Spitze<br />

der IL stand, verließ diese, um die Leitung der IT-Solutions innerhalb der Division<br />

<strong>Mobility</strong> and Logistics wahrzunehmen. Wie Keh, so wird auch Jörg Ernst alles daran<br />

setzen, um den Service für den Kunden entlang des gesamten Lebenszyklus weiter<br />

zu steigern. Und er will Innovationen vorantreiben, die die Logistik von Waren effizienter<br />

gestalten.<br />

Seine Zeit in den USA, in Cincinnati, Ohio<br />

und Alpharetta, Georgia hat ihn geprägt.<br />

Dort lebte der gelernte Maschinenbauer<br />

Jörg Ernst mit seiner Familie von 2005 bis<br />

2009. Hier sammelte er sehr viele intensive<br />

Eindrücke. Seither fühlt er sich – ganz<br />

so, wie auch Dr. Keh – auch in den USA<br />

zu Hause.<br />

Einen großen Erfahrungsschatz, aus dem<br />

Jörg Ernst bei der Meisterung seiner neuen<br />

Aufgabe schöpfen wird, erwarb er sich<br />

auch als Leiter des Business Segments Antriebssysteme<br />

für schienengebundene<br />

Fahrzeuge. Hier traf er viele strategische<br />

Entscheidungen, die dazu beitrugen, dass<br />

u.a. auch das globale Geschäft vorangetrieben<br />

werden konnte. Ein Punkt, den<br />

Ernst auch auf seiner Agenda sieht. Weiterhin<br />

liegen auch Jörg Ernst Produktinnovationen<br />

des Stammgeschäftes sehr am<br />

Herzen. Nur so, da ist er sich sicher „lassen<br />

sich die Produkte der Zukunft entwickeln.“<br />

Das, was ihn umtreiben wird, ist<br />

es, gemeinsam mit den Mitarbeitern und<br />

Mitarbeiterinnen weltweit, Antworten darauf<br />

zu finden, „wie sich die Güter des<br />

täglichen Lebens noch effizienter und einfacher<br />

zustellen lassen.“ Denn die Herausforderungen<br />

der Zukunft, so sieht es Jörg<br />

Ernst, sind klar – als Lösungsanbieter für<br />

die Logistik von Waren geht es um die<br />

Entwicklung eines innovativen Logistik-<br />

Managements in Cities, vor allem in den<br />

boomenden Megacities. Dabei wird die IL<br />

unter der Leitung von Jörg Ernst die enge<br />

und erfolgreiche Zusammenarbeit mit<br />

den Kunden weiterführen und global ausbauen.<br />

Erfahrungsschatz nutzend<br />

Bereits seit 1. Oktober 2011 leitet Dr.<br />

Torsten Caesar den Bereich der postalischen<br />

sowie der Kurier-, Express- und Paket-Lösungen.<br />

Zuvor arbeitete der promovierte<br />

Elektroingenieur in München und<br />

verantwortete dort bei <strong>Siemens</strong> Engineering<br />

und Entwicklung für Bahnelektrifizierung,<br />

Turn-Key-Systeme und intelligente<br />

Straßenverkehrssysteme. Wie für Jörg<br />

Ernst so ist auch für Dr. Caesar der Wechsel<br />

nach Konstanz ein Heimkommen. Bereits<br />

zwischen 1998 und 2007 arbeitete<br />

Torsten Caesar in Konstanz in unterschiedlichen<br />

Positionen der Entwicklung und<br />

des Projekt-Managements und lernte das<br />

Postgeschäft von Grund auf kennen und<br />

schätzen. In seiner Funktion als strategischer<br />

Kopf seines Segments wird er sich<br />

auf den Aufbau des wachsenden Paketgeschäfts<br />

konzentrieren ohne das schrumpfende<br />

aber profitablere<br />

Postgeschäft<br />

zu vernachlässigen.<br />

Dazu gehört vor allem<br />

eine eng verzahnteZusammenarbeit<br />

über Organisations-,Standort-<br />

und Landesgrenzen<br />

hinweg. > Fortsetzung: <strong>Siemens</strong> Paket-Entladesystems verdreifacht den Durchsatz<br />

Der große Vorteil der ausgezeichneten<br />

Technik ist die beschleunigte Entladung<br />

von Paketen und Stückgütern aus Transportmitteln<br />

wie Containern, LKW-Aufliegern,<br />

Wechselbehältern oder Rollbehältern.<br />

Das erhöhte Tempo bei der Entladung<br />

ist der Tatsache zu verdanken,<br />

dass mehrere Pakete als Paketstrom in<br />

ungeordnetem Zustand gleichzeitig aus<br />

dem Behälter bugsiert und über die Teleskopförderer<br />

einer Zusammenführung<br />

und danach dem Vereinzelungssystem<br />

Visicon von <strong>Siemens</strong> zugeführt werden.<br />

Die Entladebühne, die dies ermöglicht,<br />

ist eine begehbare, auf Rollen gelagerte<br />

Plattform, die vom Teleskop in das Transportmittel<br />

direkt zu den Paketstapeln geschoben<br />

wird. Es sind mehrere Gliederbänder<br />

auf dem Boden der Plattform angeordnet,<br />

die die Pakete aus dem LKW<br />

über eine Steigstrecke zum abführenden<br />

Teleskop befördern. Der Platz der Bedienkraft<br />

ist in der Mitte vorne angeordnet,<br />

um so Zugriff auf die rechts und links<br />

platzierten Rutschen zu geben. Die Rutschen<br />

mit ihrem Aufgabepunkt auf mittlerer<br />

Stapelhöhe sind nach vorn und hinten<br />

verschiebbar und können damit immer<br />

direkt an den Stapelstandort gelenkt werden.<br />

Nun braucht die Bedienkraft die Pakete<br />

nur noch auf die Rutschen zu schieben<br />

oder zu ziehen. Um den Stapelanteil,<br />

der unter der Rutschkante liegt auszuräumen,<br />

wird die Rutsche einfach nur aus<br />

dem Arbeitsbereich geschoben und die<br />

Pakete werden über die Bühnenkante auf<br />

die Gliederband-Förderer gekippt. Torsten<br />

Tanz betont: „Das bedeutet, während des<br />

gesamten Entlade-Prozesses muss kein<br />

Stückgut oder Paket mehr gehoben oder<br />

getragen werden. Die bisher notwendige,<br />

aber ergonomisch sehr ungünstige Drehbewegung<br />

der Bedienkraft unter Last entfällt<br />

komplett.“<br />

Schonend, sicher und schnell<br />

Der Vorteil für das Bedienungspersonal,<br />

das mit Hilfe des Variomove viel weniger<br />

Kraft als bisher aufzuwenden hat, ist nicht<br />

der einzige. Den Entwicklern von <strong>Siemens</strong><br />

liegt immer auch die Sicherheit der Be-<br />

dienkraft am Herzen: Mehrere Sensoren<br />

sorgen im Variomove dafür, dass der Bedienkraft<br />

während ihrer Arbeit an jeder<br />

Stelle geschützt ist. Und auch die Pakete<br />

selbst bzw. die Kunden, die sie bei der<br />

Post aufgeben, profitieren von der neuen<br />

Variomove ist ein wichtiger Baustein des „Parcel Bulk Unloading“ Konzepts<br />

<strong>Siemens</strong>-Lösung: Durch ihre elastische<br />

Konstruktion und eine spezielle dämpfende<br />

Lauffläche unter den Gliederbändern<br />

absorbiert die Bühne Stöße und Erschütterungen.<br />

Für die Logistiker eines Paketunternehmens<br />

hat das Ergebnis des neuartigen<br />

Entladekonzepts von <strong>Siemens</strong> auch deshalb<br />

besonderen Charme, weil es ihnen<br />

aus einem Dilemma heraushilft. Denn<br />

während die Paketströme anwachsen, geraten<br />

die Betriebsflächen mehr und mehr<br />

an ihre Grenzen. Der Variomove erhöht<br />

den Durchsatz pro Bedienkraft auf bis zu<br />

3000 Pakete pro Stunde und spart gleichzeitig<br />

Flächen ein. Torsten Tanz ergänzt:<br />

„Weil unsere Lösung den Gesamtsystem-<br />

Entlade-Durchsatz pro Tor verdoppelt,<br />

kann nicht allein Zeit, sondern auch Betriebsfläche<br />

eingespart werden.“ Und last<br />

but not least, können sich nicht nur die<br />

Anwender über das neue Gerät freuen,<br />

auch die Controller der Paket-Unternehmen<br />

loben das Konzept: Im Gegensatz zu<br />

andersartigen neuen Entladehilfsmitteln<br />

benötigt die <strong>Siemens</strong>-Lösung keine Modifikationen<br />

an den Toren oder den Transportmitteln.<br />

Auch aus diesem Grund zeigt<br />

ein Kosten-Nutzen-Vergleich eine bisher<br />

nicht dagewesene Effizienz. „Die Entwicklung<br />

trifft den Nerv des Marktes. Sie weist<br />

den höchsten Grad an Automation auf,<br />

der praktikabel ist,“ kommentiert Torsten<br />

Tanz.<br />

Erkennungstechnik – zu Ende gedacht<br />

Da die Pakete nun in beliebiger Orientierung<br />

auf den Paket-Sorter zulaufen, ist<br />

auch eine Weiterentwicklung der Erkennungstechnik<br />

erforderlich. Mehr-Seiten-<br />

Kamera-Tunnels, welche Bilder aller 6 Seiten<br />

des Pakets erfassen, sind bereits Stand<br />

der Technik. Neu ist jedoch die „Parcel<br />

Identification“ Lösung, die die <strong>Siemens</strong>-<br />

Ingenieure hier für die Verfolgung der Pakete<br />

bis auf den Hauptsorter einsetzen.<br />

Diese auf dem von der Großbrieftechnik<br />

her bekannten Fingerprint-Prinzip basierende<br />

Lösung ersetzt konventionelle Barcode-Scanner<br />

und öffnet die Tür zur Verarbeitung<br />

von Paketen mit Fremd-Barcodes<br />

oder sogar ohne Barcodes. <strong>Siemens</strong><br />

legt damit den technologischen Grundstein<br />

zu einer durchgängigen Paketverfolgung<br />

über die gesamte Lieferkette in einer<br />

Welt, in der Paketnetze internationaler,<br />

verflochtener und damit komplexer<br />

werden.


Land und Gebühren beeinflussen Logistik- und Sortierkonzepte für das Briefgut<br />

Mitten im Geschehen: <strong>Siemens</strong>-Maschinen<br />

sortieren, stempeln und stapeln groß und klein<br />

Zwar gleichen sich weltweit die Inhalte von Briefen, die Postkonzepte der Länder unterscheiden sich jedoch deutlich. Das<br />

wissen die Mitarbeiter des Postal and Logistics Consulting-Teams von <strong>Siemens</strong> sehr gut. Sie analysieren Post- und Verkehrsströme<br />

und bestücken die vordefinierten Sortierzentren mit den passenden Sortier-Maschinen und Zusatzanlagen. Im Fokus<br />

dieses Artikels steht die Mitte des Post-Sortierprozesses.<br />

Lösungsbeispiel für ein Sortierzentrum mit einem Open Mail Handling System für die Großbriefsortierung, zwei Integrated Reading and Video Coding Machines für<br />

die Briefsortierung inklusive Gangfolgesortierung sowie einem Culler Facer Canceller für die Vorverarbeitung von Sendungen aus Postkästen.<br />

„Im Grunde genommen ist es das Zeitfenster<br />

für die Sortierung, das letztlich<br />

bestimmt, wie viele Maschinen in welcher<br />

Ausprägung in einem Sortierzentrum arbeiten“,<br />

benennt Holger Ewert vom Postal<br />

and Logistics Consulting-Team bei <strong>Siemens</strong><br />

einen der bestimmenden Faktoren eines<br />

Post-Konzepts. Dieses Zeitfenster wiederum<br />

wird von vielen Parametern beeinflusst.<br />

Genau bei diesen Einflussgrößen<br />

beginnen die oft eklatanten Unterschiede<br />

zwischen den Post-Unternehmen der verschiedenen<br />

Staaten.<br />

Holger Ewert analysiert in seinen Projekten<br />

für ein Land die verschiedenen Einflussgrößen<br />

auf ein Postkonzept: Wie vie-<br />

le Standard- und Großbriefe durchqueren<br />

oder verlassen das Land, wie viel kosten<br />

die unterschiedlichen Formate, welche<br />

Verkehrswege stehen in welcher Qualität<br />

zur Verfügung und welche Lieferzeiten<br />

eines Briefes werden angestrebt? Am<br />

Ende all seiner Berechnungen steht eine<br />

klar umrissene Zeitspanne, die für die<br />

Sortierung bleibt. In Deutschland etwa,<br />

wo die Deutsche Post eine Servicequalität<br />

von einem Tag für 95 Prozent der Standardbriefe<br />

verspricht, beträgt die Spanne<br />

in der Regel vier bis fünf Stunden für die<br />

Abgangssortierung. Theoretisch wäre es<br />

zwar möglich, den ganzen Tag zu sortieren,<br />

da jedoch viele Großlieferanten ihre<br />

Post immer später am Tag abliefern, ist<br />

der Arbeitsvorrat erst in den Abendstunden<br />

groß genug, um die Maschinen auszulasten.<br />

Die Schweizerische Post schafft es, ihre A-<br />

Post in 97,5 Prozent der Fälle am Folgetag<br />

zuzustellen. Wohingegen die B-Post des<br />

Alpenstaates zwei Tage brauchen darf und<br />

deshalb auch weniger kostet. Diesen Fakt<br />

nutzt die Schweizerische Post dafür, B-Post<br />

im Hochregallager zu puffern und erst<br />

dann weiterzuleiten, wenn die Sortiermaschinen<br />

gerade wenig zu tun haben. Das<br />

Zwischenspeichern der Briefe sorgt für einen<br />

gleichmäßigen Auslastungsgrad der<br />

Maschinen. Am Schweizer Beispiel wird<br />

deutlich, dass die historisch gewachsenen<br />

Gebühren- und Sendungsstrukturen eines<br />

Landes direkten Einfluss auf die technische<br />

Ausstattung eines Sortierzentrums haben.<br />

„Das heißt, es gibt keinen Sortier- und Logistikplan<br />

von der Stange – jedes Postunternehmen<br />

benötigt ein auf seinen Bedarf<br />

zugeschnittenes Konzept“, erklärt Ewert.<br />

Dieses kundenspezifische Konzept erarbeiten<br />

die Prozessberater von <strong>Siemens</strong><br />

auf Basis ihres Modellierungs-Toolsets,<br />

das auf langjährigen Erfahrungen und<br />

Praxiseinsätzen aufbaut. Sind die Eingangsparameter<br />

für ein Land oder ein<br />

Service-Gebiet – etwa die Postvolumina<br />

und Postart, der Zustand der Verkehrsinfrastruktur<br />

und die Fahrpläne, die vorgegebenen<br />

Service-Level etc. – eingegeben,<br />

entwickelt das System einen Vor-<br />

schlag für ein realisierbares Szenario. Daraus<br />

können die Berater ableiten, wie der<br />

optimale Plan für ein neues Sortierzentrum<br />

aussehen sollte. In diesem Moment<br />

wird klar, welche Sortiermaschinen in<br />

welcher Anzahl benötigt werden: Zum<br />

Beispiel ein Culler Facer Canceller (CFC<br />

3004) zur Vorverarbeitung von Sendungen<br />

aus Postkästen, eine oder mehrere<br />

Integrated Reading and Video Coding<br />

Machines (IRV) für die Briefsortierung,<br />

eventuell ergänzt durch ein Open Mail<br />

Handling System (OMS) für die Sortierung<br />

von Großbriefen. Alle Maschinen<br />

gibt es in unterschiedlichen Konfigurationen<br />

und mit einer variablen Anzahl von<br />

Endstellen.<br />

Im Detail geht es um die Beantwortung<br />

von Fragen wie dieser: Wann wird wie<br />

tief sortiert, welche Leseaufgaben fallen<br />

an, welche Postleitzahlengebiete müs-<br />

sen bis wann fertig bearbeitet sein? Eine<br />

technische Stufe tiefer bestimmen die<br />

Durchsatzraten eines CFC oder eines IRV<br />

sowie die Anzahl der Zielorte und das gewählte<br />

Sortierkonzept die konkrete Konfiguration<br />

der Sortieranlage: die Anzahl<br />

der Fächer und damit die Länge der Anlagen,<br />

die Personalstärke, die für das Befüllen<br />

und Entleeren der Anlage notwendig<br />

ist und vieles mehr.<br />

Gelenkte Briefströme – im Kern der<br />

Sortierung<br />

„Grundsätzlich sind es zwei Briefströme,<br />

die im Sortierzentrum ankommen; einmal<br />

die eingesammelte ungeordnete Briefpost<br />

aus den Postbriefkästen, zum anderen die<br />

Briefe der Großauflieferer, die z.B. Werbung<br />

oder Rechnungen en masse verschicken“,<br />

erklärt Holger Ewert. In den westlichen<br />

Industrieländern stammen nur noch<br />

fünf bis sieben Prozent des Sendungsaufkommens<br />

aus Postbriefkästen, bis zu 95<br />

Prozent aller Briefe kommen von den Groß-<br />

auflieferern wie Banken oder Telekommunikationsunternehmen<br />

– oftmals bereits<br />

in vorsortierter Form und freigestempelt.<br />

Dadurch erübrigen sich manche Prozesse,<br />

die die Geschäftspost preiswerter als den<br />

Standard machen. Der gemischte Inhalt<br />

der Postsäcke landet dagegen zuerst in<br />

der Trommel des CFC, die das Gemenge in<br />

Ströme auftrennt, die von Maschinen optimal<br />

verarbeitbar sind. Diese werden entweder<br />

zur Fraktion der Standardbriefe geschleust<br />

beziehungsweise in den Bereich<br />

für die Großbriefe oder auch in die manuelle<br />

Bearbeitung, die alles aufnimmt, was<br />

als „nicht maschinenfähig“ gilt.<br />

Im Anschluss an das Aussortieren von<br />

nicht maschinenfähigen Sendungen stellt<br />

der CFC das Briefgut auf, richtet es aus,<br />

stempelt es bei Bedarf und stapelt es in<br />

die Fächer. Seit <strong>Siemens</strong> die neueste Ver-<br />

sion des CFC auf den Markt brachte, ist<br />

der Automatisierungsgrad für den Post-<br />

Mix enorm gestiegen. Die Maschine vom<br />

Typ 3004 kann jetzt auch Großbriefe aufstellen<br />

und damit für die Weiterverarbeitung<br />

im OMS vorbereiten. Holger Ewert<br />

konstatiert: „Aufgrund der gestiegenen<br />

Qualität und des Spektrums, das <strong>Siemens</strong><br />

heute automatisch sortieren kann, wird<br />

der Anteil der manuell zu bearbeitenden<br />

Briefe stetig kleiner.“<br />

Was aus dem CFC kommt – oder bereits<br />

aufgestellt in Postbehältern eintrifft –<br />

wird nun den Sortiermaschinen zugeführt:<br />

Für die Standardsendungen steht<br />

der IRV bereit, der das passende Sortierprogramm<br />

abarbeitet. Hier werden die<br />

Briefe eingegeben, vereinzelt, auf maschinenfähige<br />

Formate und Inhaltsstoffe<br />

kontrolliert, die Zieladressen gelesen und<br />

wenn nötig videocodiert, mit Barcodes<br />

bedruckt, optional gewogen und entwertet,<br />

sortiert und am Ende des Prozesses<br />

schonend in die zugewiesenen Fächer verfrachtet.<br />

Sobald ein Fach voll ist, leeren<br />

es die Bediener in die Behälter, die sich in<br />

einer Schublade direkt unter der unteren<br />

Sortierebene befinden. Anschließend<br />

weisen die Bedienkräfte dem Briefbehälter<br />

mit Hilfe eines Labels, das der „zuständige“<br />

Drucker ausspuckt, seinen weiteren<br />

Weg.<br />

Lösungsbeispiel für ein Sortierzentrum mit einem Open Mail Handling System mit zwei Eingabelinien für die Großbriefsortierung und einem Culler Facer Canceller<br />

mit allen notwendigen Funktionen für das Sortieren von Standardbriefen bis zum B4 Format.<br />

Getrennte Wege gehen die Großbriefe:<br />

Dafür hat <strong>Siemens</strong> ein Maschinenkonzept<br />

entwickelt, das das Ideal technischer Lösungen<br />

– die Automation – in Vollendung<br />

anwendet: das OMS. Angefangen beim<br />

Tray Unload Device (TUD), das dem Bediener<br />

die Beschickung des Systems wesentlich<br />

erleichtert bis zur automatischen<br />

Ausschleusung der etikettierten Behälter<br />

auf ein Fördersystem, das den richtigen<br />

Kommissionier-Bereich zum LKW ansteuert,<br />

überzeugen die OMS-Prozesse: Bei<br />

schonender Transportgeschwindigkeit erzielt<br />

der OMS hohen Durchsatz und hohe<br />

Effizienz. Anschließend fahren die Lastwagen<br />

in die vorgegebenen regionalen<br />

Zentren – auch diese Kommissionier-und<br />

Routenpläne liefern die <strong>Siemens</strong>-Berater<br />

– und geben die Post dort zur Eingangssortierung<br />

ab. „Doch das ist eine andere<br />

Geschichte“, sagt Holger Ewert und wendet<br />

sich einer seiner derzeitigen Aufgaben<br />

zu: die Entwicklung eines technischen<br />

Modernisierungskonzepts für die<br />

India Post.


Schrift- und Mustererkennung der Extraklasse mit Zukunftsideen<br />

Wer kann denn das lesen?<br />

Diese Handschrift ist für viele Leser ir-<br />

ritierend – fremde Schriftzeichen und<br />

eine eigene Logik beim Aufbau der Adresse.<br />

Und trotzdem wird die Post ihren<br />

Empfänger schnell erreichen. Die Hochautomatisierung<br />

bei der Postsortierung<br />

in vielen Ländern der Erde wäre ohne<br />

die Adress- und Mustererkennung nicht<br />

möglich. Dr. Stefan Keh, Leiter IT Solutions<br />

bei der <strong>Mobility</strong> and Logistics, war<br />

bei der Entwicklung von Anfang an mit<br />

dabei.<br />

Stimmt es, dass Sie eine wissenschaftliche<br />

Karriere einschlagen wollten, um<br />

als Professor an der Universität Studenten<br />

zu unterrichten? Warum kam<br />

alles anders?<br />

Stefan Keh: Ja – stimmt. Von Hause aus<br />

bin ich Physiker und habe mich als Wissenschaftler<br />

lange Zeit mit Elementarteilchen<br />

beschäftigt. Nach meiner Promotion und<br />

der wissenschaftlichen Arbeit an einem<br />

Forschungsprojekt bei CERN in Genf wollte<br />

ich nur zwei Jahre bei <strong>Siemens</strong> bleiben,<br />

um zu erfahren, wie die deutsche Industrie<br />

von innen aussieht. Aber dieser Ort<br />

der Hochtechnologie hat mich derart fasziniert<br />

– insbesondere das Thema Mustererkennung,<br />

dass ich meine anfänglichen<br />

Pläne fallen ließ. Zum Glück. Denn die<br />

Mustererkennung ist nach wie vor ein<br />

spannendes und wichtiges Zukunftsthema.<br />

Was ist faszinierend an der Mustererkennung?<br />

Stefan Keh: Wir Menschen können mühelos<br />

in einer Menge von Daten bestimmte<br />

Informationen selektieren, verstehen und<br />

bewerten. Das heißt, wir erkennen schnell<br />

Muster. Diese Fähigkeit ansatzweise Maschinen<br />

beizubringen, ist eine enorme<br />

Herausforderung. Der komplexe Prozess<br />

des Erkennens und Verstehens muss in<br />

eine Folge von maschinell beherrschbaren<br />

Einzelschritten unterteilt werden, um<br />

anschließend aufwendige Algorithmen<br />

zu entwickeln. Uns ging es 1970 darum,<br />

Adressleser zu entwickeln, die die Voraussetzung<br />

schafften, Postsendungen<br />

automatisch zu sortieren. Wie aufwendig<br />

dieser Prozess ist, verdeutlicht folgendes<br />

Beispiel: Einen Adressleser, der 75 Prozent<br />

einer Adresse liest und 5 Prozent Fehler<br />

machen darf, programmieren unsere<br />

Ingenieure heute an einem Wochenende.<br />

Wenn es jedoch darum geht, mindestens<br />

95 Prozent lesen zu können bei einer Fehlerrate<br />

von 0,5 Prozent, dann brauchen<br />

wir für die Entwicklung einer solchen Lösung<br />

rund 200 Informatiker, die Wochen<br />

daran entwickeln, bevor es funktioniert.<br />

Das ist ein enormer Aufwand. Lohnt<br />

sich das überhaupt?<br />

Stefan Keh: Das hat sich für uns und<br />

unsere Kunden – die Postdienstleister<br />

dieser Welt – in hohem Maße rentiert.<br />

Unternehmen unserer Branche profitieren<br />

enorm von unserer Expertise in der<br />

Mustererkennung, die sich in Kombination<br />

mit unseren Automatisierungstechnologien<br />

zur Top-Technik entfaltet.<br />

Wir können heute die Postsortierung zu<br />

großen Teilen vollautomatisch abwickeln.<br />

Mit der Konsequenz, dass die Sendungen<br />

schneller zugestellt werden und deutlich<br />

weniger Personal benötigt wird. Mit<br />

Hilfe intelligenter Informationstechnik<br />

im Hintergrund sind wir zusätzlich in der<br />

Lage, neue nutzerfreundliche Prozesse zu<br />

<strong>Siemens</strong><br />

The Galleries, Building 2<br />

Downtown Jebel Ali<br />

PO Box 2154 Dubai, UAE<br />

entwickeln – etwa die proaktive Nachsendelösung:<br />

Da die Systeme mittlerweile<br />

die ausgelesenen Adressen mit Nachsende-Datenbanken<br />

abgleichen, erreichen<br />

die Sendungen ohne den Umweg zur alten<br />

Adresse direkt den Empfänger. Damit<br />

erspart sich etwa die amerikanische Post<br />

USPS (United States Postal Service) im<br />

Jahr mehrere Millionen Irrläufer und spart<br />

eine Million Dollar pro Tag an Transportkosten<br />

für diese Umwege.<br />

Wie gut können Maschinen Handschriften<br />

lesen?<br />

Stefan Keh: Gegenwärtig sind unsere<br />

Systeme in der Lage, 90 bis 95 Prozent<br />

der handgeschriebenen Anschriften zu<br />

lesen. Vor einigen Jahren haben wir sogar<br />

den Wettbewerb im Lesen arabischer<br />

Handschriften gewonnen. Die Aufgabe<br />

bestand darin, 937 tunesische Ortsbezeichnungen<br />

fehlerfrei zu identifizieren.<br />

Das ist eine enorme erkennungstechnologische<br />

Leistung. Gemeistert haben wir<br />

die Aufgabe, weil wir erprobte Technologien<br />

und mathematische Modelle auf<br />

die Handschriftenerkennung übertragen<br />

haben. So ist es uns gelungen, in nur<br />

neun Monaten das weltbeste System für<br />

die gebundene Handschriftenerkennung<br />

zu entwickeln.<br />

Der Brief- und Großbriefmarkt ist<br />

heute ein eher stagnierender oder<br />

rückläufiger Markt. Haben Sie noch<br />

Arbeit?<br />

Stefan Keh: Ja, wir haben noch Arbeit.<br />

Was verrät unsere Handschrift?<br />

Es geht bei uns längst nicht mehr nur um<br />

Texterkennung. Es geht um Mustererkennung.<br />

Ursprünglich wurde die automatisierte<br />

Texterkennung für das Lesen von Scheckformularen<br />

eingesetzt. Das funktionierte<br />

anfangs nur, weil dafür eigens Schriftarten<br />

entwickelt wurden, die ohne großen<br />

Rechenaufwand entziffert werden konnten.<br />

Dank der gestiegenen Rechenleistung<br />

moderner Computer und verbesserter<br />

Algorithmen wurden ab Mitte der 1970er<br />

Jahre dann auch „normale“ Druckerschriftarten<br />

von den Optical Character Recognition<br />

(OCR) Systemen erkannt. Diese<br />

Innovation sorgte für die rasche Verbrei-<br />

Sind die Buchstaben einer Handschrift miteinander verbunden oder stehen<br />

sie einzeln? Neigt sich die Schrift nach links oder nach rechts? Wirkt sie<br />

regelmäßig oder eher chaotisch? Handschrift ist nicht gleich Handschrift. Ob<br />

sie, wie Schriftpsychologen meinen, Spiegel unserer Persönlichkeit ist, bleibt<br />

umstritten. Skeptiker verweisen auf Analysen, nach denen in den meisten<br />

wissenschaftlichen Studien kein Beweis für die von den Grafologen behaupteten<br />

Zusammenhänge zwischen Handschrift und Persönlichkeitsmerkmalen<br />

bestehen. Ob man nun daran glaubt oder nicht. Ein interessanter Zeitvertreib<br />

ist die Analyse der eigenen Handschrift allemal. Im Internet gibt es viele Websites,<br />

die kostenlose Selbst-Tests anbieten. In der Regel lassen sich die 15 bis<br />

20 Fragen locker in wenigen Minuten beantworten. Die Auswertungen sind<br />

oft umfangreich und erinnern durchaus an die Charakterbeschreibungen in<br />

Horoskopen: schnell denkend und effizient, gefühlsbetont und ruhelos oder<br />

ausschweifend und verloren. Übrigens, laut der Gesellschaft zur wissenschaftlichen<br />

Untersuchung von Parawissenschaften e.V. gaben 2,4 Prozent der<br />

befragten Unternehmen an, dass sie bei der Personalauswahl graphologische<br />

Gutachten zu Rate ziehen – in Frankreich sowie in der Schweiz ist die Graphologie<br />

ein wenig mehr verbreitet.<br />

Dr. Stefan Keh, Leiter IT Solutions bei der <strong>Mobility</strong> and Logistics<br />

tung der automatisierten Texterkennung –<br />

etwa bei Banken und Behörden. Auch der<br />

Postverkehr profitierte von OCR. <strong>Siemens</strong><br />

war von Anfang an mit dabei. Durch die<br />

maschinelle Erkennung der Postleitzahl<br />

und der Adresse konnten die Briefe spürbar<br />

schneller sortiert werden. Und mittlerweile<br />

können OCR-Systeme das, was<br />

noch bis vor wenigen Jahren nur der<br />

Mensch konnte: Handschriften entziffern.<br />

Es kommen hochleistungsfähige OCR-<br />

Kameras zum Einsatz, die ein klares und<br />

scharfes Bild an das OCR-System liefern.<br />

Gesucht wird dann vom System in der<br />

Datenbank mit sämtlichen Straßen- und<br />

Städtenamen das Wort, das den größten<br />

Übereinstimmungsgrad mit dem Graphen<br />

aufweist. Wie gut und schnell ARTread,<br />

das <strong>Siemens</strong>-System, das kann, bestätigte<br />

eine unabhängige Fachjury: Sie verlieh<br />

<strong>Siemens</strong> auf der ICDAR-Konferenz 2007<br />

für automatische Erkennung von arabischer<br />

Handschrift die Goldmedaille für<br />

das schnellste und präziseste System.<br />

Wir haben viel Know-how aufgebaut,<br />

das wir für verschiedene Zwecke nutzen.<br />

Auch wenn der Briefmarkt rückläufig ist<br />

– der Paketmarkt wächst rasant. Deshalb<br />

haben wir unsere Fingerprint-Methode,<br />

die ursprünglich für die Sortierung von<br />

Großbriefen entwickelt wurde, für die Paketpost<br />

weiterentwickelt. Die Lösung, die<br />

heute ein Paket an den optischen Merkmalen<br />

identifiziert, die wie der Fingerabdruck<br />

bei jedem Packstück einmalig sind,<br />

stellt eine kostengünstige Alternative<br />

zum Barcode-Druck auf Paketen dar.<br />

Zusätzlich übertragen wir unser Wissen<br />

und unsere Technologien auch in völlig<br />

neue Märkte. Dafür suchen wir uns lukrative<br />

Nischen, in denen wir mit unseren<br />

spezifischen Fähigkeiten einen möglichst<br />

großen Abstand zu den Mitbewerbern<br />

schaffen. Wir übertragen sozusagen<br />

unsere reife Technologie in andere Industrien.<br />

Haben Sie ein Beispiel?<br />

Stefan Keh: Gerne. In Großstädten mit<br />

einer Citymaut – wie beispielsweise in<br />

London – kommen unsere Systeme bereits<br />

zum Einsatz. Intelligente Kamerasysteme<br />

erfassen an den Einfallstraßen die<br />

Nummernschilder der Autos.<br />

Mithilfe einer zentralen Datenbank wird<br />

dann überprüft, ob diese für die Mautabbuchung<br />

angemeldet sind. Vor der unmittelbaren<br />

Markteinführung befinden sich<br />

weitere Systeme, die ähnlich arbeiten<br />

und beispielsweise Geschwindigkeitskontrollen<br />

über längere Strecken in Innenstädten<br />

erlauben. Im Bereich bewegte<br />

Muster und angepasste Kamerasysteme<br />

haben wir sehr viele Erfahrungen gesammelt.<br />

Die gilt es jetzt in ein Geschäftsmodell<br />

umzusetzen.


Patente demonstrieren Innovationskraft<br />

Mit Brief und Siegel:<br />

Patente schützen Ideen<br />

Er wollte seine Erfindung nicht ohne<br />

angemessenen Schutz offenbaren – der<br />

Architekt Filippo Bunelleschi. Denn er<br />

befürchtete, dass andere so die „Frucht<br />

seines Geistes und seiner Arbeit ohne<br />

sein Einverständnis ernten würden“. Die<br />

Republik Florenz schützte seine Erfindung<br />

damals für drei Jahre und gestand<br />

ihm das alleinige Recht zur Herstellung<br />

zu. In der Begründung aus dem Jahr<br />

1421 heißt es, dass das Patent erteilt<br />

wurde, weil der Erfinder dadurch angespornt<br />

und angeregt würde, mit größerem<br />

Eifer noch höhere Ziele und schwierigere<br />

Forschungen zu verfolgen. Damit<br />

war das erste Patent erteilt. Auch heute<br />

gilt: Wer Bahnbrechendes erfindet, der<br />

kann seine Idee als Patent vor Nachahmern<br />

schützen. Bis zu 20 Jahre lang.<br />

Patente gelten als Indikator für die Leistungs-<br />

und Innovationskraft eines Unternehmens.<br />

Die rund 58.000 Patente von<br />

<strong>Siemens</strong> stellen daher einen großen Vermögenswert<br />

dar den es zu schützen gilt.<br />

Dafür sorgen bei <strong>Siemens</strong> mehr als 400<br />

Patentspezialisten, die nichts dem Zufall<br />

überlassen. „Wir versuchen schon Jahre<br />

vor Produktionsbeginn einen Schutz mit<br />

Schlüsselpatenten aufzubauen“, erklärt<br />

Andreas Müller, verantwortlich für die<br />

Strategie in der Patentabteilung von<br />

<strong>Siemens</strong>. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang:<br />

Die detaillierten Ausformulierungen<br />

müssen den Kern der Erfindung<br />

möglichst umfassend abdecken, so dass<br />

auch naheliegende Abwandlungen geschützt<br />

sind.<br />

Innovativer denn je<br />

Die Erfindungsmeldungen pro Mitarbeiter<br />

in Forschung und Entwicklung haben<br />

sich bei <strong>Siemens</strong> seit 2001 verdoppelt.<br />

Vorangetrieben werden die Innovationen<br />

dabei von knapp 28.000 Mitarbeitern. Sie<br />

meldeten 2011 etwa 40 Erfindungen<br />

pro Arbeitstag an. <strong>Siemens</strong>-Chef Peter<br />

Löscher honorierte diese Leistung bei der<br />

Preisverleihung der Erfinder des Jahres:<br />

„Sie beweisen täglich Pioniergeist, unter-<br />

8 <strong>News</strong>letter <strong>SILOG</strong> <strong>News</strong><br />

Die patentierte Kanalweiche sorgt für störungsfreien Brieflauf<br />

nehmerisches Denken und internationale<br />

Teamarbeit – das sind genau die Faktoren,<br />

die wir brauchen um auch morgen auf<br />

den Weltmärkten erfolgreich zu sein.“<br />

Ein Beispiel: Rund um das „Parcel Bulk Processing“<br />

(siehe Seite 1 und 3) gibt es mehr<br />

als 10 Patente bzw. Patentanmeldungen.<br />

Patenterfolge in der Postsortierung<br />

Die Auszeichnung „Erfinder des Jahres“<br />

vergibt <strong>Siemens</strong> seit 1995 jährlich an<br />

zwölf Forscher und Entwickler. Zwei von<br />

ihnen, Armin Zimmermann und Dr. Peter<br />

Berdelle-Hilge, haben ihren Arbeitsplatz<br />

bei der IL in Konstanz. Zimmermann befasst<br />

sich bereits seit mehr als 25 Jahren<br />

mit der mechanischen Entwicklung von<br />

Sortiermaschinen und hat mehr als 175<br />

internationale Patente erhalten. „Mittlerweile<br />

habe ich mehr den gesamten Ablauf<br />

der Sortierung als einzelne Elemente im<br />

Fokus“, begründet Zimmermann seinen<br />

Erfolg. Eine seiner patententierten Erfindungen<br />

befindet sich in fast jeder<br />

<strong>Siemens</strong> Briefsortiermaschine – die sogenannte<br />

Kanalweiche. Diese spezielle Weiche<br />

bei der die Briefe durch die Mitte der<br />

zweigeteilten Weiche laufen verhindert<br />

Brieflaufstörungen durch erlaubt kleinere<br />

Abstände im Brieflauf und sorgt damit<br />

für einen höheren Durchsatz. Berdelle-<br />

Hilge hält mehr als 69 Einzelpatente,<br />

mehr als die Hälfte davon im Bereich der<br />

Systemarchitektur von Sortieranlagen.<br />

So hat er mit seinen Erfindungen maßgeblich<br />

zu der Entwicklung des Open Mail<br />

Handling Systems (OMS) beigetragen.<br />

Als Seniorexperte für Systemarchitektur<br />

dachte er darüber nach, wie die komplexen<br />

Großbriefsortieranlagen ihre Aufgabe<br />

effizienter erfüllen können. Ergebnis<br />

war eine neue Systemarchitektur, die<br />

es ermöglicht, das OMS auf besonders<br />

effiziente Art und Weise nacheinander für<br />

die Abgangssortierung und die Gangfolgesortierung<br />

von Großbriefen zu nutzen.

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